Hesiod
Der Schild des Herakles
Hesiod

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Hesiod

Der Schild des Herakles

Übersetzt von Johann Heinrich Voß

                        –   –   –
OderV. 1–56 sind ein Fragment des hesiodischen Frauenkatalogs. wie einst, aus Vatergefild' und Wohnungen scheidend,
Hin gen Thebe dem starken Amfitryon folgt' Alkmene,
Sie des Elektryon Tochter, des mutigen Schaarenzerstreuers.
Siehe, sie ragete weit vor den zartgebildeten Weibern,
5   So an Gestalt, wie an Größ'; und an Sinn wetteiferte keine
Aller sterblichen Fraun, die Sterblichen Kinder geboren.
Ihr von dem Haupte daher, und den dunkelschattigen Wimpern,
Athmete solch ein Reiz, wie der goldenen Afrodite.
Dennoch ehrete sie mit herzlicher Liebe den Gatten,
10   Wie noch keine geehrt der zartgebildeten Weiber.
Zwar den edelen Vater erschlug er ihr, siegend mit Obmacht,
Wegen der Rinder erzürnt. Er einst, abscheidend der Heimat,
Kam gen Thebe zu flehn den geschildeten Kadmeionen.
Dort nun bewohnt' er ein Haus mit der tugendsamen Genossin,
15   Abwärts ohne der Liebe Genuß; denn nicht war erlaubt ihm,
Ehe dem Lager zu nahn der behenden Elektryonide,
Eh' er gerächt die Ermordung der hochbeherzten Gebrüder
Seinem Weib', und verbrannt in wehender Lohe die Flecken
Jenes Tafiervolks und der teleboischen Männer.
20   Also lag es ihm ob, und die Ewigen zeugten dem Eidschwur.
Deren Gewalt nun scheut' er, und strengte sich ohne Verzug an,
Auszuführen das Werk, das ihm hochheilige Pflicht war.
Ihm dann folgte zugleich, des Gefechts und des Kampfes begierig,
Reisiges Volk der Böoten, das Mut haucht' über den Schilden,
25   Auch streitfrohe Fokäer, und nahankämpfende Lokrer,
Schaar an Schaar; und sie führte der tapfere Sohn des Alkäos,
Stolz der kriegrischen Macht. Doch der waltende Herscher der Welt Zeus
Ordnete anderen Rath im Innersten, daß er den Göttern
Und den erfindsamen Menschen des Fluchs Abwehrer erzeugte.

30  

Rasch vom Olympos enteilt' er, den Trug im Herzen entwerfend,
Sehnsuchtsvoll nach der Liebe des schöngegürteten Weibes,
Frühe bei Nacht; bald kam er zum Tytonsberg', und von dorther
Schwang zu der Fix Berghöhe den Fuß der erhabne Kronion.
Dort nun saß er, im Geist die Wunderthaten erwägend.

35   Denn in der selbigen Nacht bei der schlanken Elektryonide
Nahm er des traulichen Bettes Genuß, und stillte die Sehnsucht;
Und in der selbigen kehrt' Amfitryon wieder zur Wohnung,
Als er das Werk vollendet, der glänzende Schaarenzerstreuer.
Auch nicht erst zu den Knechten umher und den Hirten des Feldes
40   Wandelt' er, eh' er dem Lager der trautesten Gattin genaht war:
Denn so heftiges Sehnen durchdrang den Hirten der Völker.
Gleich wie mit herzlicher Freud' ein Mann dem Verderben entrinnet,
Ob ihn der Krankheit Schmerz auszehrt', ob hartes Gefängnis:
So auch Amfitryon jezt, da er schwer vollendet die Arbeit,
45   Kehrt' er mit herzlicher Freude zurück in die eigene Wohnung.
Ganz die Nacht umarmt' er die trefliche Lagergenossin,
Wonneberauscht von den Gaben der goldenen Afrodite.
Sie, von dem Gotte zugleich und dem herlichsten Manne befruchtet,
Zeitigte Zwillingssöhn' in der siebenthorigen Thebe,
50   Gar nicht gleich an Gesinnung, obschon zween leibliche Brüder:
Den von geringerer Art, und den weit edlerer Mannheit,
Schreckenvoll und gewaltig, die hohe Kraft Herakles';
Diesen erzeugt von der Stärke des schwarzumwölkten Kronion,
Aber vom Lanzenschwinger Amfitryon jenen Ifikles:
55   Gar verschiedene Frucht! den trug sie dem sterblichen Manne,
Den dem erhabenen Zeus, der die Ewigen alle beherschet.

Dieser erschlug auch den Kyknos, des Ares mutigen Sprößling.
Denn er fand in dem Haine des treffenden Föbos Apollon
Ihn und den Vater zugleich, den rastlos kämpfenden Ares,

60   Beid' in Rüstungen stralend, wie Glanz des lodernden Feuers,
Stehend im Wagengeschirr; und es stampfeten hurtige Rosse
Hart mit den Hufen den Grund; Staub wallete rings um ihr Antliz,
Auf vom geflochtenen Wagen geschnellt, und den Tritten der Gaule;
Rings in dem starken Verband' auch rasselten Wagen und Räder,
65   Wie das Gespann hinflog; und froh war der edele Kyknos,
Hegend den Wahn, Zeus' Sohn, den streitbaren Held, und den Lenker,
Möcht' er vertilgen mit Erz, und die stattlichen Rüstungen ausziehn.
Doch sein Flehn und Gelübde vernahm nicht Föbos Apollon.
Denn ihm reizt' er entgegen die hohe Kraft Herakles'.
70   Hell war Hain und Altar um den Pagasäer Apollon,
Ganz von des schrecklichen Ares Geschmeid' und ihm selber erleuchtet,
Welchem wie Glut von den Augen es stralete. Wer doch vermöchte
Jenem, ein Sterblicher selbst, mutvoll entgegen zu wandeln,
Außer Herakles allein und dem rühmlichen Held Iolaos?
75   Denn beid' übeten große Gewalt, und unnahbare Hände
Wuchsen daher von der Schulter, bei ungeheueren Gliedern.
Dieser begann zu dem Lenker, dem tapferen Held Iolaos:

Edeler du, Iolaos, geliebt vor den Sterblichen allen,
Gegen die seligen Götter gewiß auf dem hohen Olympos

80   Fehlt' Amfitryon einst, da zur festummauerten Thebe
Weg aus Tirynthos er ging, der schöngebaueten Veste,
Nach des Elektryon Fall, den er tödtete wegen der Rinder.
Flehend in Kreions Haus und der schönen Henioche kam er;
Diese, nach freundlichem Gruße, gewähreten alles Bedürfnis,
85   Wie es den Flehnden gebührt, und ehrten ihn herzlicher immer.
Hoch nun lebt' er in Lust mit der schlanken Elektryonide,
Seinem Weib'; und darauf in kreisender Jahre Vollendung
Wurden wir, nicht an Wuchs gleichartige, noch an Gesinnung,
Wir, dein Vater und ich. Dem raubete seinen Verstand Zeus,
90   Daß von dem eigenen Haus' er hinweg, und den eigenen Eltern,
Wanderte, Ehre zu thun dem frevelnden Mann Eurystheus:
Thörichter! Traun, wohl oft beseufzete jener in Schwermut
Seine Verblendung hinfort; doch geschehenes wird ungeschehn nie.
Aber mich selber belud mit Kampfarbeiten ein Dämon.
95   Rasch denn, o Trautester, fasse die purpurschimmernden Zügel
Unseres schnellen Gespanns; und, voll hochherziger Kühnheit,
Grade den Wagen gelenkt, und die Kraft schnellfüßiger Rosse,
Unverzagt vor dem Lerme des männermordenden Ares,
Der anjezt mit Getös' in dem heiligen Hain umherrast,
100   Ihm, dem Föbos Apollon, dem fernhintreffenden Herscher!
Wahrlich er soll, wie gewaltig er ist, satt haben des Krieges!

Ihm antwortete drauf der untadliche Held Iolaos:
Traun, mein älterer Bruder, der Welt Allvater Kronion
Krönt mit Ehre dein Haupt, und der Stierernährer Poseidon,

105   Der die Zinnen von Thebe beherscht, und die Veste behütet;
Wie sie auch jezo dort den Sterblichen, groß und gewaltig,
Dir in die Hand herführen, daß herlichen Ruhm du gewinnest.
Auf denn, mit Kriegesgeräth umhülle dich, daß wir in Eile
Auf anrennenden Wagen, des Ares dort, und dem unsern,
110   Kämpfen den Kampf! Nie bringt er des Zeus unerschrockenen Sprößling
Oder den Sohn des Ifikles in Furcht; er selber, vermut' ich,
Fliehet die zween Nachkommen des tadellosen Alkeiden,
Welche bereits annahen, in heißer Begier der Entscheidung
Grimmigen Streit zu erheben: was mehr sie erfreuet denn Festschmaus.

115  

Lächelnd vernahm die Worte die hohe Kraft Herakles',
Fröhlich im Geist; denn sehr willkommenes hatt' er geredet.
Wieder begann er darauf, und sprach die geflügelten Worte:

Edeler du, Iolaos, o göttlicher, nicht ist entfernt mehr
Rauhes Gefecht; du denn, wie zuvor du verständig erschienest,

120   Also das mächtige Roß, den schwarzgemähnten Areion,
Lenke mir jezo umher, und hilf nach allem Vermögen.

Also der Held; und Schienen von hellgeglättetem Bergerz
Füget' er rasch um die Beine, das Wundergeschenk des Hefästos.
Weiter umhüllt' er die Brust ringsher mit dem prangenden Harnisch,

125   Ganz aus Golde gebildet, dem künstlichen: welchen ihm vormals
Pallas Athene geschenkt, die Tochter Zeus', da zuerst er
Strebete vorzudringen in jammererregende Kämpfe.
Jezo hängt' um die Schulter sein graunabwehrendes Eisen
Jener gewaltige Mann; um die Brust auch den bergenden Köcher
130   Warf er sich hinten herum; viel waren darin der Geschosse,
Schreckenvoll, und Geber des stimmeberaubenden Todes:
Alle vorn mit Tode bewehrt, und triefend von Thränen;
Aber glatt in der Mitt', und langgeründet; doch hinten
Eingehüllt in Gefieder des schwarzgeflügelten Adlers.
135   Dann umfaßt' er den mächtigen Speer mit der Schärfe des Erzes;
Auch das gewaltige Haupt mit dem stattlichen Helme bedeckt' er,
Kunstreich, aus Diamant, und wohl um die Schläfen sich schmiegend,
Welcher das Haupt umschirmte dem göttergleichen Herakles.

Jezo ergrif er den Schild voll Herlichkeit, welchen ihm niemand

140   Weder durchbräche mit Wurf, noch zerschmetterte, schön zur Bewundrung.
Ganz umher war die Scheibe von Schmelz und hellem Elektron,
Schimmerndem Elfenbein, und feurigem Glänze des Goldes,
Überstralt; und von Streifen des bläulichen Stahls durchzogen.
Mitten darauf war ein Drach', ein unaussprechliches Graunbild.
145   Zornig zurück mit Augen, die Glut ausfunkelten, schauend.
Seinen Schlund auch erfüllten die weis umlaufenden Zähne,
Fürchterlich, fern abschreckend; und ob der gerunzelten Stirn' ihm
Schwebte die Zwietracht graß, und empörete Schaarengetümmel:
Schreckliche! welche Besinnung und Geist wegrafte den Männern,
150   Allen, so viel feindselig zum Kampf Zeus' Sohne sich nahten.
Deren Seelen entfliehn in der Erd' Abgründe zu Aïs'
Wohnungen; doch ihr Gebein, wann die Haut ihm verwesete ringsum,
Liegt an dörrender Sonn' im dunkelen Staube vermodernd.

Drauf auch war die Verfolgung und Rückverfolgung gebildet,

155   Drauf der Tumult, und der Schreck, und die flammende Männerermordung,
Furchtbare Blick' aussendend, im Drang' endloses Getöses.

Drauf auch droheten Häupter unnennbar gräßlicher Schlangen,
Zwölf umher, zu erschrecken die sterblichen Erdebewohner,
Alle, so viel feindselig zum Kampf Zeus' Sohne sich nahten.

160   Ihnen auch scholl von den Zähnen Geknirsch her, wann zu dem Angrif
Stürzt' Amfitryons Sohn; und wunderbar glühte das Kunstwerk;
Und wie gesprengt mit Flecken erschiens den entsezlichen Drachen
Längs den bläulichen Rücken, es dunkelten vorne die Kiefer.

Drauf auch begegnete Löwen ein Schwärm Waldeber im Angrif,

165   Welche mit zornigem Blick sich in Wut anrannten und tobten,
Schaarweis drangen sie vor, wie Geordnete; diese so wenig
Bebten wie jene zurück; hoch sträubten sich allen die Nacken.
Schon lag ihnen gestreckt ein mächtiger Löw', und der Eber
Zween umher, des Geistes beraubt; und es rieselte schwärzlich
170   Ihnen das Blut auf die Erd'; und umgestürzt mit den Nacken,
Lagen sie dort, von der Macht graunfunkelnder Löwen gemordet.
Jene noch heftiger raften sich auf, in erbitterter Streitlust,
Gegengestellt, Waldeber in Wut, und grimmige Löwen.

Drauf war ferner die Schlacht der speergewohnten Lapithen,

175   Um Peirithoos her, und den herschenden Dryas und Käneus,
Prolochos auch, und Hopleus, Hexadios auch und Faleros,
Auch um des Ampyx Mopsos, den titaresischen Kämpfer,
Theseus auch, den Ägeiden, an Kraft den Unsterblichen ähnlich:
Silbern sie selbst, um den Leib mit goldenen Waffen gerüstet.
180   Gegen sie zog der Kentauren versammelte Menge von dorther
Um den großen Peträos, und Asbolos, kundig der Vögel,
Arktos, Hureios zugleich, und den finsterlockigen Mimas,
Auch um die zween Peukeiden, den Dryalos und Perimedes:
Silbern sie selbst, und Tannen von Gold in den Händen bewegend.
185   Alle gesamt nun stürmten, wie Lebende, gegen einander,
Lange Speer' und Tannen in schrecklicher Näh' ausstreckend.Die Lapithen kämpfen mit Lanzen im Gegensatz zu den tannenbewehrten kentaurischen Naturwesen.

Drauf auch stand das rasche Gespann des entsezlichen Ares,
Goldhell; drauf auch er selber, der raubbeladene Wütrich,
Seine Lanz' in den Händen gefaßt, und die Streiter ermahnend.

190   Purpurroth von Blut, als raubt' er der Lebenden Rüstung,
Hoch in den Sessel gestellt; doch neben ihm Graun und Entsezen
Standen entflammt von Begier, in die Schlacht zu dringen der Männer.

Drauf auch erschien Zeus' Tochter, die Beuterin Tritogeneia,
Gleich an Gestalt, wie wenn das Gefecht zu empören sie strebte;

195   Tragend die Lanz' in den Händen, den goldenen Helm auf der Scheitel,
Und um die Schulter die Ägis, durchdrang sie die tobende Feldschlacht.

Drauf war der heilige Chor der Unsterblichen; und in der Mitte
Zeus und Leto's Sohn, der mit goldener Harfe des Reigens
Süßes Getön anstimmte; daß schmetterte rings der Olympos.

200   Auch war Gedräng', und es kränzte den Raum ein unendlicher Reichthum,
Um der Unsterblichen Spiel; und Göttinen huben das Lied an,
Sie, die pierischen Musen, melodisch singenden ähnlich.

Drauf war ein bergender Hafen des ungebändigten Meeres
Weit umher in die Rund' aus geläutertem Zinne gebildet,

205   Einem wogenden gleich: wo in häufiger Menge Delfine
Dort die Gewässer und dort durchtaumelten, Fische sich haschend,
Schwimmenden gleich an Gestalt; und zween Delfine von Silber
Schnoben empor, am Schmause der stummen Fische sich lezend;
Weil die ehernen Fisch' aufzappelten. Aber am Felsstrand
210   Saß ein fischender Mann, als lauert' er; und in den Händen
Streckt' er den Fischen das Nez, dem bald auswerfenden ähnlich.

Drauf war der Danae Sohn auch geformt, der Reisige Perseus,
Der mit dem Fuß nicht rührte den Schild, noch solchem entfernt war:
Wundersam zu bemerken! denn nirgend befestiget hing er.

215   Also schuf ihn die Hand des hinkenden Feuerbeherschers,
Hell aus Gold'. Um die Fuß' auch hatt' er geflügelte Solen;
Aber die Schulter umhing mit schwarzem Hefte das Schwert ihm,
An dem Gehenke von Erz; und wie ein Gedanke, so flog er.
Ganz den Rücken bedeckte das Haupt des entsezlichen Scheusals
220   Gorgo, dem rings ein Beutel umherlief, schön zur Bewundrung,
Silbern er selbst: doch Quaste, von leuchtendem Golde gebildet,
Hingen herab. Auch schrecklich umher an die Schläfen des Königs
Schmiegte sich Aïdes' Helm; von gräßlicher Nacht umdunkelt.
Selber dem eilenden gleich, und wie starr vor Schrecken, entschwang sich
225   Perseus, Danae's Sohn, mit Heftigkeit. Doch die Gorgonen
Stürzten ihm nach, unnahbar, in unaussprechlicher Graßheit,
Ihn zu erhaschen entflammt; und indem sie auf graulichem Demant
Wandelten, hallte der Schild ringsum von lautem Gerassel,
Scharf erklingend und hell. Doch längs den Gurten herunter
230   Schlängelten sich zween Drachen, mit aufgekrümmeten Häuptern:
Jene züngelten beid', und knirschten vor Wut mit den Zähnen,
Grausam rollend den Blick. – Auch ob den entsezlichen Häuptern
Tummelte Graun den Gorgonen, ein furchtbares. Siehe, darüber
Kämpfeten Männer den Kampf, mit kriegrischen Waffen gerüstet:
235   Die von der eigenen Stadt, und dem eigenen Stamm und Geschlechte,
Fernend des Unheils Tag; und die nach Verheerung begierig.
Viel schon lagen gestreckt; noch mehrere, heftig erbittert,
Kämpfeten fort. Auch Weiber auf starkgebaueten Thürmen
Schrien ein ehrnes Geschrei, und zerrissen die Wang' in Verzweiflung,
240   Lebenden gleich, die Gebilde des kunstberühmten Hefästos.
Doch die bejahrteren Männer, die trauriges Alter gehemmet,
Gingen gedrängt aus den Thoren der Stadt, zu den seligen Göttern
Bange die Hand' aufhebend; denn sehr um die trautesten Kinder
Zagten sie. Jen' in der Schlacht arbeiteten. Aber von hinten
245   Keren in dunkler Gestalt, mit weißen Zähnen erklirrend,
Graß, und düsteres Auges, und blutbesprengt, und unnahbar,
Hatten um Fallende Zank: denn jegliche wollte begierig
Trinken das schwarze Blut; und erhaschte sie einen gestreckten,
Oder an frischer Wund' hinfallenden, schleunig um diesen Schlug
250   sie die mächtigen Klaun; und es fuhr die Seele zu Aïs,
Tief in des Tartaros Schauer hinab: war ihnen das Herz nun
Satt des Menschenblutes, zurück dann warfen sie jenen,
Wandten sich um, und durchstürmten der Feldschlacht Lerm und Getümmel.
Klotho und Lachesis standen dabei, und ein weniges kleiner
255   Atropos: nicht war groß die Unsterbliche, aber auch kleiner
War vor den anderen sie die erhabenste älteste Göttin.
All' um Einen Mann in Erbitterung kämpften sie jezo,
Grimmvoll gegen einander die flammenden Augen gerichtet,
Gegen sich Klaun und Arme mit troziger Wut ausstreckend.
260   Auch die Düstre des Todes begleitete traurig und furchtbar,
Bleichgelb ganz, und verdorrt, und matt einsinkend vor Hunger;
Schwellendes Knies, an den Händen die lang vorragenden Nägel:
Scheuslich floß ihr die Nase von Wust, und die Wangen herunter
Tröpfelte Blut auf die Erd'; und unnahbar grinzend im Antliz,
265   Stand sie, da häufiger Staub ihr rings umhüllte die Schultern,
Thränenbenezt. – Noch eine gethürmete Stadt war benachbart,
Sieben Pforten von Gold, in ragenden Thoren verriegelt,
Schlossen sie ein; und die Männer in festlicher Pracht und im Reihntanz
Feierten hoch. Sie dort, auf der Last schönrädrigem Wagen,
270   Führten dem Manne sein Weib; da erscholl vielstimmig das Brautlied;
Und in der Hand der Diener entwirbelte brennenden Fackeln
Fernhin stralender Glanz. Hier prachtvoll blühende Jungfraun
Gingen voran; und es folgten dem Zug frohspielende Chöre.
Dort nach hellen Syringen erklang der Jünglinge Stimme
275   Aus anmutiger Kehl', und ringsum schmetterte Nachhall:
Doch hier folgte den Harfen der Jungfraun lieblicher Chortanz.
Weiter davon auch schwärmt' ein Jünglingsschwarm nach der Flöte:
Andere scherzten einhier in bildendem Tanz und Gesange,
Andere lachten vor Lust; vom Flötenspieler begleitet,
280   Hüpft' ein jeder voran: nur Freud' und Jubel und Reihntanz
Herscht' in der feiernden Stadt. Noch andere, außer den Mauern
Sprengten auf Rücken der Gaul', als wütende. – Aber die Pflüger
Furchten das heilige Land, den wohlgefalteten Leibrock
Aufgeschürzt. Saatfelder auch streckten sich: einige mähten
285   Dort mit schneidender Sichel die hoch aufstarrenden Halme,
Voll schwerlastender Ähren, wie lauteren Kern der Demeter;
Andere banden in Garben die Frucht, und beluden die Tenne.

Andere lasen den Wein, die gebogene Hipp' in den Händen;
Andere trugen in Körben, dieweil darreichten die Winzer,

290   Weiß und schwärzliche Trauben daher, von großen Gelendern,
Voll schwerhangendes Laubes und silberfarbiger Ringel.
Andere trugen in Körbe hinein; und das nahe Gelender
Blinkt' aus Gold, ein Gebilde des kunstberühmten Hefästos:
Rege von wallendem Laub' und silberfarbigen Stäben,
295   Voll schwerhangender Trauben; und alle sie dunkelten schwärzlich.
Andere kelterten hier; dort schöpften sie. Andere kämpften,
Ringend, und theils mit der Faust. – Dort hinter den flüchtigen Hasen
Eileten Männer der Jagd, und voran scharfzahnige Hunde,
Angestrengt zu erhaschen, und jene gestrengt zu entfliehen.

300  

Auch Gaultummler zunächst arbeiteten, die um den Kampfpreis
Warben mit Eifer und Müh; in schöngeflochtenen Sesseln
Standen die Lenker empor, und beflügelten hurtige Rosse,
Frei hingebend den Zaum; und es krachten empor, wie sie flogen,
Rasch die gezimmerten Wagen, umtönt von der Naben Gerassel.

305   All' in stetiger Hast arbeiteten; denn unerreicht noch
War der entscheidende Sieg, und zweifelhaft wankte der Wettstreit.
Diesen auch stand in den Schranken zum Preis' ein mächtiger Dreifuß,
Blank von Gold, ein Gebilde des kunstberühmten Hefästos.

Ringsher floß um den Rand der Okeanos, der, wie geschwollen,

310   Ganz den künstlichen Schild umflutete: diesen entlang dort
Huben sich Schwän' in die Luft, und töneten; andere schaarweis
Schwammen daher auf der Welle, von schwärmenden Fischen umtaumelt:
Wunderschön auch für Zeus, den Donnerer: welchem gehorsam
Jenen Schild Hefästos vollendete, groß und gediegen,
315   Formend in künstlicher Hand; den Zeus' hochherziger Sohn izt
Schwang mit gewaltiger Kraft. Und er sprang in den Sessel des Wagens,
Ähnlich dem Wetterstral des ägiserschütternden Vaters,
Leichteres Schritts; und sein Lenker, der tapfere Held Iolaos,
Trat in den Sessel zugleich, und trieb den gebogenen Wagen.

320  

Jezo nahete Zeus' blauäugige Tochter Athene,
Ihnen den Mut zu erhöhn, und sprach die geflügelten Worte:

Freud' euch, edles Geschlecht des ferngepriesenen Lyngeus!
Nun doch schenket euch Zeus Obmacht, der Unsterblichen König,
Daß ihr den Kyknos erlegt, und die stattliche Rüstung ihm auszieht.

325   Noch ein anderes Wort sei, tapferster Held, dir geredet.
Wenn du den Kyknos nunmehr des erfreuenden Lichtes beraubt hast,
Laß alsdann ihn liegen daselbst, und die Waffen des Herschers.
Aber des mordenden Ares Herannahn merke bedachtsam,
Und wo etwa entblößt von des künstlichen Schildes Bedeckung
330   Ihn dein Auge gesehn, da verwunde mit spizigem Erze;
Schnell dann weiche zurück; denn nicht dir gönnet das Schicksal,
Weder die Rosse zu fahn, noch die rühmlichen Waffen des Gottes.

Also rief, und betrat das Geschirr, die heilige Göttin,
Welche Sieg und Ruhm in unsterblichen Händen daherträgt,

335   Eilendes Schwungs. Er aber, der göttliche Held Iolaos,
Mahnte mit schrecklichem Halle die Ross' an; und vor dem Zuruf
Raften sie flugs das Geschirr, in stäubendem Lauf durch die Felder.
Denn sie kräftigte Zeus' blauäugige Tochter Athene,
Schwingend die Ägis mit Macht; daß rings aufseufzte das Erdreich.
340   Jen' auch rannten hervor, wie die flammende Glut und der Sturmwind,
Kyknos, der reisige Held, und der rastlos kämpfende Ares.
Als nun beide Gespann' im begegnenden Laufe genahet,
Wieherten sie lautauf; und ringsum schmetterte Nachhall.
Jenem zuerst rief jezo die hohe Kraft Herakles':

345  

Kyknos, o Freund, was lenkst du auf uns die hurtigen Rosse,
Uns mühseliger Noth und Fährlichkeit kundige Männer?
Auf denn, lenke vorbei den geglätteten Wagen und abwärts
Richte vom Wege den Lauf. Denn Ich will fahren gen Trachis,
Hin zu Këyx, dem Herscher, der hoch an Gewalt und an Ehrfurcht

350   Ragt im trachinischen Volke; wie dir auch selber bekannt ist,
Weil Themistónoe dir, des Königes Tochter, vermählt ward.
O mein Freund, nicht wird dir die Todesstunde von Ares
Abgewehrt, wenn wir beide genaht anheben den Zweikampf.
Denn schon anderswo hat er, mich deucht, ein wenig gekostet
355   Unsere Lanze vordem, da zum Schuz der sandigen Pylos
Mir entgegen er stand, nach Kampf unersättlich verlangend.
Dreimal traf ihn mein Speer, und er sank, auf die Erde sich stüzend,
Samt dem verwundeten Schild; und das viertemal stieß ich den Schenkel,
Strebend mit voller Gewalt; auch den mächtigen Schild ihm zerbrach ich.
360   Vorwärts schoß in den Staub er hinab von dem Schwunge des Speeres.
Und fast ward er daselbst ein Geschändeter unter den Göttern,
Hätten ihm unsere Hände geraubt die blutige Rüstung.

Also der Held; nicht wollte der lanzenkundige Kyknos
Hemmen, wie jener befahl, das Gespann des rollenden Wagens.

365   Schnell aus der Sessel Geflecht entsprangen sie beid' auf die Erde,
Zeus' des erhabenen Sohn, und zugleich Enyálios' Sprößling.
Nah' auch trieben die Lenker die schöngemähneten Rosse,
Daß von der Hufe Gestampf der erschütterte Grund weit aufscholl.
Wie wenn daher von des großen Gebirgs hochragender Scheitel
370   Felsen gelöst abspringen, im donnernden Fall auf einander;
Viel hochwipflichte Eichen sodann, und viele der Föhren,
Auch viel Pappeln umher, weitwurzelnde, krachen zerschmettert
Unter dem rollenden Sturz, bis ebenen Grund sie erreichet:
Also rannten sich jene zugleich mit großem Geschrei an.
375   Aber der Myrmidonen Gebiet rings, und Iaolkos,
Arne, mit Hélike auch, und Antheia's grasige Felder,
Laut von dem Rufe der beiden erschollen sie. Jene mit grausem
Wuthall fuhren sich an; laut donnerte Zeus aus Gewölk her,
Sieh', und herab vom Himmel entsendet' er blutige Tropfen,
380   Seinem erhabenen Sohne des Kriegs Anzeige gewährend.
So wie im windenden Thal des Gebirgs ein gräßlicher Eber
Mit vorstarrenden Zähnen erboßt anschnaubet zum Kampfe
Gegen die Männer der Jagd; er wezt den schimmernden Hauer,
Eingekrümmt; und der Schaum ringsher um die käuenden Backen
385   Triefet ihm, aber die Augen erglühn wie stralendes Feuer,
Und hoch sträubt er den Nacken empor und den borstigen Rückgrat:
Also erschien Zeus' Sohn, da vom Rossegeschirr er herabsprang.

Wann die Grille des Baums, die mit dunkeler Schwinge dahertönt,
Sizend auf laubigem Sproß, den Sterblichen Sommergesang nun

390   Anhebt, deren Getränk und Kost nur duftiger Thau ist;
Ganz die Länge des Tags von der Morgenfrühe durchschwirrt sie,
In der gewaltigsten Glut, da Seirios dörret die Glieder:
Wann auch eben die Hirs' in spizige Ähren emporschießt,
Welche man sät im Sommer, da bunt sich die Herlinge färben,
395   Sie, die zu Freud' und Kummer den Sterblichen gab Dionysos:
Jezo kämpften sie dort; und umher stieg lautes Getös' auf.

Wie wenn einmal zween Löwen um eine gemordete Hirschkuh
Ungestüm auf einander mit wütigem Groll herstürzen;
Graunvoll hallt das Gebrüll, und es klirrt von den Zähnen der Würger:

400   Oder wie Habichte dort, scharf klauige, krummes Gebisses,
Auf hochstarrender Klippe mit Lerm und Geschrei sich bekämpfen,
Wann sie die Geiß des Gebirges ereiferte, oder die Hirschkuh,
Welche, von Waldkost fett, hinsank dem mutigen Jüngling,
Wund von der Senne Geschoß; er selbst, unkundig der Gegend,
405   Irrte davon abwärts; sie aber bemerkten es schleunig;
Und schnell hatt' um die Beute der bittere Streit sich erhoben:
Also stürzten auch jene mit Lerm und Geschrei auf einander.

Siehe, nunmehr warf Kyknos, den Sohn des erhabnen Kronion
Auszutilgen entbrannt, auf den Schild die eherne Lanz' ihm;

410   Doch nicht brach sie das Erz, gehemmt von der Gabe des Gottes.
Aber Amfitryons Sohn, die hohe Kraft Herakles',
Zwischen den Helm und den Schild die mächtige Lanze gerichtet,
Traf ihm den Hals, wo entblößt dicht unter dem Kinn' er hervorschien,
Flugs mit gesammelter Kraft; und hinweg schnitt beide die Sehnen
415   Ihm der ermordende Speer; denn die Macht des Gewaltigen schwang ihn.
Und er entsank, wie die Eiche hinabsinkt, oder des Felsens
Luftiges Haupt, von Zeus' aufdampfendem Strale geschmettert;
Und wie er sank, so erklirrte die eherne Rüstung mit Kunstwerk.

Diesen nunmehr ließ ruhen des Zeus kühnduldender Sprößling.

420   Aber des mordenden Ares Herannahn merkt' er bedachtsam,
Fürchterlich rollend den Blick: wie ein Bergleu über den Leichnam,
Der in geschäftiger Eile die Haut mit den mächtigen Klauen
Spaltete, plözlich sodann das erfreuliche Leben hinwegnahm;
Eiferig schlinget er nun, sein düsteres Herz sich erfüllend;
425   Graß auch die bläulichen Augen verdreht, um Seiten und Schultern
Geißelt er sich mit dem Schweif und zerwühlet den Grund; es vermag ihm
Keiner gerad' anschauend zu nahn, noch entgegen zu kämpfen:
So auch Amfitryons Sohn, der unersättliche Krieger,
Als vor Ares er stand; in dem Innersten sammelt' er Kühnheit,
430   Ungestüm; und der Gott kam näher ihm, trauriges Herzens.
Beide sie stürzten nunmehr mit lautem Geschrei auf einander.
Wie wenn ein Fels von der groß vorragenden Jähe sich stürzet,
Weit dann im Sprung aufhüpfend hinabrollt, daß sich der Nachhall
Heftig umher ausdehnt; doch entgegen ihm streckt sich ein Hügel
435   Hochauf; fort bis zu diesem enttaumelt er, wo er gehemmt ruht:
So zum Verderb auch toste der Wagenzertrümmerer Ares,
Wüstes Geschreis anrennend; doch Er unverdrossen empfing ihn.
Pallas Athene nunmehr, des Ägiserschütterers Tochter,
Kam dem Ares entgegen, bewehrt mit der nachtenden Ägis,
440   Schrecken im finsteren Aug', und sprach die geflügelten Worte:

Ares, bezähme die Kraft und den Troz der unnahbaren Hände;
Denn nicht dir ist vergönnt, die rühmlichen Waffen zu rauben
Ihm, dem erschlagnen Herakles, des Zeus kühnduldendem Sprößling.
Auf, laß ruhn den Kampf, und scheue dich, mir zu begegnen!

445  

Jene sprachs; nicht folgte der übermütige Ares;
Sondern mit lautem Geschrei glutstralende Waffen erschütternd,
Schwang er in Hast sich entgegen der hohen Kraft Herakles',
Ihn zu vertilgen entbrannt; und er warf die eherne Lanze,
Machtvoll, wegen des Sohnes ergrimmt, der im Blute gestreckt lag,

450   Auf den gewaltigen Schild. Doch hinweg bog Pallas Athene
Jenem den Schwung des Geschosses, die Hand vorstreckend vom Sessel.
Herbe durchfuhr ihn der Schmerz; und das schneidende Schwert sich entreißend,
Stürmt' er hinan zu Herakles, dem mutigen. Doch wie er andrang,
Stach ihn Amfitryons Sohn, des schrecklichen Streits unersättlich,
455   Unter dem künstlichen Schild' in den bloß vorscheinenden Schenkel,
Flugs mit gesammelter Kraft; auch den mächtigen Schild ihm zerbrach er,
Stoß anschmetternd auf Stoß; und er sank in das ofne Gefild' hin.
Aber Entsezen und Graun im schöngeräderten Wagen
Trieben die Rosse heran, und empor vom bewanderten Erdreich
460   Huben sie ihn zum Sessel, dem prangenden; schleunig hinweg dann
Geißelten sie das Gespann, und erreichten die Höhn des Olympos.

Er, der Alkmene Sohn, und der rühmliche Held Iolaos,
Als sie dem Kyknos die Schulter enthüllt von der stattlichen Rüstung,
Wanderten fort; bald kamen sie dann zur thürmenden Trachis,

465   Mit schnelltrabenden Rossen. Doch Zeus' blauäugige Tochter
Fuhr zum großen Olympos empor und dem Hause des Vaters.

Aber den Kyknos begrub der weitobwaltende Këyx,
Und ein unendliches Volk, das die Stadt umwohnte des Königs,
Anthe, der Myrmidonen Gebiet auch, und Iaolkos,

470   Arne, mit Hélike auch; denn ringsher strömte Versammlung,
Ehrend des Këyx Macht, der geliebt war seligen Göttern.
Doch des Bestatteten Grab und Denkmal tilget' Anauros
Durch aufschwellenden Wintererguß: so wollt' es Apollon,
Leto's Sohn, weil er jeden, der herliche Festhekatomben,
475   Führte zum pythischen Hain, mit Gewalt auflaurend geplündert.