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Der Mittag liegt mit mir im Gras,
Die Wolken ziehn tiefblaue Straß,
Die Welt ist grün und weiß und blau,
Zu mir setzt sich die Herzensfrau.
"Rot," spricht sie, " ist die ganze Welt,
Wenn man zum Kuß den Mund hinhält."
Im tiefen Blauen hocken
Wolken mit weißen Fließen,
Die Sonne sitzt am Wocken,
Lust wächst auf allen Wiesen.
Der Roggen reicht uns schon ans Herz,
Und Salbei duftet himmelwärts,
Menschen und Tier gehn Zwei und Zwei,
Kein Weg ist mehr von Freude frei.
Droben am Berglein im Kirschenland
Heut abend ich mit meinem Vielliebchen stand,
Wo sie manch Schlüsselblümlein fand.
Sie winkte an des Bergleins Rand
Den Wolken zu mit glücklicher Hand.
Frau Venus trat aus der Himmelswand
Aufleuchtend, weil sie zwei Selige fand.
Wir gingen in helle Kornfelder hinein.
Dort wucherte Mohn rotfleckig am Rain,
Fein klingen dort Ähren dem Ohr Melodein
Und wiegen die Köpfe leise und träge,
Und heiße Dinge liegen am Wege.
Nicht Körner allein im Kornfeld gedeihn,
Mohnrote Flecken, die lecken am Blut,
Die können im Feld ein Brennen anstecken;
Wir haben geküßt und nicht ausgeruht.
Angustmond durch den Weinberg streicht
Und hat den Reben die Brust gereicht.
Er, der hinter Verliebten schleicht,
Will Räusche Verliebter den Trauben geben;
Wo zwei ein volles Glas dann heben,
Wird ihnen ihre Erde leicht,
Daß sie als Mond darüber schweben.
Die Rosenhimbeer sitzt im Tann,
Sieht zuckrig alle Leute an,
Doch seit mir Süßeres geschehn,
Laß ich die Beer den andern stehn.
Wie's zähe Harz aus Rinden tropft,
Mein Herz die Poren mir verstopft,
Daß jeder Blick voll Inbrunst bittet
Und mit der Liebsten sich verkittet.
Der Wald nicht große Worte dreht,
Auf alter Erd sich's lautlos geht; —
Mal wie dürr Laub, so dürftig ganz,
Fällt aus den Händen jeder Kranz.
Der alte Mond, der geht
Durch den Fluß, den dunkeln.
Siehst du's wie Ketten funkeln,
Wo er im Wasser steht?
Über die Steinbrücke jagen
Rosse, eisenbeschlagen,
Und voll Lichter ein Wagen, —
Dort wird meine Freud fortgetragen.
Rühr' im Schlaf an deine Wangen,
Hangen Tropfen an den Kissen,
Du und ich allein nur wissen:
Unser Sehnen hat vereint
Heiß sich in den Schlaf geweint.
Ach, mein Herz wie's liebt und leidet!
Spür es leis als Mond verkleidet
Weiß an deiner Tür.
Sehnsucht muß mit hellen Händen
Noch im Schlaf dein Zimmer blenden,
Und die blanken Scheiben schicken
Blicke, die tags dunkel bleiben;
Wo sie ungesehen fielen,
Steigen Lichter aus den Dielen.
Schweigen müssen Uhr und Zeit,
Sehnsucht spielt auf blauen Geigen,
Und wie einst auf Märzenauen
Werden Balken in den Räumen
Wieder kühn zu Knospenbäumen.
Und auch taut im Mond wie Eis
Lautlos deines Spiegels Glas,
Will mir Heimlichkeiten zeigen,
Die der Spiegel nie vergaß,
Er, der zärtliche Vertraute,
Der nur lebt von deinen Augen
Und in deine Sehnsucht schaute.
Dicht an deinen weißen Wangen
Will ich deinen Atem fangen.
Was die Scham mir nicht gestand,
Küß ich aus dem Schlaf der kleinen, zagen, zahmen Hand.
Rötet Morgen sich im Land,
Auf dem roten Dach der Welt
Tötet sich der Mond gelassen;
Und wer ahnt in lauten Gassen,
Daß, wo Sehnsucht hinbestellt,
Sich noch nachts das Pflaster hellt,
Und mein Herz, als Mond verkleidet,
Nächtlich blinde Wünsche weidet.
Die Kerzen vor meinem Spiegel,
Die doppelt im Glase sich zeigen,
Sind wie die Augen, die schweigen,
Und Augen sind glühende Siegel.
Von einem unendlichen Liede
Zwei Noten, dunkel und stumm,
Gehen mir im klopfenden Herzen
Deine brennenden Augen um,
Du warst mir nah in meinem Traum,
Deine Stirn war weißer als dein Kleid.
Ein Kuß allein hatte zwischen uns Raum,
Mein Herz fand kaum zum Schlagen Zeit.
Ein Blick in deinen Wimpern stand,
Wie auf dem Samt ein Messer liegt,
So daß ich schön den Tod empfand,
Der heiß mit deinen Augen siegt.
Und noch ein Blick fiel in mein Blut,
Wie eine Rose in den Wein. —
Weiter fällt mir mein Traum nicht ein,
Eh' nicht mein Mund auf deinem ruht.
Steht die Liebste an der Mauer,
Sieht zum weichen Kleefeld hin,
Sieht den Wind im Acker streichen,
Furchen durch die Gräser ziehn.
Denkt: so schneiden die Gedanken
Stündlich sehnend in mein Blut;
Kann nicht gründlich unterscheiden,
Ob es wohl, ob's wehe tut.
Warum werden Spiegel im Alter matt?
Weil jeder maßlos genossen hat.
Denn sind sie glücklich, die schönen Frauen,
Tun sie geschwind zu dem Spiegel schauen.
Und mußten zarte Frauen mal weinen,
Trocknen am Spiegel die Tränen, die feinen.
Immer müssen die heimlichsten Frauen
Herzenswünsche dem Spiegel vertrauen.
Wie oft habe ich einen Spiegel beneidet,
Weil meine Liebste sich an ihm weidet!
Wie oft habe ich ihren Spiegel verflucht,
Da ich warten mußte, wenn sie ihn besucht
Gar manche hat alle Männer verhöhnt
Und lächelnd nur ihren Spiegel verwöhnt.
Ich schlüge gern all' die Spiegel ein,
Sie verführen die Frau'n durch Schmeichelein.
O Gott, wenn ich selbst doch ein Spiegel war!
Denn jede trennt sich von ihm so schwer.
Jed' Blatt schaut noch zum Himmel hinauf,
Jedes Blatt fing heute den Himmel auf.
Während der Regen im Blattwerk wühlte,
Lag ich im Himmel, der selig kühlte,
Hielt in der Hand einer Wolke Brüste,
Die meine Blätter inbrünstig küßte.
Als ich Abschied nahm von deinem Mund,
Hielt mich noch dein Haar wie Arme fest;
Ich ward stumm von der Stille jener Stund,
Und von deiner Träne blind,
Die mich nicht mehr verläßt.
Wenn du mich verläßt,
Kann mein Herz nicht fliegen,
Und sitzt wie ein nasser Vogel im Nest.
Sonst seh ich in alle Kammern hinein,
Doch wenn du mich verläßt,
Steh ich an Türen von Stein.
Alles wird wertlos,
Auch's Gold in der Hand,
Und die SehnSucht führt mich
Hinkend durchs Land.
Sie sind so schön, die schönen Frauen,
Wenn die Augen zitternd schauen
Und der Sehnsucht gleitende Schlösser bauen.
Doch nie sind sie schöner, die schönen Frauen,
Als wenn die Augen sich schließen müssen,
Und die dunkeln Wangen zeigen:
Seht, mich hielt der Geliebte in Küssen,
Und sein Blut ist mein eigen.
Möcht' mich als Staub vor die Füße dir legen,
Will dich bewegen wie die Winde das Laub,
Wollt' Küsse dir geben, soviel Tropfen im Regen,
Liebe ist blind, doch du Geliebte bist taub.
Hätte ich Hände, soviel Blätter die Bäume,
Sie alle sollten für dich nur sich regen,
Für dich sterb ich stündlich im Lied meiner Träume
Und kann mich selbst nur im Traum noch bewegen.
Heut, ums Haus herauf,
Geht die Sonn' nicht auf.
Regen auf den Steinen,
Ihre Bäcklein weinen.
Berglein und die Hecken
Voller Tränen stecken.
Kein Ding hält am Ort,
Nebel trägt es fort.
Weinend kommt die Stund,
Lebwohl sagt der Mund.
Und die Trän' sagt: bleib!
Und das Herz im Leib
Dreht sich schluchzend um,
Nur der Fuß geht stumm.
Weiter rollt die Welt,
Und der Regen fällt.
Im Ofen sonst, heimlich verstohlen,
Lag lachend die Glut auf dem Rost;
Rot scheinen auch heut dort die Kohlen,
Doch es brennt mich das Feuer wie Frost.
Das Fleisch liegt sich hart auf dem Teller,
Und Wein steht sich sauer im Glas;
Zu Gold wurde einst jeder Heller,
Wenn mein Schatz auf der Tasche mir saß.
Das Zimmer, im Schweigen, im harten,
Sich weit in die Ferne verliert,
Wie die Rohre auf hohen Sternwarten
jede Wand ins Unendliche stiert.
Komm Schatz, bring die Wände zum Zimmer,
Dann war's am Kamin wieder warm,
Die Lampe bekam blonden Schimmer,
Statt Luft hielt ich Liebe im Arm.
Und süß war der Wein in den Flaschen,
Und flink war mein Herz wie ein Fisch,
Erfand' viele Küsse zu naschen,
Und die Sehnsucht lag tot unterm Tisch.
So viele Haare,
So viele Gedanken
Sich sonst um meinen Schädel ranken.
Doch heut nach meiner Gedankenzahl
Bin ich am Schädel ratzekahl.
Die Sehnsucht hat mir ohn' Gewissen
Das letzte Härlein ausgerissen.
Und wie des Müllers Esel dumm
Trag ich als Sack mein Hirn herum.
Alles, was ich im Leben verstund,
Hält vor der Sehnsucht erschreckt den Mund.
Die Worte fallen wie Balken schwer,
Gedruckte Bücher sind plötzlich leer,
Und bleibt die Geliebteste zu lang aus,
Sitze ich ganz verblödet im Haus.
Alles werd' ich wieder neu lernen müssen,
Vielleicht sogar lieben und küssen.
Juniregen rauschte schwer.
In den grünverhüllten Wegen
Necken sich die letzten Tropfen,
Und zwei nasse schwarze Schnecken
Schleichen träge vor mir her.
Käme doch ein kleiner Fuß,
Klein wie eine Kinderhand,
Drückte sich an meiner Seite
In den dunklen nassen Sand.
Und der Fuß sollt' mit mir gehen,
Und dann müßt' im nassen Sand
Seine Spur wie himmelblaue
kleine nasse Spiegel stehen.
In den Spiegeln da beschatten
Sich zwei Äuglein, die sich freuen.
Mitten in den treuen Augen
Möcht' ich's Bild dort scharf und klein,
Tief in den Pupillen sein.
Wer ist in das Haus weh gekommen,
In allen Ecken es weint?
Jemand hat mein Bett mir genommen
Und hat meine Kissen versteint.
Jemand geht um mich immer
Viel schleichender noch als der Tod,
Seine Schritte seufzen im Zimmer
Und meine Augen suchten sich rot.
Ich fühl in den leeren Armen
Die Leere als wie eine Last,
Kann an keinem Feuer erwärmen,
Jede Stunde mich kälter anfasst.
Ich möchte die Menschen laut fragen:
Könnt ihr mich vor Sehnsucht noch sehn?
Die Tage sind nur noch wie Sagen
Und ich muß gestorben drin gehn.
Schwüle geht im Herzen um,
Weil ich deinen Kuß noch fühle.
Geh' ums Leben heut herum,
Möcht' kein Wörtlein von mir geben,
Nur das Herz möcht' mir entschweben,
Lippen blieben gerne stumm.
Tragen von der Liebesstund
Noch die süße Blüte und
Alle Glieder sagen warm:
Arm macht niemand je mich wieder.
Deine Küsse halten mich glühend wach,
Sie gehen wie feurige Sterne ums Dach.
Au deinen Lippen wird's Blut mir rot,
Mein Herz springt ins Feuer, mein Auge loht.
Deine Augen wie kleine Monde beim Küssen
Im letzten Himmel verschwinden müssen.
Ich wühlte gern hitzig in deinem Haar,
Sage mir: reden die Locken wahr?
Die Locken werfen sich voll und rund
Wie tolle Bäche an meinen Mund.
Hub jeder Lockenleib wild sich rollt,
Als ob er mit Glut mir zufliegen wollt.
Ich möchte vor Lust mein Herz zerbrechen,
Mit tausend Splittern zu dir sprechen.
Heut jagt der Wind dem Baum durch die Mähnen,
Er lacht, daß es hallt, lacht mit glänzenden Zähnen,
Bläst die Sonn' an, daß ihr das Feuer aufwallt.
Zwar lahm stehen überall welkende Blumen,
Doch wir gehn nicht zahm und sammeln nicht Krumen.
Mein Schätzlein und ich, wir werden zwei Ross',
Mit fegendem Flügelpaar schlagen wir los,
Des Himmels frostblaue Scheiterflammen
Schlagen grell mit der Blutfarb zusammen.
Wir gehen nicht nur mit den Füßen spazieren,
Wir wollen wie der Wind uns in Himmeln verlieren.
Wie um Kartoffeln, die dumpfen,
Im Keller mit bleichem Keim
Werden die Tage nicht heller,
Kommt mir mein Blut nicht heim.
Mein Blut lief auf die Gassen,
Im Leib war's zu allein,
Es wollte zu seinem Weib
Und in ihr Herz hinein.
Ich liege wie bei Leichen,
Ich warte auf mein Blut,
Das rennt auf Steine sich hart,
Weil in ihm die Sehnsucht nicht ruht.
An allen Bäumen die Blätter
Stehen von Würmern zerfressen,
Dein Auge hat mich vergessen,
Mir ist weh wie den Bäumen geschehen.
Dürr wie die Rippen der Blätter
Seh ich meine Tage vergehen.
Vom Glück blieb nur eine Sage, —
Doch ich stürbe, müßt' ich's gestehen.
Ich sing dir das busenfreundliche Lied,
Das wie Dämmerung einhüllt,
Wie ein Lächeln entfliegt:
Wie den Saiten lausche des Lebens Spiel,
Ein Lied ist das Leben und ohne Ziel.
Ach, wie fröhlich und gesund
Mich die Liebe macht!
Bin der beste Mensch am Tag,
Küßte ich zur Nacht.
Arbeit tut von selber gehn,
Jeder Schritt ist Dank,
Reden, die ich reden muß,
Red' ich frei und frank.
Heller wird mir jeder Tag,
Weiß, wohin man sieht,
Weiß, wenn's Abend werden will,
Wozu das geschieht.
Herrlich kommt die dunkle Nacht,
Die den Mund mir gibt,
Der mich bis zum hellen Tag
Unter Küssen liebt.
Meine Liebste ist mit Lächeln
Durch die Dornen hingegangen,
Und an allen wilden Dornen
Hat ein Blühen angefangen.
Sie hat Rosen angezündet,
Eine blieb am Rock mir hangen,
Und blieb dicht an meinem Herzen
Bangrot wie der Liebsten Wangen.
Ein funkelnd Bächlein schiebt durchs Tal,
Und leise Melodie es gibt,
Mir scheint, daß es das Wandern liebt.
Die Tanne aufgepflanzt dransteht,
Ihr Wipfel gern im Himmel tanzt,
Ihr Leben nicht vom Flecke geht.
Gern wie der Bach ich wandern will,
Der Liebsten Mund ist's Reiseziel,
Dort steh' ich wie die Tanne still.
Des Abends die Schwalben am Himmel hinschießen,
Sie müssen zur Nachtzeit den Mond aufschließen.
Sie eilen hinauf ans kalkweiße Tor
Und heben den pfeifenden Riegel empor.
Da kommen Verliebten die Träume heraus,
Die Schwalben tragen sie ihnen ins Haus.
Das Mondtor steht offen die ganze Nacht,
Bis jeder Traum sein Glück gebracht.
Die Bachwelle schlüpft am Waldpfad hin,
Das Wasser will Kreise um Wandernde ziehn.
Durchsichtig sind des Wasser Falten
Und wollen wie ich ein Bild festhalten.
Es blitzen die Kiesel wie Fensterlein,
Die Liebste wohnt drin und ich stieg gern hinein.
Der Waldbach sich immer selber lauscht,
Wie mich Verliebten mein Traum berauscht.
Im Tann, wo Ast bei Ast sich spreizt,
Da ist es heiß, wie eingeheizt.
Die Sonne brütend um Wurzeln kriecht,
Der Wald dumpf wie ein Holzstall riecht.
Es atmet dort jemand mit schwülem Schlund,
Steht hinter den Stämmen mit offenem Mund.
Er hält sich unter der Schwüle gebückt,
Hat sich die Stille ans Ohr gedrückt.
Die Sohle brennt in den Waldboden ein,
Manchmal hörst du seinen Schatten schrein.
Jeder Knochen ward seinem Leib ein Spieß,
Dran ihn die Sehnsucht braten ließ.
Wir gingen sacht dem Abend nach,
Der Himmel war ein goldnes Dach,
Der Tann voll dunkler Kammern stand,
Und wie ein Bett das Ährenland.
Ein Lockruf tat ans Ohr mir gehen,
Andächtig blieb der Fuß uns stehen.
Der Wachtel Herz noch spät anschlug,
Sie hatte nicht vom Tag genug,
Sie fand noch keine Abendzeit,
Rief noch ihr Glück aus meilenweit.
Kam mit der Sonn' am Spätmittag
Zu einem wilden Rosenhag,
Dort hielt manch Vöglein weiche Klag,
Ein Himmel, der die Lieder mag,
Auch über allen Gräsern lag.
Doch Sehnsucht, die ich dorten pflag,
Ich nicht laut zu gestehen wag,
Und weil ich's keinem Menschen sag',
Bringt's hoffentlich die Sonn' zu Tag.
Bei Maßlieb und Spitzwegerich,
Bei einem grünen Berggelaß
Mein Schatz mit mir am Wege saß.
Die Luft um uns war minniglich.
Ich horchte zum Forellenbach,
Die Sonne angelte darin,
Manch Fischlein schnalzte ab und hin,
Und's Wasser tausend Dinge sprach.
Das Wasser sprang vom Waldberg her,
Vom Berg, wo die Frau Venus spann,
Die stets von Liebe plaudern kann,
Und ihre Spule wird nie leer.
Doch hört man, was Frau Venus spricht,
Schwatzt man es weiter ohne Ruh.
Auch ich red' meinem Schatz jetzt zu
Und rede, bis die Zunge bricht.
Der Bach, der rinnt wie helles Glas,
Als habe meines Mädchens Hand
Den Himmel, der im Herz ihr saß,
Ins Wiesengras hell ausgegossen,
Und heimliche Gedanken schossen
Als Fischlein fort mit schlanken Flossen.
Drum, geh' ich an dem Bach entlang,
Mein Blut stets Liebeslieder sang.
Es denkt bei jedem Schritt ans Minnen
Und will wie's Bächlein mir entrinnen.
Das Laub gibt sich dem Abend hin,
Nur Wolken prunkend ans Fenster ziehn,
Die sind so feurig anzuschauen
Wie kleiderlose schöne Frauen.
Wie Frauen, die nach Freiern fahnen,
Sehn sie dem Abend brennend entgegen.
Die Nelken glühen auf allen Altanen,
Zur Nacht werden auch die Blumen verwegen.
Und sonst so bescheidene Fensterscheiben,
Die werfen's Gold hell auf die Straßen.
Kein Stübchen will nachts ärmlich bleiben.
Vier Wände können all' Lust umfassen.
Kommt's Abenddunkel in den Tann,
Dann jede Tanne spuken kann.
Am Tag da sangen goldene Ammern
Drin in den finstern Nadelkammern.
Und als ob man getanzt da hätte,
So ist am Boden noch die Glätte.
Von Kleidern einer Mädchenschar
Hängt's Spinnlein Fäden mir ins Haar,
Wie eines Ärmels weißer Zipfel
Steckt noch der Mond am Tannengipfel.
Es möchte, könnt es mir gelingen,
Mein Schatten nach den andern springen.
Viel Unruh rückt an meinem Schuh,
Die Tanne sticht mit Nadeln zu.
Die Stämme sind wie Menschen warm,
Fühl' alle Welt und nichts im Arm,
Und eile heim, weil einen Kuß
Bei meinem Schatz ich los sein muß.
Die blaue Kornblum wohnt versteckt,
So hab ich meinen Schatz entdeckt.
Sie kann nicht meinen Händen wehren,
Wiegt sie wie's Sommerfeld die Ähren,
Die Ähren sind jetzt körnerschwer,
Als lag schon Brot mannshoch umher,
Und nahrhaft wie im Bäckerhaus
Steht's au der langen Landstraß aus.
Mein Schatz die Ähren streicheln tut.
"Nach Leben riechen sie so gut,"
Sagt sie. Und schau ich roten Mohn,
So sang ich auch sein Feuer schon.
Ich gab gern alle Ähren her,
Und gern war mir die Hand brotleer,
Blieb mir am Lebensend davon
Liebe betäubend wie der Mohn.
Schaut ein Haus in das Tal
Mit weißen Mauern,
Menschen gehn dort ein und aus.
Kühe kauern im Stall,
Unter den Linden
Finden Bienen den Honig.
Oft machen die Fenster menschliche Mienen,
Lachen und Sorgen schauen heraus.
Und nichts von all dem wird dauern.
Die Tage lauern und verfliegen,
Welken ab wie die Nelken,
Die vom Altan sich biegen.
Nur Stunden einfältig entstanden,
Da auf zwei Kissen zwei Verliebte sich fanden
Und Aug in Aug sich satt gesehn,
Da bleibt die Uhr unvergänglich stehn.
Morgens stehn der Windenblüten
Feine Tüten an dem Rain,
Sind wie Augen voll von Frische
Am grasgrünen Lebenstische.
Abends liegen sie daneben,
Gar nichts kann sie mehr beleben.
Sind wie Zecher, die genossen,
Ihre Becher umgestoßen.
Keiner kann mehr nüchtern stehn,
Wer der Lieb' ins Glas gesehn.
Da geht ein alter Schäfer,
Sieht ohne Gruß die Welt,
Gebückt tief wie ein Schläfer,
Der schlafend Reden hält.
Sein Hund fällt mit Gekeife
Die kleinste Fliege an.
Der Schäfer kaut die Pfeife
Und stolpert stumm bergan.
Die Schafe fliehn und jagen,
Der Berg gibt Bodenlaut,
Der Schäfer könnt' ihn fragen.
Nur zwein allein vertraut
Der Berg, was er gesprochen,
Dem Schäfer und den Schnecken,
Die ihm am Rücken krochen.
Doch eh' von Lippenrunzeln
Des Schäfers Frage will,
Da müßt' der Berg erst schmunzeln,
Drum schweigen beide still.
Sie wissen, was sie wissen:
Manch Ding lebt noch im Tod,
Ists Herz grau und zerschlissen,
Macht's seine Rede rot.
letzt kommt der Herbst mit langem Bein
Und zieht die Wolken an der Lein,
Er stampft die grünen Lauben ein,
Mein Schatz, der schließt die Fensterlein.
Schatz, wird die Welt ein altes Wrack,
Lieb' schützt uns vor dem Wolkenpack.
Hast du mein Herz in Tasch und Sack,
So macht der Herbst nur naß den Frack.
Nun will ich jeder gern bücken,
Man trägt jetzt Butten am Rücken,
Drinnen die Trauben sich drücken.
Nun schlürfe nur Süßigkeit,
Und mache den Rücken recht breit,
Und schleppe dein Teil heim beizeit.
Und füllst du ins Faß deinen Wein,
Und bist du mal kalt und allein, —
Mit dem Wein bist du immer zu zwein.
Der Wein feuert ein alte Glatzen,
Macht Nachtigallen aus Spatzen
Und lockt dir den Amor, den Fratzen.
Sommer, der so fröhlich war,
Er entläßt der Vögel Schar,
Tausend Stare weiter ziehn,
Tausend Lieder jetzt entfliehn.
Auf der Wiese, die verblüht,
Noch der Himmel einsam glüht,
Wie die Sehnsucht, die nie stirbt
Und um neue Lieder wirbt.
Sitzt das Herz am rechten Fleck,
Fällt's nicht wie ein Herbstblatt weg,
Wechselt auch der Baum sein Kleid, —
Lieb' kennt keine Jahreszeit.
Gern ich ein Julifeld mir küre
Als grüne Stube ohne Türe.
Bin Hausherr dort, bin nicht allein,
Es ziehen tausend Mieter ein:
Die Himmel, die wie's Feuer summt,
Die Grille, die niemals verstummt,
Die Krähe, die nach Regen schreit,
Der Himmel und die Ewigkeit.
Ich sitz' im grünen Staatsgemach
Und denk' der kleinsten Ameis' nach,
Und meine Möbel und Gardinen
Sie haben stündlich neue Mienen.
Heut sind Sie grau und morgen heiter,
Das Muster webt von selber weiter.
Ich kann dort ganze Stunden liegen,
Den Kopf auf meinen Schultern wiegen,
Und kommt der Abend still heran,
Hab ich unendlich viel getan;
Sah ich nur in der Hecke drin
Dengelnd 'ne kleine Schnitterin,
Und wird sie dabei etwas rot,
Dank' ich für meine Mieter Gott,
Bin mit der grünen Stub' zufrieden,
Und denk': man wohnt doch gut hienieden
Die Sehnsucht peitscht mit scharfem Dorn,
Sie reitet mich wild
Und gibt mir den Sporn,
Und ob mein Herz streitet,
Sie macht mir die Hände zu Hufen aus Horn
Und rennt mit mir durch die Wände.
Die Sehnsucht, sie ist wie Salz im Meer,
Die Zunge wird mir bitter,
Und Durst klebt schwer
In Gaumen und Brust.
Und wie der Schaum auf Wellen lebt,
So mir die Sehnsucht am Munde schwebt.
Wie Wellen, die sich erdrücken müssen,
Erdrücken sich meine verlassenen Lippen
In Sehnsucht nach deinen Küssen.
Die Juninacht, sie hat's entzündet,
Und wie ein Blick, der dich ergründet,
So liegt ein kleines Licht im Gras,
Als flog es dir vom Herzen fort,
Ein Liebeswort, das ungesprochen
Und ungebrochen weiterglüht,
Und lautlos müht sich dir zu nennen.
Doch eh' die reife Juninacht
Zu End' gedacht,
Sollst du's erkennen.
Vor einer Scheune singt die Säge,
Und klingt ein Beil,
Und hartes Scheitholz bricht und springt.
Manchmal die Glock' im Kirchturm spricht
Und schiebt ein dröhnend Wort hinein.
Sonst rührt sich nur im Sonnenschein
Die Grille, die zum Weibchen fliegt,
Ein Halm als Bett die beiden wiegt.
So jedes Herz voll Arbeit liegt.
Die Turmuhr teilt die Stunden ein,
Doch Lieb' will ohne Abend sein.
Oft halten sich Tage wie Blätter still,
Der Himmel regnen nur regnen will.
Als wären die Häuser ganz menschenleer,
Es gehen die Menschen wie Schemen umher,
Und einem Verliebten trauern die Ohren,
Er horcht auf ein Lied hinterm Regen verloren.
Eine leere Fahnenstange
Sieht zum Regengrau hinauf,
Dran zog ich als Trauerwimpel
Gern mein nasses Sacktuch auf.
Wie 'ne Henne gackst die Seele,
Laut ausstoßend Schrei um Schrei,
Und sie legt mir unter Schmerzen
Täglich nur ein hohles Ei.
Welke Rosen in dem Glase
Runzelig wie alte Parzen,
Ausgesogen wie an alten
Mutterbrüsten welke Warzen.
Dieses sind in meinem Zimmer
Von der Sommerseligkeit
Noch der letzte Rest und Schimmer —
Alles andere fraß die Zeit.
Sommerwind durch die Felder rennt,
Heupferdchen springt, die Sonne brennt.
Mittag schlug's auf der Dorfkirch schon,
Der Stunden Wege niemand kennt,
Das Herz läuft mit dem Wind davon.
Bleibt das Licht nicht mehr Begleiter,
Dunkelheit bringt keine Binde,
Meine Hände leuchten weiter,
Glühend meinen Weg ich finde.
Meine Finger fühlen sprühend,
Wie zehn Augen sie dich sehen,
Und sie bleiben nicht wie Augen
Nur vor deiner Seele stehen.
Habe deinen Leib gebettet
Dicht an meine heiße Lende;
Kommt die Scham zu dir die leise,
Hülle dich in meine Hände.
Mein Zimmer hat nur Wände,
Und Fenster hat es keine,
Denn als mein Schatz gegangen,
Saß ich mit nassen Wangen,
Fand, daß die Sonne blende.
Ich schickte meine Hände,
Sie schleppten Mauersteine.
Sie bauten auf der Stelle
Mit Mörtel und mit Kelle
Für meine Seelenruh
Die lauten Fenster zu.
Niemand sieht's, wenn ich weine.
Statt Licht sind um mich Steine,
Und tröstend dunkle Wände.
Die Trän' findet allein
Den Weg in meine Hände.
In einer blauen Hügelwelt
Bei einer Amsel Sehnsuchtton
Ein großes, grünes Roggenfeld,
Und drinnen feuerroter Mohn.
Wie ein Laternlein jede Blüt,
Und brennen röter als der Tag.
Ein Augenblick hat da geglüht,
Der lang noch nicht erlöschen mag.
Wenn ich jetzt an die Wiesen denk,
Scheint jede Feldblum ein Geschenk.
Die Blumensträuße in dem Gras
Sind nicht bloß für die Kühe Fraß,
Sind nicht nur Dung für alte Erde;
Der Blumen lachende Gebärde
Steht frisch an jedem Morgen da,
Wo fromm-verliebt mein Schatz hinsah.
Auf meinem Schatten kühl ich saß
Und legte mein Gebein ins Gras,
Mein Auge stieg zum Grün und Blauen
Und tat aus Wolken Häuser bauen.
Und Menschen setzte ich hinein,
Schrieb Schicksale in Hände ein,
Und ließ die Menschen lachen, küssen,
Bis sie aus Wolken fallen müssen.
Heut fragte der blitzgrüne Wald,
Wo Baum bei Baum eng wohnt:
"Kommt denn Frau Dauthendey nicht bald?
Kein Leben sich sonst lohnt!
Blümlein und Käfer sterben mir,
Kein Blatt bleibt mehr am Platz,
Auswandern tun die Bäume schier,
Kommt sie nicht, unser Schatz.
Denn manchen Kranz Frau Dauthendey
Pflückte sie sonst im Wald,
Den Bäumen war's nicht einerlei,
Sie wurden dann steinalt.
Das Reh und mancher Damhirsch sprang,
Trug ihre Schlepp im Maul.
Jetzt ist es still, kein Kuckuck sang,
Der ganze Wald liegt faul."
"Laßt schönstes Wetter zu mir kommen!"
Sprach heute früh Frau Dauthendey,
Den Sonnenschirm hat sie genommen,
Da ward der blau'ste Tag im Mai.
"All die Verliebten sind geladen!"
Rief wiederum Frau Dauthendey,
Und in der Stadt schloß man die Laden,
Paarweise zog das Glück herbei.
"Und jeder Kranke soll gesunden!"
Rief wiederum Frau Dauthendey,
"Auferstehen Tote ein paar Stunden!
Und selbst die Götter kriegen frei!"
"Die ganze Welt soll sich genießen!"
Schloß lachend die Frau Dauthendey,
"Denn ich will heut mein Herz ausgießen,
Daß Jeder wie ich glücklich sei!"
Die Schmetterlinge saßen gut
Frau Dauthendey am Frühlingshut,
Und jeder sprach: "Ich bin so frei,
Weil's Frühling ist, Frau Dauthendey."
Maikäfer saßen mehr abwärts
Hinterm Korsett an ihrem Herz,
Und jeder sprach: "Ich bin so frei,
Weil's Frühling ist, Frau Dauthendey."
Ihr fielen Blumen in den Schoß,
Es blühte dort bald klein und groß,
Und jede sprach: "Ich bin so frei,
Weil's Frühling ist, Frau Dauthendey."
Doch sie schickt Schmetterlinge fort,
Und bricht selbst Maikäfern das Wort,
Spricht: "Blüten seid mir einerlei,
Im Frühling braucht mich Dauthendey."
Wenn ich mich an dei' Bäckle streich,
Und deine feine Tätzle küss',
So ist kei Fleckle mehr so weich
Wie 's Plätzle bei meim Frätzle.
Und hinterm Hemd dei Brüstle, no,
Dran tapp ich voll Gelüstle,
Wieg sie wie Träuble in der Hand,
Und lab' mich dran, wie Moses froh,
Als er kam zum gelobten Land
Verdurstet aus dem Wüstle.
Wen köstlich liebt ein schönes Weib,
Dem hängt sie ihre Schönheit an,
Die Luft wird wonnig um den Mann,
Aufrecht und stolz auch blüht sein Leib.
Denn über seine Schultern hin
Schaut stets unsichtbar ihr Gesicht,
Mit wem der so Geliebte spricht,
Dem wird gar festlich auch zu Sinn.
Es strahlt, wer eine Schöne liebt,
Verschont den Freunden und der Welt,
Weil Lieb' mit nichts zurück mehr hält,
Auch's Schönsein dem Geliebten gibt.
So bin ich denn hin in die Welt gegangen,
In den Herbst, wo die Winde sich Blätter fangen,
Und langen Nächten entgegen.
Doch immer sah ich auf allen Wegen
Ein Weib mit Blicken, mit bangen,
Die blieben wie Schatten am Herzen mir hangen,
Und fielen zur Erde wie weinender Regen.
Herbstwinde wehen durch das Gelände,
Die Hände der Bäume werden so schwach.
Wir sehen den gleitenden Blättern nach,
Des Sommers singende Häuser vergehen,
Wir schauen durch fallende Wände.
Auf leeren Wegen die Winde klagen,
Viel fortgetragen haben die Wege.
Und wo ich auch meine Wange hinlege,
Ich pflege nirgends der Ruhe mehr,
Wie der Baum ohne Blatt ist mein Tag luftleer.
Die Feder, die dies niederschreibt,
Von der nur diese Zeile bleibt,
Die Feder, dieses Stückchen Stahl,
Fühlt meines Fingers Freud und Qual.
Mein Finger sich nicht danklos müht.
An deinen Leib, den Lieb' behüt,
Au deinen Leib er zärtlich denkt,
Wenn ihn die Hand an dich gedrängt.
Die Hand oft nach dem Herz jetzt greift.
Wie eine Frucht im Stroh noch reift
Mein Herz, kann mir die Luft versüßen,
Wenn auch die Finger zittern müssen.
Sieh droben den Mond zwischen Türmen hängen,
Er konnte die Nacht aus dem Himmel verdrängen.
Er hängt wie der Schein alles Sehnenden oben,
Wie Helle, die Sich voll Hoffnung gehoben.
Und sind zwei getrennt, auch in fremdesten Gassen,
Verliebten wird niemals ihr Himmel verblassen,
Ihr Himmel, der kann ihre Augen aufhellen
Durch brennende Botschaften zwischen zwei Schwellen.
Alle Hecken stehn zerzaust
Und der Wind am Wege haust.
Tag und Nacht die Regentropfen
Auf die kahlen Steine klopfen;
Augen meine nimmersatten
Nie genug vom Sommer hatten.
Wie mein Äug' am Sommer hängt,
So mein Mund zur Liebsten drängt.
Der Sonntag der kug'ligen Linden,
Der hat jetzt abgeblüht,
Sie stehen so still und empfinden
Den Montag in ihrem Gemüt.
Die Dächer im Julitag brüten,
Behüten die Menschen und Ställe.
Die Tauben, die fliegenden Fächer,
Sie flattern zur Brut in die Zelle.
Der Abend, wie dunkle Ratten,
Kommt ohne Laut und Rauschen,
Er stiehlt dir den Freund, deinen Schatten,
Und macht dich argwöhnisch lauschen.
So zwang der Juli die Halm'
Auf jeder Wiese zu Heu,
Vom verliebtesten Frühlingsqualm
Bleibt noch der Duft dir treu.
Weine nicht, weine nicht wieder,
Uralter Frühling kommt bald.
Dann nisten in Wolken die Lieder,
Dann unter den nickenden Bäumen
Säumen Blumen Verliebten die Wege,
Bis in den zufriedenen Wald.
Dort sitzt das Glück im Gehege,
Und das Glück ist blind und taub.
O Mädchen, glaube dem Liede:
Auch die Träne wird einmal zu Staub.
Bisher war der Tag eine Leier von Stunden,
Hast mir des Augenblicks Wollust erfunden.
Von dir ward ich erst zur Welt gebracht,
Hast mich mit Liebe liebend erdacht.
Die Leute sehen mich lichterloh,
Ich brenne so gründlich und brenne so froh.
Solang ein Weib tut leben,
Wird selig auch der Mann.
Sie kann den Himmel geben,
In den man kommen kann.
Solang ein Weib tut leben,
Solang lebt auch der Kuß,
Sie kann den Kuß dir geben,
Der sich verdoppeln muß.
Solang 's ein Weib tut geben,
Gibt's keine tote Stund.
Wie das Bukett der Reben,
Hat sie den Rausch im Bund.
An meinem Fenster in kahler Nacht
Hat weiß wie ein Kätzchen der Mond gewacht.
Der Mond und mein Herz sie flackerten nur
Und folgten still einer glimmernden Spur.
Haben der Liebe nachgedacht,
Und keiner von beiden hat da gelacht.
Und heute bin ich durch Straßen gegangen,
Die Häuser saßen im Regen gefangen,
Und habe noch immer wie in der Nacht
Über die Liebe nachgebacht.
Stand hinterm Regen in Gittern drin,
Weiß, daß ich Gefangner der Sehnsucht bin.
Ein kahler Stein, nackt wie ein Knochen,
Liegt grinsend auf des Baches Grund,
Die Wasser ziehn unnterbrochen,
Bereden ihn mit schnellem Mund.
Er wird zum Antlitz blaß und düster,
Sieht zu mir auf von Schmerz gespannt,
Der Wellen unnützes Geflüster
Hat einen Namen mir genannt.
Ein tot Gesicht als Stein noch wartet
Auf das, was einst mein Mund versprach;
Das Leben hat mit uns gekartet,
Mein Fleisch war stark, der Wille schwach.
Viel Schritte haben sich verloren,
Der Weg ist lang, der Weg ist wild,
Manch Echo klagt in meinen Ohren,
Auf manchem Stein da bleicht ein Bild.
Küß mich auf den Mund, mein Lieb,
Immer neue Küste gib.
Welkt am Weinstock Blatt um Blatt,
Man den Most im Keller hat.
Ach, das Leben ist versüßt
Dem, der sich durchs Leben küßt.
Wer verkennt des Jahres Zweck,
Dem nur schenkt der Herbst den Dreck.
Liebste, drück mir auf den Mund
Küsse wie die Blätter bunt,
Küsse wie der junge Most,
Und berauscht leb' ich getrost.
Des hab' ich mich noch nie bedankt,
Daß deine Hände nach mir langen
Und deine Lippen mich empfangen,
Daß in den Hügeln deiner Brüste
Ich mir fürs Leben Sehnsucht küsste,
Und gern mein Herz nach deinem krankt.
Des sei die Stund, die dich vollbracht,
Die dich zur Liebeslust erdacht,
Von jeder neuen Stund bedankt.
Wie der Tag sich windet
Und kein Ende findet!
Die Minuten stehen,
Müssen rückwärts sehen.
Seit der Morgenstunde,
Die mit starrem Munde
Dich zum Abschied weckte,
Sich nur Öde streckte.
Fühl' die Haut erkalten
Und die Stirn sich falten,
Muss ins Leere schauen
Und dem Tag misstrauen.
Trennen ist ein Sterben,
Schlägt die Welt in Scherben.
Locktest mich in dein Herz hinein,
Mir ist die Luft ausgegangen,
Meine Stimme liegt bei dir gefangen,
Kein Lied fällt mir mehr ein.
Und rings hör' ich doch Lieder genug,
Es fingen beim Nesterbauen
Die Vögel im Grünen und Blauen
Und haben noch Lieder im Flug.
Nur ich muß schweigen und geh' herum,
Als fürcht' ich die Vögel zu stören,
Und ließ mich do gern vor dir hören, —
Doch atemlos bin ich und stumm.
Wenn doch die Gedanken
Mir die Liebste brächten!
Dann wärs nicht am Tage
Dunkler als in Nächten.
Schnee liegt in den Wolken,
Kahl Holz in dem Garten,
Als ob die Gedanken
Alles mir erstarrten.
Wird der Schnee mal fallen,
Und die Wolken gehen,
Bleiben die Gedanken
Doch am Fenster stehen.
Wird das Baumholz grünen
Und der Garten leben,
Werden die Gedanken
Doch nie Gnade geben.
Manch Tag, der ist wie's Leben lang,
Wenn's Schätzlein fehlt.
Taumelst wie ein Falter den Weg entlang,
Fühlst dich kahl wie der Baum,
Den der Wind abschält.
Ein Span steckt dir im Hals, im steifen,
Kannst kein Lied mehr pfeifen,
Und alle Weg' durch den Wald gehauen,
Die sind unendlich anzuschauen.
Gehst du zu ein Stück,
Zieht jemand dich am Rock zurück.
Bald bist du tot, weißt's ganz bestimmt,
Wenn niemand dir die Sehnsucht nimmt.
Es quillt aus dem Abend hervor
Der Kräuter und Gräser Geruch,
Als duften Sträuße verdorrt
In einem uralten Buch.
Beim Weg am Berg empor
Dunstet das Heu gemäht,
Rauscht eine Sense noch spät,
Und Wolke bei Wolke lauscht.
Im Garten am Pflaumenbaum
Schütteln zwei Haube am Ast.
Ja, ein Sommer ist bald verpraßt.
Ach, Lippen, haltet kaum Rast,
Und küßt auch noch im Traum.
Das Gras ist feucht, der Mond hängt angebrochen,
Und sengend drängt er durch den Lindenbaum,
Bleibt auf den Blättern schwer und schlafend liegen,
Daß sich die Zweige unterm Monde biegen.
Der Duft, aus allen Blüten schwer entstiege,
Wirft Unruh in die Luft;
Wird Seufzen, das sich stumm bezwingt,
Wird Sehnen, das kein Schlaf umbringt.
Der Duft geht wie mit Füßen durch das Gras,
Mein Herz fährt auf, das dort im Monde saß.
Mit Händen greift's zur Luft und ruft mit Worten laut
Und weckt die Sehnsucht, die mein Haar ergraut.
Am Barbaratag im dürrsten Hag,
Langsam der Saft wieder steigen mag,
Glück schwebt schon draußen in kahlen Zweigen,
Hebt leise an Leises zu geigen:
Jetzt tut dir noch jede Schneeflocke weh,
Doch die Hand, die heut, ach, am Sorgengarn spinnt,
Wohl morgen schon Glocken zu läuten beginnt,
Und der Sinn wird ein hurtiges Reh.
Solange du lebst, auch das Leben dich mag,
Saft steigt in das Dürrholz am Barbaratag,
Saft steigt auch ins Glück wohl schon morgen,
Unsterblich sind nicht nur die Sorgen.
Ich ging so hin in den dunkelnden Tag
Und zählte Stein bei Pflasterstein.
Nicht mal mein Schatten zur Seit' mir lag,
Die Leere war groß und Leere macht klein.
Die Stadt stand steinern um mich hoch,
Der Fluß trieb Fluten durchs Brückejoch,
Als ob er das Liebste sich suchen muß,
Als müßten die Wasser sich sputen.
Mein Herz mir nicht von der Stelle mehr kroch,
Lag auf der Schwelle von Tag und Nacht,
Ich habe es kaum zum Gehen gebracht.
Den Tag, den lockten die Berge fort,
Sie hockten dunkel wie Zauberer dort,
Ein Berg machte Lachen aus Weinen.
Sein Blick könnt' unter Gruß und Genick
Die Toten lebendig mir machen.
Die Toten, die unter den Blättern liegen,
Die stiegen vom Berg mit zärtlichen Wangen.
Und eine kam über die Brücke gegangen,
Und sehen konnten es selbst die Laternen,
Die Tote blieb heiß mir am Herzen stehen.
Die junge Königin
Betrachtet ihre gleißen Schuh.
Sie geht mit Unruh durch die Säle,
Mit weißen Wangen den langen Tag,
Und nichts vermag sie zu versöhnen.
Ihr Leben scheint ihr schon vergangen,
Ihr Lächeln und der Jugend Verlangen.
Hofdamen und Hofherrn gehen
Im Schweigen ihr nach
Durch alle Türen, die offen stehen.
Auf glatten Dielen spüren
Sie Windhauch, von Schatten
Unsichtbaren Reigen.
Im Dielenholze ertönen von Geigen seufzende Weisen,
Von leisen Geigen, die keiner sieht,
Die wie unter Schmerzen aufstöhnen.
Nachts gucken die Lichter der Kerzen und des Mondes zu,
Wie Gesichter, die zucken.
Die junge Königin aber geht ohne Ruh,
Bis ihre Augen einmal Alain trafen,
Des Hofes Dichter, im blauen Mondschein eingeschlafen am Altan.
Die Königin sieht nicht, daß gar nicht schön, fast läßlich der Sängersmann.
Die Königin stund und beugt sich und küßt des Schlafenden Mund.
Und das Gefolge sieht's mit an, entsetzt.
Keiner sich ihr Gelüste erklären kann.
,,Ich küßte den Mund, der mir wohlgetan
Mit schönsten Worten, mit tugendhaften, flug erkoren,
Kein Mund in meinem Königreich
Tat's diesem schlafenden Munde gleich.
Doch wer eines Dichters Seele küßt, der stirbt daran.
Schaudernd fühlt sich Unsterblichkeit für Sterbliche und tödlich an.
Wie häßlich, Herrn und Damen, euer Lächeln ist!
Mehr Leben, ach, gottlob, daß du nur sterblich bist!"
Die junge, junge Königin,
Sie spricht es hin, —
Starb und lag lächelnd bleich.
Und tot schien sie die Glücklichste im Königreich.
In des Schlosses Garten bei den grünen Gängen,
Wo die Weiden rieselnd überm Teiche hängen,
In dem gläsernen und alten Wasserreiche
Ziehen Schwäne durch den Spiegel lange Falten.
Bange Schwäne, blendend wie verwunschne Damen,
Bleiche Schöne, die einst seufzend kamen,
Den gesunknen Kahn am Ufer nahmen,
Hinter sich das Lachen bei den Blumen ließen,
Mit den blanken Händen von den flachen Treppen stießen.
Wolken, die zur Nacht am Teiche tranken,
Sanken weinend sacht als Regen nieder.
Jedes tote Wasser scheint ein Reich aus Tränen.
Gerne steh' ich dort im roten Zwielicht bei den Schwänen,
Wie sie schmückend sich's Gefieder glätten;
Ihre warme Brust ins Kühle betten,
Mit den Augen drohend stumm vorüberschweben,
Und vom Teich bewundert leben.
Wenn zur Abendsonne hundert Scheiben
In dem Schloss hundert Feuer geben,
Treiben alle zu den Uferweiden,
Bleiben rosig stehen an den Treppen.
Kleine Federn wehen fort im Winde,
Wie einst Silberfäden, feine, von den Seidenschleppen.
Ein Springbrunn spielte in dem Garten, der verschwiegen,
Und lernte sich im heißen Mittag fliegen.
Sein Plätschern und sein Tun, in das die Rosen starrten,
Benarrten meine Schritte, und ich ging
Ins Blaue, wie der kühle Brunn verstiegen,
Auf eine Aue, die im Himmel hing.
Saß nieder, lauschte lieblichem Gesing,
Versank in meine Brust und ihre Lieder.
Und Lieber machen selbst die Steine zarter,
Die keine Worte kannten, können's plötzlich wagen,
Und sich im Echo über Täler tragen.
Stein fliegt zu Stein, und Berg zu Berg im Singen,
Und Lieder können sie zusammenbringen.
Ein Lied zieht durch verschloßne Türen.
Wenn Lieder an die müden Menschen berückend rühren,
So spüren sie nicht drückend mehr die Glieder,
Entführen könnte dich ein schwacher Schmetterling,
So leicht macht einen Menschen herzliches Gesing.