*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 12636 *** [Illustration: Katharina von Bora nach dem Gemälde von Lucas Cranach im Museum zu Schwerin Phot. F. u. O. Breckmann Nachf., Dresden. Verlag Georg Reimer, Berlin.] Katharina von Bora Geschichtliches Lebensbild von D. Albrecht Thoma Berlin Druck und Verlag Georg Reimer. 1900. Vorwort. In dem „Leben Luthers“ bietet das Kapitel „Luthers Häuslichkeit“ als freundliche Idylle ein liebliches Ausruhen von den dramatischen Kämpfen und dem epischen Gange einer reformatorischen Wirksamkeit. Die Briefe an eine „liebe Hausfrau“ sind unter den Tausenden seiner Episteln die schönsten und originellsten. Dafür liegt der Grund doch nicht allein in dem reichen Gemüt und dem geistvollen Humor des großen Mannes, sondern auch in der Persönlichkeit seiner lebhaften, temperamentvollen Gattin. Es muß doch eine bedeutende Frau gewesen sein, die der große Mann als seine Lebensgefährtin zu sich emporhob und die sich getraute, die Gattin des gewaltigen Reformators zu werden und der es gelungen ist, ihm zu genügen; und ein sympathischer Charakter mußte das sein, an dem er seine frohe Laune so schön entfalten konnte. Sie hat ihrem Doktor das schöne Heim geschaffen und das vorbildliche evangelische Pfarrhaus. Und so lebt auch Luthers Käthe als die Genossin von dem Liebling und Stolz unserer Nation in der Seele des deutschen Volkes in gutem Gedenken. Es kann nun auffallen, daß eine eigentliche Lebensgeschichte der Gattin Luthers bisher noch gar nicht erschienen ist, daß fast mehr schmähsüchtige Feinde, wie vor hundertfünfzig Jahren ein Engelhard, ihre wenig lauteren Künste an dieser Aufgabe geübt haben; und besonders ist zu verwundern, daß in dem letzten halben Jahrhundert, diesem so hervorragend historischen Zeitalter, — seit den beiden gleichzeitig erschienenen quellenreichen Skizzen von _Beste_ und _Hofmann_ — keine Biographie entstand, nicht einmal für dieses Jubiläumsjahr ihres vierhundertjährigen Geburtstages. Der Grund dieser eigentümlichen Erscheinung liegt aber doch klar. Einmal wird eben in „Luthers Leben“ das Bild Katharinas von Bora stets mit hineingemalt; sodann ist es schwierig, neben der gewaltigen Gestalt ihres Gatten sie recht zur Geltung kommen zu lassen; endlich ist eine mühsame Kleinarbeit erforderlich, um eine lebensvolle Zeichnung zu entwerfen, und überraschende Entdeckungen sind bei aller Findigkeit hier nicht zu machen. Dennoch verdient Luthers Käthe — so viel das geschehen kann — für sich besonders betrachtet zu werden, wie ja ihr Bild so oft für sich neben demjenigen des großen Doktors gemalt ist. Ist Frau Käthe freilich nichts ohne den D. Martinus, so kann man doch auch fragen: Was wäre Luther ohne seine Käthe? Dem Lebensbilde des großen Reformators fehlte das menschlich Anziehende, fehlten die vor allem uns Deutschen ausbrechenden gemütlichen Beziehungen des Familienlebens. Und das hat Frau Käthe ihm geschaffen. Ihr ist es zu verdanken, daß die Welt ihn so lange, und so lange in geistiger Frische und freudigem Arbeitseifer gehabt hat. So mag es ein Denkmal sein, und — wie es der schlichten deutschen Hausfrau geziemt — ein anspruchsloses, was ihr hier zu ihrem vierhundertjährigen Gedächtnistage gesetzt ist. Inhaltsverzeichnis. 1. Katharinas Herkunft und Familie. Sachsen und Meißen Bora Lippendorf Eltern und Brüder „Muhme Lene“ und Maria v. Bora Armut der Familie Der Eltern Tod 2. Im Kloster „Ehrsame“ Jungfrauen Adelige Stifter Klosterkinder Nimbschen Klosterfrauen Klausur Würden Klostergenossinnen Die Novize Kloster-Regel Erziehung Die Postulantin Einsegnung Tagewerk Reliquien Ablaß Kloster-Erlebnisse Nonnen-Beruf 3. Die Flucht aus dem Kloster Luthers Schriften über Ablaß, gute Werke, Klostergelübde Vermittelung der Schriften Leonhard Koppe Austrittsgedanken Die Verwandten Klagebrief an Luther Bedenken Flucht-Plan Das Entkommen aus dem Kloster Die Flucht Offener Brief an Koppe, „daß Jungfrauen Kloster göttlich verlassen mögen“ Der Abt von Pforta Neue Entweichungen 4. Eingewöhnung ins weltliche Leben Versorgung der Klosterjungfrauen Katharina bei Reichenbach Hier. Baumgärtner D. Glatz 5. Katharinas Heirat Luther drängt zur Ehe Verehelichung von Priestern und Klosterleuten Luther denkt zu heiraten Eine Nonne soll's sein Luthers Werbung Trauung und Hochzeit Gäste Geschenke Das Fest 6. Das erste Jahr von Katharinas Ehestand. Im „Schwarzen Kloster“ Ausstattung Angewöhnung Unterhaltung Bild „Die erste Liebe“ Verstimmung der Freunde Schmähungen der Feinde Gefahren Stimmungen 7. Katharina als Mutter ihrer Kinder und Hausgenossen. Johannes Elisabeth Magdalena Martin, Paul Margareta Elternfreuden Muhme Lene Neffen und Nichten Zuchtmeister Gesinde, Gäste Besuche 8. Katharinas Haushalt und Wirtschaft. Das Regiment in Luthers Haus Haus und Hof Bauereien Geräte Schenkungs-Urkunde Teurer Markt Landwirtschaft Gärten „Haus Bruno“, Gut Booß Zulsdorf Grundbesitz Arbeitsseligkeit 9. „Wunderliche Rechnung zwischen D. Martin und Käthe.“ Armut Einkünfte „Geschenke“ Umsonst Hausrechnung. „Gieb Geld“ Luthers Mildthätigkeit Schulden insidiatrix Ketha „Rätlichkeit“ „Wunderlicher Segen“ „Lob des tugendsamen Weibes“ 10. Häusliche Leiden und Freuden. Schwerer Haushalt Krankheitsanfall Luthers (1527) Die Pest Hochzeit und Tod Flüchtlinge und Hochzeiten Visitationsreisen Briefe von der Koburg Die Großeltern Besuche und Reisen Ein Kardinal in Wittenberg Tischgesellen, Famulus, Käthes Brüder Kinderzucht Rosine Käthes Tagelöhner 11. Hochzeiten und Krankheiten, Pest und Tod. „Mühmchen Lene“ und Veit Dietrich Lenchens Verlobung (1538) „Des Teufels Fastnacht“ (1535) In den „hessischen Betten“ Luthers tödliche Krankheit in Schmalkalden (1537) Muhme Lene † Pflege der Elisabeth von Brandenburg Wieder Pest (1539) Käthes tödliche Krankheit (1539) Briefe aus Weimar (1540) Allerlei Sorgen Hanna Strauß verlobt und Mühmchen Lene verwitwet Haus in Torgau, Lenchens Krankheit und Tod Hansens Heimweh 12. Tischreden und Tischgenossen. Eine akademische Hochzeit Allerlei Feste Besuche _Cordatus_ _Stiefel_ _Kummer, Lauterbach_ _Schlaginhaufen, Weller_ _Hennik; Barnes; de Bai_ _Dietrich_ _Besold_ _Holstein; Schiefer; Matthesius_ _Goldschmidt u.a._ Käthes „Tischburse“ Die „Tischgespräche“ 13. Hausfreunde. Humanisten-Freundschaft Der Freundeskreis des Lutherischen Hauses Grüße und Geschenke _Amsdorf; Agrikola_ _Probst_ _Brisger, Biscampius, Zwilling; Mykonius; Capito_ Die Nürnberger: _Link_ und _Friedrich_; _Baumgärtner_ _Dietrich_; Geschwister _Weller_ _Hausmann_ _Schlaginhaufen_ _Lauterbach_ _Spalatin_ Hans von _Taubenheim_ Amtsgenossen _Kreuziger_ _Bugenhagen_ _Jonas_ _Melanchthon_ Sabinus und Lemnius Brief der Freunde an Käthe Die Tafelrunde Freundinnen 14. Käthe und Luther. Die „Erzköchin“ Luthers Enthaltsamkeit und Festfreude Käthe als Krankenpflegerin Käthes Humor Verdächtigungen Käthes Käthes geistige Interessen Was Luther von Käthe hielt „Ihr“ und „Du“ „Herr“ Käthe „Liebe“ Käthe Luthers ungünstige Aeußerungen Lob des Weibes „Häuslicher Zorn“ Lob des Ehestandes und Käthes Käthes „Bildung“ Ebenbürtigkeit Käthes Bild 15. Luthers Tod. Trübe Zeitlage Hader im eigenen Lager Die „garstigen“ Juristen Abscheiden der Freunde Luthers zunehmende Krankheiten Arbeit und Humor Wegzugsgedanken „Speckstudenten“ und Kleidermoden Abreise Schrecken in Wittenberg Reisen nach Eisleben Briefe von Halle und Eisleben Der letzte Brief Die Todesnachricht Zurüstung zur Bestattung Trostbrief des Kurfürsten Der Leichenzug Katharinas Stimmung 16. Luthers Testament. „Die Welt ist undankbar, die Leute sind grob“ Dr. Brücks Zorn auf Katharina Fürstliche und freundschaftliche Fürsorge Das sächsische Erbrecht Katharinas Leibgeding Die Erbschaft Brücks und Katharinas Pläne Katharinas Bittschrift Reden der vier Hausfreunde Brücks Gutachten Die Entscheidungen des Kurfürsten Kampf um Wachsdorf und die Kinder Wolf, Gesinde und Tischburse Fürsorge für Florian von Bora Mahnungen an den Dänenkönig 17. Krieg und Flucht. Beginn des Schmalkaldischen Kriegs, zweierlei Gebete Anmarsch auf Wittenberg, Flucht Belagerung Wittenbergs. In Magdeburg Brief von und an Christian III. Schreckensgerüchte Neue Flucht; in Braunschweig Heimkehr 18. Der Witwenstand. Wie's daheim aussah Kriegsschäden und Proceß Kosttisch; Anlehen Das Interim. Hans Luther nach Königsberg Leiden und „gnädige Hilfe“ Hans in Königsberg Kriegslasten „Dringende Not“ 19. Katharinas Tod Flucht vor der „Pestilenz“ Der Unfall Anna von Warbeck Das Leichenprogramm und die Bestattung Nachkommen und Reliquien Denkmäler Katharinas Gedächtnis Belege und Bemerkungen. Register. 1. Kapitel Katharinas Herkunft und Familie[1]. Zur Zeit der Reformation umfaßte das Land Sachsen etwa das heutige Königreich, den größten Teil der Provinz Sachsen und die thüringisch-sächsischen Staaten. Diese sächsischen Lande aber waren seit dem Erbvertrag von 1485 zwischen den Ernestinern und Albertinern geteilt in ein Kurfürstentum und ein Herzogtum. Wunderlich genug war diese Teilung, aber ganz nach damaligen Verhältnissen: zum Albertinischen Herzogtum, auch „Meißen“ genannt, gehörte der größte Teil vom heutigen Königreich mit den Städten Meißen, Dresden, Chemnitz; ferner ein schmaler Streifen von Leipzig bis nach Langensalza. Dazwischen dehnte sich das Kurfürstentum mit den Hauptstädten Wittenberg, Torgau, Weimar, Gotha, Eisenach westwärts, und Zwickau und Koburg nach Süden. Die Kursachsen sahen mit einigem Stolz auf ihre Nachbarn herab, welche bloß herzoglich waren, gebrauchten auch wohl den alten Spottreim: „Die Meißner sind Gleisner“. Wenn's auch nicht wahr war, es reimte sich doch gut[2]. Aus dem Herzogtum Meißen stammte nun Katharina von Bora, Luthers Hausfrau[3], während er selbst ein geborener Mansfelder, dann ein Bürger der kursächsischen Residenz Wittenberg und Beamter des Kurfürsten war. Er beklagte sich wohl bei seiner Frau über ihren Landesherrn, Herzog Georg den Bärtigen, welcher, ein heftiger Gegner der Reformation, mit Luther in steter Fehde lag, gehässige Schriften gegen ihn losließ und die Lutheraner im Lande „Meißen“ verfolgte. Daneben neckte Luther seine Käthe auch, als sie in Leipzig bei seinen Lebzeiten die Märe von seinem Tode verbreiteten: „Solches erdichten die Naseweisen, deine Landsleute“[4]. Im Meißenschen nun hinter der Freiberger Mulde, eine Stunde ostwärts von dem „Schloß und Städtchen“ Nossen lagen die beiden Ortschaften Wendisch- und Deutschenbora[5], eine Viertelstunde von einander zwischen Tannengehölzen, denn Tanne heißt auf slavisch „Bor“[6]. Hier hatte das Geschlecht der Bora seinen Stammsitz. Von dort verpflanzte es sich in verschiedenen Zweigen an viele Orte des Sachsenlandes; so auch in die Nähe von Bitterfeld und Borna, je fünf Stunden nördlich und südlich von Leipzig. Sie führten alle im Wappen einen steigenden roten Löwen mit erhobener rechter Pranke in goldenem Feld und den Pfauenschweif als Helmzier[7]. Aus welchem dieser neun oder zehn Zweige aber Frau Katharina, des Reformators Ehegattin, stammte, ist nicht mehr gewiß auszumachen. Mehr als sieben Orte, wie bei dem Vater der griechischen Dichtung, Homer, streiten sich um die Ehre, ihre Geburtsstätte zu sein: das ist fast jeder Ort, wo früher oder später Bora gewohnt und gewaltet haben. Aber man kann eher noch beweisen, daß sie aus acht dieser Orte nicht stammt, als daß sie am neunten Ort wirklich geboren sei[8]. Vielleicht ist Katharinas Geburtsort beim alten Stammsitz des Geschlechts: zu Hirschfeld, einem sehr fruchtbaren Hofgut in der dörferreichen Hochebene, wo man nördlich nach dem nahen Deutsch-Bora und dem etwas ferneren Wendisch-Bora schaut, gen Westen aber, in einer Entfernung von einer Stunde, die burggekrönte Bergnase von Nossen erblickt. Wahrscheinlicher aber wurde Käthe zu _Lippendorf_ geboren. Westwärts nämlich von Borna an der Pleiße zieht sich als meißnisches Gebiet ein weites Blachfeld, dessen Einförmigkeit nur durch dunkle Gehölze unterbrochen wird. Nur ein paar hundert Schritte von dem Kirchdorf Medewitzsch erhebt sich das Häuflein Häuser des kleinen Dörfchens Lippendorf und etwas abseits gelegen ein größeres Gut, mit einem Teiche dahinter. Das war zwar kein rittermäßiger Hofsitz, aber doch ein stattliches Lehngut, das heutzutage seinen Besitzer zu einem wohlhabenden Bauern macht. Um 1482 saß dort ein Hans von Bora mit seiner Gemahlin Katharina; um 1505 ist's ein Jan von Bora mit seiner Gattin Margarete, einer geborenen von Ende. Wahrscheinlich ist Hans und Jan nicht Vater und Sohn, sondern dieselbe Person und Margarete nur seine zweite Ehefrau. Hier wäre nun Katharina an dem Ende des fünfzehnten Jahrhunderts, 15-1/4 Jahre nach Martin Luther, auf die Welt gekommen. In diesem bauernhofähnlichen Anwesen wäre sie — vielleicht unter einer Stiefmutter — herangewachsen. An diesem Teich hätte sie als Kind gespielt und hinübergeschaut nach dem nahen Rittersitz Kieritzsch mit seinem Schloßpark und kleinen Kirchlein, und weiterhin über die Wiesen und Gehölze der Mark Nixdorf nach der „Wüstung Zollsdorf“ — wo sie später als ehrsame Hausfrau und Doktorin vom fernen Wittenberg herkommend hausen und wirtschaften sollte, wie sie's zu Lippendorf in Hof und Stall, Küche und Keller von der fleißigen Mutter gelernt.[9] Aber sicher ist diese Annahme nicht. Es kann auch ein anderer Ort Katharinas Geburtsstätte sein. Ja, sicher weiß man nicht einmal den Namen von Vater und Mutter. Hans konnte der Vater wohl geheißen haben, so hieß damals jeder dritte Mann, auch im Bora'schen Geschlecht. Und nach einer andern, nicht unglaubwürdigen Nachricht wäre die Mutter eine geborene von Haubitz gewesen und hätte nach der Tradition den ebenfalls zu jener Zeit sehr beliebten Namen Anna getragen. Dann wäre freilich Lippendorf nicht Käthes Heimat gewesen. Unzweifelhaft gewiß ist nur ihr Geburtstag, der 29. Januar 1499; denn dieser Tag ist auf einer Schaumünze eingegraben, die heute noch vorhanden ist[10]. Auch ihre nächsten Verwandten sind bekannt. Katharina hatte wenigstens noch drei Brüder. Der eine, dessen Name nicht genannt ist, verheiratete sich mit einer gewissen Christina und starb ziemlich frühzeitig, vielleicht schon um 1540. Denn sein Sohn Florian, der etwa gleichaltrig mit Luthers Aeltestem d.h. damals vierzehn Jahre alt war, wurde um diese Zeit ins Haus genommen und wollte 1546 die Rechte studieren; damals war „Christina von Bora Witfraw“[11]. Der andere Bruder Katharinas ist _Hans_ von Bora. Er war 1531 in Diensten des Herzogs Albrecht von Preußen, kehrte aber etwa 1534 von dort zurück, um für sich und seine Brüder das Gütlein Zulsdorf als „Erbdächlein“ zu übernehmen. Er bekam in seinen Mannesjahren von seinem Schwager Luther und von Justus Jonas das Lob eines „aufrichtigen, feinen und treuen Menschen“. „Treu und brav ist er, das weiß ich, dazu auch geschickt und fleißig“, bezeugt ihm Luther[12]. Weniger Löbliches ist von dem dritten Bruder _Klemens_ bekannt. Er kam mit Bruder Hans nach Königsberg, geriet aber nach dessen Rückkehr in die Gesellschaft eines adligen Raufboldes, der in seiner Gegenwart einen Zimmergesellen im Rausch erstach, was ihm selbst übeln Ruf zuzog und ihn in Ungnaden bei dem Herzog brachte[13]. Außer den Brüdern Katharinas ist auch eine Muhme (Base) Lene bekannt, welche später in Luthers Haus lebte. Es wird dies niemand anders sein als die Magdalena von Bora, des Vaters Schwester[14], welche freilich zur Zeit von Katharinas Geburt schon lange im Kloster Nimbschen lebte. Wenn es wahr ist, daß um 1525 eine Maria von Bora auf Zulsdorf sich nach Wittenberg verheiratete[15], so müssen auf diesem Vorwerk in den zwanziger Jahren noch nahe Verwandte gelebt haben. Reich konnten diese aber nicht sein, denn das ganze Gut war nur 600 fl. wert und nährte seinen Mann nicht, wie später Bruder Hans selbst erfuhr. Ein weiterer Verwandter Katharinas war Paul von Rachwitz, welcher zu Bitterfeld wohnte in dessen Nähe auch in Zweig der Bora hauste[16]. Die Familie Katharinas muß recht arm gewesen sein: es heißt sogar: sie war in die äußerste Bedrängnis geraten. Florian, der Sohn des ältesten Bruders, war jedenfalls nach seines Vaters Tod, obwohl dieser wahrscheinlich das Erbgut besaß, doch auf Stipendien angewiesen für seine Studien. Bruder Hans war am preußischen Hof so ärmlich gestellt, daß Luther für ihn dem Herzog Albrecht „beschwerlich sein“ und schreiben mußte: „Nachdem meiner Käthen Bruder Hans von Bora nichts hat und am Hofe Kleid und Futter genug nicht hat, wollten E.F.Gn. verschaffen, daß ihm jedes Vierteljahr ein paar Gulden würden zugeworfen, damit er auch Hemd und andere Notdurft bezahlen möchte.[17]“ Katharina selbst endlich hat, wie es scheint, nicht einmal ein Leibgeding mit ins Kloster bekommen, wie es andere, wohlhabendere adlige Fräulein mit durchschnittlich 3 Schock[18] jährlich erhielten; und auf ihre Einsegnung konnte sie nur 30 Groschen spenden, während neue Nonnen wohl 100 oder wenigstens 40 Groschen opferten. Bei ihrer Heirat konnte sie keine Mitgift in die Ehe bringen[19]. So ist also Katharina von Bora — wo es auch sei — in gar engen Verhältnissen aufgewachsen, und wenn man sich das junge Mädchen etwa als zartes Ritterfräulein am Burgfenster mit dem Stickrahmen oder als Jägerin auf stolzem Zelter vorstellen wollte, so gäbe das ein gar falsches Bild. Wir haben sie uns vielmehr zu denken wie eine junge Bauerntochter auf dem Hofgut schaltend und waltend, der Mutter an die Hand gehend in der Wirtschaft, zugleich als die Aelteste, vielleicht als einziges Töchterlein, auch eine gewisse Selbständigkeit und Herrschergabe entfaltend, wie sie sich später in der reifen Frau entwickelt zeigt. Freilich ein wirkliches anschauliches Bild ihrer Kindheit zu entwerfen vermögen wir nicht, dazu fehlen alle Anhaltspunkte, alle Formen und Farben. Wir mögen dies bestimmte Bild aus der ersten Jugendzeit, in die wir uns bei einem Menschenleben so gerne versenken, bei Katharina schmerzlich vermissen, da sich die ganze Umgebung, der Hintergrund der Landschaft und selbst die notwendige Staffage von Vater und Mutter und alles, was auf ein junges Menschenkind einwirkt, bis auf die Namen verwischen und verschwinden, während zum Beispiel bei ihrem Gatten, dem Doktor Luther, Elternhaus, Vater, Mutter, Geschwister, Gespielen, Heimat und Schule so deutlich und plastisch sich herausheben, daß sie ein gar lebendiges und farbenreiches Gemälde geben. Aber man kann sich doch auch wieder über diesen Mangel leicht trösten. Denn wie es scheint, sind die Eltern beide früh gestorben. Sobald Katharina ins Licht der Geschichte tritt mit ihrer Heirat, ja schon bei ihrer Entweichung aus dem Kloster, ist jede Spur von ihnen verschwunden: die Eltern erscheinen nicht bei ihrer Hochzeit, wie die Eltern von Luther; sie werden um ihre Einwilligung nicht gefragt, worauf doch Luther sonst so großes Gewicht legt; ja sie kommen schon nicht in Betracht bei der Flucht aus dem Kloster, als es sich um eine Unterkunft handelt; und auch während der ganzen Klosterzeit kommt Vater und Mutter nicht zum Vorschein, wie es doch oftmals bei Klosterjungfrauen der Fall ist. Vielleicht ist gerade der Eltern früher Tod für Katharina die Veranlassung gewesen, so bald ins Kloster einzutreten. Wie dem aber auch sei, die geistige Entwicklung des jungen Fräuleins fällt nicht in das Elternhaus. Denn sehr früh kam Katharina von daheim fort und ihre bewußte Jugendzeit verbrachte sie fern von der Heimat im Jungfrauen-Stift. So fällt Katharinas Eintritt, obwohl sie 15 Jahre jünger war, etwa in dieselbe Zeit, als der Erfurter Magister Martin Luther die Studien verließ und in das Kloster der Augustiner ging. 2. Kapitel Im Kloster. Wenn heutzutage ein armes Mädchen aus besseren Ständen versorgt werden soll, das nicht auf große Mitgift und darum auf Verheiratung rechnen und somit dem natürlichen weiblichen Beruf, dem Familienleben, voraussichtlich entsagen muß, so kommt es in eine Anstalt und bildet sich zur Lehrerin oder dergleichen aus. Im Mittelalter kam so ein armes Fräulein, dessen Ausstattung die schmalen Erbgüter der Stammhalter und Schwestern noch mehr geschmälert hätte, zur Versorgung ins Kloster. Die alten Klöster (der Benediktiner, Cisterzienser, Bernhardiner) wurden so Versorgungsanstalten[20]. Es waren adelige Stifter, fromme Anstalten der Vorfahren, worin „ehrsame“ (d.h. adelige) Jungfrauen Gott dienen und für die Seelen der Lebenden und Verstorbenen beten sollten[21]. Statt des jetzigen „geistigen“ Berufs zum Wirken in der Welt für lebendige Menschen diente damals der „geistliche“ Beruf zur Verehrung Gottes und der Heiligen, zum ewigen Seelenheil der Lebenden, namentlich aber der toten Anverwandten im Fegefeuer. Statt der heutigen freien und doch nicht immer freiwilligen Entschließung zu einem selbstgewählten Beruf, der freilich immer nur bedingungsweise und auf Zeit ergriffen wird, galt es damals die „ewige“ unwiderrufliche „Vergelübdung“ auf Lebenszeit; statt der „Emanzipation“, welche einer außer dem Familienleben stehenden Jungfrau heute mehr oder weniger wartet, harrte ihrer damals die „Klausur“, die Einschließung in die Klostermauern in einem streng geschlossenen Verband, dem „Orden“, unter dem straffen Bande der „Regel“, der Klostersatzungen. Nach Begabung und Neigung zu diesem geistlichen Beruf wurde da wenig gefragt, und es konnte auch keine Rücksicht darauf genommen werden[22]. Dazu war in diesen Zeiten die elterliche Autorität, namentlich über Töchter, viel zu groß, und der Familiensinn in solchen adeligen Häusern war ein zu stark ausgeprägter, als daß sich ein Glied in individueller Neigung gegen das Herkommen und die Familiensitte wie gegen die Forderungen der Existenzbedingungen seines Geschlechts aufgelehnt hätte. Nach den kirchlichen Bestimmungen galt der Grundsatz: „Einen Mönch macht entweder die elterliche Vergelübdung oder die eigene Einwilligung“[23], also in erster Linie die Bestimmung der Eltern! Diese hielten es eben für eine standesgemäße Versorgung und zugleich für einen „guten seligen Stand“, wie eine Nonne aus dieser Zeit erklärt[24]. Zudem wurden die Töchter in einem Alter in das Stift gethan, wo von einer Willensentscheidung gar keine Rede sein konnte[25]. Die Mädchen waren noch Kinder. Der Eintritt konnte schon im sechsten Lebensjahr geschehen; viele kamen auch später hinein, wenn sich die Familienverhältnisse durch Wachstum der Kinderzahl, Tod der Mutter und dergleichen anders gestalteten. Aber auch in noch früherem Alter wurden „Kostkinder“ aufgenommen, welche dann auch oft Klosterjungfrauen wurden. „Es ist eine hohe Not und Tyrannei, daß man leider die Kinder, sonderlich das schwache Weibervolk und junge Mädchen in die Klöster stößet, reizet und gehen läßt“ — so äußert sich Luther gerade über das Kloster, worin sich Katharina von Bora befand, und ruft entrüstet aus: „O die unbarmherzigen Eltern und Freunde (Verwandten), die mit den Ihren so schrecklich und greulich verfahren!“[26] Nicht anders erging es auch der Tochter aus dem verarmten Hause Bora. Katharina ward ins Kloster geschickt — gefragt wurde das Kind natürlich nicht; es geschah „ohne ihren Willen“, wie denn Luther im allgemeinen von ihr und ihren Mitschwestern von Verstoßung ins Kloster redet und von Zwang. Er fragt bei dieser Gelegenheit seine Zeitgenossen: „Wie viel meinst du, daß Nonnen in Klöstern sind, die fröhlich und mit Lust ungezwungen ihren Gottesdienst thun und Orden tragen? Unter tausend kaum eine. Was ist's, daß du solches Kind läßt also sein Leben und alle seine Werke verlieren?“[27] Katharina kam vielleicht schon mit dem 6. Lebensjahr ins Kloster; denn in ihrem sechsten Lebensjahr verschreibt Jan von Bora auf Lippendorf alle seine Güter allda seiner — vielleicht in diesem Jahr geheirateten zweiten — Ehefrau. Jedenfalls war Katharina im zehnten Lebensjahr (1509) schon Klosterjungfrau; und zwar nicht mehr die jüngste, sondern die zweitjüngste von den Aufgenommenen und blieb noch lange Jahre (bis 1516) die vorletzte in der Reihe der Schwestern[28]. Klöster gab es damals genug im Land: es wurden allein im Meißnischen gegen 30 Nonnenklöster gezählt[29]. In welches Kloster Katharina eintreten sollte, das stand von vornherein fest: es mußte das adelige Cisterzienserinnen-Kloster „Marienthron“ oder „Gottesthron“ _Nimbschen_ bei Borna im Kurfürstentum Sachsen sein[30]. Denn hier war eine Muhme von Vaterseite, vielleicht Vatersschwester Magdalene von Bora schon lange Zeit Klosterjungfrau und bekleidete von 1502-8 das Amt einer Siechenmeisterin, d.h. Krankenwärterin der Nonnen. Außerdem waren, scheint es, noch zwei Verwandte aus der mütterlichen Familie der Haubitz da: eine ältere Margarete und eine jüngere Anna. Das Kloster Nimbschen hat eine hübsche Lage. Eine Stunde unterhalb, nachdem die beiden Mulden, die Zwickauer von Süden und die Freiberger von Osten her zusammengeflossen sind zu der großen Mulde, erweitert sich das enge Flußthal zu einer viertelstundebreiten ebenen Aue, welche die Form eines länglichen Blattes hat und eine halbe Stunde lang ist. Am Ostufer zieht sich eine schroffe Felswand aus Porphyr hin, an welche das Muldebett sich anschmiegt; im Westen begrenzt eine niedrige, sanfter ansteigende, waldbewachsene Hügelkette den Werder. Ueber der nördlichen Blattspitze, die scharf durch die zusammenrückenden Felswände abschließt, erhob sich eine Burg und jenseits der Thalsperre, ungesehen von der Aue aus, liegt die Stadt Grimma; an dem obern Ende der Aue, unmittelbar am Fuße des westlichen Waldhügels, stand das Kloster. Es war also abgelegen von der Welt, abgeschlossen durch die beiden Hügelreihen, nur mit dem Blick auf die stille ruhige Aue. Drüben floß die Mulde ungesehen tief in ihren Ufern, überragt von der Felswand, hüben erhob sich der hügelige Klosterwald. Nordwärts davon schimmerte ein ziemlich großer Teich, welcher die leckere Fastenspeise barg. Aus dem Hügel unmittelbar neben dem Kloster waren die schmutzig braunen Porphyrsteine gebrochen, mit welchen die Mauern und Klostergebäude aufgebaut waren; ein Graben an diesem Hügel hin verhinderte noch mehr den unbefugten Zutritt. Das Klostergebäude war sehr umfangreich, denn so eine alte Cisterzienser-Abtei bildete eine Welt für sich: nach alter Regel mußte das Kloster alle seine Bedürfnisse selber durch eigene Wirtschaft befriedigen[31]. Daher gab es neben dem eigentlichen „Gotteshaus“, wie ein geistliches Stift genannt wurde, noch allerlei Wirtschaftsgebäude: Ställe für Pferde, Rinder, Schweine, Geflügel mit den nötigen Knechten und Mägden, Hirten und Hirtinnen für Füllen, Kühe, Schafe (das Kloster hatte deren 1800!), Schweine und Gänse; ferner Mäher, Drescher, Holzhauer, eine „Käsemutter“. Das Kloster selbst zerfiel in zwei Gebäudekomplexe: „die Propstei“ und die „Klausur“. Die Propstei schloß sich um den äußeren Klosterhof und umfaßte die Wohnung des Vorstehers oder Propstes, eines „Halbgeistlichen“, welcher mit „Ehren“ („Ehr“) angeredet wurde, dann die Behausung des Verwalters oder Vogts (Voit) samt dem Schreiber; ferner das „Predigerhaus“, in welchem die zwei „Herren an der Pforte“, d.i. Mönche aus dem Kloster Pforta, als Beichtväter wohnten, denn Pforta hatte die Oberaufsicht über Nimbschen. Ein Brauhaus, Backhaus, Schlachthaus, Schmiede, Mühle, Küche und Keller waren noch da, worin die verschiedenen Klosterhandwerker hausten und hantierten; auf dem Thorhaus saß der Thorwärter Thalheym. Ein „Hellenheyszer“ hatte die Oefen zu besorgen. Es war eine gar umfangreiche Wirtschaft und ein großes Personal: 40-50 Leute waren in der Klosterzeit Katharinas von Bora täglich „über den Hof“ zu speisen; und dazu mußten Löhne gezahlt werden, vom Oberknecht mit 4 Schock 16 Groschen und Vorsteher mit 4 Schock an bis zur Gänsehirtin, welche nur 40 Groschen bekam. Um alle diese Personen zu besolden und neben den Klosterfrauen zu speisen, brauchte es natürlich großer Einkünfte an Geld, Getreide, Hühnern, Eiern u.s.w. von den Klosterdörfern und Höfen, außer den Klostergütern, die vom Klosterpersonal selbst bewirtschaftet wurden. Ferner hatten die Bauern noch gar manche Fronden mit Ackern, Düngen, Dreschen, Mähen und Heuen, Schneiden, Holzmachen, Hopfen pflücken, Flachs und Hanf raufen, riffeln und rösten, Schafscheren, Jagdfron (Treiben bei der Jagd) wofür teilweise Essen und Trinken, bei der Jagd auch Geld gereicht wurde. Die Nonnen selbst wohnten in der „Klausur“, einem zweiten Gebäudekomplex, welcher im Viereck um einen kleinen Hof gebaut war und aus der Kirche, dem Refektorium (Speisehaus), dem Dormitorium (Schlafhaus mit den Zellen) und dem Konvent (Versammlungshaus) bestand. Die Abtei, die Wohnung der Aebtissin, welche nicht zur Klausur gehörte, war zwischen dieser und dem Propsthofe. Hier im Kloster lebten nun einige vierzig Töchter adeliger Häuser aus verschiedenen Gegenden des kurfürstlichen und herzoglichen Sachsen. Dazu kamen noch ein halb Dutzend „Konversen“ oder Laienschwestern, die um Gottes willen, d.h. umsonst dienten. Ferner mehrere bezahlte „Kochmeide“, darunter eine Köchin, und die „Frauen-Meid“, d.h. die Dienerin der Aebtissin. Diese hatte außerdem noch zwei Knaben zu ihrer Verfügung, die natürlich im äußern Klosterhof wohnten und zu Kleidern und Schuhen zusammen 1 Schock jährlich erhielten[32]. Die adeligen Klosterfrauen bildeten die Sammlung, den Konvent und hießen daher auch Konventualinnen. Das war eine kleine weibliche Adelsrepublik, die sich in allen Dingen selbst regierte nach der „Regel“, den Gesetzen, auf die sie eingeschworen waren — bloß unter Oberaufsicht ihres Visitators, des Abtes von Pforta, der aber auch nur auf Grund der Regel anordnen und rügen konnte. Die Regel war die des hl. Bernhard, eine etwas strengere Abart derjenigen der gewöhnlichen alten Benediktinerinnen[33]. Die Nonnen waren außer der Aebtissin in die _Klausur_ eingeschlossen, aus welcher sie nur in Klosterangelegenheiten mit besonderer Erlaubnis, und dies selten und in Begleitung einer Seniorin und des Beichtvaters, heraustreten durften. Ein Verkehr mit der Außenwelt oder auch nur mit den Klosterleuten auf der Propstei fand nicht statt; auch in der Kirche waren sie auf einem besonderen dicht vergitterten Nonnenchor den Blicken der Weltleute entzogen. Verboten war ausdrücklich das Uebersteigen an der Orgel und das Herauslehnen über die Umzäunung des Chors. Wenn jemand von draußen (Geistlicher oder Weltlicher) mit einer Klosterjungfrau zu reden hatte, etwa die Eltern und Geschwister zu Besuch kamen, so durften sie nur mit besonderer Erlaubnis der Aebtissin, und nur wenn es die Not erforderte, in der Redstube durch das vergitterte Redfenster und in Gegenwart der Aebtissin mit ihr sprechen; es war unmöglich gemacht, daß jemand die Hand oder ein Ding durch das Fenster steckte. Ebenso war der Beichtstuhl vermacht, und selbst der Beichtvater durfte nur in Krankheitsfällen in die Klausur eintreten. Festlichkeiten und Ergötzungen sollten die Beichtväter nicht mit den Klosterjungfrauen mitmachen. Der Pförtnerin war bei Strafe verboten, Hunde (?), alte Weiber und dgl. einzulassen[34]. Die Schwestern durften auch nicht mit den Klosterkindern[35] zusammen schlafen. In diesem klösterlichen Verband gab es zur Regierung und Verwaltung der Gemeinschaft zahlreiche Aemter. Mit ziemlich unumschränkter Gewalt herrschte die gewählte _Aebtissin_: ihrem Befehl und ihren Strafen war mit wortlosem, unbedingtem Gehorsam nachzukommen; doch war sie gehalten, überall den Rat ihrer „Geschworenen und Seniorinnen“ zu hören. Ihr war nicht nur die äußere Verwaltung der Gemeinschaft übertragen, auch die „Leitung der Seelen und Gewissen“. Sie sollte sich bestreben, gleich liebreich gegen alle, Junge und Alte, aufzutreten, für alle, Gesunde und Kranke, namentlich in ihrer leiblichen Notdurft, besorgt zu sein. Mit Ehrfurcht nahten die Schwestern der Aebtissin, sie war die Domina (Herrin), die ehrwürdige Mutter, und die draußen wenigstens nannten sie „Meine gnädige Frau.“ Im Jahr 1509, also kurz nachdem Katharina von Bora in Nimbschen eingetreten war, starb die alte Aebtissin Katharina von Schönberg, und Katharinas Verwandte, Margarete von Haubitz, wurde zur Aebtissin gewählt und feierlich vom Abt Balthasar aus Pforta in ihr Amt eingeführt[36]. Nach der Aebtissin kam an Würde die Priorin („Preilin“), einerseits die Stellvertreterin und Gehülfin derselben, andererseits aber auch die Vertreterin und Vertrauensperson des Konvents. Auf sie folgte die „Kellnerin“, die „Bursarin“ (auch „Bursariusin“, Kassiererin) die Küsterin, die Sangmeisterin („Sängerin“), die Siech- und Gastmeisterin[37]. Die Schwesternschaft, in welche die junge Katharina eintrat, hatte einen gleichartigen gesellschaftlichen Rang: sie waren alle aus dem kleinen Adel und vielfach mit einander verwandt oder gar Schwestern: so die zwei Haubitz, die zwei Schwestern Zeschau und Margarete und Ave von Schönfeld, wozu noch eine Metze[38] Schönfeld kam, welche 1508 Siechenmeisterin und später Priorin wurde. Aber die einen waren wohlhabend mit einem ordentlichen Leibgeding an Geld und Naturalien, die anderen arm, vielleicht nur bei dem Eintritt und bei der Einsegnung mit einem kleinen Geschenke von ihren Verwandten abgefunden. Der Wohlstand scheint nicht ohne Einfluß auf die amtliche Stellung gewesen zu sein; denn es ist doch wohl nicht Zufall, daß die am reichsten Verleibgedingte, Margarete von Haubitz, zur Aebtissin gewählt wurde[39]. Auch das Alter war ein gar verschiedenes: da war die 70 jährige Ursula Osmund, die an hundert Jahre alt wurde, und die zehnjährige Katharina von Bora und die beiden jungen Schönfeld, welche in ähnlichem Alter standen. Lange Zeit wurden gar keine neuen Jungfrauen in das Stift aufgenommen: von 1510 bis 1517 blieben Katharina und Ave die letzten, vielleicht weil die Zahl 50 (mit den Konversen) überschritten war und die Einkünfte des Klosters nicht mehr Personen ertrugen. Daß die Klosterfrauen auch an Wesen, Charakter und Temperament verschieden waren, ist natürlich; aber alle geistige Individualität (alle „Eigenschaft“) wurde durch die Klosterregel und Klosterzucht ebenso ausgelöscht, wie die leibliche Verschiedenheit durch die gleiche Tracht: Nonnen tragen auch eine geistige Uniform. Dazu sind Freundschaften verboten. Von irgend einer Eigenheit einer Schwester erfährt man nichts. Nur die Aebtissin Margarete von Haubitz ist später charakterisiert als: „ehrliches (vornehmes), frommes, verständiges Weibsbild“[40]. Ob die neue Klosterjungfrau _Katharina von Bora_ an ihr oder den anderen Verwandten aus dem mütterlichen Geschlechte eine Annehmerin gefunden habe, ist nicht zu sagen. Doch war nicht von vornherein die Verwandtschaft mit der Aebtissin ein Grund zu einer freundlichen Behandlung. Denn eine gleichzeitig mit Katharina in ein andres Kloster eingetretene junge Nonne beklagt sich, daß ihre Muhme, die Aebtissin, ganz besonders gewaltthätig und grausam mit ihr verfahren sei. Vielleicht hat Katharina eine Art mütterliche Freundin an ihrer anderen Verwandten aus dem väterlichen Geschlecht gefunden, der ehemaligen Siechenmeisterin Magdalena von Bora, weil diese nachher sich als „Muhme Lene“ so innig an Katharina und ihre neue Familie anschloß[41]. Zunächst wurde das junge Mädchen eingeführt in die Ordensregel und den Gottesdienst, wurde gewöhnt an klösterliches Benehmen und an geistliches Denken und Wesen, auch unterrichtet in einigen Kenntnissen und Fertigkeiten. In Nimbschen wird keine besondere Novizenmeisterin genannt; es war nur vom Abt bei der Einführung der neuen Aebtissin 1509 im allgemeinen aufs neue als Ordensregel eingeschärft: „Weil es ein Werk der Frömmigkeit und Barmherzigkeit ist, die Ungelehrten gelehrter zu machen, wollen wir, daß diejenigen, welche mehr verstehn unter den Jungfrauen, die andern zu belehren und unterrichten sich bestreben, in dem Bewußtsein, daß sie einen großen Lohn für diese Mühe empfangen, und daß sie durch diese Beschäftigung viel Leichtfertigkeit vermeiden, wozu die ausgeladene Jugend geneigt ist.“ Natürlich sollten aber alle Aelteren den Jungen mit gutem Beispiel vorangehen. Als „der Schlüssel der Religion“ mußte zunächst überall, wo es die Ordensregel vorschrieb, unbedingtes _Stillschweigen_ beobachtet werden — außer dem unbedingten Gehorsam, an den sich die Novizin zu gewöhnen hatte, der wichtigste und höchste Punkt des klösterlichen Lebens. Denn es müßte Rechenschaft gegeben werden von jedem unnützen Wort nicht nur vor Gottes Richterstuhl, sondern auch vor dem Beichtstuhl des Priesters. Vielmehr sollten die Klosterjungfrauen außerhalb der vorgeschriebenen Gebetszeiten und der Lektionen in besonderen Gebeten mit dem Bräutigam Christus reden oder in Beschaulichkeit schweigend hören, was Gott in ihnen redet. Darum wurde streng darauf gesehen, daß die Kinder und heranwachsenden Jungfrauen nicht herumliefen und schwatzten, sondern sich sittsam und schweigsam verhielten. Es galt sodann in Kleidung und Haltung, in Gebärde und Rede sich das rechte nonnenhafte Wesen anzueignen. „Am Ort der Buße“, mußte man „die größte Einfachheit der Kleidung zeigen, sich weder mit weltlichen Gewändern schmücken, noch auch mit den Fransen der Pharisäer“, sondern die Kutten bis an die Schultern herausziehen. Das Angesicht mußten die Novizen lernen stets zu neigen. „Denn die Scham ist die Hüterin der Jungfrauschaft, der köstlichen Perle, welche die geistlichen Töchter bewahren sollen. So sollen sie mit Seufzen und Beklagen der verlorenen Zeit die Ankunft des himmlischen Bräutigams erwarten welcher seine Verlobten, — die im Glauben und hl. Profeß stets des Herrn harren, — mit Frohlocken in sein Brautgemach führt.“ „Damit sie sich aber nicht mit dem Laster des Eigentums beflecken, welches in der Religion das schlimmste und verdammlichste und ein Netz des Teufels ist, sollen sie bei Strafe der Exkommunikation alle Geschenke von Freunden und andern draußen nicht als ihr Recht beanspruchen, sondern der Aebtissin reichen, und demütig von ihr das Nötige begehren.“ Die Vorgesetzten aßen zwar am besonderen Tisch und hatten bessere Speisen und Getränke: so bekamen sie echtes Bier, dagegen die Konventualinnen nur „Kofent“ (Konvent- d.h. Dünn-Bier)[646], aber gleichmäßige Behandlung aller Klosterjungfrauen in Speisen und Getränken waren der Aebtissin zur Pflicht gemacht, und die Mahlzeiten ließen nach herkömmlicher Klostersitte nichts zu wünschen übrig[42]. „Festmahlzeiten und Ergötzlichkeiten“ waren den Schwestern unter sich von der Aebtissin erlaubt. Diese Ordnungen, zu welchen in Nimbschen bei Einführung der neuen Aebtissin der Abt-Visitator eine Art Hirtenbrief als Erläuterung und Ergänzung der Ordensregel gegeben hatte, wurden alle Vierteljahre kapitelweise im Konvent gelesen und durch die Aebtissin oder Priorin Punkt für Punkt erklärt, damit jede Klosterjungfrau — namentlich aber die Neulinge — aus sich selbst die klösterliche Lebensweise und Lebenseinrichtung annähmen. In solche strenge Klosterzucht wurde nun das junge Mädchen eingeführt. Wenn auch die Praxis — wie sich bei jeder Visitation zeigte, namentlich in der Verordnung von unnützen Reden — von der Theorie abwich, so war doch zu dieser Zeit ein stramme ernstliche Einhaltung der Ordensregel in Nimbschen durchgeführt. Man hatte nämlich gerade um 1500 auch hier wie in anderen Klöstern eine „Reformation“ der zerfallenen Klosterordnung erstrebt[43]. Neben dieser Erziehung zum Klosterleben gab es auch einigen _Unterricht_, der mit dem Ordensleben zusammen hing. Die Novizen mußten lesen lernen — was damals bei der krausen Schrift und dem noch krauseren Stil nicht so ganz leicht war[44]. Sogar ins Lateinische mußten die Nonnen notdürftig eingeführt werden: denn die Lesungen und Gebete, besonders aber die Gesänge waren meist in der Kirchensprache geschrieben — wenn es auch mit dem Verständnis der Fremdsprache nicht gerade weit her war: singen ja doch auch heute Kirchenchöre in Dorfgemeinden lateinische Hymnen und Messen. Auch schreiben hat Katharina im Kloster gelernt, wenn sie auch später — wie alle viel beschäftigten Frauen nicht gerne und viel schrieb und an Fremde und hochgestellte Personen ihre Gedanken lieber einem Studenten oder Magister in die Feder sagte. Sonst konnten nicht alle Klosterfrauen diese Kunst. Eine eigentliche Schule, worin die Schulmeidlein gelehrt wurden, gab es nicht, doch waren einige Klosterfrauen fähig, nach ihrem Austritt Mädchenschulmeisterinnen zu werden, so die Schwester von Staupitz und die Elsa von Kanitz[45]. Der _Gesang_ spielte eine große Rolle im Kloster: waren doch alle religiösen Uebungen größtenteils gemeinschaftlich und mußten so zum Chorgesang werden. Es war eine Sängerin oder Sangmeisterin (Kapellenmeisterin) bestellt, welche die Gesänge einzuüben hatte. Und im Kloster war ein altes „Sangbuch“, welches 1417 für 2 Schock Groschen gekauft und vom markgräflichen Vogt zu Grimma bezahlt worden war. Es waren aber im Kloster fremde Gesänge aufgekommen und es wurde gegen die Regel des seligen Vaters Bernhard zu schnell und ungleich (d.h. rhythmisch) gesungen, und kam der Unfug auf, daß unvermittelt bald alle, bald wenige Stimmen sangen; der Abt von Pforta ordnete daher an, daß rund, eine Silbe wie die andere gesungen werde, einhellig und mit gleicher Stimme, nicht zu hoch und zu tief[46]. Im Jahre 1509, als Katharina von Bora zehn Jahre zählte, war sie kein Kostkind oder Schulmeidlein mehr, sondern wurde schon unter die Klosterjungfrauen gezählt. Sie war also einstweilen wenigstens „Postulantin“, Anwärterin für die Pfründe. Da meist das vierzehnte Lebensjahr das Entscheidungsjahr für die Klostergelübde war, so hätte sie mit dem dreizehnten ihr Noviziat antreten und ein Jahr darauf Profeß thun können. Es ist auffällig, daß sich dies bei Katharina zwei Jahre hinausschob, und sogar die später eingetretene jüngere Ave Schönfeld _vor_ ihr mit ihrer älteren Schwester Margarete eingesegnet wurde[47]. Mit ihrem 15. Jahre also wurde Katharina von Bora nach dem Herkommen der Sammlung von der Aebtissin „angegeben“ (vorgeschlagen) und von dem Konvent angenommen. Unter feierlichen Zeremonien in der Kirche wurden ihr die Haare abgeschnitten, die mit Weihwedel und Rauchfaß besprengten und beräucherten heiligen Kleider angethan: die weiße Kutte übergezogen, der weiße Weiler (das Kopftuch (velum, der sog. Schleier)) ums Haupt geschlungen; auf diesem wurde der Himmelsbraut der weiße Rosenkranz aufgesetzt und der Heiland im Kruzifix als Bräutigam in die Arme gelegt, dann hat sie ihm durch Opferung des Kranzes ewige Reinigkeit verheißen und geschworen. Darauf fiel die Postulantin der Reihe nach der Aebtissin und jeder der einzelnen Klosterfrauen demütig zu Füßen, wurde von ihnen aufgehoben und mit einem Kusse als Schwester in die Gemeinschaft aufgenommen[48]. Jetzt kam Katharina unter die strenge Zucht einer älteren Klosterfrau und mußte in dieser Probezeit im Ernst all die vielen Dinge üben in Haltung und Gang, in Gebärde und Rede, welche eine Nonne auf Schritt und Tritt zu beobachten hat, wenn sie nicht gegen die Regel sündigen und dafür Buße erleiden will. So erzählt eine Nonne: „Das Probejahr geschahe nur, daß wir Ordensweise lernten und uns versuchten, ob wir zum Orden tüchtig“[49]. Endlich, im Jahre 1515, „Montags nach Francisci Confessoris“, d.h. am 8. Oktober, war Katharinas „eynseghnug“. Da mußte sie „Profeß thun“, d.h. das ewig bindende Klostergelübde ablegen. Es wird ihr gegangen sein wie jener anderen Nonne, die um diese Zeit auch eingesegnet wurde und von sich erzählt: „Am Abend vor meiner Profession sagte mir die Aebtissin vor der ganzen Versammlung im Kapitel: man solle mir die Schwierigkeit der Regel vorlegen und mich fragen, ob ich das gesinnet wäre zu halten? wäre aber nicht von nöten, denn ich hätte mich in der Einkleidung genugsam verpflichtet. Und wenn ich gleichwohl gefragt worden wäre, hätte ich doch nichts sagen dürfen, hätte mir auch nichts geholfen.“ Die Einsegnung ging vor sich und zwar war Katharina von „Bhor“ als einzige auf diesen Tag geweiht. Sie spendete dabei dem Kloster von dem wenigen, was sie vermochte, 30 Groschen[50]. Zwar nicht widerwillig, aber doch wie sie (bezw. Luther) später sagte, ohne „ihren Willen“ wurde Katharina als Tochter des sel. Vaters Bernhard verpflichtet. Trotzdem aber hat sie sich in die Klosterregel nicht nur gefügt, sondern auch „hitzig und emsig und oft gebetet“[51]. Das entspricht ihrer gesamten entschiedenen Natur, wie sie sich später ausgereift zeigt. Sie war ja gelehrt worden, durch „gute Werke“, insbesondere durch Klosterwerke, erwerbe man sich himmlische Güter und geldliches Vermögen und einen hohen seligen Sitz im Jenseits; also strengte sie alle Kraft und allen Fleiß an, solchen Reichtum zu erwerben und durch geistliche Uebungen sich einen guten Platz im Himmel zu verdienen. Was sie später als Frau einmal angriff, das erstrebte sie auch mit der ganzen Gewalt und Zähigkeit ihres Willens, und so wird sie es auch im Kloster gehalten haben als Nonne. Zudem pflegen junge Klosterleute, namentlich weibliche, die eifrigsten zu sein in der Uebung der Pflichten, auch wenn sie nichts von Schwärmerei an sich haben. Und was hatte nun die junge Nonne für hohe Werke und heilige Pflichten zu thun? Fast das gesamte Leben im Kloster füllten geistliche Uebungen aus, ihr ganzes Tagewerk war Beten, Singen, Lesen, Hören erbaulicher Dinge, „da“, wie es in einer Klosterregel heißt, „alle Klausur und geistliche Leute erdacht und gemacht sind, daß sie unserm Herrn und Gott dienen und für Tote und Lebende und alle Gebresthafte Bitten füllen“. Das waren nun außer dem Messesingen und den privaten Gebeten noch besonders die gemeinsamen 7 Gebetszeiten, die Horen: Matutin, Terz, Sext, Non am Morgen, Vesper und Komplet am Abend mit Psalmen, Martyrologien, Ordensregeln. Auch nächtliche Gottesdienste wurden begangen: Metten und Vigilien. Und sogar während des Essens, wo Stillschweigen geboten war, wurde vorgelesen aus einem Erbauungsbuch. Abwechselnd hatte Katharina auch selbst diese Vorlesung zu halten und mußte dann nachspeisen[52]. Welchen Eindruck diese Vorschriften auf ein natürlich fühlendes und religiöses Gemüt machen mußten, hören wir aus einem späteren Bericht: „Da D. Martinus der Nonnen Statuten las, die gar kalt geschrieben und gemacht waren, seufzte er sehr und sprach: „Das hat man müssen hochhalten und hat dieweil Gottes Wort vermisset! Sehet nur, was für eine Stockmeisterei und Marter der Gewissen im Papsttum gewest ist, da man auf die horas canonicas und Menschensatzungen drang, wie Hugo geschrieben, daß wer nur eine Silbe ausließe und nicht gar ausbetete, müßte Rechenschaft dafür geben am jüngsten Gericht[53].“ Ob Katharina je ein Amt in dem Konvent bekleidet hat, wissen wir nicht; jedenfalls konnte dies nur ein niederes, etwa das einer „Siechenmeisterin“ sein. Wahrscheinlich aber war sie noch zu jung, als daß bei so vielen Vorgängerinnen an sie die Reihe gekommen wäre[54]. Eigentliche _Arbeit_ gab es im Kloster nicht: die Nonnen durften ja nicht aus der Klausur, und die Hausarbeit in Küche und Stube schafften die Laienschwestern und Klostermägde. Freilich so ganz arbeitslos wie bei manchen adeligen Mönchsorden, wovon der Volkswitz sagt: Kleider aus und Kleider an Ist alles, was die Deutschherrn than. — so träge verfloß das Leben der Nonnen nicht. Konnten sie sich doch mit weiblichen Handarbeiten abgeben wie Spinnen von dem Ertrag der großen Schafherden für die wollene Bekleidung, namentlich aber mit Stickereien, wie Altardecken, Meßgewänder, Teppiche, Fahnen u.s.w., in Nimbschen, wohl auch in Pforta für die Kirche der dortigen Mönche und vielleicht auch für den Bischof von Meißen, unter dem das Kloster stand[55]. So hat jedenfalls auch Schwester Katharina manche kunstvolle Stickerei verfertigt, wenn auch die mancherlei Handarbeiten, welche heutzutage da und dort von Luthers Käthe gezeigt werden, wohl alle nicht echt sind. Eine gewisse Unterhaltung gewährte noch die Besichtigung und Instandhaltung der zahllosen Reliquienstücke, welche in der Nimbscher Kirche aufgespeichert waren, und welche es galt zu schmücken und in Ordnung zu halten. Es waren da an den 12 Altären in Kreuzen, Monstranzen, Kapseln, Tafeln wohl vierhundert hl. Partikeln. So von Christi Tisch, Kreuz und Krippe, Kleid und Blut und Schweißtuch, vom Stein und Boden, wo Jesus über Jerusalem weinte, im Todesschweiß betete, gegeißelt saß, gekreuzigt ward, gen Himmel fuhr; vom Haar, Hemd, Rock, Grab der hl. Jungfrau; von den Aposteln allerlei Knochen, auch Blut Pauli, vom Haupt und Kleid Johannes' des Täufers; von vielen Heiligen, bekannten und unbekannten: den 11000 Jungfrauen, der hl. Elisabeth von Thüringen, der hl. Genoveva, dem hl. Nonnosus, der hl. Libine Zähne, Hände, Arme, Knochen, Schleier, Teppiche —, ferner Partikeln von der Säule Christophs, vom Kreuz des Schächers u.a.[56]. Aber auch hier hatten die Seniorinnen, u.a. auch Magdalena von Bora, die Obhut über die hl. Kapseln. Vor allen diesen Reliquien wurden bestimmte Antiphonien gesungen, was eine gewisse Abwechslung in dem täglichen Gottesdienst gab. Eine Abwechslung in dem ewigen Einerlei brachten auch die vielen Festtage, Bittgänge und Prozessionen im Kreuzgang und auf dem Kirchhof[57]. Eine große Sache war die Visitation des Klosters durch den Abt von Pforta — freilich auch eine kostspielige: der Abt mit seinen Begleitern mußte abgeholt und wieder heimgebracht und unterwegs und im Kloster verköstigt, auch herkömmlich mit Erkenntlichkeiten bedacht werden[58]. Bei der Visitation gab's eine Untersuchung aller Mißstände, ein Verhör aller einzelnen Schwestern und schließlich einen oft scharfen Bescheid. Es kamen auch an den hohen Festtagen und deren Oktaven Wallfahrer ins Kloster, denn dieses hatte von verschiedenen Kirchenfürsten Ablässe, wenn auch nur 40tägige, erlangt für Besucher und Wohlthäter des Klosters, für Anhörung von Predigten und Kniebeugen beim Aveläuten[59]. Der Hauptablaß aber war an einem besondern Tag im Jahre, wahrscheinlich an der Kirchweihe (23. August). Da war Messe und Jahrmarkt zu gunsten des Klosters unter dem Namen „_Ablaß_“ (wie in Bayern „Dult“ = Indulgenz = Ablaß). Zu diesem Tage kamen von weit und breit die Leute. Wenn so zu Nimbschen jährlich „Ablaß“ war, mußten fronweise aus jedem Klosterdorf drei Männer kommen und „zur Verhütung von Händeln, bei Tag und Nacht zu besorgend, Wache halten“. Von all diesem Leben und Treiben freilich sahen die Klosterfrauen so gut wie nichts, wenn sie auch von ihrer Klausur aus den Lärm draußen hören konnten[60]. Allerdings nahm die Aebtissin, wenn sie einmal ausreiste, eine und die andre Schwester mit; aber freilich an die jüngern Klosterfrauen kam das wohl schwerlich. Da ging es nach Grimma, ins nahe Städchen, oder auch ins ferne Torgau, die kurfürstliche Residenz an der Elbe, wo gerade das großartige Schloß Hartenfels gebaut wurde. Dort hatte das Kloster mancherlei Besitzungen an Aeckern und Wiesen und mußte mit eigenem Geschirr Getreide holen, während die Stadt verschiedene Gebräude Bier selbst bringen mußte. Mit diesen Fuhren wurde aber auch manches, was in Torgau verkauft oder gekauft war, hin und zurück gebracht. Eingekauft wurde vor allem bei dem Ratsherrn und Schöffer Leonhard Koppe, z.B. Tonnen Heringe, Kiepen (Rückkörbe) voll Stockfische, Hechte, Fässer Bier, Aexte. Namentlich geschahen solche Einkäufe zu Martini, wo „Meine gnädige Frau“, die Aebtissin, mit einer würdigen Jungfrau die Zinsen einnahm, in der Herberge auch einige Groschen „zu vertrinken“ gab und bei Koppe einkaufte und die Rechnung persönlich bezahlte[61]. Das waren die besondern Ereignisse in dem steten Einerlei des Jahres. In ihrer ganzen Klosterzeit erlebte Katharina von Bora auch nichts besonderes Außerordentliches. Einzelne der Klosterfrauen gingen mit Tod ab. Nachdem lange Katharina von Bora und Ave von Schönfeld die Jüngsten im Kloster gewesen waren, kamen anno 1516 auf einmal 9 Kostkinder herein: 3 Schellenberger, 2 Hawbitzen (Verwandte Katharinas von mütterlicher Seite), 1 Lauschkin, 1 Keritzin (Kieritsch?), 1 Poßin, 1 Buttichin. Im folgenden Jahre traten drei Neulinge in den Klosterverband, und ein Jahr darauf kamen wieder einige Kostkinder weg und andere herein[62]. 1522 war ein Wechsel des Klostervorstehers (Propstes), indem der alte, Johann Kretschmar, starb. Die Nonnen hielten sehr zu ihrem Propst, während die Beichtväter verhaßt waren; denn diese, „die 2 Herren an der Pforte“ betrugen sich anspruchsvoll und anmaßend, mischten sich — wohl aus Langerweile — in Dinge, die sie nichts angingen, wollten in die Verwaltung, also in den Geschäftskreis des Propstes drein reden, hetzten die Nonnen wider einander auf, so daß gar oft Klagen wider sie ergingen und der Konvent sogar die weltliche Gewalt wider sie und gegen ihre Schützer, die Aebte von Pforta, anrufen mußte[63]. Da gab es nun in diesen Jahren eine gar willkommene Gelegenheit, den Mönchen ein Schnippchen zu schlagen. Zu Martini 1513 kam der Vorsteher vom Hospital des Heilig-Geist-Ordens aus dem fernen Pforzheim im Schwabenland, Matthias Heuthlin, und bot den Nonnen ein Privilegium an. Weil seine Anstalt nämlich nicht genug Einkünfte besaß, hatte er sich vom Papst Julius II. die Gnade erwirkt, daß allen Wohlthätern des Spitals die Wahl des Beichtvaters freigegeben wurde. Also gab die Domina Aebtissin und ganze löbliche Sammlung des Klosters eine Beisteuer und erhielten dafür einen gedruckten mit dem Namen „Niimitsch“ ausgefüllten und vom Magister domus Hospitalis de Pfortzheim ord S. Spirit. unterzeichneten Zettel, wonach das Kloster Nimbschen für seine milde Gabe in die Bruderschaft des hl. Geistordens ausgenommen und aller guten Werke und Ablässe derselben teilhaftig und ihm insbesondere erlaubt wurde, sich von einem beliebigen weltlichen oder mönchischen Beichtvater Absolution von Sünden, Uebertretungen und Verbrechen, sogar solchen, welche dem apostolischen Stuhl vorbehalten waren, einmal im Leben und im Todesfall, so oft es nötig erschien, erteilen zu lassen. Dieses Privilegs machte sich das Kloster durch wiederholte Gaben in den folgenden Jahren (1516, 1519, 1520) teilhaftig[64]. So war auch den Nimbschener Nonnen eine von den zahllosen Hinterthüren geöffnet, durch welche in der katholischen Kirche die geknechteten Seelen dem geistlichen Zwang sich entziehen und auf Nebenwegen die Seligkeit erlangen konnten. Katharina erlebte auch im Kloster noch die Vorboten des Bauernkriegs. Die Klosterdörfer hatten zwölferlei Fronden. Von diesen trotzten die Bauern sich schon vorher vier ab, waren aber auch damit noch nicht zufrieden, so daß der neue Propst sich nach Rat und Hilfe umsehen mußte[65]. Das waren die kleinen und kleinlichen Eindrücke und Ereignisse, die in das Leben der Nimbscher Jungfrauen und der Katharina von Bora eingreifend, die glatte Oberfläche ihres beschaulichen Daseins leicht kräuselten. Das waren die einförmigen Beschäftigungen, mit denen sie die Zeit, die langen Tage, Wochen und Jahre mühsam hinwegtäuschten. Solche einseitigen Interessen und Anschauungen beherrschten den Gesichtskreis eines jugendlichen Geistes. Wie das Klosterleben die körperliche Kraft eines jungen Menschenkindes zurückhielt, so mußte es auch die aufstrebende Willenskraft erschlaffen. Die Klostermauern beengten nicht nur das äußere Gesichtsfeld, sie machten auch das geistige Auge kurzsichtig. Wenn auch die gähnende Langeweile demjenigen nicht zu Bewußtsein kam, der von nichts anderem wußte, so mußte doch der Geist nach Eindrücken lechzen, so daß das Sprichwort begreiflich wird, welches den Klosterbewohnern die Sehnsucht nach Erlebnissen zuschreibt: „Neugierig wie eine Nonne“. Und die ständige Aufgabe, „das Leben in sich abzutöten“, konnte bei einer gesunden Natur erst recht die Frage erwecken, was Leben sei. Wenn bei dem Mann im Kloster der Verstand sich heißhungrig auf die Wissenschaft werfen konnte, so blieb die eigentümliche Lebenskraft des Weibes, das Gemüt hier unbefriedigt[66]. Gewiß die allermeisten dieser adligen Fräulein hatten es äußerlich angesehen im Kloster besser, behaglicher, luxuriöser als daheim im beschränkten Haushalt der Eltern oder eines eigenen Gatten; und das Ansehen, das eine gottgeweihte Jungfrau in den Augen des Volkes und besonders der Kirche, und nicht zum wenigsten in dem eigenen Bewußtsein hatte, war viel größer als dasjenige, das eine arme Edelfrau draußen in der Welt finden konnte. Aber der ganze Zwang der Unnatur und die Künstlichkeit all dieser Verhältnisse mußte, wenn auch ohne klares Bewußtsein, auf einen wahrhaften und gesunden Geist drücken. Nur das eine Gefühl konnte die Nonne über alle Zweifel, alle Entsagung, alle Pein, alle Langeweile des Klosterlebens hin wegheben: das Bewußtsein, ein gottwohlgefälliges Werk zu thun, sich ein besonderes Verdienst vor Gott zu erwerben, sich die zeitliche Heiligkeit und die ewige Seligkeit zu versichern. Aber wie dann, wenn diese Grundbedingung alles Nonnentums, dieser Grundpfeiler alles Klosterlebens erschüttert und untergraben wurde, ja sich selbst als morsch und faul erwies? Dann mußte das ganze Gebäu zusammenstürzen, dann mußte eine gegen sich aufrichtige und willensstarke Natur die Konsequenzen ziehen und ein Leben verwerfen und verlassen, das als heiliger und seliger Beruf erschienen war und bisher den ganzen Menschen erfüllt hatte. Und dieser Fall trat bei Katharina ein. Aber freilich ihr verständiger, nüchterner Sinn wird sie auch davor bewahrt haben, in krankhafter Schwermut sich unglückselig zu beklagen oder sich hinauszusehnen in eine verschlossene Welt. Es mußte ihr erst die Möglichkeit sich öffnen, den Klostermauern zu entrinnen, und das pflichtmäßige Recht, es zu dürfen; dann aber erwachte auch ihre ganze Thatkraft und mit aller Macht des Willens und Verstandes setzte sie auch durch, was erreichbar und recht war. 3. Kapitel Die Flucht aus dem Kloster Kaum ein Jahr hatte Schwester Katharina das Nonnengelübde abgelegt, da schlug der Augustinermönch Martin Luther in Wittenberg die 95 Sätze wider den Ablaß an. Nach einem Jahr stellte er sich dem Gesandten des Papstes in Augsburg zur Verantwortung. Wieder ein Jahr später war die große Redeschlacht mit Eck zu Leipzig. Am Ende des folgenden Jahres verbrannte Luther die Bannbulle und im Frühjahr 1521 stand er vor Kaiser und Reich in Worms. Diese die Kirche und die ganze christliche Welt aufregenden Ereignisse drangen auch in die Klöster und erregten auch dort die Geister; dies um so mehr, weil der Urheber all dieser gewaltigen Kämpfe selbst ein Klosterbruder war, und zwar ein Augustiner, der dem Orden der alten Benediktiner (Cisterzienser und Bernhardiner) verwandt war und darum als Vorkämpfer dieses wider die gegnerischen Genossenschaften der ketzerrichterischen Dominikaner angesehen und schon darum mit einer gewissen Sympathie betrachtet wurde. Aber noch tiefer in das Leben und die Gedankenwelt der Klosterbewohner schnitten die Schriften ein, welche der Wittenberger Mönch und Doktor in diesen großen Jahren schrieb. Schon die Disputation von „Kraft und Wert des Ablasses“ über die 95 Thesen ging die Nonnen in Nimbschen besonders an; denn auf „Kraft und Wert des Ablasses“ ruhte ja ein sehr großer Teil ihres geistlichen Vermögens: der Gottesdienst an jedem Festtag, ja das Kniebeugen beim Aveläuten brachte jedesmal vierzig Tage Ablaß ein. Aber noch näher sollten ihre Person und ihren besonderen Beruf weitere Schriften berühren[67]. Es erschien 1518 Luthers „Auslegung des Vaterunsers für die Einfältigen“. Darin mußte einem Klosterinsassen gar mancherlei auffallen. Das Vaterunser, heißt's da, ist das edelste und beste Gebet — beim Rosenkranz aber kommt das Ave Maria 5 mal so oft vor! Ferner: „Je weniger Worte, je besser Gebet; je mehr Worte, je weniger Gebet. Da klappert einer mit den Paternosterkörnern und manche geistliche Personen schlappern ihre Horen überhin und sagen ohne Scham: ‚Ei nun bin ich froh, ich habe unsern Herrn bezahlt‘, meinen, sie haben Gott genug gethan. Jetzt setzen wir unsere Zuversicht in viel Geplärr, Geschrei und Gesang, was Christus doch verboten hat, da er sagt: ‚niemand wird erhört durch viel Worte machen‘. Er spricht nicht: ihr sollt ohne Unterlaß beten, Blätter umwenden, Rosenkranz-Ringlein ziehn, viele Worte machen. Das Wesen des Gebets ist nichts anders als Erhebung des Gemütes oder Herzens zu Gott, sonst ist's kein Gebet. Den Namen Gottes verunehren die hoffärtigen Heiligen und Teufels-Martyrer, die nicht sind wie andere Leute, sondern gleich dem Gleisner im Evangelium. Wir beten nicht: Laß uns kommen zu deinem Reich, als sollten wir darnach laufen; sondern: Dein Reich komme zu uns; denn Gottes Gnade und sein Reich muß zu uns kommen, gleich wie Christus zu uns vom Himmel auf die Erde gekommen ist und nicht wir zu ihm von der Erde gestiegen sind in den Himmel. Das tägliche Brot ist das Wort Gottes, weil die Seele davon gespeist, gestärkt, groß und fest wird. Es ist ein schweres Wesen zu unser Zeit, daß das Fürnehmste im Gottesdienst dahinten bleibt.“[68] Dann kam 1520 der „Sermon von den guten Werken“. Gute Werke waren ja alles Thun im Kloster: Beten, Fasten, Wachen u.s.w. Was aber nennt nun Luther wahrhaft gute Werke? „Das erste, höchste und alleredelste Werk ist der Glauben an Christum. Darin müssen alle Werke geschehen und dadurch erst gut werden. Beten, Fasten, Stiften ist ohne dies nichts. Fragst du solche, ob sie das auch als gutes Werk betrachten, wenn sie ihr Handwerk arbeiten und allerlei Werk thun zu des Leibes Nahrung oder zum gemeinen Nutzen, so sagen sie nein! und spannen die guten Werke so enge, daß nur Kirchengehen, Beten, Fasten Almosen bleiben. So verkürzen und verringern sie Gott seine Dienste. Ein Christenmensch vermisset sich aller Ding, die zu thun sind, und thut's alles fröhlich und frei; nicht um viele gute Verdienste und Werke zu sammeln, sondern weil es ihm eine Lust ist, Gott also wohlzugefallen. Eltern können an ihren eigenen Kindern die Seligkeit erlangen; so sie die zu Gottes Dienst ziehen, haben sie fürwahr beide Hände voll guter Werke an ihnen zu thun. O welch ein selige Ehe und Haus wäre das! Fürwahr, es wäre eine rechte Kirche, ein auserwählet Kloster, ja ein Paradies!“ Und ähnliche Gedanken konnten die Klosterleute ausgeführt finden in des Doktors herrlichem Büchlein „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ vom selben Jahr 1520. Da heißt es: „Der Mensch lebt nicht für sich allein, sondern auch für alle Menschen auf Erden; ja vielmehr allein für andere und nicht für sich. Daher bin ich schmerzlich besorgt, daß heutzutage wenige oder keine Stifte und Klöster christlich sind. Ich fürchte nämlich, daß in dem Fasten und Beten allesamt nur das Unsere gesucht wird, daß damit unsere Sünden gebüßt und unsere Seligkeit gefunden wird.“ Für die Mönche und Nonnen aber eigens geschrieben waren mehrere Schriften über das Klosterleben. So das Büchlein über „die Klostergelübde. Aus der Wüstenung (d.h. Wartburg) anno 1521“. Darin nimmt sich Luther der gefallenen und geängsteten Gewissen an und thut aus Gottes Wort dar, daß die Gelübde, die ohne und wider Gottes Gebot geschehen und an sich unmöglich sind, eines getauften Menschen Herz nicht bestricken und gefangen halten können. Der Glaube und das Taufgelübde sei das oberste, ohne welches man nichts geloben kann; denn die Seelen werden durch die Taufe Verschworene und Verlobte Christi. Falsch Verlobte wie die Klostersleute befreit der Sohn Gottes und nimmt den aus Gnaden mit Freuden an, der sich zu ihm kehrt und dem ersten Gelübde anhängt. „Dies Buch machte viele Bande ledig und befreite viel gefangener Herzen“, sagt eine Zeitgenosse[69]. Gleichfalls von der Wartburg aus erschien endlich ein deutsches Predigtbuch („Postilla“) von Luther und zu Michaelis desselben Jahres (1522) noch ein Wartburgswerk „Das Neue Testament deutsch“. Da konnte nun jedermann und vor allem die geistlichen Personen im Kloster, welche die evangelischen Ratschläge befolgen und ein evangelisches Leben führen wollten, aus der Quelle erfahren, was wahres Christentum sei, wie es Christus und die Apostel gelehrt, und wie es Luther ausgelegt hatte. Demzufolge wandte sich die Stadt Grimma, in deren unmittelbarer Nähe das Kloster Nimbschen gelegen war, dem Evangelium zu, und die Mönche in mehreren umliegenden Klöstern verließen ihre Gotteshäuser. Diese Schriften und Nachrichten kamen auch in das Kloster Nimbschen, denn so ganz verschlossen von der Welt waren auch Nonnenklöster nicht. Auf welchem Wege und durch wen wurden sie den Klosterfrauen vermittelt? Zweierlei Wege und Personen zeigen sich da. In _Grimma_ war ein Kloster von Luthers Kongregation: Augustiner-Eremiten. Dort hatte Luther 1516 schon Visitation gehalten und bei der Rückkehr von der Leipziger Disputation (1519) blieb er mehrere Tage und predigte wohl auch daselbst; denn die Mehrzahl der Einwohner Grimmas standen schon längst auf seiner Seite. Der Prior des Klosters Wolfgang von _Zeschau_ war Luthers Freund. Er trat 1522 mit der Hälfte der Ordensbrüder aus dem Kloster und wurde „Hospitalherr“ (Spittelmeister) am St. Georgen-Spital. Von diesem Zeschau nun aber waren zwei Verwandte (Muhmen) im Kloster Nimbschen, zwei leibliche Schwestern: Margarete und Veronika von Zeschau. Gewiß konnte dieser evangelisch gesinnte frühere Mönch wenigstens vor seinem Austritt mit seinen Muhmen ohne Verdacht verkehren und ihnen Luthers Schriften zustecken. Auch der eifrig evangelische Stadtpfarrer in Grimma, Gareysen, war dazu imstande, welcher zu Ostern 1523 das hl. Abendmahl unter beiderlei Gestalt austeilte. Außer dem nahen Städtchen Grimma konnte aber auch das ferner gelegene _Torgau_ der Ort sein, von welchem aus reformatorische Gedanken und Schriften ins Kloster Nimbschen drangen. In Torgau war sehr früh und sehr durchgreifend die Reformation eingeführt worden, besonders seit der frühere Klostergenosse Luthers, der feurige Magister Gabriel _Zwilling_ dort wirkte. Dieser, obwohl einäugig und ein kleines Männlein mit schwacher Stimme, hat doch durch seine begeisterte, ja stürmische Predigt, welche in Wittenberg sogar einen Melanchthon mit fortgerissen hatte, die Bürgerschaft zu einer ziemlich radikalen Abstellung aller römischen Mißstände und zu begeisterter Aufnahme des Evangeliums bewogen. Ja ein Torgauer Bürgersohn, Seifensieder seines Handwerks, entführte zu dieser Zeit — ob vor oder nach 1523 ist ungewiß, — zwei Nonnen aus dem Kloster Riesa an der Elbe und versteckte sie in einen hohlen Baum. Dann holte er Pferde und geleitete sie heim und heiratete die eine der beiden Klosterjungfrauen. Und eine Torgauerin trat 1523 aus dem Kloster Sitzerode[70]. Ein besonders entschiedener und thatkräftiger Anhänger war der ehemalige Schösser, der „fürsichtige und weise Ratsherr“ Leonhard Koppe, in dessen Kaufladen das Kloster seine Waren einzukaufen pflegte, und der wohl mit seinem Fuhrwerk selber Lieferungen nach Nimbschen brachte. So war dieser Laie, wenn auch seine evangelische Gesinnung bekannt sein mußte, vielleicht ein noch geeigneterer Mittelsmann für evangelische Schriften, als die doch immerhin verdächtigen übergetretenen Geistlichen von Grimma, vor denen als gefährlichen Wölfen die „zwei Herren an der Pforte“ ihren geistlichen Schafstall wohl gehütet haben werden. Mit seinen Waren konnte Koppe leicht lutherische Schriften einschmuggeln und auch einen Brief aus dem Kloster nach außen besorgen. Keck und schlau genug war Koppe dazu[71]. Welchen Eindruck das Auftreten und die Schriften Luthers auf die Nonnen machte, läßt sich ersehen aus einem Bericht, den eine Nonne in gleicher Lage und Zeit, jene Florentina von Eisleben, durch Luther in Druck gab. „Als nun die Zeit göttlichen Trostes, in welcher das Evangelium, das so lange verborgen, an den Tag gekommen, ganzer gemeiner Christenheit erschienen: sind auch mir als einem verschmachteten hungrigen Schaf, das lange der Weide gedarbt, die Schriften der rechten Hirten gekommen, worinnen ich gefunden, daß mein vermeintlich geistlich Leben ein gestrackter Weg zu der Hölle sei“[72]. In Nimbschen ging es einem großen Teil der Klosterjungfrauen ähnlich. Ja, eine Anzahl derselben verabredete sich zu dem Plan, aus dem Kloster auszutreten. Das war ein schwerer Entschluß, der große Ueberwindung kostete. Eine ausgesprungene Nonne galt bisher für einen Schandfleck in der Familie. Der _freie_ Austritt aber war nur durch päpstlichen Dispens mit großen Kosten und Mühen zu erreichen und eigentlich nur Gliedern fürstlicher Familien möglich. Freilich waren in dieser neuen, tieferregten Zeit schon Mönche aus dem Klosterverband ausgetreten und weltlich geworden; niemand wagte sie jetzt, wenigstens im kurfürstlichen Sachsen, anzutasten, ja, sie erhielten sogar Aemter und Stellen von Stadt und Staat. Aber der Austritt von Nonnen war fast noch unerhört, jedenfalls noch sehr ungewohnt[73]. Und wenn auch das Vorurteil der Welt und der eigenen Angehörigen überwunden war, so fragte sich doch: was sollten die ausgetretenen Nonnen draußen in der Welt anfangen, was thun und werden, womit sich erhalten und durchs Leben bringen?[74] Wenn darum also auch die meisten, wo nicht alle Nonnen in Nimbschen das Klosterleben verwarfen, so haben sich doch nur die mutigsten entschlossen, den Schritt zu thun, den sie für recht und geboten erachteten, nämlich nur diejenigen, welche vermöge ihrer Bildung selbständig sich durchs Leben zu bringen im stande waren, wie die Staupitz und Kanitz, oder die noch jung genug waren, sich in ein neues Leben zu schicken, wie die beiden Schönfeld und Katharina von Bora. Es waren in Nimbschen neun Nonnen zum Austritt bereit: Magdalena von Staupitz, Elisabeth von Kanitz, Veronika und Margarete von Zeschau, Loneta von Gohlis, Eva Große, Ave und Margarete von Schönfeld und als zweitjüngste von ihnen Katharina von Bora[75]. Diese Kloster-„Kinder“ (Nonnen) thaten nun das Naturgemäßeste und Verständigste: „sie ersuchten und baten ihre Eltern und Freundschaft (d.i. Verwandte) aufs allerdemütigste um Hülfe, herauszukommen“. Sie zeigten genugsam an, daß ihnen solch Leben der Seelen Seligkeit halber nicht länger zu dulden sei, erboten sich auch zu thun und zu leiden, was fromme (brave) Kinder thun und leiden sollen“[76]. Aber freilich den Eltern und Verwandten war das Gesuch ihrer Töchter und Basen eine Verlegenheit. Einmal: der Versorgung wegen waren ja diese Töchter ins Kloster gethan worden — wie wollte man sie nun in den armen Familien unterhalten? Ihr Erbe war schon in Wirklichkeit oder in Gedanken verteilt, wer mochte es an diese weltentrückten, gesellschaftlich toten Familienmitglieder herausgeben?[77] Ferner waren solche Klosterfrauen der Welt entfremdet und taugten gar wenig ins Leben. Wenn endlich auch nicht noch religiöse oder kirchliche Bedenken abschreckten, so war es doch noch eine andere Furcht: die Lehen der meisten Anverwandten der Klosterfrauen lagen im Lande Herzogs des Bärtigen, der ein heftiger Feind der Reformation und des Wittenberger Doktors im besonderen war. Da konnte es wegen Entführung von gottgeweihten Klosterfrauen empfindliche Strafen geben oder doch Zurücksetzung bei Hofämtern. Kurzum das Gesuch der klosterflüchtigen Nonnen wurde abgeschlagen[78]. So standen die Aermsten von jedermann verlassen da, in nicht geringer Gefahr, daß ihr Vorhaben entdeckt und gehindert, die Beteiligten aber empfindlich gestraft würden, wie es z.B. der mehrerwähnten Florentina geschah, als ihr Vorhaben, aus dem Kloster zu treten, entdeckt wurde. Diese wurde von ihrer eigenen Muhme, der Aebtissin, unbarmherzig vier Wochen bei großer Kälte härtiglich gefangen gesetzt, dann in Bann und Buße in ihre Zelle gesperrt, mußte sich beim Kirchgang platt auf die Erde werfen und die anderen Nonnen über sich hinschreiten lassen, beim Essen mit einem Strohkränzlein vor der Priorin auf die Erde setzen; dann wurde sie bei einem neuen Versuch, sich an ihre Verwandten zu wenden, durchgestäupt und „7 Mittwoch und 7 Freitage von 10 Personen auf einmal discipliniert“, in Ketten gelegt und für immer in die Zelle gesperrt — bis sie durch Unachtsamkeit ihrer Schließerin doch entkam. Solches oder Aehnliches ist im Kloster Nimbschen mit den lutherisch Gesinnten nicht geschehen; vielleicht schützte sie ihre große Zahl vor solchen Gewaltmaßregeln. Es war aber wohl auch die Gesinnung der verständigen Aebtissin, welche eine solche Bestrafung verhinderte: Margarete von Haubitz ist ja nachher mit dem ganzen übrig gebliebenen Konvent zur Reformation übergetreten, obwohl sie mit den älteren Frauen im Kloster blieb und das Leben darin nach evangelischen Grundsätzen einrichtete. Keineswegs aber konnte und wollte sie als Aebtissin schon 1523 den Klosterflüchtigen Vorschub leisten in ihrem Vorhaben[79]. Da nun die Nonnen an den Ihrigen keinen Anhalt fanden, so hatten sie gerechte Ursache, anderswo Hülf und Rat zu suchen, wie sie es haben konnten. Sie fühlten sich ja gedrungen und genötigt, ihre Gewissen und Seelen zu retten[80]. Wo anders aber sollten sie diese Hülfe suchen, als bei dem, der sie durch seine evangelischen Schriften und geistkühne Thaten auf diese Gedanken gebracht hatte? So machten sie's also wohl, wie nach ihnen noch manche andere, einzelne und ganze Haufen von Klosterjungfrauen: sie schrieben „an den hochgelehrten Dr. Martinus Luther zu Wittenberg, einen Klage-Brief und elende Schrift, gaben ihm ihr Gemüt zu erkennen und begehrten von ihm Trost, Rat und Hülfe“[81]. Und der Ueberbringer dieses Briefes wird jedenfalls niemand anderes gewesen sein als eben Leonhard Koppe von Torgau. Luther erkannte an, daß „sie beide hier haben helfen und raten können, und darum seien sie auch schuldig, aus Pflicht christlicher Liebe die Seelen und Gewissen zu retten“[82]. „Denn es ist eine hohe Not“, erklärte er weiter, mit Bezug auf die Nimbscher Nonnen, „daß man leider die Kinder in die Klöster gehen läßt, wo doch keine tägliche Uebung des göttlichen Wortes ist, ja selten oder nimmermehr das Evangelium einmal recht gehört wird. Diese Ursach ist allein genug, daß die Seelen herausgerissen und geraubt werden, wie man kann, ob auch tausend Eide und Gelübde geschehen wären. Weil aber Gott kein Dienst gefällt, es gehe denn willig von Herzen, so folgt, daß auch keine Gelübde weiter gelten, als sofern Lust und Lieb da ist; sonst sind im Klosterleben furchtbare Gefahren, Versuchungen und Sünden“[83]. „Aber wenn sich nun schwache Seelen an solchem Klosterraub ärgern?“ konnte man einwenden. Luther erklärte: „Aergernis hin, Aergernis her! Not bricht Eisen und hat kein Aergernis. Ich werde die schwachen Gewissen schonen, sofern es ohne Gefahr meiner Seele geschehen kann; wo nicht, so werde ich meiner Seele raten, es ärgere sich dann die ganze oder halbe Welt. Nun liegt hier der Seele Gefahr in allen Stücken. Darum soll niemand von uns begehren, daß wir ihn nicht ärgern, sondern wir sollen begehren, daß sie unser Ding billigen und sich nicht ärgern. Das fordert die Liebe!“[84] So dachte Luther und ihm gleichgesinnt war Leonhard Koppe. An ihn stellte nun Luther das Ansinnen, die Befreiung zu übernehmen. Und Koppe war trotz seiner sechzig Jahre ein entschlossener Mann, zu einem kecken Wagnis bereit, und willigte ein; er nahm keine Rücksicht, ob es ihm im Geschäfte schaden könnte, noch weniger, ob es ihn beim Hof in Ungunst bringen oder gar ans Leben gehen könnte; denn auf Nonnenraub stand eigentlich Todesstrafe, und auch Kurfürst Friedrich, der vorsichtige Schützer Luthers mißbilligte nicht nur jede öffentliche Gewaltthat, sondern war auch geneigt, sie zu strafen. Aber trotz all dieser Bedenken war Leonhard Koppe zu der That entschlossen, und wurde darin von dem Torgauer Pfarrer D. Zwilling bestärkt; denn dieser war auch in die Sache eingeweiht[85]. Zwischen Luther und Koppe wurde so der Plan verabredet. Das Unternehmen sollte von Torgau ausgehen, welches in der Mitte zwischen Nimbschen und Wittenberg gelegen war. Die Osterzeit wurde zur Ausführung ersehen. Koppe brauchte aber Gehülfen zur Ausführung seines Unternehmens. Er wählte dazu seines Bruders Sohn, einen verwegenen jungen Mann, und einen Bürger Wolfgang Tommitsch (oder Dommitsch), dessen Stieftochter, ein Fräulein von Seidewitz, kurz vorher aus dem Kloster entkommen war und bald darauf einen ausgetretenen Augustiner-Propst, Mag. Nikolaus Demuth heiratete, welcher dann Amtsschöffer in Torgau wurde. Mit den neun Klosterjungfrauen waren jedenfalls Verabredungen getroffen worden und sie machten sich fluchtbereit[86]. In der Karwoche brachen nun die Torgauer auf einem oder mehreren mit einer Blahe bedeckten Wagen, worin sie wohl weltliche Frauenkleider verborgen hatten, von ihrer Stadt auf. Wenn die beiden Helfer nicht eigene Wagen leiteten, so waren sie zu Pferde als Bedeckung dabei. Sie kamen über Grimma am Karsamstag abends den 4. April vor Nimbschen an[87]. Hier rüsteten sich die Nonnen in gewohnter Weise zu den Ostervigilien, welche in der Auferstehungsnacht gefeiert wurden. Die außerordentliche Zeit, wo die Regel und geordneten Beschäftigungen der Klosterfrauen aufgehoben waren, muß dem Fluchtplan günstig geschienen haben. Während die beiden Begleiter in dem nahen Gehölz gehalten haben werden, fuhr Koppe an dem Kloster vor. Er nahm, wie berichtet wird, zum Vorwand, leere Heringstonnen auf der Heimfahrt nach Torgau mitnehmen zu wollen. Beim Aufsuchen und Aufladen derselben scheint er den Thorwart Thalheim beschäftigt und die Aufmerksamkeit der übrigen Bewohner des äußern Klosterhofs, namentlich der zwei Beichtväter, abgelenkt zu haben. Aus der Klausur entkamen die neun Verschworenen, indem die Pförtnerin entweder getäuscht oder gar bei dem Plan beteiligt war (es konnte ganz gut eine von diesen neun zu dieser Zeit Thürhüterin sein). Ein alter Berichterstatter erzählt, man hätte eine Lehmwand durchbrochen; ein anderer, die Jungfrauen hätten sich im Garten versammelt und seien da über die Mauer gestiegen. Aber auch zur hinteren Thüre konnten sie entkommen sein; denn an der Bewachung dieser ließ es das Kloster fehlen. Kurzum, die Neun entflohen, wurden von den beiden Begleitern Koppes aufgenommen; dieser fuhr wohl mit seinem Wagen Heringstonnen ganz unschuldig ab und nahm dann draußen die Jungfrauen auf. Die leeren Tonnen — vorne aufgestellt — konnten ganz gut dazu dienen, den lebendigen Inhalt des Wagens vor unberufenen Augen zu verbergen[88]. Auf diese oder ähnliche Weise, jedenfalls „mit ausnehmender Ueberlegung und Schlauheit“, aber auch mit „äußerster Keckheit“ — nicht mit Gewalt wurden die neun Jungfrauen durch Koppe aus Nimbschen befreit. Luther sah es fast wie ein Wunder an[89]. Bei Nacht und Nebel fuhren nun die Retter und Geretteten davon, dem Ostermorgen entgegen: es war eine eigene Ostervigilie in der Luft der Freiheit durch die frühlingsjunge Gotteswelt[90]. Die Fahrt ging durch die kurfürstlichen Lande, war also nicht bedroht durch die Nachstellungen des lutherfeindlichen Herzogs Georg. Eine Verfolgung von Nimbschen aus war nicht gerade zu befürchten: es waren dort keine Männer, welche etwa einen Kampf mit den Entführern gewagt hätten. Auch hat der kluge Koppe gewiß ihre Spuren möglichst verdeckt und die Verfolger irre geführt. Die weltliche Kleidung, welche die Jungfrauen mittlerweile mit ihrer geistlichen vertauscht hatten, machte wohl die Reise unauffällig, und so kam der Zug auch ungehindert am Ostertag in Torgau an und wurde vom Magister Zwilling freudig empfangen. In Torgau wurde übernachtet, die weltliche Kleidung der Klosterjungfrauen in der Eile noch vervollständigt und am anderen Tag ging es Wittenberg zu, weil es doch nicht geraten schien, die Entflohenen so nahe bei dem Kloster und auch so nahe beim kurfürstlichen Hof zu lassen[91]. Am Osterdienstag kam der Zug in Wittenberg an; ohne alle Ausstattung, in ihrer geborgten und eilig zusammengerafften Kleidung, mit den geschorenen Häuptern ein „arm Völklein“, aber in ihrer großen Armut und Angst ganz geduldig und fröhlich[92]. Luther empfing sie mit wehmütiger Freude. Den kühnen aber rief er zu: „Ihr habt ein neu Werk gethan, davon Land und Leute singen und sagen werden, welches viele für großen Schaden ausschreien: aber die es mit Gott halten, werden's für großen Frommen preisen. Ihr habt die armen Seelen aus dem Gefängnis menschlicher Tyrannei geführt eben um die rechte Zeit: auf Ostern, da Christus auch der Seinen Gefängnis gefangen nahm“[93]. Als dann die Befreier heimfuhren, empfahl er sie Gott und gab ihnen Grüße mit an Koppes „liebe Audi“ und „alle Freunde in Christo“[94]. Drei Tage darauf schrieb Luther zur Verantwortung für sich, für den „seligen Räuber“ Koppe und die es mit ihm ausgerichtet, sowie für die befreiten Jungfrauen zum Unterricht an alle, die diesem Exempel wollten nachfolgen „dem Fürsichtigen und Weisen Leonhard Koppe, Bürger zu Torgau, meinem besonderen Freunde“ einen offenen Brief. „Auf daß ich unser aller Wort rede, für mich, der ich's geraten und geboten, und für Euch und die Euern, die Ihr's ausgericht, und für die Jungfrauen, die der Erlösung bedurft haben, will ich hiermit in Kürze vor Gott und aller Welt Rechenschaft und Antwort geben“. In dieser „Ursache und Antwort, daß Jungfrauen Klöster göttlich verlassen mögen“ berichtet er offen die That und ihre Gründe und nennt die Namen der Befreier und Befreiten. Er sagt ihnen: „Seid gewiß, daß es Gott also verordnet hat und nicht Euer eigen Werk noch Rat ist, und lasset das Geschrei derjenigen, die es für das allerärgste Werk tadeln. ‚Pfui, pfui!‘ werden sie sagen, ‚der Narr Leonhard Koppe hat sich durch den verdammten ketzerischen Mönch fangen lassen, fährt zu und führt neun Nonnen auf einmal aus dem Kloster, und hilft ihnen, ihr Gelübde und klösterlich Leben zu verleugnen und zu verlassen‘. Meint ihr, das ist all heimlich gehalten und verborgen? Ja, verraten und verkauft, daß auf mich gehetzt werde das ganze Kloster zu Nimptzschen, weil sie nun hören, daß ich der Räuber gewesen bin! Daß ich aber solches ausrufe und nicht geheim halte, thue ich aus redlichen Gründen. Es ist durch mich nicht darum angeregt, daß es heimlich bleiben sollte, denn was wir thun, thun wir in Gott und scheuen uns des nicht am Licht. Wollte Gott, ich könnte auf diese oder andere Weise alle gefangenen Gewissen erretten und alle Klöster ledig (leer) machen. Ich wollt mich's darnach nicht scheuen, zu bekennen samt allen, die dazu geholfen hätten, (in) der Zuversicht, Christus, der nun sein Evangelium an Tag gebracht, und des Endechrists (Antichrists) Reich zerstört, würde hier Schutzherr sein, ob's auch das Leben kosten müßte. Zum anderen thu ich's, der armen Kinder und ihrer Freundschaft (Verwandtschaft) Ehren zu erhalten, daß niemand sagen darf, sie seien durch lose Buben unredlich ausgeführt und ihrer Ehre sich in Gefahr begeben. Zum dritten, zu warnen die Herrn vom Adel und alle frommen Biederleute, so Kinder in Klöstern haben, daß sie selbst dazu thun und sie herausnehmen“[95]. Diese Aufforderung und die gelungene Flucht der neun Nonnen ermutigte, wie Luther gedacht, noch andere Klosterjungfrauen und deren Eltern zu gleichem. Noch in derselben Osterwoche entwichen abermals drei Nonnen aus Nimbschen und kamen zu ihren Angehörigen, und zu Pfingsten wurden wieder drei von ihren Verwandten selbst aus dem Kloster geholt[96]. Da endlich ermannte sich der Abt von Pforta, der dem offenen Brief Luthers nicht entgegenzutreten gewagt hatte, — Luther war ein zu gefürchteter Kämpe. Am 9. Juni schrieb er eine Klage an den — Kurfürsten über diese Vorgänge, welche zur „Entrottung und Zerstörung des Klosters“ führten, und beschwerte sich, daß die Nonnen von Sr. Kurf. Gn. Unterthanen dazu geholfen und gefördert worden seien. Der Kurfürst Friedrich gab in seiner bekannten diplomatischen Weise die ausweichende Antwort: „Nachdem Wir nit wissen, wie diese Sache bewandt und wie die Klosterjungfrauen zu solch ihrem Furnehmen verursacht und Wir uns bisher dieser und dergleichen Sachen nie angenommen, so lassen Wir's bei ihrer selbst Verantwortung bleiben“[97]. Aber damit war die Klosterflucht in Nimbschen nicht zu Ende. Bis 1526 waren einige zwanzig — auch Magdalena von Bora — ausgetreten, so daß jetzt nur noch 19 Klosterjungfrauen da waren; und diese samt ihrer Aebtissin wurden evangelisch, blieben aber im Kloster, bis sich der Konvent im Jahre 1545 auflöste[98]. Drei Wochen nach der Flucht der neun Nimbscher Nonnen, am 28. April, wagten sechs Nonnen aus Sornzig die Flucht, trotzdem dies Kloster im Lande des Reformationsfeindes Herzogs Georg lag, und trotz des schrecklichen Schicksals, das um diese Zeit den Entführer einer Nonne betroffen hatte, der zu Dresden geköpft worden war. Und weitere acht flohen aus Peutwitz[99]. Im selben Jahre der Flucht Katharinas traten noch 16 Nonnen in Widderstetten auf einmal aus. Zwei Jahre darauf wandten sich wieder andere „elende Kinder“ an Luther aus dem fürstlichen Kloster Freiberg im Gebiete seines grimmen Feindes, Herzogs Georg. Und wieder wandte sich Luther an den bewährten Nonnen-Entführer Leonhard Koppe, den er scherzweise „Würdiger Pater Prior“ anredet. Luther wußte, daß diese Zumutung fast zu viel und zu hoch sei — es konnte ja diesmal ernstlich das Leben kosten — und meinte, Koppe wisse vielleicht jemand anderes, der dazu helfen könnte. Aber der verwegene Mann ließ sich um ein solches wagehalsiges Stück schwerlich vergebens bitten und — zu Georgs allerhöchstem Verdruß — glückte das Wagestück, wie die Entführung aus Nimbschen[100]. 4. Kapitel Eingewöhnung ins weltliche Leben. Nachdem die Befreiung Katharinas und ihrer Mitschwestern so gut gelungen war, fragte es sich nun, was sollte mit ihnen werden? Die Sorge blieb an Luther hängen. Nochmals wandte er sich an die Angehörigen der Entflohenen und wird ihnen die Gewissen genugsam geweckt und ihre Pflicht eingeschärft haben, sich ihrer erbarmungswerten Töchter, Schwestern und Basen anzunehmen; das geht aus dem offenen Brief an Koppe und einem anderen an Spalatin hervor, worin es heißt: „O, der Tyrannen und grausamen Eltern in Deutschland!“[101] Zugleich aber hatte er den Fall vorgesehen, daß die Verwandten, wenigstens zum Teil, ablehnten, für die Nonnen zu sorgen. Daher überdachte er, wie er sie unterbringen könnte. Aber von seinen „Kapernaiten“ (den Wittenbergern) konnte und wollte er keine Geldunterstützung oder Anleihe erhalten; dagegen erhielt er von mehreren Seiten Versprechungen, den Geflüchteten eine Unterkunft zu bieten. Etliche wollte er auch, wenn er könne, verheiraten. Amsdorf schrieb scherzend an Spalatin: „Sie sind schön und fein, und alle von Adel, und keine fünfzigjährige darunter. Die älteste unter ihnen, meines gnädigen Herrn und Oheims Dr. Staupitz Schwester, hab ich Dir, mein lieber Bruder, zugerechnet zu einem ehelichen Gemahl, damit Du Dich mögest eines solchen Schwagers rühmen. Willst Du aber eine jüngere, so sollst Du die Wahl unter den Schönsten haben“[102]. Bis dahin bat Luther und ebenso Amsdorf den Hofkaplan und Geheimschreiber des Kurfürsten Friedrichs des Weisen, „dieser ehrbaren Meidlein Vorbitter am Hofe zu sein und ein Werk der Liebe zu thun, und bei den reichen Hofleuten und vielleicht dem Kurfürsten etwas Geld zu betteln, auch wohl selbst etwas zu geben, damit die Geflüchteten einstweilen genährt und auf acht bis vierzehn Tage, auch mit Kleidung versehen werden könnten, denn sie hatten weder Schuhe noch Kleider.“ Luther ging es nämlich damals so schlecht, daß er selbst kaum etwas zu essen hatte und sein Mitbruder, der Prior Brisger, einen Sack Malz schuldig bleiben mußte: so sehr blieben die Klostereinkünfte aus, auf die Luther und der letzte mit ihm lebende Mönch angewiesen war. Er scherzt mit Beziehung auf seinen Bettelorden: „Der Bettelsack hat ein Loch, das ist groß“. Freilich der Hof des vorsichtigen Kurfürsten wollte nicht recht, wenigstens nicht offen mit Unterstützungen herausrücken, weshalb Luther seinen Freund nochmals mahnen mußte: „Vergeßt auch meiner Kollekte nicht und ermahnt den Fürsten um meinetwillen auch etwas beizusteuern. O, ich will's fein heimlich halten und niemanden sagen, daß er etwas für die abtrünnigen Jungfrauen gegeben — die doch wider Willen geweihet und nun gerettet sind“[103]. Luthers Appell an die Verwandten verfing nicht. Er mußte klagen: „Sie sind arm und elend und von ihrer Freundschaft verlassen.“ Luther mußte also trotz seiner großen Armut die Nonnen mit großem Aufwand unterstützen. Sonst erfuhr er, „was sie draußen von ihren Verwandten und Brüdern leiden müßten“ — wenn etwa eine nach Hause käme. Sie wollten meist auch nicht zu ihrer „Freundschaft“, weil sie in Herzog Jörgs Land des göttlichen Wortes Mangel haben müßten[104]. Magdalena Staupitz wurde mit der Zeit als „Schulmeisterin“ der Mägdlein in Grimma gesetzt, und ihr ein Häuslein vom Mönchskloster gegeben. Die Elsa von Kanitz fand bei einer Verwandten Aufenthalt; Luther wollte sie 1527 als Schulmeisterin der Mägdlein nach Wittenberg berufen. Die Ave von Schönfeld verheiratete er mit dem Medikus Dr. Basilius Axt[105]. Katharinas Verwandte konnten sich ihrer offenbar nicht annehmen. Die Eltern waren tot, Bruder Hans mußte selber Dienste suchen im fernen Preußen, dann Verwalterstellen in Sachsen. Der älteste Bruder war arm verheiratet, hatte wohl keinen Platz für die Schwester; vom jüngsten, Clemens, war vollends nichts zu erwarten. So wurde denn das Fräulein Katharina von Bora nach der Ueberlieferung im Hause eines Wittenberger Bürgers untergebracht, der in der Bürgermeistergasse wohnte. Es war der ehrsame gelehrte M. Philipp Reichenbach, welcher 1525 in Wittenberg Stadtschreiber, 1529 Licentiat der Rechte, 1530 Bürgermeister und endlich Kurfürstlicher Rat wurde[106]. In dem Wittenberger Bürgerhause wurde die ehemalige Nonne mehr als eine Art Pflegetochter gehalten und der Hausherr vertrat Vaterstelle an ihr. Sie muß dort doch eine angesehene Stellung eingenommen haben. Sie war bekannt und genannt im Kreise der Universitätsgenossen, und der Dänenkönig Christiern II., der landesflüchtig im Oktober 1523 nach Wittenberg kam und bei dem Maler Lukas Kranach Wohnung hatte, beschenkte Katharina mit einem goldenen Ringe. Die jungen Gelehrten in Wittenberg sprachen mit Achtung von ihr; sie nannten sie in ihren vertrauten Briefen, wohl wegen ihrer strengen Zurückhaltung, „die Katharina von Siena“[107]. Bei dem Stadtschreiber, oder vielmehr bei seiner Frau, sollte nun Katharina von Bora sich eingewöhnen in das neue oder vielmehr alte „weltliche“, das bürgerliche Leben. Das war nicht so gar leicht. Mindestens vierzehn Jahre lang, also fast ihr ganzes bewußtes Leben, hatte Katharina im Kloster zugebracht. Alle diese Jahre hatte sie die geistliche Tracht getragen, sich an nonnenhafte Gebärde und Haltung, an geistliche Sitten und Reden gewöhnt; den Umgang mit weltlichen Menschen hatte sie verlernt oder eigentlich nie recht gelernt, und ebenso die Arbeit, das Hantieren in Stube und Küche; in der That, man begreift, daß der praktische Luther beim Anblick der neun weltunerfahrenen Nonnen ausrufen konnte: „Ein armes Völklein“! Wie in die weltliche Kleidung mußte Katharina sich nun an weltliche Sitte und Rede gewöhnen; wie ihr bleiches Gesicht sich an Luft und Sonne bräunen, ihre zarten Hände im Angreifen von Töpfen und Besen sich härten, so mußte auch ihr geistiges Wesen an den rauheren, aber gesünderen Anforderungen und Zumutungen der Welt sich kräftigen. Aber wie ihre abgeschnittenen Haare zu langen blonden Zöpfen wuchsen, so nahm auch Sorgen und Denken an die kleinen weltlichen Pflichten und die großen weltlichen Interessen zu. Und das gnädige Fräulein war nicht umsonst bei der Frau Magister. Sie wurde hier tüchtig vorgeschult für ihren späteren großen pflichtenreichen Haushalt. Und sie hat sich auch nach dem Zeugnis der Wittenberger Universität in dem Hause Reichenbach „stille und wohl verhalten“[108]. Aber auch andere Gedanken und Gefühle erwachten in ihr und wurden ihr von außen nahe gelegt. Und auch hier machte sie Erfahrungen und erfuhr sie schmerzliche Enttäuschungen, die sie weltkluger und vorsichtiger machten. Katharina war jetzt 24 Jahre alt, eine reife, ja nach den Anschauungen jener Zeit, welcher das 15. bis 18. Lebensjahr einer Jungfrau für das richtigste heiratsfähige Alter galt, eine überreife Jungfrau. Daß sie an Verehelichung dachte, ist begreiflich. Denn sie hatte weder eine Stellung noch Vermögen. Der Aufenthalt bei ihren Pflegeeltern konnte doch nur ein vorübergehender und nicht befriedigender sein. Luther, der die besondere Sorge für diese, wie für andere ausgetretene Klosterleute übernommen, hatte ohnedies schon von Anfang die ausgesprochene Absicht, diejenigen, welche in ihren Familien keinen Unterhalt und Aufenthalt finden konnten, zu verheiraten. Und seine gesamte Anschauung ging dahin — darin hatte er die echt bäuerliche Ansicht seines Vaters — daß der Mensch zum Familienleben geboren und gerade das Weib von Gott zur Ehe bestimmt sei[109]. Nun kam damals im Mai oder Juni 1523 in die Universitätsstadt Hieronymus _Baumgärtner_, ein Patriziersohn aus Nürnberg, „ein junger Gesell mit Gelehrsamkeit und Gottseligkeit begabt“. Er hatte früher (1518-21) in Wittenberg studiert und bei Melanchthon seinen Kosttisch gehabt und wollte jetzt seine alten Lehrer und Freunde in Wittenberg: Luther und besonders Melanchthon besuchen, mit dem er später in regem Briefwechsel stand[110]. Dieser junge Mann erschien Luther als der rechte Gatte für seine Schutzbefohlene: er war 25 Jahre alt, Käthe 24, beide aus vornehmem Hause; sie ohne Vermögen, um so mehr paßte in Luthers Augen der wohlhabende Nürnberger für sie. Und er wird wohl dafür gesorgt haben, daß Baumgärtner an sie heran kam und an ihr Wohlgefallen fand. Auch Käthe faßte eine raschaufwallende Neigung für den jungen Mann, war er ja wohl der erste, der sich der gewesenen Nonne näherte. Vielleicht haben sich die beiden auch zuerst gefunden, und Luther betrieb es nun in seiner Art eifrig, die zwei zusammenzubringen. Jedenfalls wurde die gegenseitige Neigung in dem Freundeskreise bekannt, und man hielt da die Heirat für sicher. Aber Baumgärtner zog heim nach Nürnberg und ließ nichts mehr von sich hören, trotzdem er versprochen hatte, nach ein paar Wochen wieder zu kommen, um, wie man glaubte, Katharina heimzuführen. Die Freunde, besonders Blickard Syndringer, erinnerten den Patriziersohn in ihren Briefen neckend oft genug an die verlassene Geliebte. Sie sei wegen seines Weggangs in eine Krankheit verfallen und habe sich in Sehnsucht nach ihm verzehrt. Im Anfang des folgenden Jahres bestellte noch der Nürnberger Ulrich Pinder von Wittenberg aus an Baumgärtner einen Gruß von „Katharina von Siena d.i. von Borra“. Endlich schrieb Luther noch einmal am 12. Oktober 1524 an Baumgärtner: „Wenn Du Deine Käthe von Bora festhalten willst, so beeile Dich, bevor sie einem andern gegeben wird, der zur Hand ist. Noch hat sie die Liebe zu Dir nicht verwunden. Und ich würde mich gar sehr freuen, wenn ihr beide mit einander verbunden würdet“[111]. Aber den Eltern Baumgärtners war offenbar die entlaufene Nonne anstößig, und daß sie vermögenslos war, konnte sie erst recht nicht empfehlen. Daher ging Hieronymus auf dieses Ultimatum des Freiwerbers Luther nicht ein. Als er im Frühjahr 1525 in Nürnberg Ratsherr geworden war, verlobte er sich mit einem Mädchen von 14 Jahren, Sibylle Dichtel von Tutzing „mit sehr reicher Mitgift und was ihm noch erwünschter war, von sehr angesehenen Eltern“ und hielt mit ihr am 23. Januar 1526 in München die Hochzeit[112]. Da aber Baumgärtner Katharina endgiltig aufgegeben hatte, so rückte Luther nun mit dem andern Heiratskandidaten heraus, den er für Käthe an der Hand hatte. Das war D. Kaspar Glatz, der am 27. August 1524 von der Universität Wittenberg, deren Rektor er damals war, sich auf ihre Patronatspfarrei Orlamünde hatte setzen lassen. Luther ging nun damit um, seine Schutzbefohlene dem D. Glatz zu freien. Aber Käthe, welche den Mann während seiner Lehrzeit in dem kleinen Wittenberg kennen gelernt hatte, wollte ihn nicht haben, und sie hatte ein richtigeres Gefühl als Luther. Glatz war, wie sich später herausstellte, ein rechthaberischer, eigensinniger Mensch, der Streitigkeiten mit seiner Gemeinde bekam und deshalb entsetzt werden mußte. Luther aber setzte Käthe mit der Heirat zu. Da ging sie zu Luthers Amtsgenossen, dem Professor Amsdorf und beklagte sich, daß Luther sie wider ihren Willen an D. Glatz verheiraten wolle; nun wisse sie, daß Amsdorf Luthers vertrauter Freund sei; darum bitte sie, er wolle bei Luther dies Vorhaben hintertreiben. Hier scheint nun Amsdorf, der diese Ablehnung für adeligen Hochmut auslegte, bemerkt zu haben: Ob ihr denn ein Doktor, Professor oder Pfarrherr nicht gut genug sei? denn Katharina wurde zu der Erklärung gedrängt: Würde Amsdorf oder Luther sie zur Gattin begehren, so wolle sie sich nicht weigern, D. Glatz aber könne sie nicht haben[113]. Diese Aeußerung, welche wohl ohne viel Absicht gesprochen war, hatte ihre Folgen; zwar nicht für Amsdorf, der immer ehelos blieb, aber für Luther. Auch er hatte die Bora „für stolz und hoffärtig“ gehalten, während sie doch nur etwas Zurückhaltendes hatte und ein gewisses Selbstbewußtsein zeigte; er hatte sie also nicht recht gemocht. Durch jene Erklärung an Amsdorf wurde er aber auf andere Gedanken gebracht[114]. 5. Kapitel. Katharinas Heirat. So machte Luther bei Käthe von Bora, aber auch bei anderen Nonnen den Freiwerber; er that es aber auch in seinen Schriften, worin er den Ehestand so hoch pries und jedermann dazu einlud. Daher scherzte er in einer Epistel an Spalatin: „Es ist zu verwundern, daß ich, der ich so oft von der Ehe schreibe und so oft unter Weiber komme, nicht längst verweibischt oder beweibt bin.“ Und mehr im Ernst: „Ich dränge andere mit so viel Gründen zur Ehe, daß ich beinahe selbst dazu bewegt werde“[115]. Wenn Luther so eifrig zur Ehe riet, so hatte er dabei vor allem seine Amtsgenossen im Auge. Denn bis zur Reformation war es nicht nur Sitte, sondern sogar Gesetz, daß Universitätslehrer sich nicht verehelichten: so sehr wurden die Schulen, auch die Hochschulen als kirchliche, ja geistliche Anstalten angesehen und die „geistigen“ Personen als „Geistliche“. Nur beschränkte Ausnahmen wurden allmählich mit der Verehelichung gestattet für Mediziner und Juristen; Rektor konnte lange Zeit, auch in Wittenberg, nur ein unverehelichter Professor werden. Die Gelehrten aber betrachteten auch ihrerseits die Ehe als eine Erniedrigung für ihren hohen Stand. Darum hat Luther nur mit Mühe den Gelehrten Melanchthon zur Heirat vermocht[116]. Daß aber die eigentlichen Geistlichen, die Priester, heirateten, das war vor Luther, seit Gregor des Siebenten Zeiten, das heißt seit sechsthalbhundert Jahren etwas Unerhörtes. Gerade aber _darauf_ hat nun Luther allmählich in seinen vielen Schriften gedrungen, um zu zeigen daß im Christentum der geistliche Stand nichts Besonderes sei, daß vielmehr alle, die aus der Taufe gekrochen, Bischöfe und Pfarrer wären, und umgekehrt die Geistlichen nichts anders als Christenmenschen. So hat er all seine geglichen Freunde zur Ehe gedrängt und ihnen dazu mit Eifer verholfen; auch den Hochmeister von Preußen und den Erzbischof von Mainz. Er wollte sozusagen für seine Anschauung vom allgemeinen Priestertum und dem hl. Ehestand, wie der falschen Heiligkeit des Cölibats den Massenbeweis mit Tatsachen führen. So mahnt er Spalatin (Ostern 1525): „Warum schreitest Du nicht zur Ehe? Es ist möglich, daß ich selbst dazu komme, wenn die Feinde nicht aufhören diesen Lebensstand zu verdammen und die Klüglinge ihn täglich belächeln!“[117] Der Gedanke, daß auch _Klosterleute_ ehelich werden sollten, war Luther anfangs befremdend: galt dies doch nach der Anschauung der Zeit so sakrilegisch, daß die weltlichen Rechte Heiraten von Mönchen und Nonnen mit dem Tode bestraften[118]. Von der Wartburg schrieb Luther (am 6. August 1521): „Unsere Wittenberger wollen sogar den Mönchen Weiber geben? Nun mir sollen sie wenigstens keine Frau aufdringen,“ und mit Melanchthon scherzt er, ob dieser sich wohl an ihm dafür rächen wolle, daß er ihm zu einer Frau verholfen habe? er werde sich aber zu hüten wissen. Doch nach wenigen Monaten hatte er sich überzeugt: „Das ehelose Leben in Klöstern ist auch der geistlichen Freiheit zuwider. Darum, wo du nicht frei und mit Lust ehelos bist und mußt es allein um Scham, Furcht, Nutz oder Ehre willen, da laß nur bald ab und werde ehelich.“ So versorgte er nun auch Mönche und Nonnen in den Ehestand[119]. Aber wie er selber nur spät, — am spätesten unter den Brüdern — dazu kam, sein Klosterleben aufzugeben, seine Kutte — als die letzte zerschlissen war — im Oktober 1524 mit dem Priesterrock und Professorentalar vertauschte, so erging es ihm auch mit dem Heiraten. 1528 sagte er: „Wenn mir jemand auf dem Wormser Reichstag gesagt hätte, nach 7 Jahren würde ich Ehemann sein, der Frau und Kinder habe, so hätte ich ihn ausgelacht“. Gerade wenn ihm seine Freunde und Freundinnen wie Argula von Grumbach zuredeten oder davon sprachen, er werde doch noch heiraten, erklärte er das für Geschwätz. Noch am 30. November 1524 meinte er, bei seiner bisherigen und jetzigen Gesinnung werde er keine Frau nehmen, sein Gemüt passe nicht zum Heiraten, er fühle sich dazu nicht geschickt. Ja noch Ostern 1525 schreibt er, daß er an keine Ehe denke[120]. Aber bald nach Ostern wurde er anderen Sinnes. Es war gerade die böse Zeit der Bauernunruhen, wo radikale Schwärmer die Sache der Reformation aufs äußerste gefährdeten, die Zeit, wo die Feinde mit gehässiger Schadenfreude auf ihn wiesen, und die Freunde mit ängstlicher Sorge nach ihm schauten; es war damals, da er umherzog die fanatischen Bauernhaufen zu beschwichtigen und dabei zweimal in Fährlichkeiten des Todes gewesen, als er überhaupt dem Tode entgegen sah[121]. Da erklärte er: „Münzer und die Bauern haben dem Evangelium bei uns so sehr geschadet und die Papisten so übermütig gemacht, daß es fast aussieht, als müsse man das Evangelium wieder ganz von vorn predigen.“ Deshalb wollte er's nunmehr „nicht mit dem Wort allein, sondern mit der That bezeugen“. Er wollte mit seinem Beispiel seine Lehre bekräftigen, weil er so viele kleinmütig finde, und so auch dem zaghaften Erzbischof von Mainz zum Exempel voran traben. Er war im Sinne, ehe er aus diesem Leben scheide, sich im gottgeschaffenen Ehestande finden zu lassen und „nichts von seinem vorigen papistischen Leben an sich zu behalten“, und sei es auch nur eine verlobte Josephsehe: auf dem Todbett wollte er sich ein fromm Mägdlein antrauen lassen und ihr zum Mahlschatz seine zwei silbernen Becher reichen. Als er gar von Dr. Scharf das Wort hörte: „Wenn dieser Mensch ein Weib nähme, so würde die ganze Welt und der Teufel selber lachen und er all seine Sach damit verderben“, da entschloß er sich erst recht: „Kann ich's schicken, so will ich dem Teufel zum Trotz noch heiraten, und die Engel sollen sich freuen und der Teufel weinen.“ Endlich drängte ihn auch sein Vater, mit dem er auf seinen damaligen Reisen zusammentraf, seinen größten Lieblingswunsch zu erfüllen, und Luther wollte „diesen letzten Gehorsam seinem geliebenden Vater nicht weigern“[122]. Und gerade eine _Nonne_ sollte die Erwählte sein, „dem Teufel mit seinen Schuppen, den großen Hansen, Fürsten und Bischöfen zum Trotz, welche schlechterdings unsinnig werden wollen, daß geistliche Personen freien“. Und nicht nur den großen Hansen, sondern auch dem großen Haufen zum Trotz, welcher nach seinem Aberglauben den Sohn eines Mönchs und einer Nonne für den Antichrist hielt. Also wollte er „mit der That das Evangelium bezeugen, zum Hohn für alle, welche triumphieren und Ju, ju schreien, und eine Nonne zum Weibe nehmen“[123]. Diese Nonne aber sollte _Katharina von Bora_ sein. Sie war noch immer unversorgt im Reichenbachschen Hause, und er konnte an ihr ein Werk der Barmherzigkeit thun. Sie hatte erklärt, sie werde ihn nehmen, wenn er sie wolle. Und er hatte mittlerweile eine bessere Meinung von ihr gewonnen. Daß Käthes außerordentliche Schönheit ihn in Feuer gesetzt habe, sagten ihm seine Gegner in gehässiger Absicht nach. Luther redet nur einmal und in ziemlich später Zeit in einem Brief an seine Gattin, in ritterlich schalkhafter Weise davon, daß er „daheim eine schöne Frau“ habe. Ausdrücklich aber erklärt er, in den ersten Tagen seiner Ehe, daß er nicht verliebt sei oder voll leidenschaftlichen Feuers, aber er habe seine Frau gern. Sie war ja auch gar nicht besonders schön. Von körperlicher Schönheit zitierte Luther den Reim: Ist der Apfel rosenrot, Ist ein Würmlein drinnen, Ist das Maidlein säuberlich, So hat's krause Sinnen. Und da ihm ein heiratslustiger Freund einmal sagte, er möchte eine Schöne, Fromme, (d.h. Brave) und Reiche, so bemerkte Luther: „Ei, ja, man soll dir eine malen mit vollen Wangen und weißen Beinen; dieselben sind auch die frömmsten, aber sie kochen nicht wohl und beten übel“[124]. So traf er in der Stille und ohne leidenschaftliche Erregung seine Wahl. Am 16. April scherzt er gegen Spalatin, daß er ein gar arger Liebhaber sei: „Drei Frauen habe ich zugleich gehabt und sie so wacker geliebt, daß ich zwei verloren habe, welche andere Verlobte nahmen, und die dritte halte ich kaum am linken Arme, die mir vielleicht auch bald weggenommen wird“[125]. Er hatte also doch bestimmte Persönlichkeiten ins Auge gefaßt. Schon am 4. Mai, nach einem Besuche bei seinen Verwandten in Eisleben und Mansfeld, redet er in einem vertrauten Briefe an seinen Schwager Rühel zu Mansfeld von „meiner Käthe“, die er nehmen wolle, so er's schicken könne. Und wie seinen Schwager, hat er jedenfalls auch seine Eltern in seine Pläne eingeweiht, und der Vater redete ihm ernstlich zu[126]. In Wittenberg selbst aber vertraute er es nur wenigen Leuten an: dem Maler und Ratsherrn Lukas Kranach und seiner Frau. Gerade seinen Amtsgenossen und übrigen Freunden, vor allem auch Melanchthon, sagte er nichts davon. Die Klugen wollten für ihn gerade nicht, was Luther wollte: eine Nonne, und dachten und redeten über eine Mönchs- und Nonnenheirat „lieblos“. Und ganz besonders war ihnen Katharina von Bora nicht recht; alle seine besten Freunde schrieen: „Nicht diese, sondern eine andere!“ Und wohl um es zu verhindern, brachten „böse Mäuler“ sogar eine boshafte Nachrede auf. Aber gerade das bewog Luther, der Sache rasch ein Ende zu machen, bevor er die gegen ihn aufgebrachten Mäuler zu hören genötigt würde, wie es zu geschehen pflegt, und „weil der Satan gern viel Hindernis und Gewirrs mache durch böse Zungen“[127]. Er „betete zu unserm Herrn Gott mit Ernst“, wie er berichtet, und handelte dann ohne Menschen-Rat und -Bedenken, ja wie Melanchthon klagt, ohne seinen Freunden etwas davon zu sagen[128]. Mit Katharina hatte sich Luther jedenfalls ins Einverständnis gesetzt: wenn er schon wochenlang schreiben konnte „Meine Käthe“, so mußte sie doch von seinen Absichten wissen. Daß Käthe an Martin Luther auch ein rein menschliches Gefallen fand, begreift sich. Er war wohl schon 42 Jahre alt und 16 älter wie sie selbst. Aber ein Zeitgenosse bezeugt: „Ein fein klar und tapfer Gesicht und Falkenaugen hatte er und war von Gliedmaßen eine schöne Person. Er hatte auch eine helle feine reine Stimme, beides zu singen und zu reden, war nicht ein großer Schreier“. Auch einem edeln, feineren Geschmack mußte der ehemalige Mönch und Bauernsohn zusagen: er hielt etwas auf ein ansprechendes Aeußere und wegen seiner Sorgfalt in der Kleidung nannten ihn sogar seine Gegner tadelnd einen „feinen Hofmann“, denn er trug „Hemden mit Bändelein“, hatte einen Fingerring und gelbe Stiefel[129]. Dabei war Luther für alles Schöne in Kunst und Natur eingenommen, ein guter Sänger und „Lautenist“, heiteren Sinnes und fröhlicher Laune. Aber noch mehr mußte Luthers Gemütsart einem weiblichen Wesen zusagen: er war bei aller Heftigkeit doch gutmütig, bei aller Halsstarrigkeit lenkbar wie ein Kind, bei aller Derbheit doch sinnig und feinfühlig. Dabei war er „ein frommer (guter) Mann“, der sein Weib herzlich lieb haben konnte, und in dessen Besitz, wie er selber sagte, eine Frau sich als Kaiserin dünken dürfte[130]. Freilich auch die äußere Stellung, welche Luthers Gemahlin einnahm, mußte einen hochstrebenden Sinn reizen. Das Doktorat war in dieser Humanistenzeit noch höher gewertet als heutzutage die akademische Professur, es stand mindestens dem Adel gleich. Der einfachste Doktor, der vom Bauern- und Handwerkerstand sich emporgearbeitet hatte, wurde von adeligen Jungfrauen als wünschenswerter Ehegenosse begehrt, sodaß eine große Anzahl Professorenfrauen in Wittenberg von Adel waren. Und gar Luthers Gattin zu heißen, des gefeiertsten Mannes nicht nur in ganz Wittenberg, sondern in der ganzen Christenheit, mußte einem Weibe von Selbstgefühl schmeicheln, wenn es sich auch umgekehrt sagen mußte, daß mit der Größe des Mannes auch all der Haß und die Beschimpfung mit in Kauf zu nehmen, welche ihm die Feinde entgegenbrachten. Es war auch ein gewagtes Unternehmen, einen solchen außerordentlichen Mann zu befriedigen, des Gewaltigen ebenbürtige Lebensgefährtin zu werden. Jungfer Käthe hatte den Mut wie das Selbstbewußtsein dazu. So weigerte sich Käthe der Annäherung Luthers nicht. Die förmliche Bewerbung Luthers ist wahrscheinlich erst Dienstag den 13. Juni geschehen, natürlich im Reichenbachschen Hause. Ein späterer Bericht sagt, daß Käthe überrascht war und anfänglich nicht gewußt, ob es Luthers Ernst sei, dann aber eingewilligt habe. Gleich abends am selben Tage war die Trauung oder „das Verlöbnis“, entweder ebenfalls beim Stadtschreiber oder möglicherweise in Luthers Behausung im Kloster. Auf die Zeit des Nachtmahls lud der Doktor den Stadtpfarrer Bugenhagen und den Stiftspropst Jonas, den Juristen Apel und den Ratsherrn und Stadtkämmerer Meister Lukas Kranach und seine Frau — Melanchthon war nicht dabei — was Jonas ausdrücklich als auffällig hervorhebt: er war so ängstlich über diesen Schritt seines großen Freundes, daß er nicht zu diesem Akt paßte. Auch seinen Freund Dr. Hier. Schurf konnte Luther nicht zu seinem Rechtsbeistand wählen, weil dieser Lehrer des bürgerlichen und kirchlichen Rechts allerlei juristische Bedenken hatte gegen die Priesterehe[131]. Die Trauung geschah nach den herkömmlichen Bräuchen[132]: der Rechtsgelehrte vollzog die rechtlichen Formalitäten, den schriftlichen Ehevertrag, er (oder Bugenhagen) fragte im Beisein der Zeugen den Bräutigam, ob er die Braut zum Weibe nehmen und die Braut, ob sie den Mann zum ehelichen Gemahl haben wollte. Dann gab der Pfarrer sie beide mit Gebet und Segen zusammen. Darauf folgte ein kleines Abendessen und dann das Beilager: Braut und Bräutigam wurden zum Brautbett geführt, lagerten sich darauf unter einer Decke und damit war die Ehe gültig[133]. Das war Luthers „Gelöbnis“, wie es in der Wittenberger Redeweise hieß. Jonas konnte sich beim Anblick der Verlobten auf dem Brautlager nicht enthalten, Thränen zu vergießen, so sehr war er bewegt. Aber auch die Gemüter der anderen waren gewiß in großer Bewegung, nicht zum wenigsten Luther und Käthe[134]. Am folgenden Morgen, Mittwoch, gab Luther den Freunden ein kleines Mittagsmahl, das damals um 10 Uhr stattfand. Da mittlerweile die Vermählung in dem kleinen Wittenberg rasch bekannt geworden war, so sandte der Stadtrat einen Ehrentrunk von einem Stübchen (= 4 Maß) Malvasier, einem Stübchen Rheinwein und anderthalb Stübchen Frankenwein[135]. „Das Gelöbnis“ war aber nach damaliger Sitte nicht die „Beilage“ oder öffentliche Hochzeit; diese folgte erst später mit öffentlichem Kirchgang und der „Wirtschaft“ (d.i. Hochzeitsschmaus) und feierlicher Heimführung der „Jungfer Braut“. Vierzehn Tage nach der Trauung, Dienstag den 27. Juni, folgte nun bei Luther dieses hochzeitliche Mahl und „Heimfahrt“, denn das junge Ehepaar und seine Freunde wollten nicht nur die Sitte ehren, sondern gerade recht auffällig in öffentlicher Feierlichkeit vor der Welt ihren heiligen Ehestand ehrenvoll bezeugen. Dazu lud der Doktor seine Eltern und seinen Schwager Dr. Rühel in Mansfeld nebst noch zwei Mansfeldischen Räten, Johann Dürr und Kaspar Müller, ferner den Hofkaplan M. Spalatin und den Pfarrer Link in Altenburg, den kühnen Befreier der Nonnen Leonhard Koppe als „würdigen Vater Prior“, den Kurfürstlichen Hofmarschall Dr. Johann von Dolzig, vor allem aber den Superintendenten („Bischof“) Amsdorf in Magdeburg u.a.[136]. Die mit Scherz und Ernst gewürzten Einladungsbriefe an diese Gäste — außer dem an die Eltern — sind noch vorhanden. Da schreibt Luther an die drei Mansfeldischen Räte: „Bin willens, eine kleine Freude und Heimfahrt zu machen. Solches habe ich Euch als guten Herren und Freunden nicht wollen bergen und bitte, daß Ihr den Segen helft darüber sprechen. Wo Ihr wolltet und könntet samt meinem lieben Vater und Mutter kommen, mögt Ihr ermessen, daß mir's eine besondere Freuden wäre“. An Link: „Der Herr hat mich plötzlich, da ich's nicht dachte, wunderbarer Weise in den Ehestand versetzt mit der Nonne Käthe von Bora.... Wenn Ihr kommt, will ich durchaus nicht, daß Ihr einen Becher oder irgend etwas mitbringt“. An Dolzig: „Es ist ohne Zweifel mein abenteuerlich Geschrei für Euch kommen, als sollt ich ein Ehemann worden sein. Wiewohl nun dasselbige fast seltsam ist und ich's selbst kaum glaube, so sind doch die Zeugen so stark, daß ich's denselben zu Dienst und Ehren glauben muß, und fürgenommen, auf nächsten Dienstag mit Vater und Mutter samt anderen guten Freunden in einer Kollation dasselbe zu versiegeln und gewiß zu machen. Bitte deshalben gar freundlich, wo es nicht beschwerlich ist, wollet auch treulich beraten mit einem Wildbret und selbst dabei sein und helfen das Siegel aufdrücken und was dazu gehört“[137]. Das Wildbret fehlte nicht; Wittenberg, welches wußte, was die Universität und Stadt an Luther besaß — er hat die kleine Stadt und Universität erst groß und berühmt gemacht — spendete reichliche Geschenke. Der Stadtrat sandte „Doctori Martino zur Wirtschaft und Beilage ein Faß Eimbeckisch Bier und zwanzig Gulden in Schreckenbergern“; und die löbliche Universität verehrte als Brautgeschenk „H.D. Marthin Luthern und seiner Jungfraw Käthe von Bor“ einen hohen Deckelbecher aus Silber mit schönen vergoldeten Verzierungen. Johann Pfister, der zu Ostern den Mönch ausgezogen und zu Pfingsten nach Wittenberg gereist war, um da zu studieren, hat auf D. Luthers Hochzeit das Amt eines Mundschenken versehen. Vielleicht waren jetzt auch die Eheringe fertig, welche die Freunde besorgten. Diese Eheringe soll der Kaiserl. Rat Willibald Pirkheimer in Nürnberg von Albrecht Dürer haben anfertigen lassen und geschenkt haben; desgleichen auch eine goldene Denkmünze mit Luthers Bild. Der Trauring Luthers ist ein zusammenlegbarer Doppelreif mit Diamant und Rubin, den Zeichen von Liebe und Treue; unter dem hohen Kasten sind die Buchstaben M.L.D. und C.V.B. und in dem Reif der Spruch: „Was Gott zusammenfüget, soll kein Mensch scheiden“. Katharinas Ring hat einen Rubin und ist mit Kruzifix u.a. geziert, mit der Inschrift: „D. Martinus Lutherus, Catharina von Boren 13. Juni 1525“[138]. Daß dabei Katharina in üblichem Brautschmuck erschien, ist selbstverständlich, wenn dieser auch nicht so reich war, als das angebliche Bild Katharinas von Bora im Hochzeitsstaat denken läßt[139]. So wurde mit den guten Freunden eine fröhliche Hochzeit gefeiert. Freilich werden der unruhigen Zeitläufte wegen nicht alle Eingeladenen erschienen sein — Luther setzte das schon in seinen Briefen voraus. Auch Magister Philipp Melanchthon war nicht dabei, der ängstliche Gelehrte, welcher gegen Luthers Ehe und besonders mit der Nonne war, wäre ein übler Hochzeitsgast gewesen. Von Katharinas Verwandten scheint niemand anwesend gewesen zu sein. Vater und Mutter waren wohl schon längst tot, zwei Brüder im fernen Preußen, der älteste vielleicht auch ferne; den anderen Verwandten war Käthe doch durch ihr Klosterleben entfremdet, es hatte sich ja auch bisher niemand von ihnen ihrer angenommen. So mußte sie ihre Gefreunde und Verwandte in ihren Pflegeeltern und Luthers Freunden und Eltern sehen. Und wenn ihr's an ihrem Hochzeitsfest recht wehmütig ums Herz gewesen sein wird, so mußte sie doch die hohe Verehrung und Freundschaft trösten, welche ihr Gatte bei seinen Amtsgenossen und Landsleuten gefunden hatte. 6. Kapitel Das erste Jahr von Katharinas Ehestand. Luther führte nach seiner Vermählung die junge Frau in seine Wohnung im Augustinerkloster. Denn dies hatte ihm der Kurfürst Johann der Beständige, der seit Mai seinem Bruder Friedrich dem Weisen gefolgt war, unter der Bedingung des Vorkaufsrechts zur Verfügung gestellt. Das „schwarze Kloster“ lag oben am Elsterthor, unmittelbar am Wall und Graben, still und abgewandt von der Welt, von der Straße durch einen großen Hof geschieden. Das dreistöckige Hauptgebäude gegen die Elbe zu gelegen war die Behausung der Mönche gewesen und jetzt Luthers Aufenthalt. In der westlichen Ecke nach Mittag gerichtet und mit Aussicht auf die gelben Fluten des Stromes war Luthers Zelle, woraus er „den Papst gestürmt hatte“: sie blieb auch jetzt seine Studierstube. Dagegen richtete das Ehepaar nach dem Hofe zu, wo die Gemächer des ehemaligen Priorats lagen, die geräumige Wohnstube ein, worin auch gespeist und die Besucher empfangen und Gäste bewirtet wurden. Davor lag ein kleineres Empfangszimmer mit Holzbänken. Die Decken der Gemächer und bis zur halben Höhe auch die Wände des behaglichen Wohnzimmers waren mit Holzgetäfel versehen, an den Wänden hin zogen sich Bänke, Pflöcke darüber dienten zum Aufhängen von Geräten und Kleidern. Zwei große Fenster mit Butzenscheiben schauten in den Klosterhof. Aber um deutlicher zu sehen, waren kleine Schiebfenster angebracht, welche klirrend geöffnet wurden, wenn dahinter etwas beobachtet werden sollte, ein Besuch kam oder ging oder auf die Dienstboten und das Geziefer des Hauses geachtet werden sollte. Dort in der Fensternische wurde ein einfacher hölzerner Sitz aufgestellt mit einer Art Pult, der als Nähtisch dienen mochte. Ein mächtiger Eichentisch auf Kreuzgestellen stand in der Mitte und die eine Ecke füllte ein mächtiger Kachelofen. Darum hieß die Wohnstube auch „das gewöhnliche Winterzimmer“. Es war wohl noch von der Klosterzeit her bemalt. Wahrscheinlich befand sich auch hier ein Bild der Maria mit dem schlafenden Jesuskind[140]. Hinter dieser Wohnstube war das Schlafzimmer und eine weitere Kammer, von dieser wurde später eine Stiege mit einer Fallthüre in das Erdgeschoß angelegt, auf der man in die Wirtschaftsräume drunten gelangen und namentlich die Speisen von der Küche innerhalb des Hauses heraufbringen konnte. Denn Küche, Dienstbotenzimmer und dgl. waren unten im ehemaligen Refektorium[141]. Schon in diesem Jahre, 1525, schenkte der Stadtrat verschiedene Fuhren Kalk, womit das Klosterhaus innen und außen, wenigstens teilweise, getünscht werden konnte. Vielleicht geschah dies bereits in der Zwischenzeit zwischen der Trauung und Heimführung, dieser zu Ehren, als das Haus viele festliche Besucher aufnehmen mußte[142]. Die erste Ausstattung des Hauses wird dürftig genug gewesen sein, denn Luther konnte bei seiner bekannten Freigebigkeit und Gastfreiheit mit seinem Gehalt kaum für sich selbst bestehen, und obwohl der Kurfürst es bei seiner Verheiratung auf 200 fl. aufbesserte, so waren daraus nicht viel Anschaffungen zu machen, namentlich für ein so weitläuftiges Gebäude. Die 100 fl., die der Kurfürst, und die 20 fl., die der Stadtrat zur Hochzeit schenkte, gingen darauf für das kostspielige Festmahl. Der Klosterhausrat, so weit er noch übrig und nicht weggeschleift war durch allerlei unberufene Hände, war Luther von den Visitatoren geschenkt worden. Aber es war geringfügig: Schüsseln und Bratspieße, einiger sonstiger Hausrat und Gartengeräte — zusammen kaum 20 fl. wert. So werden wohl die Freunde durch Hochzeitsgeschenke, die freilich in der Regel aus silbernen Bechern bestanden, unmittelbar oder mittelbar dazu beigetragen haben, die öden Räume des Klosters ein bißchen wohnlich zu gestalten. Verwöhnt durch mannigfaltigen Hausrat war man damals überhaupt nicht, und die zwei ehemaligen Klosterleute noch weniger. So schenkte D. Zwilling von Torgau einen Kasten, der war aber bald so lotter und wurmstichig, daß Frau Käthe kein Leinen mehr darin aufbewahren konnte vor lauter Wurmmehl. Nach und nach kamen auch sonst von auswärts allerlei Geschenke, sogar künstliche Uhren. Vom Stadtrat wurde das junge Ehepaar ein ganzes Jahr lang mit Wein aus dem Ratskeller freigehalten, brauchte aber nur (trotz vieler Gäste) für 3 Thlr. 4 Groschen 6 Pfennige. Auch schenkte die Stadt „Frau Katharinen Doktor Martini ehelichem Weibe zum neuen Jahr (1526) ein Schwebisch“ (schwäbisches Tuch)[143]. Der einzige Mitbewohner und neben Luther letzte Mönch, der Prior Brisger verheiratete sich gleich nach Luther und zog nach einiger Zeit in sein neugebautes Häuschen, das neben dem Kloster, aber vorn an der Straße gelegen war, dann auf die Pfarrei Altenburg. Von den alten Klosterbewohnern blieb nur Luthers Famulus Wolfgang Sieberger im Hause, der arm an Geld und Geistesgaben zwar zu studieren angefangen, aber es nicht hatte fortsetzen und vollenden können, und besser zu einem Diener taugte als zum Gelehrten, eine treue Seele, die von 1517 bis zu Luthers Tod im Hause blieb und den Doktor nur um ein Jahr überlebte. Eine Magd war auch da und andere folgten bald, als der Haushalt sich ausdehnte. In diesem Hause nun gewöhnte sich das junge Paar zunächst einigermaßen in Ruhe in den Ehestand und aneinander, und Luther schrieb da: „Ich bin an meine Käthe gekettet und der Welt abgestorben“[144]. Es war dem 42jährigen Gelehrten, Junggesellen und ehemaligen Mönch im ersten Jahre des Ehestandes ein seltsames Gefühl, wenn er jetzt selbander bei Tische saß statt allein, oder wenn er morgens erwachend zwei Zöpfe neben sich liegen sah. Aber auch der jüngeren Ehefrau, der früheren Nonne mochte ihr neuer Stand seltsam dünken, hier im ehemaligen Kloster, namentlich an der Seite des gewaltigen Mannes, der die Weltordnung umgekehrt hatte und mit Papst, Kaiser, Welt und Teufel im Kampfe lag[145]. Da saß Käthe in dieser ersten Zeit bei Luther hinten in seiner Studierstube, von wo er mit dem Flammenschwert seiner Feder den Papst gestürmt, sah ihn von Büchern umgeben, den Tisch mit Briefen und Schriftbogen bedeckt, spann und horchte ihm zu und that auch Fragen nach diesem und jenem. Ihre Fragen zeugten nicht immer von Welterfahrung und theologischer Bildung. So ergötzte es den Gelehrten, als sie einmal fragte: „Ehr Doktor, ist der Hochmeister in Preußen des Markgrafen Bruder?“ Es war dieselbe Person. Luther weihte seine junge Frau bald in theologische Fragen ein. Als ihm Jonas 1527 seine jetzige Ansicht über Erasmus meldete, las er seiner Frau ein Stück des Briefes vor. Da sprach sie alsbald: „Ist nicht der teure Mann zur Kröte geworden?“ Und sie freute sich, daß Jonas nun die gleiche Ansicht mit Luther über Erasmus hatte. Mit der Zeit erweiterte sich ihr Wissen, sie lernte in ihres Mannes Haus, wo so viele Fäden der Kirchen- und Weltgeschichte zusammenliefen und so viele bedeutende Männer, Gelehrte, Staatsmänner und Fürsten einkehrten, die Weltdinge verstehen und lebte sich in die theologische Gedankenwelt so ein, daß sie an den Tischreden lebhaften Anteil nahm und auch Gelehrte durch ihren gesunden Menschenverstand und ihr natürliches Gefühl mitunter in Verlegenheit brachte[146]. Frau Käthe hatte eine ziemliche Beredsamkeit, so daß Luther sie oftmals damit neckte und sie einmal einem Engländer als Sprachlehrerin empfahl oder auch davon redete, daß sie das Amen nicht finden könnte bei ihren Predigten. Er sagt aus der Erfahrung von seiner Gattin: „Weiber reden vom Haushalten wohl als Meisterinnen mit Holdseligkeit und Lieblichkeit der Stimm und also, daß sie Cicero, den besten Redner, übertreffen; und was sie mit Wohlredenheit nicht zu Wege bringen können, das erlangen sie mit Weinen. Und zu solcher Wohlredenheit sind sie geboren, denn sie sind viel beredter und geschickter von Natur zu diesen Händeln, denn wir Männer, die wir's durch lange Erfahrung, Uebung und Studieren erlangen. Wenn sie aber außer der Haushaltung reden, so taugen sie nichts.“[147] Zur Abwechslung arbeiteten die jungen Eheleute auch in dem umzäunten Klostergarten hinter dem Hause, worin auch ein Brunnen war. Da wurde gegraben und gepflanzt und allerlei Kräuter, Gemüse und Obstbäume, aber auch zierliche Sträucher und Blumen gepflegt. So konnte Luther schon im folgenden Sommer Spalatin einladen: „Ich hab einen Garten gepflanzt, einen Brunnen gegraben, beides mit gutem Glück. Komm, und Du sollst mit Lilien und Rosen bekränzt werden.“ Auch zu dem „Lutherbrunnen“ vor dem Elsterthore wandelten die Ehegatten hinaus, welchen der Doktor 1521 entdeckt hatte und 1526 fassen und mit einem „Lusthaus“ überbauen ließ, in dem er manch liebes Mal in Muße mit seiner Frau und seinen Freunden saß. Sonst ruhten die beiden unter dem Birnbaum im Klosterhofe, der schon zu Staupitz' Zeiten manches ernste Gespräch vernommen[148]. Von dem jungen Ehepaar haben wir ein Bild aus der Werkstatt Kranachs. Die junge Frau, mehr eine zarte als robuste Erscheinung, hat ein ovales Gesicht mit feiner Hautfarbe, die Augenöffnung erscheint ein bißchen „geschlitzt“, die Backenknochen, welche in einem anderen Käthe-Typus sehr stark hervortreten, sind normal. Charakteristisch ist die volle Unterlippe. Die Augenbrauen sind schwach und hoch gewölbt, das wenig üppige feine Haar hat rötliche oder blonde Farbe und die mattblauen Augen schauen verständig drein. Der Eindruck des ganzen Gesichtes läßt nüchternen Ernst und eine gewisse zähe Energie erwarten[149]. Die Zeit der ersten Liebe schildert der Wittenbergische Doktor obwohl „nicht von unmäßiger Liebesglut entflammt“, mit den gleichen Worten wie unser moderner Dichter: „Die höchste Gnade Gottes ist's, wenn im Ehestande Eheleute einander herzlich stets für und für lieb haben. Die erste Liebe ist fruchtbar und heftig, damit wir geblendet und wie die Trunkenen hineingehen; wenn wir die Trunkenheit haben ausgeschlafen, alsdann so bleibet in Gottesfürchtigen die rechtschaffene Liebe, die Gottlosen aber haben den Reuwel.“[150] Freilich diese Zeit seines jungen Ehestandes ging dem Reformator weder als müßig tändelnde Flitterwochen, noch als ein ungetrübtes Idyll dahin. Dafür sorgte der Drang seines gewaltigen Werkes, wie der Haß seiner Gegner. Und mindestens eben so schwer, wie er, hatte seine junge Gattin unter den giftigen und schmutzigen Angriffen zu leiden, die sofort die Heirat des Reformators und ehemaligen Mönchs mit der gewesenen Nonne beleidigten. Luthers Heirat mit Katharina war eine zu ungeheuerliche That in den Augen seiner Zeitgenossen, als daß sie nicht das gewaltigste Aufsehen erregen und auch zu den abenteuerlichsten Verdächtigungen Anlaß geben mußten[151]. Schon sofort nach der Trauung hatte Luther um dieses Werkes willen Schmähungen und Lästerungen zu ertragen. Und nicht nur von den Feinden. Die Klüglinge „belächelten“ seine Ehe oder verdammten sie auch: „Die Weltweisen, auch unter den Unserigen, sind heftig darüber erzürnt.“ Das war nicht nur Dr. Schurf, sondern sogar sein naher Freund Melanchthon; jener hatte gemeint, die ganze Welt, ja die Teufel würden darüber lachen, und Luther würde sein ganzes Werk vernichten. Dieser mißbilligte wohl die That an sich nicht, wohl aber, daß sie nicht opportun sei und unbedachtsam geschehen, so daß die Feinde darin ihr großes Vergnügen haben und lästern; er meinte auch, „Luther habe sich durch Nonnenkünste fangen lassen und sei hereingefallen“[152]. So war es für die Eheleute schon ein Schmerz, daß der Hausfreund nicht bei der Hochzeit war, ja nicht einmal dazu eingeladen werden konnte. Und auf Luther mochte dies Verhalten der Freunde wenn auch nur zeitweilig verstimmend und niederschlagend wirken. Da hatte Käthe wohl eine schwere Aufgabe, ihn aufzurichten und zu ermuntern. Die anderen Freunde, seine Gevattersleute Kranach vor allem, halfen dabei. Und schließlich mäßigte auch Melanchthon seinen Verdruß, ja er tröstete Luther und beeiferte sich, seine Traurigkeit und üble Laune durch Freundlichkeit und fröhliche Unterhaltungen zu erheitern[153]. So kehrte Luthers Gemüt wieder zur alten Lebhaftigkeit zurück. Schon drei Tage nach der Trauung schreibt er an Spalatin mit bezug auf Schurfs Rede im alten Ton frohen und getrosten Trutzes: „Ich habe mich durch diese Heirat so geringschätzig und verächtlich gemacht, daß ich hoffe, es sollen die _Engel lachen_ und die Teufel weinen. Die Welt mit ihren Klüglingen kennet dies Werk nicht, daß es göttlich und heilig sei: sie nennen's an meiner Person gottlos und teufelisch. Derohalben ich auch größeren Gefallen daran habe, daß ihr Urteil durch meinen Ehestand verdammt wird, so daß sich daran stoßen und ärgern die, so ohne Erkenntnis Gottes mutwillig zu bleiben fortfahren“[154]. Viel ärger als die Freunde trieben's natürlich die Widersacher. Emser verfertigte Spott- und Schmähgedichte, ja Eck gab ein ganzes Büchlein von solchen Liedern auf Luthers Hochzeit heraus. Der Herzog Georg von Sachsen, Luthers besonderer Feind, erließ ein Schreiben an Luther, worin er ihn aufs heftigste schalt, und in einem Instruktionsschreiben zum Speierer Reichstag (15. Mai 1526) an Otto von Pack beschimpft er ihn mit der falschen Anschuldigung: „Es erscheint auch klärlich, indem Martinus verworfen hat den Mönchsstand und so auch die Mönche aus dem Kloster zu Wittenberg, daß er desto mehr Raum habe mit seiner Käthchen zu wohnen, davon sich ein ganzer Konvent hat nähren mögen.“ Der theologische König Heinrich VIII. von England, damals noch Defensor Fidei (Verteidiger des römischen Glaubens) nachher Ritter Blaubart, fuhr in einem Briefe den Reformator an: „Was? Du hast ihr nicht nur beigewohnt, sondern, was noch unendlich fluchwürdiger ist, hast sie sogar öffentlich als Gattin heimgeführt!“[155] Diese Schriften — außer der Georgs — waren lateinisch und gingen zunächst in die Gelehrtenwelt. Unter das Volk aber wurden ehrenrührige Verleumdungen gegen die beiden Ehegatten gestreut. Der Humanistenkönig Erasmus machte sich lustig, indem er mit schnödem Witze meint: wenn der Antichrist ein Mönchs- und Nonnenkind wäre, müßte die Welt voll Antichristen laufen; aber die Lüge von einem frühgeborenen Kinde hat er mit boshafter Geflissentlichkeit in seinen Briefen an hohe Herren verbreitet, bis er sie dann widerrufen mußte. Die Heirat Luthers ist dem hochmütigen Humanisten aber immerhin eine Posse, mit der der gelehrte Doktor den Philosophenmantel abgelegt und sich zu einem gewöhnlichen Menschen erniedrigt hätte[156]. Aber noch näher trat der jungen Frau bald nach ihrer Heirat die Schmähung. „Ein Bürgersweib Klara, Eberhard Lorenz Jessners eheliche Hausfrau hat unnütze Worte gehabt und Herrn Dr. Luther und seine ehrbare Hausfrau geschmäht und gescholten,“ freilich „auch des Pfarrers Eheweib übel angefahren“ in Magister Joh. Lubecks Wirtschaft zu Wittenberg[157]. Endlich verfaßten zwei Leipziger Magister, Joh. Hasenberg und Joachim von der Heidten (Miricianus), in Prosa und Poesie lateinische und deutsche Sendbriefe und ließen sie drucken. Hasenbergs Schmähschrift richtete sich „an M. Luder und seine uneheliche Gattin Catharina von Bohra, damit sie entweder mit dem verlorenen Sohn sich bekehren und zur Buße und Heiligkeit des Klosterlebens zurückkehren oder doch Luther seine Nonne ihrem Bräutigam Christus und ihrer Mutter Kirche zurückstelle“ bei Höllenstrafe. Heidten schrieb „Ein Sendbrieff Kethen von Bhora, Luthers vermeynthem eheweib sampt einem geschenk freundlicher Weise zuvorfertigt“. Die beiden jungen Menschen hatten die Frechheit, diese Schriften durch einen eigenen Boten Luther und seiner Frau ins Haus zu schicken, allerdings in der thörichten Hoffnung, wenigstens Käthe von ihrem Manne abwendig zu machen und zur Rückkehr ins Kloster zu bewegen. Natürlich hatten diese beiden Schriften den entgegengesetzten Erfolg. Luthers Diener trieben mit denselben ihren Spott, schickten sie den „jungen Löffeln illuminiert (illustriert) im Hintergemach“ mit dem Boten zurück und dazu ein viereckiges Täfelein, darauf waren die 6 Buchstaben _ASINI_ (Esel) so verteilt, daß man sie von der Mitte aus gesehen, an vierzig mal lesen konnte. Der ritterliche Luther aber nahm sich seines Weibes an und ließ „Eine neue Fabel Aesopii vom Esel und Löwen“ mit behaglichem Witze drucken und sandte sie an seinen Freund Link mit den Worten: „Die Leipziger Esel haben meine Käthe mit albernen Schmähungen verunglimpft; denen ist geantwortet worden, davon du hier vor Augen siehst.“[158] Zu den Beschimpfungen gesellten sich Gefahren. In der Nacht vor Michaelis 1525 hatte Luther es gewagt, im Gebiete seines heftigsten Widersachers, des Herzogs Georg von Sachsen-Meißen, dreizehn Jungfrauen aus dem fürstlichen Kloster Freiberg entführen zu lassen. „Ich habe diese Beute dem wütenden Tyrannen entrissen“, meldet er triumphierend seinem Freund Stiefel. Darüber war natürlich Georg wütend, aber auch der Adel zürnte über Luthers Gewaltthat — mußten doch die Angehörigen der Nonnen durch ihren Austritt Vermögenseinbuße befürchten: sogar adelige _Freunde_ der Reformation nahmen es Luther übel. Es wurden Drohungen gegen ihn laut, und sein Leben stand in Gefahr, wenn er irgendwie einem Haufen Reisiger oder Bauern in die Hände fiele, denn auch die Bauern waren ihm ja seit dem Aufstand wenig günstig. Nun war Luther auf den 19. November zu Spalatins Hochzeit nach Altenburg geladen, wo der ehemalige Geheimschreiber des verstorbenen Kurfürsten jetzt Stadtpfarrer war. Luther wollte durchaus zu des Freundes Ehrentag. Aber Käthe hielt ihn zurück und beschwor ihn sogar mit Thränen vor der gefährlichen Reise. Also daß ihr Gatte heldenmütig seines reformatorischen Befreieramtes waltete und anderen armen Jungfrauen that, was ihr geschehen, und „dem Satan diese Beute Christi abjagte“, das hinderte Frau Käthe nicht, aber das setzte sie durch, daß er sich nicht ohne Not in Gefahr begab. Solche Lebensgefahr mußte sie ja immer für ihren Gatten fürchten, auf welchen wie auf einen Fürsten gar mancherlei Attentate geplant und versucht wurden[159]. Dagegen ließ sie es Ende Februar des folgenden Jahres zu, daß Luther sie nach Segrehna bei Kemberg begleitete. In diesem Dorfe hielt sich damals der ehemalige Schwärmer, Bilderstürmer und Bauernagitator Karlstadt als Bauersmann und Landkrämer versteckt. So viel Schmerzen und Sorgen ihm auch Karlstadt gemacht, Luther hatte sich seines alten Amtsgenossen angenommen und ihm Begnadigung beim Kurfürsten erwirkt. Und jetzt hatte Karlstadt Luthers Gemahlin zur Gevatterin gebeten. Auch zu diesem Liebesdienst war sie bereit, machte nicht nur selbst die beschwerliche Reise, sondern ließ sogar ihren Gemahl mitfahren[160]. Schon in diesem Jahre gemeinsamen Lebens lernte Luther seine Gattin besser verstehen, tiefer lieben und höher achten. Hatte er sie vor der Hochzeit für stolz und hoffärtig gehalten, so schreibt er jetzt: „Sie ist mir gottseidank willfährig, gehorsam und gefällig, mehr als ich hätte hoffen können, so daß ich meine Armut nicht mit des Crösus Reichtum vertauschen möchte.“[161] Melanchthon hatte die Hoffnung ausgesprochen, Luthers Verheiratung werde ihn gemessener machen, und sein ungestümes, derbes Wesen sänftigen. Das dachte wohl auch der Erzbischof Albrecht, der durch seinen Kanzler Rühel, Luthers Schwager, der Frau zwanzig Goldgulden als Hochzeitsgeschenk reichen ließ, welche Katharina gern annahm, Luther aber zurückwies. Erasmus glaubte auch bald die Bemerkung gemacht zu haben, daß Luther milder geworden sei und nicht mehr so viel mit der Feder wüte. Denn, setzt er in gewohnter spöttischer Weise hinzu: „nichts ist so wild, daß ein Weib es nicht zähmt“[162]. Das wird ja im allgemeinen nicht abzustreiten sein. Und tatsächlich ließ sich Luther — aber durch fürstliche Zurede — im versöhnlichen Tone gegen Herzog Georg und König Heinrich VIII. hören — freilich ohne diese dadurch versöhnlich zu stimmen: sie beuteten vielmehr seine Schreiben aus, um ihn verächtlich zu machen. Aber in seinem reformatorischen Beruf hat Käthe ihren Mann weder hindern können noch wollen[163]. Nicht einmal in den ersten Tagen seiner Heirat. Ja, Frau Käthe plante wohl selbst mit ihm während der Vorbereitung zu ihrer Heimführung die Befreiung der Freiberger Nonnen: die Einladung an Koppe zur Hochzeit enthielt zugleich die Aufforderung zu diesem neuen, noch keckeren Klosterraub[164]! Und am Neujahrstag 1526 malte Luther aufs neue in einer Spottschrift das Papsttum mit seinen Gliedern ab und schrieb dazu: „Es meinen etliche, man solle nun aufhören, das Papsttum und geistlichen Stand zu spotten. Mit denen halt ichs nit, sondern muß ihr einschenken, bis nichts Verächtlicheres auf Erden sei, denn diese blutgierige Isabel.“[165] 7. Kapitel. Katharina als Mutter ihrer Kinder und Hausgenossen. Ein Jahr nach ihrer Vermählung am 7. Juni 1526, „da der Tag im Kalender heißt Dat.“ (d.i.: Er giebt) schenkte Käthe ihrem Gatten ein Söhnlein, das war, wie die Eltern mit Freuden sahen, gesund und ohne Fehl. Um 2 Uhr nachmittags kam es auf die Welt, schon um 4 Uhr wurde es nach damaliger Sitte von Diakonus M. Rörer getauft. Taufpaten waren der Superintendent D. Bugenhagen, der Propst Justus Jonas, Luthers Gevatter L. Kranach, der Vizekanzler Baier und in Abwesenheit der Kanzler Müller in Mansfeld. Eine der Patinnen war die Frau des Bürgermeisters Hohndorf. Nach dem Großvater erhielt das Kind den Namen Johannes[166]. Hänschen blieb auch wohlauf, wennschon die Mutter das Stillen nur langsam fertig brachte und das Kind die Milch schwer vertrug. Der Knabe wird bald fröhlich und kräftig und ein homo vorax et bibax (starker Esser und Trinker), lernt auf den Knieen rutschen; zu Neujahr 1527 bekommt er Zähne, lernt stehen und gehen und fängt an zu lallen und mit lieblichen Beleidigungen alle zu schelten. Zur Belohnung für all diese Künste schickt Jonas dem kleinen Hans einen „silbernen Johannes“, ein Geldstück mit dem Bild des Kurfürsten[167]. Bald ist der Zweijährige gar stolz über eine Klapper, die er vom Pfarrer Hausmann geschenkt erhielt (1528). Dieser Erstgeborene wird jahrelang in jedem Brief erwähnt und muß immer und überall hin die Freunde grüßen. Es ist ein herziges Bild, wenn der Vater von seinem Söhnchen erzählt: „Wenn ich sitze und schreibe oder thue sonst etwas, so singet er mir ein Liedlein daher, und wenn er's zu laut will machen, so fahre ich ihn ein wenig an; so singet er gleichwohl fort, aber er machet's heimlicher und mit etwas Sorgen und Scheu. Also will Gott auch, daß wir immer fröhlich sein sollen, jedoch mit Furcht und Ehrerbietung gegen Gott.“ Und wieder saß Hänschen am Tisch und lallete vom Leben im Himmel, wie eine so große Freude da wäre mit Essen und Tanzen, da wäre die größte Lust: die Wasser flössen mit eitel Milch und die Semmeln wüchsen auf den Bäumen. Da freute sich der Doktor über das selige Leben des Kindes[168]. Anderthalb Jahre blieb Hänschen allein, da folgte am 10. Dezember 1527, während die Pest in Wittenberg und im Hause Luthers wütete, ein Schwesterlein, Elisabeth. Jonas gratuliert dem Doktor dazu und scherzt von seinem kleinen Söhnchen: „Mein Sohn begrüßt deine Tochter als seine zukünftige Braut.“ Aber am 3. August des folgenden Jahres in der gefährlichen Zeit des Zahnens starb das zarte Töchterlein und wurde in großer Trauer auf dem Gottesacker vorm Elsterthore bestattet. Da erhielt es einen (noch vorhandenen) kleinen Grabstein mit der lateinischen Inschrift: „Hier schläft Elisabeth, M. Luthers Töchterlein.“ Schwer nur trösteten sich die trauernden Eltern mit dem Gedanken: „Elisabeth ist von uns geschieden und zu Christo durch den Tod ins Leben gereist.“[169] Am 4. Mai des folgenden Jahres wurde ihnen Ersatz für Elisabeth in einem zweiten Töchterlein: Magdalena. Amsdorf, der Magdeburger Superintendent (Bischof), und Frau Goritzen, Gattin des Magisters und späteren Stadtrichters in Leipzig, wurden Paten. Der Gevatterbrief an Amsdorf lautet: „Achtbarer, würdiger Herr! Gott der Vater aller Gnaden hat mir und meiner lieben Käthe gnädiglich eine junge Tochter beschert: so bitte ich Ew. Würden um Gottes Willen, wollet ein christlich Amt annehmen und derselbigen armen Heidin christlicher Vater sein und zu der hl. Christenheit helfen durch das himmlische hochwürdige Sakrament der Taufe[170]. Der Gevatterinbrief lautet: „Gnad' und Fried' in Christo! Ehrbare tugendsame Frau, liebe Freundin! Ich bitt Euch um Gottes willen: Gott hat mir eine junge Heidin bescheret, Ihr wollet so wohl thun und derselben armen Heidin zur Christenheit helfen und ihre geistliche Mutter werden, damit sie durch Euern Dienst und Hülfe auch komme aus der alten Geburt Adams zur neuen Geburt Christi durch die hl. Taufe. Das will ich wiederum, womit ich soll, um euch verdienen. Hiemit Gott befohlen. Amen. Ich hab selbst nicht dürfen ausgehen in die Luft. Martinus Luther.“[171] Als Magdalena heranwuchs, sah das Mädchen dem älteren Bruder Hänschen „über die Maßen gleich mit Mund, Augen und Nase, in Summa mit dem ganzen Gesicht“, und war auch gutmütig und brav wie dieser. Diese zwei ältesten Geschwister hingen auch sehr aneinander. Als Luther im folgenden Jahr während des Augsburger Reichstags in Verborgenheit auf der Koburg weilte und sich dort wie auf der Wartburg den Bart wachsen ließ, um sich unkenntlich zu machen, da ließ Frau Käthe von dem kleinen Lenichen einen Abriß in schwarzer Kreide oder Tusche machen, welches freilich etwas zu dunkel geraten scheint, und sandte es ihm als Herzstärkung in seine „Wüste“, wo der Doktor in Einsamkeit und Thatlosigkeit oft trüben Gedanken nachhing, auch sich gar viel ärgern mußte über den Gang der Dinge in Augsburg; auch war gerade sein Vater gestorben, der alte Hans Luther, was den Sohn tief bewegte, denn er hing mit kindlicher Liebe und Ehrfurcht an ihm. Da der Vater das Konterfei des Töchterchens zuerst ansah, konnt' er sie nicht erkennen. „Ei“, sprach er, „die Lene ist ja schwarz“. Aber bald gefiel sie ihm wohl und dünkte ihm je länger je mehr, es sei Lenchen. Der Doktor hängte die Kontrefaktur gegen den Tisch über an die Wand im Fürstenzimmer, wo er aß, und vergaß über die Maßen viel Gedanken mit dem Bilde.“[172] Das Mädchen wurde vom Vater anders behandelt als der Sohn. Dieser wurde mit Ernst gezogen und Luther wollte, daß man ihm nichts lasse gut sein. Aber mit seinem Töchterlein scherzte er mehr. Dagegen zog die Mutter naturgemäß den Sohn vor, namentlich den erstgeborenen und suchte des Vaters Strenge gegen ihn zu mildern[173]. Am Vorabend vor Luthers Geburtstag, den 9. November 1531, traf zu Wittenberg im schwarzen Kloster wieder ein Sohn ein, der deshalb des Vaters Namen erhielt. Als jetzt der jüngste wurde nunmehr er der Liebling des Vaters. Denn, sagt dieser, „die Eltern haben die jüngsten Kinder stets am allerliebsten. Mein Martinchen ist mein liebster Schatz, denn solche Kinder bedürfen der Eltern Sorge und Liebe wohl, daß ihrer fleißig gewartet wird. Hänschen und Lenchen können nun reden, bedürfen solche Sorge so groß nicht.“[174] Am Namenstag des folgenden Jahres meldet Luther dem Paten Martins, dem gestrengen und ehrenfesten Joh. von Rindesel Kurf. Kämmerer: „Euer Pate will ein thätiger Mann werden, er greift zu und will sein Sinnchen haben.“[175] Der Knabe war, scheint es, kränklich und ein kleiner Taugenichts, so daß der Vater fürchtete, er möchte einmal Jurist werden[176]! Dagegen war Hänschen ein stiller nachdenklicher Bursche, so daß der Vater meinte: „Er ist ein (geborener) Theologe.“ Der jüngste Sohn Paul aber, der am 28. Januar 1533 auf die Welt kam, ein kräftiger mutiger Junge, schien sich zum Türkenkrieger zu eignen. Daran dachte der Vater schon bei seiner Geburt und wählte ihm vielleicht deshalb einen Ritter, Hans von Löser, Erbmarschall und Landrentmeister, zum Paten. Aber auch der Herzog Joh. Ernst von Sachsen, ferner D. Jonas und die Frau des Kaspar Lindemann standen bei Paul zu Gevatter[177]. In dem Gevatterbrief an Löser, der noch in der Nacht des 28. Januar 1533 geschrieben wurde, damit der Knabe nicht lange ein Heide bleibe und schon zur Vesper getauft werde, heißt es: „Ew. Gestrengen wollen sich demütigen Gott zu Ehren für meinen jungen Sohn förderlich und füglich erscheinen, damit er aus der alten Art Adams zur neuen Geburt Christi durch das hl. Sakrament der Taufe kommen und ein Glied der Christenheit werden möchte, ob vielleicht Gott der Herr einen neuen Feind des Papstes oder des Türken erziehen wolle.“[178] Als Hans Löser zur Taufe kam, hat ihn Luther also empfangen: „Gott sei Dank! Ich werde nicht ermangeln, Ew. Gestrengen in andern Sachen zu dienen. Es ist heut ein junger Papst geboren worden; derohalben helfet doch dem armen Schelm, daß er getauft werde.“ Das Kind wurde im Schlosse in einem Becken getauft. Hernach hat Luther seinen Gevatter zu Gaste geladen, da sie denn viel freundliche Diskurse geführt. Luther sagte: „Ich habe meinen Sohn lassen Paul heißen, denn der hl. Paulus hat uns viel große Lehren und Sprüche vorgetragen. Gott gebe ihm die Gnaden und Gaben Pauli. Ich will, so Gott will, alle meine Söhne von mir thun: der Lust zum Krieg hat, den will ich zu Hans Löser thun; der Lust zu studieren hat, zu Jonas und Philipp; der Lust zur Arbeit hat, den will ich zum Bauern thun“[179]. Als eine Art Nachkömmling wurde das um Weihnachten 1534 geborene jüngste Kind angesehen, das nach Luthers (1531) verstorbenen Mutter Margareta genannt wurde. Wenigstens sah der Vater voraus, daß er nicht so alt werden würde, um sie zu versorgen. Darum schrieb er auch, als sie erst vier Jahr alt war, ihrem Paten, dem Pfarrer Probst in Bremen: „Es grüßet Euch meine Frau Käthe und Euer Patchen, mein Töchterlein Margaretchen, der Ihr nach meinem Tode für einen feinen frommen Mann sorgen sollt. Ihr habt sie zum Patchen gewählt, Euch befehle ich sie auch.“ Ein anderer, sehr hoher Pate war der Fürst Joachim von Anhalt, der Luther das „christliche Amt geistlicher Vaterschaft“ angetragen hatte und auch übernahm[180]. Frau Käthe mußte die Kinder oft ihrem Vater bringen, auch ins Studierzimmer, da koste er mit ihnen und machte seine sinnigen Bemerkungen über Kindesnatur und Kindesleben; das zeige uns, wie's im Paradies war und wie's im Gottesreich sein sollte. Der Vater schaute aber auch mit Wohlgefallen zu, wie seine Käthe so freundlich mit ihrem Martinchen redete und so viel Geduld und Erbarmen mit allen Kindern hatte. Luther unterhielt sich mit ihnen übers Christkind, sah zu, wie Martinchen eine Puppe als Braut schmückte und beschützte, freute sich, wenn die Kinder sich zankten und schnell vertrugen als über ein Sinnbild der Sündenvergebung der Gotteskinder; er sah, wie die Kinder um den Tisch saßen und in freudiger Erwartung auf Pfirsiche und Birnen sahen, die darauf lagen, oder den Ast Kirschen, den ihnen Jonas gebracht, und sagte: „Wer da sehen will das Bild eines, der sich in Hoffnung freuet, der hat hier ein rechtes Konterfei. Ach daß wir den jüngsten Tag so fröhlich in Hoffnung könnten ansehen!“ Sein herziger Märchenbrief an sein liebes Söhnichen von der Koburg, ist das schönste Zeugnis eines kinderfreundlichen Gemütes. Von Koburg aus besorgte Luther seinem Haus ein groß schön Buch von Zucker aus dem schönen (Märchen-)Garten in Nürnberg. Auch sonst bringt er seinen Kindern von seinen Reisen immer „Jahrmarkt“ mit. Regelmäßig auch sendet er aus der Ferne Grüße und Küsse an Hänschen und Lenchen[181]. Die Gespielen der Lutherischen Kleinen waren Melanchthons und Jonas' Kinder („Lippus“ und „Jost“ im Märchenbrief). Der Spielplatz war der große Klosterhof; da tummelten sie ihre Steckenpferde und schossen mit Armbrüsten, lärmten mit Pfeifen und Trommeln, tanzten oder „sprangen der Kleider und des Baretts“; auch ein Hündlein durften die Kinder halten. Später richtete der Vater Luther für sie und die andern jungen Hausgenossen auch einen Kegelplan ein und sah zu, wie sie sich vermaßen, zwölf Kegel zu treffen, wo doch nur neun auf dem „Boßleich“ standen, und schließlich froh waren, eine nicht zu fehlen. Ja, er selbst maß sich hie und da als ein Meister des Spiels mit ihnen, „schub einmal die Kegel umbwärts, das andere Mal seitwärts oder über Eck“[182]. Aber Luther betete auch täglich den Katechismus mit seinem Sohn Hansen und seinem Töchterlein Magdalene und die Kinder selbst mußten „bei Tisch beten und herlesen“; und auch sonst waren sie von Vater und Mutter angehalten zum Gebet für die Gönner und Schützer der Reformation, für das Heil der Kirche und des Vaterlands. Martin und Paul hatten des Vaters musikalische Anlagen geerbt und mußten nach der Mahlzeit — allein oder mit andern — die liturgischen Gesänge der jeweiligen Kirchenzeit vortragen. Auch die kleine Margarete lernte mit fünf Jahren schon mit schöner Stimme singen: „Kommt her zu mir alle“ und anderes[183]. In ihren Kindern sahen die Eltern ihr höchstes Glück und ihren schönsten Schatz. „Kinder binden, sie sind ein Band der Ehe und Liebe“, pflegte Luther zu sagen. Er fand in ihnen seinen Trost und seine Erholung von seinen Welt- und Kirchensorgen. „Ich bin zufrieden; ich habe drei eheliche Kinder, die kein papistischer Theolog hat, und die drei Kinder sind drei Königreiche, die habe ich ehrlicher und erblicher denn Ferdinandus Ungarn, Böhmen und das römische Reich“[184]. Freilich, was für den Vater in seinen Mußestunden und bei Tisch eine Freude und Erholung war, das brachte der Mutter Arbeit, Sorge und Schmerzen. Es war doch keine Kleinigkeit für die vielbeschäftigte Hausfrau in acht Jahren sechs kleine Kinder zu haben, zu pflegen und zu erziehen — denn auf ihr lag doch das Hauptgeschäft der Erziehung. Und ihr Gatte sah das ein und bemerkte einmal, daß nur unser Herrgott sich von seinen Menschenkindern mehr gefallen lassen müsse als eine Mutter[185]. Da war es denn ein großer Segen, daß Frau Käthe in ihrem Hause eine Stütze fand an ihrer Tante, _Magdalene von Bora_. Diese war bald nach ihrer Nichte selber aus Nimbschen entwichen und wohnte jetzt im schwarzen Kloster in einem besonderen Stüblein. Sie war als „Muhme Lene“ der gute Hausgeist, die echte und rechte Kindertante in der Lutherischen Familie. Als Siechenmeisterin hat sie sich ja zum Warten und Pflegen schon im Kloster ausgebildet. Und so wartete und hütete sie die kleinen Großneffen und Großnichten, spielte und betete mit ihnen, verwöhnte sie auch wohl und vertuschte ihre bösen Streiche, pflegte sie in den Kinderkrankheiten und war auch für Frau Käthe in ihren Kindbetten und Krankheiten die sorgsame Pflegerin und Lehrerin. Luther will in dem Märchenbrief von der Koburg an sein Söhnchen Hans die „Muhme Lene“ auch mitbringen lassen in den schönen Wundergarten und läßt sie grüßen und ihr einen Kuß „von meinetwegen“ geben; und auch sonst sendet er Muhme Lene seine Grüße[186]. Zu den eigenen Kindern im Lutherischen Hause kamen bald andere. Zunächst Verwandte, Neffen und Nichten, dann aber Kinder von Freunden und Bekannten, und endlich fremde Kostgänger. Der erste war Cyriak Kaufmann, der Sohn einer Schwester Luthers; er kam als Studiosus nach Wittenberg und wurde am 22. November 1529 immatrikuliert. Er begleitete 1530 seinen Oheim auf die Koburg und dieser schickte ihn im August nach Augsburg, daß er sich in der großen Stadt einmal das Treiben eines Reichstags ansehe; dann mußte er wieder zu seinen Studien nach Wittenberg; auf der Heimreise brachte er von Nürnberg den Lebkuchen für seinen kleinen Vetter Hans Luther mit[187]. Luthers Schwager und Schwester Kaufmann starben früh und so kamen allmählich alle fünf Waisen derselben zu ihrem Oheim nach Wittenberg, außer dem genannten Cyriak noch seine jungen Geschwister, die Brüder Fabian und Andreas, welche 1533 am 8. Juni frühzeitig mit dem erst siebenjährigen Hans Luther zu Wittenberg als akademische Bürger eingeschrieben wurden, und die Schwestern Lene und Else. Es war keine Kleinigkeit, fünf elternlosen Kindern Vater und besonders Mutter zu sein, zumal, da sie nicht alle wohlgeraten waren und namentlich Lene Sorge machte, so daß Luther einmal erklärte, wenn sie nicht gut thun wolle, werde er sie einem schwarzen Hüttenknecht (Bergmann) geben, statt einen frommen und gelehrten Mann mit ihr betrügen. — Schließlich kam zu den zwei Nichten noch eine kleine Großnichte, Anna Strauß, die Enkelin einer Schwester Luthers[188]. Mit Cyriak Kaufmann war ein andrer Schwestersohn, Hans Polner, als Student ins Haus gekommen, der an Peter Weller anbefohlen wurde. Aber Frau Katharina war aufgetragen zuzusehen, „daß er sich gehorsamlich halte“, und auch sonst mußte sie für ihn sorgen. Dieser Polner wartete als Famulus dem Doktor auf, studierte Theologie und predigte einmal in der Pfarrkirche; die Doktorin meinte, den hätte sie viel besser verstehen können, als D. Pommer, welcher sonst von dem Thema weit abweiche und andre Dinge in seine Predigt mit einführe, oder, wie Jonas sich ausdrückte, unterwegs manchen Landsknecht anspreche[189]. Noch ein Neffe Luthers, seines Lieblings-Bruders Jakob Sohn, Martin, wurde später zur Erziehung der Doktorsfamilie übergeben und 1539 an der Universität eingeschrieben; ebenso Florian von Bora, der Sohn von Käthes ältestem Bruder. Martin und Florian wurden zusammen mit den Kindern Luthers unterrichtet. Einer der Neffen sollte einmal zu Camerarius auf die Schule kommen; später kam Florian mit Hans nach Torgau[190]. Schließlich wurden dem Lutherischen Hause noch allerlei Schüler und angehende Studenten anvertraut, welche in dem Kloster wohnten, aßen und unterrichtet wurden. Für die eigenen und fremden Kinder wurden nun, bei der großen anderweiten Inanspruchnahme Luthers, „allerlei Zuchtmeister und Präzeptoren“ nötig: ältere Studenten, junge Magister, auch Leute von gesetztem Alter, welche noch einmal die Universität bezogen, um ihre Kenntnisse zu erweitern oder die neue evangelische Theologie zu studieren. Sie waren in Luthers Familie Hausgenossen und Tischgesellen, unterstützten auch etwa Luther in seinen Arbeiten, ja auch (wie z.B. Neuheller) Frau Käthe in der Wirtschaft und Aufsicht über das Gesinde. So waren nach und neben einander im Hause als „Schulmeister“ und Luthers Gehülfen die Nürnberger Veit Dietrich (1529-34) und Besold (1537-42), Cordatus (1528-31), die Freiberger Hieronymus und Peter Kelter (1530), Joh. Schlaginhaufen (1531-32), Jodocus Neuheller (Neobulus) (1537-38) aus Lauterburg, Jakobus Lauterbach (1536-39), Schiefer (1539-41), ein Franziskus und zuletzt Rutfeld (1546). Diese Präzeptoren hatten sogar oft wieder ihre eigenen Zöglinge, welche mit im schwarzen Kloster wohnten und aßen oder auch nur dort unterrichtet wurden. Der Unterricht begann oft in sehr frühen Jahren: der junge Hans Luther mußte schon mit vier Jahren tüchtig „lernen“, hauptsächlich wohl lateinisch sprechen — wie es heute mit dem Französischen geschieht. Außer den Magistern hatte Luther noch Famuli, nicht nur seinen lebenslänglichen Diener Wolf, sondern auch andere, wie der „fromme Gesell“, welcher „etliche Jahre treulich, fleißig und demütig gedienet hat und altes gethan und gelitten“ und 1532 wegzog. Der Famulus diente bei Tisch, schenkte ein, besorgte Gartengeschäfte, machte Ausgänge, schrieb auch für Frau Käthe Briefe[191]. Sogar eine Lehrerin wurde nach Wittenberg ins schwarze Kloster berufen: nämlich im Jahre 1527 hat Luther auch eine Mitschwester Frau Käthe's, die ehemalige Nonne und Flüchtlingin von Nimbschen, die „ehrbare, tugendsame Jungfrau Else von Kanitz“ eingeladen auf eine Zeitlang nach Wittenberg zu kommen. „Denn ich gedacht Euer zu brauchen, junge Mägdelein zu lehren und durch Euch solch Werk andern zum Exempel anzufahen. Bei mir sollt Ihr sein zu Hause und zu Tische, daß Ihr keine Fahr noch Sorge haben sollt. So bitte ich nu, daß Ihr mir solchs nicht wollt abschlagen.“ Die Kanitz kam aber nicht. Dafür erscheint jetzt ein Fräulein Margarete von Mochau, wahrscheinlich die Schwester von Karlstadts Frau, im Klosterhause und wird ihre Stelle vertreten haben[192]. Natürlich fehlte es bei dem großen Haushalt auch an sonstigem Gesinde nicht und da gab es, wie überall gute und schlechte, dankbare und undankbare, getreue und ungetreue Dienstboten. Alle aber wurden zur „Familie“ gerechnet und nahmen an der Hausandacht teil. Und der abwesende Hausvater verfehlte nicht in seinen Briefen, das „gesamte Gesinde“ grüßen zu lassen. Aber er ermahnt es auch, daß sie im Haus kein Aergernis gäben. Oft scherzt er in seinen Briefen über Trägheit und Bequemlichkeit seiner Dienstleute: so wenn er aus Nürnberg Handwerkszeug bestellt, welches von selber geht, wenn Wolf schläft oder nachlässig ist, oder einen Kronleuchter, der sich von selber putzt, damit er nicht zerbricht oder beschädigt wird von der zornigen oder schläfrigen Magd[193]. Natürlich auch Gäste aller Art verkehrten im Schwarzen Kloster oder wohnten darin in kürzerem oder längerem Aufenthalt, oft monate-, ja jahrelang: vertriebene oder stellenlose Prediger, flüchtige Fremde, entwichene Mönche und Nonnen, Besuche und Festgenossen, „armseliges Gesindlein“ und fürstliche Damen. So beherbergte das Lutherhaus 1525 mehrere adlige Ordensschwestern; 1528 einige Monate lang sogar die Herzogin Ursula von Münsterberg, Herzog Georgs eigene Base, die mit zwei getreuen Klosterfrauen dem Nonnenkloster zu Freiberg entflohen war; und zu Pfingsten 1529 wieder drei Adelige aus demselben Konvent. Außerdem kamen auch allerlei Mönche, sogar aus Frankreich, ins Lutherhaus nach Wittenberg, als der allgemeinen Zufluchtsstätte aller religiös Bedrängten. So hat Herzog Georg in begreiflichem Zorn, wenn auch mit unwahren Behauptungen, Luther beschuldigt: „Du hast zu Wittenberg ein Asylum eingerichtet, daß alle Mönche und Nonnen, so uns unsre Klöster berauben mit Nehmen und Stehlen, die haben bei Dir Zuflucht und Aufenthalt, als wäre Wittenberg, höflich zu reden, ein Ganerbenhaus aller Abtrünnigen des Landes“[194]. Ja, die Wittenberger Freundinnen des Hauses, Bugenhagens und Dr. A. Schurfs Frauen, warteten im schwarzen Kloster ihr Wochenbett oder ihre Krankheit ab[195]. Aber auch fürstliche Gäste suchten das gastliche Haus der Luther'schen Eheleute auf. Die Kurfürstin Elisabeth von Brandenburg hatte sich, besonders durch den Einfluß ihres evangelisch gesinnten Leibarztes Ratzeberger, der Reformation zugewandt, während ihr altgläubiger Gemahl Joachim I. streng darauf sah, daß das Lutherische Gift nicht über die sächsische Grenze herüberkäme. Da mußte er von seiner 14jährigen Tochter Elisabeth zu seinem Schrecken erfahren, daß seine eigene Gemahlin im Berliner Schlosse heimlich das Abendmahl unter beiderlei Gestalt genommen habe. Er sperrte die Kurfürstin ein; das Gerücht ging, er wolle sie einmauern lassen. Da entwich sie mit Hilfe ihres königlichen Bruders Christiern, der damals landflüchtig in Deutschland umherirrte, samt Dr. Ratzeberger (März 1528) und floh zu ihrem Oheim Kurfürst Johann nach Sachsen. Ihren Wohnsitz erhielt sie auf Schloß Lichtenberg, hielt sich aber oft in Wittenberg auf und verkehrte viel im Klosterhause mit Luther und Frau Käthe; sie stand sogar zu einem der Kinder Gevatter[196]. Auch der Fürst Georg von Anhalt wollte im schwarzen Kloster Aufenthalt nehmen, um Luthers Umgang und Geist recht zu genießen. Aber sein Vizekanzler mußte ihm davon abraten, da das Haus zu voll sei. So wurde „das Haus des Herrn Doktor Luther von einer buntgemischten Schar studierender Zöglinge, Mädchen, alter Witwen und artiger Kinder bewohnt. Darum herrschte viel Unruhe darin“[197]. Da begreift es sich, daß, als der junge Hans anfangen sollte ernstlich zu lernen, er der größeren Muße wegen aus dem Hause gethan wurde — vielleicht nach Torgau. Zu Neujahr 1537 ist der elfjährige Sohn irgendwo auf der Schule, wo er durch seine „Studien“ und lateinischen Briefe dem Vater Freude machte. Dieser erlaubt ihm, namentlich auf Bitten von Muhme Lene, zu den nächsten Fastnachtsferien nach Hause zu kommen zu Mutter und Muhme, Schwestern und Brüdern[198]. Zu allen Haus- und Tischgenossen im Kloster kamen nun noch die täglichen Besuche und Gäste von Bekannten, Freunden, Verwandten, Amtsgenossen und Mitbürgern: so aus der Ferne die Geistlichen Amsdorf und Spalatin, Hausmann und Link, die Hofherren und Ritter Taubenheim und Löser, Bruder Jakob oder Schwager Rühel von Mansfeld, Käthes Bruder Hans, Abgesandte aus aller Herren Länder, Staatsmänner und Kirchenbeamte aus England und Frankreich, aus Skandinavien und Böhmen, Ungarn und Venedig; Stadträte und Bürger von allen sächsischen und deutschen Städten, wandernde Magister und fahrende Schüler. Aus Wittenberg selbst verkehrten als liebe und häufige Gäste vor allem Magister Philipp (Melanchthon) und Frau; die Gärten der beiden Häuser waren nicht weit von einander und — wie man wenigstens heute erzählt — ein Thürlein zwischen beiden vermittelte den Verkehr der zwei Familien. Gerngesehene Hausfreunde waren auch der Propst Jonas und seine Gattin; ferner noch andere Gevattersleute, der Superintendent Bugenhagen, M. Kreuziger, M. Rörer, der Buchdrucker Hans Lufft, der Meister Lukas Kranach mit seiner Frau und der alte Meister Claus Bildenhauer oder „Bildenhain“, wie Sophiele Jonas ihn zu nennen pflegte, ein wackerer Künstler, der auch manchmal zu Tische war; von ihm kaufte Luther später einen Garten. Mit ihm, der auch schon „zu viele Ostereier gegessen“, gedachte Luther gern der guten alten Zeiten[199]. Da wurde denn droben in der Familienstube um den großen Eichentisch oder unten im Hof unter dem schattigen Birnbaum oder auch wohl vorm Elsterthor draußen bei dem murmelnden Lutherbrunnen Gesellschaft und Mahlzeit gehalten und Frau Käthe mußte die Wirtin machen, ihr treffliches Hausbräu aufsetzen und auch zu den Kosten der Unterhaltung ihr Scherflein beitragen. 8. Kapitel Katharinas Haushalt und Wirtschaft[200]. Für eine so zahlreiche Haus- und Tischgenossenschaft galt es eine Menge Gemächer zu beschaffen und auszustatten; es mußte Küche und Keller in großem Maßstabe in stand gesetzt werden; es war nötig, Stall und Garten zu besorgen; es war erforderlich Markt und Einkauf, Rechnung und Vermögensverwaltung zu verstehen; und endlich zur Regierung eines so umfangreichen Hauswesens mit seinen vielen und vielerlei Gliedern, Tischgängern und Hofmeistern, Kindern und Gesinde galt es eine weise Umsicht, aber auch ein strammes Herrschaftstalent zu entfalten. Das alles fiel nun der Hausfrau anheim. Denn es wäre unmöglich gewesen, daß Luther neben den gewaltigen Arbeiten seines Berufs als Prediger, Seelsorger, Professor, Ratgeber für einzelne Personen wie ganze Städte und Länder, als Reformator nicht nur Deutschlands, sondern der halben Christenheit sich um die Hauswirtschaft kümmern konnte, namentlich eine so umfangreiche, die allein schon eine ganze Menschenkraft erforderte[201]. Sodann aber war es des Doktors Anschauung, daß in Haus und Wirtschaft die Frau zu walten und zu regieren habe: „Das Weib habe das Regiment im Hause, ohnbeschadet des Mannes Recht und Gerechtigkeit; dafür ist es geschaffen. Denn das ist wahr, die häuslichen Sachen, was das Hausregiment betrifft, da sind die Weiber geschickter und beredter als wir.“ „Ich bin zur Haushaltung sehr ungeschickt und fahrlässig. Ich kann mich in das Haushalten nicht richten. Ich werde von meinem großen Hauswesen erdrückt.“ Vor so etwas hatte er sich schon als Junggesell gefürchtet. 1523 sagte er: „Nimmst Du ein Weib, so ist der erste Stoß: wie willt Du nun Dich, Dein Weib und Kind ernähren? Und das währet Dein Lebenlang; beim ersten Kind denken die Eltern daran, ein Haus zu bauen, Vermögen zu erwerben und die Nachkommenschaft zu versorgen“[202]. Andererseits aber war auch Frau Käthe so veranlagt und gewillt, daß sie dies Regiment gerne führte und ihrem Gatten alles das fernhalten wollte, was ihn in seiner Wirksamkeit hindern und stören konnte. Und Luther ließ sich das gerne gefallen. „Meine Frau kann mich überreden, wie oft sie will, denn sie hat die ganze Herrschaft allein in ihrer Hand, und ich gestehe ihr auch gerne die gesamte Hauswirtschaft zu“[203]. So richtete nun Katharina zunächst das Haus her und ein, und der Kurfürst und die Stadt Wittenberg, die Freunde des Hauses und die Eltern der Kostgänger stifteten dazu mancherlei Baubedarf und Geräte. Das schwarze Kloster war 1502 von Staupitz mit Unterstützung des Kurfürsten gebaut, aber nur zu einem Drittel vollendet worden. Die Kirche war nur angefangen, die Wirtschaftsgebäude kaum vorhanden. Eigentlich war nur das sog. Schlafhaus (dormitorium), die früheren Wohnräume der Mönche fertig, die für 40 Menschen reichten. Aber die Zellen — meist im dritten Stock — waren zahlreich, dagegen klein, und daher mußte wohl manche Wand durchgebrochen und manche auch aufgerichtet werden. Auf der Gartenseite war ein größerer Saal (jetzt die Aula) und ein kleinerer, welche beide von Luther zu Vorlesungen und Hausandachten benutzt wurden. Ein Zimmer daneben hatte oder erhielt eine Thüre in Luthers Studierstube. Im oberen Stock wurden die Gelasse zu Gastzimmern für die mancherlei Hausgenossen benutzt. Das Erdgeschoß hatte Frau Käthe zu Wirtschaftsräumen eingerichtet und zum leichteren Verkehr mit dem Oberstock eine Treppe in das Zimmer neben das Schlafgemach führen lassen. Im Jahre 1539 auf 40 erfreute Frau Käthe ihren Gatten mit einem sinnigen Geschenk: aus Pirna ließ sie — durch den dortigen Pfarrer Lauterbach — eine schöngearbeitete Pforte aus weißem Sandstein kommen, einen Spitzbogen mit hübschen Stäben; auf der einen Seite Luthers Brustbild, auf der anderen sein Wappen, die weiße Rose mit dem roten Herzen und schwarzen Kreuz darin, vom goldenen Ring der Ewigkeit umfaßt, und die lateinische Inschrift: „Im Stillesein und Hoffen ruht meine Stärke.“ Auf beiden Seiten der Thüre waren zwei Sitze angebracht zum Ausruhen am Feierabend[204]. Der Klosterhof war gegen die Straße mit einem Zaun abgeschlossen; später kamen an das Thor zwei Buden, wohl für die Bewachung des Anwesens in der unruhigen und gefährlichen Zeit des Festungsbaues, wo die Stadtmauern am Elsterthor abgerissen und die Stadt allem Gesindel geöffnet war[205]. An der Westseite des Hofes wurden nun allerlei Wirtschaftsgebäude errichtet. Eine Braustube war schon im Kloster vorhanden; denn der Kurfürst hatte diesem die Braugerechtigkeit für 12 „Gebräude“ verliehen; diese ging auf den neuen Besitzer über und wurde von Frau Käthe selbst ausgeübt. Das war ein großer Vorteil für den starken Haushalt; denn das Bier war in Wittenberg auffällig teuer: die Kanne kostete drei Pfennige. Aber die Herstellung des Brauhauses und die Geräte kosteten 150 fl. Eine Badestube mit Wanne und Ständer baute sie nun auch und D. Lauterbach mußte ihr das Baumaterial dazu besorgen. Auch allerlei Viehställe ließ sie errichten und hielt Pferde, Kühe und namentlich Schweine, um Arbeitskräfte, Milch und Fleisch für den Hausbedarf zu haben: Schon 1527 hatte man einen Stall voll Schweine, mehr als fünf Stück; 1542 waren es zehn und drei Ferkel, so daß ein eigener Schweinehirt gehalten werden mußte; ferner hatte Käthe mehrere Pferde, fünf Kühe, neun Kälber und eine Ziege mit zwei Zicklein. Ein Hühnerhof lieferte die nötigen Eier. Endlich wurden auch noch einige Keller ausgebessert oder neu angelegt, so der Weinkeller, der neue Keller und der große Keller. Bei der Besichtigung des letzteren kam das Ehepaar fast um's Leben, denn das Gewölbe stürzte hinter ihnen ein, gerade als sie es besichtigt und eben herausgetreten waren[206]. Im Laufe der Zeiten wurden in dem halbfertigen Hause gar mancherlei Reparaturen nötig und ebenso allerlei Neubauten. So erhielten Johann Crafft und M. Plato ihre Stübchen, auch der Sohn Hans, als er herangewachsen war; Muhme Lene hatte ihr Stüblein mit Kammer und Schornstein — jedes kostete 5 fl. herzurichten. Die obere Stube und Kammer kam aber auf 100 fl. zu stehen und die untere auf 40 fl. Außer dem großen Keller, der (mit dem „Schaden“ beim Einsturz) auf 130 fl. gekommen war, wurde noch der neue Keller für 50 fl. gebaut und ein Weinkeller für 10 fl. eingerichtet. Endlich wurde noch ein „new Haus“ gebaut, welches 400 fl. kostete. Die Treppe mußte zweimal hergestellt werden und das Dach öfters geflickt[207]. Dazu brauchte es manches Tausend Dachsteine (Ziegel) und Backsteine, auch nicht wenige Tonnen und Wagen Kalk, besonders in den Baujahren 1535-39: 280 Wagen Kalk und 12500 Mauersteine und 1300 Dachsteine und wieder von beiden Arten zusammen 2600. Freilich, das Tausend „Dachsteine“ kostete nur 40 Groschen, Mauersteine 57 Groschen und der Wagen Kalk nur 4-5 Groschen. Das lieferte die Stadt, aus der eigenen Brennerei. Luther machte sie bezahlt durch seine Dienste (unentgeltliche Predigt und Seelsorge u.a.) und durch Abtretung von Boden an seinem Klosterhof. Im Jahre 1542 hatte Luther allein 1155 fl. verbaut[208]. Später erlebte man im Lutherhause schweren Ärger durch den neuen Festungsbau. Der Zeugmeister Friedrich von der Grüne war den Lutherschen offenbar nicht grün. Er verschüttete nicht nur — mit Luthers Bewilligung — das untere Gemach, sondern auch ohne Not und Zustimmung das mittlere, verderbte das Brauthor, bedrohte die Gartenmauer und die Erdmauer am hinteren neuen Haus. Und wie der Herr, so machten's die Knechte: die Deichknechte warfen Fenster ein und trieben sonst noch allerlei Mutwillen. Luther fürchtete sogar für seine geliebte Studierstube, darin er so viele schwere Stunden mit Studieren und Anfechtungen erlebt, „daraus er den Papst gestürmet“ und seine wunderbaren Schriftwerke und Episteln in die Welt gesandt. Da mußte der Doktor einen gar zornigen Brief an den Zeugmeister schicken, der wahrscheinlich seinen Eindruck nicht verfehlte[209]. Im Hof, dem ehemaligen Spitalkirchhof, waren die Fundamente der Kirche angelegt, aber nur der Erde gleichgebracht. Mitten in diesen Fundamenten stand eine alte Kapelle „von Holz gebaut und mit Lehm beklebt; diese war sehr baufällig, war gestützt auf allen Seiten. Es war bei 30 Schuhen lang und 20 breit, hatte ein klein alt rostig Vorkirchlein, darauf 20 Menschen kaum mit Not stehen konnten. An der Wand gegen Mittag, war ein Predigtstuhl von alten Brettern, die ungehobelt, ein Predigtstühlchen gemacht, etwa 1-1/2 Ellen hoch von der Erde, worauf Luther einst gepredigt hatte. In Summa, es hatte allenthalben das Ansehen, wie die Maler den Stall malen zu Bethlehem, darinnen Christus geboren worden.“ Erst im Jahre 1542 fiel es der Befestigung zum Opfer; Luther „murrte ärger darüber als Jona über die verdorrte Kürbisstaude“[210]. Der Hof war mit einem Bretterverschlag gegen die Straße abgeschlossen und wie der Kirchhof mit Bäumen bepflanzt. Darin liefen Hühner, Gänse, Enten, Tauben; Singvögel nisteten im Gebüsch, Spatzen flogen zu und wurden von einem Hündlein gescheucht[211]. Sonst diente er zum Tummelplatz der Kinder, zum Spielplatz und Kegelschieben. Zur Ausstattung des großen Haushaltes mußte gar viel angeschafft und geschenkt werden. Von der Klosterzeit waren noch einige Sachen da: zinnerne Gefäße und Küchen- und Gartengeräte als Schüsseln, Bratspieße, Schaufeln, freilich recht verbraucht und schadhaft, keine 20 fl. wert. Das mußte bald ergänzt und ersetzt werden. So auch der wurmstichige Kasten Dr. Zwillings in Torgau. Dieser bot einen andern an; Frau Käthe wundert sich über den hohen Preis, den er kosten solle: 4 Florin, erkundigt sich, ob er „reinlich“ sei, mit einem „Sedel“ (Sitzkasten) „für leinen Gerät darin zu legen, da nicht Eisen durchgeschlagen das Leinen eisenmalich macht“; sonst wollte sie sich einen in Wittenberg machen lassen. Einen „Schatzkasten“ hatte das Ehepaar bereits, nur war er „wohl tausendmal zu weit“ für ihren Schatz; 1532 hatten sie nur einen einzigen Becher. Doch füllte sich der Schrein allmählich mit silbernen Bechern, Ringen, Denkmünzen und andern Kleinodien. Auch geerbt hatten sie einen fast zu köstlichen Pokal, den der Augsburger Bürger Hans Honold dem großen Doktor vermachte. Von Nürnberg schenkte der evangelische Abt Friedrich eine kunstreiche Uhr, die das Lutherische Ehepaar gebührend bewunderte; 1529 kam eine zweite (von Link) und 1542 eine dritte dazu. 1536 schickten die Ältesten der Mährischen Brüder ein Dutzend böhmische Messer[212]. Eine ständige Ausgabe machten die Anschaffungen für Leinwand, Betten, Federn, Leuchter in die Schlafkammern; für zinnerne Kannen, Schüsseln, Teller, Becken, Kesseln, Pfannen in die Küche; für Schaufeln, Grabscheite, Gabeln, „Schupen“, Mulden, Radbarn (Schubkarren) in den Garten; für Fässer, „Gelten“ (niedere Kübel), Eimer in Keller und Waschküche; für Geschirr und Wagen zum Fuhrwerk[213]. Das Klosterhaus war bisher zwar im thatsächlichen Besitze Luthers; aber eine förmliche Verschreibung hatte er nicht, nur durch mündliche Abmachung war das Gebäude mit seinen Gerechtigkeiten ihm vom Kurfürsten überlassen. Diesem hatte es Luther, der letzte Mönch des Wittenberger Augustinerkonvents, als dem jüngsten Erben zur Verfügung gestellt. Nunmehr aber betätigte der ihm so wohlgewogene Kurfürst Johann vor seinem Tode der Lutherschen Familie den Besitz des Anwesens vorbehaltlich des Vorkaufsrechtes für Staat und Stadt in einer förmlichen Verschreibung. Die Urkunde besagt[214]: „Von Gottes Gnaden Wir Johann Herzog von Sachsen thun kund männiglich: Nachdem der ehrwürdig und hochgelahrte unser lieber andächtige Herr M. Luther D. aus sonderlicher Gnad und Schickung Gottes sich fast vom Anfang bei unser Universität zu Wittenberg mit Lesen in der heiligen Schrift, Predigen, Ausbreitung und Verkündung des heiligen Evangelii u.s.w. bemüht, so haben Wir in Erwägung des alles und aus unser selbsteigenen Bewegnis unersucht obgen. D.M. Luther, Katharin seinem ehelichen Weib und ihrer beider Leibeserben die neu Behausung in unserer Stadt Wittenberg, welche hievor das „Schwarze Kloster“ genannt war, darinnen D. Martinus seither gewohnt, mit seinem Begriff und Umfang samt dem Garten und Hof zu einem _rechten freien Erbe_ verschrieben und sie damit begabt und begnadet als ihr _Eigen_ und _Gut_.... Geben auch vielgenanntem Doktor und seiner ehelichen Hausfrau aus sonderlichen Gnaden diese _Freiheiten_, daß sie zu ihrer beider Lebtag aller bürgerlichen Bürden und Last derselben frei sein, also daß sie keinen Schoß noch andre Pflicht wie Wachen und dgl. davon sollen thun und mögen gleichwohl brauen, mälzen, schänken, Vieh halten und andere bürgerliche Handtirung treiben. ... Zu Urkund ... Torgau, 4. Febr. 1532.“ „Es war Wittenberg bis daher eine arme, unansehnliche Stadt mit kleinen alten häßlichen, niedrigen hölzernen Häuslein, einem alten Dorfe ähnlicher als einer Stadt. Aber um diese Zeit kamen Leute aus aller Welt, die da sehen, hören und etliche studieren wollten.“ Da wurde nun freilich gebaut und gebessert. Aber in dem kleinen Städtchen mit seinen paar tausend Einwohnern und ebensoviel Studenten waren die alltäglichen Bedürfnisse nicht gar leicht zu bekommen. Melanchthon schon beklagte sich bei seiner Uebersiedlung nach Wittenberg, daß da nichts Rechtes zu bekommen sei und Luther schreibt selbst: „Es ist unser Markt ein Dr. ...“ Dazu war es teuer genug. Und so mußte Frau Luther nicht nur einen Kasten, einen Pelzrock für die kleine Margarete nach angegebenem Maß von auswärts bestellen, sondern allerlei Bedürfnisse, Sämereien, Stecklinge, sogar Borsdorfer Aepfel, ja Butter und Käse mußte sie von weither aus Pirna durch den dortigen Pfarrer Lauterbach oder von Erfurt und Nürnberg kommen lassen[215]. Als Käthe für Luthers Großnichte die Hochzeit ausrichten sollte (Januar 1542), mußte ihr Gatte an den Hof nach Dessau um Wildbret schreiben. „Hie ist wenig zu bekommen, denn die Menge (der Einwohner) und viel mehr die Aemter und Hoflager haben schier alles aufgefressen, daß weder Hühner, noch ander Fleisch wohl zu bekommen, daß, wo es fehlet (am Wildbret) ich mit Würsten und Kaldaunen muß nachfüllen.“ Natürlich mußte sie auch Mehl kaufen, während Landpfarrer solches zu Kauf anboten, und Frau Käthe konnte es sehr verdrießen, wenn ein solcher ihr, weil sie die Frau Doktorin war, für den Scheffel neunthalb Groschen forderte, also mehr als die Bauern. Und ebenso vermerkte sie übel, daß die Wittenberger drei Pfennig für ein Kandel Bier begehrten[216]. Wie alle Stadtbewohner des Mittelalters, auch die Professoren, Jonas, Melanchthon u.a.[217], so strebte darum auch Frau Katharina nach liegenden Gründen; als ehemaliges Edelfräulein und Klosterfrau hatte sie ohnedies eine besondere Neigung zum Grundbesitz, und auch Luther hatte seine Freude wenigstens an der Natur und der Landwirtschaft. So hielt man es auch für die sicherste Anlage und eigentliches Erbe für die Nachkommen, „Feld und Gut zu hinterlassen“, und auch Frau Käthe „hoffte zu Gott, er werde ihren Kindern, so sie leben und sich frommlich und ehrlich halten werden, wohl Erbe bescheren“[218]. Freilich ist der Boden auf dem rechten Elbufer, wo Wittenberg liegt, wie Luther klagt, drei Meilen herum, sandige und steinige Heide, so daß bei windigem Wetter nach dem Witzwort 99 Prozent Landgüter in der Luft herumfliegen. Er fuhrt den plattdeutschen Spruch im Mund: Ländicken, Ländicken Du bist ein Sändicken! Wenn ik dik arbeite, So bist du licht (leicht); Wenn ik dik egge, So bist du schlicht; Wenn ik dik meie (mähe), So find ich nicht (nichts). Ueber diese Wittenberger Gemarkung bemerkte er gegenüber der seiner Heimat: „In dieser unserer Gegend, welche sandig ist, giebt die Erde in mittleren Jahren für einen Scheffel 7 bis 8, in Thüringen meist 12 und mehr“[219]. Dennoch erwarben die Luthers bald mehrere Grundstücke, zwei Hufen und zwei weitere Gärten. Schon 1531 kaufte Käthe einen Garten, wie Luther sagte „nicht für mich, ja gegen mich“. Es ist wohl derselbe, dessen Kauf sie „mit Thränen“ durchsetzte, so daß er seinem Freund und ehemaligen Mitbruder Brisger sein Häuschen nicht abkaufen, ihm auch kein Geld leihen konnte. Dieser Garten, an der Zahnischen Straße gelegen, wurde, scheint es, später veräußert; dafür wurde (um 1536) von Claus Bildenhauer für 900 fl. ein größerer „Baum-Garten“ mit allerlei Gebäulichkeiten und einem angestrichenen Zaun erworben. Einer dieser Gärten lag vor der Stadt an dem „Saumarkt“; deshalb adressiert Luther Briefe an die „Saumärkterin“, „auf dem Saumarkt zu finden“[220]. Hier floß die „Rische Bach“ und speiste wohl die „Fischteichlein“, welche Frau Käthe mit allerlei Fischen, sogar mit edlen Forellen besetzte. Am Hause wurde ferner im selben Jahre (1536) ein Garten mit Bäumen angelegt, der 400 fl. kostete. Für den Famulus Wolf wurde um 20 fl. ein Gärtlein gekauft, wo er wahrscheinlich seinen Vogelherd anlegte, mit dem ihn Luther verschiedentlich neckt. Ferner wurden einige Hufen gekauft am „Eichenpfuhl“[221]. Zwei Jahre vor Luthers Tode kam endlich noch zu Frau Käthes Wirtschaft um 375 fl. ein Hopfengarten hinzu, der „an der Specke“, einem Eichwäldchen auf der nahen Gemarkung des Dorfes Lopez, gelegen war, wo die Studenten gerne lustwandelten und auch manchen Unfug trieben. Aus diesem Garten gewann die Frau Doktorin ihren Hopfenbedarf für ihr Klosterbräu[222]. So schaltete und waltete Frau Käthe im Haus und in ihren Gärten und Hufen als „Küchenmeisterin“, „Bäuerin und Gärtnerin“, fuhrwerkte, baute Aecker, kaufte Vieh, weidete Tiere u.s.f. Besonders verlegte sie sich mit ihrem Gemahl auf die Obstzucht: Kirschen, Pfirsiche, Nüsse, Apfel, Birnen erntete die Doktorin. Auch mit Rebbau gab sie sich ab, und ihr Faktotum Pfarrer Lauterbach mußte ihr aus Pirna dazu die Pfähle, allein 10 Schock d.h. 600 Stück, besorgen; freilich wurde aus den Trauben nicht Wein bereitet, sondern sie dienten zur Nachkost auf der Tafel. Selbst mit Feigen- und Maulbeerbäumen versuchte sie sich. Und als Gemüse pflanzte sie nicht nur die einheimischen: Kraut, Erbsen und Bohnen, sondern auch Gurken, Kürbisse und Melonen, wozu Link aus Nürnberg die Samenkerne schickte. Mit Erfurter Riesenrettichen wollte Luther seine Freunde nicht nur in Erstaunen setzen, sondern sie auch selbst gezogen haben. Frau Käthe war sehr unglücklich, wenn Ungeziefer ihr das Gemüse schädigten: „denn Raupen im Kohl und Fliegen in der Suppe — ein sehr nützlich und lieblich Vieh!“ hieß es da. Aber noch ärger war ihr's, wenn Studenten, Spatzen und Dohlen ihr in die Gärten einfielen, und ihr Gemahl hätte gern ein strenges Edikt „gegen die unnützen Sperlinge und Krähen, Raben und Spechte erlassen, welche alles verderben“[223]. In einem der Gärten waren Bienenstöcke, vor welchen der grübelnde Doktor das wunderbare Treiben der fleißigen Tierlein belauschte, die praktische Hausfrau aber den süßen Ertrag berechnete für Met, Süßwein und Honigkuchen. Im großen Garten draußen vor der Stadt, hatte Frau Käthe ihre Fischteichlein, worin sie Hechte und Schmerle, Kaulbarsche und Karpfen, sogar Forellen zog und von denen sie bei guter Gelegenheit etliche „gesotten auf den Tisch brachte und mit großer Lust und Freude und Danksagung davon aß“, und sie hatte „größere Freude über den wenigen Fischen, denn mancher Edelmann, wenn er etliche große Teiche und Weiher fischet und etliche hundert Schock Fische fähet“[224]. Mit diesen Gärten waren aber die Gütererwerbungen der Lutherischen Familie noch nicht abgeschlossen. Zunächst kam ein unwillkommener Erwerb hinzu, den Luther aus Gefälligkeit übernahm. Es war das kleine Haus „Bruno“, eine „Bude“ ohne Gerechtigkeiten und Zubehör an Garten, unmittelbar neben dem Kloster, aber vorn an der Kollegiengasse gelegen. Das hatte Luthers letzter Klosterbruder Brisger für sich bauen lassen, dann aber bei seinem Wegzug dem Pfarrer Bruno Brauer zur Verwaltung gegeben und Luther oft angeboten; dieser konnte es aber wegen anderer Käufe nicht erwerben, auch forderte Brisger, der von seiner katholisch gebliebenen Mutter enterbt wurde und, scheint es, in Geldbedrängnis war, einen zu hohen Preis (440 fl.). Endlich kaufte es Luther als Lehen für seinen Diener Wolf Sieberger bezw. als Leibgedinge für seine Gattin, mußte aber den Kaufschilling völlig schuldig bleiben. Der Besitz dieses Hauses war unwillkommen, weil es erst wieder vermietet werden mußte und mehr Sorgen als Ertrag brachte; es kostete 250 fl. und mußte noch um 70 fl. „geflickt“ werden[225]. Der Sinn von Frau Käthe stand viel mehr auf landwirtschaftliche Besitztümer, weil diese ihrer nutzbringenden Thätigkeit mehr entsprachen. So bekam sie nach einem großem Pachtgut Verlangen, um daraus ihre großen häuslichen Bedürfnisse zu beschaffen; sie wollte nicht abhängig sein von den teuren Lieferanten und störrischen Bauern, welche manchmal eine künstliche Teuerung veranlaßten. So hatte sie schon 1536 ihren Gevatter, den Landrentmeister Hans von Taubenheim, um Ueberlassung eines günstig gelegenen Gutes, Booß, gebeten, hatte es aber nicht bekommen. Drei Jahre später fing sie aufs neue Verhandlungen mit Taubenheim an. Ihr Brief lautet in der ursprünglichen Schreibweise so: „Gnad vnd fride yn Christo zuuor, gestrenger, ernuester, lieber herr geuatter. Euch ist wol wissentlich, wie ich E.g. vngeferlich fur dreyen jaren gebeten, daß myr das gut „_Booß_“ myt seynen zugehorungen vmb eynen gewonlichen zynß zu meyner teglichen hawßhaltung wie eynem andern mochte gelassen werden, als denn auch meyn lieber herr bey doctor Brug[226] diselbige zeyt deshalben hat angeregt; ist aber dasselbig mal vorblieben, daß ichs mecht bekommen, vylleycht daß doselbst nicht loß ist gewesen von seynem herrn, der es vmb den zynß hat ynnen gehabt. Ich byn aber unterrichtet, wie der kruger von Brato, welcher es dysse zeyt ynnengehabt, soll iezund solch gut loßgeschrieben haben, wo solchs also were, ist meine freuntliche bytte an Euch also mynen lieben gevattern, wollt myr zw solchem gut fodderlich seyn vmb denselbigen zynß, ßo eyn ander gybt, wyll ichs von herczen gerne annehmen vnd die zynße deglich an zwen orth vberychen. Bitte gancz freuntlich, e.g. wolde myr Ewer gemueth wyder schreyben vnd das beste rathen yn dyssem fall vnd anzceygen, wo ich etwas hyrin vnbyllichs begert vnd woldet denen nicht stadgeben myt yrem argkwone, alß ßolde ich solchs gut fur mich odder meyne kinder erblich begeren, welche gedanken yn meyn hercz nie kommen synd. Hoffe zu gott, er werde meynen kindern, ßo sie leben vnd sich fromlich vnd ehrlich halten wurden, wol erbe beschern, bytte alleyne, das myrs ein jar odder zwey vmb eynen zymlichen geburlichen zynß mochte gelassen werden, damyt ich meyne haushaltung vnd vyhe deste bek(w)emer erhalten mochte, weyl man alles alhier vfs tewerst kewfen muß vnd myr solcher ort, der nahe gelegen, ßer nuezlich seyn mochte. Ich habe meynen lieben herrn iczt yn dvßer sachen nicht wollen beschweren, an Euch zuschreyben, der sunst vyl zu schaffen, ist auch on noth, daß E.g. solchs meyn antragen ferrer an ymandes odder an m. g'sten herrn wolde gelangen lassen, ßunder ßo Ir solche myne bytte fur byllich erkennet, daß Irs myt dem schoßzer zw Seyda bestellen wolt, daß myr solch gut vmb eynen geburlichen zynß wie eynen andern mochte eyngethan werden. Domyt seyet gott bepholen. Gegeben zu Wyttembergk, Montag nach Jubilate ym 1539. jhare. Catherina Lutherynu“[227]. Wiederum wurde aus der Pacht nichts. Dagegen kam Frau Käthe im folgenden Jahre unverhofft zu einem eigenen Hofgut, das sogar ihr persönlich als Leibgeding gehörte und ihr um so werter sein mußte, als es der letzte Rest von dem Erbgut der Bora war, welches sonst der Familie anscheinend vollständig abhanden gekommen war. Es war das Gütchen Zulsdorf, das ihr Bruder Hans vor sieben Jahren übernommen hatte, aber trotz der Mitgift der Witwe Apollonia von Seidewitz, die er geheiratet hatte, nicht halten konnte, oder das zu gering war, um ihn selbst zu ernähren. Es war freilich weitab von Wittenberg gelegen, wohl zwei Tagereisen; aber es zog sie doch hin nach dieser ihrer mutmaßlichen einstigen Heimat und ihrem künftigen Witwensitz. So wurde Frau Käthe die Nachbarin von Amsdorf, dem Bischof von Naumburg, dem sie jetzt ihren Gruß entbietet als „gnädigem Nachbar und Gevatter“. Ihr Gemahl that alles, „um die neue Königin würdig in ihr Reich einzusetzen“ und titulierte sie seitdem als die „Zulsdorferin“, „die gnädige Frau von Zulsdorf“, oder „Ihro Gnaden Frau von Bora und Zulsdorf“[228]. Hier in ihrem, „neuen Königreich“ und Sondereigentum konnte ihr unternehmender thatkräftiger Geist so recht nach Behagen schalten und walten und ein Neues pflügen und schaffen. Denn das Gütchen war verlottert, das Land eine „wüste Mark“, die Gebäulichkeiten baufällig. Sie riß nieder, baute, besserte, fuhrwerkte und nahm dabei, wie gewohnt, auch die Hilfe der Freunde ihres Hauses in Anspruch: der Herr von Ende mußte ihr Hafer und Saatkorn liefern, der von Einsiedel Wagen stellen, Spalatin ihre Fuhrleute beherbergen. Sie steckte viel Geld hinein, der Kurfürst gab ihr Eichenbalken und anderes Holz und 600 fl. „Begnadigung“, aber auch das reichte zum Schmerze Käthes nicht für Reparatur und Zustandhaltung des heruntergekommenen Anwesens, so daß Luther im ersten Jahr schreibt: „Sie verschwendet in diesem Jahr dort, was erzeugt wurde“[229]. Dabei hatte die Doktorin allerlei Aerger und Mißgeschick: die Eichenstämme, die ihr der Kurfürst aus dem Altenburger Forst angewiesen und die Luther selbst ausgesucht hatte, ließ sie fällen, um sie in Bretter schneiden zu lassen für ein Scheunlein. Als sie aber mit ihrem Fuhrwerk kam, die Bäume abzuholen, waren sie vom Amtmann verkauft oder unterschlagen. Und es mußte geklagt, von neuem petitioniert und verhandelt werden, bis wieder Holz angewiesen war und Käthe die Fuhren besorgen konnte. Weitere Unannehmlichkeiten erlebte die Gutsbesitzerin mit den Anliegern von Zulsdorf, den Kieritzscher Bauern, welche ihr das Weiderecht beeinträchtigten. So hatte sie im Jahre 1541 monatelang vorm Amtmann Heinrich von Einsiedel zu Borna mit denen von Kieritzsch zu prozessieren. Das Urteil des Kurfürsten fiel günstig für die Lutherischen aus; sie „hätten in der Güte wohl mehr um Friedens und guter Nachbarschaft willen eingeräumt“[230]. Trotzdem verleidete der Doktorin der Besitz nicht. Wochenlang, namentlich wenn Luther verreist war, hielt sich Frau Käthe in ihrem neuen Besitztum auf, so daß ihr der Gemahl manche Epistel dahin schreiben mußte. So im Herbst (13. September) 1541, wo sie vielleicht mit einigen Kindern Obsternte dort hielt. Da schreibt er: „Meiner lieben Hausfrauen Käthe Ludern von Bora zuhanden. G.u.F.! Liebe Käthe! Ich lasse hiermit Urban zu Dir laufen, auf daß Du nicht erschrecken sollst, ob ein Geschrei vom Türken zu Dir kommen würde. Und mich wundert, daß Du so gar nichts her schreibst oder entbeutst, so Du wohl weißt, daß wir hie nicht ohne Sorge sind für euch, weil Mainz, Heinz und viel vom Adel in Meißen uns sehr feind sind. Verkaufe und bestelle, was Du kannst, und komme heim. Denn als mich's ansieht, so will's Dreck regnen, und unsre Sünde will Gott heimsuchen durch seines Zornes Willen. Hiemit Gott befohlen, Amen. Sonntags nach Lamperti 1541. M. LutheR“[231]. Ja noch zu Wittenberg war Käthe mit ihren Gedanken oft abwesend auf ihrem Lieblingssitz, so daß ihr Gemahl adressiert: „Der reichen Frauen zu Zulsdorf, Frauen Doktorin Katharin Lutherin, zu Wittenberg leiblich wohnhaftig und zu Zulsdorf geistlich wandelnd, meinem Liebchen.“ Auch Luther hielt sich manchmal in dem stillen Oertlein zur Erholung auf und sendet von hier Briefe und Grüße „von meinem Käthe und Herrn zu Zulsdorf“[232]. Wohl weil Zulsdorf zu weit abgelegen und zu wenig einträglich war, so wandte in den letzten Jahren Frau Katharina ihre Augen auf das Gut Wachsdorf bei Wittenberg, eine Stunde davon, jenseits der Elbe auf fruchtbarem Boden gelegen, mit Hochwald umgeben; freilich etwas sumpfig. Es gehörte des † Dr. Sebald Münsterers Kindern und war der Erbteilung wegen käuflich. Aber es wurde nichts daraus; namentlich hintertrieb der Kanzler Brück die Erwerbung. Auch der Doktor war mit dieser großen Ausdehnung der Wirtschaft nicht mehr recht einverstanden, obwohl er den Hausspruch: „Eigen Wat gut ist dat“ sehr wohl kannte und anerkannte und sagte, alles Gute im Ehestand sei eitel Segen Gottes was niemand erkenne, „als der Gott fürchtet und alles auf dem Markte kaufen muß.“ Er konnte sich in diese Haushaltung nicht richten; er meinte, daß die Sorge und Geschäftigkeit um den großen Haushalt sie abziehe, in stiller, gemütlicher, geistiger Weise sich selbst zu leben und ihm und ihren Kindern. Auch klagte er gelegentlich über die vielen Dienstboten, welche in dem weitläuftigen Hauswesen nötig waren; so schon 1527 waren mehrere Mägde da, 1534 ein Kutscher, später sogar ein Schweinehirt. Er meinte: „Ich habe zu viel Gesinde.“ Mehr Dienstboten als heutzutage waren ja auch in diesen Zeiten üblich und möglicherweise ist hierin Frau Käthe etwas weiter gegangen, was wohl mit der zahlreichen Gesindeschar im Klosterleben zusammenhängen mochte[233]. Aber es ist doch begreiflich, daß die Frau Doktorin darauf bedacht war, ihre Wirtschaft zu erweitern. Es war nicht allein die unternehmungslustige Thatkraft der energischen Frau, welche Neues schaffen und ein großes Bereich beherrschen wollte, es war auch die Sorge um die Bedürfnisse des großen Haushaltes selbst, es war aber ganz besonders das Streben, die ökonomische Zukunft der nicht kleinen Familie für das Alter, namentlich aber für die eigene Witwenschaft und das Waisentum ihrer fünf Kinder, zu sichern, indem sie das in Luthers Händen gefährdete flüssige Geld in festes Gut umwandelte. So bestand am Ende der gesamte Besitz der Lutherischen Familie aus einem Landgut, dem großen und kleinen Haus, dem Klostergarten, dem „Baumgarten“ auf dem Saumarkt, dem Hopfengarten an der „Specke“ und zwei Hufen Landes. Das war ein ziemlich umfangreicher Besitz, der neben der großen und weitläufigen Haushaltung gar viel Unruhe verursachte und viel Zeit und Arbeit kostete, so daß man kaum begreift, woher Frau Käthe nur die Zeit nahm, um das alles zu besorgen und zu übersehen. Und wir verstehen, daß es ihr manchmal zu viel wurde und sie dem heftigen, ungeduldigen Mann manchmal nicht rasch genug nachkommen konnte, so daß er klagt: „Ich bin unter einem unglücklichen Stern geboren, vielleicht dem Saturn; was man mir thun und machen soll, kann nimmermehr fertig werden; Schneider, Schuster, Buchbinder, mein Weib ziehen mich aufs längste hin.“ Aber er muß in derselben Zeit auch die vielgeplagte Frau noch entschuldigen, wo sie ein Kind an der Brust und eins unter dem Herzen nährte: „Es ist schwer zwei Gäste zu nähren, einen im Haus und den andern vor der Thüre.“ Und er erkennt ihre Anstrengungen und Sorgen auch an: „Mein Wolf hat's besser denn ich und meine Käthe“[234]. Die Frau Doktorin war aber auch ein gar fleißiges Weib. Sie hat in ihrem Bereich ebenso gewaltig und unermüdlich geschafft und geschaffen, wie der Doktor in dem seinigen. Freilich schon morgens um 4 Uhr im Sommer, um 5 Uhr im Winter, oft auch noch früher, stand sie auf, und darum wohl sagte ihr Gatte und ihre Mitbürger: „Käthe von Bora ist der Morgenstern von Wittenberg.“ Und so stand sie an der Arbeit bis abends um 9 Uhr, wo der Doktor unerbittlich zum Schlafengehen drängte. Freilich hatte sie einen kräftigen, leistungsfähigen Körper und war, im Gegensatz zu ihrem viel kränklichen Mann, so gesund, daß fast niemals von einer Erkrankung Meldung geschieht. Es ist nur einmal die Rede davon, daß sie eines Abends schwach wurde und ein Fieber bekam, so daß ihr Gatte in Angst geriet und sagte: „Liebe Käthe, stirb mir ja nicht.“ Ein andermal, da D.M. Luther mit etlichen über Tische redete, ging sie in die Kammer und fiel in Ohnmacht. Aber das war alles vorübergehendes Unwohlsein. Nur _eine_ Krankheit machte sie durch infolge einer Frühgeburt; sonst scheint sie gesund gewesen zu sein bis ins Alter[235]. Doch nicht nur unermüdliche Geschäftigkeit war Käthes Tugend, sondern sie verstand es auch, das Hausregiment zu führen in Küche und Keller, im Brauhaus und Backhaus, in Garten und Feld, in der Kinder- und Gesindestube, als Mutter und Gattin, als Wirtin und Herrin, als „Predigerin, Bräuerin, Gärtnerin und was sie mehr sein kann“, und mit Bezug auf sie, die Hausregentin und „Küchenmeisterin“, schrieb Luther an den Rand seines Hausbuches: „Der Frauen Augen kochen wohl Mehr denn Magd, Knecht und Feuer und Kohl“[236]. Freilich Luther selbst war nicht weniger arbeitssam, auch mit körperlicher Beschäftigung; namentlich in den ersten Jahren: er gärtelte gern und viel, grub, säete, pfropfte; er drechselte auch auf seiner eigenen Drehbank. Beides sah gewiß Frau Käthe gern, nicht nur, weil es manchen Tagelohn und Handwerksmann ersparte, sondern weil es auch Luthers Gesundheit zuträglich war. Weniger Gefallen hatte sie an seiner aus der Junggesellenzeit herübergenommenen Neigung, seine Kleider selber zu flicken. Der Doktor that sich auf diese Kunst viel zu gut und dünkte darin sich geschickter, wie die deutschen Schneider, welche keine gutsitzenden Hosen fertig brächten. Da fand Frau Käthe eines Tags zu ihrem nicht geringen Staunen und Verdruß ein Paar Hosen ihres Buben, aus denen ein Stück herausgeschnitten war: und als sie nachfragte, hatte der Herr Gemahl den Flicken zum Ausbessern seiner eigenen Hose verwendet[237]! — Es war ein arbeitsseliges Haus, die ehemalige Stätte der Beschaulichkeit. Droben in der Studierstube der große Doktor, der mit emsiger Gewissenhaftigkeit und dem angestammten Fleiß eines Bauernsohnes seine Zeit auskaufte für die geistliche Haushaltung der Kirche; und unten die wirtliche Hausfrau, die in echter deutscher Geschäftigkeit und Treue sich ihrem Hause widmete, dem Gatten und den Kindern, dem Gesinde und den Freunden, und deren Stolz und Ruhm es war, alles zu können und alles zu thun. So waltete Frau Käthe in ihrer „Wirtschaft“. 9. Kapitel „Wunderliche Rechnung zwischen D. Martin und Käthe.“ Ein Grundbesitz, wie ihn das Lutherische Ehepaar am Ende aufwies, zeugte von nicht geringer Vermöglichkeit. Woher und wie war nun dieses Vermögen zusammengekommen? Katharina sowohl wie Luther brachten nichts in die Ehe. Sie waren am Anfang ihres Hausstandes und noch lange fort vollständig vermögenslos; erst nach seiner Eltern Absterben (1530-31) erbte Luther eine kleine Barschaft von 250 fl. Im Jahre 1527 war er noch gänzlich ohne Besitz, er war arm und ein Bettler, konnte weder Haus, Aecker, liegende Gründe, Geld noch Gut seinem Weib und Kind nach sich lassen, wenn er damals gestorben wäre. Denn auch das Klosteranwesen war noch nicht sein ausgesprochenes Eigentum. „Armut ist mein Irrtum und meine Ketzerei“, sagte er noch 1530; und zwei Jahre darauf hat er nur einen Becher im Schatzkästlein. Noch 1534 mußte er es ablehnen, für ein paar hundert Gulden das kleine Haus Bruno zu kaufen: er wollte seine Armut nicht offenbar werden lassen, weil er's für unmöglich hielt, jemals auch nur die Hälfte einer solchen Summe zusammenzubringen[238]. In Ermangelung eines eingebrachte Heiratsgutes war das Ehepaar also auf die Besoldung angewiesen, welche der Hausvater hatte, und auf den Verdienst, welchen die Hausmutter von der Bebauung des Gutes und ihrem Kosttisch zog. Die Beamtenbesoldungen waren zu jener Zeit nicht etwa bloß feste Gehalte, sondern bestanden auch in allerlei Ehrengeschenken, meist in Naturalien, welche den Angestellten bei besonderen Gelegenheiten und für besondere Dienstleistungen, als Reisen, Gutachten, Berichte, Schriften u.a., von den Fürsten und Stadtobrigkeiten zuflossen. Seit seiner Verheiratung war Luthers Besoldung von einhundert auf zweihundert Gulden erhöht worden. Von 1532 ab, unter Kurfürst Johann Friedrich, kamen noch jährlich 100 Scheffel Korn, 100 Scheffel Malz für zwei Gebräude Bier, 60 (später 100) Klafter Holz und zwei Fuder Heu hinzu. Freilich blieben die Lieferungen „aus Unwillen“ der Beamten manchmal aus. Der kurfürstliche Keller zu Wittenberg stand den hervorragenden Professoren immer offen. Außerdem kamen ihm vom Hofe allerlei Viktualien zu: Wein, Most, Essig, Obst, Fische, Wildbret, Arzneien, auch Kleider und Tuche. So sendet 1543 der Kurfürst „zwei Faß, eins mit altem Wein, das andre mit heurigem gewachsenen Most, Suptezer, so gut Uns der allmächtige Gott dies Jahr bescheret hat; den wollet von Unseretwegen gutwillig annehmen und in Fröhlichkeit genießen“. Auch der Dänenkönig Christian III. sandte in den letzten Jahren (1543) zuerst Butter und Heringe; als man aber unterwegs mit dieser „Küchenspeise unschicklich umgegangen“, wurde die Sendung in ein Geschenk von 50 fl. verwandelt. Soviel erhielten auch die andern Wittenberger Theologen Bugenhagen und Jonas: es war ein Ehrensold, den der Fürst für die Ausbildung seiner Gottesgelehrten an die sächsische Universität zahlte[239]. Wenn der Kurfürst Johann an Luther bei Aufhebung des Klosters den Hausrat im Werte von 20 fl. und die Küchengeräte, welche um 50 fl. verkauft wurden, überließ, so war das eine Entschädigung dafür, daß er lange Zeit sein Deputat an Viktualien gar nicht oder nur spärlich erhalten hatte. Für den Hausrat hatte er „der Kirche und Universität mit Predigen, Lesen, Schreiben u.s.w. die langen Jahre her um Gotteswillen und umsonst gedient; und für die Küchengeräte hatte er Nonnen und Mönche (Diebe und Schälke mitunter) gekleidet, gespeiset und versorget mit solchem Nutzen, daß ich das Meine und 100 fl., so mir m. gn. H. Herzog Hans zur Haushaltung geschenkt, gar weidlich zugesetzt habe“[240]. Aehnlich waren die Geschenke der Stadt Wittenberg auch nur Gegenleistungen. So hat der Stadtrat aus seinen Brennereien Baumaterialien, als Ziegelsteine und Kalk, nicht angerechnet, schenkte auch sonst eine Jahresgabe oder besondere Erkenntlichkeit, so als Luther in der Osterzeit jeden Tag gepredigt hatte, einen halben Lachs, anno 1529 der Frau Doktor in Abwesenheit ihres Mannes 10 Thaler, „weil man ihm dies Jahr sonst keine Verehrung gethan“. Dafür war Luther ohne Gehalt bei dreißig Jahre der Stadt Prediger gewesen, hatte auch oftmals noch Bugenhagen auf kürzere oder längere Zeit, einmal sogar, als jener auswärts reformierte, zwei Jahre lang (1535-37) vertreten. Auch mußte Luther auf seine Kosten „zu ihrer Kirche Dienst und Nutz“ Diener halten, ohne daß der „gemeine Kasten“ etwas für sie beitrug. Ferner trat Luther einen großen Raum vorm Klosterhof umsonst an die Stadt ab, gestattete auch, daß sein ganzes Anwesen nach seinem Tode und das Nebengebäude auch bei seinen Lebzeiten unter das Bürgerrecht gestellt wurde, während es vorher ganz frei gewesen. Ebenso wollte Luther, als der Kurfürst 1542 eine Türkensteuer ausschrieb, obgleich er grundsteuerfrei war, doch des Beispiels wegen auch geschatzt sein[241]. Trotz solcher Gegendienste, welche mittelbar oder unmittelbar „Geschenke“ veranlaßten, nahm doch Luther solche nicht ohne Wahl und Maß an. Er lehnte nicht nur das Hochzeitsgeschenk des Mainzer Erzbischofs ab, er wies auch eine Gabe des Kurfürsten zurück, weil er wisse, „daß der hohe Herr des Gebens viel habe und zu viel den Sack zerreiße“. „Bitte derhalben Ew. Kurfürstliche Gnaden wollten harren, bis ich selber klage und bitte, auf daß ich durch solch Zuvorkommen Eurer Kurf. Gnaden nicht scheu werde für andre zu bitten, die viel würdiger sind solcher Gaben“[242]. Und ferner: „Ich will Ew. Kurf. Gn. unterthäniglich bitten, nicht zu glauben denen, die mich angeben, als habe ich Mangel; ich habe leider mehr, sonderlich von Ew. K. Gn., denn ich im Gewissen vertragen kann“[243]. Auch seine Freunde schilt er oft, daß sie des Schenkens zu viel machen[244]. Wenn er Sommers von einem Pfarrherrn oder Schultheißen aufs Dorf zu Gaste geladen wurde, so kam er gern mit einem Tischgesellen und hielt eine Predigt. Aber er brachte allewege Speise und Trank für sich und seine Begleiter mit, die ihm daheim Frau Käthe zubereitet und in den Wagen gepackt hatte[245]. Einem wegziehenden Famulus würde er gerne zehn Gulden geben, wenn er sie hätte; aber unter fünf Gulden soll ihm seine Frau nicht geben und was sie darüber kann geben, bittet der Doktor sie, das solle sie thun — also bis auf den letzten Gulden mutet er der Hausfrau zu sich zu entblößen und doch trägt er der Frau gleichzeitig auf, ein Mitbringsel für die Kinder zu kaufen, weil er selbst in Torgau nichts Sonderliches fände[246]. Für seine Vorlesungen nahm Luther von den Studenten keine Kollegiengelder. Ja, auch von seinen Schriften nahm er kein Honorar: 400 fl., die ihm ein Buchdrucker jährlich für den Verlag seiner Schriften anbot, schlug er aus, auch die 1000 fl., welche Melanchthon ihm für die Ausarbeitung des deutschen Aesop versprach. Eine Kure im Silberbergwerk zu Schneeberg, welche ihm der Kurfürst für seine Bibelübersetzung 1529 schenken wollte, wies er ab: er wollte von der Welt seine geistige Arbeit nicht bezahlt haben und wie Paulus mit dem Gotteswort nicht Handel treiben[247]. Bei einer solchen Gesinnung und Handlungsweise ist es begreiflich, daß die praktische Frau Käthe auch einmal über ihren Doktor mit seiner Geldverachtung seufzte. Als der gleichfalls wenig haushälterische Meister Philipp Melanchthon einmal bei Luther speiste und im Gespräch über den Weltlauf von einem Magister sprach, welcher dem Geiz ergeben, ein sehr gutes Urteil über gute und schlechte Gulden habe, bemerkte die Doktorin: „Wenn mein Gemahl solchen Sinn hätte, würde er gar reich sein.“ Melanchthon meinte darauf: „Das kann nicht sein, denn die Geister, welche für die Allgemeinheit arbeiten, können sich ihren Privatangelegenheiten nicht hingeben“[248]. Den nicht gerade außerordentlichen Einnahmen Luthers standen nun aber gewaltige Ausgaben gegenüber. Zunächst einmal für die ausgedehnte Haushaltung; dann aber auch für andere Zwecke und Anschaffungen. Einen interessanten Einblick in diese Dinge gewähren die Aufzeichnungen Luthers in seinem Haushaltungsbuch. Da ist[249] eine „Wunderliche Rechnung gehalten zwischen Doc. Martin und Käthe 1535 Anno ---- 1536 das waren zwei halbe Jahr. 90 fl. für Getreide 90 fl. für die Hufen 20 fl. für Leinwat (Leinwand) 30 fl. für Schweine 28 fl. Muhme Lene gen Borna(u) 29 fl. für Ochsen 10 fl. Valt. Mollerstet bezahlt 10 fl. Geleitsmann " 8 Thaler M. Philipp " 40 fl. für Gregor Tischer " 26 fl. Universität " ------- Zus. 389 fl. außer andern Viktualien. " Diese „andern Viktualien“ waren Gemüse, Fleisch, Fisch und Geflügel, Obst und Kolonialwaren, Getreide und Hopfen, Brot und Semmel, Oel und Talg, Butter und Honig, Wein und Bier. Dann hieß es: „Gieb Geld für Hanf und Flachs, Garn und Wachs, Nägel und Haken, allerlei Geschirr und Geräte in Stube, Küche, Keller, Garten; für Wagen und Geschirr.“ „Gieb Geld“ forderten auch 29erlei Handwerker, ferner Buchführer (Buchhändler), Arzt, Apotheker und Präzeptor, Knechte, Mägde, Hirten, Knaben und Jungfern, Bräute und Gevattern, auch Bettler und — Diebe[250]. Ausgaben gab es dann für manche Patengeschenke, Hochzeiten und Gastungen, Geschenke zu Neujahr, Jahrmarkt und S. Niklas. Endlich kamen die „grobe Stück: Hochzeit machen für Sohn, Tochter, Freundin; dem Krämer für Seiden, Sammet und Wurze“[251]. Im ganzen waren es 135 Dinge, für welche Frau Käthe stets die Hand ausstrecken und „Gieb Geld“ sagen mußte. Unter diesen Ausgaben machen namentlich die Ehrengeschenke und Wohlthaten einen großen Posten aus; sie gehörten bei Luther zu den besonders „groben Stücken“. Außer den Gastungen gehören namentlich die Patengeschenke und Hochzeiten hierher; Luther und Frau Käthe standen zahllose Male zu Gevatter, denn in Wittenberg waren bei jedem Kinde viele Paten üblich, und für jeden kostete es einen Silberbecher oder eine große Münze. Die Hochzeiten und Hochzeitsgeschenke waren eine große Last. So klagt Luther (1543) am Ende selber: „Die täglichen Hochzeiten hier erschöpfen mich“[252]. Luthers Mildtätigkeit kannte keine Grenzen. Er sprach als Grundsatz aus: „Wer gerne giebt, dem wird gegeben; das erhält das Haus, darum, liebe Käthe, haben wir nicht mehr Geld, so müssen die Becher daran.“ Und demgemäß handelt er. Wie viele andere Theologen und sonstige gutmütige Menschen (auch Melanchthon) gab er Bedürftigen und Bittenden über Gebühr und Vermögen, und gar oft an Unwürdige, so daß er erst durch „böse Buben witzig gemacht“ wurde. Er gestand später (1532) selbst seiner Frau: „Denke, wie oftmals wir haben bösen Buben und undankbaren Schülern gegeben, da es alles verloren gewesen ist.“ Wie weit er in seiner Gutherzigkeit ging, mögen von vielen nur zwei Beispiele zeigen: Einem armen Studenten schenkt der Doktor, weil kein Geld im Haus ist, einen silbernen Ehrenbecher, und als er merkte, wie Frau Käthe ihm abwinkt, drückt er ihn schnell zusammen und schickt den jungen Menschen damit zum Goldschmied; was er dafür löse, solle er behalten, er brauche keinen silbernen Becher. Ja, als seine Frau im Wochenbett liegt, gerät er gar über das Patengeschenk seines jüngsten Kindes, um einen bedrängten Bedürftigen nicht mit leerer Hand gehen zu lassen, und meinte: „Gott ist reich, er wird anderes bescheren“[253]. Das gesamte, so wenig berechnende Verhalten Luthers erklärt sich einerseits aus seiner allem Eigennutz abgeneigten Natur und seinem großartigen Gottvertrauen, andrerseits aber auch aus dem Mangel an Berechnung, welche dem weltentfremdeten Mönch aus seiner Klosterzeit noch anhaftete; dies mußte aber bei einem „weltlichen“ Haushalt naturgemäß dazu führen, daß Einnahme und Ausgabe bald nicht mehr im richtigen Verhältnis zu einander stand. So hatte das junge Paar im zweiten Jahre seiner Ehe über hundert Gulden Schulden, so daß Luther seinem Freunde und ehemaligen Klostergenossen Brisger keine acht Gulden vorstrecken konnte. „Woher soll ich's nehmen?“ fragt er. „Durch meinen schweren Haushalt und meine Unvorsichtigkeit ist es so gekommen. Drei Becher sind für 50 fl. verpfändet. Dazu kommt, daß Lukas (Cranach) und Christian (Aurifaber, Goldschmied) mich nicht mehr als Bürgen zulassen, denn sie merken, daß sie so (durch meine Bürgschaft) auch nicht besser daran sind oder ich ausgebeutelt werde. Ich habe ihnen jetzt auch den vierten Becher gegeben, welchen sie dem fetten H. geliehen haben.“ Dabei kommt ihm aber noch nicht in Sinn, wo der Rechnungsfehler stecke. Er klagt: „Wie kommt's, daß ich allein so ausgesaugt werde? nein, nicht nur ausgesaugt, sondern sogar in Schulden verstrickt?“ Sogar noch 1543 klagt er dem allerdings etwas habsüchtigen Jonas gegenüber, der von ihm bei seiner zweiten Verheiratung wohl ein „fettes Hochzeitsgeschenk“ erwartete: „Du kennst meine Dürftigkeit und meine Schuldenlast“.[254] Einmal fing er auch an zu rechnen — am Kleinen, ans Große dachte er nicht. Da brachte er heraus, daß er allein jährlich für Semmeln 31 Groschen 4 Pfennig brauche; dazu noch der Trank mit 4 Pfennig täglich und das Uebrige — eine Summe, die ihm zu groß war, und er schließt: „Ich mag nie mehr rechnen, es macht einen gar verdrossen. Ich hätte nicht gemeint, daß auf einen Menschen so viel gehen sollte“[255]. Dennoch stellte er 1536 eine Generalrechnung an für „grobe Stück“ und brachte da allein 389 fl. Ausgaben heraus in zwei halben Jahren, ohne die Viktualien u.a. Er schloß diese Zusammenstellung ab mit dem Seufzer: „Rat, wo kommt dies Geld her? Sollt das nicht stinken und Schuld machen[256]?“ Und als Luther im Jahre 1542, wo er sein „Testament“ machte, seine Ausgaben zusammenstellte und seine Einnahmen dagegen hielt, schließt er: „Ich habe eine wunderliche Haushaltung, ich verzehre mehr als ich einnehme; ich muß jedes Jahr 500 Gulden in der Haushaltung in die Küche haben, zu geschweigen der Kleider, anderer Zierat und Almosens, da doch meine jährliche Besoldung sich nur auf 200 Gulden belauft.“ Dazu schreibt er im Haushaltungsbuch neben anderen ernsten und launigen Reimen den Stoßseufzer: „Ich armer Mann! So halt ich Haus; Wo ich mein Geld soll geben aus, Bedürft ich's wohl an sieben Ort Und fehlt mir allweg hier und dort“[257]. Da war es freilich begreiflich, daß manchmal die Fleischer und Fischer von Wittenberg „grob“ wurden und mit „ungestümen Worten der Frau“ gegenüber ihre Schuld forderten. „Die Doktorin“ half sich dann wohl damit, bei „Philipp Melanchthon 20 Thaler zur Haushaltung zu leihen“. Und dann sprang etwa der Kurfürst ein, wenn er's durch den Kanzler Brück erfuhr[258]. Diese „wunderliche Haushaltung“ Luthers wurde in sehr Natur- und sachgemäßer Weise geregelt durch die Hausfrau. Die „wunderliche Rechnung gehalten zwischen Doktor Martin und Käthe“, mit ihrem ständigen Defizit, wurde in Ordnung gebracht durch diese gute Rechnerin und sparsame und erwerbsame Haushälterin. Frau Käthe brachte einen Ausgleich zwischen Soll und Haben: sie verminderte die Ausgaben, vermehrte die Einnahmen, sie bezahlte die Schulden und erwarb ein Vermögen. Eines der ersten Ereignisse in dem neuen Haushalt ist eine lustige Familienszene, welche die gutmütige Verschwendung des Eheherrn und die listige Sparsamkeit der Gattin zeigte. Es hatte nämlich das Ehepaar ein hübsches Glasgeschirr mit Zinnverzierung von Hausmann geschenkt bekommen; das hätte Frau Käthe selbst gerne behalten, Luther aber an den D. Agrikola, damals noch sein lieber Freund, der auch darnach Gelüste hatte, verschenkt. Luther hatte es gemerkt, wie sie darauf gelauert, und wollte es kurz machen. Er hatte schon den Brief dazu geschrieben; als er aber das Geschenk dazu packen wollte, war es fort: Frau Käthe hatte es abhanden kommen lassen und die Hausfreunde D. Bugenhagen und D. Röhrer hatten sich mit ihr verschworen und ihr dabei geholfen. So mußte sich Luther in einer Nachschrift entschuldigen, daß er das Glas nicht mitschicken könne; seiner insidiatrix Ketha (der hinterlistigen Käthe) gegenüber sei er ohnmächtig; er denke aber das Glas später doch noch einmal zu erwischen. Käthe aber hielt es fest wie ein bissiger Kettenhund[259]. Sie brachte etwas strengere Ordnung in die Gesellschaft der jungen Studenten und in ihre Hausrechnung, so daß M. Veit Dietrich sich über sie beklagte und sein Landsmann und Nachfolger im Haus und am Tisch Frau Käthes sie als stramm und knauserig beschrieb, „die alles zu Rat gehalten und bei den Tischgenossen auf nötige Bezahlung gedrungen“[260]. Auch Kanzler Brück warf ihr in feindseliger Stimmung Knauserigkeit in der Haushaltung vor. Von Luther und andern hören wir dagegen hierüber keine Klagen; und daß der Zudrang zu ihrem Kosttisch von alt und jung ein großer und nicht zu befriedigender war, ist der beste Beweis für die Uebertriebenheit jener Vorwürfe. Aber ihre löbliche Sparsamkeit und haushälterisches Zuratehalten weiß ihr Gemahl wohl anzuerkennen. Er sagt: „Das Weib kann den Mann wohl reich machen, aber nicht der Mann das Weib. Denn der ersparte Pfennig ist besser denn der erworbene. Also ist rätlich sein (zu rate halten) das beste Einkommen“[261]. Und in sein Haushaltungsbuch schrieb Luther den Sinnspruch: Es gehört gar viel in ein Haus. Willst Du es aber rechnen aus, So muß noch viel mehr gehn heraus. Des nimm ein Exempel, mein Haus[262]. So hörte er mit Rechnen auf und überließ das seiner „rätlichen“ und wirtlichen Hausfrau, und wenn er selbst nicht wußte, woher nehmen, so schrieb er seiner Käthe: „Sieh, wo Du's kriegst“[263]. Und Käthe sah, wo sie's kriegte. Sie war nicht so heikel, wie Luther, Verehrungen anzunehmen. Während sie Freund Link von einem Hochzeitsbecher absolviert, hat sie die von Luther zurückgewiesen 20 Goldgulden des Mainzer Erzbischofs hinter seinem Rücken doch behalten. Mit besserem Gewissen empfing sie die Fäßlein Käse von der Herzogin Elisabeth von Braunschweig und ebenso ein Käsegeschenk von Mykonius, dem Stadtpfarrer in Gotha. In Notfällen wandte sich Frau Käthe auch einmal an die kurfürstliche Kämmerei, so während Luthers Aufenthalt auf der Koburg um 12 Scheffel Roggen. Käthe nahm überhaupt das Gehalt ein und verrechnete es, so daß es nicht mehr hieß wie in Luthers Junggesellenwirtschaft (1523): „Wir leben von einem Tag zum andern.“ Sie scheute sich nicht, die säumigen Kostgänger an ihre Schuldigkeit zu mahnen[264]. Ja es wird erzählt, daß sie in späterer Zeit durch Freunde und Kostgänger des Hauses Anschaffungen machen ließ, wofür sie die Bezahlung vergessen habe, weil sie sich wohl für Dienste ihres Mannes dadurch bezahlt machte. Jedenfalls nahm sie auch die Dienste anderer in Anspruch für Gefälligkeiten, welche ihr Mann ihnen erwies: hatte Luther dem Freund Pfarrer Spalatin eine Vorrede zu einem Buche geschrieben, so muß sich dafür Spalatin in Altenburg ihrer Fuhrleute und Arbeiter annehmen, die sie nach Zulsdorf schickt; und Lauterbach, der in ihrem Hause als Kostgänger und Nachschreiber von Luthers Tischreden allerlei Vorteile und Freundlichkeiten genossen, hat zum Entgelt der Doktorin allerlei Besorgungen zu machen[265]. Aber das Beste that doch Frau Käthe selber: Sie züchtete und mästete Tiere, melkte und schlachtete, gewann Butter und Honig, Käse und Eier; sie pflanzte Obst und Früchte, Gemüse und Würzkräuter; sie baute Getreide, buk Brot und braute das Bier für den großen Haushalt, so daß das kleine Söhnchen, als Luther es einmal fragte, wie viel Kostgeld es eigentlich zahlen müßte, sagen konnte: „Ei Vater, Essen und Trinken kauft Ihr nicht; allein Aepfel und Birnen“, meinte der Kleine, „gestehen viel Geld“[266]. Für Obst konnte also Frau Käthe damals nicht aufkommen, weshalb sie dann auch endlich den Ankauf des Baumgartens von Bildenhauer betrieb. Ebenso trachtete sie nach den Hufen und dem Hopfengarten, so daß nach den großen Ankäufen von 1536 die schweren Haushaltsausgaben geringer wurden und die Posten „Gieb Geld“ immer weniger. Hatte Luther am Anfang seiner Ehe den Stoßseufzer gethan: „Der Herr, der meine Unvorsichtigkeit straft, wird mich wieder erlösen“ — von den Schulden, so kann er am Ende derselben in seinem sogenannten „Testament“ (1542) schreiben: „Ich habe von meinem Einkommen und Geschenken so viel gebaut, gekauft, große und schwere Haushaltung geführt, daß ich's muß neben anderm selbst für einen sonderlichen, wunderlichen Segen erkennen, daß ich's habe können erschwingen.“ Das „andere“ neben dem göttlichen Segen, war eben das haushälterische Talent seiner Gattin; sie hatte ihn von seinen Schulden wieder erlöst, ja das Weib hatte nach seinem Spruch den Mann „reich“ gemacht. Und so bezeugt er ihr mit „seiner Hand“ im Haushaltungsbuch: „Was sie jetzt hat, das hat sie selbst gezeuget (errungen) neben mir“[267]. Ein Vermögen zu erwerben oder gar reich zu werden, daran dachte Luther nicht, ja er wollte es nicht. „Mir gebühret nicht als einem Prediger, Ueberfluß zu haben, begehre es auch nicht“, erklärte er. Ihm dünkte, „daß das lieblichste Leben sei ein mittelmäßiger Hausstand, Leben mit einem frommen, willigen, gehorsamen Weibe in Fried und Einigkeit und sich mit wenigem lassen begnügen“[268]. Ja nicht einmal für seine Kinder gedachte er ein Vermögen anzulegen. Er segnete seiner Kindlein eins, das eine Muhme auf dem Arme trug und sprach: „Gehe hin und bis fromm. Geld will ich Dir nicht lassen, aber einen reichen Gott will ich Dir lassen. Der mir Dich nicht versäume. Bis nur fromm! Da helf Dir Gott zu.“ Und als ihn jemand ermahnte, er möchte wenigstens zum Besten seiner Familie ein kleines Vermögen sammeln, da gab er zur Antwort: „Das werde ich nicht thun; denn sonst verlassen sie sich nicht auf Gott und ihre Hände, sondern auf ihr Geld“[269]. Diesen doch wohl allzu theologischen, ja mönchischen Standpunkt ergänzte der praktisch nüchterne Sinn Katharinas, welche gerade darauf aus war, ihren fünf noch unversorgten Kindern ein Erbe zu erwerben; denn sie erkannte besser als wie Luther, daß nach dessen Tod die Gebefreudigkeit der Fürsten und Freunde wohl abnehmen werde mit dem Wegfall der großen Vorteile, welche der lebendige Reformator seinem Land und seiner Stadt und seinen Freunden verschaffte. So brachte sie es in der That zuwege, daß den Kindern doch ein ganz ansehnliches Familiengut übrig blieb[270]. „Das Lob eines tugendsamen Weibes“ — nicht nur in der Bibel hat es Luther übersetzt, sondern auch bei Tisch und sonst oft angeführt und auf seine Käthe bezogen, so daß es — erweitert mit Zusätzen — unter den Tischreden steht, wie ein Lob auf seine Hausfrau: „Der Mann verläßt sich auf sie und vertraut ihr altes. Da wird's an Nahrung nicht mangeln. Sie arbeitet und schafft gern mit ihren Händen, zeuget ins Haus und ist wie ein Kaufmannsschiff, das aus fernen Landen viel War' und Gut bringt. Frühe stehet sie auf, speiset ihr Gesinde und giebt den Mägden ihr beschieden Teil. Sie denkt einem Acker nach und kauft ihn und lebt von der Frucht ihrer Hände. Sie verhütet Schaden und siehet, was Frommen bringt. Ihr Schmuck ist, daß sie reinlich und fleißig ist“[271]. 10. Kapitel Häusliche Leiden und Freuden. Es war ein schwerer Haushalt, den Frau Käthe zu führen hatte, wenn man auch nur der wirtschaftlichen Sorgen in Haus und Hof, in Küche und Keller, im Garten und auf dem Felde gedenkt. Aber noch bewunderungswürdiger wird ihre Leistungsfähigkeit, wenn man alle die Menschen in Betracht zieht, die als Kinder und Gesinde, als Tisch- und Hausgenossen täglich und stündlich Anspruch an ihre Fürsorge machen in Wohnung und Kleidung, in Speise und Trank, in Erziehung und Zucht — ganz abgesehen von den Gästen und Freunden, die im Schwarzen Kloster ein und ausgingen. Eine so überaus große Familie verursachte aber nicht nur viel Mühe und Arbeit, sondern brachte auch einen mannigfaltigen Wechsel von Freud und Leid ins Haus. So erlebte Frau Käthe in wenigen Jahrzehnten Krankheiten und Feste, Hochzeiten und Todesfälle nach einander und oft neben einander. Gleich im zweiten Jahre ihres Ehestandes hatte die Doktorin schwere Zeiten durchzumachen[272]. Frau Käthe wurde durch einen heftigen Krankheitsanfall ihres Gemahls erschreckt, wie sie es in dieser Heftigkeit noch nicht an ihm erlebt hatte, wiewohl er schon mehrmals Schwindelanfälle erfahren. Eine entsetzliche Angst und Beklemmung ging dem Anfall voraus. Samstags 6. August morgens fühlte er am linken Ohr und Backen ein ungestümes Sausen und Brausen wie Windsbraut und Meeresbrandung, so gräßlich und unerträglich, daß er es nur einer satanischen Einwirkung zuschreiben konnte. Es ging gottlob rasch vorüber. Aber er fürchtete, dies sei vielleicht der Vorbote eines noch schwereren, tödlichen Anfalls, darum schickte er um 8 Uhr seinen Diener Wolf zu seinem Beichtvater Bugenhagen, dieser möge eilend kommen. Bugenhagen eilte erschrocken ins Kloster, fand aber da den Doktor in „gewöhnlicher Gestalt“ bei seiner Hausfrau stehen. Warum er ihn habe rufen lassen? „Um keiner bösen Sache willen“, erwiderte Luther, ging mit ihm hierauf abseits, beichtete und begehrte für den folgenden Tag zum Abendmahl zu gehen. Mittlerweile war es schier Zeit geworden zum Mittagsmahl (d.h. um 10 Uhr). Und weil Luther und Bugenhagen von etlichen Adeligen, Max von Wallefels, Hans von Löser u.a. zu Gaste geladen war, forderte ihn Bugenhagen auf, mitzukommen, indem er hoffte, die Zerstreuung sollte ihm gut thun, wenn er nicht einsam daheim sitze, sondern mit Menschen verkehre. Luther schlug es ab. Aber Bugenhagen steckte es hinter Frau Käthe, und diese brachte Luther dazu, hinzugehn in Paul Schultheiß' Gasthof. Dort aß und trank er, aber sehr wenig, und unterhielt die Gäste mit angemessener Fröhlichkeit. Um zwölf Uhr stand er auf und ging in D. Jonas Gärtlein hinter dem Hause und unterhielt sich da zwei Stunden mit dem Stiftspropst. Beim Weggehen lud er Jonas und seine Frau ein, sie sollten auf den Abend mit ihm essen. Recht angegriffen kehrte Luther zurück ins Kloster und legte sich ins Bett, um sich zu erholen. Als um 5 Uhr die Jonischen kamen, lag er noch und die Frau Doktorin bat die Gäste, sich die Weile nicht lang sein zu lassen, und so sich's ein wenig verzöge, es seiner Schwachheit zuzurechnen. Nach einer Weile kam der Doktor herunter, um die Abendmahlzeit gemeinsam mit den andern zu halten. Er klagte wieder über großes unangenehmes Brausen und Klingen des linken Ohrs. Das wurde über Tisch heftiger, er mußte aufstehen und zog sich, begleitet von Jonas, hinauf in seine Schlafkammer zurück; die Doktorin folgte, hatte aber noch unten an der Treppe den Mägden zu befehlen. Da, als Luther gerade über die Schwelle der Schlafkammer trat, überkam ihn plötzlich eine Ohnmacht: „O Herr Doktor Jona“, rief der Kranke, „mir wird übel; Wasser her, oder was Ihr habt, oder ich vergehe.“ Er sank leblos hin. Jonas erwischte erschrocken und behend einen Topf mit kaltem Wasser und goß es dem Ohnmächtigen über Kopf und Rücken. Er kam wieder zu sich und fing an zu beten. Indem kommt auch die Doktorin hinauf; da sie nun sah, daß er so hinfällig und schier tot war, entsetzte sie sich sehr und rief laut den Mägden. Dann schickte sie zum Hausarzt Dr. Augustin Schurf und zu dem Hausfreund Bugenhagen. Mittlerweile zogen sie dem Kranken die Kleider aus und legten ihn auf den Rücken. Er war sehr matt und völlig kraftlos. Frau Käthe und Jonas rieben und kühlten ihn, gaben ihm Labsal und thaten, was sie konnten, bis der Arzt kam. Da der Doktor so eiskalt und leblos war, so verordnete Schurf dem Kranken warme Tücher, Kleider und Kissen, die man immer über dem Kohlenfeuer wärmte, aufzulegen auf Brust und Füße, ließ auch seinen Leib reiben, tröstete ihn auch und hieß ihn hoffen, es würde, ob Gott will, auf diesmal keine Not haben. Dann kam auch um 6 Uhr Dr. Pommer, und die Freunde mahnten den Patienten, er solle mit ihnen dafür beten, daß er möge leben bleiben, ihnen und vielen zum Trost. Da antwortete er: „Zwar für meine Person wäre Sterben mein Gewinn; aber im Fleische länger leben, wäre nötig um vieler willen. Lieber Gott, Dein Wille geschehe.“ Da aber die Ohnmacht wieder zunahm, betete er wieder um Erbarmen. Dann sagte er zu seiner Hausfrau: „Meine allerliebste Käthe, ich bitte Dich, will mich unser lieber Gott auf diesmal zu sich nehmen, daß Du Dich in seinen gnädigen Willen ergebest. Du bist mein ehrlich Weib, dafür sollst Du Dich gewiß halten und gar keinen Zweifel daran haben. Laß die blinde, gottlose Welt darüber sagen, was sie will; richte Du Dich nach Gottes Wort und halte fest daran, so hast Du einen gewissen beständigen Trost wider den Teufel und all seine Lästermäuler.“ Dann fragte er nach seinem Söhnlein: „Wo ist denn mein allerliebstes Hänsichen?“ Da das Kind gebracht wurde, lachte es den Vater an. Da sprach er: „O Du gutes armes Kindlein! Nun ich befehle meine allerliebste Käthe und Dich armes Waislein meinem lieben, frommen, treuen Gott. Ihr habt nichts, Gott aber, der ein Vater der Waisen und Richter der Witwen ist, wird Euch wohl ernähren und versorgen.“ Darauf redete er weiter mit seiner Hausfrau von den silbernen Bechern: „Die ausgenommen weißt Du, daß wir sonst nichts haben.“ Ueber dieser und andern Reden ihres Herrn war die Doktorin hoch erschrocken und betrübt. Doch ließ sie sich nicht merken, wie groß Leid ihr geschah, daß sie ihren lieben Herrn dergestalt so jämmerlich da vor Augen liegen sah, sondern sie stellte sich getrost und sprach: „Mein liebster Herr Doktor! Ist's Gottes Wille, so will ich Euch bei unserm lieben Herrn Gott lieber denn bei mir wissen. Aber es ist nicht allein um mich und mein liebes Kind zu thun, sondern um viel frommer, christlicher Leute, die Euer noch bedürfen. Wollet Euch, mein allerliebster Herr, nicht bekümmern; ich befehle Euch seinem göttlichen Willen, ich hoff und trau zu Gott, er werde Euch gnädiglich erhalten.“ Bald fühlte der Kranke Besserung, die Schwäche ließ nach und der Doktor meinte, wenn der Patient nur schwitzen könnte, so sollte es durch Gottes Gnade für diesmal keine Not mehr mit ihm haben. Da gingen die drei Männer, um ihm Ruhe zu gönnen, hinab in den Saal zur Abendmahlzeit und hießen die Frauen stille sein. Der Patient geriet wirklich in Schweiß. Der Arzt sah später wieder nach dem Kranken und erklärte die Gefahr vorbei. Dann kamen auch die Freunde, begrüßten den Genesenden, wünschten ihm „Selige Nacht“ und gingen nach Hause. Zwar dauerte das Ohrenbrausen am Sonntag noch fort; am Abend aber konnte der Doktor aufstehen und mit den Freunden das Abendmahl halten. Das körperliche Leiden war so bald gehoben; aber die „geistige Anfechtung“, wie Luther sagt, warf ihn noch eine ganze Woche in „Tod und Hölle“ umher, so daß er zerschlagen an allen Gliedern bebte. Kaum war dieser Schrecken vorbei, so nahte eine neue und viel längere Heimsuchung: die Pest, die damals ganz Deutschland durchzog, kam auch nach Wittenberg. Alles was konnte, floh aus der Stadt; die Universität wurde nach Jena verlegt; Luther aber blieb zurück als Mann, Seelsorger und Lehrer und seine treue Gattin mit ihm. Er war immer des Glaubens, die Angst sei die schlimmste Seuche, die Hälfte der Leute stürben an Furcht davor, nicht an der Pest selbst. Er hielt es für einen „Spuk des Teufels“, dem er trotzen müsse, während der Böse sich freue, die Menschen so zu ängstigen und die Universität zu sprengen, die er nicht umsonst so hasse. Er bleibe gerade wegen der ungeheuren Angst des Volkes. Er ging ohne Scheu zu den Pestkranken: die Frau des Bürgermeisters Thilo Dene starb fast in seinen Armen; und andere Pestverdächtige nahm er in sein Haus. Dagegen war, scheint's aus Furcht vor der Pest, Elsa von Kanitz, welche in Wittenberg Mädchenlehrerin werden und bei Luther wohnen sollte, nicht aufgezogen; an ihrer Statt aber wohnte nun Fräulein Magdalene von Mochau im Klosterhause[273]. Die Seuche brach in den Winkeln aus, kam aber bald ans Elsterthor-Viertel, wo der Pestkirchhof lag[274]; zuerst wurde die Umgebung angesteckt, so das Haus des nächsten Nachbarn, des D. Schurf und endlich auch das Schwarze Kloster. Das wurde jetzt gerade ein Spital, denn Luther nahm die kranke Frau Dr. Schurf, Hanna, herüber. Die von Mochau bekam die wirkliche Pest. Die Frau des Kaplan (Diakonus) Röhrer, eines von Luther hochgeschätzen Amtsgenossen, starb (am 2. Nov.) daran bei ihrer Entbindung samt dem Kinde. Und Bugenhagen flüchtete deshalb mit seiner Familie aus dem Pfarrhaus in das Schwarze Kloster. Zwei Pflegetöchter von Käthe erkrankten und auch der kleine Hans war vom Zahnen so mitgenommen, daß er mehrere Wochen nichts aß und allein mit Flüssigkeit ernährt wurde, so daß er nur sehr langsam wieder zu Kräften kam. Dazu war Luther selbst noch immer eine lange Zeit (Juli bis November) vom Unwohlsein geplagt, besonders mit Blutandrang nach dem Kopf und infolge dessen von Schwermut, oder wie er sagte, vom Satan angefochten und sehr entkräftet. Schließlich kam die Krankheit noch in die Ställe und es fielen fünf Schweine. Die Bauern brachten der Stadt keine Zufuhr, so daß eine Teurung entstand und der Scheffel Mehl 5 Groschen galt, eine Gans 2 Groschen[275]. Nur Käthe hielt sich aufrecht in alt dieser Not, „tapfer im Glauben und gesund am Körper“, und doch war sie ihrer Entbindung nahe. Sie pflegte Mann und Kind, Nichten und Gäste. Den Diakonus Röhrer mit seinem Knäblein Paul, welches nach der Mutter schrie, nahm Käthe auch noch auf, und Luther lud noch Jonas dringend zum Besuch ein, als es ein wenig besser ging. Die von Mochau wurde in dem gewöhnlichem Winterzimmer (Wohnzimmer) eingeschlossen, Frau Hanna war in Katharinas Kemenate (heizbarem Zimmer), Hänschen im Studierzimmer, der Doktor und die Lutherin weilten in der vorderen großen Aula. Schließlich wurde der „Mochau“ die Beule aufgeschnitten, und nachdem das Gift heraus war, ging es besser. Endlich, Mitte November, wich die Krankheit. Die Eheleute waren froh, daß der böse Geist der Pest nur in die Säue gefahren war und sie mit diesem Opfer sich loskauften. Hänschen war wieder frisch und munter, Hanna genas und die Mochau entrann mit Mühe dem Tode; auch Luthers Zustand und Stimmung wurde besser, namentlich als die Universität allmählich wiederkehrte und er seine gewohnte Lehrtätigkeit wieder beginnen konnte[276]. In dieser Zeit (am 10. Dezember) kam nun Käthe nach schmerzlichen Wochen mit ihrem Töchterchen Elisabeth nieder, gerade als der Gemahl von einer Vorlesung heimkehrte. Die vorausgegangenen Strapazen hatten doch ihre Spuren hinterlassen, und die Mutter war recht angegriffen. Aber schon zu Weihnachten wurde im Lutherhaus Verlobung gefeiert; die Hanna von Sala wurde dem Petrus Eisenberg, einem braven Mann aus guter Familie, Leut-Priester in Halle, anverlobt; schon am Neujahrstag war die Hochzeit, und die kaum vom Wochenbett erstandene Hausfrau hatte schon wieder diese fröhliche Unmuße durchzumachen[277]. Das neue Jahr (1528) war ein gesundes und im ganzen glückliches, Luther und Käthe lebten wieder frisch auf. Sie brachten am 15. Mai wieder eine Verlobung zustande, zwischen dem verwitweten Kaplan D. Georg Röhrer und ihrer Pflegetochter Magdalene von Mochau. Die Hochzeit sollte fröhlich am Tag nach Laurenzi (11. August) gefeiert werden. Aber da kam Leid vor die Freude: am 3. August starb „Elslein“ und von dem lieben Töchterlein, dessen Ankunft die glücklichen Eltern den Freunden in zahlreichen Briefen angekündet hatten, mußten sie jetzt, gar wehmütig und weich gestimmt, wieder ihr Abscheiden in die ewige Heimat melden. „Es war ein großes Herzeleid; denn es starb ein Stück an des Vaters und ein Teil von der Mutter Leibe“[278]. Die durch Tod und Verheiratung in die Hausgenossenschaft gerissenen Lücken wurden bald reichlich ausgefüllt. Im Mai des folgenden Jahres erschien das kleine Lenchen im Schwarzen Kloster. Auf gar wunderbare Weise entkam die Herzogin Ursula von Münsterberg, die Base des Herzogs Georg aus dem Kloster Freiburg samt zwei andern bürgerlichen Klosterjungfrauen, von denen die eine ihr reiches Vermögen im Stiche ließ, um der Armut Christi zu folgen. Die drei flüchteten nach Wittenberg in die Freistätte des Lutherhauses: keinen Kreuzer brachten sie mit, wohl aber den Haß des Herzogs und Verlegenheit für Luthers Landesherrn[279]. Das war im Herbst 1528. Zu Ostern 1529 hatte Frau Käthe wieder eine Hochzeit auszurichten: dem Pfarrer Bruno Brauer zu Dobin, dessen Braut natürlich auch schon ein paar Tage vorher sich im Hause aufhielt. Amsdorf wird dazu eingeladen und wird ersucht, sich nicht mit Eisen und Schwert, sondern mit Gold und Silber und Ranzen zu umgürten, denn ohne Geschenk komme er nicht los. Im Sommer verlobten die beiden Ehegatten den Professor der Medizin Milich mit Susanna von Muschwitz, der Schwester von Frau D. Schurf[280]. Während dieser Zeit war der Hausherr vielfach abwesend auf der Visitation des Kurkreises, welche Luther mit dem Stadthauptmann Herrn Metsch, dem Edlen Hans von Taubenheim und dem Rechtsgelehrten Benedikt Pauli vorzunehmen hatte. Dazu kam die Reise nach Marburg zum Religionsgespräch mit Zwingli (1529). Von Marburg stammt auch der erste Brief des Doktors an seine Ehefrau, der erhalten geblieben ist. Er lautet[281]: „Gnad und Fried in Christo! Lieber Herr Käthe! Wisset, daß unser freundlich Gespräch zu Marburg ein Ende hat, und seynd fast in allen Stücken eins worden, ohne daß der Widerteil (Gegenpartei) wollen eitel Brot und Wein im Abendmal behalten und Christum geistlich darinnen gegenwärtig bekennen. Heute handelt der Landgraf, ob wir könnten eins werden, oder doch gleichwohl, so wir uneins blieben, dennoch (als) Brüder und Christi Glieder unter einander uns halten. Da arbeit der Landgraf heftig. Aber wir wollen des Brüdern und Gliederns nicht; friedlich und Guts wollen wir wohl.... Sage dem Herrn Pommer, daß die besten Argument seind gewesen des Zwingli, daß corpus non potest esse sine loco: ergo Christi corpus non est in pane; des Oecolampadii: dies sacramentum est Signun corporis Christi. Ich achte, Gott habe sie verblendet, daß sie nichts haben müssen fürbringen. Ich habe viel zu thun und der Bot eilet. Sage allen gute Nacht und bittet für uns. Wir seind auch alle frisch und gesund und leben wie die Fürsten. Küßt mir Lensgen und Hänsgen. E. williger Diener Martin Luther. Ins folgende Jahr (1530), zur Zeit des Augsburger Reichstags, fällt der lange halbjährige Aufenthalt Luthers auf der Koburg (April bis Oktober). Er reiste mit dem Kurfürsten Johann und Kanzler Brück und den Wittenberger Theologen, Melanchthon und Jonas ab und nahm seinen Famulus Veit Dietrich mit. Käthe konnte ihren Gatten nicht ohne Sorge zum Reichstag scheiden sehen; denn bei seiner Abreise glaubte man, daß auch Luther nach Augsburg selbst gehe, also mitten in die Reihe seiner Feinde. Bald erhielt sie die Nachricht, daß ihr Gatte, eben um seine Gegner, und namentlich den Kaiser, in dessen Acht er war, nicht zu reizen, in der südlichsten Stadt des Kurfürstentums bleibe, auf der Feste Koburg, und zwar einigermaßen in Verborgenheit, ähnlich wie auf der Wartburg. Er wurde morgens vor Tagesanbruch, samt seinem Famulus Veit Dietrich, dahin gebracht; er ließ sich da den Bart wachsen und dazu schickte ihm auch noch ein Freund, Abt Friedrich aus Nürnberg, ein Schwert. Also mußte Frau Käthe in die „Einöde Gruboc“ allerlei Dinge schicken, Bücher und Papier für allerlei Schriften, und empfahl ihren Gemahl der Fürsorge der Kastellanin[282]. Freilich war vortrefflich für den Einsiedler auf seinem Sinai gesorgt, die erste Frühlingszeit mit Dohlenschwarm, Kuckuck und Nachtigall stimmte fröhlich; Veit Dietrich wachte sorgfältig darüber, daß Luther keinen Diätfehler begehe und veranlaßte ihn gar zum Armbrustschießen auf Fledermäuse. Auch an Besuchen fehlte es nicht, so daß er schließlich klagte: „Die Wallfahrt will zu groß werden hierher“[283]. Aber Luther litt bei der ungewohnten Muße doch wieder an seinem alten Leiden: Fluß am Bein, Kopfweh und Schwindel, und infolgedessen „Anfechtungen“ des Satans, so daß er sich schon ein Oertlein für ein Grab aussuchte und meinte, unter dem Kreuz in der Kapelle werde er wohl liegen. Davon meldete zwar der Doktor an seine besorgte Ehehälfte kein Wörtlein; er schrieb vielmehr sie neckend: „Sie wollen (in Augsburg) schlechterdings die Mönche und Nonnen wieder im Kloster haben“[284]. Aber sie ahnte es doch, oder erfuhr es auf Umwegen von den Freunden, denen er sein Leiden klagte, oder durch die Boten, die vorbei kamen. Darum schickte sie ihm nicht nur Lenchens Bild, sondern auch seinen Neffen Cyriak in Person samt seinem Präzeptor. Boten mit Briefen und Aufträgen gingen fleißig hin und her: so bestellte Frau Käthe durch Luther Pomeranzen bei Link in Nürnberg, weil es keine in Wittenberg gebe, und sie erfuhr zeitig und ausführlich, wie es auf Koburg und in Augsburg ging, wo der Kaiser sich barsch benahm und Melanchthon gar ängstlich war. Wenn aber zu Wittenberg Sonntags in der Kirche für glücklichen Ausgang des Augsburger Reichstages und für die abwesenden Theologen gebetet wurde, da war Frau Luther wohl von allen Kirchgängerinnen die andächtigste; und zu Mittags bei Tisch mit ihren Tischgesellen und Kinderlein und abends im Kämmerlein allein hat sie für den teuren Mann in der Ferne gefleht, wie er's in jedem Briefe erbittet[285]. Einige Briefe Luthers von der Koburg an seine Hausfrau sind erhalten; so kam um Pfingsten einer[286]: „Gnad und Friede in Christo. Liebe Käthe! Ich hab, acht ich, Deine Briefe alle empfangen. So ist dies der vierte Brief, den ich Dir schreibe heut daß Er Johann von hinnen gegangen ist. Lenchen Konterfeit hab ich mit der Schachtel auch. Ich kannte das H... zuerst nicht, so schwarz deucht mir's (zu) sein. Ich halte, wo Du es wilt absetzen von Wöhnen (d.h. entwöhnen), das gut sei weilinger Weise, also daß Du ihr zuerst eines Tages einmal abbrechest, darnach des Tages zweimal, bis es also säuberlich abläßt. Also hat mir Georgen von Grumbachs Mutter, Frau Argula, geraten. Die ist hier bei uns gewest und hat mit mir gessen. Hans Reinicke von Mansfeld auch und George Römer, daß wir müssen an einen andern Ort; es will zu gemeiner Wallfahrt hieher werden. Sage Meister Christannus[287], daß ich meins Tage schändlichere Brillen nicht gesehen habe, denn die mit seinem Briefe (ist) kommen. Ich konnt nicht ein Stich dadurch sehen. So ist mir auch der Brief an Kunzen Vater nicht geworden. Auch bin ich nicht zu Koburg, (d.h. ich will nicht da zu finden sein); kann ich aber sonst dazu thun, will ich's nicht lassen. Du sollst aber gleichwohl Deine Briefe dem Kastner, (Schloßverwalter) [646], lassen zustellen; der wird sie mir wohl schaffen. Man beginnt zu Nürnberg und Augsburg zu zweifeln, ob etwas aus dem Reichstag werde. Der Kaiser verzeucht noch immer in Inspruck. Die Pfaffen haben etwas vor und gehet mit Kräutern zu. Gott gebe, daß sie der Teufel besch.... Amen. Laß den Herrn Doctor Pommer den Brief an D. Wencels lesen. Eilend. Der Bote wollt nicht harren. Grüße, küsse, herze und sei freundlich allen, jeden nach seinem Stande. Am Pfingsttag frühe, 1530. Martin Luther. Meiner herzlieben Hausfrauen Katharin Lutherin zu Wittenberg zu handen.“ Zu Wittenberg machte damals der Festungsbau den Einwohnern, namentlich auch der Familie Jonas, viel Verdruß und Aufregung; das Kloster blieb einstweilen noch verschont. Während Luthers Abwesenheit waren im Klosterhause Hieronymus Weller als Präzeptor des kleinen Häuschens. Hieronymus war aber ein von Schwermut geplagter Mann, und es wurde darum dankbar begrüßt, daß auch sein Bruder Peter ins Haus zog, der Präzeptor von Luthers Neffen, Polner. Auch der würdige D. Pommer (Bugenhagen) kam ab und zu ins Schwarze Kloster, um Frau Käthe zu beraten, und Frau Jonas, die allezeit fröhliche, muntere Gattin des in Augsburg abwesenden Stiftspropstes, welche freilich damals ihr zweites Söhnlein bald nach der Geburt verlor[288]. Mit hohem Interesse wurden Luthers Schreiben empfangen und mit vieler Freude im Kreise der zurückgebliebenen Freunde vorgelesen. Großen Jubel bei den Tischgesellen erregte ein humorvoller Brief Luthers vom „Reichstag der Dohlen und Krähen“, dem lustigen Abbild des Augsburger Reichstags. Da wird gar ergötzlich geschildert das Ab- und Zureiten „der Malztürken“, ihr Scharwänzen und Turnieren, ihr „Kecken“ und Kriegsrat wider Korn und Weizen. Und welche Freude erst war's, als goldene Frühäpfel aus Nürnberg mit dem Boten von Koburg für die Tischgesellschaft ankamen! Wie leuchteten aber erst die Augen der Kleinen und seiner Gespielen über den herzigen Märchenbrief Luthers an sein „liebes Söhnichen Johannes“ von dem schönen Paradiesesgarten. Wie hat sich da die Mutter gefreut und Muhme Lene und des Jonas Jost und Melanchthons Lips, die auch in den Garten kommen sollten, und der „Gruß und Putz“ wird der Muhme Lene von dem kleinen Hans ausgerichtet worden sein. Hänschen war ein braver Bub und wird von seinem Präzeptor wegen seines Fleißes und Eifers gelobt[289]. Aber auch ernste Briefe kamen von Koburg an, welche Frau Käthe und die Theologen interessierten und im Lutherhaus gemeinsam gelesen wurden, oder auch unter den Freunden umliefen. Allerdings seine schwersten Sorgen und Schmerzen schrieb Luther nicht darin, aber allerlei Anliegen wegen der Zöglinge und an seine Buchdrucker Schirlenz, Weiß und Rau. So kamen vom 14. und 15. August mit einem Boten zwei Episteln an seine „herzliebe Hausfrau“[290]. „Gnade und Friede in Christo. Meine liebe Käthe! Dieser Bote lief eilend vorüber, daß ich nichts mehr schreiben konnte, nur daß ich ihn nicht wollte ohne meine Handschrift gehen lassen. Du magst Herr Johann Pommern und allen sagen, daß ich bald mehr schreiben will. Wir haben noch nichts von Augsburg, warten aber alle Stunden auf Botschaft und Schrift. Aus fliegenden Reden haben wir, daß unsers Widerparts Antwort soll öffentlich gelesen sein; man habe aber den Unsern keine Abschrift wollen geben, daß sie darauf antworten möchten. Weiß nicht, ob's wahr ist. Wo sie das Licht so scheuen, werden die Unsern nicht lange bleiben. Ich bin seit Lorenzentag recht gesund gewesen und habe kein Sausen im Kopf gefühlt; das hat mich fein lustig gemacht zu schreiben, denn bisher hat mich das Sausen wohl zerplaget. Grüße alle und alles; ein andermal weiter. Gott mit euch. Amen. Und betet getrost: es ist wohl angelegt, und Gott wird helfen. Gegeben am Sonntage nach Lorenzentag, Anno 1530.“ Der Brief war kaum geschrieben, so kam weitere Nachricht von Augsburg. Luther behielt deshalb den Boten bei sich über Nacht und fügte am andern Tage noch folgendes hinzu: „Gnad' und Fried in Christo. Meine liebe Käthe! Als ich den Brief hatte zugemacht, kamen mir diese Briefe von Augsburg: da ließ ich den Boten aufhalten, daß er sie mit sich nähme. Daraus werdet ihr wohl vernehmen, wie es zu Augsburg mit unsrer Sache steht, fast wie ich im andern Brief geschrieben habe. Laß Dir sie Peter Weilern lesen oder Herrn Johann Pommer[291]. Gott helfe weiter, wie er gnädiglich angefangen hat, Amen. Jetzt kann ich nicht mehr schreiben, weil der Bote so wegfertig da sitzt und harret kaum. Grüße unsern lieben Sack. Ich habe Deinen Brief an die Kästnerin (die Kastellanin vom Koburger Schloß) gelesen, und sie dankt Dir sehr. Hans Polner habe ich Peter Wellern befohlen: siehe zu, daß er sich gehorsamlich halte. Grüße Hansen Luthern und seinen Schulmeister; dem will ich bald auch schreiben. Grüße Muhme Lenen und allesamt. Wir essen hier reife Weintrauben, wiewohl es diesen Monat hieraußen sehr naß gewesen ist. Gott sei mit euch allen, Amen. Aus der Wüsten, am Tage Maria Himmelfahrt 1530. Mart. Luther. Wie verdreußt mich's, daß unsere Drucker so schändlich verziehen mit den Exemplaren[292]. Ich schicke solch Exemplar darum hinein, daß sie bald sollen fertig werden — da machen sie mir ein Lagerobst draus. Wollt' ich sie so liegen haben, ich hätte sie wohl hier bei mir auch wissen zu halten. Ich hab' Dir geschrieben, daß Du den Sermon, wo er nicht angefangen, von Schirlenz nehmen und Georgen Rau geben solltest. Ich kann doch wohl denken, daß Schirlenz sein groß Exemplar kaum zu verlegen hat mit Papier. Ist das nicht geschehen, so schaffe, daß es noch bald geschehe und der Sermon aufs förderlichste gefertigt werde.“ Die Abwesenheit des Doktors zögerte sich gar lange hinaus: es wurde Sommer und wurde Herbst und der Doktor war noch nicht da. Mit Sehnsucht wurde er erwartet und voll Sehnsucht schrieb er nach Hause. So um „Maria Geburt“[293]: „Gnade und Friede in Christo. Meine liebe Käthe! Dieser Bote lief eilend vorüber, daß ich nicht viel schreiben konnte. Hoffe aber, wir wollen schier selbst kommen; denn dieser Bote bringt uns von Augsburg Briefe, daß die Handlung in unsrer Sache ein Ende habe und man nur wartet, was der Kaiser schließen und urteilen wird. Man hält's dafür, daß es werde alles aufgehoben auf ein künftig Konzilium; denn der Bischof zu Mainz und Augsburg halten noch fest, so wollen der Pfalzgraf, Trier und Cöln nicht zum Unfrieden oder Krieg willigen. Die andern wollten gern wüten und versehen sich, daß der Kaiser mit Ernst gebieten werde. Es geschehe, was Gott will: daß nur des Reichstags ein Ende werde! Wir haben genug gethan und erboten; die Papisten wollen nicht ein Haarbreit weichen; damit wird einer kommen, der sie lehren soll weichen und räumen. Mich wundert, warum Hans Weiß den Psalm nicht hat genommen. Ich hätt' nicht gemeint, daß er so ekel wäre, ist's doch ein köstlich Exemplar. Schicke hier denselbigen vollends ganz mit und gönn' ihn Georgen Rau wohl. Gefällt das Exemplar Herrn Johann Pommern und Kreuzigern, so laß immerhin drucken. Es ist doch nichts, daß man den Teufel feiert. Wer Dir gesagt hat, daß ich krank sei, wundert mich sehr, und Du siehest ja die Bücher vor Augen, die ich schreibe. So hab' ich ja die Propheten alle aus, ohne den Ezechiel, darin ich jetzt bin und im Sermon vom Sakrament, ohne was sonst des Schreibens mit Briefen und anders mehr ist. Ich konnte jetzt nicht mehr vor Eilen schreiben. Grüßt alle und alles. Ich hab' ein groß schön Buch von Zucker für Hansen Luther, das hat Cyriakus von Nürnberg gebracht aus dem schönen Garten. Hiemit Gott befohlen und betet. Mit Polner mach's nach Rat des Pommers und Kellers. Aus der Wüsten, am 8. September 1530.“ Als aber die Herren endlich wieder heimkehrten, samt Veit Dietrich, Peter Weller und dem jungen Cyriak, der mit seinem Lehrer das Schauspiel des Reichstag in Augsburg und die berühmte Stadt Nürnberg hatte besuchen dürfen, da war ein Erzählen am Eichentisch im Wohnzimmer und unten im Hof unterm Birnbaum, während der vierjährige Studiosus Hans sich an seinem Nürnberger Zuckerbuch erlustierte. Ruhiger gingen die folgenden Jahre hin. Freilich wiederholten sich die beängstigenden Schwindelanfälle beim Doktor, so daß er im Herbst 1531 eine Erholungsreise zu Gevatter Hans Löser nach Schloß Pretzsch machte, um durch die Bewegung das Sausen loszuwerden. Da ging er viel spazieren, fuhr auch zur Jagd[294]. Von Mansfeld waren auch die Großeltern einigemal nach Wittenberg herübergekommen, obwohl das keine kleine Reise war; da schickte der Stadtrat „Doktoris Martini Vater“ einen Ehrentrunk. Dann herrschte große Freude im Kloster und der Doktor konnte eine Vergleichung anstellen zwischen seiner harten Jugend und der Zärtlichkeit der alten Leute gegen die Enkel und merken, daß die Großeltern ihre Kindeskinder lieber haben als ihre eigenen Kinder. Als im Anfang 1530 Bruder Jakob von Mansfeld schrieb, der Vater wäre „fährlich krank“, wäre Luther aus der Maßen gern selbst kommen; aber er durfte es dorthin der Bauern und des Adels wegen nicht wagen. Aber große Freude sollt es ihm sein, schrieb er, wo es möglich wäre, daß der Vater samt der Mutter sich ließe herbeiführen nach Wittenberg, was auch „Käthe mit Thränen begehrte“, in der Hoffnung, sie aufs beste zu warten. Dazu wurde Cyriak in seine Vaterstadt abgefertigt, zu sehen, ob das möglich wäre. Aber die alten Leute konnten sich begreiflicherweise nicht zu diesem Umzug entschließen. Und nicht lange darauf, als Luther auf der Koburg saß, starb der Vater. Im Sommer des folgenden Jahres erkrankte die Großmutter. Das erregte großes Leid in der Familie; Luther schrieb inmitten der Kinderschar einen Trostbrief: darin schildert er gar anschaulich das echt kindliche Benehmen der beiden eigenen Kinder und der andern Enkel, welche im Klosterhause lebten: „Es bitten für Euch alle Eure (Enkel-) Kinder und meine Käthe; etliche weinen, etliche essen und sagen: Die Großmutter ist sehr krank.“ Am 30. Juni schied auch sie vom Leben[295]. Von den Enkeln hatten freilich die Großeltern höchstens die drei ersten gesehen: Hans, Elisabeth und Lenchen. Erst nach ihrem Tode kam der vierte auf die Welt am Vorabend von Luthers Geburtstag und bekam deshalb den Namen Martin. Es war gerade zur Zeit als die Bauern, wie man ihnen nachsagte, eine künstliche Teuerung zu stande brachten. Fünfviertel Jahre später (am 28. Januar 1533) stellte sich Paul ein und endlich am Ausgang des folgenden Jahres das Jüngste, Margarete. Schon 1533 war der siebenjährige Erstgeborne — gewiß nur, wie andre Professorensöhne, der Ehre halber — bei der Universität als akademischer Bürger angenommen worden, zugleich mit seinen Vettern Fabian und Andreas Kaufmann[296]. In diesem Jahre 1533 war Luther wieder einen ganzen Monat krank an Kopfleiden[297]. Im Februar 1534 kam seine Schwester zu Besuch nach Wittenberg. Da tischte Frau Käthe für die Schwägerin köstlich auf und ließ Hechte kommen aus den kurfürstlichen Teichen[298]. Seitdem Johann Friedrich Kurfürst geworden, war Luther gar oft zu dem ihm vorher schon sehr befreundeten neuen Landesherrn allein oder mit andern Theologen nach Torgau geladen, wo er predigte, disputierte und bei Tisch in ernstem und fröhlichem Gespräch verblieb. Von dort sandte der Doktor auch einmal an „seinen freundlichen lieben Herrn, Frau Katharina von Bora, D. Lutherin zu Wittenberg“ einen heiteren Brief[299]: „Gnade und Friede in Christo. Lieber Herr Käthe! Ich weiß Dir nichts zu schreiben, weil Magister Philipps samt den andern selbst kommen. Ich muß länger hier bleiben, um des frommen Fürsten willen. Du magst denken, wie lange ich hier bleiben werde, oder wie Du mich los machst. Ich halt', M. Franciscus wird mich wieder los machen, wie ich ihn losgemacht habe, doch nicht so balde. Gestern hatt' ich einen bösen Trunk gefaßt, da mußt' ich singen. Trink' ich nicht wohl, das ist mir leid und thät's so recht gerne, und hab gedacht, wie gut Wein und Bier hab' ich daheime, dazu eine schöne Frauen oder (sollt' ich sagen) Herrn. Und Du thätest wohl, daß Du mir hinüberschicktest den ganzen Keller voll meines Weines und eine Flaschen Deines Biers, so oft Du kannst. Sonst komme ich vor dem neuen Bier nicht wieder. Hiermit Gott befohlen samt unsern Jüngern und altem Gesinde, Amen. Mittwoch nach Jakobi, 1534. Dein Liebchen Mart. LutheR, D.“ Im Jahre 1535 kam der päpstliche Gesandte Kardinal _Vergerius_ durch Wittenberg; mit glänzendem Gefolge, zwanzig Pferden und einem Esel zog er ins Schloß und ließ Luther dahin einladen. Der ließ sich schön schmücken, hängte eine goldene Kette um und fuhr mit Bugenhagen, als der deutsche Papst mit Kardinal Pomeranus, ins Schloß, wo er dem Legaten gegenüber, wie er sich vorgenommen hatte, den rechten Luther spielte. Da erzählte er auch dem Kirchenfürsten, um ihn zu ärgern, von seiner Frau, der ehrwürdigen Nonne, und seinen fünf Kindern, von denen der Erstgeborene hoffentlich ein großer evangelischer Theologe werden würde [300]. Während dieser Zeit waren mancherlei Verändernden im Kreise der Lutherschen Hausgenossen eingetreten. Natürlich wechselte von Jahr zu Jahr die Tafelrunde der jugendlichen Kostgänger durch Abgang oder Zugang zur Schule. Aber es starb auch einmal ein Schüler. So aus Nürnberg Hans Zink Ostern 1531. Er war allen ein gar lieber Bube, sonderlich dem Hausvater, indem er den Discant bei der abendlichen Hausmusik sang; aber auch weil er fein still und züchtig (sittsam) und im Studium sonderlich fleißig war, so daß allen gar wehe geschehen ist durch seinen Abscheid. Frau Käthe sparte zu seiner Pflege nichts an Fleiß, Sorge und Arzenei, um das fremde liebe Kind wo nur möglich zu retten und zu erhalten. Aber die Krankheit wurde übermächtig über die Pflege, und der Knabe ist Gott noch viel lieber gewesen als den Lutherschen, der hat ihn wollen haben. Das meldete Luther im Trauer- und Trostbrief den betrübten fernen Eltern. Auch später kamen solche Sterbefälle noch vor; ja es starben Ostern 1544, als in Wittenberg die Masern grassierten und auch Luthers Kinder alle daran darniederlagen, auf einmal zwei Zöglinge, ein wohlgeschickter Knabe aus Lüneburg und ein Straßburger. Das war keine kleine Verantwortung, welche Luther und besonders Käthe zu tragen hatte. Das jüngste, Margaretlein, hatte als Nachwehen 10 Wochen ein schweres hitziges Fieber und kämpfte noch vor Weihnachten um Gesundheit und Leben [301]. Der Diener Johannes Nischmann, der mehrere Jahre der Familie treulich und „fleißig gedienet, dem Evangelium gemäß sich demütig gehalten und alles gethan und gelitten“, zog Lichtmeß 1534 aus dem Schwarzen Kloster mit 5 fl. Lohn und einem guten Zeugnis. Von einem andern dagegen ging ein böses Geschrei aus, daß er sich von einem wenig achtbaren Mädchen hätte verführen lassen[302]. Schmerz und Verdruß bereiteten den Lutherischen Eheleuten in dieser Zeit aber auch ihre Verwandten. Zunächst Katharinas Brüder. Da war Hans aus Preußen heimgekehrt, um das Gut Zulsdorf zu übernehmen, hatte eine Witfrau des von Seidewitz, eine geborene Marschall, mit einem oder mehrern Kindern geheiratet[303]; er konnte aber von dem Gütchen nicht recht leben und seinen Dienst am preußischen Hofe auch nicht mehr erhalten — und seine Ehe soll auch nicht glücklich gewesen sein. Daher mußte Käthe ihren Gatten um manche Bittschrift für ihn angehen. Ebenso machte Bruder Clemens Sorge, welcher gleichfalls in Preußen wegen Beteiligung an einer Schlägerei seine Stelle bei Hof verlor und, wie es scheint, nicht mehr in „vorigen Stand kommen“ konnte, trotz der Fürbitte der evangelischen Bischöfe von Samland und Pomesan an den Herzog, ihn wieder zu Gnaden anzunehmen, „damit er D. Martino und seiner geliebten Hausfrau nicht eine Betrübnis, dazu Schimpf und Spott sei und also im Land hin und wieder und endlich hinaus ziehet“. Der Herzog „wolle ihn doch mit einem Klepper und Zehrung und gnädiger Fürschrift an den Kurfürsten von Sachsen abfertigen“[304]. Näher noch gingen den beiden Ehegatten allerlei Erlebnisse mit den Kindern im Hause, den eignen und noch mehr den fremden. Mit der Anzahl der Kinder wuchs auch die Erfahrung der jungen Eheleute in der Zucht und Erziehung. Zu Anfang, als einmal eines der jungen Kindlein schrie und weinte, daß es niemand stillen konnte, waren Käthe sowohl wie Luther eine ganze Stunde traurig und bekümmert. Später erkannten sie und der Vater sprach es aus: „Wenn junge Kinder recht schreien, so wachsen sie wohl; denn durch Schreien dehnen sich die Glieder und Adern auseinander, weil sie sonst keine andere Uebung haben, sich zu bewegen“[305]. Als die Kinder größer wurden, gab es natürlich allerlei Unarten und Vergehungen, und zwar sowohl bei den eignen, wie bei den angenommenen Waisen. Das „Tauschen“ („Fuggern“ nannte man's später nach dem damals berühmten Augsburger Handelshause) war natürlich auch bei den Lutherskindern üblich. Ja, auch das „Stehlen“ („Schießen“ nannte man es auch nach den „Schützen“ d.h. jungen fahrenden Schülern, den tirones oder Plänklern in Vergleichung mit der römischen Heeresordnung). Das war nun beides recht verpönt im Luther-Hause, freilich wurde bei Eßwaren, namentlich Obst, als Kirschen, Aepfeln, Birnen, Nüssen, die Strafe gelinder bemessen. Aber wenn einmal etwas anderes genommen wurde, dann gab es böses Wetter im Hause. Ganz besonders aufgebracht werden konnte der heftige Hausvater wegen Ungehorsams: Gehorsam hielt er mit andern Pädagogen für die erste Tugend der Kinder. Darum ließ er seinen Erstgeborenen einmal drei Tage lang nicht vors Angesicht kommen und Frau Käthe mußte ihre ganze Ueberredungskraft und die Fürsprache von Freunden anwenden, um den erzürnten Vater umzustimmen[306]. Im Jahre 1536 that Luther seinen Erstgebornen schon aus dem Hause zu einem tüchtigen Schulmeister. — Die Unruhe war im Kloster gar zu groß. Später — 1542 — kam er wieder fort zu dem berühmten Präzeptor Crodel in Torgau[307]. Manchen Aerger hatten Luther und Käthe auch mit den fremden Kindern, namentlich den Neffen. Man wird frelich kein großes Aufhebens zu machen haben, wenn Luther einmal sagt: „Wenn ich meinen Enders (d.i. Andreas Kaufmann) nicht hätte gestrichen, von seiner Untugend über Tisch gesagt und ihm Zucker und Mandelkerne gegeben hätte, so hätte ich ihn schlimmer gemacht.“ Aber von Martin (seines Bruders Sohn) erzählte Luther: „Derselbe hat mich einmal also erzürnt und getötet, daß ich ganz von meines Leibes Kräften gekommen bin.“ Als Fabian von Bora mit Hans Luther 1542 nach Torgau kam, ließ er sich auf der Reise dahin verleiten, dem kleinen Paul Luther ein Messer zu nehmen und dem Schulmeister Crodel vorzulügen, der Oheim habe es ihm gegeben, während er vorher dergleichen nie gethan. Darüber erzürnte Luther mächtig und diktierte dem armen Sünder drei Tage hintereinander Streiche[308]. Begreiflicherweise vertuschte auch die Mutter und Hausfrau gar manches, was bei den Kindern und dem Gesinde in dem großen Haushalt vorfiel, vor dem heftigen Mann, so daß er in hellem Zorn aufflammen konnte: „Wenn sie sündigen und allerlei Büberei treiben, so erfahre ich's nicht; man zeigt mir's nicht an, sondern hält's heimlich vor mir“[309]. Es war aber freilich nicht allein die Furcht vor des Doktors Zorn, sondern doch auch die Rücksicht auf den vielbeschäftigten und viel geärgerten Mann, was die Gattin bewegen mußte, ihn mit den häuslichen Widerwärtigkeiten möglichst zu verschonen. Er sollte vor allem an den Kindern sich erfreuen. Denn diese Freude an den Kindern war Luther freilich die größte und schönste und er war einigermaßen eifersüchtig auf „Muhme Lene“, welche sie ihm „vorwegnahm“, da die Kinder so an ihr hingen und so viel um sie waren[310]. Luther wollte seine Kinder nicht so hart erzogen haben, wie es ihm ergangen war. Aber für Bosheit und Schalkheit und Schaden sollten sie gestraft werden und es ihnen nicht nachgesehen werden. Das war gewiß auch Frau Käthes Meinung und jedenfalls war sie mit ihres Mannes Anschauung einverstanden: eines Geistlichen Kinder müßten ganz besonders wohlgezogen sein, auf daß andere Leute davon erbaut und ein gut Exempel nähmen; ungezogene Pfarrkinder gäben andern „ein Aergernis und Privilegium zu sündigen“. Dasselbe galt auch vom Gesinde. Denn, sagt Luther, „der Teufel hat ein scharpf Aug auf mich, damit er meine Lehre verdächtig mache oder gar einen Schandfleck anhänge.“ Daher war es ein aufregendes Ereignis, als ein Mädchen in Luthers Hause sich übel aufführte[311]. Nach Muhme Lene's Abscheiden nämlich (1537) nahm das Luthersche Ehepaar eine gefährliche Person ins Haus. Sie kam zu Luther, nannte sich Rosine von Truchses und gab vor, eine arme Nonne aus hohem Geschlecht zu sein. Da Luther aber scharf in sie drang, so bekannte sie, sie wäre eine Bürgerstochter aus Minderstadt in Franken; ihr Vater sei im Bauernaufruhr geköpft worden; sie irre als verwaistes Kind umher und bitte um Gotteswillen ihr zu verzeihen und sich ihrer zu erbarmen. Der gutherzige Mann that es. Das Jüngferlein bezeugte sich gar sittsam und artig, wußte sich in Gunst zu setzen und das Vertrauen aller im Hause zu erschleichen, besonders sich bei den Kindern wohl anzumachen. Aber es war ein schlechtes Weibsbild, das sich in das Haus gedrängt hatte. In Keller, Küche und Kammer kam allerlei weg; niemand wußte, wer der Dieb war. Weiter lockte sie allerlei junge Leute an sich, die sie mit ihrer angeblich hohen Abkunft beschwindelte, und trieb Unzucht mit ihnen. Endlich entdeckte Frau Käthe die Sache und entfernte, während Luther auf einer Reise war, die Person in aller Stille aus dem Hause. Luther war froh, daß er nichts von allem gewußt hatte und daß sie jetzt fort sei. Aber die Schwindlerin zog umher in allen Pfarrhäusern, berühmte sich ihrer Bekanntschaft mit dem großen Doktor und seinem Hause, log, trog und stahl weiter. Immer von neuem tauchte sie auf, zuletzt nach mehreren Jahren noch in Leipzig, so daß Luther dorthin an den Richter Göritz, seinen Gevatter, schreiben mußte, um ihrem Unfug ein Ende zu machen. Luther litt unendlich unter dieser Schmach, die seinem Hause widerfahren, und meinte, die Papisten hätten ihm diese Teufelsperson auf den Hals geschickt. Aber auch Frau Käthe mußte es schwer tragen und dazu noch die Vorwürfe ihres Mannes, welcher zürnte, daß man dieses Weibsbild hatte entkommen lassen und nicht gleich in der Elbe ertränkt habe. Er meinte durch diese Erfahrung gewitzigt zu sein, und doch bekam er vor seinem Ende noch eine „andere Rosine“ ins Haus, die ihm den Aufenthalt in Wittenberg verleiden half[312]. Ein anderes Vorkommnis setzte Frau Käthe 1538 hart zu. Ein Tagelöhner arbeitete oft bei ihr, ein fleißiger und braver Mensch, nüchtern sanfter wie ein Lamm, aber in der Trunkenheit ein Krakehler. An einem Sonntag lief er in der ganzen Stadt herum und prahlte, er sei Famulus bei Luther, und in der Aufregung schlug er jemand tot. Dann ward er nüchtern, nahm mit Thränen Abschied von Frau Luther und wurde flüchtig. Ein Weib und drei Kinder, die er im größten Elend zurückließ, fiel natürlich Frau Käthe zur Last[313]. 11. Kapitel Hochzeiten und Krankheiten, Pest und Tod. Besondere Geduld und Liebe, Vorsicht und Weisheit mußten die Eheleute brauchen in der Behandlung der ihnen anvertrauten Kinder. Die verwaiste Pflegetochter Lenchen Kaufmann, „Mühmchen Lene die Jüngere“, fing in noch recht jugendlichem Alter eine Liebelei mit Magister Veit Dietrich an, der mit seinen sechs Scholaren im Schwarzen Kloster lebte. Nun war Luther zwar der Meinung des Sprichworts: „Früh aufstehn und jung freien“ und ist öfters für junge ehrbare Leute, die sich einander gern hatten und zu einander paßten, bei ihren Eltern um ihre Einwilligung eingetreten und hat sie gegen Eigensinn und Selbstsucht der Väter und Mütter in Schutz genommen und zusammengebracht. So hatte er sich auch schon 1523 eines Mädchens aus Torgau angenommen, welchem der kurfürstliche Barbier die Ehe versprochen und zum Unterpfand einen Ring gegeben und mit ihr eine Münze geteilt hatte[314]. Aber er wußte auch, daß es zu früh und ungeschickt sein könnte, das konnte er an Melanchthons Töchterlein merken, welches auch als kaum vierzehnjähriges Kind sich in einen begabten, aber leichtsinnigen jungen Poeten verliebt hatte und, da die Eltern unbedacht nachgaben, einen unglücklichen Ehestand erlebte. Luther meinte, „es wäre nicht ratsam, daß junge Leute so bald in der ersten Hitze und plötzlich freiten; denn wenn sie den Fürwitz gebüßt hätten, so gereuete sie's bald hernach und könnte keine beständige Ehe bleiben; es käme das Hündlein Reuel, das viele Leute beißt“. Bestärkt wurde Luther in dieser Anschauung durch seine Ehefrau, welche dem Veit Dietrich überhaupt nicht ganz hold war. Das Jüngferlein Lene wollte natürlich die Stimme der Vernunft nicht hören und zeigte sich ungebärdig, so daß Luther sogar einmal meinte, „man sollte sie mit einem guten Knüttel züchtigen, daß ihr das Mannnehmen verginge“[315]. Der Herr Magister Veit zog nun aus dem Hause und warf seinen Zorn vor allem auf Frau Käthe, der er Herrschsucht und Habsucht vorwarf (1534). Aber als Bäschen Lene zu ihren vollkommenen Jahren gekommen war (1538) und der Rechte kam, der auch mit Vorwissen der Pflegeeltern um sie freite, da gaben diese ihre freudige Einwilligung. Es war M. Ambrosius Berndt aus Jüterbog, ein gesetzter, „recht frommer (braver) Mann, der Christum lieb hatte“, seit einem halben Jahr, wo ihm seine junge Frau im ersten Kindbett samt dem Knäblein gestorben war, kinderloser Witwer, Professor der Philosophie und Schöffer in Wittenberg, ein Amtsgenosse und guter Bekannter und Gevattersmann der Lutherschen Familie. Von dieser Verlobung und Hochzeit ist uns in den Tischreden Eingehendes berichtet[316]. Martini 1538 beging Luther seinen Geburtstag. Dazu hatte Frau Käthe, wie gewöhnlich einen festlichen Schmaus gerichtet und viele Freunde, Jonas, Kreuziger, Melanchthon, auch die fremden Gäste Camerarius und Bucer, welche damals in Wittenberg waren, eingeladen. Auch der Freier und Lenchen Kaufmann waren zugeben. Vor dem Essen — es war ein Nachtmahl — ließ nun der M. Ambrosius bei Luther „öffentlich werben um des Doktors Muhme Magdalene, daß er ihm dieselbige wollte zur Ehegattin geben, wie er ihm zuvor zugesagt“. Da nahm D. Martinus die Jungfrau bei der Hand und sagte: „Lieber Herr Schöffer und Gevatter! Allhie habe ich die Jungfrau, wie mir sie Gott gegeben und bescheret hat, die überantworte ich Ihm. Gott gebe seinen Segen und Benedeiung, daß sie wohl und christlich mit einander leben!“ Die Gäste wünschten Glück; man setzte sich zur Mahlzeit und waren alle fröhlich und guter Dinge. Luther sprach vom Freien und der Freiheit eines neuen Bräutigams, vom Kriegsdienst und allen andern Lasten und Bürden. Als die Brautleute so eifrig und heimlich mit einander sprachen und die Gesellschaft um sich her vergaßen, lächelte der Doktor und sagte: „Es wundert mich, daß doch ein Bräutigam mit der Braut so viel zu reden hat. Ob sie auch müde werden können? Aber man darf sie nicht vexieren, denn sie haben Freibriefe über alle Macht und Gewohnheit.“ Die Brautleute bekümmerten sich nun um die Herrichtung der Hochzeit und das Gästebitten. Da sprach der Doktor: „Seid unbekümmert, solches geht euch nichts an. Wir wollen bedacht sein auf solch zufällig Ding, das nicht zum Wesen des Ehestandes gehört.“ So schrieb denn Luther an den Fürsten von Anhalt um den Wild-Festbraten: „Ich bitte ganz demütig, wo Ew. Fürstl. Gnaden so viel Uebrigs hätten, wollten mir einen Frischling oder Schweinskopf schenken; denn ich soll bis Mittwoch mein Waislein, meiner Schwester Tochter versorgen.“ Der Wildbraten blieb natürlich nicht aus und Frau Käthe bereitete ihn zu, auch der Stadtrat schickte zum Hochzeitsmahl ein „Stübchen“ Frankenwein und vier Quart Jüterbogischen Wein — also aus des Bräutigams Heimat[317]. So richteten nun die Pflegeeltern ihrer Nichte Hochzeit aus und sorgten dafür, daß es fröhlich zuging und auch die Verwandten aus Mansfeld und Eisleben eingeladen wurden. Luthers Lieblingsbruder Jakob kam herüber und sogar zwei Vatersbrüder. Der Schulmeister mit den Sängern wurde bestellt, und während Frau Käthe buk, briet und kochte, kostete der Doktor die Weine im Keller. Er meinte: „Man soll den Gästen einen guten Trunk geben, daß sie fröhlich werden: denn wie die Schrift sagt, das Brot stärkt des Menschen Herz, der Wein aber macht ihn fröhlich.“ Es sollte überhaupt in christlicher Fröhlichkeit bei Hochzeit zugehen, nach dem Grundsatz: „Bei der Hochzeit soll man die Braut schmücken, soll essen, trinken, schön tanzen und sich darüber kein Gewissen machen, denn der Glaube und die Liebe läßt sich nicht austanzen noch aussitzen, so du züchtig und mäßig darinnen bist.“ Beim Hochzeitsschmaus selbst sorgte Luther für fröhliche Unterhaltung und allerlei Rätselaufgaben. So fragte er den „schwarzen Engländer“ (wahrscheinlich Robert Barns, der seit 1533 in Wittenberg studierte und zur Hochzeit geladen war): „Wie wollt Ihr Wein in einen Keller legen nicht eingeschroten und nicht eingefüllt?“ Der Engländer wußte es nicht; Luther aber sagte: „Man bringt Most hinein, so wird schon Wein daraus; das ist eine natürliche Magie und Kunststück.“ Weiter fragte er, welches die breiteten Wasser zu Lande wären? Antwort: „Der Schnee, Regen und Tau“[318]. Dem neuen Ehepaare legte aber Luther einen seinen Spruch der Alten ans Herz; der Braut: „Liebe Tochter, halte Dich also gegen Deinen Mann, daß er fröhlich wird, wie er auf dem Heimwege die Spitze des Hauses sieht.“ Und dem Bräutigam: „Es soll der Mann leben mit seinem Weibe, daß sie ihn nicht gerne siehet wegziehen und fröhlich wird, so er heimkommt“[319]. Diesen fröhlichen Tagen sind schwere Jahre vorausgegangen und gefolgt. Schon 1535 war die Pest wieder in Wittenberg eingekehrt. Obwohl der Kurfürst Luther dringend mahnte, der Gefahr aus dem Wege zu gehen, meinte er doch, es sei nichts Rechtes an der Sache, er glaubte nicht daran und spottete darüber in seinem Brief an den Kurfürsten: sein „gewisser Wetterhahn“, der Landvoigt Hans Metzsch, hätte sonst mit seiner Spürnase schon die Pestilenz gespürt. Luther meinte, die Studenten hörten das Pestgeschrei gern, sie kriegten die Beule auf dem Schulsack, die Kolik in den Büchern, den Grind an den Federn, die Gicht am Papier; vielen sei die Tinte schimmlich geworden, oder sie hätten die Mutterbriefe gefressen und das Heimweh bekommen: da müßten die Eltern und die Obrigkeit eine starke Arznei wider solch Landsterben verschreiben. Der Teufel scheine Fastnacht mit solchem Schrecken zu halten oder Kirmes in der Hölle zu feiern mit solchen Larven. Die Sache ging auch bald vorüber[320]. Ernster wurde es aber 1537. Zu Lichtmeß dieses Jahres mußte Luther auf den Schmalkaldener Konvent. Er fuhr in eigenem Wagen mit Käthes Pferden. Käthe sah ihren Gatten nicht ohne Sorgen abreisen; denn er war nicht ganz wohl, das Wetter unwirtlich, die Wege schlecht, fremde Betten und Mahlzeiten und das ungewohnte Leben waren ihm nicht zuträglich, wie sie schon von früheren Reisen wußte. Er fühlte sich nirgends so wohl wie daheim, mit seinem gewohnten Essen und Trinken und Arbeiten. Luther erkältete sich denn auch zu Schmalkalden in seiner unbequemen Herberge in den feuchten „hessischen Betten“ und verdarb sich an dem schweren, festen Hofbrot den Magen. Sein Steinleiden stellte sich mit einer unerhörten Heftigkeit ein; über vierzehn Tage lang dauerte es und verursachte die rasendsten Schmerzen, so daß er sich den Tod wünschte und seine Umgebung seinen Tod voraussah. Die Fürstlichen Leibärzte wußten ihm nicht zu helfen und sie marterten ihn mit Roßkuren. Daher wollte Luther lieber daheim sterben und sich von seinem Weibe zu tot oder gesund pflegen lassen und ließ sich am 26. Februar aus Schmalkalden in kurfürstlichem Gefährt wegfahren gen Wittenberg[321]. Hier hatte Jonas zu Anfang mehrere Briefe von Luther aus Schmalkalden empfangen. Im ersten meldete er, daß er gleich nach seiner Ankunft einen Stein überstanden habe, sonst schrieb er aber vergnügt, und fünf Tage darauf, daß der Valentinstag ihn valentulum d.h. zum Rekonvaleszenten gemacht habe. Vier Briefe aber an Käthe waren nicht an sie gelangt: wahrscheinlich waren sie von den ängstlichen Freunden vorsorglicherweise zurückgehalten worden. Aber sie hatte doch Gerüchte gehört und nicht geruht, bis wenigstens Jonas mit der Nichte Luthers dem kranken Mann entgegenreiste. Frau Käthe erhielt erst später, als es wieder besser ging, folgenden Brief ihres Mannes aus Gotha[646]: „Gnade und Friede in Christo! Du magst dieweil andere Pferde mieten zu Deiner Notdurft, liebe Käthe; denn mein gnädiger Herr wird Deine Pferde behalten und mit dem Mag. Philipp heimschicken. Denn ich selber gestern von Schmalkalden aufgebrochen auf meines gnädigen Herrn eigenem Wagen daher fuhr. Ist die Ursach, ich bin nicht über drei Tag hier gesund, und ist bis auf diese Nacht vom ersten Sonntag an kein Tröpflein Wasser von mir gelassen, hab' nie geruhet noch geschlafen, kein Trinken noch Essen behalten mögen. Summa, ich bin tot gewesen, und hab' Dich mit den Kindlein Gott befohlen und meinem guten Herrn, als würde ich euch nimmermehr sehen; hat mich euer sehr erbarmet, aber ich hatte mich dem Grabe beschieden. Nun hat man so hart gebeten für mich zu Gott, daß vieler Leute Thränen vermocht haben, daß mir Gott diese Nacht geholfen hat und mich dünkt, ich sei wieder von neuem geboren. Darum danke Gott, und laß die lieben Kindlein mit Muhme Lenen dem rechten Vater danken; denn ihr hättet diesen Vater gewißlich verloren. Der fromme Fürst hat lassen laufen, reiten, holen und mit altem Vermögen sein Höchstes versucht, ob mir möcht' geholfen werden; aber es hat nicht wollen sein. Deine Kunst hilft nicht mit dem Mist[322]. Gott hat Wunder an mir gethan diese Nacht und thut's noch durch frommer Leute Fürbitte. Solches schreib' ich Dir darum, denn ich halte, daß mein gnädigster Herr habe befohlen dem Landvogt, Dich mir entgegen zu schicken, da ich ja unterwegen stürbe, daß Du zuvor mit mir reden oder mich sehen möchtest; welches nun nicht not ist und magst wohl daheim bleiben, weil mir Gott so reichlich geholfen hat, daß ich mich versehe, fröhlich zu Dir zu kommen. Heute liegen wir zu Gotha. Ich habe sonst viermal geschrieben, wundert mich, daß nichts zu euch kommen ist. Dienstags nach Reminiscere. 1537. Martinus Luther.“ Wie mag das arme Weib erschrocken sein über diese unglückliche Kunde! und wie hätte sie erst gebangt, wenn sie gewußt hätte, daß am folgenden Tag der tödliche Anfall sich wiederholte, bis wieder sechs Steine von ihm gingen. Käthe fuhr nun ihrem Manne entgegen nach Altenburg, wo Freund Spalatin als Pfarrer lebte. Bei diesem bereitete sie nun eine Herberge, bis Jonas und die Muhme Lenchen mit dem Kranken von Weimar her ankamen. Im gastlichen Altenburger Pfarrhaus pflegte Käthe den Erschöpften einige Tage und fuhr dann mit ihm Mitte März langsam an Kloster Nimbschen vorbei, mit einem Aufenthalt in Grimma nach Wittenberg heim, wo sie am 14. März ankamen[323]. Langsam nur erholte sich Luther; an allen Knochen wie zerschlagen, konnte er sich kaum auf den Beinen halten, so erschöpft war er. Er lernte wieder essen und trinken: die Ruhe und Käthes sorgliche Pflege brachte ihn allmählich wieder zu Kräften. Acht Tage darauf konnte er wieder die feiernde Feder ergreifen und seinen Dankesbrief an Spalatin schreiben. Frau Käthe, die in der Bestürzung den Töchtern Spalatins nichts mitgebracht hatte, wollte ein paar Bücher binden lassen und zum Andenken schicken. Ueber die Osterzeit hat Luther dann wieder fleißig gepredigt. Aber als er später wieder in die Hessenstadt zum Konvent gehen sollte, hielt Käthe ihren Gatten zurück und er selbst warnte die Freunde vor „den hessischen Betten“[324]. In diesem Jahre ging auch Muhme Lene heim und mit ihr ein guter Hausgeist, eine Stütze der Hausfrau, eine geliebte Freundin und Hüterin der Kinder. Der Ersatz, den Frau Käthe für sie suchte und erhielt in „Muhme Lene“ der jüngeren, ihrer leichtherzigen Nichte, und gar in fremden Stützen der Hausfrau, war ein sehr zweifelhafter[325]. In diesem Jahre 1537 hatte Frau Käthe noch einen schweren Fall von Krankenpflege in ihrem Hause: nämlich die Kurfürstin Elisabeth von Brandenburg. Die arme Frau war schon 1534 kränklich, bald besser, bald schwerer. Damals war sie in Wittenberg. Luther mußte aber auch öfter zu ihr nach Schloß Lichtenberg reisen. Im Todesjahre ihres Gemahls, 1537, aber, als sich ihr Zustand zu einer Geistesstörung ausgebildet hatte, war sie zur Verpflegung in Luthers Haus, wohl auf des Kurfürsten von Sachsen Veranlassung. Nach langem Fiebertraum erwachte sie im September, war aber so blöde und kindisch, daß sie wenig verstand. Frau Käthe saß bei ihr auf dem Bette und schweigete sie[326]. Darauf wollte ihre Tochter, Fürstin Margarete von Anhalt, mit Gefolge zum Besuch der kranken Mutter kommen, natürlich womöglich auch in Luthers Behausung. Aber diese konnte man nicht auch noch aufnehmen; war doch das große Haus genug belegt; auch in der Stadt, die als Festung so eng gebaut war und jetzt so besucht von Studenten, war jedes Haus bis in den kleinsten Winkel vollgepropft. So mußte man den Besuch ablehnen, aber versichern, daß alles angewendet werde, um die Genesung der Kurfürstin zu beschleunigen[327]. Die andere Tochter der Kurfürstin, Herzogin Elisabeth von Braunschweig-Calenberg, welche einst ihre Mutter wegen des evangelischen Abendmahls an den Vater und eine ungünstige Aeußerung Luthers über Herzog Georg an diesen verraten hatte, kam öfter zum Besuch ihrer kranken Mutter in Luthers Haus; und dieser Umgang brachte sie dazu, daß sie selbst evangelisch wurde und nach dem Tode ihres Gemahls als Regentin des Landes in Braunschweig die Reformation einführte. Sie wurde sehr befreundet mit Luther und Käthe, schickte ihr einmal eine Sendung Käse und bekam dafür Maulbeer- und Feigen-Setzlinge[328]. Aber der Zustand der armen „Markgräfin“ war ein trauriger und noch monatelang mußte sie Käthe pflegen. Dabei trugen sich allerlei ärgerliche Zwischenfälle zu, namentlich durch die Zudringlichkeit unberufener Leute: so drängte sich eine schmutzige Böhmin ins Haus, ins Gemach und an die Seite der Fürstin, suchte für sich Gunst und andern Ungunst zu erregen. Eine Zeitlang ging es noch gut; als die Kranke aber Geld ausgezahlt bekam, da fing es wieder an, sie verschwendete maßlos an jedermann ohne Unterschied; auch den Lutherischen Eheleuten wollte sie zwei Stürzbecher mit 100 Goldgulden darin schenken. Dazu machte sie immer Reisepläne und schrieb heimlich überallhin und wollte durchaus fort aus Wittenberg[329]. Luther und Käthe wären die unruhige Patientin, über die sie nicht völlige Gewalt hatten, mit der vielen Unmuße gerne losgewesen, mußten aber warten, bis der Hofhalt in Lichtenberg wieder eingerichtet war[330]. Die greise Kurfürstin wurde nachher wieder gesund und überlebte noch Luther. Nachdem das Jahr 1538 ebenfalls ein „fährlich schwer Jahr“ gewesen wegen der mancherlei Krankheiten, spukte im Spätherbst 1539 die Pest wieder im Lande. Die Leute hatten eine furchtbare Angst, der Bruder ließ den Bruder, der Sohn die Eltern im Stich; wenn ein Haus angesteckt war, wurde es niedergerissen. Kein Bauer wollte Holz, Eier, Butter, Käse, Korn in die verseuchte Stadt fahren. Da mußten die Wittenberger zwei Plagen für eine leiden: Pestilenz und Hunger und Frost. Die Bauern luden endlich ihre Sachen draußen vor den Thoren ab und die Städter mußten sie auflesen[331]. Luther freilich nahm wie gewohnt „das Pestlein“ leicht und hielt es nur für eine Seuche. Er zürnte und spottete über die Pestfurcht: „Ich halt, der Teufel hat die Leut besessen mit der _rechten_ Pestilenz, daß sie so schändlich erschrecken.“ Ja, er trotzte der Krankheit, um Tod und Teufel zu verachten. Als er einmal einen Pestkranken besuchte, betastete er ohne Scheu dessen Beulen. Und er war so sorglos, daß er, als er heimkam, sogar mit ungewaschenen Händen sein Töchterlein Margarete unbedacht um den Mund streichelte — es schadete freilich nichts. Ja, als die Gattin des Kosmographen Dr. Sebald Münster an der Seuche starb und dieser selbst an sieben Beulen litt, nahm Luther zum Entsetzen der Wittenberger die vier Kinder Sebalds aus dem verpesteten Hause zu sich. Guter Gott! was entstand in der ganzen Stadt für ein Geschrei gegen Luther! Er wollte den Erbarmungslosen und Furchtsamen ein Exempel geben[332]. Diejenige, welche am wenigsten wider diese starkmütige Tapferkeit Luthers einzuwenden hatte, war seine Gattin; und sie hatte doch die größte Mühe und Sorge mit den übernommenen Kindern und war dazu wie vor zehn Jahren ihrer Entbindung nahe. Und sie mußte es büßen. Sie kam unglücklich nieder und schwebte lange Zeit zwischen Leben und Tod. Sie fiel von einer Ohnmacht in die andre. Vergebens wurden alle stärkenden Mittel angewendet, die Entkräftung zu heben. Sie lag da wie eine atmende Leiche, das Gesicht entstellt, die Gestalt verfallen. Wohl wurde sie von besorgten Händen aufs treulichste gepflegt und jeder Atemzug, jede Bewegung beobachtet[333]. Luther wich nicht von der geliebten Frau und sagte darum seine Anwohnung auf dem Schmalkalder Konvent ab. Er betete Käthe wieder lebendig, wie einst zu Weimar seinen Freund Melanchthon. Denn wunderbarerweise siegte Käthes starke Natur. Sie erholte sich, fing mit Appetit an zu essen und zu trinken, stand wieder auf und kroch umher, indem sie sich mit den Händen an Tischen und Bänken hielt. Und bald that sie sich etwas zu gut auf ihre wachsende Gesundheit und im April ist sie völlig wieder hergestellt[334]. Die Freunde sahen in der wie durch ein Wunder genesenden Gattin des Reformators das Weib der Offenbarung (Kap. 12): ein Sinnbild der durch ein Gotteswunder genesenden kranken Kirche[335]. Im Sommer 1540 reiste Luther mit Melanchthon nach Eisenach, um dem Reichstag in Hagenau näher zu sein, ähnlich wie vor zehn Jahren in Koburg dem Augsburger Tag. Melanchthon sollte nach Hagenau ziehen, aber er wurde unterwegs in Weimar sterbenskrank; doch Luther hat ihn unsrem Herrgott abgebetet. In Eisenach wohnte Luther im Pfarrhaus des Menius, welcher mit nach Hagenau reiste. Sein „Fraulein“ pflegte den Wittenberger Doktor aufs sorgsamste und liebenswürdigste, so daß Frau Käthe unbesorgt sein konnte. Und der Kinderfreund Luther entschädigte sich für die Entfernung von seinen Kleinen dadurch, daß er den Pfarrbuben Timotheus ein Spiel mit Nüssen lehrte. Von hier aus schrieb Luther fleißig Briefe nach Haus, erhielt freilich von der vielbeschäftigten Frau Käthe nicht so leicht einen. Dafür mußten die Kinder und Hausgenossen schreiben, zu denen damals auch ein „Mariischen“ gehörte[336]. Die drei ersten Briefe sind verloren gegangen, der vierte aber lautet[337]: „Meiner herzlieben Käthe, Doktorin Kathrin und Frauen auf dem neuen Saumarkt zu handen. Gnade und Friede, liebe Jungfrau Käthe, gnädige Frau von Zulsdorf und wie Ew. Gnaden mehr heißt! Ich füge Euch und Ew. Gnaden unterthäniglich zu wissen, daß mir's hie wohl gehet: „ich fresse wie ein Böhme und saufe wie ein Deutscher“[338] — das sei Gott gedankt, Amen. Das kommt daher: Magister Philipps ist wahrlich tot gewesen und recht wie Lazarus vom Tod auferstanden. Gott der liebe Vater höret unser Gebet, das sehen und greifen wir, ohne daß wir's dennoch nicht glauben: da sage niemand Amen zu unserm schändlichen Unglauben. Ich hab' dem Doktor Pommer Pfarrherr geschrieben, wie der Graf zu Schwarzburg (um) einen Pfarrherrn gen Greußen bittet, da magst Du als eine kluge Frau und Doktorin mit Magister Georg Röhrer und Magister Ambrosio Berndt helfen raten, welcher unter den dreien sich wollte bereden lassen, die ich dem Pommer angezeigt: es ist nicht eine schlechte Pfarre; doch seid ihr klug und macht's besser. Ich habe der Kinder Briefe, auch des Bacculaurien (Hans) — der kein Kind ist, Mariische auch nicht — kriegt, aber von Ew. Gnaden hab' ich nichts kriegt; werdet jetzt auf die vierte Schrift, ob Gott will, einmal antworten mit Ew. gnädigen Hand. Ich schicke hie mit dem Magister Paul den silbernen Apfel, den mir Ihre gnädige Hand geschenkt hat, den magst Du, wie ich zuvor geredet habe, unter die Kinder teilen und fragen, wie viel sie Kirschen und Aepfel dafür nehmen wollen; die bezahle ihnen bar über und behalt' Du den Stiel davon. Sage untern lieben Kostgängern, sonderlich Doktor Severo oder Schiefer, mein freundlich Herz und guten Willen, und daß sie helfen zusehen in allen Sachen der Kirchen, Schulen, Haus und wo es not sein will. Auch M. Georg Major und M. Ambrosio, daß sie Dir zu Hause tröstlich seien. Will's Gott, so wollen wir bis Sonntag auf sein, von Weimar gen Eisenach zu ziehen, und Philipps mit. Hiemit Gott befohlen. Sage Lycaoni nostro (dem Diener Wolfgang), daß er die Maulbeer nicht versäume, er verschlafe sie denn, das wird er nicht thun — er versehe es denn — und den Wein soll er auch zur Zeit abziehen. Seid fröhlich alle und betet. Amen. Weimar, am Tage der Heimsuchung Mariä (2. Juli) 1540. Martinus Luther, Dein Herzliebchen.“ Mit dem folgenden Brief an „Frau Katherin Luderin zu Wittenberg, meiner lieben Hausfrau“ schickt Luther seiner „lieben Jungfer Käthe“ durch den Fuhrmann Wolf 42 Thaler Sold und 40 fl. Die „magst Du brauchen, bis wir kommen, und wechseln lassen bei Haus von Taubenheim zu Torgau; denn wir zu Hofe nicht einen Pfennig Kleinmünze mögen haben. Magister Philipps kommt wieder zum Leben aus dem Grabe, siehet noch kränklich, aber doch leberlich aus, scherzt und lacht wieder mit uns, isset und trinket wie zuvor mit über Tische. Gott sei Lob! Und danket ihr auch dem lieben Vater im Himmel.... Was aber (zu Hagenau) geschieht, wissen wir nicht, nur das: man achtet, sie werden uns heißen: Thu das und das, oder wir wollen euch fressen. Denn sie haben's böse im Sinn. Sage auch Doct. Schiefer, daß ich nichts mehr von Ferdinando halte; er gehet da hin zu grunde. Doch hab ich Sorge, wie ich oft geweissagt, der Papst möchte den Türken über uns führen.... Denn der Papst singet schon bereits: flectere si nequeo Superos, Acheronta movebo: kann er den Kaiser nicht über uns treiben, so wird er's mit dem Türken versuchen; er will Christus nicht nachgeben. So schlage denn Christus drein beides in Türken, Papst und Teufel und beweise, daß er der rechte Herr sei vom Vater zur Rechten gesetzt. Amen! — Amsdorf ist auch noch hier bei uns. Hiemit Gott befohlen. Amen. Sonnabends nach Kiliani (10. Juli). Mart. Luther.“[339] Sechs Tage darauf kam wieder ein Brief[340]. „Gnade und Friede. Meine liebe Jungfer und Frau Käthe! Euer Gnaden sollen wissen, daß wir hier, Gottlob, frisch und gesund sind; „fressen, wie die Böhmen“ — doch nicht sehr — „saufen wie die Deutschen“ — doch nicht viel —, sind aber fröhlich. Denn unser gnädiger Herr von Magdeburg, Bischof Amsdorf, ist unser Tischgenosse. Mehr neue Zeitung wissen wir nicht, denn daß Doktor Kaspar Mekum und Menius sind von Hagenau gen Straßburg spazieren gezogen, Hans von Jenen zu Dienst und Ehren. M. Philipps ist wiederum fein worden, Gottlob. Sage meinem lieben D. Schiefer, daß sein König Ferdinand ein Geschrei will kriegen, als wolle er den Türken zu Gevatter bitten über die evangelischen Fürsten: hoffe nicht, daß es wahr sei, sonst wäre es zu grob. Schreibe mir auch einmal, ob Du alles kriegt hast, was ich Dir gesandt, als neulich 90 Fl. bei Wolf Fuhrmann u.s.w. Hiermit Gott befohlen, Amen. Und laß die Kinder beten. Es ist allhier solche Hitze und Dürre, daß unsäglich und unerträglich ist bei Tag und Nacht. Komm, lieber jüngster Tag, Amen. Freitags nach Margareten, 1540. Der Bischof von Magdeburg läßt Dich freundlich grüßen. Dein Liebchen Martin Luther.“ Und endlich als es wieder auf die Heimreise ging, kündigt Luther Käthe die Rückkehr an und bestellt einen Willkommtrunk. „Der reichen Frauen zu Zulsdorf, Frauen Doktorin Katherin Lutherin, zu Wittenberg leiblich wohnhaftig und zu Zulsdorf geistlich wandelnd, meinem Liebchen zu handen. — Abwesend dem Doktor Pomeran, Pfarrherr, zu brechen und zu lesen. ... (Ew. Gnaden) ... wollen schaffen, daß wir einen guten Trunk bei Euch finden. Denn, ob Gott will, morgen Dienstag wollen wir auf sein gegen Wittenberg zu. Es ist mit dem Reichstage zu Hagenow ein Dreck, ist Mühe und Arbeit verloren und Unkost vergeblich. Doch, wo wir nichts mehr aus gerichtet, so haben wir doch Magister Philippus wieder aus der Hölle geholet und wieder aus dem Grabe fröhlich heimbringen wollen, ob Gott will und mit seiner Gnaden, Amen. Es ist der Teufel hieraußen selber mit neuen bösen Teufeln besessen, brennt und thut Schaden, das schrecklich ist. Meinem gnädigsten Herrn ist im Thüringer Wald mehr denn tausend Acker Holz abgebrannt und brennet noch. Dazu kommt heute Zeitung, daß der Wald bei Werda auch angegangen sei und viel Orten mehr; hilft kein Löschen. Das will teuer Holz machen. Betet und lasset beten wider den leidigen Satan, der uns sucht nicht allein an Seele und Leib, sondern auch an Gut und Ehre aufs allerheftigste. Christus, unser Herr, wolle vom Himmel kommen und auch ein Feuerlein dem Teufel und seinen Gesellen aufblasen, daß er nicht löschen könnte, Amen. Ich bin nicht gewiß gewesen, ob Dich diese Briefe zu Wittenberg oder zu Zulsdorf würden finden; sonst wollt' ich geschrieben haben von mehr Dingen. Hiemit Gott befohlen, Amen. Grüße unsere Kinder, Kostgänger und alle. Montags nach Jacobi (26. Juli) 1540. Dein Liebchen M. Luther, D.[341] Um diese Zeit begann eine neue Sorge für Käthe. Ihrem Bruder Hans wollte es auf Zulsdorf gar nicht glücken. Daher kaufte sie ihm Zulsdorf ab. Aber sie mußte auch ihres Mannes vielfache Beziehungen zu fürstlichen Höfen angehen, um ihm wieder einen Hofdienst zu verschaffen, sei's in Preußen, sei's in Sachsen. Luther konnte das mit gutem Gewissen, denn Hans von Bora war keiner von den großmäuligen „Scharhansen“, wie sie in dieser Zeit massenhaft aufgekommen waren. Aber vielleicht eben wegen seiner Frommheit hatte er Unglück. Ein Gegner Luthers verdrängte ihn von seinem Vorsteheramte am Neuen Kloster in Leipzig, bis er endlich einen Teil des Klostergutes in Crimmitschau überkam[342]. Im Herbst dieses Jahres (1540) suchte die Stadt Wittenberg ein Fieber heim, das zwar selten einen tödlichen Ausgang nahm, aber so ziemlich alle Bewohner ergriff. Bugenhagen war so krank, daß Luther für ihn sein Pfarramt versehen mußte. Im eignen Hause waren zehn Todkranke und dazu fühlte sich der Hausherr selber „alt und schwach“. Da konnte wieder Käthe ihre Sorge und Pflege anwenden[343]. Zu Ostern des folgenden Jahres (1541) wurde die Umgebung Wellenbergs erschreckt durch Brandstiftungen und allerlei Vergiftungserscheinungen, indem die Lebensmittel: Wein und Milch mit Gift und Gips gemischt wurden. Es wurden allerlei Leute verhaftet und gefoltert, auch in Wittenberg zwei Leute geröstet — ohne die Ursachen und die Urheber zu entdecken. Luther fühlte sich in diesem Jahr gar nicht wohl, so daß der Kurfürst ihm sogar einmal zwei Aerzte schickte und er am Dreikönigstag des folgenden Jahres (1542) sein Testament machte[344]. Noch eine Freude erlebten die Eheleute zu dieser Zeit: die Enkelin von Luthers Schwerer, _Hanna Strauß_, die in der Familie erzogen war, wurde mit M. Heinrich von Kölleda im Dezember 1541 verlobt, nachdem die Pflegeeltern die Verlobung des Dr. Jakob Schenck (später als Luthers Gegner „der Jäckel“) abgewiesen hatten. Zu dem Verlöbnis kam gerade von den Anhalter Fürstenbrüdern ein Wildschwein, als Luther eben gebeten hatte, wenn es möglich und thunlich wäre, ihn zur Hochzeit „etwa mit einem Wildbret zu begaben, denn ich einer Hausjungfrauen, meiner Freundin (Verwandten) soll zu Ehren helfen in den hl. Stand der Ehe“. Am 30. Januar 1542 wurde Hochzeit gemacht, die letzte in Luthers Haus. Amsdorf u.a. schickten Hochzeitsgeschenke, und weiteres Wildbret von Anhalt wird nicht gefehlt haben[345]. Aber zu gleicher Zeit (1541) starb auch nach nur vierjähriger Ehe D. Ambros. Berndt, der Gatte der Magdalene Kaufmann, der Muhme Lene der Jüngeren. Die junge Witwe machte sich nun zum großen Verdrusse der Lutherischen Verwandten an einen sehr jugendlichen Mediziner, Ernst Reichet (Reuchlin), der noch studieren mußte und heiratete ihn auch nach Luthers Tod, so daß sie eine zeitlang in rechte Bedrängnis geriet, bis ihr Mann eine ehrenvolle Stellung erwarb[346]. Auch Lenes Bruder, Cyriak, bereitete Luther großen Aerger, indem er nach dem Beispiel von Melanchthons und Dr. Beiers Sohn ein heimliches Verlöbnis einging, was die Wittenberger Juristen als giltig anerkannten[347]. Am 26. August 1542 war der älteste Sohn, Hans Luther, jetzt 16jährig und bereits seit drei Jahren Baccalaureus, nach Torgau geschickt worden zu Markus Crodel, der dort eine treffliche, von Luther hochgeschätzte Knabenschule hielt, damit er in Sprachlehre und Musik ausgebildet werde, auch Sitte und Anstand lerne, wozu in der studentenwimmelnden Kleinstadt und in Luthers überfülltem Hause nicht der rechte Ort war; Luther war sich auch bewußt, Theologen bilden zu können, aber keine Grammatiker und Musiker. Daher wollte er Crodel, wenn er am Leben bliebe, noch später die zwei jüngeren Söhne schicken. Der Gesellschaft und Aneiferung wegen wurde auch Käthes Brudersohn, Florian von Bora, mitgeschickt. Hans war ein guter Junge, während Florian schon einer härteren Zucht bedurfte. Der Mutter that der Abschied weh, noch mehr aber der ältesten Schwester, Lenchen, die mit besondrer Zärtlichkeit an ihm hing. Aber Hans gefiel es gut im Pensionat des Präzeptors, er hatte ihn und seine Frau zu rühmen; er meinte sogar, es erginge ihm hier besser als daheim[646]. Kaum aber war der Bruder abgereist, so wurde Lenchen sterbenskrank. Es war ein gar liebes frommes Mädchen, das seine Eltern ihr Lebtag nie erzürnt hatte. Auf ihrem Sterbebette verlangte sie herzlich und schmerzlich, ihren Bruder Hans nochmals zusehen; sie meinte, sie würde dann wieder gesund werden. Käthe mußte ihren Wagen anspannen lassen und der Kutscher Wolf fuhr mit dem Luther'schen Gefährt nach Torgau. Er brachte einen Brief vom Vater an den Präzeptor, der lautete: „Gnade und Friede, mein lieber Markus Krodel. Ich bitt' Euch, sagt meinem Sohn Hans nicht, was ich Euch schreibe. Mein Töchterlein Magdalena ist dem Ende nahe und wird bald heimkehren zu ihrem wahren Vater im Himmel, wenn' s Gott nicht anders gefällig ist. Aber sie sehnt sich so sehr darnach, den Bruder zu sehen, daß ich den Wagen schicken mußte: sie lieben eins das andere gar so sehr — vielleicht, daß sein Kommen ihr neue Kraft geben könnte. Ich thue, was ich kann, damit mich nicht später mein Gewissen beschwert. So sagt ihm also — doch ohne die Ursach' — daß er mit diesem Wagen eilends herkomme, um bald wieder zurückzukehren, wenn Lenchen im Herrn entschlafen oder wieder gesund worden sein wird. Gott befohlen. Ihr müßt ihm sagen, es warte seiner ein heimlicher Auftrag. Sonst steht alles wohl. 6. September 1542.“[348] Hans kam zurück und auch rechtzeitig daheim an. Denn das arme Mädchen mußte noch vierzehn Tage leiden und mit dem Tode ringen: offenbar hatte dies Wiedersehen des Bruders ihre Lebensgeister nochmals aufflammen lassen. Es waren gar traurige Wochen in dem Lutherhaus. Das fromme Mägdlein zwar wollte gerne sterben: beim irdischen Vater bleiben oder zum himmlischen heimkehren. „Ja, herzer Vater“, sagte es, „wie Gott will!“ Aber den Eltern kam der Abschied ihres Lieblings sehr hart an, namentlich Luther, der hatte sie sehr lieb, denn die Väter hängen mehr an den Töchtern, während Frau Käthe zu ihrem Hans größere Zuneigung fühlte. In der Nacht vor Lenchens Tode hatte die Mutter einen wundersamen Traum: Es deuchte sie, zwei geschmückte, schöne junge Gesellen kämen und wollten ihr Lenchen zur Hochzeit führen. Am Morgen kam Melanchthon herüber ins Kloster und fragte, was Lenchen machte. Da erzählte Frau Käthe ihren Traum. Magister Philipp, der bei andern im Geruch der Wahrsagung und Traumdeuterei stand und sich selbst viel darauf zu gut that, machte ein erschrockenes Gesicht. Und als er zu anderen Leuten kam, deutete er den Traum: „Die jungen Gesellen sind die lieben Engel, die werden kommen und diese Jungfrau in das Himmelreich zur rechten Hochzeit heimführen.“ Melanchthon hatte diesmal recht prophezeit. Am 26. September um die neunte Stunde ging es zu Ende. Der Vater hielt das Kind in seinen Armen, die Mutter stand dabei. Der Doktor weinte, betete und tröstete abwechselnd das Kind, sich selbst und die Umstehenden: Frau Käthe, Melanchthon und D. Röhrer. Die Mutter war tief ergriffen; als es zu Ende war, weinte sie ihren Jammer laut hinaus, so daß Luther sie beruhigen mußte: „Liebe Käthe, bedenke doch, wo sie hinkommt: sie kommt wohl.“ Die traurigen Ereignisse gingen ihren Gang. Der Sarg kam; aber als das Mägdlein hineingelegt werden sollte, hatte es der Tod gestreckt und ihr Bettlein war ihr zu klein geworden. Die Leute kamen und bezeugten den Eltern nach dem gemeinen Brauch ihr Beileid: „es wäre ihnen ihre Betrübnis leid“. Der Schülerchor sang das Lied: „Herr, gedenk nicht unsrer vorigen alten Missethat.“ Sie ward hinausgetragen auf den Friedhof am Elsterthor, und eingescharrt. „Es ist die Auferstehung des Fleisches“, sagte Luther, der jedes Wort und jeden Akt mit einem sinnigen Trostspruch begleitete. Dann ging der traurige Zug heim und der Doktor sagte zu Käthe: „Nun ist unsere Tochter beschickt, an Leib und Seel versorgt, wie es Eltern sollen thun, sonderlich mit den armen Mägdlein.“ Darauf dichtete der Doktor seinem Töchterlein eine lateinische Grabschrift, die lautet in treuherzigem Deutsch: Hie schlaf ich Lenchen, D. Luthers Töchterlein, Ruh mit allen Heiligen in mei'm Bettelein[349]. Aber noch monatelang sprach und schrieb Luther von seiner Trauer, zürnte wider den Tod und milderte seinen Schmerz mit Thränen um die geliebte Tochter; und Käthe hatte die Augen voll Thränen und schluchzte laut auf beim Gedanken an das „gute gehorsame Töchterlein“[350]. Begreiflich, daß Frau Käthe den erstgebornen Sohn mit schwerem Herzen wieder in die Ferne entließ. „Wenn dir's übel gehen sollte, so komm nur heim“, hatte die Mutter in einer Anwandlung von Weh und Schwäche zu Hans gesagt. Es ging nun zwar Hans nicht schlecht in Crodels Hause, aber das Heimweh nach Lenchen und die Sehnsucht nach dem Vaterhause wurde übermächtig in ihm — es war ja gerade um die Weihnachtszeit. Er schrieb einen kläglichen Brief und berief sich auf die Rede der Mutter, er solle heimkehren, wenn's ihm übel ginge. Da schrieb Luther am 2. Christtag an den Präzeptor und den Sohn zwei Episteln, in denen er Hans zur männlichen Ueberwindung der weibischen Schwäche ermahnt. Der Brief an den Sohn lautet: „Gnade und Friede im Herrn. Mein lieber Sohn Hans. Ich und Deine Mutter und das ganze Haus sind gesund. Gieb Dir Mühe, daß Du Deine Thränen männlich besiegst und Deiner Mutter Schmerz und Sorge nicht noch mehrst, die so geneigt ist zu Sorge und Angst. Gehorche Gott, der Dir durch uns befohlen hat dort zu arbeiten, so wirst Du leicht dieser Schwäche vergessen. Die Mutter kann nicht schreiben und hat es auch nicht nötig geachtet; aber sie sagt, alles was sie Dir gesagt habe — nämlich Du solltest heimkehren, wenn es Dir übel ginge — habe sie von Krankheit gemeint; davon solltest Du, wenn es geschehe, gleich Kunde geben. Sonst will sie, daß Du diese Trauer lassest und fröhlich und ruhig studierest. Hiemit gehab Dich wohl im Herrn. Dein Vater Martin Luther.“[351] Der letzte Schmerz und Verlust, den Frau Käthe in diesem schicksalsschweren Jahre noch erlebte, war der Tod ihrer besten Freundin, der Frau Stiftspropst Katharina Jonas. Sie starb am Weihnachtstage 1542, eine frohe freundliche Kinderseele; so ging sie auch am Christfest hinein in den himmlischen Freudensaal zur ewigen Weihnacht. Frau Käthe aber war's, als sei ihr ein Stück von ihrer Seele gestorben[352]. 12. Kapitel Tischgenossen und Tischreden. „Unsere Herrin Käthe, die _Erzköchin_“, so nennt Luther seine Gattin in einem scherzhaften Einladungsbrief an Freund Jonas[353]. Und das war sie; sie kochte gern und gut und braute auch die entsprechenden Getränke dazu. Gelegenheit zu den manchfaltigsten Gastereien hatte aber kein Weib so sehr als Frau Käthe. Da gab es vor altem gar mancherlei Hochzeiten von Verwandten und Freunden, deren Ausrichtung dem Herrn Doktor eine Herzensfreude war, bei denen aber sein „Herr Käthe“ eine ganz besonders hervorragende und liebe Rolle spielte. Und was so eine Hochzeit in Wittenberg auf sich hatte, kann man sich kaum recht vorstellen. Da mußte der „Haufe“ geladen werden; bei einer „akademischen“ Hochzeit „die Universität mit Kind und Kegel“ und dazu andere, die man Luthers halber „nicht wohl konnte auß(en) lassen; so bleibt's weder bei 9 noch bei 12 Tischen, 120 Gäste ohne die Diener u.s.w.“ war das Gewöhnliche für eine akademische Hochzeit. „Bei einem Doktorschmaus machten die Männer allein schon 7 bis 8 Tische voll; was wurde es erst, wenn die Frauen, Kinder und noch das Gesinde zu speisen und zu tränken waren?“ Dazu dauerten die Hochzeiten mehrere Tage. Luther hatte sich bei seiner Hochzeit auch nur „für die gewöhnlichen Gäste“ mit einem Tage begnügt. Und das alles bei dem schlechten Markt in Wittenberg! Da war es für die gute Käthe keine geringe Schwierigkeit, einen solchen Schwarm in anständiger Weise zu speisen, und sie wollte doch weder auf den Ruhm ihres Mannes, noch der Gefeierten einen Makel kommen lassen — natürlich auf ihren Ruhm auch nicht. Luther und Käthe wollten beide keine Unehre einlegen[354]. Aber auch sonst richtete Frau Käthe gern Feste aus: Doktorschmäuse, Geburtstagsessen und auch sonstige Gesellschaften ohne besondere Veranlassungen. Da ist Wilhelm Rink, D. Eisleben (Agricola), Alexander Drachstett und Wolf Heinzen zu Besuch im Schwarzen Kloster; und weil der Pfarrer Michael Stiefel in Lochau seltener dahin kommt, soll auch er erscheinen und teilnehmen an den fröhlichen Tagen. Da wird einer der Freunde oder gar zwei: Röhrer oder Jak. Schenk, Hier. Heller, Nikolaus Medler, „der Markgräfin Kaplan“ (d.i. der Hofprediger der Kurfürstin Elisabeth von Brandenburg) zum Doktor promoviert und Herr Käthe brät und braut für den üblichen Schmaus. Da giebt sie ihrem eignen Doktor am 19. Oktober ein festliches Abendmahl zum Jahrestage seines Doktorats. Am 10. Martini wird mit dem Heiligen Martin auch der Geburtstag ihres D. Martinus und später noch ihres Martinleins festlich begangen[355]. Der zehnte Jahrestag des Thesenanschlags („der niedergetretenen Ablässe“), der Allerheiligentag 1527, wird mit einem Fest begangen. Auch um ihn zu trösten über den Tod des lieben Freundes Hausmann, der Luther ungemein nahe ging, lud Frau Käthe einen Kreis von Freunden ein: Jonas, Melanchthon, Camerarius, Cokritz. Die Kindtaufschmäuse für ihre Neugebornen mußte die Wöchnerin wenigstens einige Zeit vorher vorbereiten und von ihrem Bette aus überwachen. Doch auch ohne besondere festliche Veranlassung erschienen zu kleinerem Beisammensein am geselligen Tisch die guten Freunde und Amtsgenossen: Jonas, Melanchthon, Bugenhagen, so oft ein Stück Wildbret oder eine Sendung Fische ins Haus geschickt wird, oder eine Kufe Bier, oder ein Faß Wein — manchmal mit der ausdrücklichen Bestimmung, „Herr Philipp, D. Pommer und andere gute Freunde sollten es mit dem Doktor gesund verbrauchen.“ Dann darf Frau Käthe die Speisen bereiten und auftischen[356]. Manchmal muß sie auch bei Hof um Wild zum Festbraten bitten lassen, wenn sonst keines zu bekommen ist; oder sie bestellt bei einem guten Freunde „für einen Thaler Vögel, Gefieder, Geflügel und was im Reich der Luft fleugt, ferner was er an Hasen und anderen Leckerbissen kaufen oder umsonst erjagen kann.“ Oder Frau Käthe mußte ihre eigenen Fischteichlein ausräumen, wo neben Hechten und Karpfen, Schmerlen und Barsche, ja sogar Forellen schwammen. Denn nicht immer kamen die Geschenke so reichlich wie einmal vom Kurfürsten „ein Fuder Supstitzer, ein halb Fuder Goreberger, vier Eimer Jenischen Weins, dazu ein Schock Karpfen und ein Zentner Hechte, schöne Fische“ — war auf einmal zu viel, selbst für eine zahlreiche Gesellschaft[357]. Da sind Durchreisende und Besuche vom Fürsten bis zum fahrenden Schüler, fremde Gesandte und stellenlose Magister, arme Witwen und vertriebene Pfarrer, Engländer und Franzosen, Böhmen und Ungarn, sogar einmal ein „Mohr“: sie sitzen zu Gaste einen Tag, auch eine Woche und ein Jahr an Käthes großem Tisch. Als Hartmut von Cronbergs verwitwete Schwester von einem Juden entführt nach Wittenberg kam und heimlich sich da aufhielt, entschuldigt sich Luther mit seinen bösen Erfahrungen an vornehmen und geistlichen Schwindlerinnen, daß er sich ihrer nicht an-, d.h. sie nicht ins Haus genommen; bei ihrem Kinde stand er aber nachher Gevatter[358]. Da kamen Schwester und Bruder, Schwager und „Freunde“ von Mansfeld. Oder die Straßburger Theologen speisten im Schwarzen Kloster. So machte der feine Straßburger Capito, der samt Butzer zur „Concordia“ in Wittenberg verhandelte, einen gar guten Eindruck auf Frau Käthe, und es war ihr ein großes Unglück, daß der goldene Ring, den er ihr verehrte und den sie als Sinnbild der Vereinigung der sächsischen und oberländischen Kirche betrachtete, ihr durch ein Mißgeschick abhanden kam [359]. Sogar dem Kurfürsten mußte Frau Käthe hinter dem Wall eine Collation auftischen (8.-14. März 1534). Später waren noch allerlei andere Fürsten wenigstens vorübergehend Tischgenossen Käthes, so der junge sächsische Johann Ernst und der Herzog Franz von Lüneburg[360]. Ständige Tischgesellen waren die im Schwarzen Kloster wohnenden Präzeptoren, Famuli und Scholaren. Einer der ältesten und ersten dieser Tischgenossen im Luther hause ist Konrad _Cordatus_. Er war sieben Jahre vor Luther von husitischen Bauern im österreichischen Weißenkirchen geboren, studierte Theologie in Wien, lebte einige Jahre in Rom; erhielt 1510 eine sehr gute Anstellung in Ofen, schloß sich sofort 1517 der Reformation an, wurde abgesetzt, ging 1524 mittellos nach Wittenberg und studierte unter Luther, der sich seiner annahm, kehrte heim und predigte das Evangelium, wird 38 Wochen lang gefangen gehalten im tiefen Turm, in Finsternis bei „Nattern und Schlangen“, entkommt durch einen mitleidigen Wächter und flüchtet zu seinem kongenialen Lehrer D. Luther. Dort lebte er einige Zeit in dessen jungem Haushalt 1526, und wieder stellenlos auf Einladung Luthers von 1528-29, nach zweijährigem Pfarramt in Zwickau 1531-32 wieder fast ein Jahr, bis er Pfarrer in Niemegk nahe bei Wittenberg wurde. Er ist einer der besten Prediger der Reformationszeit. Er war eine trotzige Natur, wie Luther; nur noch viel hitziger, schroffer und wenig verträglich. Er konnte sich auch in Frau Käthes Art nicht sonderlich schicken und machte Luther Vorwürfe, daß er sich von seiner Gattin bestimmen lasse. Dafür macht er in seinen Tischreden einigemale eine bissige Bemerkung über die Doktorin, als wäre sie herrschsüchtig und hoffärtig und berichtet überhaupt mit einer gewissen Herbigkeit über sie. Als Luther ihn und seinen Freund Hausmann nicht so mit Geld unterstützen kann, wie er's möchte, meint Cordatus, Luther hätte seiner Frau nicht erlauben sollen, einen Garten anzukaufen. Auch vertrug er schwer, daß sie beständig Luthers „beste Reden unterbrach“, weil er mit großem Eifer alle Worte Luthers nachschrieb[361]. Am Dreikönigstag 1528 kam desgleichen aus Oesterreich vertrieben Luthers alter Freund Michael _Stiefel_ an, welcher von 1525 an bei der edeln Familie Jörger von Tollet Kaplan gewesen, „ein frommer, sittiger und fleißiger Mensch“. Er kannte Frau Käthe schon vor ihrer Vermählung und war bei seiner Abreise von Wittenberg am 3. Juni 1525 wahrscheinlich schon in Luthers Absicht, zu heiraten, eingeweiht. Von Oesterreich aus hatte er einen gar liebenswürdigen Brief an Frau Katharina geschrieben und sie erwiderte seine Grüße. Bis zu Michaelis 1528 blieb Stiefel in Luthers Haus, fühlte sich aber durch diese Inanspruchnahme seiner Gastfreundschaft bedrückt. Er übernahm darum die Pfarrei und Pfarrwitwe von Lochau mit zwei Kindern. Das Luthersche Ehepaar besorgte seinen Umzug. Der Verkehr mit dem Lochauer Pfarrhaus hielt an. Luther schreibt und erhält viele Briefe und auch Käthe bekommt eine freundliche Epistel vom Pfarrherrn; die Pfarrerin schickt dem Doktor ein Geschenk. Bald wird Stiefel eingeladen zu einer guten Gesellschaft im Schwarzen Kloster, bald sagt sich Luther mit seiner ganzen Knabenschaar zum Kirschenbrechen in Lochau an. Schließlich verfiel Stiefel zum Verdrusse Luthers aufs Grübeln nach dem Jüngsten Tag. Die Bevölkerung der ganzen Gegend bis nach Schlesien hinein strömte dem Propheten zu und erwartete mit ihm am 19. Oktober 1533, 8 Uhr nachmittags, das Ende der Welt. Als dies nicht eintraf, wurde der falsche Prophet vom Landesherrn verhaftet und so für den Unrat, den er angerichtet, gestraft, aber auch gegen die aufgeregten Leute geschützt und nach Wittenberg gebracht, wo er seinen Irrtum bereute[362]. Gleichfalls ein Oesterreicher, _Kummer_ (Kommer), kam 1529 nach Wittenberg. Auch er hatte, wegen des Evangeliums verfolgt, in Weiberkleidern fliehen müssen, und nahm natürlich seine Zuflucht zu Luther. Dessen Haus- und Tischgenosse scheint er ebenfalls gewesen zu sein. Kummer war ein Freund und Studiengenosse Lauterbachs[363]. Im selben Jahre 1529 kam dieser Anton _Lauterbach_, geboren 1500 als Sohn des Bürgermeisters zu Stolpe, nach Wittenberg, wo er Magister wurde und mindestens schon 1531 Luthers Hausgenosse und Tischgänger war und Diakonus der Pfarrgemeinde wurde. Ein hochaufgeschossener Mensch, im Gegensatz zu seinem Genossen Cordatus ein gutmütiger Geselle. Dienstag, 28. Januar 1533, diente er zu Tisch beim Kindtaufschmaus für den kleinen Paul. Er verheiratete sich in diesem Jahre mit einer Nonne Auguste, wobei natürlich Frau Käthe wieder die Hochzeit herzurichten hatte. Dann wurde er Diakonus in Leisnig, 1537-39 kam er wieder als Diakonus in die Universitätsstadt. Als darauf das Herzogtum Sachsen reformiert werden sollte, wurde er als Superintendent nach Pirna berufen, wollte aber „das heilige Wittenberg“ nicht verlassen. Doch gab er den Mahnungen Luthers und der andern Väter nach, seinem Vaterlande zu dienen und das beschwerliche Amt zu übernehmen. Am Mittwoch, 25. Juli 1539 erschienen in Wittenberg die Pirnaer Ratsherren mit zwei Wagen und holten ihren ersten evangelischen Pfarrherrn ab. Unter Thränen nahm er Abschied von Luthers Familie. Am folgenden Freitag, Jacobi, kam er, feierlich mit Willkommtrunk empfangen, in Pirna an, und es wurde mit der Reformation „der Anfang deutsch und gut lutherisch zu taufen gemacht an Drillingen“. Aber aus der weiten Ferne blieb Lauterbach in lebhaftem und freundlichem Verkehr mit Luther und Frau Käthe, der er gar mancherlei Besorgungen machte[364]. Ohne Amt, aber auf eines wartend, zog im November 1531 der Oberpfälzer Joh. _Schlaginhaufen_ — der lateinisch Turbicida oder gar griechisch Ochloplectes genannt wurde — ins Schwarze Kloster nach Wittenberg, wo er ein Jahrzehnt zuvor studiert hatte. Er war zum Trübsinn geneigt und quälte sich mit dem Zweifel, ob er auch zur Zahl der Auserwählten gehöre; und Luther muß den Schwermütigen oft aufheitern, wenn er trübselig und teilnahmslos unter den Gästen und Tischgenossen dasitzt. Trotzdem oder gerade deswegen steht er bei Frau Käthe hoch in Gunst, und als ihr Gatte während der Rektoratswahl am 1. Mai 1532 einen Ohnmachtsanfall bekommt, schickt sie zuerst nach Schlaginhaufen in die Festversammlung und dann erst läßt sie Melanchthon und Jonas rufen. „Meister Hans“ war willig zu jedem Dienst, nahm sich des Gartens und besonders des Bienenstandes der Frau Käthe an, und wurde später als Pfarrer im nahen Zahna und dann in Köthen ein tüchtiger Bienenvater[365]. Seit 1527 war im Schwarzen Kloster als Hausgenosse der gesetzte, ernste 30jährige _Hieronymus Weller_ aus Freiberg. Als Luther auf der Koburg saß, war er der Hauslehrer des jungen Hans. Sein Bruder Peter, ein junger Magister und juristischer Student, welcher ebenfalls später unterrichtete, zog 1530 auch in das Kloster; beide als männliche „Schirmer“ der von Luther und seinem Famulus Veit Dietrich verwaisten Familie. Die Brüder waren sehr musikalisch; ein dritter, namens Matthias, sogar in seiner Vaterstadt am Dom Organist und Tonsetzer. Peter und Hieronymus erfreuten also die Familie durch ihren hübschen Gesang. Aber es war gut, daß der heitere Bruder Peter noch ins Kloster kam, denn der hochbegabte Hieronymus war — wie Matthias — zur Schwermut geneigt. Und die vielbesorgte Hausfrau wird zugeredet haben, daß der Trübsinnige lieber eine Stelle in Dresden annehmen solle; aber er blieb bis 1535 und war so acht Jahre in ihrem Haus. Daher kam es, daß auch die beiden andern Weller gar oft als Gäste im Kloster weilten. So waren am 24. September 1533 die zwei oder gar drei Weller da und sangen mit Luther. Ebenso 1534. Im folgenden Jahr wurde Hieronymus Doktor der Theologie und den Doktorschmaus für acht Tische mußte Frau Käthe ausrichten Mit dem Juristen Peter biß sich Luther weidlich herum[366]. Um diese Zeit gehörte auch ein adeliger Böhme, _Hennick_, ein Waldenser, zu den Tischgenossen, der später mit Peter Weller zum heiligen Lande zog, wo beide gestorben und begraben sind[367]. Als fremdländischer Haus- und Tischgenosse lebte im Lutherhause auch der „schwarze Engeleser“ Dr. theol. Antonius (Robert _Barns_), dem Luther im Scherz seine Käthe zum deutschen Sprachmeister geben wollte und der auch Gast bei den häufigen Hochzeiten im Schwarzen Kloster war. Er war 1529 seines Glaubens wegen aus der Heimat geflohen, dann von Heinrich VIII. als Unterhändler seiner neuen Ehe und „Religion“ gebraucht, aber dann doch bei seiner Rückkehr mit zwei Gefährten „von König Heinz wegen seines evangelischen Glaubens auf das Schmidfeld hinausgeführt und verbrannt worden“. Von dem Märtyrertum „unseres guten Tischgesellen und Hausgenossen“ gab Luther dann eine Schrift heraus[368]. Käthes Tischgenosse war ferner der Ungar Matthias v. Vai, ein mutiger Mann, dem es daheim besser erging als Robert Barns. Denn als er mit seinen papistischem Amtsgenossen in Streit geriet, verklagte ihn dieser bei des Woiwoden Bruder, dem Mönch Georg, damals Statthalter in Ofen. Dieser wollte bald erfahren, wer recht habe, setzte zwei Tonnen Pulver auf den Markt und sagte: „Wer seine Lehre für göttlich erkennt, setze sich Drauf — ich zünde es an, wer lebendig bleibt, dess' Lehre ist recht.“ Da sprang Vai flugs auf die Tonne, der Priester aber folgte nicht und Georg strafte den Priester mit seinem Anhang um 4000 Gulden, dem Vai aber erlaubte er, öffentlich zu predigen. Diese rettende, mutige That erzählte Luther mit Freude seinen Tischgenossen[369]. Lange Zeit (1529-1534) lebte auch M. Veit Dietrich im Lutherhause. Er war ein Nürnberger (geb. 1506), der nach Wittenberg gekommen war, um Medizin zu studieren, aber wie manche andere von Luther für die Theologie gewonnen wurde (1527) und ihm bald als vertrauter Famulus an die Hand ging. Er begleitete Luther auf die Koburg. Dietrich hatte seine eignen Zöglinge; von der Koburg sandte er ihnen „Argumente“, die sie auswendig lernen sollten, während Luther dieselben durch seinen Brief vom Dohlen-Reichstag erfreute. Als Luther vom Reichstag zurückgekehrt war, schrieb er dem in Nürnberg zurückgebliebenen Dietrich von dem Stand der Dinge in Wittenberg, auch Grüße von der ganzen Tischgenossenschaft und Frau Käthe, welche zugleich auszurichten befahl, „Dietrich solle nicht glauben, daß sie ihm erzürnt sei“. Dietrich kam nämlich nicht recht mit Frau Käthe aus. Er meinte von sich selbst, daß er zwar keine krausen Haare habe, aber einen krausen Sinn. Daher riet ihm Luther, ein Weib zu nehmen, da werde ihm das schon vergehen. Das wollte Dietrich auch. Aber bis er dazu kam, rieb er sich einstweilen, wie es scheint, an Frau Käthe. Als sie ihm gar die Liebschaft mit Muhme Lene untersagte, zog er im Herbst 1534 mit seinen sechs Scholaren aus dem Hause und verbreitete die Rede, die Doktorin sei gegen seine Zöglinge hochmütig und berechnet gewesen. Für die Hauswirtin mit ihren eignen fünf kleinen Kindern und dem schweren Haushalt war dieser Wegzug wahrlich eine Erleichterung[370]. Es gab nun natürlich zwischen Dietrich und dem Lutherischen Hause eine Spannung. Diese aber ging vorüber. Als Dietrich im folgenden Jahre in seine Vaterstadt Nürnberg berufen wurde und heiratete, schrieb ihm nicht nur Luther einen freundlichen Brief, sondern auch Käthe sandte ihm Grüße und Glückwünsche zum Ehestand und Amt. Der Briefwechsel dauerte fort bis zu beider Männer Tod und auch Käthes Grüße blieben nicht aus[371]. Ein Landsmann von Veit Dietrich, _Hieronymus Besold_, kam einige Jahre nach dessen Weggang ins Lutherhaus. Er war durch jenen gegen die Hauswirtin eingenommen, so daß er sich anfangs vor ihr als einer herrischen und habsüchtigen Frau fürchtete. Aber — er kam doch an ihren Tisch und blieb da und verlor seine schlechte Meinung von ihr, wenn er auch von Frau Käthe mit Bestellungen in Nürnberg in Anspruch genommen wurde und dann einmal nicht wagte, sie an seine Auslagen zu erinnern[372]. Um diese Zeit (1537-1542) war auch M. Johann (Sachse aus) _Holstein_ im Klosterhaus Tischgenosse, auf dessen rotes Haar der „Schandpoetaster“ Simon Lemnius (1538) seine wohlfeilen Witze machte. Er war eines „ehrbaren, frommen Gemüts und stillen Wesens, dazu ein feiner Magister“. Er hatte 17 Jahre studiert und war über zehn Jahre lang Magister (Privatdozent) gewesen, gab im Lateinischen, Griechischen und Hebräischen keinem etwas nach. Trotzdem konnte er nicht als ordentlicher Professor ankommen, so daß sich Luther bei dem Senior der „Artistenfakultät“, M. Melanchthon, erkundigen wollte, was für ein Groll und Neidhart dahinter stecke. Auch Frau Käthe nahm sich seiner an und legte ein gutes Wort bei Meister Philipp ein, das aber eine böse Statt fand. So mußte sich Holstein weiter mit Knaben ernähren und wurde schließlich Jurist[373]. 1539 lebte bei Luther wieder ein „Oestreicher“ als Kostgänger, Huttens Freund Wolfgang Angst oder _Schiefer_ (Severus), gebürtig aus dem österreichischen Elsaß zu Kaisersberg bei Kolmar. Er war zuvor Hofmeister der Söhne des Königs Ferdinand, später Kaiser Ferdinand I., Bruder Karls V. gewesen, mußte aber seines Luthertums wegen flüchten und nahm nach Wittenberg seine Zuflucht. Er war ein sehr feiner Mann, noch unbeweibt; Luther empfahl ihn dem Kurfürsten zum Hofmeister und hoffte, er solle ihm „sehr wohl gefallen“. Aber es wurde nichts daraus, und so lebte Schiefer als ein lieber Freund Luthers ins folgende Jahr im Haus. Schiefer beteiligt sich gar oft an den Tischgesprächen, ihm soll Frau Käthe auch von Luther aus Weimar allerlei über „seinen König Ferdinand“ ausrichten[374]. Ein ebenso gesetzter Mann kam um diese Zeit als Gast ins Lutherhaus nach Wittenberg, _Matthesius_, der 36jährige Schulmeister von Joachimsthal, der noch Theologie studieren wollte, um daheim das Pfarramt zu übernehmen. Von 1540-42 war er Genosse an Käthes Kosttisch. Er redet mit großer Verehrung von ihr[375]. Und endlich kam noch _Goldschmidt_ (Aurifaber) ins Haus, ein Mansfelder. Er studierte von 1537-40 Theologie; wurde dann Hofmeister des jungen Grafen Mansfeld, und darauf Feldprediger, kam aber 1545 nochmals nach Wittenberg und war die ganze Zeit bis zu Luthers Tod um ihn. Gleichzeitig war _Rutfeld_ da als Famulus und Präzeptor für Luthers Knaben[376]. In dieser letzten Lebenszeit Luthers saß wieder ein Oesterreicher an Käthes Tisch, Ferdinand _a Mangis_, ferner ein M. _Plato_ und andere Kostgänger[377]. Das war Luthers oder vielmehr Frau Käthes „Tischburse“, an welcher teilzunehmen alle, auch die Aeltesten, Geehrtesten und Gelehrtesten für ein hohes Glück und große Auszeichnung ansahen. Und wenn es gar einen Rundtrank gab aus dem Glase der heiligen Elisabeth von Thüringen, das Luther besaß, so galt das als eine besonders feierliche Stunde[378]. Außer diesen erwachsenen und zum Teil sogar in sehr gesetztem Alter stehenden Kostgängern gehörten zur „Tischburse“ Luthers noch die zahlreichen fremden Kinder, die als Pensionäre gegen und ohne Entgelt im Schwarzen Kloster lebten. Käthe setzte eine bestimmte Zahl von solchen Kostgängern fest, über die sie mit Recht nicht hinausgehen wollte. Als daher der Kanzler Müller zu Mansfeld im Januar 1536 anfragte wegen Uebernahme eines gewissen Kegel an Käthes Kosttisch, mußte ihm der Hausherr schreiben: „Den Kegel hätte ich wohl gerne zum Kostgänger haben mögen aus allerlei Ursachen, aber weil die Purse (Burse) wiederkummt von Jena (wohin die Studenten wegen der Pest gezogen), so ist der Tisch voll und ich kann die alten Compane nicht also verstoßen. Wo aber eine Stätt los (ein Platz leer) würde (was nach Ostern geschehen mag), so will ich meinen Willen Euch gern darthun, _wo anders Herr Käthe alsdann mir gnädig_ sein wird.“[379] Also Frau Käthe bestimmte über den Kosttisch. Und das war auch sonst gut so. Denn der gutmütige Doktor nahm jeden armen Schelm auf, der sonst nicht unterkam oder sorgte für ihn durch Stipendien, so daß aus aller Herren Länder und aus allen Städten, sogar aus „Mohrenland“ Schüler und Studenten nach Wittenberg strömten „und wir allhie gar sehr überladen sind und mehr denn unsre Armut vermag von vielen verjagten und sonst guten Leuten, so gern studieren wollen, besucht werden um Hülfe“. So mußte z.B. 1533 die Frau Doktorin ihren Mann drängen, an die Stadträte von Rothenburg an der Tauber zu schreiben, daß sie sich eines ihrer Stadtkinder annähmen, eines Georg Schnell, der „arm war und nichts hatte“ als einen guten Kopf und ein frommes Gemüt, und täglicher Haus- und Tischgenoß im Schwarzen Kloster war[380]. Einen andern kleinen Knaben, der ihnen 1541 vom reichen England durch einen Nürnberger Geistlichen aufgehalst war, mußte man nach Nürnberg ins Findlingshaus (Waisenhaus) abschieben. Luther mußte sich auf Käthes Vorstellungen an den „ehrbaren und fürsichtigen“ Ratsherrn Hieron. Baumgärtner wenden, ihrer beiden „lieben Herrn und guten Freund“. „Auf gut Vertrauen, so ich zu Euch habe, schicke ich hie einen Knaben, der mir aus England ist schalkhaft aufgelogen. Nu ihr aber wisset, was für eine Bettelstadt unsre Stadt ist, dazu der Bube noch wohl bedarf einer Magd, die sein warte mit Waschen und Lausen usw., mein Zins (Einkommen) aber nicht vermöge, ist meine ganz freundliche Bitte, wollet bei den Herren in Nürnberg guter Fugge sein, daß er ins Fündli-Haus möchte versetzt werden. Wir sind sonst ohnedas, und ich sonderlich, hier gar hoch genug beschwert und über Vermögen beladen. Gott behüte mich, daß ich nicht mehr so betrogen werde.“[381] Aber auch die andern nicht gerade armen Kostgänger ließen es an pünktlicher Bezahlung fehlen und empfanden es als Härte von Käthe der Hausfrau, wenn sie „auf richtige Bezahlung drang“, während sie von Luther her anders gewohnt und verwöhnt waren[382]. Gelegenheit, die jungen Leute nicht nur zu beköstigen, sondern auch in Krankheit zu pflegen, hatte natürlich Frau Käthe auch genug. Ein junger Adeliger, Sohn eines der vielen Lutherischen Gevattersleute, war 1534 im Haus und hielt sich fein. Er machte die Masern durch und wurde von Käthe „fleißig gewartet“ nach Dr. Augustins (Schurff) Rat, des Hausarztes und Nachbarn. Er wurde gesund. Aber manche diese Krankheiten führten auch zum Tode und das mußte den Pflegeeltern, insbesondere der Frau Käthe zu schwerer Sorge werden[383]. Wie Frau Käthe bei den Mahlzeiten die leibliche Kost bereitete, so gab der gesprächige, unterhaltsame Doktor die geistige Kost, die „Tischwürze“. Luther war von Natur „ein gar fröhlicher Gesell“, ja voll übersprudelndem Humor, wenn er sich wohl fühlte, aber auch, wenn er Uebles erfahren hatte: Aerger und Verdruß, dem zum Trotz. In seiner Beichte vor seinem ersten Krankheitsanfall (1527) sagte er zu Bugenhagen: „Viele denken, weil ich mich unterweilen in meinem äußern Wandel fröhlich stelle, ich gehe auf lauter Rosen; aber Gott weiß, wie es um mich stehet meines Lebens halber. Ich habe mir oft vorgenommen, ich wollte der Welt zu Dienst mich etwas ernstlicher und heiliger (weiß nicht, wie ich's nennen soll) stellen; aber Gott hat mir solches zu thun nicht gegeben.“ Und Bugenhagen bezeugte dabei: „Thut er ihm unterweilen über Tisch mit Fröhlichsein zu viel, so hat er selbst keinen Gefallen daran und kann solches keinem gottseligen Menschen übel gefallen, viel weniger ihn ärgern, denn er ist ein leutseliger Mensch und aller Gleisnerei und Heuchelei feind.“[384] Luther redete gut und gern und viel. Er liebte besonders Sprüche, sinnreiche Reden und hübsche Reime, Sprichwörter und Anekdoten. Deren wußte er sehr viel und die brachte er am Tisch wie auf der Kanzel vor. Ueber und nach Tische wurde zwischen den Reden auch gesungen, und wer eine gute Stimme hatte, auch Gäste, mußten mitthun; Luther, der ein guter „Lautenist“ war, begleitete den Gesang[385]. So entstanden die berühmten Tischgespräche, die sich um die tiefsten und höchsten, die größten und kleinsten Dinge, göttliche und menschliche, himmlische und irdische drehten, bald im erbaulichsten Ernst, bald im lustigsten Scherz, jetzt sinnig zart, dann in derber Natürlichkeit — obwohl der erste und Hauptherausgeber der Tischreden, der ehemalige Feldprediger Aurifaber, später Pfarrer in Erfurt, die derben mit behaglicher Breite ausmalt, vergröbert und aus dem nicht ganz sauberen Schatz seiner soldatischen Erinnerungen und Ausdrucksweisen ergänzt[386]. Diese Tischreden wurden nämlich von Luthers Jüngern auf- und nachgeschrieben, wie Jesu und Sokrates' Aussprüche und Gespräche; zuerst nach dem Gedächtnis, später nach gleichzeitigen Aufzeichnungen. _Cordatus_ war der erste, der es wagte, hinter dem Tisch sitzend oder davorstehend, die geistvollen Reden des Meisters — auch, wie ihm Melanchthon warnend bedeutete, manches weniger zur Verewigung geeignete Wort — in sein Notizbuch einzutragen. Andre Tischgenossen und Gäste wie _H. Weller_, _Veit Dietrich_, _Lauterbach_, _Besold_, _Schlaginhaufen_, _Matthesius_, _Ferdinand a Mangis_, _Goldschmidt_ folgten seinem Beispiel nach. Auch der Diakonus _Röhrer_, der berühmte Schnellschreiber und Notarius (Protokollführer) der Evangelischen auf den Reichstagen und Religionsgesprächen, verzeichnete „viel Köstliches“. Und so sind unter der zahllosen Menge von Lutherreden (3000) auch einzelne authentische Worte der Doktorin überliefert[387]. Wie es bei diesen Tischgesprächen zuging, das erzählt uns Matthesius. Bescheiden und sittsam saßen die Leute da und sahen auf „Seine Würden, den Herrn Doktor“. „Wenn er uns nun Rede abgewinnen wollte, fing er an: „Was hört man Neues?“ Diese erste Vermahnung ließen wir gehen. Wenn er aber wieder anhob: „Ihr Prälaten, was Neues?“ da fingen die Alten an zu reden. D. Wolf Severus, so der Römischen Königlichen Majestät Präzeptor gewesen, saß oben an, der brachte, wo niemand Fremdes vorhanden, als gewandter Hofmann was auf die Bahn. Wenn so das Gedöber anging, doch mit gebürlichem Anstand, so schossen die andern auch ihren Teil dazu“[388]. Alle möglichen Dinge und Vorkommnisse gaben den Anlaß zu kürzeren oder längeren Reden, bald die Tagesneuigkeiten, bald ein Gast, jetzt die Kinder mit ihrem Spiele oder Unarten und dann Peter Wellers Hund, der so andächtig morgens zum Essen war wie kein Beter. Alles mußte zum Anknüpfungspunkt oder zum Sinnbild für höhere Wahrheiten dienen. Und nicht selten gab Frau Käthe durch eine Rede oder durch ihre bloße Anwesenheit die Veranlassung zu sinnigen Bemerkungen[389]. Die Tischreden wurden meist lateinisch gehalten, wie die Briefe Luthers mit allen „gelehrten“, d.h. akademisch gebildeten, Männern lateinisch geschrieben wurden. Bei alltäglichen Dingen, wo der deutsche Ausdruck geläufiger war, ging es vom Latein ins Deutsche bunt durch einander. Wenn ungelehrte Freunde oder Freundinnen zugegen waren, oder Frau und Kinder der Unterhaltung folgen sollten, wurde deutsch gesprochen; doch liefen auch da lateinische Brocken unter. Am treuesten ist dieser Wechsel vom Latein und Deutsch bewahrt in Lauterbachs Tagebuch. So viel verstanden aber auch die weiblichen Hausgenossen, teils vom Kloster her, teils aus dem steten Hören von Lateinisch, daß sie sich drein mischen konnten, oft sogar selbst vielleicht mit lateinischen Phrasen. So Muhme Lene, welche auf die Frage, ob sie wieder ins Kloster wolle, mit Non, Non! antwortete. Besonders aber die Doctorissa, wie sie bei den jungen Leuten respektvoll genannt und geschrieben wurde[390]. So redete Luther einmal von der elterlichen Liebe: „Lieber Gott, wie wird sich ein Herzpochen erhoben haben, da Abraham seinen einigen und allerliebsten Sohn Isaak hat sollen töten! Es wird ihm der Gang auf den Berg Moria sauer angekommen sein. Er wird der Sarah nichts davon gesagt haben.“ Da fing seine Hausfrau an und sagte: „Ich kann's in meinen Kopf nicht bringen, daß Gott so grausam Ding von jemands begehren sollte, sein Kind selbst zu erwürgen.“ Luther widerlegte diese verständig natürliche Einwendung mit dem theologischen Hinweis auf Gott selbst, der ja seinen eigenen Sohn habe kreuzigen lassen. Aber die Doktorin konnte sich damit nicht ganz überzeugen lassen[391]. Frau Käthe wußte auch Sagen. So erzählte sie von einem Wasserweib, das in der Mulde im Wasser in einem Loche wie in einer schönen Stube gesessen und hätte ihr das Wasser nichts geschadet; zu der sei eine Wehemutter von einem „Geist“ geführt worden, um ihr beizustehen[392]. Ein andermal wurde bei Tisch erzählt, daß einer in der Stadt die Ehe gebrochen. Da entsetzte sich Frau Käthe und fragte den Herrn Doktor: „Lieber Herr, wie können die Leute nur so böse sein und sich mit solchen Sünden beflecken?!“ Da antwortete er: „Ja, liebe Käthe, die Leute beten nicht; so ist dann der Teufel bei der Hand.“[393] Einmal fing der Doktor mit seiner Käthe eine Disputation an über ihre Heiligkeit. Sie erwies sich da als eine tüchtige, in lutherischen Gedankengängen geübte Theologin, wurde natürlich aber von dem Sieggewaltigen doch widerlegt und überwunden. Er fragte sie, ob sie glaube, daß sie heilig wäre? Sie dachte lange nach, dann erwiderte sie: „Wie kann ich heilig sein, da ich eine so große Sünderin bin! So sehr hat der Papst unser ganzes Wesen verdorben, seine Lehre hat unser Innerstes so durchsetzt, daß wir auch mit willigem Ohr Christus nicht als unsern Erlöser, als unsere Gerechtigkeit und Heiligkeit erkennen und wunderbarer Weise glauben, getauft, ja Christen zu sein und doch nicht glauben, heilig zu sein. Denn in der Taufe wird unsre Sünde verbannt und uns Christi Gerechtigkeit geschenkt und wir glauben doch nicht, heilig geworden zu sein. Soweit wir Menschen, sind wir Sünder, aber weil wir getauft sind und glauben, so sind wir heilig durch Christum.“ Luther entgegnete: „Ja, der ganze Christ ist heilig; denn wenn der Teufel den Sünder wegführt, wo bleibt der Christ? Daher ist die Unterscheidung meiner Gattin nicht gültig. Denn wer durch festen Glauben an seiner Taufe hängt, der ist ganz heilig (wie David sich heilig nennt). Die Papisten, welche den Artikel von der Sündenvergebung nicht verstehen, können diese Heiligkeit nicht glauben noch einsehen, ärgern sich nur, wenn sie solches von uns hören.“[394] Die Ritter vom Geiste waren zu jener Zeit ganz besonders kampfesfreudig und die Fehden des Wortes wollten kein Ende nehmen. Insbesondere aber waren an Luthers Tische die wissenshungrigen Magister auf diese interessanten Privatissima erpicht und vor allem suchten die Tagebuchschreiber, die auf jedes Wort vom Munde des Geistgewaltigen lauerten, um es gedruckt in die Welt zu senden, diese Gespräche zu verlängern. Natürlich hatte Frau Käthe viel weniger Freude an diesen theologischen Turnieren; ihr lebhafter Geist, wie derjenige von Jonas, mochte langen Erörterungen nicht folgen. Sie unterbrach daher gar oft die gelehrten Gespräche, indem sie den geistlichen Fechtern ganz gewöhnliche Knüppel zwischen die Schwerter warf, vor allem ihrem Gatten, der nicht leicht aufhören konnte, wenn er einmal im Zuge war[395]. Wenn des Redens bei Tisch zu viel wurde und dabei die Speisen kalt und warm der Trank, da brach Frau Käthe mit einer Strafpredigt los über den Text: „Was ist denn, daß ihr ohne Unterbrechung redet und nicht eßt?“ Ueber diese Störung war der Tischredenschreiber Cordatus entrüstet, er hatte gerade eine gar schöne Auseinandersetzung Luthers über das Vaterunser, den „Himmelsknecht Gabriel und den Himmelsfuhrmann Raphael“, die er „aus vollem glühenden Herzen“ that, heimlich aufgeschrieben. Aber Luther wandte die Sache zum Scherz und sagte: „Wenn nur ihr Frauen, bevor ihr eine Predigt anfanget, auch beten könntet (d.h. euch sammeln und besinnen); ein Paternoster solltet ihr zuvor sprechen!“ [396] Aber auch Frau Käthe stellte in der Rede ihren Mann. Ueber diese weibliche Wohlredenheit wurde sie öfter aufgezogen von Luther. Er fragte sie lachend: ob sie predigen wolle und ihrer Predigt so viel Worte Betens (als Einleitung) vorausschicke? Oder er neckte sie: die Weiber dürften nicht predigen, weil sie nicht beteten vor der Predigt; oder: Gott lasse, durch ihr langes Gebet ermüdet, sie gar nicht zum Predigen kommen. Einst saß ein gelehrter „Engeleser“ (Engländer) am Tische, der kein Wort Deutsch konnte; da sagte Luther zu ihm: „Ich will Euch meine Frau zum Lehrer in der deutschen Sprache vorschlagen, die ist gar beredt. Sie kann's so fertig, daß sie mich weit überwindet.“[397] Freilich setzte er hinzu: „Die Beredsamkeit ist nicht zu loben an Frauen; es ziemt sich eher, daß sie bloß lispeln und stammeln. Das steht ihnen wohl besser an.“ Und vom Unterschied der weiblichen und männlichen Beredsamkeit sagt er in einem andern Tischgespräch: „Die Weiber sind von Natur beredt und können die Rethoricam, die Redekunst wohl, welche doch die Männer mit großem Fleiß lernen und überkommen müssen. Das aber ist wahr: in häuslichen Sachen, was das Hausregiment, da sind die Weiber geschickter und beredter; aber im weltlichen, politischen Regiment und Händeln taugen sie nichts. Dazu sind die Männer geschaffen und geordnet von Gott und nicht die Weiber. Denn wiewohl sie Worte genug haben, so fehlet und mangelt's ihnen an Sachen, als die sie nicht verstehen; drum reden sie davon auch läppisch, unordentlich und wüste über die Maßen. Daraus erscheint, daß das Weib geschaffen ist zur Haushaltung, der Mann aber zur Policei (Politik), weltlichem Regiment, zu Kriegen und Gerichtshändeln, die zu verwalten und führen.“[398] So kam Frau Käthe bei den Gesprächen der Männer wohl weniger zum Wort, als sie verdient hätte; und noch weniger fand man bemerkenswert, was sie sagte. Es ist schade, daß die „Tischreden“ so wenig von der Doctorissa berichten. Aber den Tagebuchschreibern kam es vor allem auf theologische Erörterungen an — darum ist auch die einzige längere Rede von Käthe, die sie der Aufzeichnung wert erachtet haben, eine theologische; zum andern wollten sie des Doktors Reden bringen: die Ergüsse seines übergewaltigen Geistes schienen ihnen allein der Nachwelt würdig. 13. Kapitel Hausfreunde. Die Humanistenzeit hatte ein ausgeprägtes Freundschaftsbedürfnis, welches nur ein Seitenstück findet in der freundesseligen Stimmung unserer klassischen Litteraturperiode im vorigen Jahrhundert. Dieses rege Freundschaftsgefühl äußert sich einerseits in den zahlreichen Besuchsreisen der befreundeten Humanisten, welche in jener Zeit der so beschwerlichen Reisegelegenheiten doppelt auffallen, und dann in dem heute ganz unbegreiflich reichen Briefwechsel, in welchem diese Gelehrten damals mit einander standen. Alle möglichen Dinge teilte man sich brieflich mit, selbst die intimsten persönlichen Erlebnisse und Stimmungen; und wenn man gar nichts zu schreiben hatte, so schrieb man sich auch dieses. „Ich schreibe Dir, um Dir zu schreiben, daß ich nichts zu schreiben habe“, ist kein ungewöhnlicher Briefinhalt dieser Zeit, sogar bei Luther[399]. Den größtmöglichen Freundeskreis zählte aber begreiflicherweise das Luthersche Ehepaar. Nicht etwa Luther allein, sondern auch Frau Käthe. Die vielen jungen Leute, die bei ihr Kost und Pflege fanden, die mancherlei Magister, die als Präzeptoren ihrer und anderer Knaben im Schwarzen Kloster hausten, die vielen Amtsgenossen und Schüler ihres Mannes, die zahllosen Gäste, welche freundliche Aufnahme an ihrem Tische erlebten: sie alte kannten und verehrten neben dem gewaltigen Doktor auch die weibliche Genossin seiner Freundschaft und Gastlichkeit, Frau Käthe. Aus den Schülern wurden Amtsgenossen, aus den Tischgenossen Freunde — ein stets wachsender Haufen. Und Luthers alte Bekannte, welche Frau Käthe erst durch Briefe oder Besuche kennen lernte, wurden mit der Zeit auch ihre Freunde, namentlich wenn sie diese Freundschaft durch Grüße, Glückwünsche und Geschenke warm hielten. Diese umfangreiche Freundschaft wurde auch lebhaft gepflegt. Da ist kaum ein Brief, den Luther empfängt oder schreibt, in dem nicht auch die Frau Käthe gegrüßt wird oder grüßt, oder Glückwünsche und Beileidsbezeugungen zu allerlei Familienereignisse und Glückwechsel empfängt und sendet. Gar oft begnügt sich aber Frau Käthe nicht mit einem bloßen Wortgruß, sie fügt auch in ihrer praktischen Weise einen guten Rat bei, eine Mahnung, oder ein Rezept, eine Arzenei, eine Wurzel gut fürs Steinleiden u. dgl. Noch viel häufiger aber hat Frau Käthe zu danken für allerhand Geschenke. Und nicht zum wenigsten nützt die wirtliche Hausfrau die Freundschaften aus zu allerlei hauswirtschaftlichen Aufträgen. Dies ging bei Lauterbach sogar soweit, daß Luther selber einmal bei einer solchen Bestellung meint, sie hätte den Freund förmlich in Dienst und Beschlag genommen[400]. Wie begreiflich, waren die Hausfreunde in einem so ausnehmend theologischen Hause auch fast lauter Theologen. Weltlich waren nur die Verwandten: Geschwister, Schwäger und Schwägerinnen, einige vornehme Gevattersleute, wie die Kanzler Müller und Rühel in Mansfeld, die Goritz in Leipzig, Hans von Riedtesel und Hans von Taubenheim, der Landrentmeister in Torgau, an welchen Frau Käthe in die Ferne freundliche und ehrerbietige Grüße, Glückwünsche oder Einladungen sendet oder gar selbst einmal zu einem Brief — natürlich einem Geschäftsbrief — sich aufschwingt. Auch der Straßburger Syndikus Gerbel läßt Frau Käthe tausendmal grüßen. Der Stadtschreiber Roth von Zwickau läßt ein Exemplar seiner Postille für die Doktorin binden und schenken und sendet ein Glas, das „fein ganz“ ankommt. Endlich war noch eine liebenswürdige Adelsfamilie Jörger von Tollet im Oesterreichischen, eine Mutter mit mehreren Söhnen, welcher Luther einen evangelischen Hauskaplan besorgt hatte (1525) und allerlei seelsorgerliche Ratschläge gab, die sich nun dankbar erwies in zahlreichen und teuren Geschenken: „ungarische Gulden“, „Kütten-Latwerg“ und andere „treue und teure Gaben“; auch ein Stipendium sandte sie von 500 Goldgulden für arme Gesellen, die in der heiligen Schrift studieren. Später studierte auch ein Enkel der Jörgerin in Wittenberg. Mit dieser „ehrenreichen, edlen Frauen Dorothea Jörgerin, als besonders guten Freundin“, wurden gar zahlreiche und freundliche Briefe gewechselt, worin auch Luthers „Hausehre Frau Käthe“ oft zum Gruße kommt[401]. Mit dem evangelischen Bischof von Naumburg, Nikolaus _v. Amsdorf_, wechselte Frau Käthe ehrerbietige Grüße, namentlich seitdem sie durch den Besitz von Zulsdorf die Nachbarin des gnädigen Herrn Bischofs geworden (1542); sogar mit einem Besuch „droht“ sie auf „künftigen Sommer“. Sonst hatte man freilich mit dem ehelosen und hochgestellten Mann weniger intime Beziehungen. Doch besorgte er auch einmal für 7 fl. Butter und Stockfisch ins Lutherhaus[402]. Mit dem kleinen M. Joh. _Agrikola_, dem Pfarrer von _Eisleben_ und seiner Else, stand die Luthersche Familie gleich von Anfang an in lebhaftem Verkehr. „Sie konnte ihn auch sehr wohl leiden.“ Er hatte schon 1523 zu dem Kreise der jungen Nürnberger gehört, welche über die Verlobung Baumgartens mit Käthe sich aussprachen und steht auch jetzt noch in regem Briefwechsel mit Wittenberg[403]. Da giebt's Grüße an Weib und Kinder, hinüber und herüber; auch ein Pelzrock wird dorther besorgt, der Frau Käthe nur zu teuer ausfällt, und Elsbeeren oder kleine Mispelchen werden bestellt, nach denen Frau Käthe eben Gelüste bekommt. 1529 wird Agrikola nach Wittenberg geladen. 1530 sendet er vom Augsburger Reichstag über Koburg einen scherzhaften Brief zur Besorgung an Frau Käthe, über den ihm Luther schreibt: „Ich errate leicht, was sie Dir antworten wird. Wenn sie den Brief gelesen hat, wird sie lachen und sagen: Ei, wie ist M. Eisleben doch ein Grundschalk!“[404] Luther nahm sich Agrikolas an, als es dem beweglichen und ehrgeizigen Mann nicht mehr in Eisleben gefiel. Und als er 1536 seine Stelle kündigte und in Wittenberg nicht gleich eine bequeme Wohnung fand, so öffnete sich ihm das Klosterhaus und Agrikola zog ein mit Weib und Kind. Als dann Luther zu Anfang 1537 nach Schmalkalden zog, vertraute er Agrikola nicht nur „Lehre, Predigtstuhl und Kirche an“, sondern auch „Weib, Kind, Haus und Heimlichkeit“[405]. Als aber Agrikola ein „Antinomist“ (Bestreiter der Giltigkeit des Gesetzes für die Christen) wurde, da entbrannte Luthers Zorn wider ihn und er entzog ihm die vorher gewährte Erlaubnis, in Wittenberg Vorlesungen zu halten. Agrikolas Frau, zu welcher Luther ganz väterlich stand, so daß er sie mit Du anredet, that zwar vor dem Doktor einen Fußfall und dieser nahm ihren Mann wieder zu Gnaden an (1538); aber Agrikola entzog sich dem Einfluß Luthers, ging nach Berlin und die Freundschaft mit dem „Meister Grickel“ hörte natürlich auch für Frau Käthe auf, ohne wieder angeknüpft zu werden. Als später einmal (1545) Agrikola mit Weib und Tochter nach Wittenberg kam, durften bloß die beiden Frauen ins Klosterhaus kommen; aber das Töchterlein fanden die Lutherischen eitel und vorlaut wie ihren Vater[406]. Mit dem Pfarrer Jakob _Probst_ in Bremen, einem früheren Klostergenossen Luthers, auch einem Gevatter, stand ebenso die Lutherische Familie in früher Verbindung. Familiennachrichten werden ausgiebig mitgeteilt; Käthe und auch das kleine Patchen Margaretel senden regelmäßig Grüße an den fernen Gevatter und danken für Patengulden und andere Geschenke. Ihm empfehlen die Eltern ihre Jüngste zur Versorgung, da Probst sie sich zum Patchen auserlesen. Und „Herr Käthe“ befiehlt ihrem Gatten, noch scherzend anzufragen, ob denn die Nordsee ausgetrocknet sei, seitdem das Evangelium die Erlaubnis zum Fleischessen gebracht habe? Denn niemals habe es in Wittenberg weniger Seefische gegeben, so daß man schon durch die Hungersnot zum Fleischessen gezwungen werde, wo nicht etwa die Fische und das Meer sich vor des Papstes Zorn ängstigten, nachdem man ihn zu Lande verachte. Am 14. Juni 1542 kam Probst, jetzt ein alter Mann, nach Wittenberg, um seinen Vater D. Martinus noch einmal zu sehen. Das war ein gar unerwarteter lieber Besuch und Frau Käthe wird ihm den Aufenthalt recht angenehm gemacht und das Margaretlein den Paten fröhlich begrüßt und ihm mit ihrer hübschen Stimme etwas vorgesungen haben[407]. Weniger im Verkehr war man mit dem früheren Prior des Schwarzen Klosters Eberhard _Brisger_, Pfarrer in Altenburg; doch tauschte auch mit ihm Käthe Grüße aus[408]. Der ehemalige Klosterbruder (Stiftsherr der „Brüder vom gemeinsamen Leben“) Gerhard _Viscampius_ zu Herford war auch ein besonders guter Freund der Familie Luther und Melanchthon und sie nahmen warmen Anteil an ihm. 1528 sendet er an das Lutherische Ehepaar Tuch und zwei Lampen, welche die zwei Gatten jede Nacht ständig gebrauchten. Dafür soll er auch regelmäßig Luthers Schriften erhalten[409]. Der alte „Stürmer und Schwärmer“ D. Gabriel _Zwilling_, Luthers Klostergenosse, der ihm auf der Wartburg mit seiner Bilderstürmerei so zu schaffen machte, war, nachdem er seinen Radikalismus ausgetobt, ein ruhiger Pfarrherr zu Torgau geworden. Er hatte zur Befreiung der Nonnen aus Nimbschen mitgewirkt, und kam verschiedentlich nach Wittenberg, durfte auch einen etwas schweren Auftrag Käthes wegen Beschaffung eines Leinenkastens besorgen[410]. Der Reformator und Stadtprediger von Gotha, _Mykonius_, der auch zur Zeit der „Wittenberger Konkordia“ sich im Lutherhause aufhielt, bekam von Käthe Grüße, Glückwünsche, Danksagung für ein „Käse-Geschenk“, auch Verhaltungsmaßregeln gegen seine Frau und Teilnahme an seinem Brustleiden[411]. Ein besonderer Verehrer der Frau Doktorin war der feine Straßburger _Capito_ (Köpflin), welcher im Jahre 1536 mit Butzer in Wittenberg die „Konkordia“ der sächsischen und oberländischen Kirche zustande brachte und dabei im Lutherhause verkehrte. Er läßt die „treffliche Frau Katharina von Bora, seine Wirtin“, grüßen und sendet nach seiner Heimkehr ihr einen goldenen Ring als Zeichen seiner Gesinnung gegen sie, „welche mit Recht so hoch geschätzt wird, weil sie mit hausmütterlicher Sanftmut und Emsigkeit die Versorgung unsres Lehrers übt“. Und auch Frau Käthe schätzt den Straßburger Gast. Wiederholt läßt er sie grüßen und verspricht ihr zur Frankfurter Messe 1537 einen Brief. Capito erbat sich sogar mit den übrigen Straßburger Freunden Gerbel, Butzer u.s.w. den Sohn Hans erziehen zu helfen[412]. In _Nürnberg_ hatte Luther und damit auch seine Käthe, allerlei gute Freunde, besonders seine beiden Ordensbrüder, Wenceslaus _Link_ und Abt _Friedrich_ (Becker, Pistorius), die ihm manches schöne Geschenk und Gerät an Uhren, Drechslerwerkzeug, Holz- und Kupferstichen, feines Obst, Sämereien aus der reichen Freistadt besorgten. Auch sie läßt Käthe grüßen[413]. In der Reichsstadt lebte aber auch ihre „alte Flamme“, wie Luther schreibt, der Ratsherr Hieronymus _Baumgärtner_. Die alte Liebe zu ihm hatte sich zu herzlicher Freundschaft gestaltet, und es ist ein gar schönes Zeichen eines natürlichen und gesunden Gefühls, daß sowohl Luther als Frau Käthe in ganz unbefangener offener Weise von dieser liebenden Verehrung für den ehemaligen Geliebten reden unter sich und dem gemeinsamen Freund gegenüber: „Es grüßt Euch verehrungsvoll meine Käthe, Eure alte Flamme, welche Euch ob Eurer Tugenden und Vorzüge mit neuer Liebe umfaßt und von ganzem Herzen Euch wohl will.“ Von Koburg schreibt Luther am 1. Oktober 1531 an Baumgärtner: „Ich grüße Dich im Namen meiner Herrin, Deiner einstigen Flamme; so werde ich ihr erzählen, wenn ich heim komme. So pflege ich auch sie in Deinem Namen zu necken.“ Als 1543 Luther durch seinen Tischgänger Besold einen Brief erhielt, rühmte er des Briefschreibers Sittenreinheit, Frömmigkeit und Tugend. Da fragte Luthers Gattin „nach ihrer Gewohnheit“, wer denn der Schreiber des Briefes wäre. Luther antwortete: „tuus ignis Amynthas: Dein alter Buhle (Liebhaber).“[414] Der Ton, diesem Freunde gegenüber, ist ein gar herzlicher, namentlich in dem Trostbrief Luthers an Baumgärtner und seine Frau, als der Nürnberger Kaufherr von dem Ritter Albrecht von Rosenberg (bei Mergentheim) gefangen genommen und lange in Haft gehalten wurde, so daß Frau Sibylle mit ihren fünf unerzogenen Kindern länger als ein Jahr um das Leben ihres Ehewirts in Angst schwebte. Die Wittenberger Freunde beteten in der Kirche öffentlich um die Freilassung und gingen den Landgrafen von Hessen darum an[415]. Auch Veit _Dietrich_ blieb trotz seines Spanes mit Käthe nicht nur Luthers Freund nach seinem Wegzug nach Nürnberg, wo er Pfarrer an der Sebalduskirche wurde, sondern auch mit Frau Käthe stellte sich bald wieder ein freundliches Verhältnis her. Sie läßt ihn wiederholt grüßen[416]. Mit den Freiberger „Geschwistern _Weller_“, dem jüngsten Peter, dem Komponisten Matthias und besonders dem Theologen Hieronymus, aber auch der Schwester Barbara Lischner standen die Lutherischen Eheleute in freundschaftlichem Verhältnis. Der eine mußte in seiner Schwermut aufgerichtet werden, der andere versorgt, die Schwester belehrt über den heimlichen Empfang des heiligen Abendmahls[417]. Dem Komponisten Matthias läßt Luther mit Frau Käthe danken, für sein „gutwillig Herz, so er erzeigt hat mit dem Gesang und den Borsdorfern.“ Das Lied sängen die Männer unter Tisch, so gut sie's könnten. „Machen wir etliche Säue (Böcke, Fehler) darunter, so ist's freilich Eure Schuld nicht, sondern unsre Kunst. Wenn's schon alle Komponisten gut machen, so ist unser Ernst wohl noch weit drüber und können's böse genug singen. Es folgen uns alle Regiment der ganzen Welt; sie lassen Gott und alte Vernunft sehr gut Ding komponieren und stellen, aber sie singen auch, daß sie wert wären einen Markt eitel Würste aus den Säuen oder Klöppel in den Feldglocken[418]. Darum müßt ihr Komponisten uns auch zugut halten, wenn wir Säue machen in den Gesängen. Denn wir wollten's lieber treffen denn fehlen. Solchen Scherz, bittet meine liebe Käthe, wollet ihr für gut annehmen, und läßt Euch freundlich grüßen. Hiemit Gott befohlen. 1535. Priska-Tag.“[419] Dr. Hieronymus Weller heiratete um diese Zeit ein Freiberger Mädchen, die Tochter G. am Steige. Natürlich sollte ihm Frau Käthe die Hochzeit in Wittenberg ausrichten. Aber Frau Käthe war damit nicht einverstanden; kannte sie doch die große Unmuße und Unkosten, welche ein Doktor in einer Universitätsstadt aufwenden müsse: und hier wäre sowohl der Hochzeiter, wie der Hochzeitgeber ein Doktor; daher müßten viele Leute eingeladen werden; Weller solle sich die Liste, die beigelegt sei, einmal ansehen und werde dann merken, welche Menge geladen werden müßte (wenn man auch einige streichen könnte), wofern man des Hochzeiters und seiner Angehörigen Ehre bedenke, zumal man die angesehenen Freunde doch ehrenvoll bewirten müsse. Das sei sehr schwer. Auch koste es mehr als 100 fl. Die Eheleute rieten Weller daher, die eigentliche Hochzeit anderswo zu halten und es einzurichten wie M. Kreuziger und Dr. Brück, nämlich mit geringer Begleitung nach der Universitätsstadt zu kommen, zu einem Morgen- oder Abendessen mit zwei oder drei Tischen. Hoffentlich war der Dr. Hieronymus und seine Braut so verständig und gingen darauf ein. Während der ledige Doktor bei Luthers gewohnt hatte, zog er mit seiner jungen Frau in ein eigenes Haus in der Nachbarschaft. Nicht lange darauf wurde Weller Pfarrer in seiner Vaterstadt Freiberg, wo Herzog Georgs Bruder Heinrich residierte und dem Evangelium beitrat; er blieb aber in regem Verkehr mit dem Lutherhaus[420]. Nach Freiberg wurde 1538 auch M. Nikolaus _Hausmann_ als Stadtpfarrer berufen. Er war einer der ältesten und besten Freunde des Lutherischen Hauses, ein sanfter, liebenswürdiger Mann und Junggeselle. Zuerst in Zwickau angestellt (bis 1532), wurde er dann Hofprediger bei den drei Anhalter Fürsten in Dessau (1532-38). Die Bekanntschaft Käthes mit ihm ging durch ein zierliches und mühsam geflochtenes Körbchen und das schöne Glasgefäß, welches Hausmann selbst gemalt und als Andenken in den jungen Haushalt geschickt hatte und das Käthes Wohlgefallen erregte (S. 96)[421]. Von da an sendete Frau Käthe dem Zwickauer Stadtpfarrer stets angelegentliche Grüße und wird wieder gegrüßt in den zahllosen Briefen, die fast jede Woche zwischen dem Wittenberger Kloster und dem Zwickauer Pfarrhaus hin und wieder fliegen. Sie empfiehlt sich in schweren Zeiten seinem Gebet oder bedankt sich für gesandtes Chemnitzer Leinen, wofür er eine Last lutherischer Schriften durch den Paketträger erhält[422]. Auch „lebendige Briefe“ gingen hin und her: allerlei Freunde und Bekannte, namentlich seitdem auch Cordatus nach Zwickau versetzt war, anfangs 1529.[423] Oefters wird Hausmann eingeladen: seine Stubella (Stüblein) sei bereitgestellt und alles gerüstet — trotzdem Frau Käthe einen jungen Erdenbürger erwartet. Einigemale kam auch Hausmann wirklich den weiten Weg nach Wittenberg[424]. Im August 1531 ging Hausmann von dem schwierigen Zwickau weg, hielt sich auch in Wittenberg auf. Von dem nahen Dessau aus war noch ein viel regerer Verkehr möglich. Das erste Zeichen war ein Wildschwein, das von der Residenz kam und zum Martinstag von den Freunden des Lutherhauses verspeist wurde. Als er krank wird, bekümmert sich „Herr Käthe“ in gar „stattlichem stetem Gedanken um den Freund“. Ja, da dieser so oft kränklich ist, will Luther ihn gar zu sich nehmen, damit er der Stille und Ruhe genieße. 1538 kam aber Nikolaus Hausmann als Superintendent nach Freiberg, wo sein Bruder Valentin lebte. Hier traf ihn bei seiner Antrittspredigt am 3. November auf der Kanzel der Schlag. Die Freunde und die Hausfrau verheimlichten Luther den Tod seines lieben Genossen und brachten ihm die Nachricht erst allmählich bei — er aber saß einen ganzen Tag und weinte, und auch Frau Käthe wird dem Getreuen ihre Thränen nachgeweint haben[425]. Der frühere Tischgenosse _Schlaginhaufen_ war im Jahre 1532 nach Zahna, nur zwei Stunden von Wittenberg, als Pfarrer gesetzt worden, wo er mit dem Lutherhause in enger Verbindung blieb, und z.B. einmal die von Luther so geliebten Mispeln schickte. Aber in dem ärmlichen und der Gesundheit des schwachbrüstigen Mannes wenig zuträglichen Orte hielt er es nur ein Jahr aus. Er wurde dann Pfarrer in Köthen und reformierte dies Ländchen. Dahin grüßt auch Frau Käthe. Er reiste mit nach Schmalkalden, begleitete den erkrankten Luther zurück bis Tambach, lief dann mit der Kunde von dessen Besserung nach Schmalkalden und rief zu den Fenstern an der Herberge des Legaten hinauf: Lutherus vivit! Lutherus vivit! (Luther lebt! Luther lebt!)[426]. Mit dem Pfarrhaus von Leisnig standen Luther und seine Käthe in regem Verkehr. Sie senden in zahlreichen Briefen Grüße an ihre ehemaligen Tischgenossen M. _Lauterbach_ und seine Hagnes oder Nise (Agnese) und Elslein („Lamm“ und „Lämmlein“); sie geben ihm allerlei zu besorgen, so Frau Käthe einen Katechismus an eine arme ehemalige Nonne, Christina v. Honsberg, jetzt Gattin von Georg Schmid. Der Bischof von Meißen hatte sich gegen Lauterbach gesträubt, weil er nicht geweiht wäre; da sagte Lauterbach zu dem bischöflichen Amtmann: „Ich bin genug geweiht durch mein Weib (denn sie war eine Nonne) und Mann und Weib ist ein Leib“[427]. Da der andre Pfarrer in Leisnig sich nicht mit Lauterbach vertrug, so verzog dieser als Diakonus nach Wittenberg, wo er von 1536-39 lebte, um dann als Superintendent nach Pirna ins evangelisch gewordene Herzogtum Sachsen zu kommen. Zu Wittenberg als Amtsgenosse Luthers verkehrte er viel im Klosterhaus; auch seine Frau war öfter da und gab einmal auf eine theologische Frage eine gar feine Antwort. Es war an sie dieselbe Frage gerichtet, wie an Frau Käthe, ob sie heilig wäre; da sagte sie, sie wäre heilig, so viel sie glaubte; wäre aber eine Sünderin, sofern sie ein Mensch wäre. Von Pirna hat Lauterbach die Steinmetzarbeit an der Hausthür für Frau Käthe besorgt, weiterhin Rebpfähle, mehrmals Pelzröcke für die Töchter, auch Butter und Aepfel, Borsdorfer und andere, „rötliche“, von welchen sich dann Frau Käthe auch Zweige zur Veredlung bestellt[428]. Georg _Spalatin_ war bald nach Luthers Vermählung aus dem Hofdienst getreten, hatte sich verheiratet und war neben M. Eberhard Brisger Oberpfarrer von Altenburg geworden. Weil diese Stadt ziemlich weit ablag, so kam der alte Freund Luthers nur bei besonderen Veranlassungen amtlicher Art nach Wittenberg; auch Luther konnte, so sehr er voll Sehnsucht nach des Freundes Umgang war, schwer nach Altenburg kommen, nicht einmal zur Hochzeit Spalatins, weil er eben die Flucht der 13 Nonnen aus Freiberg veranstaltet hatte. Um so häufiger aber sandten sich die Freunde Briefe und Boten und teilten sich die häuslichen Vorkommnisse mit und Frau Käthe drängt dabei ihren Mann zum Schreiben. „Meine Rippe“ oder „mein Herr Käthe“ senden an Spalatin und „seine Rippe“ oder „Kette“ (sie hieß auch Katharina), seine „Hindin“ und ihre Kleinen Grüße und Glückwünsche, wünscht ihm auch ein kleines „Spalatinlein, das ihn lehre, was sie sich rühmt von ihrem Hänslein gelernt zu haben, nämlich die Frucht und Freude des Ehestandes, deren der Papst mit seiner Welt nicht wert ist“[429]. Den in Schmalkalden schwer erkrankten Luther ließ Frau Käthe ins Altenburger Pfarrhaus bringen und bleibt dort mehrere Tage. Voller Dankbarkeit und Anerkennung ist sie für die „freundliche Liebenswürdigkeit und liebenswürdige Freundlichkeit“, die sie mit ihrem Gatten im Hause des feinen Mannes erfahren. Sie ist unglücklich, daß sie in der Aufregung den Töchtern Spalatins nichts mitgebracht und sendet ihnen schön gebundene Büchlein, ihr gewöhnliches Geschenk[430]. Nochmals nimmt sie die Liebenswürdigkeit des Altenburger Pfarrherrn in Anspruch, als sie ihre Bauten in Zulsdorf ausführt. Weil Spalatin gerade um diese Zeit nach Wittenberg kam, so giebt sie ihm allerlei Aufträge mit, da Zulsdorf von Wittenberg so weit weg und näher bei Altenburg lag und sie wegen der bestehenden Winterszeit nicht dahin kommen konnte. Da soll er, der ehemalige Hofmann, bei dem Schöffer dafür sorgen, daß sie Eichenstämme und dicke Prügel für Bauten bekomme in ihrem neuen Reich. Da empfiehlt sie ihre Fuhrleute und Handwerker der Fürsorge Spalatins. Und dieser interessiert sich für ihre Zulsdorfer Unternehmungen so sehr, daß ihm Luther ausführlich über all die Mißgeschicke schreiben muß, welche seine Frau mit den sächsischen „Harpyen“ hat, welche ihr Bauholz wegstibitzen. Dafür schickt die arzneikundige Doktorin dem Herrn Oberpfarrer auch eine Wurzel gegen den Stein, die sich bei Luther recht wirksam gezeigt hatten.[431] Ein Freund der Familie Luther war auch ihr Gevatter _Hans von Taubenheim_. An ihn wendet Käthe sich vertraulich mit wirtschaftlichen Anliegen. Aber sie nimmt auch Teil an seinem Schicksal, als er 1539, scheint's, in Ungnade fiel. Luther muß ihm schreiben: „Meine Käthe läßt Euch herzlich grüßen und weinet bitterlich über Euren Unfall und sagt: wenn Euch Gott nicht so lieb hätte, oder wäret ein Papist, so würd er Euch solch Unglück nicht geschehen lassen.“[432] Alle diese Freunde des Lutherhauses lebten auswärts und waren nur besuchsweise oder doch vorübergehend in Wittenberg. Die befreundeten Familien in der Stadt selbst waren die der Amtsgenossen Luthers: die Professoren Kreuziger, Jonas und Melanchthon und die Pfarrer Bugenhagen und Röhrer, weniger bedeutend der andere Schloßprediger D. Georg Major, der Professor des Hebräischen Matthäus Aurogallus (Goldhahn), Melanchthons Busenfreund Paul Eber, D. Hier. Schurf, endlich sein Bruder, der Hausarzt und Nachbar, Professor Augustin Schurf, dessen Weib Hanna von Frau Käthe in der Pestzeit ins Haus genommen und gepflegt wurde. Sie alle waren vielfach Gäste in Luthers Haus, namentlich bei der Bibel-Uebersetzung. In ihrem Kreise ließ sich Luther mehr gehen, als an der Tafelrunde der Tischgenossen, mit „fröhlicher Laune und witzigem Scherzwort“[433]. _Kreuziger_, Dr. der heiligen Schrift, Luthers treuer Freund und „Fürbund“, den er (seit 1528) zu seinem „Elisa“, seinem Nachfolger in der Theologie erlesen hatte, der auch Luthers Testament unterschrieben hat, war — ausnahmsweise — ein wohlhabender Theologe[434]. Für ihn besorgte Frau Käthe Aufträge und seine Frau Elisabeth, eine gewesene Nonne aus Pommern, bringt ihr ein goldenes Meßgeschenk, wofür Luther an Kreuzigers Frau ein gleiches schickt. Diese, Elisabeth von Meseritz, war die Dichterin eines Liedes, das Luther in sein Gesangbuch setzen ließ. Es beginnt: Herr Christ, der Einige Gottes Vaters in Ewigkeit, Aus seinem Herz entsprossen Gleichwie geschrieben steit. Er ist der Morgenstern, Sein' Glanz streckt er so fern Vor andern Sternen dar[435]. Elisabeth starb früh, so daß Kreuziger zur zweiten Ehe schritt (1530); mit der Hochzeit wollte er aber Frau Käthe nicht beschweren und hielt sie auf Schloß Eilenburg ab, das ihm der Kurfürst auf Luthers Bitte dafür zur Verfügung stellte. Dagegen ist er eingeladen bei Luthers Geburtstagsschmaus[436]. _Bugenhagen_ oder D. Pommer, der stattliche und würdige Propst, Professor und Stadtpfarrer und geborene General-Superintendent (1536)[437], war mit seiner pommerschen Gelassenheit ein gar milderndes Element in dem Lutherischen Hause, dessen Beichtvater er war. So hielt er auch neben Luther ruhig in der Pestzeit aus. Trotz seines würdevollen Wesens war er doch „im gemeinen Wandel eines liberalischen, fröhlichen und fertigen Gemüts“. Er stellte sich von Anfang auf Frau Käthes Seite. Er half ihr — nebst dem Kapellan Röhrer — das schöne Glas vor Luthers Geschenkwut retten. Er hielt sich gar viel im Kloster auf; ja er wohnte sogar in Luthers Anfechtungen dort[438]. Luthers Briefe grüßen gar oft in einem Atem: Dr. Pommer und meine Käthe oder meine Käthe und Dr. Pommer. Einmal schreibt er sogar im Hause und Namen Luthers einen Brief an Spalatin, worin „Dominus mea“ („meine Herr“ Käthe) grüßte. Einen Brief Luthers an Frau Käthe sollte in ihrer Abwesenheit Pfarrherr D. Pommer erbrechen und lesen[439]. Umgekehrt hat Frau Käthe auch allerlei an D. Pommer auszurichten, sogar allerlei Theologisches in lateinischen Wendungen von den Argumenten Zwinglis in Marburg und Kirchenpolitisches von Augsburg. „Sage D. Pommer“, heißt es dann in Luthers Briefen an seine Frau[440]. Der behagliche Pommer ergötzte die Freunde gar sehr mit seinen Sprüchen, namentlich in breitem Platt; aber er lachte auch, wenn der „schwäbische“ Pfälzer Melanchthon sich im Plattdeutschen versuchen wollte. Im Dezember 1527 erwartet der Propst im Lutherhause die Niederkunft seiner Frau. Sie und Frau Katharina lagen fast zu gleicher Zeit in den Wochen: Frau Pommer mit einem Knäblein, Frau Käthe mit ihrem Töchterlein Elsbeth. Bald darauf starben ihr zwei Söhne[441]. 1528 wird zu Bugenhagens Reise nach Braunschweig von Luthers „Eva“ im Kloster ein Abschiedsmahl gehalten; er wurde aber auch nach Hamburg „geliehen“, dann nach Lübeck, Pommern und Dänemark, und erzählte dann daheim, nach der Landesart gefragt, zum Ergötzen der „Tafelrunde“, dort tränken die Leute „Oel“ und äßen „Schmeer“ (d.h. Bier und Butter). Bugenhagen war also viel weg von Wittenberg, zur großen Sorge Luthers, der seine Arbeitslast als Stadtpfarrer und Professor noch dazu übernehmen mußte. So hatte auch Frau Käthe gar oft nach dem „Pommerischen Rom“ mit seinen kleinen Weltbürgern in der Superintendur am Kirchenplatz zu sehen[442]. Justus _Jonas_, „der Rechte Licentiat und Erfurter Kanonikus“ nachher (1521) Professor, D. der Theologie und Propst des Allerheiligenstiftes, nahm im Lutherhause eine ähnliche Stellung ein, wie Bugenhagen. Nur hatte er in seinem Wesen nicht die stoische, gesunde Ruhe des D. Pommer. Er war vielmehr kränklich und etwas erregt, ein lebhafter Sprecher, „unser Demosthenes“, der lieber redete als schrieb; denn er „drohte“ nur Briefe zu schreiben, führte es aber nicht aus, wie Luther scherzt. Die Familie wohnte in der Fischervorstadt, hatte auch Garten und Weinberg. Während der Pest 1527 und wieder 1535 zog Jonas mit Weib und Kind in seine Vaterstadt Nordhausen bezw. nach Jena. Er war bei den Verhandlungen in Augsburg, Marburg, Frankfurt, Schmalkalden u.s.w. viel abwesend von Wittenberg, so daß Luther viele und häufige Briefe an ihn zu schreiben hatte, in denen Frau Käthe mit Grüßen, Aufträgen und Mahnungen und dgl. sich hören läßt. Umgekehrt grüßt auch Jonas die Frau Doktorin, Muhme Lene, Hänschen, Lenchen — und sendet seinem Paten einen silbernen Johannes, d.h. einen Joachimsthaler (Gulden) mit dem Bildnis des Kurfürsten Johann[443]. Jonas hatte sich schon 1522 verheiratet mit Katharina von Falk. Sie hatte eine große Kinderschar (1530 schon 5 Söhne), aber viele starben jung; bekannt sind davon Jost, Christoph, „Sophiela“, „Elisabethula“, auch eine Großmutter lebte im Haus und erhielt von Luther Grüße[444]. Frau Käthe Jonas war eine muntere, heitere Frau. Von ihr meldete im Sommer 1529 der Wittenberger Stadtschreiber Baldunai: „Ich hab' Melanchthon mit der Pröpstin tanzen sehen! Es ist mir wunderlich gewesen.“ Auch Luther richtet an sie gelegentlich einen scherzhaften Brief als der „Ehrbaren, Tugendsamen Frauen Kathrin Dokterschen Jonischen, Propstin zu Wittenberg, meiner günstigen Freundin und lieben Gevatterin“ und schließt: „meine Käthe und Herr zu Zulsdorf grüßet Euch alle freundlich.“[445] Mit der „Jonischen“ Familie war die Lutherische eng befreundet, namentlich die beiden Käthen waren aufs innigste mit einander verbunden, sie waren stets ein Herz und eine Seele: die lebhafte thatkräftige Lutherin war offenbar recht angezogen von der fröhlichen Natur der Propstin. Aber auch den redegewandten Propst mochte die Frau Doktorin gerne leiden. Nach Augsburg schickt sie in einem Brief an ihren Herrn Martinus ein Billet („Zedula“), worin sie von der Geburt eines Jonischen fünften Sohnes berichtet[446]. Als die Propstfamilie während der Pest mit der Universität auch in Jena weilt, bestellt die „Erzköchin“ bei Jonas für einen Thaler allerhand Geflügel und Wildbret zu einem Doktorschmaus und will ihn mit einem guten Sud von ihrem gesunden und heilsamen Bier nach Wittenberg locken. Dagegen warnt sie ihn, sich von der „Güte des Weins“ bei Spalatin berücken zu lassen, wodurch der Leib so rauch und scharf von Steinen werde, wie die Weinfässer, wenn sie ausgetrunken sind. Mit dem Bier wußte Frau Jonas nicht so wohl Bescheid wie Frau Lutherin; denn dasjenige, das sie Luther einmal schickte, war verdorben. Angenehmer als dieses Geschenk waren der Wein, die Quitten und Aepfel u.a., welche Jonas von seinen Reisen oder aus Halle sandte[447]. Als Frau Käthe zu Anfang des Jahres 1540 schwer erkrankte, da schrieb Jonas manchen betrübten Brief voll aufrichtiger Teilnahme und Sorge. „Wenn mein Brief so trübselig ist, so ist die Trauer schuld um die hochgeschätzte Frau, weil sie so krank darniederliegt.“ Und er freut sich „dann, als ἡ γυνή des Herrn D.M. Luther durch göttliche Wunderkraft wieder gesundet.“ Im Frühjahr 1541 zog Jonas nach Halle, um dort trotz des Bischofs „mit Volk und Rat“ die Reformation durchzuführen[448]. Da sich dieser Aufenthalt, wie es den Anschein bekam, lange hinausziehen sollte, so zog im Herbst die Frau Propstin ihrem Manne nach, während der Sohn Tischgenosse im Lutherhause werden sollte. Sie verabschiedete sich so eifrig und eilig, daß sie sogar vergaß, Briefe von Luther mitzunehmen und dieser samt seiner Frau sie neckte mit ihrer Liebessehnsucht. Leider sollten sie die Freundin nicht mehr sehen. Nicht lange nach ihres lieben Töchterchens Lenchen Tod verlor Frau Käthe auch ihre beste Freundin. Sie starb in Halle um Weihnachten 1542, indem sie „mit gar frommen und heiligen Worten ihren Glauben bezeugte.“ Frau Käthe war ganz weg bei der Trauerkunde[449]. Etwas weniger herzlich scheint das Verhältnis zur Familie Melanchthon gewesen zu sein. Die beiden waren fast Gartennachbarn und wie die Männer, so werden auch die Frauen sich an dem Gartenzaun und in ihren Gärten und Häusern doch vielfach begegnet sein. Die Kinder spielten mit einander, wie aus dem Märchenbrief Luthers ersichtlich ist, und Luther schreibt dem ängstlichen Magister während seiner Abwesenheit genau alle Vorkommnisse unter den Kindern[450]. Aber auffällig ist doch, daß in all' den vielen (3000) Briefen Luthers die Gattin seines Kollegen ausdrücklich niemals erwähnt ist. Frau Käthe Melanchthon war der temperamentvollen Doktorin wie dem Doktor nicht so sympathisch als die Frau Käthe Jonas. Sie fühlte ihren Gemahl und sich nach den Epigrammen des Lemnius, aber auch nach den Andeutungen Kreuzigers überall zurückgesetzt und in den Schatten gestellt durch Luther und die Doktorin. Die wohlhabende Bürgermeisterstochter und das arme Edelfräulein standen sich wohl von Anfang an gegenüber, nochmehr aber, als die fremde Nonne den gewaltigen Doktor, den ersten Mann der Stadt, ja der Welt zum Gemahl bekam. Zur Erklärung der Stimmung von Frau Melanchthon muß wohl auch auf die bestehende Kleiderordnung verwiesen werden, welche derjenigen von 1572 ähnlich gewesen sein wird. Die Doktorsfrauen durften darnach eine guldene unverfütterte Haube tragen, und so ein alt Kleid zu kurz wird, es mit Sammet- und Seidegebräm verlängern — die _Magisters_frauen nicht, und Frau Melanchthon war bloße Magisterin. Ferner durften Doktoren 8 Tische, Magister bloß 6 Tische bei Hochzeiten haben; letztern waren auch Röcke, Barett oder Schläpplin aus Sammet und Seide verboten[451]. Es traten sogar einmal Mißstimmungen Luthers gegen Melanchthon ein, welche sich natürlich auch auf die beiderseitigen Frauen übertrugen. Melanchthons Schwiegersohn Sabinus, ein Humanist und Poet, hatte Luthers alten Gegner, den Kardinal-Erzbischof Albrecht, der sich gern als Mäcen aufspielte, als seinen Gönner gefeiert, und bei seiner Hochzeit mit Melanchthons Töchterlein (1536) war der erzbischöfliche Kanzler Türk zu Gast, ja Sabinus lebte eine zeitlang an Albrechts Hofe. Um diese Zeit machten auch andere römische Kirchenfürsten den Versuch, Melanchthon auf ihre Seite zu bringen. Luther zürnte über die „Erasmischen Vermittler“, wenn er auch nicht glaubte, Melanchthon werde ein zweiter Erasmus werden. Die Anhänger Luthers, Cordatus und Schenk, gingen aber schärfer gegen Melanchthon vor und dieser scheute sich in seiner ängstlichen Art vor einer offenen Aussprache mit Luther. Käthe hätte gerne eine freundschaftliche Auseinandersetzung der beiden alten Freunde gewünscht; die „Doktorin“ beklagte die Entfremdung derselben, sprach dies auch gegen Kreuziger und andere Freunde aus, in der Hoffnung, eine Auseinandersetzung herbeizuführen. Aber dem widersetzte sich die „Weibertyrannei“ der Frau Melanchthon[452]. Jetzt kam noch etwas anderes hinzu. 1537 geriet ein gewisser M. Simon Lemchen (Leminus) nach Wittenberg, der war ein Freund und Gesinnungsgenosse des Sabinus, formgewandt, aber auch charakterlos wie dieser. Für diesen Schöngeist verwendete sich Melanchthon um ein Stipendium bei dem Rat von Augsburg, weil er zum Teil in Augsburg erzogen war und diese löbliche Stadt für sein Vaterland hielt. Er bekam auch wirklich eine Unterstützung von 20 fl. Damals kam auch Sabinus nach Wittenberg und verkehrte viel mit seinem Freunde[453]. Zu Pfingsten 1538 nun hat Lemnius, der „ehrlose Bube etliche Epigrammata ausgehen und sogar an den Kirchthüren verkaufen lassen, ein recht Erzschund-, Schmach- und Lügenbuch, wider viel ehrliche Manns- und Weibsbilder, dieser Stadt und Kirchen wohl bekannt.“ Natürlich machte das Büchlein in der kleinen Stadt das peinlichste Aufsehen und erregte häßliche Geschwätze. Melanchthon hatte als Rektor die Zensur über litterarische Erscheinungen von Universitätsangehörigen zu üben. Daher erhob sich gegen ihn der Verdacht, daß er mit Absicht die böse Schrift habe drucken lassen. Aber Luther überzeugte sich bald, daß es „hinter Wissen und Willen derer, so es befahlen ist zu urteilen“, ausgegangen war. Und so beruhigte sich auch die Frau Doktorin bald wieder. Der „Poetaster und Leuteschänder“ Lemnius flüchtete und wurde relegiert, rächte sich aber durch ein unflätiges Schmähgedicht auf Luthers und Käthes Ehe, wie auf andere Professorenfamilien in Wittenberg [454]. Das gute Einvernehmen der beiden Familien stellte sich bald wieder her. Frau Käthe läßt nach wie vor dem abwesenden Magister Philipp ehrerbietig Grüße zusenden und dieser versäumt nicht nach wie vor „Luthers hochverehrte Gemahlin und süße Kinder zu grüßen“. Ja das Verhältnis zu ihm zeigt sich nach diesem Vorkommnis noch viel freundlicher [455]. Sie läßt dem Magister besonders nachdrücklich danken, daß er ihren Doktor nicht mit nach Schmalkalden — schlimmen Angedenkens — mitgenommen hat. Sie versichert ihn ihrer ganz besonders warmen Liebe und Zuneigung. Als Melanchthon wegen der hessischen Ehegeschichte tödlich erschrocken darniederlag, heißt sie ihn tapfer und „fröhlich“ sein und versichert ihn mit ihrem Gatten ihrer aufrichtigen Liebe und verspricht, eifrig und kräftig für ihn zu beten. Nach Worms läßt sie ihm melden, sie siede eben für ihn Wittenbergisch Bier, um ihn und seine Genossen damit zu empfangen. Und M. Philipp läßt sich auch sorglich über ihr Wohlergehen berichten und wäre sehr beunruhigt, wenn er hören müßte, es ginge der Frau Doktorin übel. An Luthers Todestag noch sendet er in ihrem Auftrag nach Eisleben Nachrichten und Arzeneien[456]. Eine gewiß noch rascher vorübergehende Verstimmung trat 1544 ein infolge eines Vorwurfs, den Frau Käthe Melanchthon machte und den der empfindliche Meister Philipp wohl zu schwer nahm; sie sagte nämlich, man glaube, er bevorzuge seine schwäbischen Landsleute vor den Sachsen. Das konnte doch weder so ernst gemeint noch genommen werden, wenn er auch in einem Brief an Freund Jonas die δεσποινα (Herrscherin) darüber verklagt[457]. Den Verkehr dieser Hausfreunde mit Frau Käthe kennzeichnet ein Brief, den dieselben von Augsburg aus 1530 an die Doktorin geschrieben haben; es ist der Ton achtungsvoller Freundlichkeit mit einem Anflug von Lutherschem Humor; zugleich aber ein Beweis, wie geschäftstüchtig Frau Käthe war, daß Melanchthon sogar ökonomische Aufträge ihr gab, statt seiner eigenen Gattin, die er wohl auch für weniger schreibfertig halten mußte, als die Lutherin. Der Brief lautet samt der Adresse so[458]: „Der ehrbaren tugendsamen Frau Katharina Lutherin Doktorin, meiner besonders günstigen Freundin. Gottes Gnad' und alles Gute! Ehrbare, tugendsame Frau Doktorin! Ich füge Euch zu wissen, daß wir nun, Gott gebe Gnad, bis gen Augsburg kommen sind und haben den Herrn Doctor zu Coburg gelassen, wie er ohn Zweifel Euch geschrieben hat. Ich hoff aber, in kurz bei ihm zu sein. Bitt Euch, Ihr wollet mir schreiben, wie es Euch geht und wie sich der Hauptmann Korns halber erzeiget hat. Womit ich Euch dienen kann, will ich mit allem Fleiß, wie ich mich schuldig erkenne, solches thun und ausrichten. Beide Kanzler[459] grüßen Euch und wünschen altes Gute. Gott bewahre Euch! Datum Augsburg, Mittwoch nach Walpurgis. Philippus. Herzog Georg von Sachsen soll morgen kommen. Der Kaiser ist noch ferne, kommt aber. Liebe Gevatter! Auch ich wünsche Euch, Hänschen Luther und Magdalenchen und Muhme Lene viel selige Zeit. Pusset mir in meinem Namen meine liebsten Jungen. J. Jonas. Ich, Johann Agricola Eißleben, mein es auch gut, meine liebe Frau Doktorin.“ Wie hier im Brief, so maßen sich an Käthes Tisch die Freunde an der theologischen Tafelrunde im Redewettkampf um den Preis des kürzesten Tischgebets. Da zeigt sich nun Luthers Sinnigkeit, Bugenhagens hausbackenes Behagen und Melanchthons zierliche Feinheit in den Sprüchen Luthers: Dominus Jesus sit potus et esus (der Herr Jesu sei Speis' und Trank); Pommer: „Dit und dat, träg und natt, gesegen uns Gad“; und Melanchthons: Benedictus benedicat (der Gesegnete segne)[460]. Außer den beiden Frauen der Kollegen Jonas und Melanchthon wird Katharina wohl vorzüglich mit Frau Barbara Kranach verkehrt haben und Frau Bürgermeister Reichenbach, ihrer Pflegemutter, beide ältere Matronen, und ebenso mit der Familie des Buchdruckers Hans Lufft. Selbstverständlich gehörte die Gemahlin des Doktors zu den vornehmen Kreisen, ja sie war bei weitem die angesehenste Frau Wittenbergs und es entspricht ihrer Stellung, wenn Meister Lukas sie auf dem Altarbilde der Stadtkirche mit ihrem Kinde in der vordersten Reihe malt. Sie trug auch das feine goldschimmernde Pelzwerk um die Schultern oder in Streifen am Kleid, das die Patrizierin auszeichnet. Ein gewisses Selbstgefühl läßt sie auch verschiedentlich durchblicken. So läßt sie einen Freund ihres Mannes „warnen, beileibe keinen Bauernkloppel zur Ehe zu nehmen; denn sie sind grob und stolz, können die Männer nicht für gut haben, können auch weder kochen noch keltern“. Daneben freilich ging sie mit andern Frauen (in der Weise unserer heutigen Frauenvereine) kranken Weibern und Wöchnerinnen mit Rat und That an die Hand[461]. Aber man versteht es auch, daß eine Frau von der Anlage und dem Temperament und Bildung Katharinas mehr auf den Umgang mit Männern hielt, und daß dieser Umgang, zu dem sie so viel Veranlassung und Gelegenheit hatte, sie wenig geneigt machte, sich viel in weiblicher Gesellschaft zu bewegen. Freunde um sich zu haben, war Luther ein Bedürfnis. Er haßte die Einsamkeit aus Furcht vor „Anfechtungen“ — mußte er doch in den Nachtstunden dem Teufel genug Rede stehen. „Ehe gehe ich zu meinem Schweinehirten Johannes und zun Schweinen, denn daß ich allein bliebe“, sagt er zum Exempel für einen Angefochtenen. So war er auch stets in Gesellschaft, wenn er spazieren fuhr[462]. Bei der Bibelübersetzung (1525-34) und der Bibelrevision (1539-42) kamen die Gehilfen Luthers, Melanchthon, Bugenhagen, Jonas, Kreuziger, Aurogallus und der Schnellschreiber und Korrektor Röhrer zum evangelischen „Sanhedrin“ zusammen, und nachher blieben sie oft zu Tische da, disputierten weiter, oder erholten sich auch an heiterem Gespräch und Gesang. So war der Gasttisch in Käthes Haus nimmer leer — dafür sorgte Luther. Aber auch ihm persönlich und besonders widmete sie als echte deutsche Frau ihr Leben. 14. Kapitel. Käthe und Luther. „Das ist ein seliger Mann, der eine gute Ehe hat. Denn es ist kein lieblicher, freundlicher noch holdseliger Verwandtnis, Gemeinschaft und Gesellschaft, denn eine gute Ehe, wenn Eheleute mit einander in Frieden und Einigkeit leben. Die höchste Gnade Gottes ist, ein fromm, freundlich, gottesfürchtig Gemahl haben, mit der du friedlich lebest, der du darffst all dein Gut und was du hast, ja dein Leib und Leben anvertrauen.“ So preist Luther die Ehe, und _seine_ Ehe und seine Gattin, die ihm das Wesen und das Ideal des Ehestandes vor Augen führte und verwirklichte. Sie bereitete ihm ein schönes Heim, einen glücklichen Hausstand, sie wartete und pflegte ihn treulich und diente ihm „wie eine Ehefrau, ja wie eine Magd“[463]. Käthe sorgte vor allem für ihres Herrn Doktors leibliches Wohl in gesunden und kranken Tagen[464]. Die „Erzköchin“ verstand den leiblichen Bedürfnissen ihres Mannes gerecht zu werden; sie wußte, was seinem Geschmack entsprach und was seiner Gesundheit zuträglich war. Luther wußte auch, was das heißt, und daß „das ein gemarterter Mann sei, dess' Weib und Magd nichts wissen in der Küche: es ist das erste Unglück, woraus viele Uebel folgen.“ Aber auch das Gesinde thut's nicht, sondern, wie Luther in sein Hausbuch schreibt: „Der Frauen Augen kochen wohl.“[465] Luther liebte, als ein echtes Bauernkind und mit gesundem Appetit gesegnet, recht derbe Hausmannskost. Ueppige Speise machte ihm Beschwerden. Er lobte sich eine reine, gute, gemeine Hausspeise: Brathering und Erbsen war ihm ein Lieblingsgericht[466]. Aber seine Gattin erkannte bald, daß dem Doktor bei seiner sitzenden Lebensweise, bei seiner angestrengten geistigen Thätigkeit und namentlich, weil er in den Tagen seines unnatürlichen Kloster- und Junggesellenlebens seine Natur sehr verdorben hatte und durch Verdauungsstörungen an schweren Schwindelanfällen litt, — daß diese derbe Kost ihm wenig zuträglich sei und sie namentlich mit anderer Pflanzenkost, besonders Obst, nachhelfen müsse, und überhaupt war sie auf Wechsel in der Speise bedacht[467]. So hatte sie denn in ihrer Speisekammer, in Keller und Speicher nicht nur Erbsen und Hirsen, Grütze, Graupen und Reis vorrätig, da gab es auch Kraut, Kohl, Mohren, Rüben und Obst; die einheimischen Mispeln liebte Luther mehr denn alle welschen Feigen, und die Pfirsiche schätzte er besonders hoch und fast den Weintrauben gleich. Da wurden im Kloster nicht nur Ochsen und Schweine geschlachtet, auch Gänse und Enten, Hühner, Tauben und Krammetsvögel, frische und dürre Fische und Krebse kamen als Leckerbissen auf den Tisch. Wildbret war Hochzeitsbraten; Luther fand es aber mit seinem schwarzen Fleisch zu „melancholisch“. Zwar hielt Käthe selber Rinder und Hühner, pflanzte allerlei Frucht und Gemüse, zog Obst, buk das tägliche Brot und sott Bier; aber vieles mußte noch dazu gekauft werden, oder man erhielt es geschenkt, namentlich sorgte der Hof für Wildbret und die Freunde für schönes Obst: Borsdorfer, Gold- und Blutäpfel. Frau Käthe aber würzte die Speisen mit Salz, Pfeffer, Safran, mit Mohn, „Zippel“ (Cipola, Zwiebel), Petersilien, Kümmel und Karbey, schmälzte mit Butter und süßte mit Honig und Zucker. Zum Nachtisch war immer Obst da: Aepfel, Birnen, Pfirsiche und Nüsse; in der Kirschenzeit hing auch ein Kirschenast über der Tafel[468]. Daher schmeckte dem Doktor nichts besser als seine hausgemachten Speisen und Getränke und nirgends ist es ihm wohler, als daheim an seinem wohlbestellten Tisch. Lieber als die gepreßten Käse, welche Lauterbach fern aus Pirna herschickt, sind ihm „unsre Käse von einfachem Stoff und einfacher Form“. Das von Jonas geschenkte Bier findet er schlecht, während er jenem das Bier von seiner Käthe anpreist als ein erprobtes Heilmittel gegen das Steinleiden; ja er nennt es geradezu die „Königin aller Biere“. Bei Hof gedenkt er an seinen „freundlichen lieben Herrn“ Käthe, wie gut Wein und Bier daheim habe; dort müsse er einen bösen Trunk thun oder von den dicken schweren Brot essen, das ihm so schlecht bekomme[469]. Und wie sehnte sich Luther immer von den Unbequemlichkeiten der Reise und fremder Herberge nach seinem gemütlichen Heim und dem behaglichen warmen Bett! Käthe befolgte also die alte Regel, welche Luther so gerne jungen Ehefrauen einschärfte: „Halt dich also gegen deinen Mann, daß er fröhlich wird, wenn er auf dem Wiederwege des Hauses Spitzen sieht.“[470] Freilich hatte Frau Käthe auch in Beziehung auf die Verköstigung ihres Gatten mit dessen Eigensinn zu kämpfen, denn der Doktor genoß oft mehrere Tage lang gar nichts, oder er aß nur einen Bratfisch und ein Stück Brot; wenn er ganz ungestört studieren wollte, nahm er einen Bissen Brot und zog sich in sein Studierstüblein, seine alte Mönchszelle, ein und kam gar nicht zum Essen und — zum Schlafen. So schloß er sich einmal, um den 22. Psalm zu erklären, mit Brot und Salz ein und kam drei Tage nicht zum Vorschein. Da wurde Frau Käthe doch ängstlich zu Mute, sie pochte und rief an der Thür. Keine Antwort. Sie ließ nun den Schlosser kommen und die Thüre aufbrechen. Da rief er unwillig: „Was wollt ihr? Meint ihr, es sei was Schlechtes, was ich vorhabe? Weißt Du nicht, daß ich muß wirken, so lang es Tag ist; denn es kommt die Nacht, da niemand wirken kann!“ Ein andermal (1541) hatte sie ihre liebe Not mit dem eigensinnigen Patienten, der bei seiner „Anfechtung“ vierzehn Tage nicht schlafen konnte und nichts essen und nichts trinken wollte[471]. Freilich zu anderer Zeit war Luther auch aufgelegt zu einem festlichen Schmaus oder einem kleinen Gelage im Freundeskreise, denn er meinte: „Darf unser Herrgott große Hechte und Rheinwein schaffen, so darf ich sie auch essen und trinken; es ist dem lieben Gott recht, wenn du einmal aus Herzensgrund dich freuest oder lachest.“ Da wußte nun Frau Käthe ihrem Manne den Geburtstag, den Doktorstag, den Thesentag u.a. festlich zu schmücken. „Das Königreich“ wurde am 3. Mai mit einem Mahle gefeiert, „da wurden Psalmen gesungen, Evangelien gesagt, der Katechismus, Gebete, wie einem jeglichen aufgelegt war; darauf mußte das Hausgesinde antworten.“ An St. Niklas wurden die Kinder beschenkt; am Neujahr auch das Gesinde. Besonders aber Weihnachten wurde festlich begangen und die Kinder freuten sich darauf und die Eltern mit ihnen. Frau Käthe aber sorgte dafür, daß allerlei Gutes und Schönes ins Zimmer und auf den Tisch kam[472]. Ganz vorzüglich bewährte sich aber Frau Käthe als Krankenpflegerin. Da zeigte sie alle ihre Erfahrung, Geschicklichkeit und Energie. Und was es alles für Krankheiten in einer so großen Familie gab, läßt sich denken. Da waren nicht bloß die Kinder und Schüler, welche allerlei Kinderkrankheiten, zum Teil tödliche, durchmachten; da schleppte Luther noch alle kranken Freunde und Freundinnen ins Schwarze Kloster, so daß es nach seinem eigenen Ausdruck oft genug ein „Spital“ war[473]. Der langwierigste und schwierigste Patient war freilich der Doktor selber[474]. Krank war er eigentlich von Anfang an, und immer neue Krankheiten kamen zu den alten: Ruhr, Fieber, schmerzliche Hautausschläge und Geschwüre, Rheuma, Hüftenweh und Brustbeschwerden. Er hatte insbesondere einen bösen Pfahl im Fleisch: den Stein, der ihn wie „Faustschläge des Satans“ plagte; sodann verursachten ihm seine Verdauungsstörungen Beengungen, Blutandrang nach dem Haupt, Kopfweh, Ohrensausen und Schwindel, Krämpfe und Ohnmachten: Anfälle, vor denen er als „Anfechtungen des Teufels“ sich heftig fürchtete und die ihn oft mit tiefer Schwermut erfüllten[475]. Da galt es, eine geduldige und fröhliche Krankenpflegerin sein. Und Frau Käthe verstand ihren Patienten zu behandeln, besser als die großen Doktoren, die Herren Aerzte; sie wußte, wie man den Kranken behandeln mußte mit Nahrung und Arzneimitteln; sie hielt ihn vom Wein ab und sott ihm leibreinigendes Bier; sie rieb ihm das Bein mit heilkräftiger Salbe und Aquavitä ein und erwärmte ihm den Leib mit heißen Tüchern: sie erquickte ihn mit Kraftküchlein und allerlei Säften; sie kannte eine wirksame Wurzel gegen den Stein und zahlreiche Hausmittel: sie schabte ihm Bernstein von einem alten Rosenkranz und löste ihm die weißen Bernsteinstückchen auf, welche der Herzog von Preußen als Mittel gegen den Stein schickte[476]. Nach dem Zeugnis ihres Sohnes, des nachherigen berühmten Arztes Paul Luther, war sie eine halbe Doktorin. Dieser sagte in seiner Antrittsrede zu seiner Professur in Jena: „Meine Mutter hat nicht allein in Frauenkrankheiten durch Rat und Heilung vielen geholfen, sondern auch Männer oft von Seitenschmerzen befreit.“[477] Ihr vertraute sich daher Luther auch lieber an, als „unsers Herrgotts Flickern“, den Aerzten und den Apothekern. Als Luther zu Schmalkalden tödlich erkrankte und die Aerzte ihm Arzneien gaben, „als ob er ein großer Ochs wäre“, und der schwäbische Carnifex (Schinder, Folterknecht) meinte: „Ei, lieber Herr Doktor, Ihr habt einen guten, starken Leib, Ihr habt wohl noch zuzusetzen; Ihr müßt, bei Gott! leiden, wenn man Euch angreift“ — da dachte er an seine Hausfrau und ihre wohlthuenden Hausmittel und begehrte, trotz aller Schrecken solcher Fahrt, nichts wie heim[477]. Luther hatte den Grundsatz: „Ich esse, was mir schmeckt und leide darnach, was ich muß. Ich frage auch nach den Aerzten nichts; will mir mein Leben, so mir von ihnen auf ein Jahr gestellt ist, nicht sauer machen, sondern in Gottes Namen essen und trinken, was mir schmeckt.“ So berichtet der Arzt Ratzeberger, Leibarzt der Kurfürstin Elisabeth von Brandenburg, der mit ihr nach Wittenberg floh, dann des Grafen von Mansfeld und zuletzt des Kurfürsten von Sachsen Leibarzt — auch zu Zeiten Luthers eigener Arzt[478]: „Da D. Luther zum erstenmal am Calculo (Stein) krank war, so war ihm der Appetit entgangen und scheute sich auch sonsten vor gemeiner Arzenei aus der Apotheke. Zudem hatte er große körperliche Schmerzen und gar keine Ruhe. Als er nun weder essen noch trinken konnte und alles, was ihm seine Hausfrau aufs beste und fleißigste zugerichtet, von sich schob, bittet sie ihn aufs fleißigste, er wolle doch selbst eine Speise erwählen, dazu er möchte Lust haben. „Wohlan“, spricht er, „so richte mir zu einen Brathering und ein Essen kalter Erbsen mit Senf, weil du ja willst, daß ich essen soll, und thue solches nur balde, ehe die Lust mir vergeht; verzeuchst du lang, so mag ich hernacher nicht.“ Die Frau thuet, wiewohl mit großen Sorgen, was ihr Herr befohlen, und richtet das Essen zu, so geschwinde sie vermochte, und setzte es ihm vor. Als er nun mit großer Lust davon isset, besuchen ihn die Aerzte — seine Medici waren Augustin Schurf und Lic. Melchior Fend — ihrer Gewohnheit nach und wollen sehen, wie sich die Krankheit anlasse. Da sie ihn nun essen sahen, entsetzten sie sich vor dieser Kost, welche sie ihm schädlich und ungesund achteten. „Ach, was thut Ihr doch, Herr Doktor“, sagte Lic. Fend, „daß Ihr Euch wollet selber noch kränker machen!“ D. Luther schwieg ganz stille und aß immer fort und hatte ein Mitleiden ob der Medikorum Traurigkeit, die so hart für ihn sorgten. Bald nachdem sie Urlaub von ihm genommen und nunmehr gedachten, er würde gar eine tödliche Krankheit erwecken, kommt ein großer Stein von ihm, dessen sie vorher nicht an ihm gewohnt waren und war Lutherus wieder gesund. Des andern Morgens besuchten sie ihn und vermeinten ihn krank im Bette zu finden; da sahen sie ihn aber in seinem Schreibstüblein über den Büchern sitzen, dessen sie sich hoch verwundern.“ Aber Frau Käthe wußte ihren Mann nicht nur durch Speise und Arznei zu erquicken, sondern auch aufzurichten und zu trösten. Wenn er verstimmt war oder gar seine „Anfechtungen“ hatte, so lud die kluge, verständige Frau heimlich den Dr. Jonas zu Tische, daß dieser ihn mit frohen Gesprächen aufheiterte; sie wußte nämlich, daß ihn niemand durch Gespräch besser aufzumuntern verstand; oder sie ließ Bugenhagen gar im Kloster wohnen und nahm seine Frau, die ihrer Niederkunft entgegensah, dazu[479]. Nicht nur, um ihre Bauerei und Landwirtschaft zu besorgen, hielt Frau Käthe ein Fuhrwerk, sie ließ auch oft ihre Pferde anspannen und ihren Gatten mit seinen Freunden spazieren führen, in ein „Holz“ und auf die Felder, um sich zu erlustieren, wo er dann fröhlich wurde und sogar Lieder sang; oder er fuhr über Land in die Dörfer, wobei er die Armen beschenkte[480]. Diesen Beruf der Frau Doktorin, dem großen Reformator Leben und Gesundheit und Geistesfrische zu erhalten, zum Segen der Kirche, erkannte besonders der feine Capito an und spricht es aus in den Worten an Luther: „Ich liebe sie von Herzen als diejenige, welche dazu geboren ist, Deine Gesundheit aufrecht zu halten, damit Du desto länger der unter Dir geborenen Kirche, d.h. allen Christgläubigen zum Heile dienen kannst.“[481] Doch nicht bloß als treffliche Köchin und ausgezeichnete Krankenpflegerin stand Frau Käthe ihrem Gatten bei, wie er es von dem Eheweib verlangt, „daß sie ihres Mannes Unfall, Krankheit und Unglück tragen zu helfen, schuldig sei“; sie war ihm auch „ein freundlicher, holdseliger und kurzweiliger Gesell des Lebens“; in diesem Sinn nennt er sie „Hausehre“, daß sie des Hauses Ehre, Schmuck und Zierde wäre[482]. Ueber den Verkehr mit der Ehegattin spricht sich Luther bei der Auslegung von 1. Moses 26, 8 aus, wo Isaak und Rebecca scherzen. „Das ist ein ehrlicher Scherz, so einem frommen Weibe wohl ansteht. Wenn der Hausherr mit seiner Schwester oder Gesinde dermaßen scherzen wollte, das würde ihm nicht wohl anstehen. Denn da gehört sich, daß man sie heiße, was sie thun und lassen sollen, und da soll Ernst dabei sein, auch wenn man sie tröstet. Aber mit der, die mir Gott zugefüget hat, will ich scherzen, spielen und freundlich reden, auf daß ich mit Vernunft und Bescheidenheit bei ihr leben möge.“[483] So wußte auch Katharina selbst ihren Gatten zu unterhalten, selber einen Scherz zu machen und noch mehr Scherz und Neckerei ihres Eheherrn auszuhalten. Und auch den Freunden und Gästen weiß sie so zu begegnen. Den Bremer Pfarrer Probst läßt sie fragen, ob die Nordsee ausgetrocknet sei, daß es keine Fische gebe. Als D. Speratus eine Menge Fische schickt durch den hochgewachsenen Cario, sagte sie zu Luther: „Ein großer Bischof hat mir ein großes Faß geschickt.“ „Und zwar durch einen großen Mann, unsern Charon“, setzte Luther hinzu. „Ja, heut ist alles groß!“ meinte sie darauf[484]. In Luthers eigener sinniger Art, aber mit wirkungsvollem Handeln wußte sie ihrem Gemahl entgegenzutreten. Da war er einmal in einer Anwandlung von Schwermut, an Gott und der Welt verzweifelnd, fortgegangen. Als er heimkehrte, trat ihm Frau Käthe entgegen im schwarzen Trauergewand und den Schleier tief im Gesicht. Erschrocken rief er: „Um Gotteswillen, Käthe, was ist geschehen?“ „O, Herr Doktor, ein großes Unglück“, erwiderte sie; „denket nur, unser lieber Hergott ist gestorben, des bin ich so traurig.“ Da fiel Luther seinem Weibe um den Hals und rief: „Ja, liebe Käthe, that ich doch, als wär' kein Gott im Himmel mehr!“ Und so gewann er neuen Mut, daß er die Traurigkeit überwand[485]. Nicht nur Luthers Verstimmungen und Anfechtungen wußte Frau Käthe aufzuheitern, sondern auch den gewaltigen Willen des bei aller Gutmütigkeit eigensinnigen und starrköpfigen Mannes zu brechen, namentlich wenn es galt, ihn zu seinem eigenen Besten zur Ruhe und Erholung zu bewegen. „Mein Kopf ist eigensinnig, wie ihr sagt“, schreibt er einmal an Melanchthon, „aber mir ist er eigensinnigissimmum, weil mich der Satan so wider Willen zu feiern und Zeit zu verderben zwingt.“ Die kluge Frau aber verstand es, nach seinem eigenen Geständnis, ihn zu überreden, so oft sie wollte[486]. Dagegen verwahrt sich Luther gegen den Verdacht, daß er sich in theologischen oder kirchlichen Dingen durch seine Frau bestimmen lasse. Dennoch wurde das geglaubt und ihr namentlich ein schlimmer Einfluß zugetraut gegen gewisse Personen; so schreibt z.B. Kreuziger an Veit Dietrich, der Frau Käthe an sich nicht hold war: „Du weißt, daß er (Luther) zu vielem, was ihn entflammt, eine Fackel im Hause hat.“ Namentlich bei seinem Streit mit den Juristen glaubten die Wittenberger die persönliche Abneigung seiner Frau gegen gewisse Persönlichkeiten dahinter zu wittern[487]. In einer so kleinen Stadt und bei den oft so kleinlichen Reibereien der Gelehrten und ihrer Frauen, ist ein solcher Klatsch auch begreiflich, so grundlos er auch sein möchte. Wir haben darüber eine sehr lebhafte und anschauliche Schilderung eines Augenzeugen. Am Sonntag Estomihi (24. Februar) 1544 war bei Luther ein „Königreich“ mit dem üblichen Schmause. Außer Bugenhagen, Melanchthon, Röhrer, Major u.a. war auch der Schulmeister Crodel aus Torgau zu seiner großen Freude und Genugthuung eingeladen. Dieser, von einigen Wittenbergern dazu veranlaßt, brachte das Gespräch auf das „verleumderische Gerücht“, daß der Doktor „aus Eingebung und Antrieb seiner Gattin predige“. Mit großer Ernsthaftigkeit und Wärme wies Luther diesen Verdacht ab und sagte u.a.: „Solcherlei Worte, wie ich sie in dieser Sache (dem Streit mit den Juristen) vorbringe, fallen — ohne daß ich dem heiligen Geist eine Regel vorgeschrieben haben will — keinem Weiberkopf ein. Ich laß mich von meinem Weibe etwa leiten in Sachen des Haushaltes und Tisches, aber in Dingen des Gewissens und der Schrift erkenne ich keinen andern Lehrer und Doktor an, als den heiligen Geist.“ Ein wenig darauf, nach einer heftigen Rede, kam sein Weib her und fragte, was denn mit so großer Heftigkeit verhandelt werde. Er schloß mit den Worten zu Crodel: „Sage den Rechtsgelehrten, daß ich in dieser Sache nicht von meiner Frau geleitet werde; ich hebe es auf die Sache selbst und den Kern eines Gegenstandes ab ohne Rücksicht auf eine Person.“ Crodel war dieses Gespräch so wichtig, daß er's wörtlich seinem Freunde Ratzeberger schriftlich mitteilte, und es war auch bezeichnend genug: man mußte Luther wenig kennen, wenn man solchem Klatsch Glauben schenken wollte[488]. Es kommt auch jetzt noch vor, daß Luther seiner Käthe Briefe vorlas, auch in ihrer Gegenwart solche schrieb und daß sie ihm Aufträge dabei gab; auch ermunterte sie ihn, an die Freunde zu schreiben, wenn er säumig darinnen war. Freilich zu Stunden stiller Erholung, wie in den ersten Jahren ihrer Ehe, werden die Gatten in der späteren Zeit des großen Arbeitsdranges seltener mehr gekommen sein. Aber bei aller häuslichen Sorge und Thätigkeit in Garten und Feld ging Frau Käthe doch nicht völlig in ihrer wirtschaftlichen Thätigkeit auf. Sie war ihrem Manne in seinem Amt und Beruf, so viel das möglich und nötig war, doch die Gehilfin seines Lebens. Nicht nur in dem Sinne, daß sie ihm die Sorgen abnahm für Familie und Vermögen, sondern sie nimmt teil an seinem Wirken, an den zeitbewegenden Fragen[489]. „Lehrest Du also den Katechismum und den Glauben?“ schreibt der Doktor von Eisleben an seine „sorgfältige“ Hausfrau. Damit ist doch wohl ausgesprochen, daß Frau Käthe — mindestens in Abwesenheit des Doktors — mit Kindern und Gesinde den Katechismus trieb, wie Luther mit diesem Lehrbüchlein allen christlichen Eltern zumutete[490]. Luther giebt aber auch seiner Hausfrau Aufträge wegen des Druckes seiner Schriften; ja sie hat mit darein zu reden und bestimmt ihn, was er drucken lassen solle oder nicht. Von Marburg aus schreibt er über das Religionsgespräch mit Zwingli, über das Abendmahl sogar mit lateinischen Schlagwörtern[491]. Für diese Anteilnahme an ihres Gatten Arbeiten, Sorgen, wie an den großen Zeitfragen und Weltbegebenheiten, geben die Briefe vor allem Zeugnis, die er während seiner Abwesenheit bei Gelegenheit von Reichstagen an sie schrieb. So die von Koburg (S. 109-113). Insbesondere der letzte vom 24. September, „zuhanden Frauen Kathrin D. Lutherin zu Wittenberg.“ Gnade und Friede in Christo! Meine liebe Käthe! Gestern hab ich Dir geschrieben und einen Brief in gnädigsten Herrn mitgeschickt, daraus Du vernehmen kannst, wie die Unsern von Augsburg wollen auf sein. Darnach hoff ich, wo Gott Gnade giebt, wollen wir in vierzehn Tagen bei Euch daheim sein. Wiewohl ich achte, unsere Sache werde nicht gar unverdammt bleiben. Da liegt auch nicht Macht an. Doch hat der Rietesel anhero geschrieben, er hoffe, man werde in Augsburg mit Frieden abscheiden in allen Gassen. Das gebe Gott und wäre eine große Gnade. So bedürfen wir's alle wohl, weil der Türke so an uns will. Weiteres wirst Du wohl von Hornungen hören. Hiemit seid Gott alle befohlen. Sonnabends nach Matthäi, 1530. Martinus LutheR.“[492] Zehn Jahre nachher, als der Reichstag und Konvent in Hagenau stattfand, schreibt Luther am 10. Juli 1540 von Eisenach seiner „lieben Hausfrauen, Frauen Kathrin Luderin zu Wittenberg“ u.a.: „... Bittet mit Fleiß, wie ihr schuldig seid, für unsern Herrn Christum, d.i. für uns alle, die an ihn glauben, wider den Schwarm der Teufel, so jetzt zu Hagenau toben wider den Herrn und seinen Gesalbten (Ps. 2).“ (S.o.S. 130 f.)[493]. So redete Luther auch in den letzten Jahren mit seiner Hausfrau über die politische Lage, namentlich die hinterlistige Politik des Herzogs Moriz. „Liebe Käthe“, erklärte er da, „deine Landsleute haben mit meines gnädigsten Herrn Räten eine Hundskette gemacht und werden nicht eher nachlassen, sie haben ihn denn verraten.“[494] Es ist naturgemäß und begreiflich, daß wir von Frau Katharinas Wesen, Wirken und Bedeutung so wenig direkte Zeugnisse besitzen. Denn sie selbst hat nicht gerade viel geschrieben und ihre Briefe sind fast alle verloren gegangen, während sie selbst ihres Doktors Briefe sorgfältig aufbewahrt hat; ferner interessierten sich die Hausgenossen und Zeitgenossen selbstverständlich fast nur für den großen Mann, der die Welt bewegt hatte. Seine Gestalt überstrahlte die Hausfrau völlig. Nur im Reflex von Luthers Briefen und Tischgesprächen, selten in Bemerkungen seiner Bewunderer, finden wir Züge, die ihr Charakterbild darstellen. Daß aber demnach Frau Katharina neben dem Reformator eine selbständige Stellung und Geltung behauptete, beweist der Umstand, daß die Freunde und Luther selbst sie nicht nur respektvoll die „Domina“ und Doktorin, mit lateinischen und griechischen Worten nannten, sondern auch von der verheirateten Frau noch den Namen „Katharina von Bora“ gebrauchten. Was hielt nun Luther von seiner Frau? Da giebt es drei wichtige Zeugnisse, die Luther seiner Gattin ausstellt, am Anfang, in der Mitte und am Ende seiner Ehe, nicht etwa bloß gelegentliche Aeußerungen guter oder schlechter Laune, sondern überlegte und feierliche Anerkennung ihrer Vortrefflichkeit als Hausfrau und Ehefrau. Im zweiten Jahre seines Ehestands (1526) schreibt er an Stiefel: „Sie ist mir willfährig und in allen Dingen gehorsam und gefällig, viel mehr, als ich zu hoffen gewagt hatte (Gott sei Dank!), so daß ich meine Armut nicht mit den Schätzen des Krösus tauschen möchte.“[495] Elf Jahre darauf, bei seinem tödlichen Krankheitsanfall auf der Reise von Schmalkalden, diktierte Luther in Gotha sein Testament, worin es heißt: „Tröstet meine Käthe, daß sie dies trage dafür, daß sie zwölf Jahre mit mir froh gelebt hat. Sie selbst hat mir gedient nicht allein wie eine Gattin, sondern auch wie eine Magd. Gott vergelt es ihr! Ihr aber sollt für sie sorgen und ihre Kinder, wie sich's geziemt“ Und dann sagte er: „Ich habe meine Käthe lieb, ja ich hab sie lieber denn mich selber, das ist gewißlich wahr; ich wollt lieber sterben, denn daß sie und die Kinderlein sterben sollten.“[496] Endlich schreibt Luther in seinem letzten und endgiltigen Testament i.J. 1542. „Ich M.D.L. bekenne mit dieser meiner eigenen Handschrift, daß ich meiner lieben und treuen Hausfrauen gegeben habe zum Leibgeding Gut, Haus und Kleinode. Das thue ich darum, daß sie mich als ein fromm (brav), treu ehelich Gemahl allezeit lieb, wert und schön gehalten hat.“[497] Und was so Luther in feierlichen Stunden bezeugte, das hat er wiederholt sonst vor seinen Tischgenossen und Freunden bekannt. Sein langjähriger Hausgenosse Hieronymus Weller schreibt in seinen Erinnerungen: „Ich erinnere mich, wie der hochw. Mann oft sagte: er preise sich von Herzen glücklich, daß ihm Gott eine so folgsame, bescheidene und kluge Gemahlin geschenkt, welche so ausgezeichnet für seine Gesundheit sorge und eintreten könne und sich so geschickt seinem Wesen anzupassen und seine Fehler und Unannehmlichkeiten mit so stillem Gemüte zu tragen wisse. Denn er könne bei seinen vielen Arbeiten, Beschäftigungen und Anfechtungen nicht immer seinem Wohlbefinden Rechnung tragen.“[498] Das Verhältnis zwischen Käthe und Luther war das der achtungsvollen Verehrung; das entsprach einmal der Anschauung des Mittelalters von der Herrschaftsstellung des Mannes zum Weibe; anderseits rührte es davon her, daß die fünfzehn Jahre jüngere Frau zu dem älteren, durch Gelehrsamkeit und hohes Ansehen ehrwürdigen Mann mit einer gewissen Pietät hinaufschaute. Daher redet er sie zwar immer mit „Du“ an, _sie_ aber spricht zu _ihm_ immer mit „Ihr“ und nennt ihn „Herr Doktor“. Das fand auch Luther selbstverständlich. Als einmal von einem Manne die Rede war, welcher an eine reiche Frau seine Freiheit verkauft hatte, sagte er: „Ich hab's auch gern, wenn mir meine Käthe übers Maul fährt — nur daß ich sie nicht viel dran lasse gewinnen als ein Maulschellium.“[499] Und ein andermal: „Sie hat allein die ganze Herrschaft in ihrer Hand. Ich gestehe ihr auch gerne das ganze Hausregiment zu; aber mein Recht wollte ich mir unversehrt erhalten und Weiberregiment hat nie nichts Gutes ausgerichtet.“ Luther war seinem ganzen Wesen, aber auch seiner Anschauung und seinen biblischen Grundsätzen nach nicht der Mann, seine eheherrlichen Rechte sich verkürzen zu lassen: einen Freund, der ihm die Tyrannei seines Weibes klagt, verweist er tadelnd darauf, daß man das Ansehen des Mannes nicht dürfe mit Füßen treten lassen. So führte er auch auf Hans Luffts Tochter Hochzeit die Braut zum Lager und sprach zum Bräutigam (dem Arzt M. Andreas Aurifaber): „Er soll's bei dem gemeinen Lauf bleiben lassen und Herr im Hause sein (wenn die Frau nicht daheim ist, setzte er scherzend hinzu). Und zum Zeichen zog er ihm einen Schuh aus und legte ihn aufs Himmelbett, daß er die Herrschaft und das Regiment behielte[500]. Aber freilich Käthes resolutes Wesen, die Herrschaft, die sie im Haus führte und die der Hausherr ihr auch völlig einräumte, führte ihn dazu, daß er sie auch scherzend seinen „Herrn“ nannte. So schreibt er ihr vom Hoflager in Torgau: „Gestern hab ich gedacht, wie ich daheim eine schöne Frauen habe, oder sollt ich sagen Herren?“[501] Und gerade mit dieser resoluten Art ihres Wesens neckt er sie genugsam. Und wie gerade recht willensstarke wenn auch gutmütige Eheherren, gefällt er sich seinen Freunden gegenüber in der humoristischen Rolle des gehorsamen, unterdrückten Ehemanns. So sagte er einmal zu einem Gast: „Nehmt fürlieb mit einem frommen (braven) Wirt, denn er ist der Frauen gehorsam.“ Ihr selbst gegenüber spricht Luther in immer neuen Wendungen von dieser angeblichen Eheherrschaft und charakterisiert jenes gebieterische Wesen der Frau Käthe. „Meine Herrin“ nennt er sie schon in der ersten Woche ihrer Ehe. „Mein Käthe“ (Meus Ketha) ist später ihre regelmäßige Bezeichnung in seinen vertrauten Briefen und in ebenso drolliger Verbindung „Meine Herr Käthe“, oder sprachlich richtiger „Mein Herr Kätha“, „Dr. Kethus“, auch einmal „mein Herr und mein Moses“ und „meine Gebieterin“ oder „Kaiserin“[502]. Aber sonst nennt er sie in zärtlichem Wortspiel gar häufig „meine Kette“, auch meine „Weinrebe“, oder in Briefen an entfernter Stehende respektvoll „meine Hausfrau“, „meine Hausehre“[503]. Auch seiner Frau selber gegenüber schlägt Luther gewöhnlich jenen neckischen Ton an, woraus einerseits zärtliche Neigung, andererseits doch auch achtungsvolle Anerkennung blickt. Schon in seinem ersten erhaltenen Brief und dann fast regelmäßig redet er sie an „Lieber Herr Käth“. Dann adressiert er — nach Sitte der damaligen Zeit — „Meinem lieben Herrn, Frau Kathrin Lutherin zu Wittenberg zu handen“, oder „Meinem freundlichen lieben Herrn, Frau Katherin von Bora, D. Lutherin, zu Wittenberg“ oder noch umständlicher humoristisch pathetisch: „Meinem freundlichen lieben Herren Katherina Lutherin, Doctorin, Predigerin zu Wittenbergh“. Oder: „Meiner gnädigen Jungfer Katherin Lutherin von Bora und Zulsdorf gen Wittenberg, meinem Liebchen“. „Meiner herzlieben Hausfrauen Katherin Lutherin Doctorin Zulsdorferin, Saumärkterin und was sie mehr sein kann.“ „Meiner freundlichen lieben Hausfrau Katherinen Luther von Bora, Predigerin, Brauerin, Gärtnerin und was sie mehr sein kann.“ Dann aber heißt es auch innig und herzlich auf der Adresse „Meiner lieben“ oder „herzlieben Hausfrauen“ oder „Meiner freundlichen lieben Käthe Lutherin“ und in der Anrede: „Liebe Jungfer Käthe“ und zum Schluß „Dein altes Liebchen“ oder auch „Dein lieber Herr“. Sogar in seinem täglichen Hausgebet bittet er für „mein liebes Weib“[504]. So dient dem Doktor seine Hausfrau manchmal auch zur Exemplifikation seiner theologischen oder erfahrungsgemäßen Ansicht über die Weiber, oft in scherzhafter oder wohl auch einmal ernsthafter Uebertreibung. Da spricht er ihnen Weisheit und Herrschaftstalent ab und macht sich lustig über ihre Redseligkeit, indem er verschiedentlich bemerkte, die Weiber im allgemeinen und seine Käthe im besonderen vergäßen das Vaterunser, wenn sie anfingen, zu predigen[505]. So „lachte der Doktor einmal seiner Käthe, als sie klug sein wollte; er meinte, Gott habe dem Manne eine breite Brust als Sitz der Weisheit gegeben, dem Weibe aber breite Hüften und starke Schenkel, daß sie sollen daheim bleiben, im Hause still sitzen, haushalten, Kinder tragen und ziehen. Weiberregiment im Haus und Staat taugt nichts. Der Mann hat im Hause das Regiment. Das Gesetz nimmt den Weibern Weisheit und Regiment.“ Er meinte überhaupt: „Es ist kein Rock noch Kleid, das einer Frauen oder Jungfrauen übeler ansteht, als wenn sie klug will sein.“ Luther erklärte sogar einmal in einer Tischrede: „Den Weibern mangelt's an Stärke, Kräften des Leibes und am Verstand. Den Mangel an Leibeskräften soll man dulden, denn die Männer sollen sie ernähren. Den Mangel an Verstand sollen wir ihnen wünschen, doch ihre Sitten und Weise mit Vernunft tragen, regieren und etwas zu Gute halten.“[506] Daneben aber erkennt er die Vorzüge und die Bestimmung des weiblichen Geschlechts rühmend an: „Ein Weib ist ein freundlicher, holdseliger und kurzweiliger Gesell des Lebens. Weiber tragen Kinder und ziehen sie auf, regieren das Haus und teilen ordentlich aus, was ein Mann hineinschaffet und erwirbt, daß es zu Rate gehalten und nicht unnütze verthan werde, sondern daß einem jeglichen gegeben werde, was ihm gebührt. Daher sie vom heiligen Geiste Hausehren genannt werden, daß sie des Hauses Schmuck, Ehre und Zierde sein sollen. Sie sind geneigt zur Barmherzigkeit, denn sie sind von Gott auch fürnehmlich dazu geschaffen, daß sie sollen Kinder haben, der Männer Lust und Freude und barmherzig seien.“ „Es ist ein arm Ding ein Weib. Die größte Ehre, die es hat, ist, daß wir allzumal durch die Weiber geboren werden und auf die Welt kommen. Ein Weib wird in der heiligen Schrift genannt „ein Lust und Freude deiner Augen“ (Sirach 26, 2). Ein fromm Weib soll darum geehret und geliebet werden, erstlich, daß sie Gottes Gabe und Geschenk ist; zum andern, daß Gott einem Weibe herrliche große Tugenden verliehen, welche andere Mängel und Gebrechen weit übertreffen, sonderlich wo sie Zucht, Treue und Glauben halten.“ „Wenn die Weiber die Lehre des Evangeliums annehmen, so sind sie viel stärker und inbrünstiger im Glauben, halten viel stärker und steifer darüber, als die Männer, wie man siehet an der lieben Anastasia und andern Märtyrern; auch Magdalena war herzenhaftiger denn Petrus.“[507] Einmal klagt er wohl auch: „Wenn ich noch eine freien sollte, so wollte ich mir ein gehorsam Weib aus einem Steine hauen; so sehr hab ich verzweifelt an aller Weiber Gehorsam.“ Aber so gar ernst war's ihm doch nicht damit. Er wußte wohl: „Es ist keine größere Plage noch Kreuz auf Erden, denn ein bös, wunderlich, zänkisch Weib.“ Bei ihm war's nicht so, sonst liefe er davon, sagt er. Dagegen weiß er seines Weibes Willfährigkeit und Dienstfertigkeit an vielen Orten und in mancherlei Weise zu rühmen. So zitierte er auch gerne das Wort seiner Wirtin zu Eisenach: „Es ist kein lieber Ding auf Erden als Frauenlieb, wem sie kann werden.“ Und aus seiner eignen Erfahrung erklärt er: „Ein fromm Eheweib ist eine Gesellin des Lebens, des Mannes Trost.“ [508] Kleine eheliche Fehden nahm Luther als selbstverständliche Dinge leichten Herzens in den Kauf. Als er einmal einen kleinen Zwist mit seiner Frau gehabt hatte, sagte er erklärend zu Veit Dietrich: „Er stehe auch von ihr einen Zorn aus, er könne ja noch mehr ertragen.“ Er meint von Eheleuten: „Ob sie gleich zuweilen schnurren und murren, das muß nicht schaden; es gehet in der Ehe nicht allzeit schnurgleich zu, ist ein zufällig Ding, des muß man sich ergeben. Adam und Eva werden sich auch gar weidlich die neunhundert Jahre zerscholten haben und Eva zum Adam gesagt: „Du hast den Apfel gessen.“ Herwiederum wird Adam geantwortet haben: „Warum hast Du mir ihn gegeben?“ Das Wesen der Ehe wird durch solche Plänkeleien nicht geschädigt. „Denn wiewohl die Weibsen gemeiniglich alle die Kunst kennen, daß sie mit Weinen, Lügen, Einreden einen Mann gefangen nehmen, können's fein verdrehen und die besten Worte geben; wenn nur diese drei Stücke im Ehestand bleiben, nämlich Treu und Glauben, Kinder und Leibesfrüchte und Sakrament, daß man's nämlich für ein heilig Ding und göttlichen Stand hält, so ist's gar ein seliger Stand, und das ein seliger Mann, der eine gute Ehefrau hat.“[509] Einmal klagt er wohl: „Ich muß Geduld haben mit dem Papste, ich muß Patienz haben mit den Schwärmern, ich muß Geduld haben mit den Scharhaufen, ich muß Patienz haben mit dem Gesinde, ich muß Patienz haben mit Käthen von Bora, und der Patienz ist so viel, daß mein Leben nichts sein will als Patienz. Der Prophet Jesaias (30, 15) spricht: „In Schweigen und Hoffen steht eure Stärke.“ — Wie wenig aber Käthe dies übel nahm, beweist, daß sie auf die steinerne Hausthüre, welche sie in Pirna für Luther bestellte, grade diesen Prophetenspruch eingraben ließ. Luther bekennt aber auch: „Wer ein fromm (brav) Weib bekommt, der bekommt eine gute Mitgift. Und da gleich ein Weib etwas bitter ist, doch soll man mit ihr Geduld haben. Denn sie gehört ins Haus und das Gesinde bedarf's bisweilen auch sehr wohl, daß man ihnen hart sei und weidlich zuspreche.“ „Der häusliche Zorn als Vater und Mutter, Herrn und Frau im Hause, thut nicht großen Schaden. Häuslicher Zorn ist, als wenn die Kinder mit den Puppen spielen.“[510] Die Hochschätzung des Familienlebens, das Lob, das Luther in allen Tonarten dem Ehestand anstimmt, ist doch auch ein Beweis für die glückliche Ehe, in der Luther mit seiner Käthe lebte. Das Kapitel über den Ehestand ist in seinen Tischreden das größte. So fing er bei der Verlobung seiner Nichte (1538) an und konnte gar nicht aufhören, den Ehestand zu loben, daß er Gottes Ordnung und der allerbeste und heiligste Stand sei. „Darum sollte man ihn mit den herrlichsten Zeremonien (Feierlichkeiten) anfangen. Gott hat ein Kreuz (nämlich: des Segens) über den Ehestand gemacht und hält's auch darüber.“[511] In der Ehe soll eitel Liebe und Lust sein, freilich „muß es ein frommer Mann und ein fromm Weib sein, welche Gemahl und Kinder von ganzem Herzen lieben. Ein fromm Eheweib ist eine Gesellin des Lebens, des Mannes Trost, wie geschrieben steht (Sprw. 31, 11): Des Mannes Herz verläßt sich auf sie. Das Weib hat das Lob der Gefälligkeit und erfreuenden Anmut.“ Das lieblichste Leben dünkte ihm: „leben mit einem frommen, willigen, gehorsamen Weibe in Frieden und Einigkeit.“[512] Luther selber hatte nun in seiner Hausfrau und seinem Hausstand gefunden, was er in dem rechten Ehestand suchte und von dem rechten Eheweib erwartet. Er bezeugt: „Mir ist, gottlob! wohl geraten, denn ich habe ein fromm (brav), getreu Weib, auf welche sich des Mannes Seele verlassen darf, wie Salomon sagt (Sprw. 31, 11): Sie verderbet mir's nicht.“[513] „Martinus redete von seiner Hausfrau und sagte: er achtete sie teurer denn das Königreich Frankreich und der Venediger Herrschaft. Denn ihm wäre ein fromm (brav) Weib von Gott geschenkt und gegeben. Zum andern, er höre, daß viel größer Gebrechen und Fehler allenthalben unter Eheleuten seien, denn an ihr erfunden wäre. Zum dritten: das wäre überflüssige Ursach genug, sie lieb und wert zu halten, daß sie Glauben und sich ehrlich hielte, wie es einem frommen, züchtigen Weib gebühret. Welches alles, da es ein Mann ansehe, so würde er leichtlich überwinden, was sich möchte zutragen, und triumphieren wider Zank und Uneinigkeit, so der Satan pflegt unter Eheleuten anzurichten.“ „Die Ehe ist nicht ein natürlich Ding, sondern Gottes Gabe, das allersüßeste, lieblichste und keuscheste Leben. Ach, wie herzlich sehnte ich mich nach den Meinen, da ich zu Schmalkalden todkrank lag! Ich meinte, ich würde Weib und Kinder hie nicht mehr sehen; wie weh that mir solche Scheidung und Trennung. Nun glaub ich wohl, daß in sterbenden Menschen solche natürliche Neigung und Liebe, so ein Ehemann zu seinem Eheweib habe, am größten sei. Weil ich aber nun gesund bin worden durch Gottes Gnade, so hab ich mein Weib und Kinderlein desto lieber. Keiner ist so geistlich, der solche angeborene Neigung und Liebe nicht fühlet. Denn es ist ein groß Ding um das Bündnis und die Gemeinschaft zwischen Mann und Weib.“[514] Luther wußte aber auch, daß er keine zweite Frau in der Welt finden könnte, die so gut für ihn paßte, als Katharina von Bora. Er warnte den Pfarrer von Sitten vor einer zweiten Heirat und fügt bei der Umschau auf seinen Bekanntenkreis hinzu: „Ich, wenn ich jung wäre und die Bosheit der Welt so kennete, ich würde, wenn mir auch eine Königin angeboten würde nach meiner Käthe, lieber sterben, als noch einmal heiraten.“ Und doch schätzte er den Ehestand so hoch, daß er ihn für die schönste Ordnung nach der Religion, für den fürnehmsten Stand auf Erden hielt[515]. Luther kannte nichts Lieberes als seine Käthe. Er beteuert, er habe sie lieber als sich selber. Ja er klagte darüber als menschliche Schwäche, daß er seine Käthe lieber habe als unsern Herrgott. Seine Lieblingsepistel, den Galaterbrief, nannte er „seine Käthe im neuen Testament“. „Der Brief an die Galater ist meine liebe Epistel, der ich mich vertrauet habe: sie ist meine Käthe von Bora.“ Und sein höchster Trumpf war: „Ich setze meine Käthe zum Pfand!“[516] Käthe war nicht eine geistreiche Frau, hoher Schwung der Gedanken, glänzende Geistesgaben gingen ihr ab: sie ist eine nüchterne und doch nicht hausbackene, tüchtige deutsche Frau. Es ist eine unzeitgemäße Sache, die Frage aufzuwerfen, ob denn Frau Käthe „gebildet“ war. Eine gelehrte Frau wie Argula von Grumbach war sie glücklicherweise nicht; von einer solchen war Luther, wie seine Aeußerungen zeigen, wenig erbaut und jedenfalls wäre dann seine Wahl nicht auf Katharina gefallen. (S. 185 f.) Eine geistvolle Frau wie die Kirchenmutter Katharina Schützin in Straßburg, welche Sendschreiben an die christlichen Frauen ergehen ließ, brauchte sie neben Luther nicht zu sein. Aber so gebildet wie irgend eine Frau ihres Standes war sie doch. Frau Käthe, wird bezeugt, las gerne und eifrig in der Bibel und gewiß nicht bloß wegen der von Luther versprochenen 50 fl. Einmal ermahnte der Doktor sein Weib, daß sie fleißig Gottes Wort lesen und hören solle, und sonderlich den Psalter fleißig lesen. Sie aber sprach, daß sie es genug thäte und täglich viel lese, und könne auch viel davon reden; wollte Gott, sie thäte auch darnach. Der Doktor meinte zwar, solch' Rühmen müsse der Vortrab des künftigen Ueberdrusses sein. Aber freilich, die vielbeschäftigte Frau konnte doch auch nicht ständig mit geistlichen Dingen sich beschäftigen, wie ihr theologischer Gemahl. Und ein andermal fiel ihr selbst auf, daß sie im Evangelium nicht mehr so hitzig und emsig bete wie im Papsttum. Geistlich gesinnet sein konnte sie aber deswegen doch. Von seinen Predigten über Joh. 14-16 sagte Luther zu seiner Gattin: „Das ist das beste unter allen Büchern, die ich je geschrieben habe; darum liebe Käthe, laß Dir's befohlen sein und halt es für mein Testament.“[517] Und von Eisleben aus schrieb er: „Lies Du, liebe Käthe, den Johannem und den kleinen Katechismum, davon Du zu dem Male sagtest: „Es ist doch alles in dem Buch von mir gesagt.“ Sie las also nicht nur in Schrift und Glaubensbüchlein, sondern wandte es auch auf sich an[518]. Es ist doch ein Zeugnis für so eifriges Forschen in der Schrift, wenn ihr von ihren Kindern auf ihrem Grabstein ein offenes Buch in die Hände gegeben wird. Käthe konnte auch schreiben, und ihre Briefe, soweit sie diktiert und nicht etwa von andern stilisiert sind, beweisen eine klare, bestimmte und verständige Denk- und Ausdrucksweise. Und wenn Luther seine Frau auch einmal damit aufzieht, daß sie „Kattegissimum“ schrieb statt Katechismum, so kann dies damals viel weniger wie heute als orthographische Unbildung gelten zu einer Zeit, wo nicht nur Laien, sondern auch Gelehrte höchstens das Lateinische einigermaßen orthographisch schrieben, das Deutsche aber in der krausesten Form, wie es ihnen in die Feder kam mit allen Fehlern der undeutlichen, verdorbenen mundartlichen Aussprache[519]. Ebenso wenig sachgemäß ist die Frage, ob Frau Katharina ihrem Gemahle ebenbürtig war. An eine Vergleichung mit seinem geistigen Wesen, mit Luthers Genialität und Charakter, Wirksamkeit und weltgeschichtlicher Bedeutung ist ja naturgemäß nicht zu denken. Aber daß sie als Gattin, als Hausfrau und Mutter seiner Kinder ihm das war, was er an ihr brauchte und wollte, daß sie Luthers rechte und somit ebenbürtige Gattin war, das hat er immer wieder ausgesprochen und anerkannt. Aber auch daran muß erinnert werden, daß Frau Katharina doch ein lebhaftes Interesse für das Werk ihres Gatten, für die Kirche und die Reformation bezeugte. Frau Käthe hörte und las viele von den Briefen, die ab- und eingingen. Sie drängte ihren Gatten zum Schreiben. Sie sprach ein Wort darein, wenn er eine Schrift ausgehen ließ. Sie durfte als eine Doktorin auch ihren Rat bei Besetzung von Pfarrstellen geben und bemühte sich für junge Magister um Anstellung. Sie verstand die Bedeutung ihres Gatten für die Christenheit, sie wußte seine Persönlichkeit und sein Werk zu würdigen. Sie betete und sorgte für das Heil der Christenheit und den Erfolg des Evangeliums noch auf ihrem Totenbette. Und Luther mutete ihr solches Interesse auch zu. Und wenn wir die Rolle in Betracht ziehen, welche Katharina gegenüber den anderen Professoren- und Reformatorenfrauen in dem mündlichen und schriftlichen Gedankenaustausch der Zeitgenossen spielte, so z.B. Melanchthons Frau, wenn wir sehen, wie sie allerseits geehrt, gegrüßt und beachtet, in ihrer Krankheit um sie gebangt war, nicht bloß um ihres Gatten willen, dann ist außer Zweifel: seine Käthe ist des großen Doktors wert und würdig gewesen, und es ist doch bemerkenswert, daß die Freunde die Gattin Luthers mit dem Weibe der Offenbarung, dem Sinnbild der christlichen Kirche verglichen[520]. Aus den späteren Jahren giebt es von Frau Katharina ein Kranachsches Bild[521]. Das Gesicht ist etwas gebräunt, die Augen blicken trübe, fast schmerzlich und müde, wie Luther in dieser Zeit sie schildert, als „geneigt zu Mißtrauen und Sorgen“[522]; wieder zeigt die starke Unterlippe das kräftige Selbstbewußtsein, die zusammengelegten Hände deuten ruhige Gelassenheit an. Aber es ist das Bild einer geistig nicht unbedeutenden Frau. Der ernste, ja strenge Ausdruck des Gesichts verkündet ein schweres Geschick, das ihr bevorsteht, oder das sie schon erlebt hat. 15. Kapitel. Luthers Tod. Die letzten Jahre der Ehe waren gar schwer und trübe. Das lag einerseits in den Verhältnissen, die sich fast nach allen Seiten recht widerwärtig gestalteten; andererseits aber in Luthers Zustand, der immer krankhafter, immer hinfälliger und damit trübseliger und verstimmter wurde. Was Käthe bei dem zur Schwermut geneigten Temperament und der zornmütigen Gereiztheit ihres Gatten unter all' diesen Verhältnissen zu leiden hatte, ist leicht zu denken[523]. Die Weltlage, welche der Reformator begreiflicherweise mit aufmerksamem Auge verfolgte, war eine seltsame und für Luthers Empfinden geradezu erschreckliche. Das stete Vordringen der Türken, das seinem christlich-deutschen Herzen schwer weh that, die Verbindung christlicher Mächte, wie Frankreichs und, wenigstens indirekt, Venedigs und des Papstes mit dem Erbfeind der Christenheit erschien wie drohende Vorzeichen des Jüngsten Tages. Dazu das Verhalten des Kaisers und seines Bruders, des Königs Ferdinand, das deutlich darauf ausging, die Protestanten hinzuhalten, sie, wie einstens die Husiten, mit einem Brocken Zugeständnis abzuspeisen, wenn man aber einmal freie Hand hätte, mit Gewalt, wie Luther fürchtete — verbunden mit Papst und Teufel, Türke und Hölle, über sie herzufallen. Das alles erfüllte ihn mit bangen Sorgen. Er weissagte an seinem letzten Geburtstag richtig: „Bei meinem Leben wird es, ob Gott will, keine Not haben und guter Friede in Germania bleiben; aber wenn ich nun tot bin, da wird alsdann das Beten hoch vonnöten sein. Unsere Kinder werden noch müssen den Spieß in die Hand nehmen; denn es wird übel zugehen in Deutschland. Das Konzil zu Trient ist sehr zornig und meinet es sehr böse mit uns. Darum betet zu Gott mit Fleiß.“[524] Noch verdrießlicher aber und sorgenerregender waren für Luther mit Recht die Streitigkeiten in den eigenen Reihen. Darüber sagte er seinen Freunden beim letzten Geburtstagsfest: „Ich fürchte mich nicht vor den Papisten, das sind des mehren Teils grobe Esel; aber unsere Brüder werden dem Evangelium Schaden thun, die von uns ausgegangen sind, aber nicht von uns sind.“ Da standen sich Kurfürst und Herzog von Sachsen wegen Landbesitz feindlich gegenüber im sogenannten „Fladenkrieg“ (weil um Ostern 1542). Herzog Moriz, welchem Luther Verräterei zutraute, entzog sich dem evangelischen Bunde von Schmalkalden. Wohl waren — bis auf den „geistlichen Türken“, den Mainzer Erzbischof — die alten Feinde Luthers: Herzog Georg und Kurfürst Joachim I. gestorben und das Herzogtum Sachsen und Kurbrandenburg zum Protestantismus übergetreten und sogar das Erzbistum Köln dazu bereit; aber in Berlin traten der „Grickel und der Jäckel“ (Agricola und Schenk) auf mit ihren gesetzesstürmerischen Lehren; in Köln wollte man die Luther so unsympathische schweizerische „Sakramentiererei“ einführen und der große Vermittler Butzer und der milde Melanchthon, welche diese Kölner Reformation übernommen hatten, wurden Luther höchst verdächtig und das ganze Werk ärgerlich — es scheiterte ohnedies durch die Gewaltthat des Kaisers. In Luthers Umgebung wuchs, nachdem die alten Mitarbeiter der Reformation am Abgang waren, ein neues Geschlecht heran, das mit epigonenhafter Uebertreibung die Gegensätze schärfte oder allerlei Kleinigkeiten und Aeußerlichkeiten aufbauschte, wie die Zeremonien, Auslegung der Offenbarung Johannes, Verbot von alten Osterbräuchen und andere „Geislein“ „herfürgucken“ ließen, die sie führen wollten, um sich wichtig zu machen; auch der alte Streit mit den Schweizern flammte wieder auf[525]. Ja, auf Melanchthon selbst, seinen alten Freund und Mitarbeiter, wurde Luther mißtrauisch gemacht wegen allerlei Abweichungen vom „echten“ Luthertum und es entstand eine gefährliche Spannung zwischen den beiden Männern und ihren Familien, bis die Mißstimmung endlich durch Luther selbst beigelegt wurde, so daß der Reformator doch bis ans Ende seines Lebens mit ihm als dem treuesten Freunde verkehrte[526]. Mit seinen Kollegen von der juristischen Fakultät, namentlich seinem alten Freunde Hier. Schurf, bekam Luther einen bösen Span wegen der heimlichen Verlöbnisse, welche die „garstigen Juristen“ mit einem Rückfall ins kanonische Recht für giltig erklärten, Luther aber verwarf[527]: er hatte die Gefährlichkeit der Sache an Melanchthons Sohn er fahren, der sich — noch unmündig — von einem Mädchen hatte fangen und ohne Wissen und Willen seiner Eltern ihr ein Eheversprechen gegeben hatte, worüber M. Philipp und sein Weib „schier verschmachtet“ wären, wenn Luther es nicht abgewendet hätte. Und er selber mußte es erfahren in seiner eigenen Familie, indem seiner Schwester Sohn sich ungehorsamerweise ohne der Freundschaft Rat verlobte. Er hatte infolgedessen zu klagen, daß das „Meidevolk in Wittenberg gar kühn“ geworden sei und die Eltern ihre Söhne von der Universität zurückforderten, weil man ihnen da Weiber an den Hals hänge[528]. Die alten Hausgenossen und Freunde waren in alle Welt zerstreut; aber in ihren Anfechtungen, Verdrießlichkeiten, Bedenken wandten sie sich an ihren „heiligen Vater Luther“. So hatte er zu schlichten, zu raten und zu trösten — und das richtete ihn selber auf. Aber er hatte auch manchen Aerger und manchen Schmerz[529]. Da plagte ihn M. Stiefel mit seinen Grillen über den Jüngsten Tag, oder der Stadthauptmann Metzsch mit seinem übeln Wandel und seiner rücksichtslosen Niederlegung von vielen Wohnhäusern zum Festungsbau, wodurch die kleine, volkreiche Stadt noch enger wurde und die armen Studenten noch elender wohnen mußten. Einer nach dem andern von den Zeitgenossen ging aus dem Leben. So schon 1538 der treue Hausmann. Dann Luthers letzter Klostergenosse Brisger, endlich auch Spalatin (1545). Schon vorher (1542) war seine und Käthes liebenswürdige, heitere Freundin, Käthe Jonas, verschieden, deren Erscheinung ihm immer erfreulich und tröstlich gewesen[530]; vor allem aber der Sonnenschein des Hauses, das gute Magdalenchen. Der Sohn und ein Neffe waren eine zeitlang fort in Torgau. In dieser Zeit starb auch der Gatte seiner Nichte Lene, geb. Kaufmann; und diese machte ihm dann schweren Verdruß durch ihre zweite Heirat mit dem jugendlichen Mediziner Ernst Reuchlin (Ende 1545). Das Jahr 1544 war wieder ein Krankheitsjahr in Wittenberg und im Lutherhaus. Um Ostern lagen alle Kinder an den Masern und die kleine Margarete bekam davon ein schweres Fieber, an dem sie zehn Wochen lebensgefährlich darniederlag und von dem sie sich bis in den Dezember hinein gar nicht erholen wollte. Was gab es da für Käthe an Sorgen und Mühen[531]! Aber auch der Hausvater selbst war jetzt immer krank: bald fehlte ihm dies, bald jenes; alle seine Leiden stellten sich mit Macht ein in dem abgearbeiteten Körper und der erschöpfte Lebensgeist war nicht mehr recht widerstandsfähig gegen die mancherlei Angriffe auf die verschiedenen Organe. Die Hausärzte und die kurfürstlichen Leibärzte doktorten an ihm herum; der Hof schickte Arzneien; die Gräfin von Mansfeld wollte ihn in die Kur nehmen. Es war ein alter (noch jetzt bestehender) Glaube, daß großer Fürsten und Herren Arznei, die sie selbst gäben und applizierten, kräftig und heilsam seien, sonst nichts wirkten, wenn's ein Medikus gäbe[532]. Das meiste und beste that freilich Frau Käthe. Im Jahre 1541 war Luther lange Zeit so schwach, daß er nicht eine Stunde angestrengt lesen und sprechen konnte; er mußte daheim bleiben und da seine Hausgottesdienste halten. Einmal schrieb er auch an die arzneikundige verwitwete Gräfin Dorothea von Mansfeld, welche auch gern dem „lieben togktor“ geholfen hätte. Denn die Schmerzen waren entsetzlich, so daß er jammerte: „Sterben will ich, aber diese Qualen sind gräßlich.“[533] Im folgenden Jahre machte er sein Testament, „satt dieses Lebens, oder daß ich's richtiger sage, dieses herben Todes“. „Ich habe mich ausgearbeitet und ausgelebt. Der Kopf ist kein nutz mehr. Ich bin müde erschöpft, bin nichts mehr.“[534] Im April 1543 klagt er: „Wie oft bin ich in diesem Jahre schon gestorben! Und doch lebe ich noch, eine unnütze Last der Erde.“ Am 13. und 14. Juli 1543 wurde er wiederholt so ohnmächtig, daß er zu sterben meinte und seinen Hans von Torgau holen lassen wollte. Aber Frau Käthe hatte gelernt, ihn zu ermutigen und redete ihm die Todesgedanken aus. Anfangs 1515 hatte er einen Krankheitsanfall mit ähnlichen Erscheinungen, wie sie ein Jahr später seinen Tod herbeiführten, Leichenkälte und die beängstigenden Beklemmungen auf der Brust. Er konnte lange keine Predigt und keine Vorlesung halten und mußte selbst in einem Wägelchen sich zur Kirche fahren lassen, um die Predigt zu hören[535]. „Ich glaube, meine wirkliche Krankheit ist das Alter, dann meine Arbeiten und heftigen Gedanken, besonders aber die Schläge Satans.“ „Daß ich am Haupte untüchtig bin, ist nicht Wunder; das Alter ist da; der Krug geht solange zu Wasser, bis er einmal zerbricht.“ „Ich bin träg, müde, kalt, das heißt alt und unnütz; ich habe meinen Lauf vollendet und es bleibt nichts übrig, als daß der Herr mich zu meinen Vätern versammle.“ Bei seinen gräßlichen Qualen wünscht er, wenn nicht sanft, so doch tapfer zu sterben[536]. Und bei all' diesen Leiden und Qualen sollte der alte Mann noch für drei arbeiten, so war er geplagt von Fürsten und Stadträten, von Freunden und Amtsgenossen und Beichtkindern mit Briefschreiben, Bücherschreiben, Vorlesungen, Predigten und Beratungen, „Bedenken“, Trostschreiben; so daß er klagt: „Da sitze ich alter, abgelebter, fauler, müder, frostiger und noch dazu einäugiger Mann und schreibe. Hoffte ich doch, man sollte mir Abgestorbenen nun die Ruhe gönnen, die ich mir, denkt mich, verdient habe. Aber als hätte ich niemals etwas gethan, geschrieben, geredet und ausgeführt, muß ich so viel reden, thun und ausführen, daß ich mir keinen Rat weiß. Ich bin so beschäftigt, daß ich gar selten Muße habe, zu lesen oder für mich zu beten, was mir beschwerlich ist.[537] Freilich brach oft der angeborene Humor bei Luther durch, und das frohe Gottvertrauen blieb wohl die Grundstimmung seines Wesens. Aber bei seinem zur Schwermut neigenden Temperament und Gesundheitszustand pflegte der alternde Mann doch vorwiegend die Schattenseiten aller Erscheinungen zu sehen und nur selten konnte er sich sagen: „Ich lasse das Antlitz unsrer Gemeinden nicht trauervoll zurück, sondern blühend, durch reine und heilige Lehre mit vielen vortrefflichen und lauteren Geistlichen, von Tag zu Tage wachsend.[538] So war ihm Zeit und Welt widerwärtig geworden. „Welt ist Welt, war Welt und wird Welt sein.“ Und er wünschte sich weg daraus. Er hoffte und wünschte, daß das Weltende nahe sei oder doch sein Lebensende. „Komm', lieber jüngster Tag!“ seufzt er am Schluß eines Briefes an Käthe, und an Frau Jörger schließt er (1544) ein Schreiben: „Es sollt ja nunmehr die Zeit da sein meiner Heimfahrt und Ruhe; bittet für mich um ein seliges Stündlein.“[539] Da er aber nicht aus der Welt gehen und die Feiertagsruhe des Jüngsten Tages nicht selbst herbeiführen konnte, so wollte er wenigstens aus _seiner_ Welt scheiden und von seinem Beruf. Denn so ist ja Stimmung und Wunsch bei alten und kranken Leuten: da sie nicht aus dem Leben gehen können, so suchen sie ihren Wohnort zu verändern und wünschen sich daraus weg, mit so viel Beschwerden auch ein Wechsel und eine Reise verbunden sein mag. So sagte Luther das ganze letzte Jahr zu seiner Umgebung, „er begehre an einen anderen Ort zu ziehen“. Und die Freunde fanden es auch merkwürdig, daß er in diesem Jahr vor seinem Tode öfter ausgezogen, denn in vielen Jahren; und sie sahen es als „Prophezeiung an, daß er die selige Reise werde thun in ein besser Leben“[540]. So ging es nun auch schon 1544, wo er mit einem Wegzug aus Wittenberg gedroht und von den Freunden und Beamten Wittenbergs davon abgebracht war. Im folgenden Jahr (1545) nachdem er am Johannistag von seinem „Peiniger“, dem Stein, fast umgebracht worden und dadurch in eine gereizte Stimmung versetzt war, führte er diesen Entschluß wirklich aus[541]. Es war gerade kein besonderer Anlaß zu diesem Schritte da. Aber mancherlei hatte ihm den Aufenthalt in Wittenberg in der letzten Zeit verleidet. Der Streit mit den Juristen, die ärgerliche Geschichte im Haus mit „einer andern Rosina und Schwindlerin“, vor allem aber das Leben und Treiben von Bürgern und Studenten in Wittenberg, hatten ihn hoch aufgebracht. Der ungeheure Studentenandrang nach Wittenberg brachte begreiflicherweise nicht lauter gute, fromme und sittige Elemente dahin und bei den 2000 Studierenden gab es natürlich viel mehr zu rügen und zu strafen, als bei den früheren 200. Und unter diesen Tausenden waren Leute aus allerlei Volk; nicht nur alle deutschen Stämme, sondern auch Ausländer: „Reußen und Preußen, Holländer und Engellender, Dänemarker und Schweden, Böhmen, Polen, Hungern, Wenden und Winden, Walen und Franzosen, Spanier und Gräken.“ Die Bürger beuteten die Studierenden aus. Weibliches Gesindel zog herbei, wie Luther meinte, von den Widersachern geschickt, und es gab manche „Speckstudenten“, die sich lieber in dem Lustwäldchen „Specke“ umhertrieben, statt in der Schule Gottes Wort, Tugend und Zucht zu lernen. Gegen solche Unordentlichkeit trat nun Luther als alter treuer Prediger mit väterlicher Vermahnung auf. Er bittet seinen „Bruder Studium, sich still, züchtig und ehrlich zu halten, des warten, warum sie hergesandt und mit schweren Kosten von den Ihren erhalten werden, daß sie Kunst und Tugend lernen, weil die Zeit da ist und solche feine Präzeptoren da sind.“ Er ermahnte den Rat, die Laster zu strafen, und die Bürger, dem „Geiz“ zu steuern. Aber die Bürger der kleinen Universitätsstadt hielten zumeist auf ihren Vorteil, der Rat war lässig und ängstlich, wie Luther oftmals klagt gegenüber der schönen Ordnung in einer Reichsstadt wie Nürnberg, und die Studenten wies er vergeblich auf seinen grauen Kopf; sie überhörten seine schmerzlichen und herzlichen Mahnungen: „Ach, mein Bruder Studium, schone mein und laß es nicht dahin kommen, daß ich müsse schreien wie St. Polykarpus: Ach Gott, warum hast Du mich das erleben lassen? Ich hab's ja nicht verdient, sondern da sind vorhanden meine und euer Präzeptoren treue Arbeit, die euch zum besten dienen in diesem und jenem Leben.“[542] Neben und mit diesem unordentlichen Wesen nahm die Ueppigkeit in der Stadt bei Doktorschmäusen und besonders bei Hochzeiten und Kindtaufen so überhand, daß mancher Mann (z.B. Georg Major durch sein Doktorat und neun Kindtaufen) in Schulden geriet. Ja, es riß die neue Kleidertracht ein, „die Jungfrauen zu blößen, hinten und vorn“, und niemand war da, „der da strafe oder wehre“; es schien, wie Luther fürchtet, sich anzulassen, „daß Wittenberg mit seinem Regiment nicht den S. Veitstanz noch S. Johannistanz, sondern den Bettlertanz und Beelzebubtanz kriege“. Daher meinte Luther: „Nur weg aus dieser Sodoma!“[646] Damit schien er nun Ernst zu machen. Im Juli 1545 unternahm er auf Frau Käthes Fuhrwerk mit seinem ältesten Sohne Hans, D. Kreuziger und einem Tischgenossen Ferdinand von Maugen eine Erholungsreise nach Leipzig und Zeitz zu Freund Amsdorf, dem Bischof. Unterwegs hörte er, daß die Zustände in Wittenberg viel mehr im Munde der Leute wären, als er dachte. Da wollte er gar nicht mehr in die „unordige“ Stadt zurück. Er schrieb am 28. Juli von Zeitz aus an seine Frau folgenden Brief[543]: „G(nade) und F(riede)! Liebe Käthe! Wie unsre Reise ist gangen, wird Dir Hans wohl alles sagen — wiewohl ich auch nicht gewiß bin, ob er bei mir bleiben solle —, dann werden's doch D. Kaspar Kreuziger und Ferdinandus wohl sagen. Ernst von Schönfeld hat uns zu Lobnitz schön gehalten[544]. Noch viel schöner Heinz Scherle zu Leipzig. Ich wollt's gerne so machen, daß ich nicht müßte wieder gen Wittenberg kommen. Mein Herz ist erkaltet, daß ich nicht gern da bin; wollt auch, daß Du verkauftest Garten und Hufe, Haus und Hof. So wollt ich (auch) M(einem) G(nädigen) H(errn) das große Haus[545] wieder schenken. Und wäre Dein Bestes, daß Du Dich gen Zulsdorf setzest, weil (während) ich noch lebe. Und (ich) könnte Dir mit dem Solde wohl helfen das Gütlein bessern, denn ich hoffe, M.G.H. soll mir den Sold (aus)folgen lassen, zum wenigsten ein Jahr meines letzten Lebens. Nach meinem Tode werden Dich die vier Elemente[546] zu Wittenberg doch nicht wohl leiden; darum wäre es besser bei meinem Leben gethan, was dann zu thun sein will. Ich habe auf dem Lande mehr gehört, denn ich zu Wittenberg erfahre, darum ich der Stadt müde bin und nicht wieder kommen will, da mir Gott zu helfe. Uebermorgen werde ich gen Merseburg fahren, denn Fürst George hat mich sehr darum lassen bitten[547]. Will also umherschweifen und eher das Bettelbrot essen, ehe ich meine arm alte letzte Tage mit dem unordigen Wesen zu Wittenberg martern und beunruhigen will mit Verlust meiner sauern und teuern Arbeit. Magst solches, wo Du willst, D. Pommer und M. Philipps wissen lassen, und ob D. Pommer wollt' hiemit Wittenberg von meinenwegen gesegnen[548]. Denn ich kann des Zorns und Unlust nicht länger leiden. Hiemit Gott befohlen, Amen. Martinus Luther.“ Frau Käthe zeigte natürlich diesen drohenden Brief den beiden Freunden; Melanchthon wiederum, welcher auf den Mittag zu Dr. Brück kam und mit ihm aß, erzählte dem Kanzler Luthers Vorhaben. Das that seine Wirkung. Denn was war Wittenberg ohne Luther? Auch Melanchthon erklärte, daß er dann nicht mehr bleiben könnte und sich vor dem Aergernis irgend wohin verkriechen müsse. Da fuhr der Schrecken den Wittenbergern, Universität, Rat und Bürgerschaft durch die Glieder. Der Senat und der Magistrat kamen zusammen und berieten über Maßregeln, Luther zu halten. An den Kurfürsten wurde mit einer Abschrift von Luthers Brief eine Botschaft geschickt, damit er auch seinerseits auf den erzürnten Mann einwirke, „daß er sein Gemüt ändere“. Eine Abordnung von Universität und Stadtrat: Melanchthon, Bugenhagen, Major, der Bürgermeister und der Stadtrichter Hans Lufft, wurden zu Luther gesandt und auch vom Hof kam ein beschwichtigender Brief und der liebenswürdige Leibarzt Ratzeberger, den Luther gar gut leiden mochte, nach Merseburg. Der Doktor ließ sich hart genug gegen die Wittenberger Abgesandten aus über „die Lockerung der Zucht“. Stadt und Regierung versprachen nun ernstliches Einschreiten gegen das „verthunliche“ Wesen bei Hochzeiten und Kindtaufen, gegen leichtfertiges Treiben bei Tanzvergnügungen, gegen das ungebührliche Geschrei auf den Straßen u.s.w.[549] So ließ sich Luther besänftigen; er kehrte noch bei Hof an, um seinen Forderungen Nachdruck zu geben; dann fuhr er langsam nach Hause. Die Ausspannung und der Aufenthalt in freier Luft hatte ihm doch gut gethan, und die Behaglichkeit in seinem schönen Heim, die Fürsorge seiner treuen Hausfrau ließen ihn die Gedanken an einen Auszug vergessen, bis die endgiltige Wanderung in die jenseitige Welt ihn aller Unlust und Widerwärtigkeiten, aller Leiden und Folterqualen der Krankheit enthob[550]. Er sollte die verwickelten Streithändel seiner Landesherrn, der Mansfelder Grafen, wegen der Bergwerksrechte beilegen und machte dazu im folgenden Winter drei Reisen in seine Heimat. Der Kurfürst hätte lieber gesehen, wenn Luther „als ein alter abgelebter Mann mit diesen Sachen verschont bliebe“; und das war Frau Käthes Meinung auch, welche es betrieb, daß Melanchthon, der doch viel jünger und gesunder war, nicht nach Regensburg mußte. Aber Luther selbst meinte: „Es muß, wiewohl ich viel zu thun habe, um ein acht Tage nicht not haben, die ich daran wagen will, damit ich mit Freuden mich in meinen Sarg legen möge, wo ich zuvor meine lieben Landesherren vertragen und freundliches, einmütiges Herzens gesehen habe.“ Nebenbei war es ihm eine Genugthuung, zu zeigen, was in Streithändeln ein guter Christ fertig brächte, gegenüber „den silbernen und guldenen Juristen, welche die Sache oftmals als Vorteil und Geiz wider alle Billigkeit erweitern und auf(hinaus)ziehen.“[551] Freilich Frau Käthe nahm diese Reisen viel schwerer, namentlich die letzte in der schlimmsten Jahreszeit. Es war Ende Januar und ein gar „unartiges“, kaltes Wetter. Sie wußte aus reicher Erfahrung, was eine Erkältung für den durch und durch kranken Mann bedeute. Sie hatte ja auch gehört, daß Luther im November (1545) seine Vorlesung über die Genesis mit den Abschiedsworten geschlossen hatte: „Ich kann nicht mehr; ich bin schwach; bittet Gott für mich, daß er mir ein gutes, seliges Ende beschere.“ Endlich hatte ein Vorfall das ganze Haus mit banger Ahnung erfüllt. Kurz vorher hatten die studentischen Tisch- und Hausgenossen im Schlafhaus, wo sie wohnten, eine Schlaguhr erneuern lassen. Da begab sich's einstmals um Mitternacht, daß bei dieser Uhr ein sehr großer harter Fall gehört wurde, als ob das ganze Gehäuse mit samt den Gewichten heruntergefallen wäre. Am andern Morgen war alles unversehrt. Da dies Luther gesagt war, sprach er zu den Tischgenossen: „Ihr lieben Quiriten, erschreckt nicht davor. Denn dieser Fall bedeutet mich, daß ich bald sterben werde. Wenn ich von Eisleben komme, will ich mich in Sarg legen. So bin ich der Welt müde, und scheide gerne wie ein reifer Gast aus einer gemeinen Herberge.“ Dennoch wollte Frau Katharina ihren Gatten an dem Friedenswerk in Mansfeld nicht hindern und nachdem er zweimal die Reise glücklich überwunden, hoffte sie wohl auch auf einen glücklichen Ausgang einer dritten und letzten. Sie gab ihm aber nicht nur seinen Famulus Ambrosius Rutfeld mit, sondern auch ihre drei Söhne und in Halle sollte Herr D. Jonas einsteigen. Im Kloster blieben als Tischgenossen Besold, Plato u.a. zurück[552]. Die Reisenden fuhren am Samstag, den 23. Januar, in Wittenberg ab. Es trat nach scharfem Frost während der Nacht auf Sonntag Tauwetter ein, mit Eisgang und Ueberschwemmung, so daß die Reisegesellschaft, als sie Sonntag vormittag in Halle anlangte, nicht über die Saale kommen und drei Tage in der Stadt verziehen mußte; Freund Jonas, der seit vier Jahren in Halle Pfarrer war, hieß aber die Wittenberger Gäste in seinem Hause willkommen. Von Halle empfing nun Frau Käthe einen launigen Brief ihres Eheherrn, der dessen gute Stimmung meldete. Er war adressiert „Meiner freundlichen lieben Käthen Luthrin zu Wittenberg zu Handen“[553]. „Gnad und Friede im Herrn! Liebe Käthe! Wir sind heute um acht Uhr zu Halle ankommen, aber nach Eisleben nicht gefahren. Denn es begegnete uns eine große Wiedertäuferin mit Wasserwogen und großen Eisschollen, die das Land bedeckte; die dräuete uns mit der Wiedertaufe. So konnten wir auch nicht wieder zurückkommen, von wegen der Mulda; mußten also zu Halle zwischen den (beiden) Wassern stille liegen. Nicht daß uns durstete zu trinken, sondern nahmen gut Torgisch Bier und guten rheinischen Wein; damit labeten und trösteten wir uns dieweil, ob die Saale wollt wieder auszürnen. Denn weil die Leute und Fuhrmeister, auch wir selbst zaghaftig waren, haben wir uns nicht wollen in das Wasser begeben und Gott versuchen; denn der Teufel wohnet im Wasser und ist uns gram; und ist besser verwahret denn beklaget; und ist ohne Not, daß wir dem Papst samt seinen Schuppen eine Narrenfreude machen sollten. Ich hätte nicht gemeint, daß die Saale eine solche Sod machen könnte, daß sie über Steinwege und alles rumpeln sollte. Jetzo nicht mehr, denn: betet für uns und seid fromm. Ich halte, wärest Du hier gewesen, so hättest Du uns auch also zu thun geraten; so hätten wir Deinem Rat auch einmal gefolget. Hiemit Gott befohlen! Amen. Zu Halle am St. Paulus Bekehrungstage (25. Januar) Anno 1546. Martinus Luther D.“ Das lautete gar fröhlich und vergnügt, als man im Kloster diesen lustigen Brief las, und Frau Käthe konnte einstweilen beruhigt sein. Aber es dauerte acht Tage, bis wieder ein Brief kam. Das mußte die besorgte Frau schon nicht wenig aufregen und sie sandte Briefe über Briefe ab, was sonst bei der vielbeschäftigten Frau nicht gerade Gewohnheit war. Endlich nach Lichtmeß langte ein zweiter Brief Luthers an. Der war freilich auch in demselben scherzhaften Ton geschrieben, wie der vorige und die meisten Episteln des Doktors an seine Frau. Aber es war doch eine Stelle darin, die bedenklich machen konnte. „Meiner herzlieben Hausfrauen Katharin Lutherin, Doktorin, Zulsdorferin, Saumärkterin und was sie sonst noch sein kann. Gnade und Friede in Christo und meine alte, arme und, wie ich weiß, unkräftige Liebe zuvor. Liebe Käthe! Ich bin schwach gewesen auf dem Wege hart vor Eisleben, das war meine Schuld. Aber wenn Du wärest dagewesen, so hättest Du gesagt, es wäre der Juden oder ihres Gottes Schuld gewesen. Denn wir mußten durch ein Dorf hart vor Eisleben, da viele Juden inne wohnten; vielleicht haben sie mich so scharf angeblasen. So sind hier in der Stadt Eisleben jetzt diese Stunde über fünfzig Juden wohnhaftig (in einem Hause). Und wahr ist's, da ich bei dem Dorf war, ging mir ein solch kalter Wind hinten im Wagen ein auf meinen Kopf durchs Barett, als wollte mir's das Hirn zu Eise machen. Solches mag nun zum Schwindel etwas haben geholfen; aber jetzt bin ich gottlob! wohl geschickt, ausgenommen, daß die schönen Frauen mich so hart anfechten. Ich trinke Naumburgisch Bier, fast des Geschmacks, den Du von Mansfeld mir etwa hast gelobet. Es gefällt mir wohl. Deine Söhnchen sind nach Mansfeld gefahren ehegestern, weil sie Hans von Jene[554] so demütiglich gebeten hatte; weiß nicht, was sie da machen. Wenn's kalt wäre, so möchten sie helfen frieren. Nun es warm ist, könnten sie wohl was anders thun oder leiden, wie es ihnen gefällt. Hiermit Gott befohlen sammt allem Hause, und grüße alle Tischgesellen. Vigilia Purificationis, 1546. M.L., Dein altes Liebchen.“[555] Also der Doktor hatte sich richtig erkältet und zwar durch eigene Schuld; er war eine Zeitlang vom Wagen abgestiegen, hatte sich in Schweiß gelaufen bei dem auffallend warmen Winterwetter, war dann im letzten Dorfe Nißdorf, hart vor Eisleben, unvorsichtigerweise wieder auf den Wagen gesessen und hatte sich in dem scharfen Luftzug des Fuhrwerks erkältet. Frau Käthe wußte, was das zu bedeuten hatte und war gar ängstlich trotz des fröhlichen Briefes. Sie hatte, scheint es, die Sache schon vor Luthers eigener Meldung sonsther gehört, auch daß die sonst immer offen gehaltene Wunde am Bein, welche, eine Art Fontanelle, den kranken Säften einen Abfluß gewährte, bedenklicherweise zugeheilt war. So schrieb sie nun einen Brief um den andern, an einem Tag (Freitag, 5. Februar) sogar mehrere. Auch sandte sie von Wittenberg ihre gewöhnlichen Hausmittel: „Stärkküchlein“, allerlei Stärkwasser, Rosenessig und Aquavitä, und hieß Jonas, den Famulus und ihre Söhne in dem Gemach des Doktors schlafen[556]. Er zwar schreibt wieder ganz sorglos, nur bedenklich wegen der heikeln Streitigkeiten, die er zu schlichten hatte, am 6. Februar[557]: „Der tiefgelehrten Frauen Katharin Lutherin, meiner gnädigen Hausfrauen zu Wittenberg. Gnade und Friede. Liebe Käthe! Wir sitzen hier und lassen uns martern und wären wohl gern davon; aber es kann noch nicht sein, als mich dünkt, in acht Tagen. Mag. Philippus magst Du sagen, daß er seine Postille korrigiere; denn er hat nicht verstanden, warum der Herr im Evangelio die Reichtümer Dornen nennt. Hier ist die Schule, da man solches verstehen lernet. Aber mir grauet, daß allewege in der heiligen Schrift den Dornen das Feuer gedroht wird; darum ich desto größere Geduld habe, ob ich mit Gottes Hilfe möchte etwas Gutes ausrichten. Deine Söhnchen sind noch zu Mansfeld. Sonst haben wir zu essen und trinken genug und hätten gute Tage, wenn's der verdrießliche Handel thät. Mich dünkt, der Teufel spotte unser; Gott woll' ihn wieder spotten, Amen. Bittet für uns. Der Bote eilte sehr. Am Sankt Dorotheentage, 1546.“ Trotz dieser Briefe war aber Frau Käthe so voller Sorge um den fernen Gatten, daß sie nicht schlafen konnte, und schrieb gar ängstliche Episteln nach Eisleben, so daß ihr der fromme Doktor eine lange Predigt hielt über Gottvertrauen in zwei aufeinanderfolgenden Briefen, am 7. und 10. Februar[558]: „Meiner lieben Hausfrauen Katherin Lutherin, Doktorin, Selbstmartyrin zu Wittenberg, meiner gnädigen Frauen zu Händen und Füßen. Gnade und Friede im Herrn. Lies Du, liebe Käthe, den Johannem und den kleinen Katechismus, davon Du einmal sagtest: es ist doch alles in dem Buch von mir gesagt. Denn Du willst sorgen für Deinen Gott, gerade als wäre er nicht allmächtig, der da könnte zehn Doktor Martinus schaffen, wo der einige alte ersöffe in der Saale oder im Ofenloch oder auf Wolfs Vogelherd. Laß mich in Frieden mit Deiner Sorge: ich hab' einen bessern Sorger, denn Du und alle Engel sind. Der liegt in der Krippe und hänget an einer Jungfrauen Brust; aber sitzet gleichwohl zur rechten Hand Gottes des allmächtigen Vaters. Darum sei in Frieden, Amen. Betet, betet, betet und helft uns, daß wir's gut machen. Denn ich heute in Willen hatte, den Wagen zu schmieren in meinem Zorn; aber Jammer, so mir einfiel, meines Vaterlandes hat mich gehalten. Ich bin nun auch ein Jurist worden. Aber es wird ihnen nicht gedeihen. Es wäre besser, sie ließen mich einen Theologen bleiben. Komme ich unter sie, so ich leben soll, ich möcht' ein Poltergeist werden, der ihren Stolz durch Gottes Gnade hemmen möchte. Sie stellen sich, als wären sie Gott, davon möchten sie wohl und billig bei Zeit abtreten, ehe denn ihre Gottheit zur Teufelheit würde, wie Luzifer geschah, der auch im Himmel vor Hoffart nicht bleiben konnte. Wohlan, Gottes Wille geschehe. Du sollst Mag. Philippus diesen Brief lesen lassen: denn ich nicht Zeit hatte, ihm zu schreiben, damit Du Dich trösten kannst, daß ich Dich gern lieb hätte, wenn ich könnte, wie Du weißt, und er gegen seine Frauen vielleicht auch weiß und alles wohl verstehet. Wir leben hier wohl, und der Rat schenkt mir zu jeglicher Mahlzeit ein halb Stübchen Rheinfall, der ist sehr gut. Zuweilen trink ich's mit meinen Gesellen. So ist der Landwein hier gut, und Naumburgisch Bier sehr gut, ohne daß mich dünkt, es macht mir die Brust voll phlegmate (Schleim) mit seinem Pech. Der Teufel hat uns das Bier in aller Welt mit Pech verdorben und bei euch den Wein mit Schwefel. Aber hier ist der Wein rein, ohne was des Landes Art giebt. Und wisse, daß alle Briefe, die Du geschrieben hast, sind anher kommen und heute sind die kommen, die Du am nächsten Freitag geschrieben hast mit Mag. Philippus Briefen, damit Du nicht zürnest. Am Sonntag nach Dorotheens Tag (7. Febr.) 1546. * * * * * Dein lieber Herr M. Luther.“ „Der heiligen sorgfältigen Frauen, Katherin Lutherin, Doktor Zulsdorferin zu Wittenberg, meiner gnädigen, lieben Hausfrauen. Gnade und Friede in Christo. Allerheiligste Frau Doktorin! Wir bedanken uns gar freundlich für Eure große Sorge, davor Ihr nicht schlafen könnt; denn seit der Zeit Ihr für uns gesorget habt, wollt' uns das Feuer verzehret haben in unsrer Herberg hart vor meiner Stubenthür; und gestern, ohne Zweifel aus Kraft Eurer Sorge, hat uns schier ein Stein auf den Kopf gefallen und zerquetscht, wie in einer Mausfallen. Der hatte im Sinn, Eurer heiligen Sorge zu danken, wo die lieben heiligen Engel nicht gehütet hätten. Ich sorge, wo Du nicht aufhörst zu sorgen, es möchte uns zuletzt die Erde verschlingen und alle Elemente verfolgen. Lehrest Du also den Katechismum und den Glauben? Bete Du und laß Gott sorgen, es heißt: „Wirf dein Anliegen auf den Herrn, der sorget für dich (1. Petr. 5, 7).“ Wir sind, Gott Lob, frisch und gesund, ohne daß uns die Sachen Unlust machen, und Doktor Jonas wollt' gern einen bösen Schenkel haben, daß er sich an eine Lade ohngefähr gestoßen: so groß ist der Neid in den Leuten, daß er mir nicht wollt' gönnen allein einen bösen Schenkel zu haben. Hiemit Gott befohlen. Wir wollten nun fort gerne los sein und heimfahren, wenn's Gott wollt', Amen, Amen, Amen. Euer Heiligen williger Diener Martinus Luther. Am Tage Scholasticä (10. Febr.) 1546.“ Aber was Frau Käthe zu wenig an Gottvertrauen zeigte, das bewies der Herr Doktor zu viel. Sie wußte und hörte, daß er, trotzdem er sich jeden Abend mit warmen Tüchern behandeln lassen mußte, seinen alten Predigteifer auch in der fremden Stadt in der kalten Kirche bethätigte; zwei Geistliche ordinierte er und viermal predigte er, zuletzt am Sonntag den 14. Februar. Abends schrieb er noch einen Brief an seine Hausfrau, erwähnte aber nichts davon, daß er heute morgen seine Predigt hatte abbrechen müssen aus Schwachheit; er bat aber seine Frau um Arzneien[559]. Der Brief schlägt wieder fröhliche und hoffnungsvolle Töne an; die Aussicht auf Rückkehr nach der lieben Heimat vergoldete die trübe Stimmung[560]: „Meiner freundlichen, lieben Hausfrauen, Katherin Lutherin von Bora zu Wittenberg zu Händen. Gnade und Friede im Herrn. Liebe Käthe! Wir hoffen diese Woche wieder heim zu kommen, ob Gott will. Gott hat große Gnade hier erzeigt; denn die Herren durch ihre Räte fast altes verglichen haben, bis auf zwei Artikel oder drei, unter welchen ist, daß die zwei Brüder Graf Gebhardt und Graf Albrecht wiederum Brüder werden, welches ich heute soll vornehmen und will sie zu mir zu Gaste bitten, daß sie auch mit einander reden; denn sie bis daher stumm gewesen und mit Schriften sich hart verbittert haben. Sonst sind die jungen Herren (die Söhne der feindlichen Grafen) fröhlich, fahren zusammen mit den Narrenglöcklein auf Schlitten und die Fräulein auch und bringen einander Mummenschanz, und sind guter Dinge, auch Graf Gebhardts Sohn. Also muß man greifen, daß Gott Gebete erhört. Ich schicke Dir Forellen, so mir die Gräfin Albrecht geschenkt hat: die ist von Herzen froh der Einigkeit. Deine Söhnchen sind noch zu Mansfeld. Jakob Luther will sie wohl versorgen. Wir haben hier zu essen und zu trinken als die Herrn, und man wartet unser gar schön, nur allzu schön, daß wir Euer wohl vergessen möchten zu Wittenberg. So ficht mich der Stein auch nicht an. Aber Doktor Jonas Bein wäre schier gnad worden, so hat's Löcher gewonnen auf dem Schienbein; aber Gott wird auch helfen. Solches alles magst Du Mag. Philippus anzeigen, Doktor Pommer und Doktor Kruziger. Hier ist das Gerücht herkommen, daß Doktor Martinus sei weggeführt, wie man zu Leipzig und Magdeburg redet. Solches erdichten die Naseweisen, Deine Landsleute. Etliche sagen, der Kaiser sei dreißig Meilen Wegs von hinnen bei Soest in Westphalen; etliche, daß der Franzose Knechte annehme, der Landgraf auch. Aber laß sagen und singen: wir wollen warten, was Gott thun wird. Hiemit Gott befohlen. Zu Eisleben am Sonntag Valentini 1546. M. Luther, Doktor.“ Es war der letzte Brief an seine Ehefrau, der letzte, den Luther überhaupt schrieb. Die heitere Epistel kam am Donnerstag in Käthes Hände und erregte bei den Klosterbewohnern großes Vergnügen: in Eisleben aber lag der Schreiber schon auf dem Totenbette. Der Gewaltige war am selben Tage früh um 3 Uhr im Kreise seiner Freunde, Dr. Jonas, M. Aurifaber, des Arztes, des Stadtpfarrers von Eisleben, des Grafen und der Gräfin Albrecht, sanft und selig entschlafen. In Wittenberg freilich dachte man nicht daran. Melanchthon, dem Luther mit gleichem Boten geschrieben hatte (u.a. daß Papst Paul gestorben wäre), verfaßte noch einen Brief an den Freund und Frau Käthe schickte noch eine Salbe mit, zur Wiederherstellung der Fontanelle am linken Schenkel. Aber am Freitag früh 6 Uhr kam aus Torgau ein reitender kurfürstlicher Bote vor des Kanzlers Brück Haus; dieser ließ sogleich D. Bugenhagen, Kreuziger und M. Philipp zu sich kommen; sie wußten aber bereits, was das kurfürstliche Schreiben meldete, ehe er es ihnen zu lesen gab, denn vor einer Viertelstunde war auch ein Bote mit einem Brief aus Eisleben von Jonas an sie gelangt. Auf Brücks Bitten verfügten sich die drei Herren mit des Kurfürsten und Jonas' Brief unsäumig hinauf zu der Doktorin und berichteten sie mit der besten Vorsicht von ihres Herrn Abgang. „Da ist das arme Weib, wie leichtlich zu achten, hart erschrocken und in großer Betrübnis gewesen.“ Aber wiederum nicht an sich dachte sie zumeist, sondern an ihre Kinder, besonders, wie ihre drei Söhne in der Ferne sich über des Vaters Tod halten möchten[561]. Katharinas bange Ahnung hatte sich also erfüllt; ihre Sorge um den kränklichen fernen Gatten war nicht ohne Grund gewesen. Das Trauervolle war geschehen: der teure Mann, der gewaltige Reformator, der geistvolle Lehrer und Prediger, der liebreiche Vater, der treue Gatte war nicht mehr! Wenn auch nicht unerwartet, so doch zu früh für die Welt und für die Familie war er dahin geschieden, wohin er sich so oft gesehnt; von der Welt, über die er so viel gescholten und die er doch mit so viel Verständnis und Freude erfaßt; von dem Amte, in dem er sich so müde gearbeitet, und in dem er doch noch so Großes leistete; von der Familie, die ihm zwar Sorgen, aber noch viel mehr Glück und Freude gebracht und die er mit so viel Glauben und Liebe umfaßte; von der Gattin, die er so oft geneckt und manchmal getadelt, die er aber über alle Frauen geschätzt und geliebt hatte. „Es war eine harte Wunde, die sie durch den Tod ihres Ehegemahls empfing. Und dazu mußte sie noch klagen, daß derselbe in einem anderen Orte gestorben war, wo sie nicht bei dem Kranken Treue und die letzten Liebesdienste hatte erweisen können.“[562] Ja, in der Fremde war er gestorben, zum großen Schmerze Katharinas, die mit ihm zwanzig Jahre „in Friede und Freude“ gelebt, die ihn in gesunden und kranken Tagen so hingebungsvoll gepflegt und jetzt die letzten Stunden seines Lebens nicht um ihn sein durfte, ihm in das liebe Angesicht schauen und die treuen Augen zudrücken durfte. Es war kaum ein Trost, daß er im Kreise der Freunde verschieden war, daß der Graf Albrecht ihm selbst Einhorn geschabt und seine Gemahlin ihm den Puls mit dem Stärkwasser strich, welches die Doktorin geschickt, und daß er in ihres Sohnes Paul Armen ausgeatmet und ihm sein treuer Aurifaber die Augen zugedrückt hatte[563]. Und jetzt konnte sie nicht einmal den Trost genießen, durch die Fürsorge für die Bestattung des geliebten Toten ihren Geist abzulenken von dem Gedanken des schmerzlichen Verlustes. Das kurfürstliche Schreiben enthielt nämlich die Bestimmung, daß der Leib Luthers in der Schloßkirche zu Wittenberg bestattet werden sollte, bei Fürsten und Fürstinnen, deren zwanzig dort bestattet waren. Aber so war wenigstens ihr lieber Herr bei ihr in ihrer Stadt und sie konnte mit den anderen Freunden „ihren Heiligen daselbst nach seinem Tode besuchen“, wie Bugenhagen sich ausdrückte. Denn die Grafen von Mansfeld hätten „die Leiche des hochteuern, von Gott mit unaussprechlichen Gaben begnadeten Mannes gern selbst in der Herrschaft behalten“, folgten sie aber „aus unterthänigem Gehorsam“ dem Kurfürsten auf dessen Bitte dienstwillig aus. So rüstete sich nun die Doktorin, ihr Töchterlein und das ganze Kloster für das Leichenbegängnis nur mit Trauergewändern[564]. Aber auch die ganze Stadt und Universität machte sich bereit, ihren größten Bürger mit feierlichem Leichengepränge zu empfangen. Melanchthon hatte sofort nach der Ankunft der Todeskunde am Freitag früh die Studenten in einem Anschlag benachrichtigt, daß der christliche Elias von seinen Jüngern genommen sei. Der Rektor der Akademie, Dr. Aug. Schurf, befahl am Sonntag Morgen in einem Programme „allen Studenten am Nachmittag, sobald das Zeichen mit der kleinen Glocke gegeben werde, sich auf dem Markte zu versammeln und daselbst den ehrwürdigen Pfarrherrn (D. Pommer) an der Kirche zu erwarten, ihm sofort zu folgen und mit ihm die Leiche zu empfangen, welche gewesen ist und sein wird eine Hütte des heiligen Geistes.“ Von Wittenberg ritten dem Trauerzuge entgegen, um ihn in Bitterfeld, an der Mansfeldischen Grenze zu empfangen und ehrenvoll zu geleiten, die „Verordneten des Kurfürsten“: Erasmus Spiegel, der Hauptmann von Wittenberg, Gangolf von Heilingen zu Düben und Dietrich von Taubenheim zu Brehne mit Gefolge[565]. Aber die Leiche kam am Sonntag noch nicht: in jeder Stadt wollte man sie einholen, zurückhalten, begleiten; und so verzögerte sich die Ankunft des Zuges, der zuletzt in Kemberg gerastet hatte. Und Melanchthon mußte am Schwarzen Brett, auf dem Programm des Rektors verkündigen, daß die Ankunft der Leiche und ihre Bestattung erst am andern Morgen, etwa um 9 Uhr, stattfinde[566]. Im Laufe des Sonntags kam ein Beileid-Schreiben des Kurfürsten[567]: „An Catharina, Doctoris Martini seliger Gedächtnis verlassene Witwe zu Wittenberg. Herzog Johanns Friedrich, Kurfürst. Liebe Besondere! Wir zweifeln nicht, Ihr werdet nunmehr erfahren haben, daß der Ehrwürdige und Hochgelehrte, unser Lieber Andächtiger Doctor Martin Luther seliges Gedächtnis, Euer Hauswirt, sein Leben in diesem Jammerthal zu Eisleben am nächsten Dornstag frühe zwischen 2 und 3 Uhren christlich und wohl mit göttlichen der hl. Schrift Sprüchen beschlossen hat und von hinnen geschieden ist, welches Wir aber mit betrübtem und bekümmertem Gemüt vernommen. Der allmächtige Gott wolle seiner Seelen, wie Wir denn gar nicht zweifeln, gnädig und barmherzig sein! Und wiewohl Wir wohl ermessen mögen, daß Euch solcher Euers Herrn tödlicher Abgang schmerzlich und bekümmerlich sein wird, so kann doch in dem Gottes gnädigen Willen, des Allmächtigkeit es also mit ihm gnädiglich und christlich geschafft hat, nicht widerstrebt werden, sondern es will solches Gott zu befehlen sein. Darum Ihr auch soviel destoweniger bekümmern und seines christlichen Abscheidens Euch trösten wollet. Denn Wir seind gnädiglich geneigt, Euch und Eure Kinder um Eures Herren sel. willen, dem Wir in sonderen Gnaden und Guten geneigt gewest, in gnädigem Befehl zu haben und nicht zu verlassen. Das wollen Wir Euch gnädiger Meinung nicht verhalten. Datum Torgau, Sonnabends nach Valentini 1546.“ Am Montag früh versammelten sich am Elsterthor Rektor, Magistri und Doktores und die ganze löbliche Universität, auch ein ehrbarer Rat samt ganzer Gemeinde und Bürgerschaft, dann die Geistlichen und Schulen. Auch Frau Käthe machte sich auf mit ihrem Töchterlein Margarete und einigen Frauen und stellten sich weinend an den Weg, dem toten Gatten entgegen harrend. Endlich um 9 Uhr, langte der Zug mit der teuren Leiche an: geleitet von den kurfürstlichen Abgeordneten und den beiden jungen Mansfelder Grafen Hans und Hoyer und einer großen Reiterschar. Auch die Mansfelder Verwandten kamen mit, Luthers Lieblingsbruder Jakob, und seine Schwestersöhne Jörg und Cyriak Kaufmann und andere von der „Freundschaft“. Vor allem aber die drei Söhne Hans, Martin und Paul. Es war ein schmerzliches Wiedersehen, das hier Frau Katharina erlebte. Die Söhne freilich konnte sie schluchzend in die Arme schließen, aber das Antlitz des teuren geliebten Gatten durfte sie nicht mehr sehen; da lag er eingeschlossen im Sarg von Zinn, aufgebahrt auf dem Wagen, mit schwarzem samtenem Tuch umhangen[568]. Darauf ordnete sich der Zug: voraus die Geistlichkeit und die Schulen mit den herkömmlichen Gesängen und Zeremonien, darauf die „Berittenen“ auf ungefähr 65 Pferden. Gleich hinter dem vierspännigen Leichenwagen fuhr die „Frau Doktorin Katharina Lutherin“ mit den Matronen, nach herkömmlicher Sitte auf einem niederen Wägelein. Ihr folgten die drei Söhne, der Bruder, die Neffen und andere Verwandten. Dann in vollem Ornat „der Rektor Magnificus der löblichen Universität mit etlichen jungen Fürsten, Grafen und Freiherrn, so in der Universität Wittenberg Studii halber sich (auf)enthalten.“ Darnach kam als weiteres Leichengefolge: Kanzler Brück, Melanchthon, Jonas, Bugenhagen, Kreuziger, Hieronymus Schurf und andere älteste Doktoren; dann die übrigen Doktoren, Magister, der ehrbare Rat, Bürgermeister Cranach samt den Ratspersonen, darnach der ganze große Haufen und herrliche Menge der Studenten; darauf die Bürgerschaft, desgleichen viele Bürgerinnen, Matronen, Frauen, Jungfrauen, viel „ehrliche“ Kinder, jung und alt; alles mit Weinen und Wehklagen. „In allen Gassen, auch auf dem Markt ist das Gedränge so groß und solche Menge des Volkes gewesen, daß sich's billig in der Eil zu verwunden und viele bekannt haben, daß sie dergleichen zu Wittenberg nicht gesehen.“ So ging es unter Gesang und dem Geläute aller Glocken in unabsehbarem Zuge vom Elsterthor die ganze Länge der Stadt hin am Kloster vorbei, das jetzt verwaist von seinem Vater und Herrn dalag, die Kollegienstraße hinab zur Schloßkirche. Dort wurde der Sarg am Predigtstuhl niedergesetzt. Trauerlieder erschollen, bis Bugenhagen die Kanzel bestieg und vor den ungezählten Hörern, die in und vor der Kirche standen, eine „gar festliche und tröstliche Predigt“ that. Darauf hat Melanchthon „aus sonderlichem Mitleiden, um die Kirche zu trösten“, eine lateinische Gedächtnisrede gehalten, die vor dem allgemeinen Weinen und Schluchzen kaum gehört wurde. Seine Klage: „Wir sind wie arme Waisen, die einen vortrefflichen Mann zum Vater gehabt und ihn verloren haben“, die den Grundton aller Rede bildeten, sie waren ganz besonders denjenigen aus dem Herzen gesprochen, die dem teuren Toten am nächsten standen, und am nächsten an seinem Sarg klagten: der trauernden Gattin, den weinenden Kindern[569]. „Nach den Leichenreden trugen etliche Magister den Sarg nach der Gruft und legten so das teure Werkzeug des heiligen Geistes, den Leib des ehrwürdigen D. Martini zur Ruhe, nicht fern von dem Predigtstuhl, da er im Leben manche gewaltige Predigt gethan.“ Der Kurfürst aber hatte schon am Tag vorher verordnet, daß eine Tafel aus Messing aufs Grab niedergelegt wurde, dergestalt wie noch heutzutage zu sehen ist[570]. Wohl konnte das außerordentliche, wahrhaft fürstliche Leichengepränge zeigen, welch ein Mann, ja, wie der Rektor ankündigte, welch ein „Fürst Gottes“ der Dahingegangene gewesen, welche Liebe und Verehrung er bei hoch und nieder genossen und die Teilnahme aller bewies, was die Welt an ihm verlor und betrauern mußte, und das ist ja für die Hinterbliebenen immer ein Trost in ihrem Schmerz. Aber diese Leichenfeier zeigte auch, was die Angehörigen selber an ihm gehabt und beweinen mußten. Was Katharinas Stimmung und Gedanken in diesen schmerzlichen Tagen war, das giebt sie kund in einem Briefe, den sie an ihre Schwägerin Christina, die verwitwete Gemahlin eines ihrer Brüder und Mutter des Florian, welcher in Wittenberg ihr Hausgenosse war, richtete[571]. Da schreibt sie: „Der ehrbaren und tugendsamen Frauen Christina von Bora, meiner lieben Schwester zuhand. Gnad und Fried von Gott dem Vater unsers lieben Herrn Jesu Christi! Freundliche liebe Schwester! Daß Ihr ein herzlich Mitleiden mit mir und meinen armen Kindern tragt, gläub' ich leichtlich. Denn wer wollt' nicht billig betrübt und bekümmert sein um einen solchen teuern Mann, als mein lieber Herr gewesen ist, der nicht allein einer Stadt oder einem einigen Land, sondern der ganzen Welt viel gedienet hat. Derhalben ich wahrlich so sehr betrübt bin, daß ich mein großes Herzeleid keinem Menschen sagen kann, und weiß nicht, wie mir zu Sinn und zu Mut ist. Ich kann weder essen noch trinken, auch dazu nicht schlafen. Und wenn ich hätt' ein Fürstentum und Kaisertum gehabt, sollt' mir so leid nimmer geschehen sein, so ich's verloren hätt', als nun unser lieber Herrgott mir, und nicht allein mir, sondern der ganzen Welt, diesen lieben und teuern Mann genommen hat. Wenn ich daran gedenk', so kann ich vor Leid und Weinen — das Gott wohl weiß — weder reden noch schreiben. Katharina, des Herrn Doctor Martinus Luther gelassene Witfrau.“ 16. Kapitel. Luthers Testament. „Ich denke noch oft“, erzählt der treue Hieronymus Weller nach Luthers Tod, „an den Mann Gottes, Doktor Martin Luther, daß er sein Gemahl ließ den 31. Psalm auswendig lernen, da sie noch jung und frisch und fröhlich war und sie noch nicht wissen konnte, wie dieser Psalm so lieblich und tröstlich war. Aber ihr Mann that das nicht ohne Ursache. Denn er wußte wohl, daß sie nach seinem Tode ein betrübtes, elendes Weib sein und dieses Trostes, so der 31. Psalm in sich hat, sehr nötig werde bedürfen.“ Und ähnlich hat sich der Doktor auch in seinem Testament ausgesprochen, wie in seinem Brief auf seiner Trutz-Fahrt[572]. Luther kannte eben die Welt und seine und seiner Familie Lage: er kannte der Leute Undank[573], der Fürsten Unzuverlässigkeit und ihrer Beamten Untreue, der Amtsgenossen kleinliche Gesinnung, der Feinde Haß, der sich schon bei Lebzeiten auch gegen sein Gemahl in unerhörter Beschimpfung richtete und sich noch ungehemmter zeigen mußte, wenn erst der gefürchtete Kämpe den Schild nicht mehr über sie deckte. Er wußte, daß er ein kranker Mann war, daß er sterben werde, ehe seine Kinder erzogen und versorgt wären; er kannte die traurige Lage einer Witwe zu seiner Zeit, die ohne Ansprüche auf Witwengehalt, ja nach dem herkömmlichen Recht ohne Ansprüche auf die Hinterlassenschaft war. Deshalb war er in Sorge für seine treue Gattin; deshalb hat er aber auch, so viel an ihm lag, Fürsorge für sie getroffen, um sie vor dem Schwersten zu bewahren. Diese Gedanken hat Luther in seinem „zweiten“ und „letzten“ „Testament“ niedergelegt, welches vier Jahre vor seinem Tode, am 6. Januar 1542 niedergeschrieben ist. Darin setzt er seiner „lieben und treuen Hausfrau“ ein Leibgeding aus und will sie schützen gegen „etlich unnütze, böse und neidische Mäuler“, welche seine „liebe Käthe“ beschweren oder verunglimpfen möchten oder die Kinder aufhetzen. „Denn der Teufel, so er mir nicht konnte nahe kommen, sollt er wohl meine Käthe (auf) allerlei Weise (heim)suchen, (schon) allein (aus) der Ursache, daß sie des D.M. ehrliche Hausfrau gewesen und Gottlob noch ist.“[574] So mußte Frau Katharina auch bald spüren, welcher Unterschied es sei, die Gattin des großen Doktors zu sein, der nach dem Anspruch eines großen Fürsten neben dem Kaiser die Welt regierte, dessen Ansehen und Ehre auch auf die „Hauswirtin“ überging, und Luthers verlassene Witwe, in deren Vermögens-und Familienverhältnisse, Hauswirtschaft und Kindererziehung hineinzureden und hineinzuregieren sich jetzt viele berufen fühlten, zum Teil aus gutem Willen und Verehrung für den dahingegangenen Freund und Reformator, während bisher Frau Katharina selbst, höchstens mit Rat und Zustimmung ihres Eheherrn, in diesen Dingen vollständig selbstherrlich geschaltet hatte. Daß sie, die energische Frau, welche sich ihrer Tüchtigkeit in der Leitung eines großen Hauswesens wohl bewußt war, und welcher Luther so bereitwillig das Hausregiment überlassen hatte, dies Dreinreden und Dreinbefehlen schwer empfand, ist begreiflich. Nicht wenig mußte es sie auch schmerzen und ihr Selbstgefühl verletzen, daß sie bisher die erste Frau der Stadt, ja der evangelischen Welt, nun bescheiden zurücktreten mußte. Schwer auch kam sie's gewiß an, daß sie das in so großem Stil geführte Hauswesen mit seiner unerhörten Gastlichkeit beschränken mußte. Zwar das trat nicht ein, was Luther gefürchtet hatte, daß „die vier Elemente (d.h. doch wohl die vier Fakultäten der Universität) sie nicht wohl leiden“ würden. Auch davon hört man nichts, was Luther in seinem Testamente aussprach: „Ich bitt alle meine guten Freunde, sie wollten meiner lieben Käthe Zeugen sein und sie entschuldigen helfen, wo etliche unnütze Mäuler sie beschweren und verunglimpfen wollten, als sollte sie etwa eine Barschaft hinter sich haben, die sie den armen Kindern entwenden oder unterschlagen würde. Ich bin des Zeuge, daß da keine Barschaft ist, ohne die Becher und Kleinod droben im Wipgeding erzählt (aufgezählt), vielmehr 450 fl. Schulden oder mehr.“[575] Aber Luther hatte noch ein weiteres vorausgesehen, was seiner Frau vorgeworfen werden könnte: eine üble Wirtschaft. Es heißt weiter im Testament: „Es kann solches bei jedermann die Rechnung öffentlich geben, weil man weiß, wie viel ich Einkommens gehabt von meinen gestrengen Herrn, ohn was Geschenk ist gewesen, welches droben unter den Kleinoden, zumteil auch noch in der Schuld steckt und zu finden ist. Und ich doch von solchem Einkommen und Geschenk so viel gebaut, gekauft und große und schwere Haushaltung geführt, daß ich's muß neben anderem selbst für einen sonderlichen, wunderliche Segen erkennen, daß ich's hab können erschwingen, und nicht Wunder ist, daß keine Barschaft, sondern daß nicht mehr Schuld da ist.“[576] Am meisten unzufrieden mit der gesamten Wirtschaft Katharinas war der Kanzler Brück, Luthers Gevattersmann. Brück hatte schon 1536, als Katharina das Gut Booß pachten wollte, ihr das nicht zukommen lassen, aus Argwohn, sie wolle dies herrschaftliche Gut so unter der Hand erblich an sich und ihre Kinder bringen, „welche Gedanken doch nie in ihr Herz gekommen sind“. Deshalb hatte sie auch den Landrentmeister Taubenheim später (1539), als das Gut wieder pachtfrei war, angegangen, solchen ihren Antrag an niemand sonst, auch nicht an den Kurfürsten (welchen dann Brück um Gutachten gefragt hätte) gelangen zu lassen, sondern ihr's unter der Hand zukommen zu lassen, was dann auch geschah. Brück äußerte sich auch sehr abschätzig über Käthes Unternehmungen auf ihrem Lieblingssitz Zulsdorf und hielt diese kostspieligen Verbesserungen für arge Verschwendungen. Er widersetzte sich endlich dem Erwerb von Wachsdorf. Daher ist es begreiflich, daß auch Katharina auf ihn übel zu sprechen war, und überhaupt auf die fürstlichen Amtleute, welche scheel zu den Begnadigungen sahen, die sie vom Hofe erhielten, und sogar sie darin verkürzten. Als Luther ein Jahr vor seinem Tode von Wittenberg wegziehen wollte, und seine Frau beauftragte, seine Besitzungen in der Stadt zu veräußern, da ließ Melanchthon gegen Brück merken, daß eigentlich Katharina das „treibe“ und daß es nicht das sei, was Luther vorwende. Das berichtete der Kanzler dem Kurfürsten und fügte mit einer gewissen Schadenfreude hinzu: es gebe Gottlob keine Käufer für so kostbare Häuser und Güter[577]. Als dann die kurfürstliche Verordnung wegen „der Hochzeiten und Kindtaufen“ an Luther geschickt wurde, kamen Melanchthon und Bugenhagen zu Brück und zeigten an, Luther wolle sie weder sehen noch hören; zu Hof hätte man nur sein Gespött damit. Daraus schloß Brück, daß der Doktor durch seine Frau aufgewiegelt werde. Es war also ein Zerwürfnis zwischen dem Schwarzen Kloster und dem Hof, das heißt zwischen Dr. Luther und Kanzler Brück, der den „Hof“ vertrat, so daß Brück gar nicht mehr persönlich und direkt mit Luther verhandelte, sondern die beiden Theologen sandte oder auch einen Dritten[578]. Dieses Zerwürfnis hatte dann noch seine weitere Geschichte. Im Dezember 1545 schickte Brück einen Zwischenhändler ins Schwarze Kloster „hinauf zu Sr. Ehrwürden“, um Luther zu bewegen, er solle aus einer vom Hof bestellten Schrift eine politisch bedenkliche Stelle auslassen. „Da war Frau Käthe auch dabei und hat ihr Wort dazu gelegt dergestalt: „Ei lieber Herr, sie lesen zu Hof nichts; das macht's, wissen sie doch Euere Weise wohl u.s.w.“ Und Luther wurde über diese Zumutung des Kanzlers zornig und wunderlich und sagte, er wolle es kurzum nicht thun. Diese Rede Käthes wurde natürlich dem Kanzler hinterbracht und er berichtete sie sofort samt den vorhergehenden Beobachtungen dem Kurfürsten mit dem Zusatz: „Ich sorg, weil sich Doktor Martinus in mehr denn einem Weg wider den Hof bewegt vermerken läßt, es muß nochmals das Gütlein Wachsdorf dahinter stecken, und der gute, fromme Herr durch die „Rippe“ bewegt wird.“[579] Das alles spielte kurz vor Luthers Tode; begreiflich, daß die Verstimmung bei Brück jetzt noch frisch und kräftig nachwirkte. Auch Melanchthon und Bugenhagen scheinen gegen die Doktorin eingenommen, wenn man den Berichten von Brück glauben soll. Es muß aber doch ausfallen, daß außer den Brückschen Berichten keine Belege für Melanchthons und Bugenhagens Feindseligkeit gegen Frau Käthe bekannt sind; ja die Fürsorge beider, namentlich Melanchthons und das Zutrauen Katharinas zu diesem beweist eher das Gegenteil. Dennoch wäre nach Brücks Eingabe eine vorübergehende Erregung der beiden alten Freunde gegen sie vorhanden gewesen. Zunächst freilich wirkte die Liebe und Verehrung, die der gewaltige und gemütreiche Mann genossen, auch noch auf seine Familie, insbesondere die trauernde Gattin. Der Kurfürst hatte einst vor neun Jahren in Schmalkalden an Luthers vermeintlichem Sterbebett diesem versprochen: „Euer Weib soll mein Weib sein und Euere Kinder sollen meine Kinder sein“. Dessen gedachte er auch jetzt nach des Doktors wirklichem Abscheiden und sandte an „die Doktorin, Luthers liebe Hausfrau“, jenes gnädige Trostschreiben, worin er sie und ihre Kinder seiner gnädigen Fürsorge versichert[580]. Diesem Versprechen kam nun auch der Fürst getreulich nach, so lange er in Freiheit war und es vermochte. Der Kanzler Brück hatte in einer Nachschrift zu seinem Briefe an den Kurfürsten vom 19. bemerkt: „Philippus hat mir gesagt, er habe der Doktorin bereits vor 14 Tagen 20 Thaler zur Haushaltung leihen müssen. E. Kf. Gn. wollen 14 Thaler verordnen zur Haushaltung und anderem, das dieses Falles Notdurft wohl erfordern will. Der Allmächtige wird es E. Kf. Gn. reichlich vergelten!“ Darauf sandte der Kurfürst sofort am folgenden Tag hundert Gulden mit einem Schreiben an Melanchthon; darin heißt es: „Dieweil Wir auch vermerken, als solle gemeldten Doctor Martini seligen Hausfrau und Witwe am Gelde Mangel haben, wie ihr denn von Euch vor seinem Tode Fürsehung (Vorschuß) geschehen sein solle: als schicken Wir Euch bei diesem Boten hundert Gulden. Davon wollet Euch des Geldes, was Ihr geliehen habt, zuvor bezahlen und der Witwe die Übermaß (den Überschuß) von Unserntwegen zustellen.“[581] Und vielleicht nochmals zwei Tage nach der Beisetzung hat der Kurfürst die Witwe Luthers seiner besonderen Gnade und Fürsorge versichert. Auch erbot er sich, ihren ältesten Sohn an den Hof und in die kurfürstliche Kanzlei zu nehmen[582]. Auch die Freunde des Hauses nahmen sich der Witwe noch an. Melanchthon erwies ihr eine kleine Aufmerksamkeit. Als er am 11. März einen Hasen und einen Pelz von Jonas erhielt, dachte er an das Mosesgesetz, daß den Priestern, welche die Bürde der Kirchenregierung auf ihren Schultern trugen, auch die Haut des Opfertieres gehören sollte, und damit an Luther, der so lange Jahre auf seinen Schultern eine solche Last Geschäfte getragen, und er schickte den Pelz und Hasen an Luthers Witwe[583]. Jonas berichtet am 15. April an König Christian III. von Dänemark über Luthers Tod und fügte die Bitte bei: „Bitt' unterthänigst E.K.Maj. wolle der Witwe Domini D. Martini seiner drei Söhne Martini, Pauli, Johannis und eines Töchterlein Margret gnädigster Herr sein.“[584] Sogar der Herzog von Preußen schrieb an den Kurfürsten von Sachsen für D. Martini seligen Witwe eine „Vorbitt“, deren der Kurfürst freundlich eingedenk zu sein verheißt: „Dieweil Wir dem Doktor bei seinem Leben in allem Guten geneigt gewesen, so achten Wir Uns auch schuldig, seine nachgelassenen Kinder, seinen getreuen, fleißigen und christlichen Dienst genießen zu lassen, wie Wir sie auch samt der Witwe in gutem Befehl habend.“[585] Die Grafen von Mansfeld hatten Luther und seiner Familie für seine Vermittlung 2000 fl. zugesagt und haben diese dann auch am 8. Mai 1546 „Doktor Luthers nachgelassener Wittfrau und Kindern“ verschrieben, zu „Dankbarkeit solch christlichen Liebe und Erzeigung bemeldts D.M. Luthers, daß er sich gutwillig gen Eisleben gefügt und treumeinende Handlung vorgenommen und also daselbst mit Friede sein Ende christlich und seliglich beschlossen.“[586] Endlich bestand noch ein Vermächtnis des Kurfürsten Johann Friedrich von 1000 fl., welche Luthers Kindern ausgesetzt waren, und wovon einstweilen die Renten ausbezahlt wurden, als eine Art Gnadengehalt für die Waisen[587]. Der Witwe war in diesen Verschreibungen nicht gedacht. Dagegen hatte Luther für seine Gattin schon vier Jahre vor seinem Tode ein Leibgeding ausgesetzt. Luther hatte nun in bekannter Mißachtung der Juristen und des juristischen Formen-Krams dies Dokument absichtlich selbst aufgesetzt und nur von seinen theologischen Freunden Melanchthon, Kreuziger und Bugenhagen unterschreiben lassen, in der Meinung, da ihn so „viele in der Welt für einen Lehrer der Wahrheit halten“ trotz Papstes Bann und des Kaisers, Könige, Fürsten, Pfaffen, ja aller Teufel Zorn, so sollte man ihm und seiner Handschrift auch in diesen geringen Sachen glauben.“ Er schreibt darin: „Zuletzt bitt' ich jedermann, weil ich in dieser Begabung oder Wibgeding nicht gebrauche der juristischen Formen und Wörter (wozu ich Ursachen gehabt), man wolle mich lassen sein die Person, die ich in Wahrheit bin, nämlich öffentlich im Himmel, auf Erden und in der Hölle bekannt, der man trauen und glauben mag, mehr denn keinem Notario.“[588] Daraus ergiebt sich eine Mißstimmung gerade gegen Brück, der ja in diesem Falle besonders hätte gehört werden müssen. Aber die Rechtsgelehrten konnten dies Testament auch anfechten und scheinen dies gethan zu haben eben darum, weil Luther in so geflissentlicher Weise die verhaßten Juristen übergangen hatte. Waren doch die Juristen immer noch bedenklich über die Rechtsgültigkeit der Priesterehe und gar der Ehe von Mönchen und Nonnen, also daß Luther fürchten mußte, daß sie seine „Ehre und Bettelstücke seinen Kindern nicht gedenken zuzusprechen“. Da konnte nur eine besondere Entscheidung der Staatshoheit der Witwe zu ihrem Rechte verhelfen, wie auch Luther selbst in dem Testament vorgesehen hatte: „Und bitt auch hiemit unterthäniglich, S.K.G. wollten solche Begabung oder Wibgeding schützen und handhaben.“[589] Dies sog. „Testament“ Luthers war eigentlich ein Leibgeding für seine Hausfrau, ein „Weibgedinge“, wie es herkömmlich von Ehemännern früher oder später ausgestellt zu werden pflegte. Es hatte um so größere Bedeutung, als es für Beamten-, wie Professorenfrauen kein Witwengehalt gab und das sächsische Erbrecht für Frauen so ungünstig war. Alle evangelischen Pfarrer der Reformationszeit, deren Besoldung sehr unsicher, oft nur ein Gnadengehalt war, strebten deshalb danach, ihren Frauen, wie Luther sich ausdrückt, ein „Erbdächlein und Herdlin“, d.h. Grundbesitz, zu verschaffen; und jeder Ehemann in Sachsen pflegte der Ehefrau ein Leibgedinge zu verschreiben. „Wie wenige findet man,“ sagt Luthers langjähriger Hausgenosse Hieronymus Weller, als er Pfarrer in Freiberg war und Weib und Kind hatte, „wie wenige findet man, die sich kümmern um Witwen und Waisen von verstorbenen Dienern der Kirche! Darum folge ich Luthers Beispiele und kaufe ein Haus zur Zuflucht für die Meinen in der Zukunft.“ So dachte auch Luther. Er äußerte sich sehr unzufrieden über das sächsische Recht wegen seiner Behandlung der weiblichen Ansprüche. „Sachsenrecht“, sagte er, „ist allzustreng und hart, als das da anordnet, daß man einem Weibe nach ihres Mannes Tode geben soll nur einen Stuhl und Rocken“. Dies legte aber Luther so aus: „_Stuhl_, das ist Haus und Hof; _Rocken_, das ist Nahrung, dabei sie sich in ihrem Alter auch könne erhalten; muß man doch Dienstboten besolden und jährlich ihnen ihren Lohn geben, ja man giebt doch einem Bettler mehr.“[590] Demgemäß handelte nun auch Luther und schrieb — schon am Dreikönigstag 1542 — sein „Testament“, d.h. das „Weibgeding“ für seine Gattin[591]. „Ich, M.L.D. bekenne mit dieser meiner eigenen Handschrift, daß ich meiner lieben u. treuen Hausfrauen Katherin gegeben habe zum Wipgeding (oder wie man es nennen kann) auf ihr Lebenlang, damit sie ihres Gefallens u. zu ihrem Besten gebaren muge, und gebe ihr das in Kraft dieses Briefs, gegenwartiges und heutigen Tages: Nämlich das Guttlein Zeilsdorff, wie ichs bis daher gehabt habe. Zum andern das Haus Bruno zur Wohnung, so ich unter meines Wolfs Namen gekauft habe. Zum dritten die Becher und Kleinod, als Ringe, Ketten, Schenkgroschen, gulden und silbern, welche ungefährlich sollten bey 1000 Fl. werth seyn. Das thue ich darumb, Erstlich, daß sie mich als ein frum, treu ehelich Gemahel allezeit lieb, werth u. schön gehalten, und mir durch reichen Gottes-Segen fünf lebendige Kinder (die noch furhanden, Gott geb lange) geboren und erzogen hat. Zum andern, daß sie die Schuld, so ich noch schuldig bin (wo ich sie nit bey Leben ablege), auf sich nehmen und bezahlen soll, welcher mag seyn ungefähr, mir bewußt, 450 fl. mugen sich vielleicht wohl mehr finden. Zum dritten, und allermeist darumb, daß ich will, sie müsse nicht den Kindern, sonder die Kinder ihr in die Hände sehen, sie in Ehren halten, und unterworfen seyn, wie Gott geboten hat. Denn ich wohl gesehen und erfahren, wie der Teufel wider dieß Gebot die Kinder hetzet und reizet, wenn sie gleich frum sind, durch böse und neidische Mäuler, sonderlich wenn die Mütter Witwen sind, und die Söhne Ehefrauen, und die Töchter Ehemänner kriegen, und wiederumb socrus nurum, nurus socrum. Denn ich halte, daß die Mutter werde ihrer eigenen Kinder der beste Vormund seyn, und sölch Guttlein und Wipgeding nicht zu der Kinder Schaden oder Nachtheil, sondern zu Nutz und Besserung brauchen, als die ihr Fleisch und Blut sind und sie unter ihrem Herzen getragen hat. Und ob sie nach meinem Tode genöthiget oder sonst vorursachet wurde (denn ich Gott in seinen Werken und Willen kein Ziel setzen kann) sich zu vorändern: so traue ich doch, und will hiemit sölches Vertrauen haben, sie werde sich mutterlich gegen unser beyder Kinder halten, und alles treulich, es sey Wipgeding oder anders, wie recht ist, mit ihnen theilen. Auch bitt ich alle meine gutten Freunde, sie wollten meiner lieben Käthen Zeugen seyn und sie entschuldigen helfen, wo etzliche unnutze Mäuler sie beschweren oder verunglimpfen wollten, als sollt sie etwa eine Barschaft hinter sich haben, die sie den armen Kindern entwenden oder unterschlagen würde. Ich bin deß Zeuge, daß da keine Barschaft ist, ohn die Becher und Kleinod, droben im Wipgeding erzählet. Und zwar sollts bey iedermann die Rechnung offentlich geben, weil man weiß, wie viel ich Einkummens gehabt vom M. gestr. Herr, und sonst nicht ein Heller noch Körnlein von iemand einzukummen gehabt, ohn was Geschenk ist gewesen, welches droben unter den Kleinoden, zum Theil auch noch in der Schuld steckt, und zu finden ist. Dieß bitte ich darumb: denn der Teufel, so er mir nicht kunnt näher kummen, sollt er wohl meine Käthe, allein der Ursachen, allerley Weise suchen, daß sie des Mannes D.M. eheliche Hausfrau gewesen, und (Gott Lob) noch ist.“ — Außer diesem Witwengut bestand das Lutherische Vermögen aus folgendem: dem Klosterhaus, hernach zu 3700 fl. verkauft, den beiden Gärten zu 500 fl., Hausrat und Bibliothek zu 1000 fl. zusammen 5200 fl. Das Leibgeding der Mutter betrug im Verkaufswert 2300 fl., nämlich das Gut Zulsdorf 956 fl., das Haus „Bruno“ zu 343 fl., bisher „um einen liederlichen Zins“ vermietet, dazu noch die 1000 fl. Silbergeschirre; davon gingen allerdings die genannten 450 fl. Schulden ab, wenn sie bei Luthers Tod noch standen; diese Schulden machten ihr viel Sorgen; eine „Barschaft“ war — auch nach D. Brücks Zeugnis „nicht da“. Freilich Luther selber hatte diesen Besitz viel höher angeschlagen; in der Schätzung 1542 berechnet er ihn auf 9000 fl. Das Einkommen aber aus allem schätzt er auf kaum 100 fl. Dazu kamen noch seit einiger Zeit 50 fl. jährliche Rente, aus dem verschriebenen kurfürstlichen Legate von 1000 fl. und endlich noch 2000 fl. des Grafen von Mansfeld[592]. Das war wohl ein großer, weitläufiger Besitz; aber er war wenig einträglich; alles in allem warf er 250 fl. ab. Ob davon eine größere Familie ohne gar zu große Einschränkung leben konnte? Die Kinder waren noch alle unversorgt und unmündig. Der älteste Sohn Hans war 20 Jahre alt, das jüngste Töchterlein Margarete erst 11, Martin 14 und Paul 15. Und die drei Söhne sollten nach Luthers Wunsch alle studieren: Hans nach der Mutter Meinung die Rechte, Martin wollte Theologe werden, Paul hatte sich schon mit des Vaters Beifall für die Medizin entschlossen. Zudem war noch der alte lahme Famulus Wolf da, der als gewohntes Erbstück mit versorgt werden mußte; er hatte zwar auf Luthers Ansuchen vom Kurfürsten ein Stipendium von 40 fl. bekommen, dies aber ging in Luthers Haushalt mit auf[593]. Man konnte Luthers Witwe, die einen so großen und gastfreien Haushalt gewohnt war, doch nicht zumuten, das alte liebe Haus zu verlassen und sich in ärmlichster Weise, etwa in die „Bude“ Bruno oder auf Zulsdorf zurückzuziehen und die Kinder unter fremde Leute zu geben. Brück war freilich dieser Meinung. Frau Katharina dagegen wollte alle Kinder bei sich behalten, was ja wohl auch das billigste war; sie wollte ferner im Klosterhaus bleiben und Kostgänger nehmen in noch ausgedehnterem Maße wie bisher; sie wollte endlich nicht nur „die Böse“ (das Gut Booß), die sie etliche Jahre her zur Miete und um einen „liederlichen Zins“ innegehabt, ferner auch also behalten, sondern noch ein weiteres landwirtschaftliches Anwesen erwerben, um ihre Einnahmen zu vermehren[594]. Dies alles aus Fürsorge für sich und ihre Kinder; aber auch, wie der Kanzler Dr. Brück gewiß richtig versteht, „damit sie zu thun, zu schaffen und zu gebieten genug hab, und ihr demnach an der vorigen Reputation nichts abgehe“. Namentlich war ihr das neue Landgut angelegen: hatte sie ja für die Landwirtschaft besondere Neigung aus wirtschaftlichem Interesse, aber wohl auch aus ihrem adeligen Bewußtsein heraus. Schon vor mehreren Jahren nämlich war ihrem Gatten das große Gut Wachsdorf zum Kaufe angetragen worden, welches eine Stunde von Wittenberg, jenseits der Elbe, also viel günstiger als das ferne Zulsdorf gelegen, auch fruchtbarer und einträglicher, freilich auch teurer war als dies. Das wurde ihr nun aufs neue angeboten[595]. Die Witwe fragte nun Melanchthon um Rat. Der sah für gut an, man sollte den Kauf von Wachsdorf anlangend des Kurfürsten Rat und, wo dieser es riete, seine gnädige Hilfe erbitten. Sie aber wollte das schlechterdings nicht haben — gewiß nur deshalb, weil sie von vorn herein wußte, daß der kurfürstliche Rat — der Rat Dr. Brücks sei, dem die Sache zur Begutachtung übergeben würde und der dem Vorhaben Katharinas durchaus entgegen war. Sie entwarf nun eine Eingabe an den Kurfürsten dahingehend: Weil sie gedenke, das Gut Wachsdorf zu kaufen, so wolle S.K.Gn. ihr dazu gnädige Hilfe thun, und sie mit Vormündern bedenken, damit ihre Kinder und sie zu ihrer Unterhaltung bedacht werden möchten, dieweil kein Geld, Gesinde oder Vorrat vorhanden, denn das Gut wäre nicht angerichtet (eingerichtet). Diese Bittschrift gab Frau Katharina Melanchthon zur Begutachtung. Dieser brachte sie nun am Dienstag, 9. März, abends in die Sitzung mit, welche er, Bugenhagen und Kreuziger mit Brück wegen des Regensburger Religionsgespräches bei dem Kanzler hielten, und gab sie — Brück. Und der Kanzler las sie nun „öffentlich“ vor. Als Bugenhagen den Plan Katharinas wegen Wachsdorf vernahm, rief er: „Da hört man wohl, wer alleweg nach dem Gut Wachsdorf getrachtet. Vorher hat man's auf den Doktor geworfen, der wolle es schlechterdings haben; aber jetzt merkt man wohl, wessen Getrieb es gewest.“ Darnach fielen allerlei Reden zwischen den vier Männern und meinten dieselben „fast insgemein“: „Kriegte sie das Gut, so würde sie ein solches Bauen darauf anfangen, zu ihrem und der Kinder großem Schaden, wie sie mit dem Gut Zulsdorf auch gethan, welches sie über 1600(!) Gulden zu stehen kam und wollt ihr nicht gern 600 Gulden gelten[596]. Weiter wurde bedacht: Wenn sie draußen (in Wachsdorf) bauen und wohnen wollte, so würde sie die Söhne zu sich hinaus vom Studium abziehen, daß sie junkern lernten und Vögel fangen[597]. Ferner überschwemme die Elbe sofort und bedecke das Gut mehrern Teils mit Wasser; man könne keinen Keller bauen, es sei überhaupt „ein wüstes Gütlein“. Aber Melanchthon, der das Ungehörige seines Schrittes wohl einsah, bat, man solle nicht über die Bittschrift verhandeln, sondern sie, wie sie wäre, an den Kurfürsten abgehen lassen; „die Frau ließe sich doch nit raten, sondern ihr Gutdünken und Meinung müsse alleweg für rücken“. Brück sagte: „Will sie um Vormünder bitten, so wird sie ja mit derselben Rate handeln und vorgehen müssen. Und ich dächte, daß Kreuziger und M. Melanchthon neben andern die besten Vormünder wären; denn sie wissen ja um des Herrn sel. Gelegenheit; die Kinder müssen ihnen auch des Studiums halber vor anderen folgen.“ Aber die beiden schlugen die Vormundschaft „alsbald glatt ab“, aus Ursachen, daß „die Frau nicht folge und sie oft beschwerliche Reden von ihr würden einnehmen müssen“. Ferner ließ sich Melanchthon vernehmen, daß sie der Kinder keins wolle von sich thun, sondern dieselben sollten bei ihr in Wittenberg unterhalten werden. Und wiewohl der ältere Sohn Hans nicht ungeneigt gewesen wäre, auf des Kurfürst gnädiges Erbieten gen Hof und in die kurf. Kanzlei zu ziehen, so hätte sie ihn doch (ab)wendig gemacht. Man[598] habe von andern auch dergleichen gehört, daß sie vorgäbe: es wäre ein alberner Gesell, man würde ihn in der Kanzlei nur äffen und zum Narren machen. Zum Studium tauge er nach Melanchthons Meinung gar nicht, denn er wäre zu groß und es fehlten ihm die Grundlagen. Endlich war der Kanzler der Meinung, man sollte die Behausung des Klosters, diese weitläufige Wohnung, verkaufen oder verlassen. Aber Melanchthon erklärte, daß „ihr Gemüt (Sinn) nicht wäre“, das zu thun, sondern sie gedächt es zu behalten, ingleichen auch das Gut Zulsdorf, selbst wenn Wachsdorf dazu käme. So war — nach Brücks Bericht — die Unterredung der vier Freunde und Gevattern Luthers über seine Witwe. Melanchthon hatte also gegen den Willen der Frau Doktorin ihr Anliegen dem Kanzler vorgetragen, dessen Dreinreden sie gerade — und mit gutem Grund — vermeiden wollte; und er hatte auch noch allerlei mündliche Mitteilungen gemacht, welche nicht dazu dienen konnten, die Stimmung der Freunde gegen die Doktorin zu verbessern. Ohne von dieser Behandlung ihrer vertraulichen Mitteilung etwas zu wissen, ließ nun Frau Katharina ihre Eingabe durch den Hausfreund Ratzeberger, den kurfürstlichen Leibarzt, bei Hofe im Torgauer Schloß einreichen. Es geschah am Mittwoch, und schon Donnerstag, 11. März, fordert der Kurfürst den Kanzler Brück in Wittenberg um ein Gutachten über die Bittschrift Katharinas auf, die er seinem Schreiben beilegte. Das Gutachten des Kanzlers ist nun ein eigentümlich gehässiges Schreiben. Brück berichtet darin an den Kurfürsten zuerst die vertrauliche Beratung der drei Theologen mit allen für Katharina ungünstigen Bemerkungen derselben, und zwar, wie es scheint, verschärft. Hätte das Melanchthon gewußt, so hätte er's wohl unterlassen, Brück „von der Frauen wegen um sein Bedenken“ zu bitten. Ferner erwähnt der Kanzler in dem Schriftstück allerlei gehässiges und sogar verlogenes Geschwätz „von andern“. „Viel Leut wollen's dafür halten, es werde endlich schwerlich unterbleiben, daß sie sich wieder verändern wird“ — so wagt Brück drei Wochen nach ihres Gatten Tod von einer 47jährigen Frau zu schreiben! und dies, obwohl er sich bewußt ist und ausdrücklich erklärt, es sollte vermieden werden, daß „man mit der Frauen disputiere, ob sie sich verändern wird oder nit“. Ferner berichtet er an den Kurfürsten: „Man sagt mir, es hab ein jeder Knab einen eigenen Präceptor und Famulum“ — hinterher stellt sich aber heraus, daß es bloß ein einziger ist, Rutfeld, und ein gelehrter und treuer Geselle. Ebenso wird es Uebertreibung sein, wenn er als „öffentlich“ hinstellt, was „des andern Gesindes vorhanden ist“ — wie sie nämlich „mit vielem Volk“ (Gesinde) überladen sei. Endlich giebt der Kanzler seiner Abneigung gegen die Doctorin noch verschiedentlich klaren Ausdruck. Er nennt ihre Bitte „stumpf und kurz“; er rechnet dem Kurfürsten _wiederholt_ vor, daß er 600 fl. Gnadengeld zur Erbauung des Gutes Zulsdorf gegeben und noch dazu für 100 fl. Holz; er spricht die Verdächtigung aus, welche doch auch Dr. Luther träfe: „Der arme lahme Wolf ist auch noch da; wollt sie ihn bei sich behalten und er bei ihr bleiben, so hätt sie die vierzig Gulden auch mit einzubrocken, wie denn bisher geschehen, daß der arme Mensch derselben wenig genossen hat, — besorg ich“, setzt er doch etwas bedenklich hinzu. Das Gut Wachsdorf macht Brück so schlecht wie möglich und meint, es „erobere“ keine hundert Gulden Reinertrag, also nicht einmal die Kapitalzinsen. Er verdächtigt die Doctorin weiter, „es sei ihren Kindern nichts nutz“ und es sei ihr nur darum zu thun, teil zu haben an dem Gut. Und sein ganzes Bestreben geht dahin, nur den Kindern und immer den Kindern alles zugut kommen zu lassen und die Witwe vom Besitz und Genuß auszuschließen. Und weiterhin ist Brücks Rat und Absicht, „ihr die stattliche — ein andermal heißts: „große und verthunliche“ — Haushaltung zu brechen“. Endlich geht er mit aller Macht darauf aus, der Mutter die Kinder zu entziehen. Während Luther in seinem Testament zu seiner Gattin das gute Zutrauen hatte, „die Mutter werde ihren eigenen Kindern der beste Vormund sein“, erklärte Brück, wie es scheint mit direkter Beziehung auf diese Meinung Luthers: „Nach sächsischem Recht kann sie nit Vormund sein, dieweil sie bei ihrem Witwenstand selbst Vormünder bedürftig; so wär es auch sorglich, da (wenn) sich die Frau anderweit würde verehelichen.“ Am ärgsten wohl tritt er der Witwe zu nahe, wenn er ausführt, die Knaben würden bei ihr junkern und spazieren gehen und vom Studio abgezogen, sie müßten daher „zu gelehrten Leuten gethan werden, vor denen sie Furcht und Scheu hätten, bei welchen sie auch einen bequemen Tisch hätten“ — als ob die Kinder bei ihr — der „Erzköchin“ — sogar in ihrer leiblichen Pflege versäumt würden! Die einzige gegründete Veranlassung zu dem Mißtrauen in Katharinas Erziehungskunst konnten doch nur die geringen Fortschritte geben, die der wenig begabte Erstgeborne im Studium bisher gemacht. Fast eher wie böses Gewissen sieht es aus, als wie Scheu vor Frau Katharinas starkem Willen, wenn der Kanzler an den Kurfürsten schreibt: „Nun wär ich in Unterthänigkeit willig gewest, mit der Frauen selbst oder dem Philippo von den Sachen auf E. Kurf. Gn. Befehl zu reden; so hat mich doch dies abgescheuet, daß ich dazumal vom Philippo verstanden, daß ihr Gemüt nit wäre das Haus allhie zu verkaufen oder zu verlassen, sondern gedächt es zu behalten, ingleichen Zulsdorf und Wachsdorf; darum des Verkaufens des Hauses gegen ihr nit zu gedenken sein wollte.“ Sachlich macht der Kanzler dem Kurfürsten nun folgende Vorschläge: 1. Damit die Domina nicht Ursache habe S.K.Gn. zu Unglimpf zu gedenken, möge der Kurfürst zu den bisherig verschriebenen 1000 fl. noch 1000 fl. — aber nur für die Kinder — hinzuthun und beides zusammen mit 100 fl. verzinsen, das auf das Mädchen (Margarete) fallende Viertel aber (500 fl.) bis zu ihrer Verheiratung verpensionieren. 2. Der Kurfürst solle der Mutter und den Kindern besondere Vormünder geben. Diese beiderseitigen Vormünder sollten dann das Eigentum der Witwe und das der Waisen reinlich scheiden. 3. „Darnach müssen die Vormünder beiderseits davon reden, wie, wovon und welcher Gestalt die Kinder sollen unterhalten werden. Da wird sich denn das Gebeiß zwischen der Frau und den beiderseitigen Vormündern ergeben. Denn der Kinder Vormünder werden sagen: es sei kein bessers, denn Hansen den ältern Sohn thue man gen Hof in E.K.G. Kanzlei; so möchte es sich mit der Zeit also schicken, daß er zu etwas käme, so ihm sonst fehlen möchte. Denn wenn ihm E.K.G. ein Stipendium verordnet und es wollt mit dem Studium nicht fort, so wird es schimpflich, es ihm zu kündigen. Ferner werden sie sagen, daß mit den andern Knaben auch kein besser wäre, denn daß man sie von einander thät und daß sie nit bei der Mutter wären.“ Dazu könne ihnen der Kurfürst noch ein weiteres Stipendium geben. 4. Das Töchterlein könne man bei der Mutter lassen, und von den 500 fl. 30 fl. Rente geben, und wenn es nicht reiche: 40 fl. Davon könnte es die Mutter mit einem kleinen Meidlein, das ihm aufwartet, wohl erhalten und es von dem Mansfeldischen Geld- oder Zinsanteil mit Kleidung versehen. 5. Auf diesem Weg würde der Frau ihre große und verthunliche Haushaltung gebrochen werden und dem vorgebeugt, daß aus den Kindern „Junker und Lappen“ werden. 6. „Würde die Frau unsern Vormündern dann sagen: „Wovon solle sie denn erhalten werden?“, so könnten die Vormünder der Kinder erwidern: Sie brauche mit ihrer Tochter nicht große Haushaltung, nicht viel Gesinde, hätte die Wohnung umsonst, könne Kostgänger halten, die Anwesen zum Teil vermieten, brauen, den Genuß vom Garten, Hufen und Zulsdorf haben und Anteil an den Mansfeldschen Kapitalzinsen. Auch könne der Kurfürst ihr und der Tochter jährlich 2 Wispel Korn geben und vielleicht etliche Klafter Holz. 7. „Wenn sie (die Domina) vermerkte, daß E.K.G. den _Kindern_ bewilligen wollte, Wachsdorf zu kaufen und dazu die 2000 fl. ausfolgen lassen, so wird sie des Gutes bald vergessen und sich der Mühe und des Bauens nicht wollen beladen, so sie nicht zum wenigsten die Hälfte daran mitberechtigt wird.“ Es gebe auch jährlich kaum 100 fl. Reinertrag, und habe dazu auch die Last eines halben Lehnspferdes. Darüber aber solle der Hauptmann zu Wittenberg Asmus Spiegel befinden, ob das Gut mehr eintrage als das Kapital. Der Kurfürst war rücksichtsvoller als sein Kanzler. Er schien dessen Abneigung zu merken und ordnete in einem Schreiben an Brück und Melanchthon an, daß Vormünder für die Witwe und für die Waisen bestellt würden, und verschrieb den Kindern noch 1000 fl.; über den Kauf von Wachsdorf sollten die Vormünder befinden[599]. Zwar erbot sich Brück, „hinauf zu fahren (zur Doktorin) und die Anzeigung mit zu thun; Philippus aber meinte, es wäre ohne Not, er wollt es von unser beider wegen wohl ausrichten.“ Also ging Melanchthon am Freitag früh mit dem kurfürstlichen Schreiben zu der Doktorin[600]. Sie bedankte sich bei ihm und dem Kurfürsten für die Begnadigungs-Zulage zu gunsten ihrer Kinder und erklärte dann folgendes: 1. Sie wünsche für sich zu Vormündern den jeweiligen Stadthauptmann von Wittenberg und ihren Bruder Hans von Bora; für die Kinder des Doktors sel. Bruder Jakob, den jetzigen Bürgermeister Reuter von Wittenberg und Melanchthon, Dr. G. Major lehnte sie ab; auch Kreuziger scheint sie abgelehnt zu haben, welcher im vertrauten Briefwechsel mit Veit Dietrich Käthe eine „Hausfackel“ genannt hatte. Sie erklärte sich aber mit der Vormundschaft des Kurfürstl. Leibarztes Dr. Ratzeberger einverstanden, der „seines Weibes halber selber der Freundschaft (= Verwandtschaft) war.“[601] 2. Sie war einverstanden, daß die 1500 fl. vom Kurfürsten für ihre _Söhne_ auf Wachsdorf angelegt würden. Der Kanzler hatte ihr also auch darin Unrecht gethan, daß er meinte, die Domina wolle Wachsdorf nur oder hauptsächlich für sich haben und bewirtschaften, statt für ihre Söhne. Der Kanzler schlug nun dem Kurfürsten vor, Melanchthon „nicht mit der Vormundschaft zu beladen, denn er ist fromm und wenig (gutherzig und schwach), dienet nit dazu, da man der Frau wird sollen Oppositum (Opposition) halten.“ Man solle die beiden Theologen Melanchthon und Kreuzinger nur zu Mitvormündern in Bezug auf die Erziehung der Kinder machen, daß die Söhne zu „Gottesfurcht, Lehre, Zucht und Tugend möchten gezogen werden“.[602] So wurde es dann auch vom Kurfürsten angenommen und die Vormünder bestellt, für die Kinder auch Kreuziger in Stellvertretung für Ratzeberger, welcher nur bei den wichtigsten Verhandlungen abkommen könnte[603]. Auch das Testament Luthers wurde, „nachdem Uns Unsre Liebe Besondere Katharina, des Ehrwürdigen und Hochgelehrten Unsers Lieben Andächtigen Ehr Martin Luthers, der hl. Schrift Doctors seligen nachgelassene Witwe ihres Herrn Testament und Verordnung vortragen und bitten lassen“ — zu Judica vom Kurfürsten „gnädiglich bestätiget und konfirmiret, ob es gleich an Zierlichkeiten und Solemnitäten, so die Rechte erfordern, mangelhaft wäre.“[604] Nun gab es noch lange mühsame Verhandlungen zwischen dem Kanzler und Kurfürsten einerseits und zwischen den Vormündern und der Doctorin anderseits wegen der Erwerbung des Gutes Wachsdorf und der Erziehung der Kinder[605]. Der Kanzler riet energisch von dem Kauf des Gutes ab, aber noch hartnäckiger „arbeitete“ Frau Katharina darauf, und erbot sich, ihren Kindern zu gut sich mit dieser Sache zu „beladen“; denn sie verhoffte daraus große Nutznießung zu ziehen und versprach auch „keine sonderlichen Gebäude allda vorzunehmen“. Darum haben die Vormünder „es auch nit härter bestreiten wollen und durch ihr Widerfechten das Ansehen bei ihr haben, als wollten sie ihre Wohlfahrt hindern und des Herrn (Luthers) Wohlthaten vergessen“. „Also hat es die tugendsame Frau Doctorin und die Vormünder neben ihr angenommen.“[606] Das Gut kostete aber 2200 fl. Weil das Mansfeldische Kapital erst in zwei Jahren flüssig wurde, so gaben die Vormünder dem Kurfürsten zu bedenken, „daß um des löblichen Herrn Doctors willen der Witfrauen auch etwas zu willfahren ist, und daß sie wahrlich zwischen Thür und Angel stecken.“ Darum gab der Kurfürst die 2000 fl. her, darunter auch die 500 fl. der Margarete, welche aber bis zu ihrer Verehelichung als Hypothek auf Wachsdorf gestellt und mit 30 fl. verzinst werden mußten. Von den fehlenden 200 fl. gab Melanchthon und ein Freund die Hälfte, um die andere ging er den wohlhabenden Amsdorf an. Am Pfingstmontag (14. Juni 1546) zahlte der Kanzler Brück die 2000 fl. an die Vormünder Ratzeberger, Reuter und Jacob Luther aus, und Frau Käthe, die so „fleißig angehalten, daß gemeldte Gabe in liegende Güter umgewandelt werde“, erbot sich, „daß sie solche Güter den vier Kindern zu Gute treulich und fleißig warten wollte“. Zur Verwaltung des Gutes hätte sie freilich gerne noch einen Teil des Mansfeldschen Kapitals gehabt und begab sich dieserhalb zu dem Grafen, und wie es scheint, mit teilweisem Erfolg[607]. In ähnlicher Weise ging es auch mit der Erziehung der Kinder. Der Kanzler drang zwar darauf, daß Johann in die kurfürstl. Kanzlei käme und die beiden andern, Paul und Martin, mit der Mutter Verwilligung weg zu einem Magister in Wohnung, Kost und Unterricht, also zu fremden Leuten gethan würden. Und so billigte es auch der Kurfürst[608]. Damit mußte auch die Witwe zufrieden sein und „ihr solches gefallen lassen und sich mit den Vormündern darüber vergleichen.“ So berichtete wenigstens Brück an den Kurfürsten. Nun ordnete der Kurfürst auf den Bericht des Kanzlers an, daß die Vormünder den ältesten Sohn vor sich forderten und an ihm vernähmen, ob er im Studio fortzufahren geneigt und wenn er jetzo dermaßen geschickt, daß seines Studieren halber Hoffnungen sei, so solle man es noch ein halb Jahr mit ihm versuchen; sollte er aber dazu weder geschickt noch geneigt sein, so wolle der Kurfürst ihn auf seine Kanzlei nehmen. Die zwei jungen Söhne aber sollten „von der Mutter zu einem tauglichen Magister oder Präceptor gethan werden, bei denen sie wesentlich sein und ihre um ein gleich (billiges) Geld Kost haben oder irgendwo mit ihm zu Tisch gehen, bei denen sie auch eine Scheu und Furcht haben und also in der Lehr und Zucht zum besten aufgezogen werden und darinnen verharren.“ Mit dieser Entfernung der Kinder aus dem Hause sollte nun auch zugleich die Haushaltung der Witwe aufgelöst werden[609]. Daß diese Zumutungen bei Katharina einen großen Kampf kosteten, läßt sich denken. Wenn sie auch wohl zuerst bei dem gemeinsamen Ansturm aller Freunde und Gönner diesen Plänen nachgegeben hatte, jetzt, als sie zur wirklichen Ausführung kommen sollten, wehrte sich die Mutter mit aller Macht dagegen. Vier Wochen dauerte der Kampf und — Katharina blieb siegreich[610]. Die Vormünder Kreuziger, Melanchthon und Reuter nahmen auf des Kurfürsten Befehl zuerst den ältesten, Johann, vor. Sie stellten ihm vor, daß S.K.Gn. geneigt wäre, ihn in seine Kanzlei zu nehmen. „Dieweil er denn in einem solchen Alter wäre, daß er billig bedenken solle, was er endlich vornehmen wolle: ob er bei dem Studio wollte bleiben oder nicht, und die Vormünder ihn zur Kanzlei tüchtiger erachteten, so wollten sie ihm gern dazu raten; zudem daß es an sich ein löblicher und nützlicher Stand sei, darin er zu Gottes Lob und zu gemeiner Wohlfahrt dienen und seiner lieben Mutter, Schwester und Brüdern tröstlich sein könne; er sollte daher dankbar das kurfürstliche Anerbieten annehmen und diesen Stand nicht ausschlagen.“ Darauf folgte eine lange Hin- und Widerrede und eine schriftliche Antwort von Hans des Inhalts: „Ehrwürdige, liebe Herren! Des Durchl. Kurf. Befehl meine Person anlangend habe ich in Untertänigkeit und dankend angehört. Nun versteh ich wohl, daß der Stand in der Kanzlei ein sehr ehrlicher (ehrenvoller) Dienst ist, ich weiß aber, daß mein lieber Vater vor dieser Zeit nicht hat willigen wollen, daß ich außer der Schul ziehen soll. So wollt ich gern länger studieren. Ich will mich auch durch Gottes Gnade in allem Gehorsam und Unterthänigkeit gegen Gott, S. Kurf. Gn. und meiner lieben Mutter allezeit halten. Und bitte, S. Kurf. Gn. wollen mir gnädiglich zulassen, noch ein Jahr in artibus („in den freien Künsten“) zu studiren, mich in lateinischer Schrift besser zu üben. Und so ich alsdann zu einer Fakultät tüchtig, wollt ich lieber procediren (fortfahren) im Studio; so mich aber S.K.Gn. alsdann gnädiglich gebrauchen wollten, stelle ich dasselbe auch zu S.K.Gn. in Unterthänigkeit. Johannes Lutherus.“ Weiterhin forderten die Vormünder den jetzigen Präzeptor der zwei jungen Knaben, Ambros Rutfeld, vor und erkundigten sich nach den Knaben. Des einen, Martin, Schrift sahen sie an und befanden ihn wohl studiert; Paul war etliche Wochen krank gewesen, erwies sich zur Musik geschickt, der Grammatik aber nicht so fähig. Dann zeigten die Vormünder der Mutter Sr. Kurf. Gn. „gnädiges Gemüt an, daß sie zum Studio treulich und fleißig angehalten und mit Lehr und Wohnung bei einem Magister in der Stadt bestellet würden.“ Die Mutter gab folgende Antwort: „Sie zweifle nicht, S. Kurf. Gn. meine dieses gnädiglich, und sie danke unterthänig. Aber sie bitte zu bedenken, weil der jüngste oft schwach (krank) sei, daß er an andern Oertern nicht besser sein könne, denn bei der Mutter. Zudem so seien allhie die Magistri also beladen (übersetzt) in ihren eigenen Wohnungen, daß die Kinder ohne Fährlichkeit ihrer Gesundheit nicht wohl bei ihnen zu bestellen seien. Auch möchten sie unter dem fremden ungleichen jungen Volk eher in böse Gesellschaft geraten, denn bei ihr, dieweil sie doch aus dem Haus ohne ihre Erlaubnis nicht gehen dürften.“ Diese Gründe erkannten die Vormünder an; und weil nun die Söhne nicht von der Mutter kommen, sondern weiter bei ihr bleiben sollten, so erheischte auch der Kinder und der Witwe Notdurft nicht mehr, daß die Haushaltung eingezogen und vergebliche Kosten abgeschnitten wurden. Die Vormünder brachten darum auch den weiteren kurfürstlichen Auftrag gar nicht zur Verhandlung, „daß das unnötige Gesinde hinweg gethan wurde und von dem jährlichen Einkommen die Witwe und Kinder ihre Haushaltung bequemlich haben, auch darüber nicht in Schulden gedeihen möchten.“ Die Vormünder erklärten vielmehr dem Kurfürsten, die Knaben seien jetzund mit einem gelehrten treuen Gesellen bestellet, sie wollten auch selber ein Aufsehen auf Martini Studio haben, hätten auch bereits das Nötige angeordnet. Und sie trugen darum auch um so lieber auf den Ankauf des Gutes Wachsdorf an. Demgemäß entschied nun der Kurfürst mit Ratzebergers Zustimmung: er wolle es bei dem Entschlusse Hansens bewenden lassen; sei auch einverstanden, daß er und seine Brüder nun bei der Mutter blieben, versehe sich aber nun, daß des Doktors sel. Söhne alle drei unter dem Hauslehrer und der Vormünder Aufsicht zu Zucht, Tugend und Lehre mit Fleiß angehalten würden, ihnen auch nicht viel versäumliches Spazierens verstattet werde. „Denn Wir wissen, daß des Doktors Gemüt mit höchster Begierde dahin gerichtet gewest, daß seine Söhne studieren sollten.“ Von einer Einschränkung oder Auslösung der Haushaltung war nicht mehr die Rede. So hatte Frau Katharina schließlich doch ihr „Gemüt“ durchgesetzt: das alte, liebgewordene, durch so viele große Erinnerungen geheiligte Klosterhaus blieb ihr Besitz und ihr Wohnsitz, die Kinder durfte sie alle um sich haben und Wachsdorf wurde den Söhnen zu teil als ein rittermäßiges Mannlehen; und damit hatte sie die Genugthuung, daß ihre Kinder wieder ein edelmännisches Erbgut besaßen, nachdem der adelige Besitz ihrer eigenen Familie völlig zerstoben war. Die Familie blieb also im Klosterhause beisammen. Hans besuchte die Kollegien und die beiden Knaben lernten bei ihrem Präzeptor Rutfeld. Das Töchterlein wurde von der Mutter erzogen. In der ersten Trauerzeit hatte die Frau Doktorin unmöglich ihren großen Haushalt und Kosttisch mit den vielen fremden Tischgenossen weiter führen können. So waren manche ausgezogen. M. Besold z.B. bat Melanchthon, ihn aufzunehmen. Frau Katharina kam auch wohl wegen der ungewissen Zukunft ihrer Lage nicht so bald dazu, den Kosttisch wieder im alten Umfang anzufangen. Der lahme alte Wolf, der Famulus des Doctors, war auch noch da. Die Vormünder mußten hören, ob er noch länger bei der Frau bleiben, auch ob sie ihn behalten wollte oder nicht. Wahrscheinlich ist er, der so sehr mit dem Klosterhause verwachsen war, doch geblieben, obwohl er einmal auf eine frühere gleiche Anfrage Luthers, ob er bei seiner Frau bleiben wolle, ausweichend geantwortet hatte, wenn Luther sterbe, möchte er am liebsten auch selber gleich begraben werden, und Frau Katharina wird ihn auch behalten haben; abgesehen von den 40 Gulden Pension, die sie, wie Kanzler Bruck meinte, „mit einbrocken“ konnte, war er doch zu sehr eingeweiht in alle Verhältnisse des Hauses, und Frau Käthe behielt ihn, wenn er auch nicht nur lahm, sondern nach Luthers Zeugnis auch nachlässig, bequem und gedankenlos war und am liebsten am Vogelherd saß. Das übrige Gesinde wird wohl beschränkt worden sein, wie der Kanzler und der Kurfürst verschiedentlich betont hatten. Denn auch die Gastfreundschaft war in dem Klosterhause nicht mehr in dem alten Umfang nötig: die Besuche, Feste, Tischgesellschaften der zahlreichen Freunde und Bekannten, der flüchtigen und Bittsteller, der Gesandtschaften und Studierenden ließen nach oder hörten ganz auf. Aber freilich neue Mühe und Arbeit erwuchs der Doktorin in dem neuen Landgut, zumal da jetzt die Heu- und Fruchternte bevorstand. Doch solche Arbeit war der thatkräftigen Domina eine Lust und Freude. Neben der Landwirtschaft betrieb Frau Käthe jetzt ihre „Tischburse“ weiter. Es starb ihr aber leider gar bald am 30. Mai ein junger Tischgeselle Weidhofer aus Oesterreich hinweg[611]. Die eben Witwe gewordene hatte auch selber zu sorgen für eine andere Waise, ihren Neffen Florian. Die Mutter desselben hatte sie angegangen, dem jungen Studenten namentlich mit Büchern nachzuhelfen; sie meinte wohl — irrigerweise —, das könnte aus der Bibliothek Luthers geschehen oder durch Bücher von einem abgehenden oder verdorbenen andern Tischgenossen, wie das ja vorkam. Frau Käthe schreibt da ihrer Schwägerin: „Was Euern Sohn, meinen lieben Ohmen antrifft, will ich gerne thun, so viel ich kann, wenn es allein sollt an ihm angelegt sein. Wie ich mich denn gänzlich versehe, er werde dem Studieren mit allem Fleiß folgen und seine köstliche, edle Jugend nicht unnützlich und vergeblich zubringen. Wenn er aber in seinem Studieren ein wenig besser zunehmen und nun andere und mehr Bücher bedarf, sonderlich so er die Rechte studieren sollte, könnt Ihr, liebe Schwester, selbst gedenken, daß ich ihm solche Bücher, die er dazu bedarf, nicht werde geben können. Und (er) wird ein wenig einen größern Nachdruck müssen haben, damit er sich das Ding alles, was dazu gehört, schicken kann. Wär' derhalben sehr vonnöten, daß, wie Ihr mir schreibet, Euren Sohn, meinem lieben Ohmen, ein jährlich Geld zum Stipendio gegeben würde. Also könnte er desto besser beim Studieren bleiben und seinem Ding leichtlicher nachkommen. — Von dem allem aber, das ich bei ihm thun kann, will ich Euch bei (durch) meinem Bruder Hans von Bora, alsbald er hieher zu mir kommen wird, weiterm Bericht und Bescheid geben.“[612] Dies Stipendium erhielt auch Florian mit Hilfe Katharinas[613]. Zu Ostern kam also Bruder Hans von Krimmitschau, wo ihm vom Kurfürsten die Karlhause als Rittergut um mäßigen Kaufpreis überlassen worden war, zu Besuch bei der verwitweten Schwester. Freilich helfen konnte Hans von Bora auch nicht eigentlich, am wenigsten mit handgreiflicher Unterstützung; denn er hatte selbst mit Sorgen der Nahrung und des Lebens zu kämpfen. Dagegen wandten sich die Freunde der Lutherschen Familie, besonders Bugenhagen, der Reformator des Nordens, wiederholt an den alten Gönner D. Luthers, den König Christian III. von Dänemark. Nachdem zu Pfingsten auf Jonas' allgemeines Schreiben noch keine Antwort eingetroffen war, schrieb der Dr. Pommer am 5. Juni bestimmt und deutlich: „Der Herr Philippus und ich bitten, E.M. wolle unsern Sold (100 Thlr.) und 50 Thaler, die noch gehören in diesem Jahr unserm lieben Vater Doctori Martino (welchen Christus herrlich hat aus diesem Jammerthal zu sich genommen vor einem Vierteljahr) geben diesem Herrn Christophero, Ritter, an uns zu bringen. Die fünfzig Thaler wollen wir Doctor Martini Weib und Kindern verantworten.“[614] Bald darauf kam die königliche Antwort auf D. Jonas' Brief: „Wir wollen auch Uns des seligen und teuern Mann Gottes nachgelassene Witwe und Kinder gnädigst befohlen sein lassen.“ Aber der fällige Sold kam nicht, so daß Bugenhagen im Herbst (am 15. Nov.) nochmals eine deutliche Mahnung an den König abgehen ließ: „Ich habe Ew. Königl. Majestät fleißig geschrieben um Pfingsten bei Ehr Christoffer, Ritter aus Schweden, von unserm Solde, welchen Ehr Christoffer wollt uns hieher bringen, auch gebeten für D. Martini nachgelassene Witwe daß sie diesmal noch die fünfzig Thaler möchte kriegen aus Gnaden E.K.M. Aber Ehr Christoffer ist nicht wieder kommen, hat mir auch gar nicht geschrieben.“[615] So harrte Frau Katharina vergeblich auf diese Beisteuer und sie hätte sie doch so nötig gehabt. Denn mittlerweile war aufs neue großes Unheil über Wittenberg und das Klosterhaus hereingebrochen. 17. Kapitel. Krieg und Flucht. Die Witwe konnte sich kaum in ihren neuen Stand einleben, da nahte schon das Unglück, das Luther vorausgesehen und vorausgesagt: es kam der Schmalkaldische Krieg und mit ihm Verwüstung, Plünderung, Flucht, Elend über Frau Katharina. Die Ereignisse folgten sich rasch im Frühling und Sommer: die Protestanten verwerfen das Tridentinische Konzil; der Regensburger Konvent verläuft ohne Ergebnis; der evangelische Erzbischof Hermann von Köln kommt in Bann. Herzog Moriz verbündet sich mit dem Kaiser; das protestantische Oberdeutschland greift zu den Waffen, dann auch Kursachsen und Hessen; die beiden Fürsten werden geächtet, der Krieg erklärt und der Papst ordnet Gebete an für Ausrottung der Ketzer. Schon zehn Tage vorher am dritten Sonntag nach Pfingsten hörte Frau Katharina in der Kirche zu Wittenberg das evangelische Kriegsgebet und flehte mit besonderer Inbrunst um Hilfe in dem Gewaltkampf, der gegen ihres seligen Mannes Werk entbrennen sollte: „Dieweil Du siehst die große Not unserer Herrschaft, unser aller: Mann, Weib und Kinder, und daß unsre Feinde fürnehmlich suchen Vertilgung rechter Lehre und Aufrichtung und Bestätigung ihrer schändlichen Abgötterei: so bitten wir Dich, Du wollest um Deiner Ehre willen unsre Herrschaft, unsere Kirchen, uns, unsere Kinder und Häuslein gnädiglich schützen und bewahren, wie Du Dein Volk Israel im Roten Meer erhalten und geschützet hast, und wollest der Feinde Macht zerstören und die mörderische fremde Nation ihre Unzucht und Grausamkeit nicht an unsern Weibern und Kindern üben lassen.“ Und Melanchthon gab die „Warnung D. Martini Luther an seine lieben Deutschen“ in Kriegsgefahr aufs neue heraus[616]. Sorge und Schrecken verbreitete sich in Wittenberg als der Hauptfestung Kursachsens und dem geistigen Hauptbollwerk des Protestantismus, und ganz besonders im Schwarzen Kloster, von dem aus der Sturm gegen das Papsttum begonnen war. Im Sommer kamen unter Hauptmann von Mila viele gute Kriegsknechte in die Stadt, auch viel Proviant, Büchsen und Pulver. Die einen waren ordentlich und fromm, andere lebten roh und praßten. Die Bürger zogen mit den Kriegsknechten auf die Wache, ergriffen Spieße, Hellebarden und Arkebusen und bezogen die Schanzen, Hans Lufft, der Drucker mit seinen Gesellen, den großen Berg, wo die „Singerin“, ein großes Geschütz, aufgestellt war. Eine spätere Nachricht erzählt, daß auch Hans Luther als Fähnrich in den „kaiserischen Elbkrieg“ gezogen sei[617]. Alles war in Aufregung, namentlich als Herzog Moriz von Sachsen, dem schon Luther Verrat an der evangelischen Sache zugetraut hatte, sich auf die Seite des Kaisers schlug und in Kursachsen einfiel, von den Welschen und „Hussern“ des Königs Ferdinand begleitet[618]. Die Universität begann sich zu zerstreuen aus Furcht vor Belagerung. Der Krieg näherte sich. Am 6. November wird Zwickau umzingelt, daher die Hochschule aufgelöst. Am 9. kommt die Kunde, Zwickau sei an Moriz übergeben und das feindliche Kriegsvolk ziehe auf Wittenberg heran. Jetzt flüchtete alles, was konnte, aus der festen Stadt: Greise, Weiber, Kinder, nach allen Richtungen in zahllosen Wagen, während der fallende Winterschnee Menschen, Tiere und Gefährte bedeckte. Nur Pfarrer und Schulmeister blieben zurück von den Beamten[619]. Frau Käthe hatte schon vor vierzehn Tagen ihren Wagen einspannen und außer ihren Kindern das Wertvollste und Notwendigste an Hab und Gut aufladen lassen. Auch der Neffe Fabian Kaufmann und wohl noch andere Verwandte und Tischgenossen waren bei dem traurigen Zug; der Famulus Wolf aber blieb zur Hut des Hauses zurück. Die Flucht ging über Dessau und Zerbst nach dem festen Magdeburg, wohin sich die meisten Professoren begaben; nur Melanchthon blieb mit seiner Familie in Zerbst, wo er einen kleinen Schülerkreis sammelte, kam aber öfters nach Magdeburg herüber. Fabian wurde später nach Wittenberg zurückgeschickt, wo neben Kreuziger und Bugenhagen auch Paul Eber verblieben war, der sich des jungen Menschen annehmen konnte; wahrscheinlich sollte Fabian in der Stadt mit Wolf Sieberger auf das Schwarze Kloster und den Lutherischen Besitz achtgeben. Bald kam die betrübende Kunde von Wittenberg: „Man hat (am 16. November) die Vorstädte samt allen Gärten und Lusthäusern weggebrannt, die Aecker verwüstet und ist den armen Leuten wohl eine Tonne Goldes Schaden geschehen und ein großer Jammer.“ Dann kam Moriz mit seinen Meißnern und mit König Ferdinands „Hussern“, und sie streiften bis an die Mauern der Stadt und schrieen hinein. Herzog Moriz, des „Teufels Ritter und Soldat“, berannte die Stadt am 18. November. Da hieß es nach dem Liede: Zu Wittenberg auf dem hohen Wall Hört man die Büchsen krachen. Der Sturm wurde abgeschlagen, aber die „Hussern“ plünderten und schändeten in der Umgegend[620]. Indessen diesmal ging die Belagerung Wittenbergs rasch vorüber; denn Moriz wurde um Weihnachten von dem aus Süddeutschland herbeigeeilten Kurfürsten zurückgetrieben. Jedoch der Krieg in Sachsen dauerte fort und an eine Heimkehr nach Wittenberg war nicht zu denken; nur Melanchthon war einmal Mitte Januar 1547 dort[621]. Der Aufenthalt in Magdeburg war nichts weniger als behaglich, Unterkunft war gar schwer zu finden; dem Stadtrat war die Masse der Schüler unbequem. Die Nachbarschaft, besonders die Halloren, waren gegen sie aufgebracht und bedrohten sie. Daher suchten die Professoren andere Stellungen, namentlich Major mit seiner zahlreichen Familie[622]. In dieser Zeit der Not kam eine Hülfe, die fast nicht mehr erwartet war. Die 50 Thaler, um welche Bugenhagen den dänischen König für Luthers Witwe schon zu Pfingsten und dann nochmals nach der Flucht der Witwe geschrieben hatte, waren bis jetzt nicht gekommen. Nun aber am 10. Januar 1547 wurden die gewährten 150 „Joachimer“ durch Vermittelung des Hamburgers Müller an Professor Veit Winsheimer, welcher bei dem ehrbaren Herrn Emeran Tucher zu Magdeburg wohnte, geschickt, und Frau Katharina empfing erfreut ihren Anteil[623]. Und nicht lange darauf kam wieder ein Bote mit 50 Thalern und einem gnädigen Schreiben an „Doktor Luthers Witwe“: „Unsern gnädigsten Gruß zuvor. Ehrbare und viel Tugendsame, Liebe, Besondre! Nachdem Wir berichtet, daß Ihr in jetzigen gefährlichen Zeiten neben anderen aus Wittenberg nach Magdeburg gewichen, haben Wir nicht unterlassen wollen an Euch zu schreiben, Euch Unsern gnädigsten Willen und Neigung zu vermelden. Und als Ihr dermaßen Eure Haushaltung und Euch an fremden Orten unterhalten müßt, worüber wir ein besonders Mitleid haben, schicken Wir Euch bei gegenwärtigem Boten, dem alten Schlesier, zu Eurer Haushaltung fünfzig Thaler; die wollet zu Gefallen annehmen und Unsere gnädigste Neigung daraus vermerken. Wir wollen auch jederzeit Euer gnädiger Herr sein und Uns gegen Euch zu erzeigen wissen. Wollten Euch solches gnädigst nicht vorenthalten und sind Euch mit Gnaden und allem Guten geneigt.“[624] Frau Katharina schrieb dafür ihren Dankesbrief: „Gnad und Friede von Gott dem Vater durch seinen eingeborenen Sohn Christum Jesum. Durchlauchtigster, großmächtigster König, gnädigster Herr! E.K.M. sei mein andächtig Gebet gegen Gott dem Herrn vor (für) E.K.M. und aller der Ihren Wohlfahrt und glückselig Regiment allzeit mit hohem Fleiß zuvoran bereitet. Gnädigster Herr! Nachdem ich in diesem Jahre viel große und schwere Bekümmernis und Herzeleids gehabt, als da erstlich mein und meiner Kinder Elend mit Absterben (jedoch seliger und fröhlicher Heimfahrt zu unserm Heiland Christo Jesu) meines lieben Herrn, welches Jahrzeit jetzt den 18. Februarii sich nahet, angangen; darnach auch diese fährliche Kriege und die Verwüstung dieser Länder unsers lieben Vaterlandes gefolget und noch kein Ende dieses Jammers und Elends zu sehen: ist mir in solchem Bekümmernis ein großer und hoher Trost gewesen, daß E.K.M. beides, mit gnädigster Schrift und Uebersendung der funfzig Thaler zu bequemer Unterhaltung meiner und meiner Kinder, auch ferner E.K.M. gnädigster Erbietung, Ihre gnädigste Neigung gegen mir armen verlassenen Witfrau und meiner armen Waisen vermeldet; welches auch vieler andern zuvor gnädigst erzeigten Wohltaten halber gegen E.K.M. ich mich unterthänigst bedanke; verhoffend, Gott der Herr, welcher sich einen Vater der Witwen und Waisen nennet, wie ich denn täglich zu ihm bitte, werde solches E.K.M. reichlich belohnen; in welches gnädigen Schutz und Schirm E.K.M. und Ihr Gemahl, meine gnädigste Frau Königin, und die ganze junge Herrschaft samt Ihren Landen und Leuten hiemit und allezeit fleißig thue befehlen. Geben zu Magdeburg, den 9. Februarii A.D. XLVII. E.K.M. gehorsame Katharina Lutherin, seliger Gedächtnis Doctoris Martini Luthers verlassne Witfrau.“[625] Die so Beglückte dachte aber auch an andere Hilfsbedürftige, an den Amtsgenossen ihres Gatten, D.G. Major, der mit seiner großen Kinderschaar in dieser schlimmen Zeit sich vergeblich nach einer Stellung umsah. Frau Katharina legte in diese Danksagung als Beilage noch eine Fürbitte ein: „Gnädigster Herr! Nachdem ich erfahren, was vor gnädigste und christliche Neigung E.K.M. gegen den (die) Theologen der Universität zu Wittenberg tragen und mein lieber Herr seliger Gedächtnis Doctor Georgen Major stets nun über zwanzig Jahre als seinen Sohn gehalten und lieb gehabt, welcher zu dieser Zeit allhie bei mir im Elend samt zehen lebendigen Kindern: will E.K.M. gedachten Doctor ich mich unterthänigst befohlen haben bittend, E.K.M. wollen ob solchem kein ungnädigst Gefallen haben. Denn Theologi je mit Weib und Kindern sonderlichen zu diesen jämmerlichen Zeiten, betteln müssen, wie ich schier selbst erfahren, da sie nicht von Fürsten und Herren ihre Errettung und Unterhaltung haben werden.“ Zu Ostern erhielt nun auch D. Major „auf der tugendsamen Frauen Katharina, des seligen und löblichen Gedächtnis Doctoris Martini Luthers verlassenen Witfrauen Vorschrift und Vorbitte 50 Thaler bei dem Schlesiger gnädiglich überschickt“[626]. Da es mit der Einnahme Wittenbergs durch Moriz nichts geworden, so war mittlerweile die tapfere Frau Katharina wieder nach Wittenberg zurückgekehrt, aber ihres Bleibens war nicht lange dort. Denn der Kaiser Karl und sein Bruder Ferdinand kamen aus Süddeutschland und Böhmen mit ihren Spaniern und Italienern, Böhmen und Ungarn ihrem Verbündeten Moriz zu Hilfe und es stand eine neue Belagerung Wittenbergs bevor, die diesmal ernstlich und gefährlich werden sollte. Und jetzt mußte Frau Katharina erst recht flüchten, denn überall hin verbreitete sich die Kunde von den unerhörten Greuelthaten und Grausamkeiten der fremden Völker, sogar gegen unschuldige Kinder: „sie raubten, mordeten, plünderten, schändeten Frauen und Jungfrauen und warfen Kinder auf der Gasse über die Zäune“. Namentlich aber wüteten Spanier und Italiener gegen die evangelischen Geistlichen und ihre Familien. Dem Pfarrer in Altenburg entführten sie zwei Töchter, den von Kemberg bei Wittenberg ermordeten sie[627]. Da hieß es: „Die ungarischen Räuber, gemeiniglich Hussirer genannt, sind ein räuberisch und unbarmherzig Volk; bei Eger hieben sie den Kindern die Hände und Füße ab und steckten sie als Federbüsche auf die Hüte“. So erzählte man, und Melanchthon schrieb: „Ihr Führer Lodran (Lateranus) sagte, er werde nach Eroberung unserer Stadt Luthers Leib ausgraben und den Hunden vorwerfen lassen; und redete namentlich davon, mich in Stücke zu hauen.“ Oder gar: „Man werde Luthers Gebeine ausgraben und verbrennen, die Stätte, wo er geruht, zerstören und die Stadt schleifen, Melanchthon erwürgen und D. Pommer zerhacken, daß man sich mit den Stücken werfen möchte.“ Deshalb setzte Melanchthon, welcher zu Anfang 1547 wieder in Wittenberg weilte, für die dortigen Pfarrfrauen eine Bittschrift an den Kaiser auf[628]. Frau Katharina hielt in Wittenberg aus, so lange als möglich. Da aber kam am Ostertag morgens in aller Frühe die schreckliche Kunde, daß am Karsamstag 24. April der Kurfürst Johann Friedrich von der kaiserlichen Uebermacht auf der Lochauer Heide geschlagen und gefangen worden sei und das feindliche Heer sich gegen Wittenberg heranwälze. Hals über Kopf mußte nun Luthers Witwe aufs neue ins Elend“ ziehen[629]. So kam sie plötzlich wieder nach Magdeburg und bat die Freunde, besonders Melanchthon als Vormund ihrer Kinder unter Thränen, ihnen ein Nest zu suchen. Am liebsten wäre sie nach Dänemark gegangen, zu dem einzigen Fürsten, der sich ihrer anzunehmen versprochen hatte, nachdem von dem unglücklichen Kurfürsten nichts mehr zu erwarten stand. Sie bat zunächst, sie nach Braunschweig führen zu lassen. Die Theologen schienen, als sie die Trümmer des geschlagenen kursächsischen Heeres durch Magdeburg ziehen sahen, sich auch nicht mehr in Magdeburg sicher zu fühlen, und Melanchthon und Major mit ihren Familien zogen samt der Lutherischen über Helmstädt nach Braunschweig. In Helmstädt wurden sie vom Stadtrat freigebig bewirtet. In Braunschweig brachte Melanchthon die beiden anderen Familien bei dem evangelischen Abt unter, während er für sich selbst recht lange sich nach einer kleinen Wohnung umthun mußte. Er wurde als begehrter Professor von den verschiedensten Fürsten eingeladen; aber um Luthers Witwe kümmerte sich niemand: sie konnte in dieser Zeit der katholischen Reaktion höchstens eine Verlegenheit sein. Deshalb drängte sie darauf, nach Dänemark zu kommen. Aber als die Flüchtlinge kaum einige Meilen von Braunschweig nördlich nach Gifhorn gekommen waren, zeigten sich alle Wege im Herzogtum Lüneburg voll Soldaten und Herzog Franz machte Schwierigkeiten; so kehrte man wieder nach Braunschweig zurück. Dort blieb nun Katharina mit ihren Kindern, während Melanchthon zu Himmelfahrt nach Nordhausen zog, wohin ihn sein Freund, der Bürgermeister Meienburg, eingeladen halte; und Major folgte, willens sich nach seiner Vaterstadt Nürnberg zu begeben[630]. Am 23. Mai, Montag vor Pfingsten, wurde Wittenberg vom kaiserlichen Heer besetzt; am Mittwoch ritt der Kaiser und der König Ferdinand in die Stadt ein vor die Schloßkirche und ließ sich vom Studiosus Johann Burges aus Quedlinburg „die Begräbnis“ Luthers zeigen, die zu entweihen er aber nicht zuließ, so feind die Spanier sonst D. Luthern waren[631]. Am 6. Juni mußte Wittenberg dem neuen Kurfürsten Moriz huldigen, der den Kurhut und das Kurland als Preis für seinen Verrat an der evangelischen Sache erhalten hatte. Zwei Tage darauf lud der Rektor die Universität zur Rückkehr nach Wittenberg ein. Auch Käthe wurde Ende Juni von D. Pommer und Bürgermeister Reuter zur Rückkehr aufgefordert: es sei alles sicher und Haus und Hof unverheert. So kehrte sie, wenn auch erst Ende Juli, aus Braunschweig heim ins liebe Wittenberg[632]. 18. Kapitel. Der Witwenstand. Es war eine traurige Heimkehr, als Frau Katharina mit ihren Kindern und dem Rest der geretteten Habe auf ihrem Fuhrwerk durch das Coswiger Thor, die Schloßstraße und die Kollegiengasse herauf fuhr und vor dem Klosterhause hielt. Leichter waren Koffer und Kasten geworden — es waren vergoldete und silberne Kredenzbecher im Werte von 600 fl. versetzt worden — und das Herz voll schwerer Sorge. Und doch war's ein Gefühl der Ruhe und Sicherheit, wieder daheim zu sein nach der langen Flucht draußen im „Elend“. Und tapfer griff Frau Käthe es an, das Leben neu zu gestalten. Das Haus war noch im alten Stande und vom Hausrat nichts versehrt. Die Stadt hatte zwar eine Belagerung und einen Sturm durch Moriz ausgehalten, aber friedlich war sie nach der Mühlberger Schlacht an den neuen Regenten übergeben worden und keine Spanier hatten darin hausen dürfen; nur deutsche Völker waren zugelassen. Das Klosterhaus war während der Flucht in der Hut des alten treuen Wolf gestanden. Der aber war nicht mehr, als die Doctorin mit den Kindern heimkehrte: einige Wochen zuvor, am 14. Juni, war er dahin gegangen, als man seiner nicht mehr zu bedürfen schien[633]. Wenn aber auch Haus und Hof unangetastet dastand, um so schlimmer stand es mit den Gütern draußen. Die Vorstädte waren bei Beginn der ersten Belagerung niedergebrannt worden und so waren auch die Gebäulichkeiten in den Gärten ein Opfer der Flammen geworden. Dann hatten die „Hussern“ die Nachbarschaft von Wittenberg geplündert. Auch sonst, bei Grimma, unweit Nimbschen und Zulsdorf, hatte (schon 1546) der Nachtrab übel gehaust: Hühner, Gänse und Schafe geraubt, auch ungedroschenes Getreide zur Streu für die Pferde verwendet. Noch schlimmer hatten im folgenden Jahr die Spanier mit Morden und Brennen, Plündern und Verjagen geschaltet; wo nichts zu plündern war, verbrannten sie draußen im Lande alles Gewächs bis auf die Stoppeln[634]. So hatte Luthers Witwe großen Schaden erlitten im Krieg. Wenn Jonas den seinigen bei den zwei Fluchten auf 400 fl. schätzt, so muß derjenige Katharinas bei ihrem ausgedehnten Grundbesitz weit mehr betragen haben. Ihre Gärten und Güter: das Baumstück mit seinen Gebäulichkeiten, das Gut Wachsdorf und das Vorwerk Zulsdorf waren verwüstet, so daß sie auf Jahre hinaus sie „schwer zu versorgen“ wußte, wie Bugenhagen in Briefen an den dänischen König klagt[635]. Und wenn man die vielgeplagte Witwe nur in Frieden gelassen hätte, daß sie ruhig sich ihrer verwüsteten Güter hätte annehmen können. Aber da wurde sie noch von bösen Nachbarn geplagt und von harten Beamten. Ein zänkischer Mensch fing Streit mit ihr an wegen eines Servituts (vielleicht der Nachbar von Zulsdorf auf Kieritzsch). Melanchthon war zu einem Vergleich bereit, aber der Mann forderte eine maßlose Summe und auch Bruder Hans riet vom Vergleich ab. So kam es zum Prozeß, wobei Dr. Stromberg in Leipzig und auch Camerarius, die Freunde Melanchthons, sich der armen Frau annahmen (1548). Dieser Prozeß dauerte aber jahrelang und noch 1550 mußte Frau Katharina mit Melanchthon vor dem Stadthauptmann in Leipzig zur Tagfahrt erscheinen[636]. Da galt es nicht verzagen, sondern mit neuem Mut das Werk angreifen, um sich und ihre Kinder in Ehren durchzubringen. Der Kosttisch wurde wieder eingerichtet, wenn es auch schwer hielt, in diesen wirren Zeiten, wo die Universität zersprengt war und nur mit Mühe sich wieder sammelte, zumal das neue Kursachsen jetzt zwei Hochschulen hatte: Leipzig und Wittenberg, und die Söhne des gefangenen Kurfürsten sich bestrebten, in Jena eine eigene zu errichten und dahin die echten Lutheraner unter den Professoren und Studenten von Wittenberg zu ziehen; erst im August wurde das Wittenberger Kollegienhaus vom Schmutz der Einquartierung gereinigt und neu getüncht[637]. Ferner konnte von großem Verdienst keine Rede sein, wenn bei dem Rektor Crodel in Torgau zwei Schüler in der Woche für Wohnung und Kost, dazu mittags und abends zwei Kannen Bier, nur 14 Groschen zahlten, und Matthesius in Wittenberg, ehe er zu Frau Luther kam, bei Wolf Jan von Rochlitz „einen sehr guten trocknen Tisch um 5 Silbergroschen“ hatte „neben alten gelehrten, ehrlichen (ehrbaren), guten Tafelbrüdern“. Als solcher Tischgenosse wird genannt: Johann Stromer, der fünf Jahre bei der Witwe wohnte und aß. Vielleicht war damals unter den Tischgenossen Käthes auch der Preuße Georg von Kunheim, der am 15. August 1550 in Wittenberg Student wurde und so mit der Lutherischen Familie bekannt und später verwandt wurde[638]. Außer den Stuben wurden auch noch die Säle zu Vorlesungen an Docenten vermietet, und so las im Sommer 1551 in Luthers Aula, wo der große Doktor sonst über biblische Bücher vorgetragen hatte, Bartholomäus Lasan über Herodot[639]. Trotz alledem mußte Frau Katharina außer der Verpfändung der Becher noch auf ihr Gütlein Zulsdorf ein Anlehen von 400 fl. aufnehmen bei Dr. Franz Kram und außerdem mußte sie sich entschließen, selbst an den König von Dänemark zu schreiben, als den „einzigen König auf Erden, zu dem wir armen Christen Zuflucht haben mögen und von dem allein erwartet werden konnte, daß den armen christlichen Prädikanten und ihren armen Witwen und Waisen Wohlthaten erzeiget würden.“ Zu diesem Brief war sie gezwungen, nachdem die Schreiben der Freunde Bugenhagen und Melanchthon ohne Erfolg gewesen. So bittet nun am 6. Oktober 1550 „D.M. Luthers nachgelassene Witfrau, nachdem sie und ihre Kinder jetzund weniger Hilfe haben und die Unruhe dieser Zeit viele Beschwerungen bringet“, S.K.M. wolle ihr solche Hilfe gnädiglich auch hinfüro verordnen. Sie will treulich und ernstlich bitten, Gott möge Sr.K.M. Wohlthaten, die er den armen evangelischen Pfarrherren und ihren Familien erzeigt, vergelten und dafür besondere Gaben und Segen verleihen. „Der allmächtige Gott wolle E.K.M. und E.K.M. Königin und junge Herrschaft gnädiglich bewahren.“ Auch dies eigene Schreiben der Witwe war, scheint es, ohne Erfolg, trotzdem sie den König an ihres „lieben Herrn große Last und Arbeit“ mahnen konnte, die S.K. Maj. ohne Zweifel nicht vergessen habe[640]. Die Zeitläufe waren sehr traurig. Kreuziger starb 1548, und seine Frau wollte fast vergehen; auch Veit Dietrich in Nürnberg schied bald darauf. Andere Freunde waren verzogen oder auch gestorben. Dazu kam die Not der Kirche, welche der Witwe Luthers nahe genug ging: „das Interim“ mit dem „Schalk hinter ihm“ erregte die Evangelischen aufs ärgste. Der neue Landesherr Moriz, bei dessen Anblick sogar die Spanier und Italiener „Schelm! Schelm!“ riefen und den die Protestanten als „Judas“ bezeichneten, hatte kein warmes Herz, weder für die protestantische Sache, noch für die hauptsächlichsten Vertreter derselben, die Universität zu Wittenberg und deren Angehörige. Da gab es trübe Tage in der alten Elbstadt[641]. Die vier Kinder Katharinas waren bei ihr; und wohl auch einige junge Verwandte. Den Neffen Luthers, Fabian Kaufmann, jetzt mit dem lateinischen Gelehrtennamen Mercator, empfahl Jonas 1548 zu einer Hofstelle an die Fürsten von Anhalt[642]. Johannes studierte in Wittenberg weiter als Rechtsbeflissener. Möglicherweise hat er, ehe nach den Unruhen des Krieges die Muße und Gelegenheit zum Studium wieder eintrat, „auf den väterlichen Gütern ein ländliches Leben geführt“, d.h. der Mutter bei der Landwirtschaft beigestanden, wie einmal berichtet wird[643]. Nach Ostern 1549 kam nun Melanchthons Schwiegersohn Sabinus, Rektor der Königsberger Hochschule, nach Wittenberg. Dieser erzählte viel von des Preußenherzogs Wohlwollen gegen Luthers Familie. Da riet Melanchthon, den jungen Mann nach Königsberg zu schicken, damit er dort durch die Gunst des Königs seine Studien vollende. So schrieb nun Frau Käthe an Herzog Albrecht einen Brief. „Gnade und Frieden in Christo samt meinem armen Gebet zu Gott für E.F.Gn. zuvoran. Durchlauchtigster und hochgeborner Fürst und Herr! Da sich E.F.Gn. gegen meinen lieben Herrn gottseligen, Doctorem Martinum mit sonderlichen Gnaden allezeit erzeigt, so hab ich in keinen Zweifel gestellt, E.F.Gn. würden auch mir aus sonderlichen Gnaden, so unser lieber Gott E.F.Gn. zu seinem göttlichen Wort, das zu lieben, zu schützen und zu handhaben verliehen, auch um meines lieben Herrn seliger willen als eines wahren Propheten dieser letzten gefährlichen und unruhigen Zeiten mich und meine lieben Kinder als nachgelassene Witwe und Waisen in gnädigen Schutz nehmen und Ihnen befohlen sein lassen. Als ohne Not, E.F.Gn. zu erinnern, in wie schwere Not meiner Haushaltung ich nach jetzt ergangener Kriegsführung gediehen, auch wie kümmerlich ich bisher von meinen armen verwüsteten und verheerten Gütern mich samt meinen Kindern ernähren und erhalten müssen — hab ich aus Rat des Herrn Philippi und Anzeigen des Herrn Dr. Sabini, wie geneigt E.F.Gn. meinen Kindern sei, meinen ältesten Sohn Hans an E.F.Gn. abgefertigt, und nachdem dann E.F.Gn. ihn noch eine Zeitlang bei den Studien zu erhalten sich gnädigst erboten, will gegen E.F.Gn. ich mich derselbigen gnädigen Förderung und Mitsorge für meine nachgelassenen armen Kinder aufs demütigste bedankt haben. Dieweil aber dies meines Sohnes erstes Abreise ist, und ich auch derhalben ihn zumeist abgefertigt, (damit er) neben seinen Studien gegen die Leute lerne wissen sich zu (ver)halten, so ist an E.F.Gn. dies meine demütige Bitte, dieselben wollten diesen meinen Sohn um meines lieben Herrn gottseliger willen in Gnade und Schutz aufnehmen und da er sich sonst in der erste in allem gegen E.F.Gn. nicht zu erzeigen wüßte, solches noch seiner Unwissenheit und ersten Ausfahrt gnädiglich zu gute halten und Geduld mit ihm tragen. Als zweifel ich nicht, er wird sich gegen E.F.Gn. zu unterthänigem und seinen Präceptoribus zu schuldigem Gehorsam wohl zu verhalten wissen, seinen Studiis und demjenigen, so ihm oblieget, fleißig nachgehen und gegen E.F.Gn. ehrbar und denkbarlich in aller Untertänigkeit sich zu erzeigen wissen. Dies dann E.F.Gn. gnädige Beförderung unser lieber Gott auch reichlich wiederum belohnen wird und bin für E.F.Gn. gegen Gott um langwährende Regierung und Wohlfahrt fürzubitten allezeit demütiglich beflissen. Datum Wittenberg, den 29. Mai anno 49. E.F.G. demütige und unterthenige Catharina, D. Martin Luthers seligers nachgelassene Witwe.“ Melanchthon schrieb einen Empfehlungsbrief an den Herzog für den jungen Mann, worin er ihn lobt als „tugendhaft im Wesen, unbescholten, bescheiden, aufrichtig, rein, von guter Anlage und Beredsamkeit; sein Körper sei gewandt und leistungsfähig und wenn er sich am Hofe übe, so könne sein Eifer dem Staat zu großem Nutzen gedeihen.“ Auch Jonas empfahl in einem Schreiben dem Herzog seinen „lieben Freund, den Sohn des göttlichen Propheten, empfehlenswert schon durch seinen Vater“ und entbot „Sr. Hoheit das Gebet der hochverehrten Frau und Witwe des hochw. D. Luther“. Zu mehreren Empfehlung legte Jonas eine Erzählung von dem Krieg bei und ein handschriftliches Schreiben Luthers, „des Propheten Deutschlands“, worin er diesen Krieg prophezeit habe[644]. So reiste denn Johannes Ende Mai mit Dr. Sabinus ab, der auch sein von Melanchthon erzogenes Töchterlein zu des Großvaters tiefem Schmerz mitnahm. Auch Jonas' Sohn, Dr. Christoph und Johann Camerar, der Sohn von Melanchthons Busenfreund, sind wahrscheinlich mit Hans Luther nach Königsberg gezogen[645]. Es kam nun auch ein Brief von Hans an Melanchthon, worin er einen Teil der Reise beschrieb. Den andern Teil scheint er schuldig geblieben zu sein. Auch muß ihm Melanchthon schreiben, Mutter, Schwester und Brüder warteten mit Sehnsucht auf einen Brief, worin er von all seinen Sachen berichten möchte; zur Leipziger Weihnachtsmesse gebe es schon genug Gelegenheit zur Briefbeförderung[646]. Lange hörte man nichts mehr von Hans Luther. Daheim aber dauerten die bösen Zeiten fort; denn die Unruhen und Aufregungen wegen des Interims, das der Kaiser den Lutheranern aufgezwungen hatte, ließen nicht nach; die Erbitterungen zwischen dem ehemaligen und jetzigen kurfürstlichen Hause waren eher im Wachsen, zumal der gefangene Kurfürst noch immer nicht freigegeben, sondern vom Kaiser in unwürdiger Weise umhergeschleppt wurde. Die Belagerung Magdeburgs, das wegen Nichtannahme des Interims geächtet und durch Moriz angegriffen war, brachte allerlei landschädigende Truppenbewegungen, und die Universität konnte also nicht so leicht zur Muße und Blüte kommen. Auch die Anfechtungen durch „die bösen Nachbarn“ dauerten bei Katharina fort. Die Einkünfte in diesen unruhigen Zeiten wollten nur schwer reichen für den Haushalt und die Erziehung der Kinder; Frau Katharina „litt an Armut“, so daß die 15 Rosenobel (50 Thaler) Gnadengehalt von dem dänischen König Christian III., um welche die Freunde regelmäßig einkamen und Katharina selbst schrieb, für „die arme Frau, unseres lieben Vaters Doctoris Martini Witwe mit ihren Kindern“ eine gar erwünschte „gnädige Hilfe“ waren. Die „Begnadigungen“, welche sonst die Lutherische Familie von ihren Landesherren gewohnt war, blieben aus, da der alte Kurfürst gefangen saß und der neue bei seinen großen Plänen und steten Kriegen nichts übrig hatte für sie. Daher konnte Frau Katharina klagen, „daß wenig Leut sind, die für die großen Wohlthaten meines lieben Herrn seinen armen Waisen Hilfe zu thun gedächten“[647]. Die vielerlei Schicksalsschläge trafen die arme Witwe so schwer, daß sie, die stets gesunde, jetzt kränklich wurde und über „Schwachheit“ zu klagen hatte. In dieser schweren Zeit, „da es ihr Vermögen nicht war, ihren und ihres lieben Herrn Kindern nach Notdurft zu helfen“, war es für Frau Katharina ein Trost, daß der preußische Herzog „nun selber Vater sein“ solle. In dieser Zuversicht wandte sie sich zu Georgi (23. April) 1551 an S.F.Gn. unter Verdankung für die gnädige Aufnahme und Unterhaltung ihres Sohnes mit der Bitte, ihm ferner zur Vollendung seines angefangenen Studii in Frankreich oder Italien Unterhaltung zu verordnen, damit er dem Herzog nützlicher dienen könne. Zuvor aber möge der Herzog ihren Sohn eine kurze Zeit zu ihr kommen lassen, damit sie in ihrer Schwachheit etliche nützliche Sachen mit ihm reden könne, daran ihm und seinen Brüdern und seiner Schwester merklich gelegen; dann möge er wieder nach Königsberg oder nach Italien und Frankreich gehen, wie S.F.Gn. bestimmen würde. Wahrscheinlich hatte Hans der Mutter diesen Plan an die Hand gegeben. Welchen Schmerz aber mußte die Mutter über ihren Lieblingssohn erleben, als darauf vom Herzog Albrecht folgende Antwort eintraf: „Wir befinden, daß Unser gnädiger Wille bei ihm nicht dermaßen, wie Wir wohl gehofft, angewendet. Denn wie Wir berichtet (sind), soll er seiner Studien zur Gebühr nit abwarten. So wissen Wir auch gewiß, daß er sich etlicher guter Händel, deren er wohl müßig gehen konnte, teilhaftig macht. Derwegen zu bedenken, daß Uns wahrlich etwas beschwerlich (fällt, daß) Unsere gnädige Gewogenheit so wenig bei ihm bedacht wird.“ Daher schlage es der Herzog ab, Hans reisen zu lassen; wolle er aber in Königsberg vor gut annehmen, so sei der Herzog geneigt, um seines Vaters willen ihn mit Unterhalt zu versorgen[648]. Das war ein Schlag für Katharinas Mutterherz! Also weder fleißig noch ordentlich war ihr Liebling und beides wäre er doch nicht nur dem Herzog, sondern auch seinem Vater und seiner Mutter schuldig gewesen. Und wenn sie sich auch sagen mochte, der Herzog sei strenge gegen seine Schützlinge: wie einst gegen ihren Bruder Clemens, so jetzt gegen ihren Sohn Hans und wenn sie auch wohl mit ebenso viel Recht geltend machen konnte, der junge, sonst gut geartete und willige Mensch sei durch böse Gesellschaften verführt worden, so blieb doch die Thatsache stehen, daß sie dem Sohn zu viel und zu Gutes zugetraut, und daß die Vormünder doch recht gehabt mit der Behauptung, Hans habe nicht das Zeug zum Studium — war er doch auch jetzt schon 25 Jahre alt! Daran konnte auch das gute Zeugnis nichts abbrechen, das die Universität Königsberg dem Sohne Luthers wohl allzu günstig ausstellte[649]. Und als nun Hans vollends das Stipendium und Studium in Königsberg aufgab und auf weitem Weg langsam heimkehrte, so war der Beweis geliefert, daß er zu nichts Besserem tauge als auf die herzogliche Kanzlei. Dahin kam er denn auch in Weimar. Um so besser gediehen die Söhne Martin und Paul, von denen der eine Theologie, der andere Medizin studierte; Margarete wuchs zur blühenden Jungfrau heran. Der Schmalkaldische Krieg war wohl sonst zu Ende, nur nicht in Sachsen; es entstand allerlei Unruhe und Kriegsgerücht, neue Sorge und Angst. Sachsen wimmelte von Soldaten, Wittenberg hatte starke Einquartierung. Und obwohl es Freundesvölker waren, so geschahen doch von der rohen Soldateska allerlei Gewaltthaten. In der festen Stadt waren die Bürger vor ihren eigenen Quartiergästen nicht sicher, vor die Mauern hinauszugehen wagte niemand, denn draußen in den Städtlein gab es Mord und Totschlag; übermütig forderten die Kriegsknechte das Unmögliche[650]. Und wie sah es nun wieder draußen auf den Höfen und in den Gärten aus, wo eben mit Mühe die Schäden des Schmalkaldischen Krieges wieder hergestellt waren! Da waren Verwüstungen und Kontribution auf ihren Höfen vorgekommen. „Es ist am Tage“, klagt Bugenhagen, „daß sie in ihren Gütern dies Jahr (1551) großen Schaden gelitten.“ „Derwegen mußte sie zu Recht gehen vor des Kurfürsten Gericht wider Jan Löser.“ Jan Löser — des alten Hans Löser († 1541), ihres Gevatters Sohn und Luthers Paten — mußte Frau Katharina verklagen. Das war fürwahr ein bittrer Gang[651]. Und ob sie ihr Recht bekommen? Der Kurfürst Moriz rüstete sich eben zum Schlage gegen den alten Kaiser. Da hatte er wohl keine Zeit und Lust, eine klagende Witwe anzuhören. So mußte Frau Katharina nochmals den sauren Schritt thun und sich an den dänischen König wenden, an den sie am 8. Januar 1552 u.a. schreibt: „E.K.M. wissen sich gnädiglich zu entsinnen, wie daß E.K.M. meinem lieben Herrn seligen samt dem Herrn Philippo und D. Pomerano jährlich ein Gnadengeld geschenkt, welches sie zu Unterhalt ihrer Haushaltung und Kinderlein haben sollten, welches denn bishero gemeldeten Herrn von E.K.M. überreichet (worden). Dieweil aber mein seliger lieber Herr E.K.M. allzeit geliebet und für den christlichsten König gehalten, auch E.K.M. sich in solchen Gnaden gegen seligen meinen Herrn verhalten: so werde ich _durch dringende Not bewogen, E.K.M. in meinem Elend_ unterthäniglich zu ersuchen, des Verhoffens, E.K.M. werden mir armen und itzt von jedermann verlassenen Witwen solch mein unwürdig Schreiben gnädiglich zu gut halten und mir aus Gnaden solch Geld folgen lassen. Denn E.K.M. sonder Zweifel bewußt, wie es nu nach dem Abgang meines sel. Mannes gestanden, _wie man die Elenden gedrückt_, Witwen und Waisen gemacht, also daß (es) zu erbarmen; ja (auch) _mir mehr durch Freunde als durch Feinde Schaden zugefügt_; welches alles E.K.M. zu erzählen zu lang wäre. Aus diesen und anderen Ursachen werde ich _gedränget_, E.K.M. unterthänig zu ersuchen, nachdem sich ein jeder so fremd gegen mir stellt und sich meiner niemand erbarmen will.“ Bugenhagen unterstützte in einer Beilage diese Bitte der Witwe „Patris Lutheri“, welche „fast (sehr) klaget“. Und mit Erfolg: am 22. März kam das Geld in seine Hand und er schreibt, daß S.M. „sehr wohl gethan“, die Witwe zu trösten[646]. Im Februar 1552, als die Kriegsknechte am rohesten hausten, wurden die Gemüter in Wittenberg noch erschreckt mitten im Winter durch heftige Gewitter mit Blitz und Donnerschlägen. Aber bald darauf zogen die Kriegsvölker ab. Es kam nun Kunde, daß Moriz mit seinen Sachsen, den Brandenburgern und Hessen den Kaiser in die Flucht gejagt und beinahe gefangen hätte (Mai 1552). Die gefangenen Fürsten (Kurfürst Johann Friedrich und Landgraf Philipp von Hessen) wurden freigegeben, und freigegeben auch die Religion im „Passauer Vertrag“ (August 1552). Mittlerweile war es Frühling geworden und Sommer. Frau Käthe konnte säen und ernten und sich des Friedens freuen, der endlich nach sechs Jahren Krieg, Flucht, Verwüstung eingetreten war, auch des Friedens in Sachen des evangelischen Glaubens, um deswillen ihr „lieber Herr“ ein Feuer angezündet hatte im deutschen Lande, dessen Flamme auch sie, und sie am schwersten, fühlen mußte. Jetzt hätte die arme Witwe aufatmen können vom langen Leid: da traf sie der letzte, tödliche Streich. 19. Kapitel. Katharinas Tod. Die Kriegsvölker waren aus Wittenberg abgezogen, aber sie hatten ein böses Andenken hinterlassen: eine ansteckende Seuche, die „Pestilenz“, die in der sumpfumgebenen engen Festung wieder rasch um sich griff und mit der Sommerhitze wuchs. Am 1. Juni wurde über Verlegung der Universität beraten, am 10. bot Torgau ihr Herberge an. Aber bis 6. Juli hielt sie noch in Wittenberg aus. Dann zog auch die Hochschule in die Nachbarstadt und wurde in den engen winkeligen Räumen des Barfüßerklosters untergebracht, welches seinerzeit Leonhard Koppe zu Fastnacht gestürmt hatte und das jetzt leer stand. Frau Katharina blieb aber in Wittenberg, wohl wegen der Güter, die sie besorgen mußte; wahrscheinlich hatten die studierenden Söhne und Tischgesellen dennoch von dem einen und andern Magister, der im Schwarzen Kloster wohnte, Vorlesungen. In dem großen, gesund gelegenen Hause war es ja auch einstweilen noch auszuhalten. Aber im Herbst wurde auch das Klosterhaus von der Seuche angesteckt. Und um ihre Kinder aus der Gefahr zu reißen, unterzog sich die besorgte Mutter wiederum den Beschwerlichkeiten der Auswanderung. So ließ sie denn einspannen, lud das Nötigste auf den Wagen und fuhr mit ihren Kindern, die noch bei ihr waren: Paul und Margarete, während Martin scheint's schon vorher der Universität nachgezogen war und Hans in Weimar auf der Kanzlei arbeitete, das Elsterthor hinaus, Torgau zu[652]. Da geschah das Unglück: die Pferde wurden scheu und gingen mit dem Wagen durch über Stock und Stein. Die erschrockene Frau suchte das Leben ihrer Kinder zu retten, und um die wilden Pferde aufzuhalten, sprang sie vom Wagen, fiel aber so unglücklich, daß sie mit dem Leib heftig auf den Boden anprallte und dann in einen Graben mit kaltem Wasser stürzte. Die Aufregung, der Fall, die Erkältung und wohl auch eine innere Verletzung führten eine schwere Krankheit herbei[653]. So kam die Familie Luther nach Torgau. Hier wohnte sie vom Kloster aus in der „nächsten Straße, die nach dem Schloß führt“, in einem Eckhause bei der Klosterkirche zur Herberge. Hier lag nun Frau Katharina in großen Schmerzen langsam dahinsiechend, gepflegt von ihrer Wirtin und ihrer Tochter Margarete, welche jetzt 18 Jahre zählte[646]. Noch einen Lichtblick erlebte die Witwe Luthers in diesen Leidenstagen. Ihr jüngster Sohn Paul, der sich zu einem tüchtigen Mediziner heranbildete, verlobte sich in dieser Zeit mit Anna von Warbeck, der Tochter des weiland Herrn Veit von Warbeck, gewesenen Domherrn von Altenburg und Kurfürstl. Hofrat und Vizekanzler zu Torgau, eines Edeln aus Schwaben. Ihre Mutter, Anna von Hack — auch eine geborne Schwäbin — lebte noch und hatte ein eigenes Haus zu Torgau in der Fischergasse[646]. Fräulein Anna war ein resolutes Frauenzimmer. Sie hatte einen Damastrock mit Samtschleppe getragen und war deshalb vom Stadtrat mit Berufung auf eine kurfürstliche Kleiderordnung in Strafe gezogen worden. Dagegen wehrte sie sich und appellierte an den Kurfürsten, so daß ein ehrbarer Stadtrat einen Boten mit Bericht über Anna Warbeckin Supplicien gen Dresden schicken mußte für Lohn und Trinkgeld. S. Kurf. Gn. sandte nun in diesem Betreff an den ehrbaren Rat zu Torgau folgenden Erlaß: „Lieben Getreuen! Wir sind von der ehrbaren und lieben besondern Jungfrau Anne von Warbeck demütiglichen Klag berichtet worden, wie daß Ihr ihr den damastenen Rock mit samtenem Schweif zu tragen zu enthalten und noch dazu etliche Gulden zur Strafe entrichten sollt auferlegt haben. Wiewohl Wir Uns zu erinnern wissen, was Wir der Kleidung halber in der Polizei-Ordnung haben ausgehen lassen, so vermerken Wir doch, daß der gedachten Jungfrauen Vater einer von Adel und fürstl. Rat gewesen, auch die Damasten, davon der Rock gemacht, fürstliches Geschenk und die Röcke _vor_ obenerwähnt ausgegangener Ordnung gemacht. Derwegen Wir denn geschehen lassen, daß sie solche Röcke zu Ehren tragen möge. Und begehren demnach, Ihr wollet ihr solches verstatten und sie mit geforderter Strafe verschonen, Euch auch sonst gegen sie dermaßen verhalten und erzeigen, daß sie sich keiner Beschwerung zu beklagen hab. Daran geschieht Unsere gänzlich zuverlässige Meinung. Datum Dresden, 30. Jan. Anno LII“[654]. Dieses adelige Fräulein wurde also die Schwiegertochter Frau Katharinas und diese wird an dem entschlossenen Wesen ihrer künftigen Sohnsfrau ihr Gefallen gehabt haben. Aber die Freude der Hochzeit erlebte Frau Katharina nicht mehr. Drei Monate lang dauerte das Siechtum der Kranken. Mit christlicher Geduld ertrug sie die Leiden und die Sorge für die Kinder. „In der ganzen Zeit ihrer Krankheit tröstete sie sich selbst und hielt sich aufrecht mit Gottes Wort. In heißen Gebeten erflehte sie sich ein friedliches Hinscheiden aus diesem mühseligen Leben. Oftmals auch befahl sie Gott die Kirche und ihre Kinder und betete, daß die Reinheit der Lehre, welche Gott durch ihres Gatten Werk dieser Zeit wiedergebracht, unverfälscht den Nachkommen überliefert werden könne.“ Sie selbst aber wollte „an Christus kleben, wie die Klette am Kleid“, ein Wort, das ihr nachher fromme Sänger im Liede nachsprachen[655]. Am 20. Dezember 1552 hauchte sie ihre Seele aus. Der Vice-Rektor der Universität, Paul Eber, gab dies den Studenten durch ein von Melanchthon verfaßtes lateinisches „Leichenprogramm“ kund, worin ihr Leben und Leiden kurz geschildert war. Namentlich die Erinnerung an die sechs letzten Leidensjahre schwebten dem treuen Freunde des Hauses vor Augen und fast scheint es auch, das Unrecht, das sie von Kanzler Brück u.a. erlitten. „Mit ihren verwaisten Kindern mußte die als Witwe schon schwer Belastete unter den größten Gefahren umherirren wie eine Geächtete; großen Undank hat sie von vielen erfahren, und von denen sie wegen der ungeheuren Verdienste ihres Mannes um die Kirche Wohlthaten hoffen durfte, ist sie oft schmählich getäuscht worden.“ Statt des derben deutschen Spruches, mit welchem Luther in seinem Hausbuch seinen Befürchtungen über die Behandlung seiner Witwe Luft gemacht hatte: „Die Leute sind grob; die Welt ist undankbar“, wählte der gelehrte Freund für das Leichenprogramm als Motto einen griechischen Spruch des Euripides (Orist. 1-3), der allerdings auf die schwere Leidenszeit der Witwe Luthers paßt: „Es giebt kein Unheil, kein Geschick, kein Leid, das Gott verhängt und das die Sprache nennt, nichts Schreckliches, das nicht der Mensch erlebet.“ Dieser Erfahrung des heidnischen Dichters gegenüber weist das „Programm“ auf den Trost und die Hoffnung des Christentums, dessen sich auch die Selige getröstet habe bei der herben Wunde durch den Tod ihres Ehegemahls, ihrer Flucht mit den verwaisten Kindern in der Kriegszeit, den manchfachen Trübsalen des Witwenstandes und dem Undank vieler Leute gegen die Witwe des ehrwürdigen und heiligen Mannes D. Luther. Die Universität lade nun alle ihre Hörer zum Leichenbegängnis ein, „um der verehrten Frau die letzte Pflicht zu erweisen und so zu bezeugen, daß sie die Frömmigkeit der Witwe, welche so herrlich an ihr leuchtete, ihr ganzes Leben lang hochhielten; daß sie der Waisen tiefe Trauer zu Herzen nähmen; und daß sie nicht vergäßen die Verdienste ihres Vaters, die so groß sind, daß sie keine Rede genug preisen kann; daß sie endlich zusammen Gott im Gebete anflehen, das Licht des Evangeliums rein zu halten und seine Lehrer und Verkündiger zu schützen und zu regieren, die Staaten zu behüten und den Kirchen und Schulen geziemende Zufluchtsstätten zu gewähren“[656]. Am folgenden Tag, nachmittags drei Uhr, war der Leichenzug der „edlen Gemahlin des heiligen Mannes D. Luther“. Von ihrer Gastwohnung die Schloßgasse hinab an der neuerbauten großartigen kurfürstlichen Residenz Hartenfels vorbei bewegte sich der gewaltige Zug von Bürgern, Professoren und Studenten durch die Wintergrüne nach der Stadtkirche St. Marien. Hier unter dem Knabenchor mit seiner schönen Inschrift: „Laudate dominum pueri!“ wurde die müde Pilgerin unter den üblichen Feierlichkeiten bestattet und die Knaben werden ihr auch von droben ein Abschiedslied gesungen haben[657]. Am Grabe der Mutter trauerten ihre Tochter und drei Söhne. _Hans_ war herzoglich sächsischer Kanzleirat; er heiratete im folgenden Jahre Elisabeth, die Tochter des Professors und Propstes an der Schloßkirche in Wittenberg D. Kreuziger, den sich sein Vater selbst zum Nachfolger erkoren hatte, der aber schon bald nach dem großen Doktor gestorben war. Später kam Hans Luther zu seinem alten Gönner, dem Herzog Albrecht von Preußen, in Dienst und starb nicht lange nach diesem 1575. _Martin_, von dem sein Vater gefürchtet hatte, er werde einmal ein Jurist, studierte Theologie; er mußte aber anhaltender Kränklichkeit wegen als Privatgelehrter leben und starb jung im vierunddreißigsten Jahr, nachdem er mit Bürgermeister Heilingers Tochter in Wittenberg einige Zeit in kinderloser Ehe gelebt hatte. _Paul_, der jüngste, wurde ein angesehener Arzt, Dr. und Professor zu Jena und herzoglicher Leibarzt, dann Rat und Leibarzt des brandenburgischen und später des sächsischen Kurfürsten. Er vermählte sich bald nach der Mutter Tod mit seiner Verlobten Jungfrau Anna von Warbeck, und Nachkommen von ihm in weiblicher Linie leben noch heute. _Margarete_ vermählte sich 1555 „im Beisein vieler Grafen und Herren“ mit Georg von Kunheim, Erbherrn auf Knauten bei Königsberg, der in Wittenberg studiert und vielleicht bei Frau Katharina gewohnt und gespeist hatte. Sie lebte mit ihrem Gemahl, dem herzoglich preußischen Landrichter zu Tapiau, in glücklichster Ehe und starb als Mutter von neun Kindern im Jahre 1570[646]. Von dem zahlreichen Geschlecht Luthers und der Ahnmutter Katharina sind heutzutage noch wenige Nachkommen übrig. Vom Kloster Nimbschen, wo Jungfrau Katharina 15 Jahre lebte, stehen jetzt nur noch drei altersgraue Mauern, von wilden Reben umrankt. Ueber Zulsdorf geht seit 1801 der Pflug und nur ein Denkmal bezeichnet die Stätte, wo sie so gern gewaltet hat. Ihre Gärten in Wittenberg, in denen sie arbeitete und erntete, sind zum Teil mit neuen Häuserreihen überbaut. Nur das Klosterhaus steht noch, wo sie zwanzig Jahre mit dem großen Doktor gehaust, wenn auch nur die Wohnstube einigermaßen im alten Zustand ist. In der Stadtkirche zu Torgau aber wurde Frau Katharinen — wohl von ihren Kindern — ein Grabdenkmal errichtet in grauem Sandstein, allerdings kein sonderliches Kunstwerk, nach dem Modell des Gipsreliefs, das von einem realistischen Künstler verfertigt in Zulsdorf hing und heute noch in der Kirche zu Kieritzsch zu sehen ist. Auf ihrem Grabmal ist Frau Katharina in halberhabener Arbeit ausgehauen als Matrone im langen Mantel und weißen Kopftuch. Mit heiterem Angesicht schaut sie vor sich hin, wie eine Mutter am Sonntag auf ein wohl verbrachtes Tagewerk; in den Händen hält sie ein offenes Buch zum Zeichen ihrer Frömmigkeit und ihres Eifers im Bibellesen; also als andächtige Maria ist die fleißige Martha dargestellt. Ihr zu Häupten sind die Wappen von Luther und von Bora. Um den Rand steht die Inschrift: „Anno 1552 den 20. December Ist in Gott Selig entscha | ffen alhier in Torgau Herrn | D. Martini Luthers seligen Hinderlassene wittbe Katharina | von Borau.“[658] Ein künstlerisches Idealbild neben den mancherlei realistischen Konterfeien Katharinas hat Meister Lukas Kranach geschaffen auf dem Altarblatt in Wittenberg. Da sitzt Frau Katharina als andächtige Zuhörerin ihres predigenden Gatten mit ihrem Kindlein in vorderster Reihe vor der Gemeinde — also ebenfalls als sinnige Maria. Ein dichterisches Denkmal hat der Hausfrau Luthers beim ersten Reformations-Jubiläum 1617 der gekrönte Dichter Balthasar Mencius, Poëta Laureatus, gewidmet, in schlichten, treuherzigen Knittelversen[659]: Cathrin von Bora bin ich gnant geboren in dem Meissner Landt aus einem alten Edlen Stamm wie solchs mein Anherrn zeigen an die Gott und dem Römischen Reich mit Ehr und Ruhm gedienet gleich. Als ich erwuchs, zu Jahren kam, der Tugendt mich thät nehmen an und jedermann bethöret war vom Pabst und seiner Münche Lahr, und hoch erhaben der Nonnen-Stand, ward ich ins Kloster Nimetzsch gesand; mein Ehr und Amt hatt ich in acht rief zu Gott, bethet Tag und Nacht für die Wohlfarth der Christenheit. Gott mich erhört und auch erfreut; Doctor Luther den kühnen Held mir zu einm Ehmann außerwehlt, dem ich im keuschen Ehstandt mein gebahr drei Söhn und Töchterlein. Im Witwenstand lebt sieben Jahr nachdem mein Herr gestorben war. Zu Torgau in der schönen Stadt man meinen Leib begraben hat; biß Gottes Posaun thut ergehn und alle Menschen heißt aufstehn; alsdann will ich mit meinem Herrn Gott ewig lobn, rühmen, ehrn und mit der Außerwählten Schaar in Freuden leben immerdar. Weniger freundliche Denkmäler haben der Gattin Luthers katholische Schriftsteller gesetzt, welche die Ehe des Mönches und der Nonne als ein Sakrileg und Skandal auffaßten und in ihrer Weise ausbeuteten, wie Luther selbst schon vor seinem Tode vorausgesehen und in seinem Testament vorausgesagt hatte. Von protestantischer Seite sind fast nur Verteidigungsschriften wider diese Verleumdungen ergangen, oder auch gelehrte Stoffsammlungen und kleine Volksschriften[646]. Und doch lebt Katharina im Andenken des deutschen evangelischen Volkes in deutlicher und freundlicher Erinnerung als die Gattin des gewaltigen Doktors und deutsche Pfarrfrau, welche mit ihrem Manne das gemütansprechende Vorbild eines evangelischen Pfarrhauses geschaffen hat. Und mit Recht. Sie war eine tüchtige und brave Frau, wie man's zu ihrer Zeit ausdrückte: ein „frommes Weib“, eine echte deutsche Hausfrau. Sie hatte den Mut, Martinus Luther, „den kühnen Held“, zu ihrem Ehegemahl zu erwählen, sie hat es gewagt, mit dem Geistesgewaltigen, dem kaiserbürtigen Regenten der Kirche[646] zu leben, ihm zu genügen, ihn zu befriedigen. Und sie hat geleistet, was sie unternommen. Der große Doktor hat sie geachtet, hat sie geliebt und gelobt. „Das aber ist das wahre Lob, gelobt zu werden von gelobten Männern.“ [Illustration: Katharinas Handschrift und Siegel.][660] Belege und Bemerkungen Abkürzungen _Anton_, D.M.L. Zeitverkürzungen. L. 1804. _W. Beste_, Die Geschichte Katharinas von Bora, nach den Quellen bearb. Halle 1843. _Br. s.u._ _G. Buchwald_, Zur Wittenb. Stadt- u. Univers.-Gesch. L. 1893. _C.A.H. Burkhardt_, Dr. M.L. Briefwechsel. L. 1866. Consilia Theol. Witteb. Fr. 1664. _Cordatus_, Tagebuch über Luther. 1553. Von H. Wrampelmeyer, Halle 1883. _C.R._ = Corpus Reformatorum. Bretschneider, Halle 1834 ff. _Grulich_, Denkwürdigkeiten von Torgau. 2. Aufl. Torgau 1855. _A. Hausrath_, Kleine Schriften religionsgesch. Inhalts. Leipz. 1883. S. 237-298. _M.Fr.G. Hofmann_, Kath. v. Bora oder Dr. M. Luther als Gatte u. Vater. Leipz. 1845. _Juncker_, Ehrengedächtnis Lutheri. Frankf. 1706. _Kaweran_, Briefwechsel v. J. Jonas. 2 Bde. _Kolde_, Analecta Lutherana. Gotha 1883. _Köstlin_, M. Luther. 2 Bde. 2. Aufl. Elberfeld 1883. _M.A. Lauterbachs_ Tagebuch. 1538. Von I.K. Seidemann, Dresden 1862. _Lingke_, D.M.L. Reisegeschichte. L. 1769. _G. Lösche_, Analecta Lutherana et Melanth. Gotha 1892. _L.W._ = _Walch_, Luthers Deutsche Werke, Halle 1739-50. _Mayeri_, Vita Catharinae Boriae. Hamburg 1698. Deutsch: Unsterbl. Ehrengedächtnis Frauen Katharinen Lutherin. Frankf. u. L. 1724. _Mathesius_, Predigten über Dr. M.L. Nürnberg 1576. _Ratzebergers_ Handschr. Gesch. über L.u.s. Zeit von Chr. G. Neudecker. 1850. _Richter_, Geneal. Lutherorum. Berlin u. L. 1723. _J. Schlaginhaufen_, Tischreden L. 1531/2. Von W. Preger, L. 1888. _Seckendorf_, De Lurtheranismo Comment. Leipz. 1692. _Seidemann_, Luthers _Grundbesitz_, in Zeitschr. für histor. Theol. 1866. _Seidemann_, _Erläuterungen_ zur Ref.-Gesch. Dr. 1844. _Seidemann_, Beiträge zur Ref.-Gesch. Dr. 1846-48. _Stier_, Denkwürdigkeiten Wittenbergs. Dessau u. L. T.-R. = _Förstemann-Bindseil_, D.M.L. Tischreden. 4 Bde. Berlin 1844-48. Urkb. = Urkundenbuch von Grimma und Nimbschen. Herausgegeben von L. Schmidt in Cod. dipl. Sax. reg. II. 15. Bd. L. 1898. W. = _Walch_, Wahrh. Gesch. der sel. Frau Katharina v.B. Halle 1752. NB. _Ohne Namen u. Titel_ oder mit _Br._ citiert sind _De Wette_ und _Seidemann_, Dr. M. Luthers Briefe. 6 Bde. 1825-56. * * * * * 1. Katharinas Herkunft und Familie. [1] Die Herkunft und Heimat Katharinas ist noch lange streitig und wird sich nicht so leicht feststellen lassen, selbst wenn neue Urkunden aufgefunden werden; hauptsächlich ist die weite Verzweigung der Familie und die Unsicherheit der Elternnamen Katharinas daran schuld. Der Stammbaum Katharinas von Bora ist am eingehendsten verfolgt worden von dem jetzt verstorbenen _Georg von Hirschfeld_: „Beziehungen Luthers und seiner Gemahlin zur Familie Hirschfeld“ in Beiträge zur Sächs. K.-Gesch. II, 86-141 (bezw. 309). Dies geschah auf Grund einer älteren Chronik (vgl. Hofmann 63) von Philipp von Hirschfeld († 1748). Sodann von _Ernst Wezel_ († 1898) zuerst in der „Wissensch. Beilage der Leipz. Leitung“ 1883 Nr. 71, dann in der Festschrift zur 100jährigen Jubelfeier des K. Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums in Berlin. „Das Adelsgeschlecht derer von Bora“, A.W. Hagens Erben 1897, mit Auszügen aus zahlreichen Urkunden (vgl. Br. VI, 647 f. 705), eine Schrift, welche noch vervollständigt herausgegeben werden soll. Nach G. von Hirschfelds Stammbaum wäre Katharina von Bora eine Tochter des Hans von (Bora zu) Hirschfeld-A. (vgl. Br. VI, 648, 28) und der Anna von Haugwitz: Hans veräußerte aber (zwischen 1525-30) Hirschfeld-A. an Hans von Mergenthal und Reinsberg, zog nach Löben, übergab dies seinem Erstgebornen und zog dann nach Moderwitz, welches der Familie Hayr gehörte. — Diese Aufstellung ist nicht mehr kontrollierbar, denn das Hirschfeldsche Archiv ist verschwunden. Und dazu beruht dies Ergebnis noch auf den Annahmen: 1. daß es zwei Güter Hirschfeld gegeben habe (S. 119); 2. daß eine Linie Bora sich Mergenthal genannt und ihr Wappen (vom roten Löwen in eine Lilie) verändert habe (97); 3. daß Phil. v.H. verschiedene Personen (z.B. zwei Katharinen) verwechselte (116). (Eine lutherisch gesinnte Katharina von Mergenthal war im Kloster zu Freiberg; sie war einmal zu Besuch bei ihrem Bruder in Hirschfeld bei Bora. N. Archiv f. Sächs. Gesch. IV, 298. Sie entwich anfangs Juni 1529 aus dem Kloster und kam zu Luther. A.a.O. 318. Br. III, 469. Die Verwechslung dieser Katharina von Mergenthal aus Hirschfeld bei Deutschen-Bora findet sich schon Sächs. Kirchen-Gal. I, 110. Seidemann, Erl. zur Ref.-Gesch. Dresden 1844. S. 110, 120, 122, 469); 4. daß Irrtümer in dem sächs. Teilungsvertrag von 1485 vorkamen; 5. daß die wunderliche und nicht mehr auffindbare Notiz, wonach Luther „seinem Schwähervater, dem edeln und festen Herrn Hans von Bora zu Moderwitz ein Büchlein (Joel) oder gar eine Bibel verehret“ (Br. VI. 684), richtig sei. Gegen diese Aufstellung sprechen aber außer den künstlichen Umstellungen der Umstand, daß Katharinas Eltern bei ihrer Flucht aus dem Kloster und bei ihrer Verheiratung höchst wahrscheinlich nicht mehr lebten. Ferner sollte man meinen, daß die Luthersche Familie mit dem Staatsmann Bernhard von Hirschfeld (1490-1551; Br. II, 55, 245, 448; C.R. IV, 349) in vertrauterem Verkehr gestanden haben müßte, wenn sie mit ihm so nahe verwandt gewesen wäre. Das war aber gerade nach 1525 nicht der Fall. Für _Lippendorf_ als Geburtsstätte von Katharina spricht folgendes: 1. Zu Lippendorf verschreibt ums Jahr 1482 Hans von Bore seiner Ehefrau Katharina als Leibgeding das Dorf Sale; ebenso 1505 Jan von Bore alle seine Güter zu Lippendorf seiner Hausfrau Margarete (E. Wezel, Wiss. Beil. der Leipz. Z. 1883, Nr. 71, S. 422 f.). Solche Verschreibungen wurden nicht etwa (wie G. v. Hirschfeld meint) auf dem Todbette, sondern gerade am Vermählungstag gemacht (wie auch die in beiden Urkunden vorkommende Formel beweist: „nach ihres ehelichen Mannes Tode, ob sie den erlebet, u. nicht eher“). Es wäre nun sehr erklärlich, daß Katharina wegen und bei der Schließung der zweiten Ehe ihres Vaters ins Kloster gebracht wurde. 2. Wegen dem eine halbe Stunde davon gelegenen „Gütlein“ Zulsdorf hat Katharinas Bruder Hans sich aus Preußen hier einfinden und „lange heraußen aufhalten, auch müssen selbes beziehen u. sich verehelichen, bis er's an sich bracht“ und hat das „aus Not, (um) sein u. seiner Brüder Gütlein zu bekräftigen, müssen thun u. für sein Kindlein das Gütlein u. armes Erbdächlein beschicken“. (Br. V, 106, f.) 3. Als Bruder Hans Zulsdorf nicht mehr halten konnte (1540), so kaufte es seine Schwester, obwohl es wenig einträglich und zwei Tagereisen weit von Wittenberg entfernt lag, und hat sich mit Vorliebe hier aufgehalten. (S.S. 84 f.) Allerdings gehörte wenigstens seit 1504 Zulsdorf zu Kieritzsch und nicht zu Lippendorf und wurde 1515 von Denen zu Kieritzsch an einen Jan von Lenau verkauft (Br. VI, 705; Lpz. Z. 1883 Nr. 70 S. 413); aber um 1525 heiratete eine Marie von Bora zu Zulsdorf einen Siegm. Wolf von Niemeck zu Wittenberg (Schumann, Lexikon von Sachsen XIII, S. 671), und nach Katharinas Tod (1553) brachte ein Christoph von Niemeck, also wohl ein Sohn des vorigen, das Gut Zulsdorf wieder an sich. (Lexikon von Sachsen XIII, S. 671; vgl. Seidemann, Grundbes. S. 529; über die Niemeck vgl. Wittenb. Urbar V.H., Schmalbecker Hufen). _Also scheint Zulsdorf in der That ein „Erbdächlein“ Derer von Bora gewesen zu sein._ (Die Wittenberger Familie Zulsdorfer, die Stifter der „Zulsdorfer Kapelle“, stammt aus Zulsdorf bei Lochau. Vgl. Wittenb. Urbar III, 296 c. XI; 299 c. XII.) Im Amte Weißenfels, wozu Lippendorf und Zulsdorf gehörten, gab es um 1510 noch Bora; da wurde ein Siegmund von Bora in einer Streitsache vor Amt geladen (Staatsarchiv zu Dresden), und zwar, wie es scheint, der Bruder einer verehelichten „Haugwitz“. Gegen die Abstammung Katharinas von Hans oder Jan zu Lippendorf kann man geltend machen: 1. Die erste Gemahlin hieß Katharina und war vielleicht eine geborne von Miltitz, die zweite, Margarete, eine geborne von Ende, wenn nämlich der erste in den Urkunden genannte Zeuge oder Vormund, wie gewöhnlich, der Bruder der Frau ist. Dagegen soll Katharina von Boras Mutter eine geborene Haubitz gewesen sein. Wenigstens berichten die (freilich erst 1664 veröffentlichten) Consilia Theolog. Wittenb. IV p. 17 (ebenso Keil histor. Nachr. 15 und Luthers merkw. Lebensweise IV 320) daß Katharinas Mutter eine von Haubitz gewesen. Haubitz heißt ein Vorwerk östlich von Grimma, also bei Nimbschen (Urkundenb. 409), ein anderes liegt eine Stunde von Lippendorf (Wezel 423). _Seckendorf_ (III 92), dessen Schwester 1580 einen Georg von Haubitz heiratete (Engelhard Lucifer Wittemb. I 13, meint, er sei dadurch ein Verwandter der Katharina v. B. geworden) und nach ihm _Mayer_ p. 4 nennt sie eine _Haugwitz_, darum sagt Richter 295 (vgl. 675): „von Haubitz _oder_ Haugwitz“. (Walch 12, 5 und nach ihm Hofmann 62 irren, wenn sie berichten, in den Consil. W. stehe Haugwitz.) Uebrigens ist Siegmund von Bora 1510 Vormund für eine von Haugwitz, welche also seine Schwester gewesen sein wird (Dresdner Landesarchiv s.o.) Freilich die beiden Namen werden oft verwechselt bzw. gleichgesetzt, z.B. im Kloster Nimbschen (Urkundenbuch 322, 326, 328, 331, 332 vgl. 409 unter „Haubitz“). Diese Verwechslung beruht auf der mundartlichen Aussprache, indem das b in Haubitz wie w und das g in Haugwitz sehr weich gesprochen wurde, so daß es verschwand. Die späteren Biographen behalten Haugwitz bei und behaupten (freilich ohne Quellenangabe), der Vorname von Katharinas Mutter sei _Anna_ gewesen. Soll das ein Mißverständnis aus Una de Haugwitz sein? (Wezel 423) oder eine Verwechslung mit Anna von Haubitz aus Flößberg (bei Grimma), welche gleichzeitig mit Katharina im Kloster Nimbschen war und kurz nach ihr daraus entfloh? Ob die Mutter Katharinas aber wirklich eine geborene von Haugwitz war? Dagegen spricht, daß ein Kanonikus Christoph von Haugwitz 1536 eine Schrift mit einer Vorrede Bugenhagens veröffentlichte, worin keine Rede ist von der Verwandtschaft Katharinas mit der Familie Haugwitz. (_Seckendorf_ ad Indicem I histor. XXXIII, Wezel 423). Gegen _Haubitz_, wenn Katharinas Mutter aus dem Geschlechte der Nimbscher Nonnen war, spricht der Umstand, daß der Vater Annas v. H. ein _kursächsischer_ Unterthan war (Hirschfeld 97 f.), weshalb sie auch zu Pfingsten 1523 aus Nimbschen austreten und zu ihrer Familie heimkehren konnte. Dagegen die drei Linien Haugwitz waren herzogliche Vasallen (A. Fr. _Glasey_, Kern der hohen kur- und fürstl. H. zu Sachsen, 4. Aufl. Nürnberg 1753, S. 795. Hirschfeld 127). — Doch war unter den kursächsischen Visitatoren von Thüringen auch ein Erasmus von Haugwitz (Seckendorf II S. 101). Der Bruder der Nimbscher Abtissin Margarethe von Haubitz, Asmus, war 1526-35 Vorsteher des evangelisch gewordenen Klosters Nimbschen (Großmann, Visitationsakten der Diöces Grimma L. 1873, S. 78). Oder sind beide (Asmus = Erasmus) dieselbe Person? 2. Ferner spricht gegen Lippendorf, daß Jan von Bora 1505 alle seine Güter zu Lippendorf seiner Hausfrauen zu einem Leibgeding bekennt. — Lippendorf als damaliger Sitz dieser Linie wäre doch naturgemäß nicht als Leibgeding an die Ehefrau, sondern als Erblehen an die Kinder übergegangen (dieser Grund bestimmt G. v. Hirschfeld S. 110 f., gegen Lippendorf als Geburtsort Katharinas zu stimmen, und ihm folgt jetzt 1897 aus demselben Grunde auch Wezel, nachdem er 1883 Leipz. 8. Wiss. Beil. 71 dafür gewesen war). Indes war auch Sale ein „Sitz“ und wurde dennoch von Hans von Bora zu Lippendorf an seine Ehefrau Katharina verleibgedingt. Es kann ja ganz gut außer Lippendorf noch ein weiterer „Sitz“ für den Aeltesten vorhanden gewesen sein. Aeltere Männer pflegen in zweiter Ehe die Frauen zu Ungunsten der Kinder zu bevorzugen. Dies ist doppelt begreiflich in diesem Falle, wo aus erster Ehe, wie es scheint, nur ein Mädchen, Katharina, vorhanden war, höchstens noch ein Bruder, der mit einem geringen Gütchen abgefunden wurde (s.u. zu S. 4). Schon Seidemann meint, L. scheine K.s Geburtsort zu sein (Br. VI, 647) und neuerdings (1899) hat ein aus Medewitzsch gebürtiger Lehrer Dr. Krebs in Lippendorf am Hofgut als der Geburtsstätte Katharinas eine Tafel anbringen lassen. Lippendorf gehörte zum Amte Weißenfels und dieses mit seinen Zugehörungen nach dem Teilungsvertrag 1485 zum Herzogtum Sachsen (A. Fr. _Glasen_, Kern der Gesch. der hohen kur- u. fürstl. H. zu Sachsen. 4. Aufl. Nürnberg, 1753, S. 792.) [2] Vielleicht wirkte auch die stärkere Mischung mit slavischem Blut bei den Meißnern auf diese Mißachtung. [3] Katharinas Leichenprogramm C.R. VII. 1155. Nata ex nobili familia equestris ardinis in Misnia. [4] Br. V. 792. [5] 1733 bei _M.D. Richter_, Geneal Lutherorum, S. 750, „Alt- und Neu-Boren, Wendisch- und Deutschen-Boren“. Nossen liegt genau in der Mitte des heutigen K.-R. Sachen. [6] _Grimm_, D. Mythologie, Göttingen 1835. S. 478. „Bor“ eigentlich Föhre, vgl. Fohre. — Der Name Bora wird sehr verschieden geschrieben: Bhor, Bohra, Bhora, Bor(a)ra, Bor, Bora, Borau, Boren, Born, Borna, Borna, Pora, lat. Boria, Bornia, Borana, Borenia, Borensis, griech. ἡ Βορεἰα. So steht sogar in ein und derselben Urkunde (27. Nov. 1534, Dresden, Copialb 82, Wiss. Beil. zur Leipz. Z. 70, S. 413 u. 414) oben „Hansen vonn Bora“ und unten „dem von Borau“. Auch auf dem Grabstein Katharinas in Torgau stand früher unten Borau, aber das Wort war schon vor 100 Jahren ganz von Salpeter zerfressen und ist jetzt gänzlich verschwunden. _Keil_, hist. Nachr. v. Geschl. L., S. 6.9. So wechselt auch durch die mundartliche Aussprache Torga und Torgau, sogar in derselben Urkunde, drei Zeilen von einander. _Kolde_, An. L. 200. [7] _Beste_, 9. — Das Wappen ist auch auf K.'s Grabstein ausgehauen. Die Farben dazu wurden bei einer Renovation i.J. 1617 aus Eilenburg von einer an den dortigen Pfarrer Böhm verheirateten Enkelin Luthers geholt. Torgau. Kämmerei-Rechnung. [8] Schon Hofmann 63 f. weist eine Anzahl Bora-Stätten ab. Ebenso G. v. Kirchfeld. a.a.o. S. 87-110, 113, 116-118. Aus _Dohna_ stammt K. nicht, denn das dortige Bora-Haus am Markt kam erst 1573 in die Hände des Großneffen Katharinas: Clemens. Aus _Moderwitz_ (s.o. S. 267) bei Neustadt an der Orla nicht, denn das dortige Gut war kursächsisch und gehörte der Familie Hayn, _Motterwitz_ bei Leisnig aber denen von Bressen und das andere Motterwitz dem Geschlecht Staupitz, aus dem Luthers geistlicher Vater stammt. (Schmidt, Urkundenbuch S. 312: Günther von Staupitz auf Motterwitz, 1501.) Aus _Schlesien_ stammt Katharina auch nicht, woher einmal ein alter Edelmann (Bernhard) von Bora, wahrscheinlich der Hauptmann von Oels, zu Luther nach Wittenberg kam und sich bei ihm über den Schwärmer Schwenkfeld Rats erholte. Denn dies schlesische Geschlecht heißt eigentlich Borau-Kessel und hat ein ganz anderes Wappen: im silbernen Feld nebeneinander drei rote Rosen und gelbe Butten. Br. VI, 647. Noch weniger stammt K. aus _Ungarn_, wie auch einmal behauptet wurde (Hofmann 64). Diese Meinung rührt wohl daher, daß der ehemalige Wittenberger Bürgermeister Christoph von Niemeck, dessen Mutter wohl eine Maria von Bora aus Zulsdorf war (s.o. S. 270 f.) in Ungarn Fundgrüberei trieb und dort (1564?) starb. (Seidemann, Ztschr. f. hist. Th. 1860, S. 529.) — Aus _Simselwitz_ bei Döbeln kann K. auch nicht herstammen, weil die dortige Bora-Linie schon 1490, d.h. vor ihrer Geburt ausstarb (G. v. Hirschfeld a.a.o.). Bisher hatte die Ueberlieferung sehr allgemein und zu verächtlich behauptet. Katharina von Bora sei in Steinlausig an der Mulde (setzt „Muldenstein“), ein paar Stunden nördlich von Bitterfeld auf die Welt gekommen, weil 1525 nach dem Tode Friedrichs des Weisen ein dort begüterter Ritter, Hans von Bora, nach Wittenberg gekommen ist und dem neuen Kurfürsten Johann Erbhuldigung gethan und dort eine Luther-Linde steht(!). Ja, es wurde sogar erzählt, daß Katharina in das dortige Kloster eingetreten sei. Diese Ansicht wurde festgehalten auf Grund der Nachricht von Mayer (S. 7): „welches wir in der Weimarischen Bibel (1641!) aufgezeichnet gefunden“, wo es heißt. „Geborene auß dem Adelichen Geschlechte derer von Bora, so in der Chur oder (!) Herzogthumb Sachsen zu Stein-Lausig (!) seßhaft gewest, wie auß der Ritterschaft im Chur-Kreiß Erbhuldung zu Wittenberg (!) 1525 zu vernehmen.“ Aber um 1500 war Stein-Lausig („Lussigk“, eine wüste Mark), wie die ganze Gegend _kur_fürstlich, und dieser Hans von Bora _kur_fürstlicher Vasall (daher er eben dem _Kur_fürsten huldigt) — während doch Katharina aus Meißen stammte und Unterthanin des Herzogs Georg war. Dieser Hans v.B. auf Steinlausig starb auch ohne Söhne, so daß sein Leben an Luthers Gevatter, Hans von Taubenheim, kam. Steinlausig endlich war ein _Männerkloster_! (Emil Obst, „Muldenstein und Steinlausig“, Bitterfeld, Selbstverlag, 1895, S. 30-35). Vgl. Wezel, S. 421. — Bemerkenswert ist, daß um 1520 in Nimbschen eine Katharina von Lausigk Bursarin war (Urkundenb. 166). Vielleicht suchte man Katharinas Geburtsort auch darum in Stein-Lausig, weil die Gemahlin von Katharinas Bruder Hans, Apollonia geb. von Marschall, verwitwete Seidewitz, aus Jeßnitz stammte. So hießen fünf Orte, darunter der bedeutendste: die Stadt Jeßnitz, nicht weit nördlich von Steinlausig. Thatsächlich ist aber das Dorf Jeßnitz bei Döbeln ihre Heimat. Br. VI. 705. [9] _Zulsdorf_. (Zülsdorf, Zöllsdorf, Zölldorf, Zeilsdorf u.s.w.) „das wüste Dorf oder die Wüstung Czollsstorff“ (a. 1105: Zulänestorff), burggräflich-leisnigsches Lehen, gehörte zur Pfarrei Kieritzsch. _Nixdorf_: „Holzmark zw. Z. u. Kieritzsch“. Archiv f. Sächs. Gesch. 1864, S. 209. 97. Vgl. Br. VI, 705. Wezel 413. [Transkriptions-Anmerkung: Die genaue Position des Verweises im Text nicht markiert.] [10] Beste 12. [11] Br. VI, 649 f. V, 492. _Walch_, K.v.B. 23. 65. k. [12] IV, 291. V, 106. 201. 411. 516. _Burkh._ Br. 303. 401. 423. [13] _Seidemann_, Ztschr. f. histor. Th. 1860. S. 265-69. [14] Urkundenbuch 318 ff. Sie war 1509 die 14. unter 43 Klosterfrauen, gehörte also schon unter die Seniorinnen. Muhme bedeutet freilich nicht bloß Tante, sondern im allgemeinen soviel wie das süddeutsche Base (sogar = Nichte); ebenso „Ohm“ = „Vetter“ (auch = Neffe). So nennt Luther seine Nichte (Lene) „Muhme“ (T.R. IV, 54) und Katharina ihren Neffen (Florian) „Ohm“. S.o.S. 239. [15] _Schumanns_ Lexikon von Sachsen. Bd. 13, S. 671. [16] Br. V, 64. [17] _Richter_. 674, nobilis sed tum fere ad incitas redacta prosapia. Br. VI, 649 f. IV, 291. [18] _Lorenz_, Sachsengrün, 1861, 1, S. 82; Z.B. die 2 Schönfeld 3 Sch. 20 Gr., Ilse Kitschers 40 Gr., die 2 Zeschau je 4 fl. rh., Magd. v. Staupitz 2 fl. Hirschfeld a.a.O. 127. [19] Wiss. Beil. zur Leipz. Z. 1899, S. 35a Erasmus Epist. ed. Cler. Tom. III pag. 790 indotata (ohne Aussteuer). — Vgl. Luthers Rede und Gebet bei seiner Krankheit 1527. L.W XIX, S. 160 ff. — Das sog. Bild Katharinas von Bora, das sie angeblich im reichen Brautstaat mit dicken silbernen und goldenen Ketten zeigt (bei Fr. G. Hofmann, Katharina v.B., Leipzig 1845) stellt sie gar nicht vor, wie schon die gestickte Schrift C A B an der Haube beweist, denn das heißt nicht etwa C. a Bora. _Seidemann_, Beitr. I, 92. Vgl. übrigens das Siegel 266. 2. Im Kloster Hierher bes. „Urkundenbuch“. Ferner: „Sachsengrün“ Kulturhist. Ztschr. I S. 82; Bräß, Wissensch. Beil. der Leipz. Zeitung 1899, Nr. 9. Vgl. A. _Thoma_, Gesch. des Klosters Frauenalb, Freiburg 1899. [20] _Vierordt_, Gesch. der ev. Kirche im Großherz. Baden, Karlsruhe 1847, I. Bd. S. 30 ff. Frauenalb S. 18. Th. Murner, Schelmenzunft (1512). „Kloster und Stifte sind überall gemeiner Edellüt Spital“. [21] Frauenalb S. 31: „Da alle Klausur und geistlichen Leute erdacht und gemacht sind, daß sie unserm Herrn und Gott dienen und für Tote und Lebende und alle Gebresthafte Bitten füllen“. [22] Vgl. „Wie Gott einer Klosterjungfrau ausgeholfen“, Walch, L.W. XIX 2095 ff. Diese Nonne Florentina von Oberweimar. „Da ich 24 Jahre alt wurde, begann ich mein Gemüt und meine Geschicklichkeit zu fühlen und erkennen“. [23] Monachum aut paterna devotio aut propria professio facit. Decret II part. c. 3. C. XX qu. 1. Vgl. Köstlin I 592, Frauenalb 19. [24] Florentina a.a.O.: „Von meinen Eltern, welche geistlichen Stand für gut und selig angesehen, durch Bitt und Anregung meiner Muhme, der Domina (Aebtissin) zu Eisleben, wurde ich in das Jungfrauenkloster daselbst gegeben.“ [25] Frauenalb 19. — Ave Grossin wurde in Nimbschen als Kind angenommen — (Sachsengrün 81). Florentina, welche mit dem 6. Jahr ins Kloster kam, erzählt. „Da ich 11 Jahre, bin ich durch Angeben der Domina (Aebtissin) ohne alles Befragen (und wenn ich gleich wohl befragt, hätte ich keinen Verstand gehabt) also unwissend eingesegnet“. [26] Br. II, 323. 319. [27] Br. II, 331 (lies invito dicatis). 324. [28] Urkundenbuch 319 ff. Die Nonnen pflegten nicht nach dem Lebensalter, sondern nach dem Eintrittsjahr aufgezählt zu werden. (Frauenalb 42 f.) [29] _Seckendorf I_, 274. _Engelhard_, Lucifer Wittenbergensis v.d. Morgenstern v.W., d.i. vollständ. Lebenslauff der Cath. v.B., des vermeynten Ehe-Weibs D.M.L. Landsperg, 1747. I, 27. [30] _Nimbschen_. Der Name lautet: Nimetzsch, Nimtsch(en), Nympschen, Nimptschen. Bräß a.a.O. — „Gestiftet zur Ehre und zum Dienste Gottes und seiner geheiligten jungfräulichen Mutter“. — Das Amt und Kloster fiel bei der Teilung 1485 an das Kurfürstentum. Sachsengrün, I, 82. [31] Zu S. 8 ff. Vgl. Thoma, Frauenalb 77 ff. Zu S. 9-12 s. Urkundenbuch 319 ff. Bräß, 35a. [32] Urkundenbuch 337. Zum damaligen Geldwert: l Schock = 60 Groschen. 20 Gr. = 1 fl. 14 gute Schock = 40 fl. — Damals kostete 1 Huhn 1/2 Gr.; 1 Schock (60) Eier 1 Gr.; 1 Scheffel Weizen 7 Gr.; ein Scheffel Hafer 3 Gr. Urkb. S. 376. [33] Amsdorfs Brief an Spalatin vom 11. April 1523. „Ordinis B. Bernardi“. [34] Im Freiberger Kloster gingen durch das Fenster am Chor Sachen (bes. Schriften) aus und ein. (Seidemann 128). — canes (statt canas?) vetulas. [35] cum pueris heißt es. Sollten die Knaben der Aebtissin (S. 11) gemeint sein? [36] Ueber die Feierlichkeiten s. Frauenalb S. 23-25. [37] Urkundenbuch S. 166. Frauenalb 22. [38] Metze = Magda(lena). [39] Margarete hatte (1497) von ihrem Vater Hans v. Haubitz samt ihrer Tante als Leibgeding 64 Groschen Geld, 9 Hühner, 30 Eier und ein Hofichen Butter vom Vorwerk Haubitz verschrieben. (Urkb. zu 1497). [40] Als das Stift evangelisch geworden war. _Großmann_, Die Visitations-Akten der Diöces Grimma I.H. Leipzig 1873, S. 181. [41] S. _Seidemann_, Kollektaneen auf der Dresdener Hofbibliothek II unter „Bora“. Zu S. 13-15 Urkundenb. 319 f. [42] _Cordatus_ Nr. 954. [43] Urkb. 303: 1504 nahm das Kloster „zur Anhebung der hl. Reformation“ Geld auf. 324: „Obgleich noch viel zur Reformation gehört.“ [44] Die ständige Eingangsformel eines Antwortschreibens lautet: Euern Brief habe ich erhalten und verstanden. [45] In der Zeit, da das Kloster evangelisch geworden war, wurde den Schreibverständigen unter den Klosterfrauen aufgegeben, die jungen wenigstens, die es noch nicht konnten, schreiben zu lehren. _Dr. Großmann a.a.O._ S. 80. [46] Sachsengrün, 81, Urkb. 319, 323. Altes Gesangbuch 290. [47] _Seidemann_, Kollekt. Pars II unter „Bora“. [48] Florentina bei Walch XIX 2095 ff. [49] Florentina. Walch a.a.O. [50] Bräß a.a.O. Anderwärts waren die Spenden bei der Einsegnung tarifmäßig festgesetzt und sehr beträchtlich; z.B. im Kloster Hausdorf erhielt der Propst allein 32 Gr. und 1 Fingerlin (Ring), die Priorin und Kellnerin je einen Schleier, 15 Gr., 4 Stück Fleisch, 1-1/2 Stübchen Bier und ein St. Wein, und alle Beamte und Bedienstete bis zum Blasbalgtreter, Läuter und Fensterknecht, sowie jegliche Jungfer, ihren ganzen oder halben Solidus. _Mitzschke_, N. Archiv für Sächs Gesch. XIX, 347. [51] T.-R. II 233. „Wider Willen geweiht“: Br. II 330, lies: invito dic(a)tis „Hitzig“, T.-R. II, 233, vgl. Urkb. 324: „in Gottesliebe hitzig“. [52] Frauenalb. 31. Urkb. 324. [53] T.-R. III 230, II 124. 235 sagt Luther: „Es war eine lautere Stockmeisterei und Marter der Gewissen im Beten. Da war nur ein Geplapper und Gewäsch von vielen Worten; kein Gebet, sondern nur ein Werk des Gehorsams.“ [54] Daß Katharina, wie seltsamerweise die katholischen Schriftsteller bis auf Evers hartnäckig behaupten (vgl. S. 262, Z. 27), Aebtissin gewesen sei, wird schon durch die Thatsache widerlegt, daß Margarete von Haubitz von 1509 bis zur Aufhebung des Klosters Vorsteherin war. [55] Von den Nonnenklöstern stammen die zahllosen Paramentstücke der mittelalterlichen Gotteshäuser. So hatte die Wittenberger Stiftskirche 32 Teppiche, 18 Fahnen, 12 Samtdecken, 138 seidene Vorhänge und 221 Meßgewänder! _G. Stier_, Denkwürdigkeiten Wittenbergs, S. 10. [56] Urkb. 316-319. [57] Ebenda. — Vgl. _Myconius_, Summarium der Ref.-Geschichte 4: „Vielfeiern: Tag und Nacht singen, plärren, murmeln“. [58] Sachsengrün, I, S. 82. — Der Bischof von Merseburg (Adolf, Fürst von Anhalt) kam am 28. April 1524 zur Visitation nach Grimma mit 40 Pferden und sechs Geistlichen. _Förstemann_, Neues Urkundenbuch, Hamburg 1842, S. 97. [59] 1. Jan. 1291. 7. Okt. 1296; s. Urkb. 226. [60] 23. Aug. 1311. Urkb. S. 221. 337. [61] Weimarer Archiv, Rechnungen von 1517, 1519, 1530. _Seidemann_, Kollekt. II. Vgl. _Grulich_, Denkw., S. 27. Urkb. 315. [62] Urkb. 322 ff. [63] Urkb. 334. Sachsengrün I, 82. Urkb. 303, 307. 313: Beschwerden über die Mönche: „Alle Diener (Beamte), die vom Fürsten dahingesetzt, worüber die Aebtissin und Sammlung hält, werden von den Mönchen verfolgt. Sie wollen auch die neue Abtissin entsetzen wie die alte, aus Neid.“ [64] Urkb. 328. Der Vorsteher hieß Matthias Heuthlin. [65] Urkb. 329. 337 f. [66] Urkb. 344. „Mutter Kühnen wartet auf die kranken Jungfrauen.“ So beklagten sich die Nonnen in Freiberg, daß ihnen keine Liebesdienste, wie Krankenpflege und dgl. verstattet sei. Urkundenb. 325: Die Aebtissin ermahnt die Nonnen, den Statuten nachzufolgen, „daß ihr also durch dieselben geistlich lebet, auf daß ihr aufs letzte das Verdienst der guten Werke („Uebungen“) und Vergeltung eurer Arbeit mit dem ewigen Leben möget erlangen.“ 3. Die Flucht aus dem Kloster. [67] L.W. XIX, S. 1797-2155. [68] T.-R. II 124, S. oben S. 18, 2. [Transkriptions-Anmerkung: Die genaue Position des Verweises im Text nicht markiert.] [69] _Matthesius_ 31, wonach auch der Inhalt des Büchleins angegeben ist. Vgl. _Seidemann_, Erläuterungen zur Ref.-Gesch. 113. [70] _Grulich_, Denkw. v.T., S. 28. S. unten S. 32. [71] S.o.S. 21. _Walch_, Leben der sel. Kath. v. Bora 64 f. [72] Florentina a.a.O. [73] Vgl. Ztschr. f.d. Gesch. d. Oberrheins, 1899, H. 1. S.o.S. 28 und S. 32. [74] Br. III 321, 322. — 1534, als Luther allerlei Erfahrungen in dieser Hinsicht gemacht hatte, mußte er die austrittlustigen Nonnen auf diese Schwierigkeiten aufmerksam machen. Br. II, 322, IV, 580, 583. [75] Br. II, 322. 327. [76] Br. II, 323. — „Kinder“ = freigeborne Söhne und Töchter (liberi); vgl. Frauenalb 18. Damit sind Seidemanns (Erläuterungen zur Ref.-Gesch., Dresden 1844, S. 109) Bedenken über die „Sammlung (Konvent) von Kindern“ in Freiberg erledigt. [77] Br. II, 320. Luthers Auslegung von I. Cor., 7. _Walch_ XII, 287 f. — So enthielt der Ave Schönfeld ihr Bruder nach ihrem Austritt ihr Erbe vor, indem er sich auf das päpstliche (kanonische) Recht berief. Br. III, 289 f. [78] _E. Wezel_, Kath. v.B. Geburtsort, Wiss. Beil. z. Leipz. Z., 1883, Nr. 71, S. 423 f. — Br. II, 323. [79] Vergleichen kann man mit den Nimbschener Zuständen diejenigen im Kloster Freiberg. Hier vermittelte die Herzogin Heinrich (Enkelin des Böhmenkönigs Georg Podiebrad) die Schriften Luthers. Die Schriften kamen auch durch den Klosterprediger, den Balbierer Meister Philipp ins Kloster, wurden abgeschrieben u.s.w. Bei einer Visitation vergrub die Herzogin Ursula einen ganzen Sack voll lutherischer Büchlein ins Korn. Beim Salva Regina sangen die Lutherischen andere Wörter. — Viele, darunter Katharina von Mergenthal, die Herzogin von Münsterberg „waren rege und wollten springen; die Heerführerin drohte immer mit Auslaufen“ (Seidemann, 120). Unter den 77 Freiberger Nonnen waren ein gut Drittel (besonders die jungen) lutherisch, ein anderes Drittel altgläubig, das dritte Drittel „wie der Wind geht“. Die einen hielten die andern für „bännisch“. Die Priorin war lutherisch und half zur Flucht. N. Archiv f. Sächs. Gesch. III, 290-320, _Seidemann_, Erl. zur Ref.-Gesch., Dr. 1844, S. 109 ff. [80] Br. II 323. [81] III, 9. [82] II, 323. [83] II, 323. [84] II, 327. [85] Br. II, 321, 322 f. — Auch Luther dachte an Todesgefahr: „ob's auch das Leben kosten müßte“. Um diese Zeit, vor oder nach Ostern 1523 wurde Heinrich Kelner, welcher eine Nonne aus Kloster Sornzig entführt hatte, durch Herzog Georg zu Dresden geköpft, gespießt und an den Galgen gesteckt. S. 36. Und als um Fastnacht (4. März 1524(?)) zu Torgau 16 Bürger das Barfüßerkloster stürmten, erregte das den größten Unwillen des Kurfürsten Friedrich, zumal damals gerade kaiserliche Gesandte sich in Torgau aufhielten, um über die Religions-Angelegenheiten zu verhandeln. Der Kurfürst wollte den 16 an das Leben, so daß sie Frau und Kinder in Stich lassen mußten und flüchtig wurden; ein Glück, daß Kurfürst Friedrich bald starb und sein Bruder Johann milder gegen die Verjagten gestimmt war. [86] _Hofmann_, S. 8 f., Torgauische Denkwürdigkeiten 1749, S. 38; _Grulich_, Denkwürdigkeiten Torgaus, Torgau 1855, 2. Aufl. S. 24 f. M. Sam. _Schneider_, Neue Beiträge 1758. „Im Jahre später stürmte Koppe mit anderm Pöbelvolk das Mönchskloster.“ — Der Klosterstürmer war aber wahrscheinlich der gleichnamige Neffe des alten Koppe; auf den Neffen paßt das Herumtreiben mit jungen Edelleuten während der Flucht. Der junge Koppe konnte auch verwandt mit Kunz von Kaufungen sein. — Der Klostersturm war auch wahrscheinlich 1525 nicht 1524, sonst würde sich nicht reimen, daß der Kurfürst bald starb. Auch ist 1525 das Jahr der Bauernunruhen, wo sich eine solche aufgeregte That eher erklärt. Noch weniger kann es 1523 sein; denn sonst hätte Koppe, sei's der ältere oder jüngere, nicht nach Torgau sich wagen dürfen. [87] Hofmann, S. 9 f. [88] Die verschiedenen Berichte über die Flucht s. bei _Walch_ 64, _Hofmann_ 11, _Seidemann_, Ztschr. f. histor. Th. 1860, S. 475. Lutherbr. 14. _Bräß_ 36. Von Heringstonnen berichtet _Arnold_, Kirchen-und Ketzerhistorie II, 513. Vgl. _Beste_ 17 f. Die oft erwähnte Florentina entkam ohne weiteres, als ihre Hüterin ihre Zelle zu schließen versäumte und die andern Nonnen im Schlafhaus waren. Die Herzogin Ursula von Münsterberg entwich durch die schlecht verwahrte Hintertür im Garten (N. Archiv für Sächs. Gesch. III, 304, Seidemann 118 f.); auch in Nimbschen war die hintere Pforte schlecht verwahrt. (Urkundenbuch 324). Die mündliche Sage in der Umgegend erzählt, es hätten sich alle neun Nonnen durch das Fenster in der Zelle Katharinas herabgelassen; auch habe diese bei der Flucht ihren Pantoffel verloren. Das Fenster wird an den heutigen Ruinen (des Refektoriums?) noch gezeigt und lange Zeit sangen die Zöglinge der Landesschule zu Grimma, an welche das Kloster mit seinen Einkünften übergegangen ist, dort bei Ausflügen lateinische und deutsche Hymnen. Das Fenster aber hat schwerlich zu einer Zelle gehört. Ebenso wird noch in Nimbschen der Pantoffel gewiesen, der aber ist ein Machwerk des vorigen Jahrhunderts. [89] _Menken_ Annal. a. 1523. Script. rer. Sax. 571: singulari consilio et calliditate. Facinus plane audacissimum. Asus est ex monasterio clam abducere. Br. II, 319; satis mirabile evaserunt. [90] Br. II, 318; vom 8. April ex captivitate accepi heri ex Nimpschen 9 moriales. [91] _Grulich_. Denkwürdigkeiten S. 29. „Auch Zwilling war bei der Hand und führte den Zug der Nonnen an“. [92] Br. II, 319. vulgus miserabile. Kolde Ann. Luth. 443. [93] Anspielung auf 1. Petri 3, 19 und Ephes. 4, 8, wonach Christus am Karsamstag zu den Geistern ins Gefängnis hinabstieg und die armen Seelen befreite, wie das auf mittelalterlichen Bildern mit so großer Vorliebe dargestellt wird. [94] Br. II, 321. „Euer Audi“ läßt Luther auch in der Einladung zur Hochzeit grüßen III, 9. [95] Der offene Brief an Koppe Br. II, 321-7. [96] _Burkhardt_, 56. 109. _Lorenz_: die Stadt Grimma, 1112 f. _Lauterbach_ 163 f. [97] Dr. _Bräß_ 36. _Lauterbach_ 163 f. _Seckendorf_ I 272: Elcetor dissimulavit factum. Die Aebtissin schrieb schon vorher an den Kurfürsten. [98] _Seidemann_, Beitr. zur Ref.-Gesch. I, Dresden 1846, S. 60. _Lorenz_ 1108 f. Urkundenbuch 340. _Großmann_, Visitationsakten der Diöces Grimma I, L. 1873 S. 78 ff. 181. [99] _Hofmann_ 14. _Seidemann_, Beitr. I, 92. [100] Br. II, 354. III, 9. 32. 33. 4. Eingewöhnung ins weltliche Leben. [101] II, 323. 319. [102] II, 319 f. _Kolde_, Ann. L. 443. [103] Br. II, 334. 433. 473. 584. 330. [104] Br. IV, 580. [105] Br. III, 170. 229 f. 236. Schönfeld, T.-R. IV, 50. Burkh. 193. [106] Reichenbach stammte aus Zwickau und studierte in Wittenberg 1510-11. 1525 nahm er sein Haus in Lehen, 1530 wird er Bürgermeister, 1541 heiratete seine Tochter, 1543 starb er. (_Buchwald_ 74 f. 173). _Consil. Theol. Witt._ IV, 19. _Hofmann_ 13 f. Reichenbachs Haus ist übrigens nur in dem hundert Jahre später erschienenen Werk der _Consil. Theol. Witteb._ als Katharinas Zufluchtsort genannt. Bei allen gleichzeitigen Quellen kommt es nicht vor; auch in allen Berichten über die Trauung und Hochzeit wird das Ehepaar nicht erwähnt und von irgend welcher Beziehung des Lutherschen Hauses mir der Familie Reichenbach findet sich keine Spur. Er gehörte allerdings in den Freundeskreis Dietrichs und Baumgartners. Dietrich meldet diesem am 29. Jan. 1535 die Vermählung von Reichenbachs Schwester mit dem Nürnberger Strauch. (Ztschr. f. hist. Th. 1874 S. 546 f.) Dagegen weisen andere Anzeichen darauf hin, daß Käthe vielmehr in dem _Kranach_schen Hause gelebt habe; der König Christian, welcher im Oktober 1523 dort wohnte, verehrte der Jungfrau Käthe einen Ring: das kann doch nur für Dienste geschehen sein, die sie im Kranachschen Hause that. Ferner ist bei der Trauung Luthers als einzige Frau die Kranachin zugeben. Endlich steht Luther, wie Käthe, mit den beiden Eheleuten, seinen Gevattern, auch in späteren Jahren noch in reger Beziehung, während nirgendswo von einem Verkehr mit dem Reichenbachschen Ehepaar im Leben Katharinas geredet wird. Ich möchte daher vermuten, daß Käthe nur kurze Zeit im Reichenbachschen Hause untergebracht wurde, dagegen im übrigen in dem sehr umfangreichen und wohlhabenden Hause der Kranach als Stütze der Hausfrau Verwendung gefunden. Bei Kranach konnte auch Ave von Schönfeld untergebracht sein, weil ihr späterer Gatte Lic. Basilius Axt in Kranachs Apotheke beschäftigt war. In dem Brief, worin Luther den Medicus Basilius Axt empfiehlt, wird von diesem gesagt, er sei Apotheker bei Kranach gewesen und seine Gattin (Ave von Schönfeld) eine Mitschwester von Luthers Frau. (B. III, 292 vgl. 291). [107] _Beste_ 20. _Hofmann_ 13, 26. [Transkriptions-Anmerkung: Zur folgenden Bemerkung gibt es keinen Verweis im Text.] _Seidemann_, Ztschr. f. hist. Th. 1874. S. 533 ff. [108] Consil Witt. IV, p. 19. [109] Br. II, 325. [110] Br. II, 553. W.L.W. XXI, 916. Beste 22, 2. [111] Ztschr. f. hist. Th. 1874. S. 544-58. Br. II, 553. [112] Corp. Ref. I, 1114. Br. III, 532, wo Luther und Melanchthon an Abt Friedrich für eine Wittenbergerin fürsprechen, welche ein junger Nürnberger heiraten will. [113] _Abr. Scultetus_ Ann. ad. ev. renov. ad a. 1525. p. 80. _Seckendorf_ II, 17. _Walch_ 92-96. _Beste_ 23 f. [114] „Meine Käthe hatte ich damals nicht lieb, denn ich hielt sie verdächtig, als wäre sie stolz und hoffärtig.“ T.-R. IV, 50. 5. Katharinas Heirat. [115] Ostern 1525. Br. II, 643. 646. — Vgl. T.-R. IV, 132. [116] _Schadow_, Wittenberger Denkwürdigkeiten, W. 1825, S. 61. [117] Hochmeister: Br. II, 673 f. 678. Spalatin: II, 643. _Seckendorf_ II, 274. [118] T.-R. IV, 145: „Die kaiserlichen Rechte sagen: Wer eine Nonne nimmt, der habe das Leben verloren und das Schwert verdient“. [119] Br.: II, 35. 40. 49. 102 f. 583. 637. [120] _Cordatus_ 1509. Argula. Br. II, 570. 646. W. XXI, 931. [121] _Lingke_, D.M.L. Reisegeschichte, L. 1769, S. 157. Luther war vom 16. April bis 6. Mai auf der Reise. Br. II, 643. — Anfangs März bat Luther Amsdorf, zu ihm zu kommen, um ihm in seinen Anfechtungen ein Trost zu sein. Br. II, 634. [122] W. XX, 1685. X, 861. _Seckendorf_ II, 17, I, 274. _Scultetus_ p. 80. 274. Br. II, 643. 655. 678, III, 1. 3. 13. 21. 32. Consil. Theol. Witteb. IV, 19. _Lingke_ 151-3. — „Es ist der Welt Gott der Teufel (der ja selbst ein Hagestolz ist), der Verspötter jeder Gott gefälligen Gattenliebe und jedes ehrsamen Familienlebens, der den Ehestand so verleumdet und schmählich gemacht hat“ (W. X, 806). „Wer dem Ehestand zuwider ist und redet übel davon, der ist gewiß vom Teufel.“ (Matthes. 138.) Erasmus spöttelte, Luther erlaube andern, was er selber nicht wage. _Schlegel_, Vita Spalatini, 211. 214. — T.-R. IV, 36. [123] W. X, 962. Erasmi Opera ed Cler. III, 1 ep. 80. Br. III, 21. So schreibt L. 1526 bei der Taufe seines Erstgebornen. „Ich scheu des Prangens, als wollt ich mich mit einem Mönchs- und Nonnen-Kinde herfürthun“ (III, 113). — Nonne trotz kaiserl. Rechte: T.-R. IV, 145. [124] Die Schönheit Katharinas behauptet u.a. Erasmus III, 1 ep. 730. „Ein Mägdlein von feiner Gestalt“. „Eine schöne Frau“: IV, 553. „Nicht in Leidenschaft entbrannt“: III, 9. Reim: Seidemann in Schnorrs Archiv IX, S. 3. Ueber schöne Frauen, T.-R. IV, 40. [125] II, 646. Diese 2 Frauen waren wohl 1. die Ave von Schönfeld, von welcher L. 1536 sagt: „Wenn ich vor 13 Jahren hätte freien wollen, so hätte ich Eva Schönfeldin genommen, die jetzt der D. Basilius, der Medicus, in Preußen hat“ (T.-R. IV, 50); und 2. „jene Alemannin, meine Verlobte“, von welcher im Januar 1526 das Gerücht ging, Amsdorf habe sie geheiratet. Br. III, 77. Salus (=Ave) Allemanna, vgl. die vier Brüder Alemann III, 418. Man deutet aber diese Aeußerung L. drei „Frauen“ auch allegorisch auf die drei Mönchsgelübde (_Beste_ 31) u.a. [126] II, 655. Luther war am 19., 28., 29. April in Eisleben. [127] Die üble Nachrede (III, 2 infamantibus me cum Catharina Borana) war vielleicht die Lüge von einem frühzeitigen unerlaubten Umgang der beiden Brautleute, welche auch Melanchthon in seinem bekannten vertrauten Brief an Camerarius zurückweist. S. 58. Luther war wegen der an sich selbst erfahrenen und auch sonst wahrnehmbaren Verleumdung Verlobter gegen lange Verlobungszeit. T.-R. IV, 41, Br. III, 1-3, 9-12. [128] T.-R. IV, 73. Cord. 1511. [129] Luthers Augen beschreibt Melanchthon (Ztschr. f. K.-G. IV, 326) als braun mit einem gelben Ring darum: der Ausdruck habe den kampflustigen Blick des Löwen. — Ueber Luthers Aeußere vgl. Küchenmeister, L.'s Krankheitsgeschichte, 42. 116. Bei dem Besuch bei Kardinal Bergerins (s.o.S. 115) trug, wie dieser bemerkte und aufschrieb, Luther ein Wams aus dunklem Kamelot, die Aermel mit Atlas eingefaßt, darüber einen kurzen Rock von Sersche mit Fuchspelz gefüttert, an den Fingern mehrere Ringe, um den Hals eine schwere goldene Kette. Luther wollte damals dem Kardinal imponieren und recht jung aussehen, um ihn zu ärgern; er meinte, so müsse man mit Füchsen und Schlangen handeln. [130] T.-R. IV, 38. [131] _Kawerau_, der Briefwechsel des J. Jonas, Halle 1884/5, I, S. 94. [132] „Herkömml. Bräuche“: im Briefe Mel. an Camer. (ed. _W. Meyer_, München, Akadem. Buchdr., 1876, S. 6 f. Vgl. _Köstlin_ I, 768 f., 817 f. — T.-R. IV, 72: L. führt nach dem Nachtessen die Braut zum Bette. S.u.S. 121 f. [133] Die Trauform in Luthers Traubüchlein (1529), welche sich wohl dem herkömmlichen Gebrauch anlehnt, ist folgende: Vor der Kirche geschieht die Trauung durch einen Weltlichen oder Geistlichen. Da wird „Hans und Grete“ gefragt: Willst Du den oder die zum ehelichen Gemahl haben? Auf das Ja! wechseln sie Trauringe; der Trauende fügt die Hände zusammen und spricht: „Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden.“ Und: „Weil denn Hans N. und Grete N. einander zur Ehe begehren und solches hier öffentlich vor Gott und der Welt bekennen, daraufhin sich die Hände und Trauringe gegeben haben, so spreche ich sie ehelich zusammen im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes.“ Darauf folgt in der Kirche Gebet und Segen. Später wurde in Wittenberg die Trauung in der Kirche üblich. Köstlin II, 642, 63. Vgl. T.-R. IV, 53. „Da verlachet D. Philipp höhnisch, wenn wir Braut und Bräutigam in der Kirche öffentlich zusammengeben, gleich als dürfte man nicht beten zu solchen Sachen.“ [134] _Kawerau_, Jonas' Briefw. a.a.O. — „Gelöbnis“ Wittenb. Stadtrechnung. Vgl. V, 196: sponsalia confimare. [135] _Hofmann_ 47. [136] W. X, 855 f. 967 f. III 2, 567 f. 2565. Bugenhagen an Spalatin. Luther fordert im „Traubüchlein“, die Ehe als öffentlicher Stand solle auch öffentlich vor der Gemeinde vollzogen werden, vor oder in der Kirche, wie es die Brautleute begehren. — Auch _Matthes._ redet von einem öffentlichen Kirchgang Luthers, desgl. Consil. Theol. Witteb. — Bezeichnungen für die Hochzeit bei _Schild_, Denkwürdigkeiten Wittenbergs, W. 1892, S. 25. Luther hielt — gegenüber Melanchthon — sehr auf die herkömmlichen kirchlichen Bräuche bei der Hochzeit. T.-R. IV. 72. Als Wittenberger Brauch der Heimführung wird (_Buchwald_, Zur Wittenberger Stadt- und Universitäts-Gesch. 35) erzählt: „Röhrer führte seine Braut nach der Hochzeit im Hause Dr. Beiers in unser Haus mit feierlichem Geleite der Frauen.“ Vgl. M.H. Gottl. _Kreußler_, Denkmäler der Ref., L. 1817, S. 29. „Die kleine Gesellschaft brachte das Brautpaar heim.“ [137] Hochzeitsbriefe III, 1. 3. 9. 11-14. [138] Hochzeitsgeschenke, Hofmann, 52 f. [139] Siehe bei _Hofmann_ das Titelbild. _Seidemann_, Beitr. zur Ref.-Gesch. I, 92. 6. Das erste Jahr von Katharinas Ehestand. Br. II, 582, III, 32. [140] „Schwarzes Kloster“ d.h. Kloster der schwarzgekleideten Augustiner im Gegensatz zu dem unteren „grauen Kloster“, dem Sitz der grauen „Minderbrüder“. — Studierstube, Br. II, 543, T.-R. IV, 476. Ausrüstung, Br. III, 472 f. Winterzimmer, III, 221. Bilder: Der Karlstadtianer Ickelsamer („Klag etlicher Brüder“) rügt, „Luther wolle bei sich gemalte götzische Bilder haben.“ T.-R. I, 137: „Gemälde an der Wand. Das Kindlein Jesus schläft in seiner Mutter Arm“. S. 311. „Da D.M. das Kindlein Jesus gemalt im Schoße der reinen Jungfrauen ansahe“. — _Seidemann_, Grundbesitz 496. Die gesamte jetzige Einrichtung des Lutherzimmers ist nicht echt, namentlich Tisch und Ofen aus späterer Zeit. Ueber das Lutherhaus s. H. Stein, Geschichte des Lutherhauses, Wittenberg 1883. Das Lutherstüblein war aber nicht im Turm, sondern ist das vorhandene. — S. Seite 74 f. und Anmerkung dazu. S. 285. [141] In dem Krankheitsbericht des Jonas von 1527 speist die Familie, scheint es, im untern Stock und Luther geht von da in das Schlafzimmer hinauf. [142] _Seidemann_, Grundbes. 484. S. 8. Kapitel und [239]. [143] _Förstemann_, N. Mitteilungen a.d. Gebiete hist.-antiq. Forschungen III, S. 113: „1 Schwäbisch, Frau katharin Doctoris Martinj Ehelichen Weyb zeum Newen Jhare geschenckt.“ — Consil. Theol. Witteb., Frankf. 1664, S. 19: „1 Sch. 8 Gr. 3 Heller vor ein Schwebisch _Haub_ Frau Katharinen, Doctoris Martini Ehelichem Weibe zum Neuen Jahre geschenckt.“ Hofmann 52 meint: Ein Stück oder Schock schwäbische Leinwand. Kasten V, 162. Geräte VI, 325 f. [144] III, 18. „Ich bin an Kethen gebunden und gefangen und liege auf der Bore (Bahre) scilicet mortuus mundo. Salutat tuam Catenam mea Catena. III, 9: „Ich bin meiner Metzen (Meid = Jungfrau) in die Zöpfe geflochten“. S. oben [38]. [145] T.-R. IV, 41. [146] Im Studierstüblein Bücher auf Bänken und Fenstern, 111, 472. — Hochmeister Cord. 1510. Vielleicht aber meinte Käthe den Markgrafen Georg von Ansbach. — Brief über Erasmus 111, 212. [147] Cord. 38. T.-R. II, 208, IV, 121, vgl. 78: „Die Weiber sind von Natur beredt und können die Rhetorikam, die Redekunst wohl, welche doch die Männer mit großem Fleiß lernen und überkommen müssen.“ [148] Garten und Brunnen III, 117. _Schild_ a.a.O. Birnbaum, T.-R. II, 369. [149] Das als Titelbild diesem Buch vorgesetzte Bild weicht bedeutend von dem im Text geschilderten ab. [150] T.-R. IV, 114. [151] Luther nennt es selbst „meine abenteuerlich Geschrei“. [152] Br. III, 10. Camerarius. Narratio de Vita Mel., L. 1723, p. 103, CXXX. [153] C.R. I, 754, Melanchthon. Camerarius p. 103 f. Vgl. _Hausrath_, Kleine Schriften, L. 1883, S. 253 f. [154] III, 3. [155] Quellensammlung fränk. Gesch., Bamberg 1853, IV p. LXII. Beste 103-6. [156] Erasmi Opp. ed. Clerie. III 1. ep. 781. 790. 900. [157] _Seidemann_ 555. [Transkriptions-Anmerkung: Zur folgenden Bemerkung gibt es keinen Verweis im Text.] Schmähschriften. _Hofmann_ 190 ff. [158] W. XIV, 1335 f. Br. III, 299. 365. [159] S.o.S. 36. Br. III, 9. 32. 49. _Hofmann_ 77. _Ratzeberger_ 69 ff. [160] III, 94 f. [161] III, 125: Mihi morigera et in omnibus obsequens est et commoda plus quam sperarem. [162] Mel. griech. Brief an Camerar. Vgl. _Hausrath_ 254. T.-R. IV, 304. [163] Br. III, 55. 58. 32. 49. _Seckendorf_ II, 81. [164] III, 9. [165] L.W. „Das Pabstum mit seinen Gliedern gemalet“. 7. Katharina als Mutter ihrer Kinder und Hausgenossen. [166] Der Gevatterbrief an Kanzler Müller lautet. „Gerne thät ich's, daß ich m. gn. Herrn (d.i. wohl der Graf von Mansfeld) zu Gevatter bäte: aber ich scheu des Prangens, das man mir würde zumessen, als der ich mich mit einem München- und Nonnenkinde wollt herfürthun und große Herren zu Gevatter bitten. Darum will ich hieneiden bleiben und bitte Euch, sich des Kindes annehmen und geistlicher Vater mit sein, daß es zum Christen möchte geboren werden.“ Br. III 113. T.-R. III 144. Br. III 115 f. 125. 128. [167] III, 173. 213. 264. Kolde, An. L. 97. Natürlich säugte Katharina ihre Kinder selber. T.-R. II, 165. [168] III, 364. T.-R. I, 44. 199. Cord. 639. [169] _Kawerau_, Briefw. des J. Jonas, Halle 1884, I, 116. Beste 74. Br. III, 246. 364 f. 376. 390. [170] III, 448. — Es war am Himmelfahrtsabend. [171] III, 447 f. T.-R. II, 274. [172] Mayer p. 40. Veit Dietrich 19. Juni an Käthe. [173] T.-R. I, 205 f. [174] Beste 77 f. Br. IV, 313. 320. 414. T.-R. I, 118. 200. IV, 131. [175] Br. IV, 419. [176] _Hofmann_ 156 f. Vgl. T.-R. IV, 515. 525. [177] Br. IV, 436. Hofmann 156-88. [178] IV, 436 f. [179] _Mayer_ § 22. _Cord._ 1235. [180] IV, 574. 623. V, 129. 163. VI, 153. [181] T.-R. I, 118. 178. 181. 198 ff. 211. Br. III, 123. IV, 343. [182] T.-R. I, 26. 213. Ratzeberger 60. Rietschel L. und sein Haus. Halle 1888. S. 45. („Der Kleider und des Baretts springen“ — Sack- oder Hosenlaufen und Barlauf?) Jost Br. IV, 7. Jost und Lippus; 41. [183] T.-R. I, 13. _Matthesius_ 145a. Br. IV, 41 f. 343. V, 163. _Ratzeberger_ 59. [184] T.-R. I, 294. 212. 185. 178. Cord. 732. _Weißlinger_ in seiner Schmähschrift „Friß Vogel oder stirb“ (Straßburg, 1726, S. 78) hat ein Familienbild: D. Luther, die Frau Käth und liebe Jugendt; darauf stehen in einer Gruppe das Ehepaar, an den Vater angeschmiegt „Hänßchen“, dann dem Alter nach „Lisel“, als erwachsenes Mädchen (obwohl sie mit einem halben Jahr gestorben ist.), „Lenchen, Martin, Paulus, Gretel“; in der Thür steht ein älterer Knabe mit der Schrift. „Ich heiß Andräsel“. — Dies Bild hat mit Weglassung von Elisabeth ein Straßburger Maler etwas veredelt nachgebildet und diese Nachbildung ist in der „Niederlage Christlicher Schriften“ in Straßburg als Photographie erschienen und in G. Buchwalds D.M.L. deutsche Briefe (L. Bernh. Richter 1899) reproduziert. — Vielleicht ist das Weißlingersche Bild unter schmähsüchtigem Hinzuthun des „Andräsel“ einem älteren Original nachgebildet; die Tracht der Kinder weist zum Teil auf die Wende des 16. Jahrhunderts. Bei Luther, Käthe und Lenchen hatte der Zeichner offenbar die bekannten Originale vor Augen. [185] Muhme Lene. Magdalena von Bora fehlt in dem Nimbschener Personenverzeichnis von 1525/6. Von 1520-25 fehlt ein solches. IV, 44 f. Vgl. T.-R. I, 200. [186] T.-R. III, 153. Br. IV, 42. 132. 343. [187] _Lauterbach_ 2. 141 f. 164 f. Cyriak Br. III, 550. IV, 8. 15. 121. 139. VI, 123. [188] Lies. gleichzeitig, statt „frühzeitig“. Von dem Adoptivsohn _Andreas_ schreiben sich die katholischen Verleumdungen des Lutherschen Ehepaares her, daß er als „Sohn“ bald nach der Hochzeit geboren sei. (Vgl. oben S. 58). Ueber diese Verleumdung vgl. Lauterbach V und 141 Anm. desgl. _Lutherophilus_, „Das 6. Gebot und Luthers Leben.“ Halle, 1893. Fabian hatte in der „Specke“ ein Abenteuer mit einigen Schlangen, das er daheim natürlich gehörig übertrieben erzählte: als er dahin spazierte und sich darin schlafen legen wollte, trat er auf ein Nest voll Schlangen, die über einen Haufen lagen; die Tiere zischten ihm entgegen, der junge Siegfried aber zog sein Schwert, hieb unter sie, der einen den Kopf, der andern den Schwanz ab, bis das ganze Nest zerstört war. T.-R. I, 233. [189] Hans Polner Br. IV, 131. VI, 123. 151. Cord. 444 N. lies: Hans statt Andreas Polner. [190] V, 492. VI, 649 f. _Kolde_, Anm. Luth. 428. Ztschr. f. Kirchengesch. 1878, S. 145. Neobulos, eigentlich Neobolos. [191] IV, 342 f. T.-R. I, 350. [192] III, 217 ff. VI, 683 unter „Mocha“. [193] III, 178. V, 189. [194] Ganerben = Gesamterben. Wie falsch diese Beschuldigung des Stehlens war, geht daraus hervor, daß die Herzogin mittellos zu L. kam und ihre Begleiterin ein großes Vermögen im Stich gelassen hatte. (Br. III, 290). Katharina von Mergenthal, (IV, 469) Anna und Christina Korb hatten nichts mitgebracht, als ihr Pelzlein und Ziechen vom Bettgewand. (N. Archiv f. sächs. Gesch. III, S. 319). [195] S. 104. Br. III, 219. — Die Matronen Luther, Melanchthon u.a. pflegten in der Stadt schwangere Frauen zu besuchen und zu beraten. _Seidemann_, Beitr. S. 496. Kollekt. unter „Bora“. [196] _Köstlin_ II, 115. Nach _Seckendorf_ II, 122 war die Kurfürstin drei Monate im Lutherhaus. [197] _Kolde_, An. Luth. 378. [198] V, 46 f. [199] „Bildenhauer“ († 1539) T.-R. I, 206. 248. Br. V, 201. VI, 328. 8. Katharinas Haushalt und Wirtschaft. [200] _Seidemann_, Luthers Grundbesitz. Ztschr. f. histor. Th., 1860, 475-570. _Stein_, die Geschichte des Lutherhauses. Wittenberg, 1883. Vgl. _J. v. Dorneth_. M. Luther, Berlin 1886. II, c. 12. III, c. 10. 24. [201] Luther wußte, was ihm alles auferlegt wurde: „Luther hat einen dicken Rücken, er wird auch diese Last tragen.“ IV, 294. [202] _Cord._ 1057. T.-R. IV, 78. 114. Br. III, 417. C. Ref. IV, 890. Vgl. _Hofmann_ 93. — Zu I Cor. 7. W. II, 2830. [203] Cord. 1079. [204] V, 228. CR. VI, 625. VII, 144. [205] _H. Stein_, Geschichte des Lutherhauses. Wittenb. 1883. [206] T.-R. IV, 272 (Kellereinsturz). Vieh: _Burkh._ 409. 1 Kuh war damals wert 3 fl.; 1 großes Kalb 2 fl.; 1 Ziege mit 2 Jungen 2 fl.; 1 Schwein 1 fl.; 1 Ferkel 1/3 fl. — Hühner T.-R. II, 81. IV, 24. Schweinehirt Johannes T.R. III, 128. [207] Reparaturen. VI, 327. V, 424. [208] Grundbes. 484 f. Br. VI 324-326. [209] 1541. _Burkh._ 403 f. [210] _Stein a.a.O._ [211] T.-R. I, 102. 123. 183. 213. IV, 291. [212] Geräte VI, 325. Kasten V, 162. Becher IV, 342. Vermächtnis: Burkh. 362. Uhren III, 168. 449. Messer: Burkh. 270. [213] Br. VI, 331. [214] Urkunde: _Burkh._ 202 f. [215] Myconii Summarium der Ref.-Gesch. Cyprian IV, 27. (2. Aufl.) W. XI, 67. Br. V, 11. 127. 493. 668. 629. 319. 602. III, 156. Ueber das teure Leben in Wittenberg beklagte sich auch ein Student 1532. _Buchwald_ 103. Sonst 1 Kandel Wein 3 ₰. T.-R. I, 268. [Illustration: Grundriß des Lutherhauses (um 1540). (Nach H. Stein, Gesch. des Lutherhauses, Wittenberg 1883.) a Kollegienstraße. b Häuser darin. c „Haus Bruno“. d „Des Rymers Häuslein an Thor“. e Eingang. f Hof. g früherer Kirchhof. h altes Kirchlein. i Ställe. k Brauhaus. l Brauthor. m Thordurchgang (Turm?). n Garten. o Thür in der Mauer. p „Das hindere neue Haus“. q Lutherhaus (Schwarzes Kloster) 1. Stock. r Haupteingang. s Turm mit Wendeltreppe. t Flur im 1. Stock. u Vorzimmer v _Wohnzimmer_. w Schlafkammer. x Feuerungsraum. y Zimmer mit Fallthür und Treppe. z _Studierstube_. ab Aula. A Vorlesungssaal. B Stadtmauer. C Stadtmauer. D Wall. E Nebeneingang mit Wendeltreppe. [216] VI, 297. T.-R. I, 258. 274 f. [217] Jonas hatte einen Weinberg, Melanchthon (wohl durch seine Frau, eine Wittenberger Bürgermeisterstochter) verschiedene Grundstücke. [218] _Burkh._ 319. [219] T.-R. I, 141. 142. 146. IV, 667. C.R. XXIV, 392. [220] Br. VI, 328. Garten: Burkh. 409. — Der Platz „Am Saumarkt“, später „Viehmarkt“, wo der kurfürstliche Karpfenteich war, („Saumärkterin“ V, 783, „auf dem neuen Saumarkt“, _Burkh._ 356 f.) ist heute die Lutherstraße. (Wittenberger Urbar VIa. 1625, Lagerplan.) — Richter, Geneal. 398 ff. Beste 127. Fischteichlein T.-R. I, 179. — In der Hausrechnung (VI, 2) 1536 ist nur vom Bildenhauerschen Garten geredet, in dem Steuerschlag 1542 (_Burkh._ 409) vom Garten an der Zahnischen Straße, im Teil-Receß 1553 (_Beste_ 127) vom „Baumgarten am Sewmargkt“, der samt dem Hopfengarten an der Specke für 500 fl. angeschlagen wird — also scheint er an Gelände oder Gebäude (durch den Krieg?) verloren zu haben. Oder sollte der Garten an der „Zahnischen Straße“ = am Saumarkt sein? Nach weiteren Erhebungen ist wahrscheinlich, daß die Zahnische Straße den Anfang der heutigen Dr. Friedrichstraße bildete. Dann wäre thatsächlich der Saumarkt da, wo die Zahnische Straße und die Faule Bach sich schneiden. Die Lage wäre so. [Illustration: a-b Zahnische Straße. c-d Faule Bach. e-f Rische Bach.] Der Bildenhauersche Garten (für 900 fl.) lag nach dem Steueranschlag nicht „unter dem Rat“ wie der an der Zahnischen Straße. (_Burkh._ 409) [221] Br. IV, 575. VI, 328 f. Wolfs Vogelherd: 154 f. V 787. Vgl. _Burkh._ 409. [222] _Burkh._ 403. _Hofmann_ 98. — Der „Lutherbrunnen“ gehörte der Stadt. [223] Br. VI, 547. Grundbes. 520. Pfähle Br. V, 637. Hauspostille 1. September 1532. Rebenstock II, 124b. Stehlen: Grundbes. 530. [224] Bienenstock. _Rebenst._ II, 109. Fische T.-R. II, 80. [225] a. 1542 schätzt L. Braunen Haus auf 420 fl. IV, 575. Grundbesitz 502. Br. VI, 328: Die 250 fl. scheinen übrigens eine Abschlagszahlung gewesen zu sein, denn das Haus kam höher zu stehen. Der Kaufbrief (v. 1541) bei _Richter_ Geneal. Luth. lautet: Bruno Brauer Pfarrer zu Dobin verkauft erblich eine Bude im Elsterviertel zwischen D. Luthers Behausung und Bruno Brauer an Luther und seine Erben mit allen Gerechtigkeiten und mit Gehöft und Raum von der vordern Säule bis auf die erste Ecke des Brunnens und von der hintern Ecke des Brunnens bis auf die alte Badestube, zusamt derselben Badestube für 430 fl. zu 20 Groschen jeden. [226] „Mein lieber Herr“ ist = mein Gemahl. [227] Burkh. 319. Nach dem Bericht von Kanzler Brück an den Kurfürsten vom 13. März 1546 hat Frau Käthe dennoch „die Böse (das ist doch wohl das Gut Boos) zur Miet und um einen liederlichen Zins etliche Jahr her inne gehabt“. _Förstemann_, D.M.L. Testamente. Nordhausen 1846, S. 31. [228] S.o.S. 3. T.-R. II, 233. Br. V, 358. 298. 318. 431. 434. 753. VI, 304. _Burkh._ 357. [229] V, 312 f. 358. 495. 605. 609. 323. Ueber Käthes Walten in Zulsdorf vgl. _Anton_ 193 ff. [230] VI, 318. V, 313. 427. 448 f. 482. 507. 528. _Burkhardt_, Th. Stud. und Krit. 1896, S. 161. Der Scheunenbau spielt zwei Jahre lang. C.-R. VII, 125. [231] Zulsdorf wird in 21 Briefen und T.-R. II, 233 erwähnt. (S. Br. VI, 705). V, 300. 318. 323. 394. 400. Den Mainzer Erzbischof und den Herzog Heinrich von Braunschweig nennt Lauterbach in dieser Zeit „die wahren Türken“. V, 401. [232] V, 299. 659. VI, 304. — An der Decke war einer der bekannten Tintenflecke und am Balken ein Spruch, angeblich von Luthers (?) Hand. „Willt du Trost haben, so gehe nach Droßdorf“ (1/4 Stunde davon gelegen). Daß das Gütlein nicht ganz ohne Schmuck war, zeigen die noch vorhandenen Reliefbilder von Luther und Käthe, zwei Medaillons, das eine in Stein, das andre in Gips; beide, besonders das letztere, kraß realistisch; sie sind später auf das Hofgut Kieritzsch und dann in die dortige Kirche gekommen. Eine Nachbildung des Reliefbildes von Katharina ist in der Leipziger Illustr. Zeitung vom 2. Febr. 1899. Vgl. oben S. 263. [233] L.W. II, 279. T.-R. IV, 59. L.W. XXI, 169*. Br. IV, 643. T.-R. III, 128. IV, 62. [234] _Cord._ 1471. 1597. 589. _Schlaginhaufen_ 419. T.-R. IV, 199. [235] T.-R. IV, 306 (Cord. 980). L. führte diese Bezeichnung Käthes als „Morgenstern“ als Beispiel für die zahlreichen „Metaphern“ oder „verblümte Wort“ der deutschen Sprache an, neben Redensarten wie „groß Geschrei — wenig Wolle“; „er hängt den Mantel nach dem Winde“. — Bekanntlich hat _Engelhard_ diese Methapher im gehässigen Sinn als Lucifer Wittenbergensis zum Titel seiner Schmähschrift gemacht: „Lucifer Wittenbergensis oder der Morgenstern von Wittenb., d.i. Vollständiger Lebenslauff C. von Bore, des vermerkten Ehe-Weibs D.M. Lutheri, in welchem alle ihre Scheintugenden, erdichtete Großthaten, falsche Erscheinungen weitläuffig erzehlet werden v. R.D. Euseb. Engelhard.“ Landsperg 1747. — Käthes Krankheiten: Cord. 965. T.-R. IV, 24. II, 230. 233. III, 37. 122. 131. IV, 259. Br. IV, 530. V, 271. [236] VI, 547. 332. [237] _Lauterb._ 111. T.-R. IV, 593. Rietschl 43 f. L.W. XXI, 163*. 9. „Wunderliche Rechnung zwischen D. Martin und Käthe.“ [238] Br. VI, 151. V, 403. IV, 342. Widerruf vom Fegefeuer. Cord. 105 f. Br. IV, 575. [239] L. Grundbes. 518. (_Burkhardt_) Stud. und Krit. 1896, S. 158 ff. 1894 S. 769. _Burkh._ 432. _Kolde_, An. L. 396. 409. [240] VI, 325 f. II, 524, 618. [241] Diener III, 342. 449. VI, 324 f. _Kolde_, An. L. 195. _Seidemann_, Grundbes. 484 f. [242] Br. III, 104. T.-R. III, 308. Br. III, 496. [243] III, 495. [244] V, 189. [245] _Ratzeberger_ 59 f. [246] IV. 342. [247] _Mathes._ 144b. 377. Vgl. Kolde, An. Luth. 254. Hoffmann 99 f. [248] _Lauterbach_ S. 5. [249] VI, 328 ff. [250] Eine Schneiderrechnung: „1 Rock, Hosen und Wams Doktori Martino zu machen bei Schneider Cunz Krug 18 Gr.“ [251] Würze und Zucker durfte allein der Apotheker (Lukas Kranach) verkaufen. — 1 Loth Seide kostete 1 Gr. 6 ₰; 5 Ellen Barchent 21 Gr. 8 ₰. — „10 Ellen schwarz puritanisch Tuch vor 3 Schock 20 Gr. hat der Rat (1524) D.M.L. zum Rock geschenkt und Hier. Krapp (Melanchthons Schwager war ein Gewandschneider) bezahlt.“ _Schild_, Denkw. Wittenb. S. 27. [252] Die Paten waren in Wittenberg sehr zahlreich, wie man schon bei Luthers Kindern sieht. Am 20. Jan. 1536 wurden neun Kinder auf einmal getauft; da war natürlich auch D. Martinus, ferner D. Pommer, M. Philipp und viele andere treffliche ehrsame Leute Gevattern. T.-R. IV, 146. Luther stand zahllose Male zu Gevatter. Er hatte es so oft versprochen, daß er einmal gar nicht mehr wußte, wem, und es seinem Famulus auftrug, es auszukundschaften. IV, 559. (Das erinnert an den vergebenen Traum Nebukadnezars, Daniel 2). Hochzeiten V, 570. [253] Br. IV. 342. _Mathes._ 144b: In der Teuerung zur Pestzeit borgte L. beim Schösser etliche Scheffel Frucht und „wagte sie an die armen Leute“. T.-R. II, 212. Bezeichnend ist ein Zettel des Doktors (an den Stadtrat?) vom März 1539: „Lieben Herrn! Es muß dieser arme Gesell auch Hungers wegen davon. Nu hat er keine Zehrung wie die andern und muß fern reisen; weil er aber ein fromm gelehrt Mann ist, so muß man ihm helfen. So wisset Ihr, daß meines Gebens ohn das viel und täglich ist, daß ich's nicht kann alles erschwingen. Bitt derhalben, wollet ihm 30 Gr. geben; wo nicht so viel da ist, so gebet 20, so will ich 10 geben; wo nicht, so gebet die Hälfte. 15, so will ich die andere Hälfte geben. Gott wird's wohl wiedergeben. Martinus Luther.“ VI, 226. [254] III, 157. V, 570. [255] _Cord._ 1601. [256] VI, 329. [257] _Cordatus_ Nr. 1057 hat nur 50 fl. Im Jahre 1537 aber bei der zahlreichen Familie und den vielen Kostgängern kann das lange nicht gereicht haben, wenn er auch nur die Barauslagen rechnet. Sonst wäre ja auch die Haushaltung nicht „wunderlich“. — VI, 331. [258] _Fürstemann_, Denkmale D.M.L. errichtet. Nordh. 1846. S. 27. [259] III, 111. 115. [260] Potentem et avarum. Strobel, Beitr. II, 481. C.R. V, 314. „Die _richtige_ Bezahlung“. _Förstemann_, Luthers Testamente. Nordhausen 1846, S. 3. [261] T.-R. IV, 62. [262] VI, 329. [263] IV, 342. [264] An Link: III, 10. 104 an Rühel. „L. Hr. Dr. und Schwager! Das ihr meine Käthe hie zu W. geben habt, bin ich lang hernach inne worden; meinte nicht anders, Ihr hättet's hinweg, wie ich bat.“ — Käse: IV, 556 und 599 u.a. Kolde, Ann. L. 423. Kolde, M. Luther II, 519. [265] Br. V, 605. S.o.S. 155 ff. [266] _Cord._ 662. [267] III, 157. V, 424. VI, 326. [268] T.-R. I, 274. Br. III, 495. [269] T.-R. IV, 130. [270] Uebrigens war Käthe im Grundsatz mit Luther einigermaßen einverstanden, vgl. den Brief an Löser S. 83. [271] T.-R. IV, 70 f. Spr. Sal. 31, 10-31. 10. Häusliche Leiden und Freuden. [272] Das Folg. in D.T. Pommerani und I. Jonä Historie von L. geistl. und leibl. Anfechtungen. a. 1527. L.W. XXI, 158* ff. Br. III, 187-190. [273] Br. III, 191. 205. Vgl. 200. 213. 170. — Ueber die Fortschritte der Pest. Vgl. auch G. _Buchwald_, zur Wittenb. Stadt- und Universitätsgeschichte, L. 1893, S. 3-17. — Mocha(u): VI, 683. [274] _Buchwald_ S. 7. Auf dem Pestkirchhof wurden die Kleider der Pestkranken verbrannt; daher wohl verbrannte dort Luther auch die Bannbulle. [275] Br. III, 217 f. 221. _Buchwald_ 9. 12. 15. Br. III, 188. 193 ff. 212. 215. 217-19. 221. Teuerung. _Vogt_, Bugenhagens Briefw. Stettin 1888. S. 106. [276] III, 218. 221. 225. 240. 241. 243. 247. 253. [277] III, 222. 246. 248 f. [278] III, 314. 364 f. 376. 390. VI, 96. [279] III, 390. 404. 423. [280] III, 432. 469. [281] III, 512. [282] IV, 1 f. 34. 132. 179. V, 186 — „Gruboc“ umgekehrt von Coburg. [283] Luth. Ztsch. 1880, 50. C.-R. II, 40 f. Br. IV, 115. 132. 2. 10. 12. 32. V, 186. [284] IV, 132. 10. 19. 32. 43. 120. T.-R. IV, 244. „Oertlein“ 270. [285] IV, 121. 51. 10 174. [286] _F. Eysenhardt_ und _A. v. Dommer_. Mitteil. a.d. Stadtbibl. zu Hamburg II, 1885, S. 96. — H ... „Hürlein“. Es ist bekannt, daß für Kinder als Kosenamen oft die häßlichen Wörter gewählt werden z.B. „Du Spitzbub. Du Schelm!“ So hörte ich einmal eine alte Kindsmagd im Ueberschwang ihrer Gefühle sagen. „Du liebes Schindluderle“. — Luther gebrauchte also, wie sonstige Gelehrte, zum _Lesen_ schon früh (1525) eine Brille. II,624. — Ueber den Goldschmied Christian Döring s. Br. VI, 657. [287] IV, 7. [288] IV. 39. 41. 7. 9. 16-18 (vgl. III, 219). [289] IV, 4. 7 f. 13 f. 51 f. 41 f. 39. [290] IV, 131 ff. [291] Die Briefe waren lateinisch. [292] Exemplar = Manuskript. [293] VI, 121 f. [294] Br. IV, 230. 322. [295] Großeltern. T.-R. I, 201. Brief an den kranken Vater III 550 f., an die Mutter IV, 256 ff. [296] Martin IV, 313. 320. 414. T.-R. 201. Paul IV, 411. 431. 436. Margarethe IV, 574, vgl. 555. Hans immatrikuliert, _Lauterbach_ 141. [297] _Kolde_, An L. 184. Br. VI, 144. [298] Burkh., St. und Krit., a.a.O., 158. [299] IV, 553. [300] _Köstlin_ IV, 380 f. [301] IV, 362. V, 560. 643. 703 f., vgl. 524: „Euer Sohn hat jetzt die Masern gehabt; haben sein mit Fleiß gewartet nach Dr. Augustin (Schurf) Rat; ist nun wieder gesund.“ [302] IV, 342. T.-R. IV, 93, lies: Rischmann. [303] Wenigstens wird Jakobs von Seidewitz sel. Sohn, Kammerjunker Martin von Seidewitz erwähnt. Ztschr. f. hist. Theol., 1860, S. 570. [304] V, 106. 201. 411. 516. Ztschr. f. hist. Th., 1860, 565-69. [305] T.-R. IV, 451 f. 244. [306] T.-R. I. 201 f. 204. 205. [307] V, 46 f. 492 f. Daß Luther seinen Sohn Hans schon (1533) im 7. Jahr ein lateinisches Urteil über Erasmus und im 11. Jahr (1537) einen lateinischen Brief schreibt (Br. IV, 497, V, 46), ist nicht zu verwundern; schrieb doch der 11jährige Herzog Wilhelm von Sachsen an Hans Luther auch eine, wohl mit Hilfe seines Lehrers, verfaßte lateinische Epistel 1541, _Mayer_ § 17. (D. D. _Richter_, Geneal. Luther. 379). [308] _Lauterbach_ 141. Martin. T.-R. I, 205. _Köstlin_ II, 491. Florian, Ztschr. f. K.-Gesch. II, 145 f.: L. diktiert dem Buben zum Willkomm drei Tage hintereinander je des Tages einen guten fetten Schilling. — Zeile 10 lies: Florian (st. Fabian). [309] T.-R. I, 202. [310] T.-R. IV, 76. 64. [311] T.-R. IV, 129. _Matthes._ 145. [312] Muhme Lehnes Tod. T.-R. III, 153. — Rosine, Br. V, 625. 396. 506. 753. [313] V, 101. 11. Hochzeiten und Krankheiten, Pest und Tod. [314] T.-R. IV, 41. 84. 104. Br. V, 186 f. 198. II, 317. [315] T.-R. IV, 53, 75. 51. [316] VI, 189 f. 196. T.-R. III, 147. IV, 54-56. [317] Br. VI, 217. [318] T.-R. IV, 58. I, 184. — Wein und Brot. T.R. I. 106. Wenn Luther das Tanzen empfiehlt, so vgl. [445]. [319] T.-R. IV, 59. [320] IV, 610 f. 618. 625. 627. _Burkh._ 237 f. [321] V, 49 ff. 57 f. („hessische Betten“). _Ratzeberger_ 105 f. (nasse Bettücher), _Seckendorf_ III, § 60. _Burkh._ 276. [322] Mist: In Schmalkalden gab man Luther ein Getränk? von Pferdemist und Knoblauch ein. Man hielt viel auf solche Mistkuren: T.-R. I 120: „Pferdemist dienet für Pleurosie“. [323] V, 59 f. [324] V, 59. 270. 58. [325] Muhme Lene † T.-R. III, 153. [326] IV, 524. V, 188. _Burkh._ 259. _Schmidt_, Ztschr. f. Gesch. II, 256. VI, 187 f. [327] VI, 188. [328] V, 579. 259 f. VI, 291. _Seckendorf_ III, 182. V, 127. [329] VI, 444 ff. schrofa (d.i. scropha) ista Boemica „jene böhmische Sau“, _Burkh._ 285 f. 289-95. [330] Burkh. 365. 467. [331] T.-R. I, 225. II, 212. [332] T.-R. II, 441 f. IV, 257. Br. V, 218 f. 225. Auch Dr. Sebald und seine Frau hatte er besucht, angegriffen und betastet. Und da er ihre Kinder ins Haus genommen, gaben ihm etliche einen Stich, als wollte er Gott versuchen, T.-R. IV, 251. [333] Jonas' Briefw. I, 381 f. Diese Krankheit muß es gewesen sein, von der Luther T.-R. IV, 259 redet. Als nämlich von den Schrecken des Todes die Rede war, sagte er. „Da fraget meine Käthe drum, ob sie des etwas gefühlet hat, denn sie war recht gestorben.“ Sie aber antwortete. „Herr Doktor, ich habe gar nichts gefühlet.“ [334] V, 269-271. 273. 277. 218. _Ratzeberger_, 104. T.-R. II, 230. 233. [335] Jonas' Briefw. I, 383. [336] V, 300. [337] _Burkh._ 356 ff. [338] Sprichwörtlich, vgl. S. 131. Seltsamerweise kehrt die alte Schreibart des Namens wieder, vielleicht bei einem Abschreiber, obwohl man auch damals wußte, daß L. seinen Namen von Lothar („vom Kaiser Luther“) habe, wie der Stadtpfarrer M. Cölius zu Eisleben in seiner Leichenrede erklärt. _Förstemann_, Denkm., Nordh. 1846, S. 55. [339] _Burkh._ 131, I. VI, 269 f. [340] V, 298. [341] V, 299 f. [342] V, 107. 201. 411. 516. _Faber_, Briefw. 14. _Burkh._ 401. 423. [343] V, 306. [344] V, 336. 346. 348-52. [345] V, 416, 431. VI, 297. [346] V, 744. 763. [347] Vgl. S. 196. Cyriak: andere nehmen seinen Bruder Fabian als den heimlich Verlobten an; er war gleichzeitig mit seinem Bruder Andreas und seinem Vetter Hans Luther an Trinitatis 1533 immatrikuliert — also jünger wie Cyriak, welcher schon 1529 Student war. Daher wird auf diesen die Verlobung eher passen. — T.-R. IV, 96. 84 ff. 491 ff. 500 ff. Beier: Br. V, 619. 676. Burkh. 453 f. C.R. V, 313, 286 ff. Mel. d. J. Verlöbnis. Kreuzigers Klagebrief über die Wittenb. Händel. Br. V, 620: L. hat Melanchthon übermocht, daß er seinem Sohn nicht nachgebe. 616: Phil. und sein Weib vergehen fast an ihrem Sohn. [348] V, 497. — Das folgende steht in T.-R. 258-265. [349] Die folgenden Verse, in deutscher Uebersetzung, lauten: „Die ich in Sünden war geborn Hätt ewig müssen sein verlorn, Aber ich leb nun und hab's gut, Herr Christe erlöst mit deinen Blut.“ Sie sind vielleicht vom Berichterstatter. _Mayer_ § 20. — _M. Richter_, Geneal. Luther. 352. [350] V, 502 f. 506. [351] V, 520. [352] V, 519. 12. Tischgenossen und Tischreden. Vgl. _Anton_, Zeitverk. 145 ff. [353] IV, 629. [354] _Schadow_, Wittberg Denkw. 60 f. Br. III, 14. V, 11. 15. 19. Verlöbnis 196. [355] IV, 476. 629. C.R. XXIV, 397. Burkh. 237 f. Br. IV, 641. 414. [356] III, 217. VI, 286. _Lauterb._ 158. V, 767. _Kolde_ 377. [357] _Burkh._ 238. Br. IV, 413. 629. T.-R. I, 179. V, 767. [358] V, 619. 624 f. 630. [359] Besuch von Mansfeld, z.B. 30. November 1538, T.-R. III, 358. — Capito V, 70. [360] _Burkhardt_, Th. St. u. Krit. 1896, S. 192. 161. [361] Cordatus, S. 13. 20. 22. T.-R. I, 414. [362] II, 153. 46. 677. III, 9. 31. 59. 130. 149 f. 210. 394. 401 f. 476. IV, 272. 370. 388 f. T.-R. IV, 297. _Burkh._ 216 ff. _Kolde_, An. Luth. 197. [363] Lauterb. IX. [364] T.-R. IV, 667. _Seidemann_, M.A. Lauterbachs Tagebuch, Dresden 1872, V-VII, _Waltz_, Ztschr. f. K.-Gesch. 1878, S. 629 f., vgl. Beitr. zur Sächs. K.-G., 1893, S. 74 ff. 79. [365] _M. Preger_, Tischreden L.s nach den Aufz. von Schlaginhaufen, L. 1888, S. VI-X. T.-R. III, 118 f. [366] _H. Nobbe_. Dr. H. Weller, Ztschr. f. hist. Th. 1870, S. 153 ff. Br. IV, 38 f. 131. 477. 586. Beide Weller des jungen Musikus Joh. Jöppel gute Freunde! 535. Ruf nach Dresden 161. Schwermut 556 f. Cord. 601, 6. 783. Br. V, 11. T.-R. 538. Cord. 1774: „Lieber Weller, lügt Euch nicht zu Tode; Ihr könnt noch wohl ein Jurist werden.“ [367] T.-R. II, 46. Mayer, p. 56 f. [368] T.-R. II, 210. L.-W. XXI. 186* ff. [369] T.-R. I, 57 f. [370] _Hirsch_ und _Würfel_, Lebensbeschr. aller Hh. Geistlichen in Nürnberg. Nürnb., 1756. III, 4-6. — Br. IV, 363. 192. 199. Krause Sinne: T.-R. III, 184. Cord. 920. _Hausrath_ 278. Vgl. oben S. 121. [371] Briefe aus Wittenberg an H. Baumgarten. Ztschr. f. hist. Th., 1874, S. 546 f. — Br. IV, 665. V, 564. [372] C. Ref. V, 314^4. S.o.S. 963. Stud. und Krit. 1887, S. 354. _Köstlin_ II, 496. — Die Klagen Besolds über Frau Käthe werfen nicht gerade ein schlechtes Licht auf ihren Charakter. Ihre „Habsucht“ belegt er damit, daß sie „alles zu Rate gehalten und bei den Tischgenossen auf richtige Bezahlung gedrungen“; ihre „Herrsucht“ damit, daß sie „diejenigen Theologos nicht leiden können, welche Weiber von schlechten Stande geheiratet.“ Beides ist nur ein Beweis für ihre gesunde praktische Lebensansicht. [373] Lemnius: „ein Poetaster und Leuteschänder“ Matthes. 126. Br. V, 105. 381 f. 385-7. — T.-R. II, 223. III, 317. IV, 95. 259. 705. M. Holstein, „der neue Jurist“: T.-R. III, 317. — Th. St. und Krit. 1887, S. 354. Ztschr. f. hist. Th. 1874, S. 570 ff. [374] Br. VI, 234. 270. V, 29. T.-R. III, 293. 381. IV, 285. — Vgl. o.S. 131. [375] Matthes. 68. T.-R. IV, 444. [376] T.-R. IV, p. XX, s.u. 204. 206. 229. 236. [377] T.-R. IV, p. XVIIIf. Br. VI, 328. Matthes. 131. Nach M.D. _Richter_, Geneal. Luth. 369, war auch der Jurist Joh. Schneidewin 10 Jahre Käthes Haus- und Tischgenosse und wurde nachher Zeuge für Margarete L. beim Teilreceß 1554. [378] Matth. 68. 209a. 211. [379] IV, 667 f. [380] V, 115. IV, 435 f. [381] V, 402. [382] C.-R. V, 314^4. [383] IV, 524. S.o.S. 116. [384] L.-W. XXI* 166. 165. [385] _Matthes._ 141. 143. 209. [386] _Waltz_, Ztschr. f. K.-Geschichte, 1878. S. 629. _Hausrath_ 266 bis 273. [387] Cord. 133. _Matthes._ 151. [388] _Matthes._ 133. 211. [389] T.-R. II, 247. [390] _Cord._ 731. _Lauterb._ 5. 38. [391] T.-R. IV, 131 f. Vgl. _Schlaginhaufen_ Nr. 147. „Luther: Der Satan hat Gottes Sohn erwürget. Respondit uxor D.: Ei mein lieber Herr Doktor von Credo.“ [392] T.-R. III, 90 f. [393] T.-R. IV, 134. [394] Cord. 1205. Der große Zwischensatz sieht allerdings aus, wie eine Einwendung Luthers; aber der Berichterstatter, der doch sonst Katharina nicht sonderlich wohl will, schreibt die _ganze_ Rede ihr zu. [395] Cord. 120. [396] Cord. 110 f. [397] _Lauterb._ 156. — Der gelehrte „Engeleser“ war wohl „der schwarze Engeleser“ Dr. Antonius Robert Barns (Barnes) S. 144. [398] T.-R. IV, 78. 121 f. Vgl. o.S. 55. 73. Schlaginhaufen Nr. 187. Als die Rede auf den Türken kam, sagte die Doktorin: „Ei behüt uns Gott vor dem Türken!“ Der Doktor: „Ei, er muß einmal den Pelz laufen.“ 216: Die Doktorin stach was in die Seite; da schreit sie laut auf: „Ave Maria!“ Sagt der Doktor. „Warum hast Du nicht billig am Ende den angerufen, der am Anfang? Wäre nicht Jesus Christus auch ein tröstlich Anrufen?“ 228: Der Doktor neckte einmal seine Frau, es werde noch dahin kommen, daß ein Mann mehr als ein Weib nehme. Da sagte die Doktorin: „Das glaub der Teufel!“ Und als Luther auf Gründe der Natur wies, da berief sich Käthe auf Paulus; als aber der Doktor auch dies widerlegte, sagte sie: „Bevor ich das zugäbe, würde ich lieber wieder ins Kloster gehen und Euch und alle Kinder verlassen.“ [399] Br. III, 35. 13. Hausfreunde Vgl. _Anton_ D.M.L. Zeitverkürzungen. L. 1804, S. 94 ff. [400] V, 668. Vgl. Matthesius zu 1529: Luthers „Discipel“ fangen an zu lesen. [401] Br. IV, 503. 565. 636. _Burkh._ 319. _Kolde_, An. L. 82. _Buchwald_ 48. 52. Br. II, 677. III, 150 u.a. IV, 344. VI, 138. 411. „Kütten-Latwerg“ d.i. Quitten-Latwerge. [402] IV, 500. V, 434. 503. III, 77. [403] Fr. S. Keil, Dr. M.L. Merkw. Lebensumst., S. 699. Ztschr. f. hist. Th., 1874, S. 551. — [404] III, 35. 128. IV,36. V, 96. 426. VI, 450. T.-R. III. [405] _Kawerau_, Ztschr. f. K.-Gesch., IV, 301. T.-R. III, 375. [406] „Grickel und Jäckel“. T.-R. III, 358-82. — _Anton_, L.s Zeitverkürzungen 145. Vgl. das Katechismusglas T.-R. II, 174. Köstlin II, 465. 469. — Das überlaute Schreien Agrikolas charakterisiert Creuziger in einem Brief an Veit Dietrich: er lehre in der Schule nach Gewohnheit grandibus buccis (mit vollen Backen). [407] III, 253 u.a. V, 162 f. 450. 703. T.-R. I, 272. 328. [408] III, 226. [409] III, 199 f. 389 f. [410] T.-R. III, 358. 370. 376. Br. IV, 161. S.o.S. 53. S. 77. — L. kommt zur Taufe nach Torgau. _Lingke_, L. Reisegesch. 159. [411] III, 523. IV, 556. V, 67. 74. 326. [412] _Kolde_, An. L. 234. 241. 239. 307. Br. V, 70. [413] III, 17. IV, 198. [414] IV, 176. VI, 129. 367. V, 402. C.-R. V, 214^4. _Seidemann_, Ztschr. f. hist. Th., 1874. S. 555 ff. [415] V, 672. Th. Studien und Krit., 1887. S. 353 ff. Oeffentliche Gebete in W. für B. — Reden und Jammern bei Tisch. Vgl. Melanchthon an B. am 25. März 1546: (C.-R. VI, 93): „Von Dir hat Luther immer mit Liebe und Verehrung gesprochen.“ Ueber die Gefangenschaft Baumgartens vom 31. Mai 1544 bis anfangs August 1545. _S. Seidemann_, Kollektaneen. Anz. f. d. K. der d. Vorzeit. R.F. 1854. 1855. [416] Vgl. oben S. 1. 4. 5. Br. IV. 665. V, 564. [417] IV, 556. 607 f. 247. VI, 736. IV, 611. 596. [418] „Feldglocken“ = Galgen, also Galgenschwengel. [419] IV, 586. [420] V, 11. 15. 19. 22. 274. [421] T.-R. I, 414. III, 96. 115. [422] III, 219. IV, 31. 499. [423] III, 447. 492. IV, 183. 215. III, 434. [424] IV, 261. 312. 317. 490. III, 490. IV. 343. [425] IV, 414, 476. V, 22. 139. Vgl. _Kolde_, An. Luth. 332 — T.-R. IV, 256 f. [426]. IV, 494. VI, 266. V, 57. Matthes. 319 [427] V, 38. 271. 285. 401 u.f.f. Vgl. Br. VI, 533-35. 674. IV, 583 f. T.-R. IV, 47. [428] Tischgespräch: II, 265. Besorgungen: Br. V, 228. 493. 668. 602. 628. 637. [429] III, 53. 119. 154. 254. 372. V, 330. 148. [430] V, 59. S.o.S. 126. [431] V, 312 f. VI, 318. V, 507. 605. 609. 627. [432] Ztschr. f. K.-G., 1878, S. 304. [433] _Anton_, L. Zeitverf. S. 116 f. [434] _F.W. Löhe_, Ztschr. f. hist. Th. 1840, S. 175-247. _Piper_, Zeugen der Wahrheit L. 1874, Bd. IV, S. 375-82. Elisa, Br. IV, 654. Testament, Br. V, 425. T.-R. II, 397. Kreuziger war der Protokollführer der Evangelischen und Nachschreiber von Luthers Predigten. Myconii Historia Reform. 1517-42 v. E.S. Cyprian, L. 1718. S. 47. [435] Aufträge IV, 10, Meßgeschenk 422. Frau Elis. Kreuziger: Ztschr. f. hist. Th., 1874, S. 554. _Lauterb._ 183. [436] IV, 684. V, 11. IV, 414. [437] _Piper_, Bd. IV, 356-368. [438] III, 230. 111. 219. [439] IV, 375. III, 304. 245. 252 f. 264. 281. V, 299. u.s.w. [440] III, 512. IV, 131. [441] III, 244. 253. 314. [442] III, 314. 375. _Zitzlaff_, Bugenhagen, Wittenb. 1885, S. 106. „Pomerisches Rom“, Br. V, 48. Mit „Oel“ = Bier; vgl. das englische ale. [443] _Piper_ IV, 368-75. — VI, 304. Jonas' Briefwechsel I, 115. 153. 160. 174. II, 77. [444] Br. IV, 10. 16 f. 18 f. V, 414. 557. 109. 114. 201. [445] _Buchwald_ 62. V, 7. VI. 303. [446] V, 519. IV, 9. [447] IV, 629 f. V, 3 f. 100. 394 f. 470. [448] Briefw. I, 380-3. (_Kolde_, An. L. 134, Br. IV, 629). ἡ γυνή vgl. Offenb. Joh. 12, 1. [449] Jonas in Halle, V, 346. Neckerei 396. Seine Frau [Symbol: gestorben] 519. [450] Ueber Luthers Verhältnis zu Melanchthon vgl. _Anton_ 31-33. V, 336. 171. 344. 270. [451] Zur Charakteristik von Frau Melanchthon, C.R. III. 390. 396. 398. Kolde, M.L. II, 463. 471. 603. Kleiderordnung, Schadow, Wittenb. Denkw., S. 60 f. [452] C.R. III, 398. T.-R. III, 390. Vgl. Köstlin II, 462. [453] Kolde, An. L., 311. 318. Br. V, 105. T.-R III, 275 ff. [454] VI, 199. T.-R. III, 275 ff. IV, 126, vgl. Matthes. 126. Kolde, 321 f. 326 f. Hofmann 193. [455] C.R. V, 641. 123 f. IV, 143. 154. 169. 303. V, 113. VI, 20 f. [456] V, 273. 277. Fröhlich sein: 294. 323. C.R. VI. 53 f. [457] C.-R. V, 410. — Käthe oder Melanchthon meint dabei wohl den „Schwaben“ Simon Lemnius und den Sachsen (Joh. Sachse aus) Holstein (s.o.S. 146). Sie stellte übrigens dem Melanchthon dies nicht als _ihre_ Meinung, sondern als Klage des Holstein dar. [458] C.-R., V, 410. [459] Die beiden Kanzler sind Brück und Beier. [460] _Zitzlaff_, Bugenhagen S. 107. [461] _Kreußler_, Denkmäler der Reformation L. 1817. S. 29. Abneigung gegen Theologen-Weiber aus niederem Stande. Br. VI, 419. C.-R. V, 314^4. S.o.S. 146^1. _Seidem._, Beitr. z. Ref.-Gesch. 496. Auch mit dem alten Bildenhauer verkehrte L. viel. Vgl. T.-R. I, 24 ff. — Die Krankenpflegerinnen des Mittelalters waren die „Beguinen oder Seelweiber“, _Matthes._ 159b. [462] T.-R. III, 127. II, 210. 14. Käthe und Luther. Vgl. _Anton_ 117 ff. [463] T.-R. IV, 124. 38. (77). [464] _Küchenmeister_: L. Krankheitsgeschichte. S. 54. [465] T.-R. IV, 53. Br. VI, 332. [466] _Lauterbach_ 2. _Küchenmeister_ 111. [467] _Lauterbach_ 2. _Küchenmeister_ 111. Br. V, 51. [468] Br. 330. T.-R. I, 134. 212. 213. IV, 129. [469] Käse V, 319. Bier von Jonas V, 100. Königin der Biere V, 470. Sehnsucht vom Hof nach Haus: IV, 553. Hofbrot V, 51. [470] T.-R. IV, 69: „Wenn ich bei mir selbs (daheim?) bin, dank ich unserm Herrgott für das Erkenntnis der Ehe“ T.-R. IV, 59. S.o.S. 123, 2. [471] _Melanchthon_, Vita Lutheri p. 8. _Mayer_ §27. _Hofmann_ 148. Das Katechismusglas, T.-R. II, 144. III, 170. [472] T.-R. IV, 300 f. Vgl. I, 103. Br. VI, 330. [473] S.o.S. 71. 104 f. 126-128. [474] Dr. Fr. _Küchenmeister_, L.s Krankengeschichte. L. 1881. [475] II, 616. III, 254. V. 330. VI, 115. 130. 144. [476] T.-R. I, 208. _Walch_ XXI, 275*. _Küchenmeister_ 52 f. [477] Die Antrittsrede (_Hofmann_ 110) ist übrigens nach damaliger Sitte von Melanchthon verfaßt. — Zum folg. vgl. S. 124. [478] T.-R. IV, 271. — _Ratzeberger_ S. 61 f. [479] Br. III, 219. 244. [480] T.-R. II, 210. III, 51. [481] _Kolde_, An. Luth. 234. [482] _Mayer_ §27. Keil II, 199. T.-R. I, 212. 210. [483] _Anton_, L. Zeitverk. S. 117 ff. [484] V, 163. IV, 599. [485] Diese Anekdote, welche u.a. Albert _Richter_, Deutsche Frauen, L., Brandstätter 1896, S. 162 erzählt, habe ich aus den Quellen nicht belegen können. [486] T.-R. III, 131. Br. IV, 123. Vgl. T.-R. II, 215. Da sagt L. von seinen cholerischen Temperament: „Ich habe kein besser Werk denn Zorn und Eifer; denn wenn ich wohl dichten, schreiben, beten und predigen will, so muß ich zornig sein: da erfrischt sich mein Geblüte, mein Verstand wird geschärft und alle unlustigen Gedanken und Anfechtungen weichen.“ [487] _Strobel_, Beitr. II, 481 (C.-R. V, 314). (14. Febr. 1544). Scis illum habere ad multa quae cum inflammant facem domesticam. Als 1533 der Stadtschreiber _Roth_ von Zwickau mit seiner Frau und den dortigen Geistlichen in Hader lebte und infolgedessen auch Luther gegen ihn aufgebracht war, berichtete ein Student, Peter von Neumark, an Roth von Dorothea, einer Verwandten von Roth, die an einen „seinen und züchtigen Schustergesellen“ verheiratet war. „Sie (Dorothea Kersten) hat mir auch darneben geklagt, wi das die Doktor Martinus Lutherin wiliche doch Hader und Zank stillen solde ja vil mher hätte angericht.“ _Buchwald_ 37. 104. — Das ist aber nach den Verhältnissen eine recht unlautere Quelle. [488] _Buchwald_ 176. Vgl. Köstlin II, 492. 608 f. [489] _Mayer_ §27. Keil II, 199. [490] Br. V, 790. [491] S.o.S. 112. 106 f. [492] IV, 174. Riedtesel: Kurf. Direktor. [493] IV, 553. VI, 270. [494] _Ratzeberger_ 122. [495] III, 125. Vgl. IV, 49. Cord. 22. [496] VI, 185. L. Test. S. 6. [497] V, 422. [498] Hier. _Weller_ Opp. I, 871. Test. 7. [499] Cord. 1005. 1079. 55. T.-R. IV, 48. Der Sinn ist in beiden Redensarten: Maulschellen geben = über den Mund fahren; bildlich: auf eine scharfe Redensart mit einer scharfen (oder schärferen) erwidern. — Daß Luther es nicht wörtlich meinte (wie Wrampelmeyer a.a.O. anzunehmen scheint), geht aus T.-R. IV, 38 hervor, wo Luther von Eheleuten, die einander „raufen und schlagen“, sagt: „das sind nicht Menschen.“ Uebrigens steht T.-R. IV. 48 die Rede in einem bestimmten Zusammenhang. Da ist von einem Magister die Rede, der seine Freiheit an eine reiche Frau verkauft hatte und dem diese übers Maul fuhr: „Du hättest müssen ein Bettler sein, wenn ich Dich nicht genommen.“ Da sagt Luther: „Ich _hätt_ auch gerne, daß“ ...; da konnte man meinen, L. wolle sagen: „Ich hätte auch gerne, wenn mir meine Frau so übers Maul fahre“ — freilich u.s.w. [500] T.-R. IV, 72. [501] IV, 553. Cordatus bemerkt in seiner bissigen Weise dazu: Das ist sicherlich wahr (Nr. 1837). So ist auch in der Rede, worin Luther von ihrem „Stolz“ spricht, dessen er sie vor seiner Verheiratung für verdächtig hielt, die Einschaltung — vom Herausgeber der Reden oder als neckende Bemerkung von Luther? — gemacht: ut est (wie es auch ist). Lauterbach 162*. [502] III, 10. IV, 649. V, 19. 59. 110. 304. 431. IV, 221. 524. VI, 304. III, 512. 145. IV, 221. Auch Jonas' Frau nennt L. tuum dictative. III, 213. [503] III, 15. IV, 632. V, 10. [504] Br. III, 512. IV, 552. 132. 553. VI, 545. V, 296. 783. (786). VI, 269. 547. III, 341. V, 122. 127. 780. 784. 788. T.-R. IV, 119. [505] T.-R. IV, 78. Vgl. 126. [506] T.-R. IV, 78. I, 209. 208. 211 f. IV, 212. [507] T.-R. I, 210. IV, 44. 125. I, 208. Sehr scharf spricht sich L. aus über Schmähungen von „Frauen und Jungfrauen“. „Ob sie gleich Mangel und Fehl haben.“ T.-R. IV, 126. [508] T.-R. IV, 120. 77. III, 75. IV, 78. Cord. 48. Uebereinstimmend mit dem Spruch der Frau Cotta schreibt L. in einem Beileidbrief (1536, Br. IV, 687). „Es ist der höchste Schatz auf Erden eine liebe Hausfrau.“ [509] T.-R. IV, 52. _Cord._ 22. T.-R. IV, 50. 53. [510] _Cord._ 249. 1780. T.-R. IV, 40. [511] T.-R. 43 f. 54 ff. Reden über den Ehestand. IV, 34-156. Vgl. _Froböse_, D.M.L. ernste kräftige Worte über Ehe und ehel. Verhältnisse. Hannover, 1823. [512] T.-R. IV, 34. 38. 77. 73. 49. Cord. 1379. [513] T.-R. IV, 50. 204. [514] _Cord._ 22. T.-R. IV, 72. 50 f. [515] Br. V, 126. T.-R. 58. 37 f. [516] T.-R. I, 116. Com in ep. ad. Gal. — Seckendorf I, § 63. _Lauterbach_ 2. 37. [517] Br. IV, 645. 649. (Das Lesen Br. IV, 649 wird wohl vom Flachslesen gemeint sein.) T.-R. I, 20. — Vgl. Was Luther von den Juden sagt: „Sie schreien wohl sehr und beten heftig, mit großem Ernst und Eifer; mich wundert's, daß Gott sie nicht erhört.“ T.-R. I, 109. — _Köstlin_ II, 437. [518] V, 787. — Link in Nürnberg schickt sogar seinen Annotationes in Genesim an Käthe. V, 713, vgl. _Buchw._ 48. [519] Die Schreibkunst hochstehender Frauen veranschaulicht ein Brief der Gräfin von Mansfeld an Luther (vom 14. Sept. 1545), welcher so anfängt: „Lieber togktor ich besyntt auß eurem berichtt, das es kein Floß (Fluß, Rheuma) ist noch wirtt“ u.s.f. _Kolde_, An. L. 391. [520] So erkundigt sich die Herzogin Sibylle schriftlich bei Luther nach seinem lieben Weibe. So entbietet Herzog Albrechts liebe Gemahel Luthers und Melanchthons Häusern und tugendsamen Frau Dienst und Gruß. _Burkh._ 162. Br. V, 638. _Kolde_, An. L. 189. Vgl. die Besuche von Fürsten und Fürstinnen. — Käthe heißt auch bei den Freunden respektvoll die Domina, Doctorissa, δεσποινα διδασχαλη (vgl. S. 171) [521] Im Museum zu Leipzig. [522] V, 520. 15. Luthers Tod. Hierzu besonders _Förstemann_, Denkmale dem D.M.L. von s. Zeitgenossen errichtet. Nordhausen 1846. [523] S.o.S. 181, 2. [524] V, 522. 544. 628 f. 642. T.-R. II, 261. Bündnis mit den Türken: T.-R. IV, 661. [525] Fladenkrieg. T.-R. IV, 444-47. _Ratzeberger_ 112. Mainz: Br. 522. 602. „Grickel und Jäckel“: V, 383. 629. 734. T.-R. II, 470. Kölner Reform V, 584. 708. Epigonen: V, 527. 529. 539. 550. 553. 572. 586. 659. 663. V, 537. 571. 708 f. 727. [526] V, 616. 708. _Ratzeb._ 123 f. [527] Vgl. zu S. 134, 2. T.-R. IV, 98 f. 104. 500 ff. Ueberhaupt über „die garstigen Juristen“, (495): 478-541. 523: „Es ist ein ewiger Hader und Kampf zwischen den Juristen und Theologen, wie zwischen Gesetz und Gnade.“ _Beste_ 77 f. _Hofmann_. 156 f. [528] Heimliche Verlöbnisse. V, 616 ff. 627. 715. 747. 744. 763. T.-R. IV, 99. 491 f. _Köstlin_, II, 580. [529] V, 527. 586. 604. 679. 683. 688. 700. 704. 711. 726. [530] V, 518. [531] V, 643. 703. [532] T.-R. III, 15 f. [533] V, 359. _Kolde_, An. L. 391. [534] V, 529. 743. [535] V, 571. 534. Denkmale 31. 26. _Ratzeb._ 137. [536] V, 600. 555. 638. 703. 743. [537] V, 541. 571. 778. [538] T.-R. III, 131. Br. V, 571. [539] VI, 590. 628 ff. 570. 600. 642. 299. 674. Nach dem jüngsten Tag seufzt Luther auch sonst: Als L. einmal ein Paternoster (einen Rosenkranz) von weißen Agatsteinen in der Hand hatte, sprach er: „O wollte Gott, daß der Tag nur balde komme! Ich wollte das Paternoster jetzt essen, daß er morgen käme.“ T.-R. I, 63. [540] So Bugenhagen in seiner Leichenrede für Luther. Denkm. 92. [541] V, 747. [542] V, 753. 561. 710. VI, 302. Lob Nürnbergs: T.-R. IV, 665. _Burkh._ 463. _Kolde_, An. L. 423. Br. V, 753. — „Kleiderordnungen“ von 1562 und 1576; vgl. _Schadow_, Denkw. 60. 92. [543] Br. V, 752 f. [544] Ernst von Schönfeld ist ein Bruder der Ave aus Nimbschen, welche den Basilius Axt geheiratet hatte. Ueber ihn hatte sich L. 1540 beklagt, daß er seiner Schwester ihre tochterliche oder fräuliche Gebühr vor(ent)hielt. L. nimmt sich der Ave, (für die er sich einst interessiert hatte, s.S. 46, 2, T.-R. IV, 50), in einem Briefe an den Kurfürsten an, auch nach dem Tode ihres Mannes und ihrer Kinder (1541). V, 289. 403. S.o.S. 16. 29. [545] Das Schwarze Kloster. [546] Die vier Fakultäten? [547] Georg von Anhalt, Bischof von Merseburg. [548] „gesegnen von meinenwegen“ = in meinem Namen Lebewohl sagen. [549] _Burkh._ 475 ff. 483. _Kolde_, An. L. 416. 423. [550] _Lingke_, L. Reisegeschichte, 284 f. [551] Denkm. 1. 2. Br. V, 779. 771. _Ratzeb._ 134 ff. 129. Denkm. 22. [552] „Unartiges“ Wetter, _Ratzeb._ 134. — Reisegenossen, Jonas' Briefw. II, 182 ff. — Vorbedeutung: _Ratzeb._ 130 f. [553] V, 780 f. [554] „Hans von Jena hat sie gebeten“ = die Langeweile hat sie geplagt. [555] V, 783 f., vgl. Jonas' Briefw. II, 182. [556] C.R. VI, 60. Jonas' Briefw. II, 183. C.R. VI, 56. Denkm. 10. 64. [557] V, 786. [558] V, 787 f. 789 f. [559] Hier und zum Folgenden L. Krankheits- und Sterbegeschichte von Jonas, L.W. XXI, 274-393 und K. Ed. _Förstemann_, Denkmale dem Dr. M.L. errichtet, Nordhausen 1846. [560] V, 791. [561] Denkm. 23. C.R. VI, 54. — Man wollte bei dreien Nächten einen Kometen gesehen haben; sonderlich behauptete das der Bote von Jonas an Melanchthon, der sich für so etwas ganz besonders interessierte. Denkm. 21. 23. 25 ff. Jonas' Briefw. II, 282 f. [562] Aus dem „Leichenprogramm“ beim Tode Katharinas. Hofmann 136. [563] Denkm. 10. 11. [564] C.R. VI, 274. Denkm. 26. 53. [565] Denkm. 78 f. [566] Denkm. 81. [567] Denkm. 76 f. [568] Jonas Briefw. II, 183. Hofmann 112. [569] „10 Gr. denen Pulsanten gegeben an Tag Cathedra Petri von allen Glocken zu läuten, do man den Ehrwürdigen Herr Doctorem Martinum zu Grabe getragen“. Wittenb., Kämmerei-Rechnung, Dm. 82. 142. [570] Das eherne Bild, das mit den Zügen des Doktors in die Wand eingelassen werden sollte, kam des Krieges wegen erst später zustande und in die Kirche zu Jena, weil Wittenberg dem Kurhause verloren ging. Denkm. 78 f. [571] Br. VI, 650. Der Brief ist faksimiliert in der Illustr. Zeitung 1899, S. 149 f.; ist aber nicht von Katharinas Hand, sondern diktiert. S. Seidemann, a.a.O. 16. Luthers Testament Hierzu vgl. K. Ed. _Förstemann_, D.M.L. Testamente. Nordhausen 1846. Seidemann, Ztschr. f. histor. Th. 1860. S. 475 bis 564. [572] _Rade_ (P. Martin) D.M.L., Neusalza 1887, III, 699. S.o.S. 201. [573] „Die Welt ist undankbar“ setzte L. an die Spitze seines Hausbuches, in welchem er für die Seinigen eine Art testamentarische Aufzeichnung machte, wegen ihrer Zukunft. VI, 324. [574] V, 424. [575] S.o.S. 201. V, 424. [576] V, 424. VI, 324. 326. [577] S.o.S. 83. _Kolde_, An. L. 416. _Burkh._ 482 f. [578] T.-R. IV, 522 heißt es zwar: „Nur _ein_ Jurist ist fromm (brav) und weise. Dr. Gregorius _Brück_.“ Dagegen 525. „Etliche sind fromm wie Dr. _Sebald_; etliche aber sind eitel Teufel.“ [579] _Burkh._ 482. _Kolde_, An. L. 421-23. _Buchwald_ 180: L. zieht weg propter pessimos mores. [580] Grundbes. 531. Br. V, 304. Denkm. 76 f. [581] Denkm. 27. 79. L.W. XXI, 299*. — Hierbei hatte Brück von den „groben Fleischern und Fischern“ geredet: „Man soll (wird) der Frauen wohl bald mit ungestümen Worten, wenn man schuldig ist, zu Halse laufen“ (S. 95 f.). Auch Luther hatte in Beziehung auf die Wittenberger Bürger an die Spitze seines Tagebuchs geschrieben: „Die Leute sind grob“. (VI, 324.) [582] _Seckendorf_ III, 647. am 24. Febr., wenn hier keine Verwechslung mit dem Schreiben vom 20. vorliegt. [583] C.R. VI, 81. [584] Denkm. 163. [585] Denkm. 167 f. [586] Denkm. 169. [587] Th. St. und Krit. 1896, S. 161. [588] V, 25 f. 424. [589] T.-R. IV, 521: „L. klagte über die Armut und Elend der Theologen, wie sie allenthalben gedrückt würden und dazu helfet ihr Juristen redlich und drückt uns weidlich.“ — IV, 145: „Wir arme Mönche und Nonnen müssen herhalten. Dr. Pommer sollte nach weltlichem Rechte entsetzt werden. Weil aber solche Rechte noch nicht exequieret und vollzogen sind, so ist die Frage, ob seine Kinder auch seiner Güter Erben sein können.“ [590] V, 403, vgl. 307. Grundbes. 511 ff. _Nobbe_ Ztschr. f. hist. Th., 1870, S. 173. [591] Br. V, 422 ff. Sachsenrecht. T.-R. IV, 51. [592] Sorge: _Rebenstock_ I, 229. — Barschaft Testam. 48, vgl. 28. Br. VI, 324 f. — Schatzung Br. VI, 304. V, 499. Verschreibung des Kurfürsten, _Burkh._ 402 f. Der Grafen, Denkm. 169. [593] Wolfs „Gnadenbrief“. _Richter_ 379. _Seidemann_, N. Mitt. VIII, 37. 21. 26. Grundbes. 508. [594] S.o.S. 82 f. und Anmerkg. — Test. 31. [595] S.o.S. 85. Grundbes. 530 f. zu S. 227 ff. Brücks Gutachten, Test. 29-41. [596] Ob die 100 fl. Bauholz für ein Scheunlein nicht zu hoch gegriffen sind? — Wenn das Gütlein Zulsdorf Käthen auf 1600 fl. zu stehen gekommen wäre, so müßte sie in dasselbe, welches nur 610 fl. kostete, 1000 fl. verbaut haben. Uebrigens wurde das Gut 1553 trotz der Kriegsverwüstung um 956 fl. verkauft. [597] „Vögel fangen“, wohl auf Wolfs Vogelherd, s. „Klageschrift der Vögel an Lutherum über seinen Diener Wolfgang Siebergern.“ Br. VI, 164. Vgl. oben S. 207. [598] „Man“: Der Text läßt nicht erkennen, ob Melanchthon oder Brück darunter gemeint ist. [599] Test. 41-44. [600] Test. 44 f. [601] Br. V, 754 an Ratzeberger: uxori tuae commatri, affini et Landsmanninae Meae. [602] Test. 44-46. [603] Test. 46 f. 48. Vormünder: 50-52. [604] Test. 52 f. Richter 375. — Am 21. März hatte Melanchthon an M. Grodel in Torgau geschrieben, er möchte dafür besorgt sein, daß ihre Eingabe an den Kurfürsten durch Dr. Ratzeberger richtig übergeben werde; diese Eingabe ist wohl Katharinas Bitte um Bestätigung des „Testamentes“. Diese Betätigung zögerte sich übrigens 3 Wochen, bis zum 11. April hinaus. [605] Test. 47-66. [606] Test. 47-50. 59 f. 62-64. [607] Test. 64. (C.R. VI, 149). Grundbes. 548. Quittung für 2000 fl. Test. 65 f. [608] Test. 35-37. 46. 49. [609] Test. 44. 51. 54-57. [610] S. 235-237. Test. 57-62. Grundbes. 530-564. [611] Grundbes. 494. [612] Br. V, 650. [613] Br. V, 649. [614] C.R. VI, 81. [615] Hofmann 122, 84. 17. Krieg und Flucht. [616] C.R. VI, An. IX. 185. 190. [617] Zitzlaff 119. C.R. VI, 249. Arnold in seiner Kirchen- und Ketzerhistorie meldet, nicht in freundlicher Absicht, Hans, der Erstgeborene und Katharinas Lieblingssohn, sei mit dem Kurfürsten in den Krieg gezogen als Fähnrich. Das entspräche freilich ganz dem Willen des Vaters, der seine Söhne wenigstens gegen den Türken schicken wollte, ja selber wider ihn ziehe, wenn er noch hätte können. Br. V, 450 sagt Luther: „Wo ich nicht zu alt und zu schwach, möchte ich persönlich unter den Haufen sein“ (gegen die Türken 1542). Vgl. Cord 834. — Robsten, Beitr. zur Geneal. des Luth. Geschlechtes, Jena 1754, p. 7. [618] Vgl. hier und zum Folgenden: Voigt, Ztschr. f. K.-G. 1877, S. 158 ff. [619] C.R. VI, 268. [620] C.R. VI, 290. _Liliencron_, Histor. Volkslieder IV, Nr. 546. [621] Grundbes. 521. _Zitzlaff_ 121. [622] C.R. VI, 296-299. 301. _Waltz_, Ztschr. f. K.-G. 1878, S. 167. [623] C.R. 345. 355. 535. [624] _Kolde_, An. L. 433 f. [625] _Hofmann_ 123 f. [626] _Hofmann_ 124. [627] Grundbes. 537 f. C.R. VI, 513. 515. 537. [628] _Zastrow_, Mohnike I, 260. C.R. VI, 355. 428. 431. 520-31. [629] _Zitzlaff_ 122. Bugenhagen: „Mein Weib kommt sehr frühe gelaufen ans Bett und ruft: „Ach, mein lieber Herr, unser lieber Landesfürst ist gefangen.“ Ich sagt: „Das ist, will's Gott, nicht wahr.“ — Er habe diese Stadt und Kirche, welche Luther ihm als Braut anvertraut, mit zerissenem Haar und Kleid gesehen. [630] C.R. VI, 534-38. 621. 625. 640. 541. 549. [631] C.R. VI, p. XII. _Ratzeberger_ 170 f. „Er war überredet worden, daß man über Luthers Begräbnis Nacht und Tag brennende Lampen hänge und Wachskerzen stehen hätte, und davor betete, als in den papistischen Kirchen vor der Heiligen Reliquien geschehen.“ _Zastrow_ (Mohnike) II, 22. [632] C.R. VI, 563. 586. 18. Der Witwenstand. [633] Vgl. Teil-Receß. _Beste_ 129. C.R. VI. 585. _Zitzlaff_, „Bugenhagen“ 122. Daß nur Deutsche in die Stadt durften, hatten sich die Wittenberger ausbedungen. Als nun aber die Spanier mit dem Kaiser am Schloßthor eindringen wollten, warfen die Wittenberger sie in den Graben, „daß sie naß wurden wie die Katzen“. [634] Briefw. des Jonas II, 281. _Zitzlaff_ 121 f. Die Hussern waren nicht so schlimm, wie die Spanier. [635] Briefw. Jonas II, 281. Grundbes. 558. [636] C.R. VII, 125. 536. [637] _Richter_ 390 f. C.R. VI, 669-693. 714. [638] _Grulich_, Torgau 112. _Matthes._ 68 (7. Pred.) _Richter_ 390. 396. [639] Grundbes. 494. [640] _Hofmann_ 129. [641] Waltz 181. [642] Jonas' Briefw. 259. [643] _Robsten_, Beiträge zur Geneal. des Luther. Geschl., Jena 1754. _Keil_, Leben Hanß L., p. 89: „Joh. L. miles redux vitam egit domesticam.“ [Transkriptions-Anmerkung: Zu den folgenden beiden Bemerkungen gibt es keine Verweise im Text.] C.R. VII, 409 ff. Grundbes. 558. Jonas' Briefw. 280 ff. 295. C.R. VII, 408 f. 430. [644] C.R. VII, 502. [645] _Kolde_, An. L. 433. Grundbes. 558 f. [646] [Transkriptions-Anmerkung: Keine Bemerkung zum Verweis vorhanden.] [647] Grundbes. 559. C.R. VII, 411. [648] _Richter_, 325 f. C.R. VII, 611. 637. [649] C.R. VII, 945. [Transkriptions-Anmerkung: Zur folgenden Bemerkung gibt es keinen Verweis im Text.] Grundbes. 559. [650] _Hofmann_ 141 f. [651] [Transkriptions-Anmerkung: Keine Bemerkung zum Verweis vorhanden.] 19. Katharinas Tod. [Transkriptions-Anmerkung: Zu den folgenden 4 Bemerkungen gibt es keine Verweise im Text.] _Grulich_, Denkw. Torgaus S. 86. _Mayer_ 62. 122. _J.T. Lingke_, Hrn. D.M.L. Geschäfte und Andenken zu Torgau, 1764. S. 69-75. Nach _Grulich_ wohnte K. beim Stadtrichter M. Reichenbach im Grünwaldschen Hause. Das Haus „Auf dem Scharfenberg“ (heute „Lutherhaus“) in dem „Karniergäßchen“ (heute „Luthergasse“) war nicht Katharinens hospitium; es hatte nur nach Wittenberg Zins zu zahlen. _Grulich_ S. 70 f. 86. _Grulich_, Annales th. eccl., 1734. S. 176. _Lingke_ a.a.O. S. 70. — Sollte M. Reichenbach in Torgau eine Verwechslung sein mit M. Reichenbach in Wittenberg, bei dem K. 1523 wohnte (S. 39)? Die Familie Reichenbach, auch der Pflegevater Katharinas stammt aus Zwickau. _T. Schmidt_, Chronik der Stadt Zwickau, 472. _Buchwald_ 108. _Juncker_ 250. [652] _Richter_ 493 f. Vgl. die Kleiderordnung für Wittenberg 1576. S. 169. [653] Diese Rede Katharinas wurde von zwei Dichtern in Kirchenliedern verwendet. In dem Liede eines unbekannten Verfassers (Anna von Stolberg 1600?, nicht Simon Graf, geb. 1609): „Christus, der ist mein Leben,“ heißt die letzte (7.) Strophe. „_Und laß mich an dir kleben, wie eine Klett am Kleid_, und ewig bei dir leben in Himmelswonn und Freud.“ Ebenso heißt es in Chr. Reimanns (1607-1662) Lied: „Meinen Jesus laß ich nicht, weil er sich für mich gegeben, so erfordert meine Pflicht, klettenweis an ihm zu kleben.“ _E.E. Koch_, Gesch. der Kirchenlieder IV, 667, behauptet zwar, der Ausdruck schreibe sich von Herzogin Katharina von Sachsen, geb. von Mecklenburg († 1561) her, welche bei ihrem Ende gesagt habe, „sie wolle an ihrem Herrn Jesus mit Glauben kleben bleiben, wie die Klette am Kleid.“ — Jedenfalls hat Katharina die Priorität. [654] C.R. VII, 1155 f. [655] _Lingke_ 71. _Grulich_ 87. [656] Der Leichenstein wurde zum Reformations-Jubelfest 1617 von „Daniel Fritschen dem Mahler“ für 9 Groschen übermalt. Dazu wurde ein Bote (für 2-1/2 Gr.) nach Eilenburg geschickt, zu Prediger M. Behem, mit welchem Luthers Enkelin Katharina, die Tochter von Hans Luther, verheiratet war. _Lingke_ 73. [657] _Juncker_, Ehrenged. L. (deutsch.) 243 f. [658] Br. V, 424. — Vgl. die ältere Litteratur bei _Hofmann_ 183-203. — _Böhringer_, K.v.B., Barmen. _Meurer, K.v.B.L._ 1876. _Rietschel_, L. und sein Haus. Halle 1888. Romanhaft gehalten. _Armin Stein_ (H. Nietschmann), K.v.B., Luthers Ehegemahl, ein Lebensbild. 4. A. Halle 1897. [659] Bugenhagen schreibt an König Christian als „Wort eines großen Fürsten“: „Wir haben hier zwei Regenten gehabt über weltliches und geistliches Regiment, den Kaiser und Luther.“ _Zitzlaff_ 106. [660] Das Faksimile ist von einem Brief Katharinas an den dänischen König, original in Kopenhagen. 3/4 n. Gr. Vgl. folg. Brief: „Von den drei im hiesigen Archiv aufbewahrten Briefen von Katharina von Bora an den König Christian III. von Dänemark sind die zwei entschieden nicht eigenhändig. Der dritte ist auch von einer Schreiberhand herrührend; von dessen Unterschrift sind aber, wie aus dem beifolgenden Faksimile hervorgeht, die Buchstaben: „E.K.M. vnterthenige“ von einer andern Hand als der Brief selbst geschrieben, und die eigentliche Unterschrift wieder von einer dritten. Die Originalurkunde giebt den Eindruck, daß Katharina selbst die Unterschrift angefangen, dieselbe aber aus irgend einer Ursache aufgegeben habe und daß also nur die oben zitierten Buchstaben von ihr eigenhändig sind.“ _Thiset_, Archivar. Dieser Einsatz wird um so mehr von Katharina herrühren, als auch eine Einfügung in dem ersten Brief Katharinas an den Herzog Albrecht („ge“ S. 252, Z. 19, original in Königsberg) Aehnlichkeit mit dieser Handschrift im Kopenhagener Brief zeigt. Da sämtliche vorhandene Briefe Katharinas Kanzleischrift haben, so sind diese drei Buchstaben „E.K.M.“ und das Wort „vnterthenige“ wohl das einzige, was von Katharinas Hand erhalten ist. Das _Siegel_ Katharinas ist von den Briefen an Herzog Albrecht, wohl ein Siegelring; es zeigt den Löwen Derer „v. Bora“. _Bilder_ Katharinas sind (unvollständig) verzeichnet bei Hofmann S. 168 f. Hier sei nur bemerkt, daß das S. 55 beschriebene Bild im Lutherhaus in Wittenberg hängt; das auf S. 193 erwähnte im Museum zu Leipzig. Das Nürnberger, früher in der Morizkapelle, jetzt im German. Museum, ist weder von Kranach, noch stellt es Katharina vor. Register. Ablaß Aebtissin Agnes (Nisa) Lauterbach Agricola, Joh. = M. Eisleben Agricola, Frau Elisabeth Alemann, Ave Altenburg Amsdorf, Nicolaus von Anhalt, Fürsten Apel Audi Koppe Augsburg Aurifaber = Goldschmidt Aurogallus, Matth. Axt, Lic. Basilius Bader, Kastner (Kastellan) auf Koburg und Frau Barnes, D. Robert Baumgärtner, Hieron. Bayer (Baier, Beier), Vizekanzler Berndt, Ambros Besold Bildenhain, Bildenhauer Booß (Böse) Gut Bora Bora, Christina Bora, Clemens Bora, Florian, (lies Florian statt Fabian) Bora, Hans Bora, Katharina Bora, Maria Bora, Magdalene (s. „Muhme Lene“) Borna Brandenburg, Herzog Albrecht Brandenburg, Elisabeth von Brandenburg, Georg Markgraf Brandenburg, Joachim Kurfürst I. Braunschweig Braunschweig, Herzogin Elisabeth Briefe Luthers an Käthe: Von Marburg von Wittenberg von Koburg von Torgau von Schmalkalden von Eisenach von Zeitz von Halle von Eisleben Brief der Hausfreunde an Käthe Briefe Käthes Brisger, Eberhard Brück, Dr. Gregorius Bruno (Brauer, Haus Bruno) Bugenhagen, Joh. = D. Pommer Bugenhagen, Frau Butzer (Bucer) Camerarius, Joachim Canitz, Elisabetha (Else) von Capito, Wolfg. Cario, Joh. Carlstadt Coburg Cordatus Crafft Cranach Crodel, Marcus, Schulmeister in Torgau Cronberg, Hartmut von Dänemark, Christian II. von, 39. 71. Dänemark, Christian III. Dene, Thilo Dessau Dietrich, Veit Doctores Doktorschmaus Dolzig, Hofmarschall Domina = Aebtissin = Frau D. Luther Döring, Christian (Aurifaber) Dürr, Kanzler Dürer, Albrecht Eber, Paul Eck Einsiedel, Heinrich von Eisenach Eisleben, Stadt Eisleben, D. Emser England, Heinrich VIII., König Engländer („Engeleser“) s. Barnes Erasmus Erfurt Ferdinand, König Feste Fladenkrieg Florentina, eine Nonne Freiberg Friedrich Becker (Pistorius), Abt in Nürnberg Fündli-Haus zu Nürnberg Gabriel = Zwilling Gerbel, Lic. Glatz, D. Goldschmidt s. Aurifaber. Goritz Gotha Grimma Groß Ave Grumbach, Argula von, Grüne, Friedr. von, Feldzeugmeister Hagenau, Reichstag Halle Hasenberg Haubitz, Anna von Haubitz, Margarete von Haugwitz Hausfreunde Hausmann Heinrich VIII., von England Heidten Hennick Heuthlin Hirsfeld (Hirschfeld), Bernhard von Hohndorf, Bürgermeister Holstein Honold, Hans, Bürger von Augsburg Horen Humanisten Jäckel s. Jakob Schenk Jena „Hans von Jena“ Johannes, der Schweinehirt, Jonas, Justus Jonas, Christoph Jonas, Elisabeth Jonas, Justus d.J. Jonas, Katharina Jonas, Sofia Jörger, Christoph und Dorothea von Tollet Juristen K siehe C. Kanitz s. Canitz. Karl V. Karlstadt s. Carlstadt Kaufmann, Andreas Kaufmann, Cyriac Kaufmann, Jörg Kaufmann, Fabian Kaufmann, Lehne (s. Muhmchen Lene) Kaufmann, Else Kegel Kieritzsch Klausur Klosterkinder Kloster-Regel Koburg s. Coburg. Königsberg Koppe, Leonhard. Kreuziger (Cruciger) Kasper (Frauen) Kummer Kunheim, von Lauterbach Lauterbach, Frau Leipzig Lemle (Leminus) Lene (von Bora), Muhme, d. Aeltere Lene, (Kaufmann) Muhme, d. Jüngere Lichtenberg Lindemann, Kaspar Link, Wenzel Lippendorf Lischnerin, Barbara Löser, Hans, zu Pretsch, Erbmarschall Löser, Hans, der Sohn Lufft, Hans, Buchdrucker Lüneburg, Herzog D.M. Luther Tischreden Geselligkeit Krankheiten Luthers Eltern Luthers Kinder Hans, d.J. Elisabeth Magdalene Martin Paul Margareta Luthers Bruder: Jacob Luthers Neffe: Martin Luthers Schwester: Dorothea Lutherbrunnen Magdeburg Magister Mainz, Kurfürst Erzbischof Albrecht Mährische Brüder Major Georg Mansfeld, Stadt Mansfeld, Grafen Graf Albrecht Gräfin Söhne Marburg Matthesius, Joh. Maugen (a Maugis) Medler Melanchthon, M. Philipp Melanchthon, Lippus Melanchthons Frau, Katharina Menius Meißen Mergenthal, Hans von Mergenthal, Kath. von Metsch, Hans Mohr (Aetiops) Mochau, Margr. v. Mönche Morgenstern v. Wittenberg Müller, Kaspar Kanzler Motterwitz Münster, Dr. Sebald Münsterberg, Ursula, Herzogin Myconius (Mekum) Fr. Naumburg Neobolus (Neuheller) Niemeck Nimbschen Nonnen im Kloster entflohen Nonnen-Ehe Nonnen-Kind Novizen Nordhausen Nürnberg Pfister Pforta Pforzheim Pirkheimer Pirna Plato Polner, Hans Pommer = Bugenhagen Preußen, Albrecht, Herzog von Probst Professoren Ratzeberger, Dr. Matthias Reichenbach, M. Phil. Reliquien Reuchlin = Reichel Reuter, Bürgermeister Riedtesel Rischmann Röhrer (Rorer, Rorarius) Gg. Rosina Roth Rothenburg Rühel Rutfeld Sabinus, Melanchthons Schwiegersohn Sachsen, Land Sachsen: Georg, Herzog Heinrich Moriz Kurfürst Friedrich Johann Joh. Friedrich Johann Ernst Sala, Hanna von Saumarkt Schenck, Jakob Sibylle, Herzogin Schiefer Schla(g)inhausen Schmalkalden Schnell, Georg Schönfeld, Ave (Eva) Ernst Schurf, Augustin, Arzt Hieron., Jurist Hanna, geb. Muschwitz Severus = Schiefer. Sieberger, Wolfgang Spalatin Specke Speckstudenten Speratus Spiegel, Erasmus, Stadthauptmann von Wittenberg Staupitz, Joh. von Staupitz, Magdalena Stiefel, Michael Strauß, Anna (Hanna) Studenten, „Bruder Studium“ Taglöhner Käthes Taubenheim, Hans von Taubenheim, Dietrich Tischreden Tollet s. Jörger Tommitzsch, Wolf Torgau Ursula s. Münsterberg de Vay Vergerius, Kardinal Viscamp Wachsdorf Warbeck Weimar Weller, Hieron. Weller, Mathias Weller, Peter S. Lischner. Wittenberg, Stadt und Rat Wolf(gang) s. Sieberger Zeschan Zell, Katharina (Schützin) Zink, Hans Zulsdorf Zwilling End of the Project Gutenberg EBook of Katharina von Bora, by D. Albrecht Thoma *** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 12636 ***