Man versammelt die Armee an dem Orte, der den Mittelpunkt der Operationen bilden soll: in der Defensive an der Stelle, die einerseits das Land und die Magazine am besten deckt und andrerseits die einem feindlichen Angriff am meisten ausgesetzten Festungen schützt. In der Offensive muß man seine Lagerstelle gleich so aussuchen, daß die Zufuhren durch die Armee gedeckt werden, und daß die Stellung beim Feind verschiedene Besorgnisse erregt oder große Unternehmungen erleichtert. NB. Im Feldkriege muß der Versammlungsort der Armee stets eine Operationsbasis nach der Art einer ersten Parallele decken. Diese erste Parallele ist entweder ein Flußlauf oder eine Bergkette, deren wichtigste Pässe man besetzt hält, oder eine Reihe von Festungen. Beim Vordringen in Feindesland muß man, um kunstgerecht zu verfahren, gleich nach den ersten Siegen und Eroberungen von Städten eine zweite Parallele ziehen. Diese Parallelen dienen vor allem zur Rückendeckung der Armee, zum Schutz der Zufuhr usw., ferner, damit im Fall des Mißlingens die Rückzugslinie unter allen Umständen gesichert ist, schließlich auch, um zu verhindern, daß die leichten Truppen des Feindes Euch in Flanken und Rücken kommen.
Man muß wissen, warum und wohin man marschiert und was man mit seiner Bewegung erreichen will. Man darf eine Armee nur aus guten Gründen in Bewegung setzen. Gewaltmärsche sind ein stummes Zeugnis dafür, daß der Heerführer sich von seinem Gegner hat Hinhalten lassen. Sonst wäre er nicht gezwungen, sich zu eilen und durch Geschwindigkeit die Zeit einzuholen, die der Feind ihm abgewonnen hat. Bei allen Märschen ist eine gute Avantgarde nötig, die den Marsch aufklärt. Die Zahl der Kolonnen richtet sich nach der Anzahl der Straßen, die man vorher sorgfältig rekognoszieren läßt. Die Kavallerie darf nicht durch Wälder marschieren. Trifft sie unterwegs auf solche, so gibt man ihr einige Infanteriebataillone zur Bedeckung. Wenn man vom Feinde entfernt ist, müssen die Husaren bei der Avantgarde, auf den Flanken der Armee und bei der Arrieregarde sein. Die Bagage muß die mittelste Kolonne bilden und von einer starken Arrieregarde gedeckt werden. Die Avantgarde darf der Armee nur um eine Viertelmeile vorausmarschieren, in der Höhe des Feindes nur 1200 Schritt.
Die Lager müssen dem Zweck angepaßt sein, den man im Auge hat. Ein Versammlungslager erheischt keine große Vorsicht; die anderen sind entweder Angriffs- oder Verteidigungslager.
Angriffslager bezieht man da, wo man den Feind erwartet, um ihm eine Schlacht zu liefern. Sie sind untereinander sehr verschieden. Die Hauptregel ist gute Anlehnung der Flügel. In einer Gegend, wo man weiß, daß der Feind hinkommen muß, und wo man ihn erwarten will, muß man bei gleichen Kräften eine Ebene aussuchen, in der die Kavallerie sich frei bewegen kann, wodurch die Entscheidung wesentlich beschleunigt wird. Ist man schwächer als der Feind, so muß man ein Gelände wählen, das sich vor der Front immer mehr verengt. Dann wird die feindliche Aufstellung von der Euren stets überflügelt, seine größere Zahl nützt ihm zu nichts, und Ihr könnt ihm, obwohl schwächer, die Stirn bieten.
Verteidigungslager sind Lager zum Fouragieren, wenn man in der Nähe des Feindes ist, oder feste Stellungen. Die Stärke eines Verteidigungslagers muß in der Front und in den Flügeln liegen. Wie es aber auch sei, der Rücken muß von Defileen frei sein, damit die Armee es ohne Schwierigkeit verlassen kann. In der Natur findet man fast nie ein Gelände, das ganz Euren Wünschen entspricht. So muß die Kunst denn nachhelfen. Man errichtet Erdwerke, legt Schanzen mit Flatterminen an und beschränkt den Feind auf bestimmte Angriffspunkte. Verhaue sind gut, wenn man die Zeit hat, sie fertigzustellen, sonst taugen sie nichts. Welches befestigte Lager man aber auch einnehmen mag, man muß doch stets voraussetzen, daß der Feind es rechts oder links umgehen kann. Für diesen Fall muß man schon im voraus zwei andere Lagerplätze ausgewählt haben, die man je nach den Umständen bezieht. Sonst wird Euch der Feind durch seine Märsche zur Schlacht zwingen, sobald er will.
Hat man viele leichte Truppen sich gegenüber, so ist man zur Absendung von Detachements genötigt, um seine Operationsbasis zu decken, insbesondere, um seine Zufuhren zu sichern. Diese Detachements müssen stark sein. Am besten sind solche, die der Armee so nahe stehen, daß sie von ihr unterstützt werden können. Ist man vom Feinde entfernt, so kann man sie weiter vorschieben und stärker machen. Steht aber der Feind mit seinen Hauptkräften in der Nähe, so darf man sie nicht zu weit fortschicken. Sie müssen sich stets hinter Defileen oder auf engem Gelände aufstellen, damit sie Zeit haben, sich zurückzuziehen, oder, falls sie zum Kampfe gezwungen werden, wenigstens nicht von der Überzahl erdrückt werden. Sind aber die leichten Truppen beider Armeen annähernd gleich stark und die Einwohner des Landes nicht ganz gegen Euch, so müssen die Detachements ihre Defensive durch umsichtig ausgeführte Unternehmungen gegen die Detachements und die Lebensmittel des Feindes verschleiern. Kurz, wenn man zu wenig wagemutig ist, so faßt der Feind seine Pläne gegen Euch ohne Sorge. Schmiedet man dagegen selbst Pläne gegen ihn, so muß er Vorsichtsmaßregeln gegen Eure Unternehmungen ergreifen, und das wirft ihn in die Defensive.
Eine Armee ist eine Masse von Menschen, die täglich ernährt werden will. Ihre Verpflegung besteht aus gutem Brot, gutem Fleisch, Gemüsen, die man im Umkreis des Lagers findet, Branntwein und, wenn möglich, Bier. Es genügt nicht, alle diese Lebensmittel bei der Armee reichlich zu haben, sie müssen auch wohlfeil sein. Zur Deckung seiner Bedürfnisse legt man Magazine an der Grenze an, bei der man seine Operationen beginnen will. Bietet sich ein Fluß zur Beförderung, so verlädt man Vorräte für mehrere Monate darauf, je nachdem man ihrer zu bedürfen glaubt. Ist kein Fluß vorhanden, so führt man Mehl für ein bis zwei Monate auf Wagen mit, errichtet ein Hauptdepot an einem Orte, den man mit Erdwerken, Palisaden usw. befestigt, und legt eine starke Besatzung hinein, die dann die Bedeckung für die täglichen Proviantzüge nach dem Lager stellt. Wir besitzen Handmühlen, die wir benutzen können, um uns auf längere Zeit zu verproviantieren.
Eine gute Art, die Proviantzüge zu sichern, ist diese: Man schiebt ein starkes Korps zwischen den Feind und den Transport und gibt ihm eine besondere Bedeckung. Der Feind wagt dann zwischen dem Detachement und der Bedeckung nichts zu unternehmen. Dadurch hält man ihn in Respekt. Auch muß man vorher alle Stellungen und Defileen besetzen, die der Transport zu passieren hat, damit der Feind sie seinerseits nicht benutzen kann. Außerdem muß man die Wagen jedesmal, wo sie solche Stellen passieren müssen, auffahren lassen.
Die Verpflegungsfrage ist die wichtigste. Will der Feind einen Verteidigungskrieg führen, so kann er Euch nur bei Euren Lebensmitteln fassen. Alle seine Detachements haben nur diesen Zweck, und alle seine leichten Truppen sind deswegen im Felde. Ihr müßt also die größte Vorsicht, ja übertriebene Maßregeln zur Sicherung Eurer Proviantzüge anwenden; denn wenn Hunger und Not Euch überwältigen, ist Eure Niederlage größer, als wenn Ihr eine Schlacht verliert.
Man fouragiert, wenn man vom Feind entfernt ist, aber auch, wenn man in seiner Nähe lagert. Ist der Feind entfernt, so braucht man den Fourageuren nur einen guten Führer und eine gute Bedeckung zu geben, um sie vor den leichten Truppen zu schützen, dazu eine dem Gelände gut angepaßte Disposition; dann hat man nichts zu befürchten. Fouragierungen in der Nähe der feindlichen Armee erfordern viel mehr Vorsicht. Wenn möglich, muß man am selben Tage fouragieren wie der Feind und dazu, wie ich es schon bei den Lagern betont habe, ein starkes Lager in schmalem Gelände wählen und es mit guten Schanzen versehen, die von Flatterminen umgeben sind. Denn dies ist einer der Augenblicke, den ein geschickter Feind mit Vorliebe zum Angriff benutzen wird. Weiß er doch, daß Ihr geschwächt seid und ein Viertel Eurer Kräfte bei der Fouragierung habt. Fouragierungen dieser Art müssen noch vorsichtiger unternommen werden als andere. Man muß so viele Streifkorps wie möglich im Felde haben, um rechtzeitig zu erfahren, was der Feind tut, und sich aller Spione bedienen, die man auftreiben kann; denn der Feind könnte Euch, wie gesagt, während des Fouragierens angreifen oder auch ein starkes Detachement absenden, so daß der Führer der Fouragierung mit seinen Leuten unverrichteter Dinge zurückkehren oder sich in ein höchst nachteiliges Gefecht einlassen muß. In diesem Falle sind sämtliche Fouragierungen, die über eine Meile von der Armee entfernt stattfinden, höchst gefährlich.
Gefechte sind Kämpfe zwischen kleinen Korps oder solche, bei denen nur ein Teil der Armee angreift oder sich verteidigt. Schlachten sind allgemeine Kämpfe, bei denen auf beiden Seiten alles gleichmäßig eingesetzt wird. Allemal, wenn man den Feind angreifen will, hängt die Art, wie man zu kämpfen hat, vom Gelände und von den Vorteilen ab, die der Feind sich zu verschaffen weiß. Jeder Angriff auf eine feste Stellung gehört zum Gefecht. Ein Feind, der den Kampf vermeiden will, sucht seinen Vorteil in einem schwer zugänglichen Gelände, das von Schluchten und Hohlwegen durchschnitten, von Wäldern oder Flüssen beengt ist. Er lagert sich auf dem Gipfel von Bergen oder Anhöhen, besetzt Dörfer, errichtet Batterien, befestigt sein Gelände je nach dessen Beschaffenheit, stellt jede Waffe an den geeigneten Fleck, verstärkt seine Infanterie durch die Kavallerie und umgekehrt, deckt sich durch spanische Reiter, Schanzen und Befestigungen. Alle diese verschiedenen Maßregeln, die dem jeweiligen Gelände angepaßt sind, erfordern verschiedene Dispositionen von Seiten des Angreifers. Das Gelände ist das erste Orakel, das man befragen muß. Danach läßt sich die Disposition des Feindes aus den allgemeinen Kriegsregeln erraten. Aus ihnen kann man auf seine ganze Anordnung und auf die von ihm benutzten Listen und Vorsichtsmaßregeln schließen, um demgemäß seine eigenen Anstalten zu treffen.
Da Worte nie so anschaulich wirken wie eine Zeichnung, die dem Auge alles Wissenswerte sofort darstellt und zugleich ein langes und langweiliges Gerede erspart, so gebe ich hier Pläne von verschiedenen Stellungen nebst den verschiedenen Angriffsarten. Ich nehme dabei an, daß meine Armee 55 Bataillone und 110 Schwadronen stark ist, und füge die Hauptregeln hinzu, die man stets beachten muß:
Das sind ein paar Regeln, die man stets vor Augen haben muß, um sie bei Gelegenheit zu gebrauchen. Ich gehe nun zu den Plänen über.
Aus der Stellung des Feindes in Plan 1 ersieht man, daß sich das Gelände vor seiner Front verengt. Das erschwert den Angriff; denn man muß beim Heraustreten aus der Enge mit seiner Spitze gleich eine entwickelte Linie angreifen. Außerdem kann man sicher sein, daß der Feind das Gehölz mit leichter Infanterie gespickt hat. Der Angriff auf diese Stellung erfordert folgende Disposition:
Man marschiert vor dem Gehölz auf, die Infanterie im ersten, die Kavallerie im zweiten Treffen, und zieht 12 Bataillone vor, um sich in den Besitz des Gehölzes zu setzen. Rechterhand werden Brücken geschlagen, um einige Infanterie mit Geschütz über den Fluß zu werfen. Ist man Herr des Gehölzes, so läßt man möglichst viel Infanterie vorrücken, um es zu besetzen, formiert dann zwischen Fluß und Gehölz einen starken Kavallerieflügel, versagt dem Feind seinen rechten Flügel und greift mit dem linken dessen rechten Flügel an, um ihn in der Flanke zu fassen usw.
Das Gelände, in dem sich der Feind auf Plan 2 festgesetzt hat, ist durch seine Lage sehr stark. Ich würde raten, den Angriff, wenn möglich, zu unterlassen. Ist er aber unabweislich, so gibt es folgendes Mittel dazu. Der ganze Kampf muß auf dem linken Flügel ausgefochten werden; denn der rechte Flügel des Feindes ist der schwächere. Hier muß die Kavallerie vorgehen und eine große Attacke machen, indem sie sich an den Morast anlehnt. Der rechte Flügel muß außer Gewehrschußweite bleiben, um nicht unnütz zu leiden. Der tiefe Hohlweg bildet die Scheidegrenze zwischen beiden Armeen.
Gelingt die Kavallerieattacke, so kann man mit der Infanterie links abmarschieren, den rechten feindlichen Flügel umgehen und ihn in der Flanke fassen. Würde man mit dem rechten Flügel angreifen, so käme es zu einem mörderischen, ungewissen Kampf, bei dem man furchtbare Verluste haben könnte. Indes würde ich gegenüber der Batterie auf dem rechten feindlichen Flügel, die die Kavallerie flankiert, eine Mörserbatterie aufstellen, um sie zum Schweigen zu bringen, wie man es auf dem obigen Plane sieht; denn ich nehme an, daß der Hohlweg sich nach dem rechten feindlichen Flügel zu verliert. Ich habe sogar einige Bataillone auf meiner äußersten Linken aufgestellt, nebst einer Batterie, die auf die feindliche Kavallerie feuert, um ihre Verwirrung und Flucht zu beschleunigen.
Aus der Stellung des Feindes auf Plan 3 ersieht man, daß seine Rechte hinter einem Verhau steht, wo sich eine starke, das Dorf flankierende Batterie befindet. Weiterhin hat seine Infanterie eine Anhöhe besetzt. Dann kommt das Dorf, eine kleine Ebene, ein mit Infanterie besetztes Gehölz, wieder eine kleine Ebene, und sein linker Flügel lehnt sich an die Ausläufer eines Hügels. Diese Stellung muß von rechts angegriffen werden. Dann meidet man den Verhau, die Anhöhe und das Dorf, auf die ein Angriff sehr verlustreich wäre. Ich würde die schräge Schlachtordnung bilden, meine Mörserbatterie auf dem rechten Flügel aufstellen, die Kavallerie ins zweite und dritte Treffen nehmen und den Hauptstoß von rechts fuhren. Sobald meine Infanterie die Linke des Feindes durchbrochen hat, dringen einige Bataillone vor, um sich in den Besitz des Gehölzes zu setzen. Um den Rest der Armee in der Flanke zu fassen, setzen sich die 6 Bataillone, die die Infanterie angegriffen und geworfen haben, in Kolonne, damit die Kavallerie zwischen ihnen hindurchgehen und die feindliche Kavallerie attackieren kann, die den Rückzug ihrer Infanterie decken will. Durch diese Lücke muß möglichst viel Kavallerie vorgehen, damit sie den Anprall der ganzen feindlichen Reiterei aushalten kann, die ihrem geschlagenen linken Flügel zu Hilfe eilen könnte. Aber selbst wenn die Kavallerie geworfen würde, könnte sie sich unter dem Schutze des Feuers meiner 5 Infanteriekolonnen wieder sammeln.
Plan 4 zeigt eine Aufstellung, die um so trügerischer ist, als man die Falle nicht merkt, die der Feind Euch stellt. Sein erstes Treffen verdeckt seine wahre Stellung. Sein rechter Kavallerieflügel steht in Höhe des zweiten Treffens, so daß er durch seine Infanterieflanke flankiert wird. Das zweite Kavallerietreffen überflügelt das erste, so daß alles flankiert wird. Vor der Front der Aufstellung sind Schluchten, Hohlwege und Teiche. Die Kavallerie des linken Flügels wird durch ein Infanteriekarree verstärkt, das sich an einen Morast lehnt. Diesen linken Flügel würde ich wegen seiner Stärke nicht angreifen, zumal der aus dem Teich kommende Bach meine Angriffsfront einengt. Ich würde mich also für den Angriff mit dem linken Flügel entscheiden. Meine Kavallerie müßte staffelweise attackieren, wie man es auf dem Plane sieht. Die Rechte meines angreifenden Kavallerieflügels setzt sich Schwadron hinter Schwadron, um das mörderische Infanteriefeuer in der Flanke zu meiden. Den Bach, der aus dem Teiche kommt, muß ich zur Anlehnung meines rechten Flügels benutzen, und meine Infanterie muß von links angreifen, wie man es auf dem Plane sieht. Die Schwierigkeit beginnt, wenn das erste Infanterietreffen geworfen ist: dann stößt man auf ein mit Infanterie besetztes Dorf, hinter dem das geschlagene feindliche Treffen sich sammeln kann. Um das zu verhindern, muß meine siegreiche Kavallerie, nachdem sie die feindliche verjagt hat, sofort abschwenken, um die Rückseite des Dorfes zu gewinnen. Ferner müßt Ihr Eure Reserve heranziehen, und wenn es durchaus nötig ist, das Dorf anzugreifen, dazu frische Truppen aus dem zweiten Treffen nehmen, die noch nicht im Feuer gewesen sind. Sobald Ihr das Dorf eingenommen habt, ist die Schlacht gewonnen, und es gilt nur noch, den Feind nachdrücklich zu verfolgen.
Aus Plan 5 geht hervor, daß der Feind die Front seiner Kavallerie sowie drei Viertel seiner Armee mit spanischen Reitern geschützt hat, daß sich im Zentrum eine oder zwei schwere Batterien befinden, daß auf dem linken Flügel des ersten Treffens 30 Grenadierkompagnien stehen, die im zweiten Treffen durch Ungarn mit dem Säbel in der Faust, sechs Mann hoch, unterstützt werden, und daß er seinen linken Kavallerieflügel mit spanischen Reitern gedeckt hat.
Ich untersuche nicht, ob diese Aufstellung gut oder fehlerhaft ist. Man braucht nur meine Disposition anzusehen und wird sich daraus leicht ein Urteil bilden. Wie man sieht, maskiere ich meine Infanteriekolonnen hinter der Kavallerie bis auf 600 Schritt vom Feinde. Dann treten sie zwischen die Kavallerieregimenter, und ihre Geschütze feuern im Vorrücken auf die feindliche Kavallerie. Hält diese stand und läßt ihre spanischen Reiter vor sich, so marschiert meine Infanterie auf und schießt sie mit Geschütz- und Gewehrfeuer zusammen. Verliert aber die feindliche Kavallerie die Geduld und zieht die spanischen Reiter zurück, um zu attackieren, so bricht die meine in Karriere vor und muß sie schlagen, da sie ja von den Infanteriekolonnen hinter sich unterstützt wird. Ist die feindliche Kavallerie geworfen, so marschieren die Bataillone auf und fassen die feindliche Infanterie in der Flanke. Lassen nun die österreichischen Grenadiere ihre Ungarn auf türkische Art angreifen, so ziehe ich von der Rechten und Linken meiner Angriffsfront je 2 Schwadronen vor, um sie in der Flanke zu fassen, und halte noch zwei Schwadronen im zweiten Treffen bereit, um alles, was etwa durchbrechen könnte, zurückzuwerfen, ganz abgesehen davon, daß mein schweres Geschütz furchtbar unter ihnen wüten wird. Dann braucht die siegreiche Kavallerie nur noch das zweite Treffen des Feindes im Rücken zu fassen, und ich bin sicher, daß er ohne große Mühe geschlagen wird.
Die Disposition auf Plan 6 ist besser durchdacht und maskiert, die feindliche Stellung ist also stärker als die vorige. Front und Flanken der Infanterie sind durch spanische Reiter gedeckt. Die Kavallerie ist vor Infanteriekarrees aufgestellt, die von spanischen Reitern umgeben sind. Sie soll sich, falls sie von unserer Kavallerie attackiert wird, zurückziehen, wenn aber der Angreifer durch das Infanteriefeuer erschüttert ist und zurückweicht, sich dann ihrerseits auf ihn werfen. Da man jedoch alle Dispositionen des Feindes wohl erwägen und ausnutzen muß, so sind seine spanischen Reiter von großem Vorteil für uns; denn das Vorrücken seiner Schlachtlinie muß unendliche Mühen machen. Folgendes schlage ich zum Angriff auf diese Armee vor.
Das Gelände kommt nicht in Frage. Ob man rechts oder links angreift, ist einerlei, je nachdem das Gelände größere Vorteile bietet. Meine Disposition ist, von rechts anzugreifen. Auf 600 Schritt vom Feinde zieht sich meine Infanterie durch die Kavallerie hindurch. Ich lasse eine Kolonne von 2 Bataillonen nebst 4 Geschützen auf dem Flügel und die 8 anderen Bataillone, jedes zu zwei Treffen aufmarschiert und mit viel Geschütz dazwischen, vor der Kavallerie. Die feindliche Kavallerie wird so sehr unter dem Geschütz- und Gewehrfeuer meiner Infanterie leiden, daß sie nur die Wahl hat, zu attackieren oder zu fliehen. Attackiert sie meine Infanterie, so bin ich nicht in Verlegenheit. Einerseits wird diese sich durch ihr Feuer verteidigen, und andrerseits ist meine Kavallerie bei der Hand, um sie zu unterstützen. Ich habe 10 Bataillone, von denen das linke Flügelbataillon des zweiten Treffens im Fall eines feindlichen Angriffs stets die Flanke decken kann. Viel wahrscheinlicher aber ist es, daß die Kavallerie den Befehl ausführen wird, sich hinter ihre Infanteriekarrees zurückzuziehen. In diesem Falle muß das letzte Karree des Feindes zuerst angegriffen werden, dann das zweite, und inzwischen muß das gesamte Geschütz der vorgeschickten Abteilungen auf die Karrees sowie auf die dahinterstehende Kavallerie feuern. Sind zwei Karrees genommen, so kann die Kavallerie mit 15 Schwadronen angreifen, und der ganze Flügel muß ihr folgen. Ist die feindliche Kavallerie geworfen, so muß unser zweites Kavallerietreffen abschwenken und die feindliche Schlachtlinie im Rücken fassen, während mein rechter Infanterieflügel das Korps aufnimmt, das die Karrees durchbrochen hat, dann die feindliche Infanterie umgeht und ihr in die Flanke fällt.
Der Feind kann mich an der Ausführung dieser Bewegungen nicht hindern; denn er ist durch seine spanischen Reiter behindert und kann nicht in einem Augenblick eine Viertelschwenkung mit seiner ganzen Armee machen, ganz abgesehen davon, daß das Gelände uns vielleicht vorteilhafte Stellen bietet, die man benutzen könnte, um den Feind noch mehr zu bedrängen und ihn an seine Stellung zu fesseln. Den Offizieren, die diese lebendigen Schanzen angreifen, muß man aufs sorgfältigste einschärfen, daß sie sich ja nicht vom Kampfeseifer hinreißen lassen, vielmehr geschlossen und in guter Ordnung bleiben, da die feindliche Kavallerie stets bereit sein wird, die geringste falsche Bewegung des Angreifers auszunutzen. Namentlich müssen sie sich hüten, ihre Flanke darzubieten und bataillonsweise zu schießen. Es darf nur zugweise gefeuert werden, und der Angriff auf die Karrees muß ein Handstreich mit aufgepflanztem Bajonett sein. Vor allem aber darf die Ordnung nicht verloren gehen, nachdem die Karrees zersprengt sind. Die feindliche Kavallerie muß kräftig mit Geschütz beschossen werden, um sie sich vom Leibe zu halten, und sobald man sieht, daß dies Erfolg hat, müssen die Bataillone des zweiten Treffens gleich Kolonnen formieren. Inzwischen muß die Kavallerie sich dem ersten Treffen nähern, und dieses darf nicht eher Kolonnen formieren, als bis die Kavallerie dicht hinter ihm ist. Dann muß die Kavallerie ungestüm attackieren; dabei aber müssen besonders die linken Flügelregimenter sich in acht nehmen, daß sie von den feindlichen Regimentern, die dem Mitteltreffen am nächsten stehen, nicht in der Flanke gefaßt werden.
Das ist, glaube ich, das Beste, was man sich ausdenken könnte. Indes leugne ich nicht, daß die Aufgabe schwierig ist, aber mir fällt nichts Besseres und Sichereres ein als das Vorgeschlagene; denn ich kann einer derart aufgestellten Armee nur beikommen, wenn ich einen der Endpunkte ihrer Schlachtfront angreife, meine Infanterie stets durch Kavallerie unterstütze und soviel Artillerie verwende, als Gelände und Umstände irgend gestatten. Ich leugne nicht, daß der Feind, wenn er mich zum Angriff entschlossen sieht, alles versuchen wird, um seine Flanke zu verlängern. Um aber zu verhindern, daß er seine Artillerie vom Flügel seines Mitteltreffens auf meinen Angriff richtet, muß ihr eine Batterie entgegengestellt werden, die sie in Schach hält oder doch wenigstens ihr Feuer von meinem Angriff ablenkt.
Nach meiner Ansicht beruht die ganze Kriegskunst darauf, die Dispositionen des Feindes durch Ablenkungen zu stören, die ihn nötigen, seine Pläne fallen zu lassen. Kann man ihn zur Änderung seiner Disposition zwingen, so ist die Schlacht schon halb als gewonnen zu betrachten; denn seine Stärke beruht auf seiner einmal getroffenen Anordnung, und die geringste Truppenverschiebung, zu der ich ihn zwinge, zerreißt den Zusammenhang und wirft damit seine Dispositionen über den Haufen.
Aus Plan 7 ersieht man, daß die Stellung des Feindes äußerst stark ist und daß der einzige Angriffspunkt dort liegt, wo er seine spanischen Reiter angebracht hat. Angenommen jedoch, er müßte unbedingt angegriffen werden, so läuft das Ganze klipp und klar auf einen Stellungskampf hinaus. Mein Plan ist folgender: Wie man sieht, formiere ich ein einziges Infanterietreffen und gegenüber der Stelle, die ich angreifen will, ein Vortreffen in zwei Linien. Rechts und links davon stelle ich je 2 einzelne Bataillone auf, die dazu bestimmt sind, die beiden Schanzen auf den beiden Flanken der Angriffsfront anzugreifen oder zu maskieren, während meine beiden Mörserbatterien diese Schanzen ununterbrochen bombardieren, um den Sturm zu erleichtern. Die Infanterie soll im Vorrücken gegen die feindliche Stellung ihre Geschütze kräftig feuern lassen. Sie soll im Geschwindschritt vorrücken und nicht eher schießen, als bis sie an den spanischen Reitern angelangt ist. Gelingt es ihr, die feindliche Infanterie zu vertreiben, so soll sie sich der spanischen Reiter bemächtigen und sich dort behaupten, bis die Kavallerie heran ist. Dann setzt sie sich in Kolonnen und läßt die Kavallerie zur Attacke durch. Ein solcher Durchbruch innerhalb der Stellung zwingt den Feind zum Verlassen der gesamten Front. Dann könnt Ihr mit Eurer ganzen Armee eindringen und alsdann je nach den Umständen handeln. Nur kann man meiner Ansicht nach nicht genug Kraft und Nachdruck in den Augenblicken aufbieten, wo der Feind zu wanken beginnt, um ihn vollends in die Flucht zu schlagen.
Aus diesen verschiedenen Gefechtsdispositionen ersieht man, wie sehr sie sich unter dem Zwang der Verhältnisse ändern müssen, und daß ein Hügel oder ein Sumpf nicht übersehen werden darf, wenn man ihn nur irgend benutzen kann. Die Hauptsache ist, stets eine Waffe durch die andere zu unterstützen, die Kavallerie durch Infanterie und Geschütz zu verstärken und stets Kavallerie zur Unterstützung der Infanterie bei der Hand zu haben. Ich darf nicht vergessen, daß in allen Fällen, wo es nur zu Teilgefechten kommt, die Reserve dorthin rücken muß, sei es nach rechts oder nach links; denn im Fall des Mißlingens kann die Reserve das Gefecht wiederherstellen und Euch den Sieg bringen. Man sieht also deutlich, daß die Hauptkunst des Heerführers in der rechten Erkenntnis des Geländes besteht, in der Ausnutzung aller Vorteile, die es bietet, in der Anpassung der Dispositionen an jeden besonderen Fall. Gerade bei solchen Stellungskämpfen muß sich Eure Disposition, wenn sie gut sein soll, nach der des Feindes richten, und nach dem Gelände, auf dem man kämpfen will.
Ich hoffe, diese kleinen Geländeskizzen mit den darin eingezeichneten Armeen werden eine Anleitung dazu geben, wie man nach dem Gelände, das man so genau prüfen muß, als die kritischen Augenblicke es erlauben, und nach der Schlachtaufstellung einer feindlichen Armee erkennt, welche Anordnungen der Gegner für den Kampf gegeben hat. Nach dieser Erkenntnis muß der Angreifer seine eigenen Dispositionen regeln.
Schlachten sind allgemeine Kämpfe, bei denen zwei ganze Armeen miteinander ringen. Ich nenne sie offene Feldschlachten; denn sie finden meist nur auf freiem Gelände statt. In diesen Fällen muß man mit dem Feinde nicht viel Umstände machen, sich rasch formieren und parallel mit seiner Front ihm auf den Leib rücken. Eine solche Schlacht kann nur von der Kavallerie entschieden werden. Unsere Kavallerie muß sofort eine große Attacke reiten und eine Reserve von Husaren zurückbehalten, die sie gleich, nachdem sie den Feind geworfen hat, in den Rücken seiner Infanterie schicken kann. In solchem Falle würde ich dafür einstehen, daß der Kampf weder lang noch blutig wird, und daß die Infanterie eine bloße Zuschauerin des Kampfes bleibt.
Ihre Aufgabe wäre also sehr leicht, und sie könnte höchstens dazu dienen, ein schon erschüttertes Infanteriekorps völlig zu schlagen und durch ihr Feuer zu zerstreuen ( Plan 8.)
Aber ein Vorteil wie eine Schlacht in der Ebene wäre für uns zu groß. Wir dürfen daher nur auf Stellungskämpfe oder auf starke Aufstellungen von Seiten des Feindes gefaßt sein. Bei dieser Art von Kämpfen sowie auch zur Beendigung eines oft vorzeitig begonnenen Infanteriefeuers kommt meine Angriffskolonne, durch 2 bis 4 Schwadronen Kavallerie unterstützt, zur Anwendung. Dadurch wird der Kampf sicherlich bald entschieden.
Von allen Kriegsoperationen sind die Rückzüge am schwierigsten. Man muß verhindern, daß die Armee den Mut verliert und daß Verwirrung eintritt. Das erstere geschieht, indem man ihr sagt, man wiche zurück wie beim Anlauf, um besser zu springen. Man bindet ihr unwahrscheinliche Geschichten auf, sprengt günstige Nachrichten aus usw. Was den Rückzug selbst betrifft, so muß man alle Schwierigkeiten voraussehen, die der Feind Euch machen könnte, im voraus die Stellungen und Orte besetzen, die er benutzen kann, um Euch zu beunruhigen, und gerade bei diesen Märschen strenger sein als sonst, damit die Offiziere sich nicht vernachlässigen. Trotz alledem ist es kaum zu vermeiden, daß die Nachhut Verluste erleidet, wenn ihr Panduren auf den Hacken sind und besonders, wenn der Marsch durch bedecktes Gelände führt.
Es ist sozusagen unmöglich, die Österreicher in ihrem Lager zu überfallen. Sie haben zuviel leichte Truppen, die teils ihr Lager decken und teils immer um Euch herum sind, Euch beobachten und beunruhigen. Zufällig könnte solch ein Unternehmen zwar einmal gelingen, aber nur ein Tor rechnet auf den Zufall. Ebenso steht in vielen militärischen Werken zu lesen, der rechte Augenblick, um den Feind zu überraschen, sei, ihn auf dem Marsch anzugreifen. Das ist viel schwerer, als man denkt, und zwar aus folgenden Gründen. Gewöhnlich lagert man höchstens eine halbe Meile vom Feinde. Sind beide Heere durch nichts getrennt, so kann man daraufrechnen, daß es bald zur Schlacht kommt. Haben sie jedoch Defileen oder sonst ein schwieriges Gelände zwischen sich, wie soll man dann an den Feind herankommen? Doch höchstens mit der Kavallerie. Wenn aber das Gelände, durch das der Feind marschiert, sich nur für Infanterie eignet, wie soll meine Kavallerie dann in Tätigkeit treten? Es hieße dem Zufall zuviel überlassen, wenn man dergleichen leichtsinnig unternehmen wollte. Lagern die Heere aber auf 2 bis 3 Meilen voneinander, so ist es unmöglich, die feindliche Armee zu erreichen, wenn sie rechts oder links abmarschiert, es sei denn, daß sie gerade auf Euch losmarschieren will. In diesem Falle könnt Ihr dem Feinde entgegenrücken, wenn Ihr es für geraten haltet, eine Schlacht zu wagen. Dazu aber müßt Ihr
In diesem Falle jedoch und nach einem Nachtmarsche dürfte es Euch schwer fallen, den Feind zu verfolgen, wenn es auch gelingt, ihn zu schlagen. Die Verfolgung aber ist nötiger und nützlicher als die Schlacht selbst.
Es gibt drei Arten von Verfolgung: durch Detachements, durch einen Flügel der Armee oder durch die ganze Armee.
Die Verfolgung durch Detachements erheischt viel Vorsicht. Je schwächer das Detachement ist, um so mehr hat es Hinterhalte zu befürchten. Setzt nur ein detachiertes Korps der Armee einem detachierten Korps des feindlichen Heeres nach, so muß es bei zu raschem Nachdrängen befürchten, daß das feindliche Korps von seiner Hauptmacht unterstützt wird, und somit um das Anrücken von Verstärkungen besorgt sein; denn dadurch könnte es leicht vom Sieger zum Besiegten werden. Es hängt also von der Klugheit des Detachementsführers ab, alles, was eintreten kann, vorauszusehen, das Gelände zu prüfen, ob es zu Hinterhalten geeignet ist, und die Verfolgungslust seiner Truppen zu zügeln, falls er die Ankunft feindlicher Verstärkungen oder irgend eine Falle befürchten muß, die der fliehende Feind ihm in dazu geeignetem Gelände stellen könnte.
Auch für die Verfolgung durch einen Flügel der Armee gilt ungefähr das gleiche. Die Kavallerieführer, denen diese Aufgabe zufällt, müssen Geistesgegenwart besitzen und sich hüten, die feindliche Kavallerie zu hitzig zu verfolgen, wenn sie Hecken oder Dörfer mit Infanterie besetzt sehen. In allen anderen Fällen, wo es nur Ebenen und Anhöhen gibt und man sicher ist, daß keine Infanterie da ist, muß man die zurückgeworfene Kavallerie hitzig verfolgen, bis man sieht, daß alle verschiedenen Truppenteile der Flüchtlinge durcheinanderkommen. Dann reichen ein paar Schwadronen hin, die die zersprengten Massen mit Pistolenschüssen verfolgen, um ihren Schrecken noch zu mehren, vorausgesetzt, daß ein starkes, wohl geschlossenes Kavallerietreffen sie in starkem Trabe unterstützt und ein Defilee zu benutzen sucht, um unter den Fliehenden zahlreiche Gefangene zu machen. Denn diese geraten gerade dann wegen ihrer großen Zahl ins Gedränge, und ihre völlige Verwirrung hindert sie am Handeln und am geringsten Widerstand gegen die Sieger.
Sobald ein Kavallerieführer auf dem feindlichen Flügel, den er angegriffen und geworfen hat, allgemeine Verwirrung bemerkt, kann er seine Husaren und Dragoner detachieren, um der feindlichen Infanterie in den Rücken zu fallen, und dadurch die Entscheidung der Schlacht erleichtern. Auch kann er Detachements nach der vermutlichen Rückzugslinie des Feindes senden, was diesen vollends in Verwirrung bringen wird. Fliehende Truppen schlagen stets die Straße ein, auf der sie gekommen sind; denn die große Masse, die auf der Flucht den Ausschlag gibt, kennt keine andere.
Was nun die Armee überhaupt betrifft, so beruht ihre Überlegenheit ganz auf ihrer Ordnung. Eine geschlagene Armee ist nur ein Menschenhaufe, der die ihm verliehene Gestalt, die ihn furchtgebietend machte, zerstört und dadurch unfähig wird, dem Befehl seiner Führer zu gehorchen. Soviel Achtung sich ein Heerführer durch seine Geschicklichkeit erwirbt, bevor seine Armee in Verwirrung geraten ist, so wenig stellt er mit all seiner Kunst vor, sobald seine Truppen sich auflösen. Er kann dann so wenig Beweise seiner Geschicklichkeit geben, wie ein Meister auf der Geige seine Kunst zeigen kann, wenn ihre vier Saiten unter seinem Bogen zerreißen.
Diesen Augenblick der Verwirrung also, wo jede Ordnung aufhört, kein Befehl mehr befolgt wird, jedes Feldherrntalent vergeblich ist, muß ein guter Heerführer benutzen; denn jede Schlacht, die nicht den Zweck hat, den Krieg zu beenden, ist für den Staat ein unnützes Blutvergießen. Habt Ihr also im ganzen Feldzuge danach getrachtet, den Moment zu finden, wo Ihr den Feind in Verwirrung setzen könnt, so müßt Ihr ihn ausnutzen, wenn er gekommen ist.
Dazu muß man 1. für einige Tage Brot mitfuhren, 2. den Feind mehrere Tage verfolgen, besonders am Schlachttage selbst. Findet er keine Zeit, sich zu sammeln, so wird er immer weiter fliehen. Macht er aber Miene, irgendwo stehen zu bleiben, so muß man ihn beim geringsten Widerstand ungestüm angreifen und die Truppen dann keineswegs schonen, weil sie ermüdet sind oder man ihnen neue Angriffe ersparen möchte; denn durch diese Strapazen verschafft man ihnen für die Folgezeit lange Ruhe. Jeder Tag der Verfolgung verringert die feindliche Armee um ein paar tausend Mann, und bald bleibt ihm kein gesammeltes Korps mehr übrig, besonders wenn man alles dransetzt, ihm auch seine Bagage abzunehmen.
Wenn man so handelt, kommt man in wenigen Feldzügen weiter als andere Heerführer in vielen Jahren. Indes ist das nicht leicht; denn viele Offiziere halten es für hinreichend, wenn sie ihre Pflicht zur Not getan haben. Die meisten sind so zufrieden, daß die Schlacht vorüber ist, daß man große Mühe hat, ihnen Verfolgungslust einzuflößen. Vor allem aber muß man die Offiziere gut auswählen, die man zur Beschleunigung der feindlichen Flucht detachiert, ja dazu die allerbesten nehmen. Sonst würde man ebensowenig Erfolg haben wie Prinz Eugen und Marlborough nach der Schlacht von Malplaquet (1709), wo sie General Bülow mit den Hannoveranern detachierten, der sich aber wohl hütete, der französischen Nachhut auf den Leib zu rücken, und ihr nur auf 6000 Schritt folgte.
Ich rede hier nicht von den verschiedenen Dispositionen für Flußübergänge, Rückzüge und Überfälle einer Armee, von denen ich im ersten Teile gesprochen habe. Wohl aber empfehle ich allen, die mit dergleichen beauftragt sind, besonders an die Sicherung ihrer Flanken zu denken, die Infanterie durch Kavallerie zu unterstützen, diese durch die Infanterie und beide durch Artillerie, auch die Befestigungskunst und Minen zu Hilfe zu nehmen und das alles nach den jeweiligen Umständen und nach Maßgabe des Geländes anzuwenden, in dem man sich befindet.
Ich rede auch nicht von Angriffen auf Verschanzungen; denn bei unseren Nachbarn ist es nicht Brauch, sich zu verschanzen. Muß man jedoch eine Verschanzung angreifen, so muß man sich an dem Tage dazu entschließen, wo der Feind daran zu arbeiten beginnt, oder man darf überhaupt nicht daran denken; denn jeder Augenblick, den Ihr verliert, ist für ihn gewonnen, und er benutzt ihn, um sich furchtgebietender zu machen. Die Hauptsache bei allem, was den Angriff selbst betrifft, ist die Benutzung des Geländes, der Schluchten und Talgründe, um dem Feind die Stelle zu verbergen, wo man seinen Hauptstoß führen will, damit er keine Verstärkungen dorthin schicken kann.
Die Feldzugspläne richten sich nach den eigenen Streitkräften, denen des Feindes, der Beschaffenheit des Landes, in dem man Krieg führen will, und der augenblicklichen politischen Lage Europas. Will man Krieg führen, so muß man wissen, ob man seinem Gegner an Zahl oder innerem Werte der Truppen überlegen ist, ob das Land, das man angreifen will, offen oder durch einen Fluß gedeckt oder gebirgig oder reich an Festungen ist, ob man Flüsse zum bequemeren Transport der Lebensmittel hat oder diese auf Wagen mitführen muß, ob man an der Grenze Festungen besitzt oder worin die eigene Operationsbasis besteht. Ferner muß man wissen, welche Verbündete der Feind hat, worauf die mit ihnen geschlossenen Verträge beruhen, wie hoch sich ihre Streitkräfte belaufen, ob sie Hilfstruppen stellen oder Diversionen machen werden.
Die Kenntnis all dieser Dinge ist nötig, damit man die Kriegsvorbereitungen danach treffen kann. Aber die Minister nehmen diese wichtigen Fragen zu leicht; denn sie handeln meist aus Leidenschaft und unternehmen einen Krieg aus Eitelkeit oder aus blinder Habgier, ja selbst aus Haß und Groll. Wer die Geschichte liest – ich spreche nicht von vergangenen Zeiten, sondern nur vom letzten Jahrhundert –, wird sich von der Wahrheit meiner Behauptung überzeugen.
Ich glaube, ein vernünftiger Mensch, dessen Leidenschaften schweigen, wird nie einen Krieg beginnen, in dem er sich von Anfang an in der Defensive halten muß. Umsonst prahlt man mit edler Gesinnung: jeder Krieg, der nicht zu Eroberungen führt, schwächt den Sieger und entnervt den Staat. Man muß also nie zu Feindseligkeiten schreiten, wenn man nicht die gegründete Aussicht hat, Eroberungen zu machen. Das bestimmt sofort die Art des Krieges: es macht ihn offensiv. Da sich aber Europa bei all unseren Kriegen in zwei große Parteien spaltet, so entsteht daraus ein gewisses Gleichgewicht der Kräfte, und die Folge ist, daß man auch nach vielen Erfolgen nicht weitergekommen ist, wenn der allgemeine Friede geschlossen wird. Ist man ferner genötigt, seine Kräfte zu teilen, um nach allen Seiten, wo man Feinde hat, Front zu machen, so vermag keine Macht die ungeheuren Kosten zu tragen, die für zwei oder drei zur Offensive bestimmte Armeen erforderlich sind. So kommt es, daß bald nur noch auf einer Seite ernstlich gerungen wird, während die anderen Armeen ihre Zeit in fruchtlosen und müßigen Feldzügen vertun.
Will man sich große Erfolge versprechen, so muß man sich nur mit einem Feinde einlassen und alle seine Kräfte gegen ihn richten: dann kann man die größten Vorteile erwarten. Allein die Zeitumstände erlauben nicht immer, alles zu tun, was man möchte, und so sieht man sich oft zu Maßregeln gezwungen, die die Notwendigkeit diktiert.
Am fehlerhaftesten sind die Feldzugspläne, die Euch zu weiten Vorstößen oder Pointen zwingen. Ich verstehe unter Pointen, daß man Truppenteile zu weit von seinen Grenzen vorwagt, ohne sie unterstützen zu können. Diese Methode ist so schlecht, daß alle, die sie befolgten, schlimme Erfahrungen damit gemacht haben. Man muß also damit beginnen, im großen so zu handeln, wie man im kleinen handeln würde. Bei einer Belagerung denkt kein Mensch daran, mit der dritten Parallele zu beginnen, sondern mit der ersten. Man legt das Proviantdepot an, und alle Belagerungswerke, die man vorschiebt, müssen von den dahinterliegenden unterstützt werden. Ebenso taugen bei Schlachten nur die Dispositionen etwas, die auf gegenseitiger Unterstützung beruhen, wo kein Truppenteil ganz allein aufs Spiel gesetzt, sondern unablässig von den anderen unterstützt wird. So muß man auch im großen Krieg führen.
In einem gebirgigen Lande macht Ihr die Gebirge zur Operationsbasis, besetzt die Hauptpässe mit Detachements und stellt Euch auf der feindlichen Seite auf, um diese Linie zu halten. Denn man verteidigt gar nichts, wenn man sich hinter einen Fluß oder hinter ein Gebirge stellt, sondern nur, wenn man davor bleibt. Seid Ihr in einem Lande mit vielen Festungen, so laßt keine hinter Euch, sondern erobert alle. Dann geht Ihr methodisch vor und habt nichts für Eure rückwärtigen Verbindungen zu befürchten. Nehmt Ihr viele Festungen ein, so laßt die meisten schleifen, um Euch die Besatzungen zu sparen, und erhaltet nur die, die Ihr für Eure Verproviantierung und zur Sicherung Eurer Rückzugslinie braucht.
Nachdem Ihr Euch überlegt habt, was Ihr tun wollt, versetzt Ihr Euch in die Lage des Feindes und erwägt, was er Euch in den Weg legen könnte. Darauf faßt Ihr Euren Plan nach den Schwierigkeiten, die er Euch bereiten kann. Alles muß im voraus bedacht und alles, was der Feind tun könnte, in Rechnung gesetzt werden. Denn es ist das Zeichen eines oberflächlichen oder im Kriegshandwerk unwissenden Menschen, wenn er sich sagen muß: »Das hätte ich nicht für möglich gehalten.« Seht also alles voraus, dann habt Ihr von vornherein Mittel, um allen Schwierigkeiten zu begegnen; denn was man sich ruhig überlegt, taugt hundertmal mehr als alle auf der Stelle gefaßten Entschlüsse, die weder verdaut noch durchdacht sind. Plötzliche Entschlüsse können gelingen, aber stets haben die mehr Wert, die vorher gefaßt sind.
Auch muß man wohl zwischen den Feldzugsplänen unterscheiden, die im Beginn eines Krieges entworfen sind, und denen, die nach einigen Feldzügen gefaßt werden. Die ersteren können, wenn sie gut angelegt sind, den ganzen Krieg entscheiden, versteht man alle Vorteile über den Feind auszunutzen, die Euch Eure Streitkräfte oder die Zeit oder eine Stellung, die Ihr zuerst besetzt, gewähren. Die der zweiten Art hängen von so vielen Umständen ab, daß sich unmöglich allgemeine Regeln dafür aufstellen lassen, außer daß man seine Operationsbasis zu halten sucht und keine zu weiten Vorstöße macht. Welcher Art aber alle diese Pläne auch sein mögen, die größte Aufmerksamkeit gilt vor allem der Verpflegung. Man muß nicht nur wissen, ob man für vierzehn Tage genug hat, sondern auch, ob man für den ganzen Feldzug versorgt ist.
Um im Laufe des Krieges gute Pläne zu machen, muß man Spione in den Kabinetten der Fürsten oder in den Kriegskanzleien haben. Seid Ihr über die Absichten des Feindes unterrichtet, so ist es leicht, seine Maßregeln zu durchkreuzen, und Ihr könnt stets kühn das ausführen, was er am meisten furchtet; denn es ist eine zuverlässige Regel, das Gegenteil dessen zu tun, was der Feind möchte. Gut ist ein Kriegsplan, wenn Ihr wenig aufs Spiel setzt, den Feind aber in Gefahr bringt, alles zu verlieren. Beispiele: der Überfall von Cremona, die Schlachten von Luzzara (1702) und Cassano (1705), Turennes Vorstoß über Thann und Belfort (Dezember 1674) usw. List mit Stärke gepaart, macht den vollkommenen Feldherrn. Es ist eine große Kunst, den Feind zu täuschen, aber es muß auf glaubwürdige Art geschehen. Beispiele: Starhembergs Übergang über die Adda, um dem König von Sardinien zu Hilfe zu kommen (1704); Prinz Eugen vor der Schlacht von Turin (1706); der Marschall von Luxemburg bei Neerwinden (1693) – NB. ein Meisterstück. Das sind die großen Vorbilder, die man studieren muß. Aber der Krieg mit leichten Truppen, wie ihn die Österreicher führen, legt dem Heerführer Fesseln an. Er wird dadurch auf die Defensive beschränkt und hat große Mühe, seinen Feinden Respekt abzunötigen.
Pläne zu einem Defensivkrieg stützen sich auf feste Lager in vorteilhaftem Gelände, die man mit der Armee bezieht, und auf Detachements, die man rechts und links vom Feinde ausschickt, um ihm seine Lebensmittel wegzunehmen, seine Fouragierungstruppen zu schlagen, ihn zu schwächen und allmählich zu vernichten, durch Wegnahme der Lebensmittel Mangel bei seinen Truppen herbeizuführen, sie zur Desertion anzureizen und nach der Kriegsraison Vorteil daraus zu ziehen. Man darf sich nie völlig auf die Defensive beschränken, noch sich des Vorteils begeben, aus den Fehlern des Feindes Nutzen zu ziehen. Dazu wurde die Armee Catinats gezwungen, als sie die Provence, Savoyen und das Dauphiné decken sollte und an Proviantwagen und Maultieren Mangel litt, so daß sie, um nicht zu verhungern, an ihre Stellung festgenagelt war (1701).
Eine gut geleitete Defensive muß ganz das Aussehen einer Offensive haben. Unterscheiden darf sie sich von ihr nur durch die festen Lager und die vorsichtige Vermeidung jeder Schlacht, wenn man seiner Sache nicht ganz sicher ist. Gerade bei dieser Kriegsart muß man alles anwenden, was Belästigung des Gegners, Schlauheit und Kriegslist heißt. Ein Heerführer, der dies Spiel versteht, wird seine Defensive bald in eine kühne Offensive verwandeln. Er muß dem Feinde nur ein paarmal Gelegenheit bieten, Fehler zu machen, um sie gleich auszunutzen und dadurch dem Krieg eine andere Wendung zu geben.
Für uns Preußen ist es sehr schwer, einen solchen Defensivkrieg gegen die Österreicher zu führen, und zwar wegen ihrer großen Überlegenheit an leichten Truppen zu Fuß wie zu Pferde. Unsere Infanterie gleicht den römischen Legionen: sie ist für Schlachten geschaffen und ausgebildet; ihre Stärke liegt in ihrem Zusammenhalt und in ihrer Widerstandskraft. Ganz anders ist die Fechtweise der leichten Truppen. Leichte Infanterie haben wir überhaupt nicht, und unsere Husaren sind nicht zahlreich genug, um sich im Kleinkriege mit denen der Königin von Ungarn zu messen. Um eine Art von Gleichgewicht zwischen unseren beiden Armeen herzustellen, brauche ich ganz bestimmt noch mindestens 2000 Husaren und ein Korps von 4000 Mann leichter Infanterie, die in Freikompagnien eingeteilt werden. Doch es ist nur eine Frage des Geldes und der Zeit, solche vorzüglichen Einrichtungen zu treffen, die im Kriegsfalle über kurz oder lang doch nötig werden.
Sehr schwer ist es, die wahren und falschen Demonstrationen des Feindes mit Bestimmtheit zu unterscheiden. Nachfolgend alles über diesen Gegenstand, was Hand und Fuß hat. Die beste Methode, bei der Prinz Eugen stets gut gefahren ist, besteht darin, einen brauchbaren Spion am Hofe des Herrschers zu haben, mit dem man Krieg führt, oder wenigstens einen Spion von Rang in der feindlichen Armee, der Euch über die Absichten seines Heerführers unterrichtet. Fehlen Euch diese beiden Mittel, so muß man die Methode des feindlichen Heerführers studieren, mit dem Ihr zu tun habt. Die meisten Heerführer befolgen fast ein und dasselbe Schema. Kennt man dies, so kann man sowohl aus ihren Bewegungen wie aus dem Verhalten der leichten Truppen ihre Absichten erraten, und wenn sie verschiedene Pläne ausführen können, so ist es das sicherste, anzunehmen, daß sie das tun werden, was Euch am meisten schaden kann. Sucht Ihr ihnen darin zuvorzukommen, und sie führen einen anderen Plan aus, so wird dessen Gelingen Euch wenigstens nicht so nachteilig sein. Eine gute Methode ist, sich dicht am Feinde zu lagern. Dann seht Ihr, was er tut, und seid imstande, Euch seinen Plänen zu widersetzen. Steht er dagegen mehrere Tagemärsche von Euch entfernt, so bringt man Euch immerfort falsche Nachrichten, und es kann geschehen, daß Ihr eine unzeitige Bewegung macht, durch die Ihr alles verderbt. Habt Ihr dagegen den Feind vor Euch, so braucht Ihr nur die Augen aufzumachen, um zu wissen, was er tut. Zudem sind die Lager dicht am Feinde die friedlichsten, sobald alles in Ordnung ist.
Was in unseren Kriegen vor allem des Schutzes bedarf, das sind die Magazine; gegen sie müssen sich die meisten feindlichen Anschläge richten. Das Gewinnen von Defileen oder Pässen, von denen der Erfolg eines Feldzugs abhängt, ist ein anderer Anlaß zu Marschbewegungen. Schließlich muß man, wenn man detachierte Korps hat, sehr darauf achten, daß man ihnen Hilfe bringen kann, falls der Feind mit seiner ganzen Armee versuchen sollte, eines von ihnen zu vernichten. Das aber kann man beim Feinde voraussetzen, sobald eine starke Abteilung von leichten Truppen die Verbindung zwischen Euch und dem Detachement unterbricht. Dann müßt Ihr ohne Zaudern die leichten Truppen verjagen, um dem detachierten Korps Hilfe zu bringen; denn ist es nicht schon mit dem Feind handgemein geworden, so wird es unverzüglich dazu kommen.
Aus all diesen Rücksichten und verschiedenen Maßnahmen ergibt sich, daß ein Heerführer von unermüdlicher Wachsamkeit sein, an alles denken, alles voraussehen und auch die unbedeutendsten Schritte des Feindes beachten muß. Läßt er während des ganzen Feldzuges auch nur die geringste dieser Rücksichten außer acht, so kann er sicher sein, daß der Feind es ihn bald bereuen lassen wird.
Es gibt so vielerlei Listen, daß es schwerfallen dürfte, sie alle aufzuführen. Es gibt Listen im Belagerungskriege, im Feldkriege, bei Überfällen und schließlich bei den Gefechtsdispositionen. Zweck der Kriegslisten ist, den Feind zu täuschen und ihm die eigenen Pläne zu verhüllen. Im Belagerungskriege hat die List doppelten Zweck: einmal, den Feind von dem Platze, den man belagern will, abzuziehen, und zweitens, die Besatzung der Festung zu schwächen. Zu dem Zweck errichtet man an zwei verschiedenen Orten Magazine. ( NB. Diese List ist zu kostspielig, um oft und von jedermann angewandt zu werden.) Man versammelt die Armee an einer Stelle, die von dem Platze, den man wirklich belagern will, weit entfernt liegt, und macht Miene, einen anderen Platz einzuschließen. Das fuhrt gewöhnlich dazu, daß der Feind Truppen aus den ferner gelegenen Plätzen heranzieht, um die Besatzung der scheinbar bedrohten Festung zu verstärken. Dann wendet man sich mit Detachements und durch Gegenmärsche plötzlich gegen den Platz, auf den man es abgesehen hat und dessen Besatzung inzwischen durch die Abgabe von Truppen geschwächt ist.
Zahllos sind die Listen im Feldkriege. Sie bestehen teils in Aussprengung von Absichten, die man gar nicht hegt, um die, welche man wirklich hat, zu verhüllen, teils in abgekarteten Marschbewegungen. So läßt man ein Korps nach einer Seite marschieren und trifft alle Anordnungen dafür, ihm zu folgen, bricht aber nach der anderen Seite auf, so daß die vermeintliche Avantgarde zur Arrieregarde wird. Im reinen Offensivkrieg stellt man sich, als wolle man an drei verschiedenen Punkten ins feindliche Land eindringen, und verbirgt dadurch die Stelle des wirklichen Einmarsches, um hier weniger Widerstand zu finden. Flußübergänge erfordern viele solcher Listen, und der Schlauste gewinnt. Es kommt dann gleichfalls darauf an, dem Feinde die Stelle zu verbergen, wo man den Fluß überschreiten will, um beim Übergang weniger Widerstand zu finden und Zeit zu haben, ihn mit der ganzen Armee auszuführen, bevor der Feind Nachricht davon bekommt. Ein Treffen im Lager zu lassen und mit dem anderen des Nachts abzumarschieren, ist eine Kriegslist. Wachtfeuer in einem Lager, das man räumt, anzuzünden und Leute darin zu lassen, die Lärm machen, ist eine Kriegslist, um dem Feinde seinen Aufbruch zu verbergen. Alle Scheinangriffe sind Kriegslisten, z.B. wenn man ein Korps abschickt, das Scheinbewegungen macht, als wollte es die feindliche Armee angreifen, sich aber auf kein Gefecht einläßt, während man ein schlecht aufgestelltes Detachement des Feindes angreift und vernichtet. Hat der Feind Respekt vor Euch, Ihr aber haltet es für gut, eine Schlacht zu liefern, so wiegt Ihr ihn in Sicherheit, stellt Euch, als ob Ihr ihn fürchtet, laßt Wege nach rückwärts anlegen: so wird seine Eigenliebe Euch bessere Dienste leisten als Eure Stärke. Ist er zu verwegen, so stellt Ihr Euch, als wolltet Ihr es auf eine Schlacht ankommen lassen, versucht, ein kleines Detachement zu schlagen, ihn zu belästigen, und Ihr werdet leichteres Spiel mit ihm haben. Ist er stärker und zahlreicher als Ihr, so wendet alle Eure List an, um ihn zu Detachierungen zu verleiten, und ist dies geschehen, so nehmt den Augenblick wahr, um ihn zu schlagen.
Es gibt Kriegslisten zum Überfall auf Festungen, zum Beispiel die Überrumpelung Cremonas durch Prinz Eugen (1702). Es gibt Listen, um dem Feind Eure Absicht zu verbergen. So hat der, der im Winter seine Truppen zuerst versammelt und über die feindlichen Quartiere herfällt, allemal gewonnenes Spiel. Hier gilt es, dem Feinde die Versammlung Eurer Truppen zu verbergen oder sie anders zu motivieren. Solche Vorwände sind Ablösung der Postenkette der Winterquartiere oder Quartierwechsel einiger Regimenter. Die genaue Marschdisposition der Truppen nach ihrem Sammelpunkt wird Euer Unternehmen entscheiden.
Auch die Verschanzungen können unter die Kriegslisten gerechnet werden, wenn man sie zu dem Zweck anlegt. Das darf indes nur dazu dienen, den Feind verwegener zu machen und ihn zu verleiten, angesichts Eurer Armee gewagte Manöver auszuführen, z. B. ihr die Flanke darzubieten, seine Märsche nicht zu sichern oder in Eurer Nähe über einen Fluß zu gehen. Dann ist es Zeit, die Verschanzung zu verlassen, um den Feind für seine Torheit zu strafen. Um nun alle Eure Maßnahmen nach dem vorgesetzten Ziele einzurichten, müßt Ihr zahlreiche Öffnungen in der Verschanzung anbringen lassen, damit Ihr ungehindert daraus hervorbrechen könnt. Man macht Scheindetachements, die man kurz danach zurückzieht, ordnet Fouragierungen an, um den Feind zu verleiten, daß er seine Kavallerie auf Fouragierung schickt. Dann gibt man Gegenbefehl und fällt über seine Armee her, die durch die Abwesenheit der Fourageure geschwächt ist. Auf dem Marsche läßt man in der Nähe des Feindes falsche Kolonnenspitzen erscheinen, um ihn irrezuführen. Kurz, ich fände kein Ende, wollte ich all die Kniffe aufzählen, zu denen sich Gelegenheit bietet, und die man im Kriege zur Täuschung des Feindes benutzt.
Ich komme nun zu den Listen bei den Schlacht- und Marschdispositionen. Unser Marsch in geschlossenen Kolonnen, die dem Feinde die Front bieten und sich plötzlich in eine schräge Schlachtordnung verwandeln, kann dazu gerechnet werden, ebenso die Maskierung unserer Infanteriekolonnen hinter einem Kavallerieflügel bis zu dem Augenblick, wo wir sie einsetzen wollen. Auch die von der Kavallerie verschleierten Kolonnen, die auf 600 Schritt zum Vorschein kommen, aufmarschieren und feuern, gehören hierher, desgleichen die bei den Österreichern gebräuchliche Aufstellung von Infanteriekarrees hinter der Kavallerie, ferner im Gelände versteckte Kavallerie, die man unvermutet hinter einer Geländedeckung in die Flanke oder den Rücken des Feindes wirft, schließlich auch das Verbergen eines Korps an Schlachttagen im Buschwerk oder in einem Talgrunde, aus dem es dann plötzlich als Hilfskorps hervorkommt, wodurch es den Feind entmutigt und Eure Truppen mit neuem Vertrauen erfüllt. Alle Scheinangriffe gegen eine in fester Stellung befindliche Armee gehören zur Kriegslist; denn sie dienen dazu, die Aufmerksamkeit des Gegners zu teilen und ihn von dem Plane, den Ihr gefaßt habt, und von der Stelle, wo Ihr durchbrechen wollt, abzulenken. Beim Angriff auf Verschanzungen benutzt man nahe gelegene Mulden zum Aufmarsch der Truppen, mit denen man den Durchbruch ausführen will. Auch das geschieht, wie gesagt, um den Feind irrezuführen.
Oft müßt Ihr nicht nur den Gegner, sondern auch Eure eigene Armee täuschen, und zwar geschieht dies in der Defensive. Das nenne ich standhafte Kriegführung. Als Turenne im Jahre 1674 das Elsaß gegen die doppelt so starke Armee des Großen Kurfürsten und Bournonvilles verteidigte, wich er bis nach Zabern, Bitsch und Lützelstein zurück. Dies letzte Lager, das er zu räumen beabsichtigte, um nach Lothringen abzuziehen, ließ er noch am Tage vor seinem Abmarsch befestigen; dadurch wurde sowohl seine Armee wie der Feind getäuscht. Am nächsten Tage brach er das Lager ab und vollzog seinen Rückmarsch nach Lothringen ohne Verluste. Eine Armee soll also stets ihre Haltung bewahren, und wenn sie im Begriff ist, sich zurückzuziehen, so dreist auftreten, daß der Feind vielmehr glauben kann, sie wolle eine Schlacht liefern. Hat sie dann die schwierigen Stellen ihrer Rückzugslinie gut besetzt, muß sie so schnell wie möglich aufbrechen, aber ohne, daß die Ordnung darunter leidet. Die schachbrettförmige Aufstellung in mehreren Treffen scheint mir dazu die beste. Die letzten Truppen brechen dann mit den Enden oder Flügeln ab, so daß die noch stehenden Teile der Armee stets von den zuvor am Defilee aufgestellten Truppen unterstützt werden.
Verbergt also dem Feinde stets Eure Absichten und suchet die seinen zu erforschen; überlegt lange, aber handelt energisch und rasch; laßt nie Mangel an Lebensmitteln eintreten: dann werdet Ihr mit der Zeit den Feind bezwingen. Schlafet aber nie ein, besonders bleibet nach Euren Erfolgen wach: das Glück ist gefährlich; denn es flößt Sicherheit und Geringschätzung des Feindes ein. Infolgedessen verlor selbst ein so großer Feldherr wie Prinz Eugen seine Magazine bei Marchiennes nach der Schlacht bei Denain (24. Juli 1712).
Wegen der leichten Truppen der Königin von Ungarn müssen sogleich rechts und links von der Armee zwei Detachements gebildet werden, damit sie Euch nicht umgehen. Man kann Husaren den Husaren, Infanterie der Infanterie entgegenstellen. Da wir aber keine leichte Infanterie haben, so werden wir ernstlich daran denken müssen, sie mit der Zeit irgendwie zu beschaffen. Man könnte leicht ein bis zwei Regimenter aus französischen Deserteuren bilden und alte Offiziere, die bei der letzten Heeresentlassung abgedankt sind, zu Führern nehmen. Sie dürfen aber nur im Kleinkriege verwandt werden, zur Beunruhigung der feindlichen Feldwachen und Detachements, zur Aushebung kleiner schlecht postierter Abteilungen, kurz, zum Freischarendienst.
Aber das Haupthindernis ist die freiwillige oder erzwungene Parteinahme der Einwohner. Sie wird den leichten Truppen der Königin von Ungarn in ihren Ländern stets das Übergewicht geben. Infolgedessen erfährt unsere Armee dort gar nichts, während der Feind gleich vom geringsten Detachement Wind bekommt, das aus unserem Lager aufbricht. Wir können uns gegen die einheimischen Spione nicht schützen; denn unsere Armee muß leben, und unter den vielen, die uns Lebensmittel verkaufen, sind sicher Spione. Die Feldwachen mögen noch so wachsam sein: wie sollen sie einen Spion von einem anderen Bauern unterscheiden? Da dies also unmöglich ist, müssen wir den Krieg so geschlossen wie möglich führen, nur starke Detachements von der Armee absenden und nur ganz sichere Dinge unternehmen.
Im Verlauf des Feldzuges hat man nichts Erhebliches von den leichten Truppen zu befürchten. Ihr Ziel ist Beutemachen, und was ihre Führer auch tun mögen, die Neigung zum Plündern werden sie ihnen nie austreiben. Zwei Monate im Felde werden ihre alte Gewohnheit wieder so weit fördern wie im letzten Kriege. Die Königin von Ungarn hat von diesen leichten Truppen also keinen weiteren Vorteil, als daß sie unsere Transportbedeckungen und Fouragierungen belästigen und dadurch unsere Truppen ermüden; denn wir müssen stets die dreifache Zahl dazu nehmen wie sie. Aber für unsere Armee sind sie eine gute Schule, da diese ununterbrochenen Scharmützel sie an den Krieg gewöhnen und sie die Gefahr verachten lassen. Die Offiziere lernen etwas, während unsere Feinde in einem festen Lager wie in ihrer Garnison stehen. Infolgedessen macht eine bevorstehende Schlacht einen viel stärkeren Eindruck auf sie als auf unsere Truppen, die durch den unaufhörlichen Kleinkrieg mit der Gefahr vertraut sind. Schaden können uns also die leichten Truppen nur in einem Falle tun, nämlich bei Rückzügen, aber auch dann nur, wenn der Marsch durch gebirgiges, waldreiches und schwieriges Gelände fuhrt. Da kommt man nicht ohne Verluste davon, welche Anordnungen und Vorsichtsmaßregeln man auch ergreifen möge. In solchen Fällen muß man seinen Aufbruch verheimlichen, um sich dem Feinde unvermerkt zu entziehen. So ist die List zu allem gut, während die Gewalt nur für bestimmte Fälle taugt.
Das sind einige kurze Betrachtungen über den Krieg, die ich in meiner Mußezeit angestellt habe. Ihr Zweck war mehr, meine eigenen Ansichten zu berichtigen und die Grundsätze der Kriegskunst zu meinem Gebrauch zu wiederholen, als andere zu belehren.