The Project Gutenberg EBook of Nixchen. Ein Beitrag zur Psychologie der
hoeheren Tochter by Hans von Kahlenberg



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Title: Nixchen. Ein Beitrag zur Psychologie der hoeheren Tochter

Author: Hans von Kahlenberg

Release Date: April 2, 2011 [Ebook #35758]

Language: German

Character set encoding: US-ASCII


***START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK NIXCHEN. EIN BEITRAG ZUR PSYCHOLOGIE DER HOeHEREN TOCHTER***





                       [Illustration: Cover image]





                                 Nixchen.





                      _Saemtliche Rechte vorbehalten_





                               *Nixchen.*

                               Ein Beitrag
                  zur Psychologie der hoeheren Tochter

                                   von

                         *Hans von Kahlenberg.*

                   _Umschlag von __Hermann Liebich__._

*12.-14. Tausend.*


_Wiener Verlag._
Wien 1904.





                             Maschinensatz
                 von Oscar Brandstetter in Leipzig. 23217






                              ERSTER BRIEF.


    Achim von Wustrow an Herbert Groendahl, Berlin, Nettelbeckstrasse.


Mein lieber, alter Mephisto!


Ich weiss zwar nicht, wie ich dazu komme an Dich zu schreiben, grade heute
in meiner schoenen Kirchtags- und Osterglockenstimmung; denn eigentlich war
ich recht wuetend auf Dich, wuetend und entruestet und etwas traurig von
unserm letzten Berliner Beisammensein, als Du mir bei frappiertem Sekt und
koestlichen Natives so nackt und klipp Deine Ansichten ueber ein gewisses
Thema auseinandersetztest.

Und Du weisst, dass ich in dem Thema nun einmal ein unverbesserlicher,
hartgesottener Idealist bin. Denn ich frage Dich, Skeptiker und Realist,
was waere das Leben ueberhaupt wert, all unsre Arbeit, mein Schuften hier
auf der einsamen Klitsche, die Jagd nach Beruehmtheit, die Freude an dem,
was man in sich hat, an der schoenen Gotteswelt draussen, wenn man sich
nicht mitteilen koennte, wenn die lieben Frauen nicht waeren, die liebe,
schoene Aussicht, solch ein liebes, lebendiges, teilnehmendes Wesen sein
eigen zu nennen.

Ja, die lieben Frauen! - Und Du magst nun sagen was Du willst und
Erfahrungen haben so viele Du willst - ich bedauere Dich oft darum. Ich
behaupte, sie sind das Einzige im Leben, das es fuer Unsereinen ueberhaupt
erst lebenswert macht. Es giebt Engel unter ihnen, suesse, unschuldige
Blumen, tausendmal besser, feiner, klueger wie wir, direkt vom Himmel
herunter gesandt, damit man eine Ahnung behalten soll hier unten im
Staube, wie's da oben aussah.

Lache nun wie Du willst ueber den Romantiker, den Thoren, den Parzival! Es
ist zu schoen, ein Thor zu sein! Und um es kurz zu machen, Du alter, lieber
Freund, trotz Deines infernalischen Beigeschmacks, - ich bin gluecklich,
unbeschreiblich, lautjubelnd, stillselig gluecklich! - Ich liebe.

Da steht es nun. Das Wort kommt mir fast profan vor Dir gegenueber. Weisst
Du ueberhaupt, was Liebe ist, so eine echte erste, gute, frohe und starke
Liebe, Du grosser Kenner des menschlichen Herzens, vereidigter
Sachverstaendiger in Liebesangelegenheiten, unvergleichlicher Vivisektor
der Gefuehle? - Du weisst sehr viel, viel mehr als Dein armer Krautjunker
und doerflicher Pylades, aber das weisst Du doch nicht.

Und wie kannst Du es wissen? Du Grossstadtmensch, der sich immer zwischen
Haeuserreihen und elektrischen Lampen umhergetrieben hat, beruehmt mit
sechsundzwanzig, vergoetterter Boudoirheld, dem die Koeniginnen des Salons
zu Fuessen lagen, diese Frauen, die Du kennst, die Du schilderst wie
Keiner, Tigerinnen mit Madonnengeluesten, sentimentale Messalinen,
Prostituierte des Herzens und der Phantasie, die fuer mich schlechter sind,
als Strassendirnen, die ehrliche, schmutzige Gemeinheit ohne Eau de Lys
und praeraffaelitischen Faltenwurf.

Weisst Du, wenn ich so ein Buch gelesen habe in seinem gruenen, glatten
Eidechseneinband mit hochmodernen Winkeln und Schnoerkeln und den
beunruhigenden Halbfrauen- und Sphynxemblemen, hier in meiner alten,
verraeucherten Bude mit den Hirschgeweihen und den alten Preussenkoenigen
und ihren alten, strammen Soldaten darunter, dann moecht' ich es gerade an
die Wand werfen und hinausstuermen. Freie Luft! Baeume! Erdgeruch! Hier ist
doch noch Natur, Wahrheit, Keuschheit!

- - - - Und doch ist auch sie keine Landbluete, nicht im Walde erschlossen
beim Quellenrauschen, - eine Grossstadtblume, blaue Wunderblume ueber dem
Sumpf und dem Steinmeer. Wie sollte es auch anders sein? Sechzehn Jahre!
suesse sechzehn! - halb Kind noch, halb Jungfrau! Das ist das lieblichste
Alter. Ich mag die "jungen Damen" nicht, die schon drei Winter ausgegangen
sind, deren Schultern jeder Laffe besehen hat, deren Unbefangenheit man
mit faden Schmeicheleien vergiftet. Jedes Maennerauge, das sie begehrte,
hat einen Fleck darauf zurueckgelassen.

Nein, so ist mein Liebling nicht. Ich bin der Erste, der glueckliche,
selbst nichts ahnende Jaeger, der das Edelweiss an der steilen Bergwand
entdeckt. Das ist buchstaeblich zu nehmen. Du kennst die Partnachklamm. So
faul warst selbst Du nicht bei Gelegenheit unsrer famosen
Zugspitzbesteigung, die Du mit dem Fernrohr von der Terrasse in Eibsee aus
verfolgtest. Da traf ich sie, ganz allein, die Eltern waren am obern Rande
voraufgegangen. Sie war forsch gewesen. Sie hatte die Innentour machen
wollen, die kleine, kecke Berlinerin. Da stand sie, gegen die nasse,
riesige Felswand gedrueckt, blass und zitternd mit aengstlich hochgehaltenem
Kleidchen zwischen den brausenden, tobenden Wassern im spruehenden
Wasserstaube, der das winzige, zierliche Sonnenschirmchen durchnaesste wie
ein Luempchen.

Ich fuehrte sie. Wie sie so aengstlich trippelte, Schrittchen fuer
Schrittchen an meinem langen Bergstock! - und doch glaeubig. Sie hatte Mut
nun. Sie wusste, der grosse, grobe Mann im braunen Lodenkittel wuerde sie
sicher durchsteuern durch das aengstliche, riesige Labyrinth von Steinen
und Wassern. Es ist ja nur ein barbarischer Vorzug der Natur, aber
derjenige, dessen man sich am haeufigsten und reinsten freut, stark zu
sein, Mann zu sein, und doch Alles wieder nur, um so ein kleines,
schwaches, weiches Ding festzuhalten, zu schuetzen, das Einen mit einem
Laecheln um den winzigen Finger wickelt.

Was soll ich Dir weiter erzaehlen? Ich stellte mich vor. Ich durfte mit den
Eltern sprechen. Ich wurde ein Glied ihres kleinen Kreises - allmaehlich,
mit Tasten und Zurueckweichen, wie es bei vornehmen, vorsichtigen,
norddeutschen Menschen ist, dann waren sie desto herzlicher. Zwei aeltre
Schwestern sind verheiratet. Ein Bruder ist Offizier, Leutnant bei den
T....er Dragonern. Mathilde ist die Juengste. Mathilde - etwas Klares,
Reines, altdeutsche Kaiserinnen und blonde Burgfrauen. - Wie ich den Namen
liebe! Sie haben alle huebsche Namen in der Familie: Elisabeth, Magdalene.
Der Vater Geheimrat, preussischer Beamter vom alten Schlage, etwas
trocken, etwas zugeknoepft, Ehrenmann vom Scheitel bis zur Sohle. Die
Mutter, die echte deutsche Frau, bluehend, muetterlich, mit geschickten
Haenden. Etwas Reinliches um die Frau, keine Unordnung, keine Unklarheiten!
Weil ich selbst keine Mutter gehabt habe, empfinde ich das doppelt, diese
Frau hat mein ganzes Herz. Und Mathilde - ich hasse Abkuerzungen. Ich nenne
sie Mathilde, nicht Tildchen oder Tilly oder gar englisch-undeutsch
Mattie, Maudie, - es passt am besten fuer sie. Blondes Flechtenkroenchen,
blonde Augen, eine Haut von der Frische und dem duftigen Schmelz des
Rosenblattes. Ich schwaerme fuer schoenen Teint bei Frauen. Er scheint mir
ein Sinnbild der inneren Reinheit. Jede arglose Regung liest sich in den
Wellen des Blutes unter der Milchweisse der Unschuld.

Und sie ist ja so kinderjung noch! Es ist doch fast eine Suende. Ich habe
Frau von B. gebeten, ihr noch nichts zu sagen. Ich will um sie werben.
Blatt fuer Blatt moechte ich diese Knospe erschliessen, Gedanken, Herz,
Sinne, bis sie mein ist, Leib und Seele. Leib und Seele! welch ein
Gedanke! welche Aufgabe!

Ehrfuerchtig, fast zagend stehe ich davor. Was weiss denn so ein junges
Geschoepfchen von der Welt, vom Leben, vom ganzen, grossen
Menschheitswesen? Dass der liebe Gott in sieben Tagen Himmel und Erde
geschaffen, dass Friedrich der Grosse mit einem Krueckstock ausging, dass
ein gewisser Goethe einen gewissen Faust geschrieben hat? _Meine_ Aufgabe
wird es sein, sie einzufuehren, ihr zu zeigen aus meinem Arm. Wie leicht
erklaert sich das Raetsel der Welt, wenn das Koepfchen so sicher ruht an
treuer liebevoller Brust!

Darum ist es mir auch so lieb, dass Mathilde nicht in Pension gewesen ist.
Ich hasse diese Ansammlungen an gleichgueltigen, unheimatlichen Orten unter
ungenuegender Aufsicht, wo schlechte Elemente ja nicht fehlen koennen. Ich
habe meine laendliche Alleinerziehung stets als einen Vorteil empfunden.
Und wenn Ihr mich nachher als "reinen Thoren" verspottet habt, ich habe
Euch nicht beneidet. Sie hat nur Privatunterricht genossen, in kleinen
Kursen, mit Toechtern ausgewaehlter Familien. Ihre liebste Freundin ist die
Tochter eines pensionierten Generals, ein lustiges, schwarzaeugiges
Plaudertaeschchen. Sie sind fast unzertrennlich, da geht dann ein sehr
liebliches, bestaendiges Tuscheln und Kichern vor sich, all dieser tausend
kleinen Nichtigkeiten, ein neues Kleidchen, eine Schwaermerei fuer einen
toten Dichter oder verehrten Lehrer ... Wie unendlich ruehrend diese
Einfalt gerade ist! Sie hat fuer mich etwas Heiliges. Ich bete, dass ich
wuerdig sein moege. Ich pruefe mich selbst, meine Gedanken, meine Worte.
Selbst meine Augen moechte ich bewahren, sie nicht vorzeitig zu erwecken,
zu beunruhigen, meine Blume, meine Lilienknospe, mein Elfenkind!

Lache ueber mich! Zucke die Achseln! Setze Deine spoettischste Mephistomiene
auf ueber den Menschen, den Esel, den Dummkopf, der in einem
sechzehnjaehrigen Kinde, einem Backfisch, einen Schatz gefunden hat, eine
Krone, eine Erloesung!

Ich bin gluecklich!         Dein Achim.





                              ZWEITER BRIEF.


   Herbert Groendahl an Achim von Wustrow, Templin bei Rathsdorf, Kreis
                          Jueterbog in der Mark.


Teurer Parzival!


Heute also zu Deiner Epistel von gestern.

Ich habe weder gelaechelt, noch eine spoettische Miene aufgesetzt. Ich
kannte ja die dicken Couverts, das Wappen Semper idem, die
engbeschriebenen Seiten a la Hainbundjuengling.

Aber ich habe nicht gelaechelt. Nur geseufzt habe ich! Kommt denn der
Mensch nie aus dem Zahnen heraus!

Da habe ich ihn muehsam einer angejahrten, stark magdalenenhaften Witib aus
den Faengen gerissen, nun faellt er auf einen Backfisch herein, einen
Berliner Backfisch, eine Geheimratstochter! - Mensch! Mensch! Die Goetter
wollen Dein Verderben.

Ich kenne die Beschreibung. Ich kenne das Original. Ich sehe es zu
Dutzenden alle Tage zwischen Brandenburger Thor und Savigny-Platz,
manchmal noch mit der Schulmappe und dem Bammelzopf sogar, das aeugelt und
kichert auf der Pferdebahn, giebt sich in Konditoreien Rendezvous, liest
Tovote und Maupassant, wo Leihbibliotheksjuenglinge erroeten, und traeumt von
chambres separees, alten Maennern mit Millionen und Hausfreunden, die
Gesandtschaftsattaches sind.

Der Schaendliche! Der Pessimist! wirst Du sagen, und dann kommt die ganze
Philippika gegen moderne Kunst und Volksvergifter.

Mein lieber Junge! Ich hatte auch mal Grundsaetze. Ich weiss nicht, ob sie
ganz so schoen waren wie Deine. Ebenso ehrlich waren sie. Ich habe keine
mehr. Ich denke gar nichts mehr. Ich sehe nur noch und staune.

Ja, zuweilen staune auch ich noch! Ich neige in Demut vor der skeptischen
Thatsache mein mephistophelisches Haupt: Leben! Du bist doch noch eine
aergere Komoedie als ich dachte, ich Hans Herbert Groendahl, alter,
ausgelernter Komoediant und Komoedienschreiber.

Uebrigens ja doch! lachen musste ich doch.

Bei der Beschreibung: Flechtenkroenchen, blaue Augen, diese Zartheit,
Blondheit. Geheimratstochter aus W.....

Weisst Du noch, wenn Du mir Standreden hieltest ueber meine Abenteuer,
entruestet warst, mich der Phantasie beschuldigtest, teuflischer
Verfuehrungskuenste?

Diesmal wirst Du wenigstens zugeben muessen, dass ich auf unschuldige Weise
dazu gekommen bin, auf die allerunschuldigste, buchstaeblich im Schlafe, Du
weisst ja "seinen Freunden u. s. w."

Also ich liege gegen vier Uhr ganz sanft und wickelkindsfromm in Morpheus
Armen, als Martin zwei Damen meldet.

Martin ist geaicht auf solche Faelle. Er hat dann foermlich etwas
Priesterliches, die Allueren eines Offizianten, der das Allerheiligste
oeffnet.

Neulich war meine liebe, alte, dicke Schwester Jule bei mir, die in
Muenchen der edlen Malkunst obliegt, nebenbei so ziemlich das garstigste,
ehrlichste, fidelste Frauenzimmer von der Welt mit einer ausgesprochenen
Abneigung gegen Korsetts und das Korsettentsprechende im moralischen
Leben. Martin bediente uns waehrend des Essens mit einer Grandezza und
diskreten Feierlichkeit, die anfing laehmend zu wirken. Jule wurde stiller
und stiller. Sie hat einen guten Witz bei noch mehr sueddeutscher
Gemuetlichkeit und liebt es, denselben goutiert zu sehen auch von den
geringeren Goettern. Martin zuckte mit keiner Wimper. Ab und zu warf sie
einen fast schuechternen Seitenblick auf sein glattes, undurchdringliches
Gesicht.

Nach dem Diner der Kaffee. Martin huscht lautlos ab und zu. Im Salon sind
alle Jalousieen heruntergelassen und die Stores vorgezogen - notabene es
war drei Uhr nachmittags. Die Lampen brennen durch rote Seidenschirme,
feierlich und gedaempft wie Kirchenkerzen. Jule lacht und spricht sehr
ungeniert. Sie raucht Pfeife mit selbstgeschnittenem Tabak und giesst
einen Cognac nach dem andern hinter die Binde. Martin praesentiert Feuer
von dem zuengelnden Stirnflaemmchen einer Serpentintaenzerin und traeufelt das
Nass aus dem gruenen Fischleib einer schlanken, schilfentsprossnen Najade.
Sie vermisst ihren Hut und Paletot. Martin hatte beides vorsorglich von
dem Riegel im Entree weggetragen und hinter einer opportun aufgestellten
Staffelei mit dem Lenbachschen Bismarckbilde verborgen. Sie fuehlt das
Beduerfnis, im Schlafzimmer zu verschwinden. Im Schlafzimmer ist es Nacht.
Das Bett steht zurueckgeschlagen mit langherabrieselnder gelber
Seidenkouvertuere. Ueber dem Kopfende haelt ein gefaelliger Cupido, laechelnd
vorgeneigt, ein elektrisches Flaemmchen. Vor der Toilette liegen, planvoll
arrangiert, Kaemme, Brennscheere, langbeinige Haarnadeln, glatte und
gewellte, ein silbernes Schuhknoepferchen mit Elfenbeingriff. Jule traegt
Lahmannsandalen und kurzgeschoren.

"Du -", sagte meine alte brave Schwester, wiedereintretend, mit einem sehr
energischen Klink der Thuer, der ihm durch und durch gehen musste. "Wenn
der im Paradies dabei gewesen waere, den Apfel haette der liebe Gott sich
sparen koennen."

Also Martin meldet. Du weisst, dass Hoeflichkeit gegen das weibliche
Geschlecht eine schwache Seite von mir ist. Wenn Du wuesstest, was ich
durch diese Hoeflichkeit schon gelitten habe! Das ist physisch bei mir.

Ich erhebe mich also. Ein rascher Blick in den Spiegel, eine Handbewegung
nach dem Schnurrbart, eine ebensolche an die Halsbinde. Der aeussere Mensch
waere geruestet.

Mein Junggesellenheim kann sich immer zeigen. Das ist mein Stolz, und
Martin ist darin gut erzogen. En avant donc!

"Meine Damen, was verschafft mir die Ehre?" Zwei Backfische, allerliebst!
ein blonder und ein brauner, suess, frech, puterrot. Aus gutem Hause -
Handschuh, Stiefel - viel Wasser und Seife. Ich sehe sowas sofort.

"Sie sind doch der beruehmte Herr Groendahl? Wir haben Ihr Buch: "Verbotne
Fruechte" gelesen. Meine Freundin und ich wollten Sie gern mal kennen
lernen."

Es ist die Braune, die spricht, forciert naseweis mit dreisten, hellen
Augen. Die Blonde steht verschaemt mit schlagenden Wimpern.

"Ich bin meinem Buche sehr dankbar, dass es mir solch reizende
Bekanntschaft vermittelt hat.... Wollen Sie nicht Platz nehmen, meine
Damen?"

Sie setzen sich, beide natuerlich auf einen Stuhl. Sie kichern. Die Blonde
bearbeitet die Braune sehr energisch in der Knie- und Ellenbogengegend.

Die ist schon ganz frech: "Ich heisse Kathinka Schnebeling und meine
Freundin heisst Isolde Schulze. Wir schwaermen fuer moderne Litteratur.
Meine Freundin schwaermt fuer Ihre Buecher. Sie hat auch eine Photographie
von Ihnen. Sie hat sie bei sich."

"Und nun sind Sie sehr enttaeuscht natuerlich - ein alter Mann mit einem
kahlen Kopfe...."

Erneutes Kichern. Diese kleinen Maedchen muessen sehr solide Knochen haben,
dass sie ihre gegenseitigen Pueffe und Ellenbogen so gut vertragen.

"Unsre ganze Klasse schwaermt fuer: "Verbotne Fruechte". Wir haben es Alle
gelesen. Oh wir lesen Alles!"

Das Alles kommt atemlos heraus, in ganz kurzen Saetzen.

Ich spiele den Moralisten: "Das ist doch aber eigentlich in Ihrem
Alter ...."

"Oh, ich bin auch schon mal im Wintergarten gewesen mit meinem Vetter Hubi
und "Sodoms Ende" haben wir gesehen, heimlich!"

"Der Vetter Hubi ist ein gluecklicher Mensch ... Aber merkt denn das Ihre
Frau Mama oder Ihr Herr Vater nicht?"

"Oh, Papa! Der sitzt zu Haus und legt Patiencen," (schriftlich nicht
wiederzugebende Nueance der Verachtung fuer diese ehrenwerte Beschaeftigung
des wackren alten Herrn). "Itta" - was diese kleinen Maedchen fuer Namen
haben! Das ist alles: Issy, Cissy, Missy, eine Mischung von Kaetzchenmiauen
und Babygelalle, als ob ihnen ein ordentlicher, honetter, christlicher
Vorname ebenso unmoeglich waere wie ein ordentliches, honettes Ja oder Nein
- -, "Itta wollte so gern zu Ihnen und da bin ich mitgegangen. Itta
schwaermt fuer Kuenstler. Ich habe Offiziere am liebsten, hauptsaechlich Garde
und Kavallerie."

"Aber Kitty!" ...

Also die Blonde! Die Blonde war auch eigentlich die Niedlichste.

Ich liess Wein und Suessigkeiten bringen. Martin ist darin vollkommen.

Sie knabberten wie die Maeuse. Von dem Wein nippten sie nur.

Dabei gingen die Augen im Zimmer herum. Sie brannten foermlich vor
Interesse. Eine dekolettierte Kabinettphotographie der Kaiserin auf meinem
Schreibtisch enttaeuschte sie sichtlich: "Ach die Kaiserin!" ... Einige
Bouchers entschaedigten sie etwas. Sie stiessen sich an und kicherten.
Sicher hatten sie erwartet, die ganzen Waende voll nackender Frauenzimmer
zu finden, alle fuenf Barrisons mindestens!

"Ist es wahr, dass Sie jeden Tag Liebesbriefe kriegen? Olga Krohn sagt
es."

Olga Krohn ist ein charmantes Maedchen. Ich zeige maennliche Bescheidenheit:
"Ab und zu .. wie heute .. dass holde Lichtelfchen einem armen Sterblichen
ihre Gunst erweisen."

"Aber furchtbar viel Lieben haben Sie gehabt?"

"Es giebt soviel Liebreiz in der Welt."

"Sie sind sicher schon oft sehr ungluecklich gewesen?"

"Unsaeglich!"

Dabei betrachten sie mich kritisch wie zwei kleine, menschenfressende
Ungeheuer, ob ich nun die makellose, weisse Hemdenbrust aufknoepfen und das
traditionelle blutende Herz mit dem grossen Knax mittendurch entfalten
werde.

"Aber wollen wir nicht von meiner bescheidnen und gaenzlich unromantischen
Person .."

Sie tauten riesig auf: von Vetter Hubi, Gymnasiasten, einem Studenten,
einem Courmacher der Blonden ... Was die Eine nicht sagte, verriet die
Andre, - die Braune immer ein Schrittchen voraus und die Blonde
nachhelfend ... von Susi Hausner und Litty Mehring und Daisy Grimme ...
Oh, die war ganz schlimm, Daisy Grimme!

Und als ich ganz bescheidentlich einmal einen rein technischen Zweifel zu
aeussern wage inbetreff der "Gelegenheit" ... Man hatte ja seine
Musikstunden, Kurse, die Schneiderin zum Anprobieren. Das System
funktionierte vorzueglich. Eine ganze geheime Konnivenz aller dieser
Faktoren blickte durch, die Angst, Schuelerinnen zu verlieren, Kundschaft
einzubuessen.

Ich sage Dir, es war entzueckend, die beiden heissen, niedlichen, kleinen
Kaefer!

Es schlaegt sechs Uhr.

Die Braune erhebt sich: "Jetzt muessen wir aber gehn."

"Schon?"

Mit einem ermutigenden Puff an die Blonde: "Du kannst ja wiederkommen."

_Ich!_ "Wenn ich auf ein solches Glueck hoffen duerfte?" ...

"Ich werde Ihnen schreiben," haucht die Blonde.

Ich quittiere mit stummem Handkuss. Der stumme Handkuss ist
ausserordentlich wirkungsvoll, ehrfuerchtig, bescheiden, vielsagend - und
stumm! Ich empfehle Dir den stummen Handkuss. - - -

Ich muss gestehen, etwas chokiert war ich doch.

Kreuzschockschwerenotnochmal! Sowas sind am Ende unsre Schwestern. Sowas
heiratet man. Mit sowas setzt man Toechter in die Welt, die wieder
schlechtbeleumundeten Junggesellen auf die Bude ruecken. Brrr .....

Da hast Du was fuer Dein gluehendes Herz!





                              DRITTER BRIEF.


                  Achim von Wustrow an Herbert Groendahl.


Nun denkst Du, Du hast ins Schwarze getroffen mit Deinem Gift-Pfeil.
Fehlgeschossen, alter Seelenvergifter!

Ich fluechte mich einfach zu Mathilde. Wenn man die Thatsache vor sich
sieht, schwinden die Zweifel. Der Glaeubige, dem die Madonna leibhaftig
erschienen ist, braucht weder Dogmen noch Logik. Ein Gluecklicher entruestet
sich nicht einmal moralisch.

- - - - Sie ist noch immer geschlossen, suess und ahnungslos.

Aber manchmal kommt es mir vor, als ginge ein Erschauern durch die
schlanke Huelle, ein tieferes Atmen, die Ahnung kuenftigen Fruehlingssturmes,
heller, glorreicher Sonnenwaerme.

Wir sassen auf dem Balkon.

Ich sah sie wohl zu heiss an.

Sie verwirrte sich. Sie war still.

Diese suesse Stille! Kennst Du einen huebscheren Ausdruck als den Koriolans
an sein Weib: "Mein suesses Schweigen!" Es liegt darin eine solche Tiefe
der Unberuehrtheit. Auf vieles waere es schlechterdings unanwendbar, auf
Dich zum Beispiel. Nur die Natur hat dieses Schweigen - der See - der
Himmel - die Frau ...

Ich bemuehe mich, ihr unschuldiges Tagewerk kennen zu lernen. Sie hat im
Hause ihre kleinen Aemter, den Thee zu bereiten, Staub zu wischen, dem Papa
den Fruehstueckskakao zu bringen. Auch ihre eigenen Sachen haelt sie selbst
in Ordnung, die kleinen Roeckchen, Struempfchen, Ziertuechelchen und
Baendchen. Die Mutter hat sie schlicht und haeuslich erzogen, wie sie selber
ist. Mathilde kann kochen. Sie kann sogar das Plaetteisen selber fuehren.
Ich finde das entzueckend.

Dazu nimmt sie noch einige Stunden weiter mit ihrer Freundin Katharina v.
W. Sprachen, Litteratur, Musik. Sie gehen dazu zu den Kursen hin. Damit
wird dann wohl ein kleiner Spaziergang mit der Freundin verbunden. Die
beiden Maedchen sind unzertrennlich. Wie das schwaetzt und schnaebelt! - all
diese unschuldigen Vertraulichkeiten, die allerliebsten Geheimnisse der
sechzehn Jahre.

Das thut mir manchmal fast weh.

Wieviel muss da sein, von dem wir nichts ahnen, fuer das wir kein
Verstaendnis haben, ein grober, einfacher Landjunker, wie ich, ohne Mutter,
ohne Schwestern aufgewachsen, den Frauen gegenueber ein schuechterner
Stuemper!

Wieviel andrerseits haben wir nicht zu geben, einzuweihen hinein!

Vorerst mein liebes, altes Templin selbst mit allen seinen Erinnerungen,
seinen Schoenheiten. Unsre Mark _hat_ Schoenheiten, ihre sehr intimen,
keuschen Schoenheiten, die sich nur dem Verstehenden enthuellen, dem
Freunde, dem Liebhaber, dann die weite, schoene Gotteswelt, Italien,
Norwegen - das Meer ...

Die Partenkirchner Tour war ihre erste Reise. Dann bin ich dankbar, dass
ich reich bin, soviel Schoenes erschliessen kann fuer mein Lieb.

Wie wird sie staunen vor den grossen Offenbarungen der Kunst, die kleine,
barbarische Berlinerin, die nichts kennt!

Alle meine Lieblingsbuecher will ich mit ihr lesen! Goethe, Gottfried
Keller, Storm.

Selbst eine gute Patriotin soll sie werden, teilnehmen an den Hoffnungen
und Schmerzen, die das Vaterland bewegen, stolz sein auf unser stolzes,
grosses Hohenzollernhaus, unsern herrlichen, alten Bismarck.

Die Mama laechelt dann: "Sie sind ein vortrefflicher Mensch, lieber Achim!"

Ich bin so froh, dass sie mich Mathildens wuerdig finden.

Bin ich ihrer wuerdig?

Diese Frage beschaeftigt mich sehr. Du weisst, ich habe nie ein
ausschweifendes Leben gefuehrt. Das Gemeine hat mich stets abgestossen,
sowohl bei Maennern wie bei Frauen, und keine kuenstlerische Verklaerung,
keine Sophismen der Leidenschaft es in meinen Augen zu uebertuenchen
vermocht. Ihr verspottet mich oft mit meinen Ansichten, meiner
Josephhaftigkeit.

Und doch, wieviel bleibt haften auch in einer reinen Jugend, Worte -
Eindruecke - was man vielleicht nur gehoert, gesehen hat. Was ist meine
sogenannte Ehrenhaftigkeit gegen Mathildens strahlende, unbewusste
Reinheit und Unschuld. Ich zittre, dass ein Fleck darauf fallen koennte.
Ich bewache meine Worte, meine Blicke. Fast versuche ich, meine Stimme zu
maessigen.

Wie zart und ruehrend diese kleinen Gespraeche mit ihr! Ich frage und sie
antwortet: Ja und Nein, als wagte sie kaum, einen Willen zu haben, bevor
man ihn ihr giebt, er, der ihr Lebensinhalt sein wird, die Schrift auf das
weisse, suesse Lilienblatt. Gott moege mich wert machen, dass es die rechte
Schrift sei!

Ich hatte eine Erschuetterung dieser Tage.

Als ich um die Nachmittagsstunde zum Thee kam - ich bin ein fuer alle Mal
Gast, wenn ich in Berlin bin, war Besuch da, Frau von F. Sie verkehren mit
ihr. Sie gehoert zu ihrem Kreis. Die Geheimraetin sagt, es geht nicht
anders, man kann nicht die Erste sein. Es kommt da ein gewisser
gesellschaftlicher esprit de corps mit in Frage.

Es ist ja auch was Wahres dran. Wie ich diese laxe Moral der Welt hasse!

Auch Mathilde war im Salon. _Sie_ sprach mit ihr, lobte ihren Anzug,
kuesste ihre unschuldige Stirn. Dies Weib! mit meinem Schatz, meiner
Lilienknospe, meiner Madonna!

Aber ich begreife, ihr Mann ist in hoher Stellung. Sie ist reich und
liebenswuerdig, hat ihre Partei.

Ich bat Frau v. B., Mathilde nicht in den Salon kommen zu lassen, wenn sie
da ist. Es ist gegen ihren Willen heute geschehen.

Ich war sehr alteriert. Mein Maedchen sah mich halb erschrocken an, welche
boese Laune den Freund heut plage. Ach wenn Du wuesstest, dass es nur Deine
Reinheit ist, die mich zittern macht, sonst nichts, nichts auf der Welt,
seit ich Dich habe!

Es kommt mir vor, als saehe sie jetzt ernsthafter aus. Manchmal scheint es
mir fast, als ob sie geweint haette, holde, unschuldige Thraenen einer
suessen Furcht. Ob sie abends in ihrem schmalen, weissen Bettchen wohl
oefters wachliegt und an was sie denkt? Ob sie dann auch an mich denkt?

Noch ein entzueckender Zug.

Bei der aeltesten Schwester wird ein Kindchen erwartet, schon das vierte.

Es war die Rede von der kleinen Ausstattung, Hemdchen, Bettchen, die man
besorgen muesste. Die beiden Frauen sprachen leise zusammen. Man hoerte nur
das Murmeln ihrer Stimmen, zaertlich und geheimnisvoll wie vor einer
Weihnachtsbescherung.

Mathilde war hinausgegangen um sich eine Schere zu holen.

"Das Kind ahnt ja nichts," sagte Frau von B. laechelnd.

Ich kuesste ihr die Haende. Wie ich diese Frau verehre, die mir mein Kleinod
gewahrt. Ich gelobe, es ihr eines Tages ebenso rein zurueckzugeben, wenn
Alles rein und licht ist, mein Weib, mein Juwel, meinen Sonnenstrahl!





                              VIERTER BRIEF.


                  Herbert Groendahl an Achim von Wustrow.


Das Abenteuer faengt an, mich zu interessieren, mehr von der
psychologischen als von der persoenlichen Seite. Ich bin schon so weit. Das
bringt das Handwerk mit sich, die Seziergewohnheit.

Also am Mittwoch ein zierliches, rosa Billetchen, Hoeheretoechterschrift,
steil, zimperlich, kaprizioes: Mein Herr! Erwarten Sie mich morgen um
dieselbe Zeit. Ich komme allein. Ihre J.

Ich oeffnete selbst. Das erhoeht das Geheimnisvolle und sieht aufmerksam und
erwartungsvoll aus. Da stand sie in ihrem dunkelblauen Kleidchen mit
schwarzem Astrachan, gluehendrot.

Diesmal kuesste ich sie natuerlich.

Du weisst, dass ich Kuessen fuer eine Kunst halte. Einige Menschen werden
sie nie kapieren, Du zum Beispiel! Im Kuss liegt Alles: Anfrage,
Bestaetigung - Grenze ... Die ganze kuenftige Liebesmelodie im leisen,
leichten Voranschlag. Man macht dann keine Dummheiten und
Ungeschicklichkeiten hinterher.

Sie liess es sich gefallen, nicht viel erwidernd, aber stillehaltend. Das
Herzchen bupperte zum Zerspringen, halb von der Angst. "Es merkt es doch
auch niemand?"

Ich beruhigte sie: Eine Etage hoeher wohnt ein Photograph, da haetten Sie
immer hingehen koennen, wenn Ihnen jemand auf der Treppe begegnet. Das
Schlafzimmer hat einen zweiten Ausgang nach dem Hofe. Martin ist
verschwiegen wie das Grab.

Sie hatte ueber das Alles nachgedacht. Sie liess sich noch mal so nett
kuessen hinterher.

Dann die moralischen Garantien.

"Du denkst doch auch nichts Schlechtes von mir, dass ich wegen "dem"
gekommen bin?" (in Parenthese - hast Du schon jemals eine Frau getroffen,
die "wegen" mit dem Genitiv konstruierte? Traue ihr nicht! Sie traegt
Jaegerwaesche und philosophiert im Bette.) "Sage: Nicht. Wahrhaftig nicht!
Es ist doch nur, weil ich Deine Buecher gelesen habe - und es ist so
schrecklich langweilig zu Hause, und weil Du so nett bist."

Ich sage: wahrhaftig nicht! und kuesse sie, kuesse ihr die weisse Kehle rot
und beisse sie ins Ohrlaeppchen.

Was fuer Bruestchen sie hat! weiss, fest und zuckrig wie Apfelhaelften! und
das Haelschen so fein angesetzt! Aermchen, die umstricken und festhalten,
duenn, weich und unzerreissbar wie Seidenstraenge ... Es ist ein kleiner,
ruehrender Kinderton in ihrer Stimme, Lockung und Klage. Der Sirenenton.

Ich habe jetzt auch einen Namen fuer sie: Wassernixchen. "Nixchen" passt
ausgezeichnet. Es charakterisiert das ganze Genre, luestern, spitzbuebisch,
zur Liebe geschaffen, unfaehig im Grunde. Der Fischschwanz!

Eiskalt - das ist sie trotz aller Liebesbeteuerungen. Das geht zu glatt:
"Ich liebe Dich, Herri! Ich hab' Dich furchtbar gern! Du bist der
einzigste, himmlischste Mann, den es giebt." Aber nett klingt's doch.

Dazu kein lautes Wort, keine haessliche Geste, immer kleine Dame, so
sauber, weiss und duftig, das ganze, zerbrechliche, feine Dingelchen! Ich
habe die Kerle nie begriffen, die sich in Schwarzenseifengeruch und
wattierte Unterroecke verliebten. Ich bin zu sehr Aesthetiker dazu.

Und dann das Psychologische! das ist einfach unbezahlbar.

Dann wird sie Meister und ich demuetiger Schueler. Ich staune, was der Balg
weiss. Und woher weiss sie es?

Sie lacht: "Das wissen wir Alle."

Dann erzaehlt sie: Es entrollt sich vor mir eine ganze soziale
Unterschicht, von der wir keine Ahnung haben, eine Haremswelt, weisse
Pensionatsbettchen, in denen man sehr dicht aneinander schlaeft,
Dienstbotengeschichten, am Schluesselloch Erlauschtes, eine spielerische,
knabbernde Luesternheit an Buechern und Eindruecken. Selbst der Humor dieser
Welt hat etwas Verstecktes, Kicherndes, Heimtueckisches, ein Humor von
Hinterhof und Watteauboudoir. Sie erzaehlte mir eine Geschichte von einer
Bekannten, einer vierzigjaehrigen Frau und mehrfachen Mutter, die ihrem
Ehemann vor der Nase mit einem Geliebten aus dem Cirkus durchging, waehrend
er mit ihrer Reisetasche und ihrem Regenschirm auf dem Perron stehen
blieb. Dieser Regenschirm und diese Reisetasche erheiterten sie, kitzelten
sie in ihrer kleinen, perfiden, unschaedlichen Bestienhaftigkeit.

Dann hat man Brueder, Vettern ... Der "Vetter" verdiente eine extra
Naturgeschichte. Sowas ist nicht mehr ganz Bruder und noch nicht ganz
"fremder Mann". Es hat Vertraulichkeiten, ohne frech werden zu brauchen.
Sowas kompromittiert nicht und verpflichtet zu nichts. Die Natur scheint
es ganz extra geschaffen zu haben, ein Halb- und Mittelwesen, fuer diese
delikaten, schummrigen Uebergangsstadien, eclaireur-Dienste,
Terrainsondierungen ... Sie ist nicht besonders explizit in dem Punkte.
Sie hat Angst vor mir. Manchmal spuere ich die Vorarbeit des "Vetters".
Irgendwo und irgendwann ist er ueberall mal dagewesen. Du magst noch so
frueh aufstehn und noch so fein deduzieren: Im Anfang war der Vetter. Ich
gebe Dir das als Axiom.

Dann will sie Abenteuer von mir wissen. Darin ist sie unersaettlich. Es ist
die Phantasie eines kleinen Ungeheuers, die sich zu befriedigen sucht:
Notzucht, Incest, Unnatur. Die ganze Weltgeschichte, die ganze Kunst, die
halbe Religion mindestens ist fuer sie nur das. Das merkt sie sich, das hat
sie behalten. Und sie hat in dieser stupiden Einseitigkeit etwas
Imponierendes und Schreckliches: Der Pfeil, der sehr grade abgeht, mitten
ins Leben, in den Herzpunkt, die Achillesferse: "Das ist dumm, Liebchen! -
Das ist so langweilig, das mag ich nicht ..."

Alle Details meiner Junggesellenwirtschaft interessieren sie, Whipchen,
Martin, der bric a brac.

Und Kuessen zwischendurch!

Der Sekt macht keinen Eindruck auf sie. Dazu ist sie zu subtil, zu wenig
Natur.

Das ist Alles spielerisch wie bei einer jungen Katze. Sie laesst sich
kuessen, streicheln, anfassen ....

Dann eine Bewegung wie ein Schlaengchen, die Angst vor dem Wehthun, dem
Baby, die Heiratschance.

Dann wird sie geschaeftsmaessig: "Wir haben kein Vermoegen. Else und Dada
haben auch geheiratet."

Die Heirat sieht sie ohne alle Illusionen. Das ist das Vernuenftige, die
Versorgung.

Vielleicht wird sie sogar eine ganz treue Ehefrau.

Schliesslich kann man es ihnen verdenken?

Die falsche, unnatuerliche Erziehung, die Heimlichthuerei. Was haben die
Wuermer zu hoffen? Einen Mann, der sie gar nicht reizt, den sie sich nicht
mal selbst aussuchen koennen, der sie sich bezahlen kann, ebenso brutal wie
eine Cocotte. Kann man sich verwundern, wenn sie vorher etwas
Champagnerschaum schluerfen wollen?

Und wie klug sie dabei verfaehrt, instinktiv, so 'n kleines, dummes Ding,
nicht fuer zehn Pfennig Grips in ihrem Gehirnchen, total ungebildet, wie
eine orientalische Haremsdame!

Und so 'n kleines Gaensegehirnchen sagt sich ganz instinktiv: "Der ist der
Richtige. Der versteht etwas von der Sache. Il sait aimer."

"- Wenn es rauskaeme!" das ist ihre einzige Angst, eine suesse, gruselige
Angst. Dann kichert sie ueber die dummen Menschen, Papa, Mama, die Leute,
da unten auf der Strasse, - dass sie hier oben allein ist, in seiner
Wohnung, mit einem verworfnen Junggesellen.

Davon ist sie tief durchdrungen: "Du bist so unmoralisch!" ..

Dann kuesse ich sie wieder.

Sie legt mir die Aermchen um den Hals, nennt mich Engelchen, Liebling,
suesses Herz - und dass sie mich ewig, ewig lieben wird.

Kleine Kanaille! - Na, das sind sie Alle.

Bewunderungswert bleibt eigentlich nun immer die Dummheit der Maenner, der
Glaube an das Wunder, und dass er der Eine, Einzige ist, dem das Wunder
passiert.





                              FUeNFTER BRIEF.


                  Achim von Wustrow an Herbert Groendahl.


Weisst Du, dass ich manchmal foermlich Mitleid mit Dir habe, dass es mir
vorkommt, als muesste ich Dich bekehren.

Mathilde wuerde Dich bekehren. Du wuerdest glauben und niederknieen wie ich.

Schon wenn ich das Haus betrete, das friedliche, wohlgeordnete. - Die
einigen Eltern. Nie ein spitzes Wort; nie eine Meinungsverschiedenheit.
Wenn er erst maennlich auf seinem Prinzipe steht, dann giebt sie wohl nach,
eine echte und kluge Frau, um vielleicht im geeigneteren Moment den
praktischeren Vorschlag wieder anzubringen, ihn zu suggerieren als eignen
Beschluss.

Ich habe jetzt auch den Bruder kennen gelernt, der augenblicklich zum
Telegraphendienst hierher kommandiert ist. Ein echtes Reiterblut, frisch
und frei mit vortrefflichen, ehrenfesten Ansichten. Das ist und bleibt
doch das Band, das Altpreussen zusammenhaelt, dem Einzelnen Kandare giebt,
wenn er auch ab und zu, wie er mir selber freimuetig gestand, etwas ueber
die Straenge geschlagen hat.

Natuerlich stellte ich ihm fuer vorkommende Faelle meinen Kredit zur
Verfuegung, ganz unter uns, als Bruder und Kamerad. Bin ich denn nicht sein
Bruder, der Bruder ihres Bruders?

Er musste mir in die Hand versprechen, dass dies Abkommen zwischen uns
nicht nur leere Phrase sein soll.

Mathilde ist der Sonnenschein des Hauses. Sie kennt die kleinen
Liebhabereien des Vaters, wieviel Zucker er in die Tasse nimmt, bringt ihm
das Feuerzeug. Der Mutter geht sie hilfreich zur Hand in den kleinen
Arrangements fuer Gesellschaften. Sie schmueckt dann die Tafel, legt Silber
und Krystall auf, immer mit der ihr eignen, stillen, gehaltnen Anmut. Wie
sie Alle lieben! Und ich liebe sie Alle, weil sie meinen Liebling lieb
haben, weil ich nie eine eigne Familie gekannt habe, die Suessigkeit eines
Kreises teilnahmsvoller, geistesverwandter Menschen, die zu mir gehoeren,
denen ich etwas bin. Sie sollen Alle die Meinen werden.

Man schenkt mir sehr viel Zutrauen.

Neulich war ich allein mit ihr. Es hatte sich ganz zufaellig so gefunden.

Sie schien aengstlich zu werden, im unbestimmten Gefuehl von etwas
Aussergewoehnlichem, Nahendem.

Ich bemuehte mich, ganz Gleichgueltiges zu sprechen, wo ich ihr doch am
liebsten zu Fuessen gefallen waere.

Eine kleine Episode, die mich ausserordentlich geruehrt hat.

Ich habe Mathildens Stuebchen gesehen.

Ich kam wohl zu etwas ungewoehnlicher Stunde. Gesellschaftsklug werde ich
ja nie. Frau von B. war im Hause thaetig, mit vorgebundner, grosser,
weisser Schuerze. "Wir haben die Gardinen neu aufgemacht in Mathildens
Stuebchen."

Ob sie meine Gefuehle ahnte? Sie liess mich in der Thuere stehen, waehrend
sie selbst am Fenster den bauschenden, weissen Mousseline ordnete.

Ein kleines Nestchen, ganz weiss in weiss. Ueber dem Bett die Raphaelschen
Engelskoepfchen, - ein Buecherbrettchen, Geibel, Frauen-Liebe und Leben,
Schillers Werke, Ekkehardt, Irrlichter, ein paar englische
Tauchnitzromane ...

Wie soll ich es nur anfangen, dies zarte Gebilde nicht zu zerstoeren, zart
genug zu sein, hochherzig, ritterlich!

Auch die zweite Schwester, Frau Buderus, ist jetzt aus dem Sueden
zurueckgekehrt. Der Mann nimmt noch in Spaa die Baeder. Sie ist sehr schoen.
Ein Schatten von Schwermut macht dies schoene, stolze Gesicht fast noch
anziehender. Die Ehe ist kinderlos geblieben. Aller Reichtum, die
Zerstreuungen der grossen Welt, die ihr in so reichem Masse zu Gebote
stehen, koennen ja einem Frauenherzen dafuer keinen Ersatz geben.

Bei der aeltesten Schwester ist das freudige Ereignis nun eingetreten. Ihr
Mann ist Hauptmann im Generalstab, ein ausserordentlich tuechtiger und
strebsamer Offizier.

Sie muessen sich einschraenken. Wie ich sie liebe, diese Einschraenkung um
der Liebe willen, diese braven, tapferen zwei Menschen, die trotz der
heutigen Anforderungen des Lebens und der Gesellschaft es gewagt haben,
der Stimme des Herzens zu folgen.

Ich liebe Frauen, die viele Kinder haben, Muetter sind. Es ist solch
huebsches Symbol, die Madonna mit dem Kinde, die wahre Erfuellung erst der
Frau, die Erfuellung ueberhaupt des Lebens, vor der die ganze suendige Welt
niederkniet, glaeubig und erloest.





                             SECHSTER BRIEF.


                  Herbert Groendahl an Achim von Wustrow.


Ich habe Talent zum Beichtvater. Diese ganze Familie liegt vor mir wie ein
aufgeschlagenes Buch. Ich sehe sie Alle, Herz und Nieren.

Die Mutter eitel, ehrgeizig, ihn vorwaerts stossend, fortwaehrend thaetig, um
mit schmalen Mitteln Gesellschaften zu bestreiten, Toiletten
herauszuschlagen. Daher dann im Hause fortwaehrende Noergeleien,
Sticheleien. Das Morgen-, Mittags- und Abendgespraech dieser Familie ist
Geld. Vor jeder Gesellschaft erst ein Zank. Er will nicht mehr, Er ist
alt, muede, muerbe. Er moechte in Arnstadt oder Eberswalde vier Stuebchen
haben, Rosen anbinden ... Aber er geht, er zieht den Frack an, er buckelt
und schustert weiter. Auf diese Weise wird er Ministerialdirektor werden.

Das Nixchen steht natuerlich auf Seiten der Mutter. "Mama" ist eine grosse
Frau. Was Mama will, geschieht. Und Mama hat immer recht.

Die beiden Aeltesten hat sie gluecklich losgeschlagen. Mit der Ersten
haperte es. Die Verlobung dauerte lange, ein entfernter Neffe er, aber er
hatte ja Karriere vor sich. Thraenen und Szenen in der Familie. Man hielt
ihn bei der Ehre fest, bis sie gluecklich unter Dach und Fach waren.
Seitdem ersticken sie in Brut.

Das ist Mamas Hauptaerger. Auch das Nixchen wird ganz naseruempfend: "Wie
kann man nur! Sie koennten doch wirklich "was thun" - wo er noch nicht mal
Major ist." - Ueber das "was", das man thun koennte, scheint sie sich
ziemlich im klaren zu sein. Bei Geheimrats geniert man sich nicht, wenn
die Diskussion heftig wird.

Die Zweite war die Schoenheit der Familie. Die sollte hoch hinaus, wurde
auf Excellenzen- und Verwandtenbesuch geschickt mit Toiletten und
Dekolettiertheiten. Einem kleinen, sentimentalen Zwischenspiel mit einem
Marinevetter machte die Mama ebenso nachdruecklich wie effektiv ein Ende.
Der Mann ist ein ekelhafter, impotenter Kerl, aber Geld, schweres Geld.
Dada entschaedigt sich. Der Marinevetter ist zu seinem Recht gekommen. Das
Nixchen erzaehlt mir Alles: "Ach, du bist ja nich so" .... Sie haben eine
Wohnung hier irgendwo.

Es findet Dada nicht zu bedauern.

Der Bruder ist der Liebling der Mutter, der echte Bruder Liederlich, macht
Schulden, jeut, rennt Frauenzimmern nach, mit Einschluss des
geheimraetlichen Kuechenpersonals, zur grossen Erheiterung des Nixchens.
Daher fortwaehrende Szenen. Der reiche Schwager laesst sich nicht anpumpen.
Mama hat Schulden gemacht: "Weisst Du, es ist manchmal unausstehlich bei
uns." Ich glaube es gern.

Auch das Nixchen hat einen Freier auf der ersten versuchsweisen Angelreise
eingefangen, ein laendlicher, reicher Mensch, mit vornehmem Namen.

Er scheint etwas daemlich zu sein .. "Dann hat er so grosse Haende!.. Nicht
halb so nett wie Du!" ....

Sie weint dann thatsaechlich, obgleich sie natuerlich fest entschlossen ist,
ihn zu nehmen, und wieder weinen wird im Myrtenkranze.

Oh, Weiber!

Arme Natur, wo bist du?

Ueber die Taktik des "Fangens" giebt sie einige ganz huebsche Details.

"Natuerlich musst du immer thun, als wuesstest du von nichts. Das ist die
Hauptsache. Wenn er kommt, ganz erstaunt sein und weglaufen, um sich die
Haare zu machen, wo Mama schon den ganzen Morgen auf ihn lauert, und ich
meine neue Bluse angezogen habe ... Alles glauben, was er sagt, gar nicht
fragen! Als ob wir uns nicht ganz genau erkundigt haetten, bei Tante Otti,
was er hat und woher er stammt. Mama spricht immer, als ob ich ein Kind
waere, dass ich noch mal in Pension soll. Dabei hat sie schon alle Zimmer
eingerichtet auf seinem Gute. Sie denkt, dass ich meinem Bruder heimlich
was abgeben soll, wenn wir verheiratet sind. Aber ich werde es grade thun!
Ich habe genug von der poveren Wirtschaft zu Hause!"

Lukretia Borgia und Goneril im Taschenformaetchen!

Aber allerliebst ist sie, fast leidenschaftlich in ihrer Art, mit ihren
kleinen, prueden Zaertlichkeiten, das Haendchen, das mir ueber den Schopf
faehrt, die Kuesse .. sie drueckt dann sehr, um sie heiss zu machen. Manchmal
kuesst sie mich sogar auf den Mund jetzt: "Ich koennte sterben fuer dich!
Wahrhaftig!"

Man koennte es fast glauben. Dann stelle ich sie auf die Probe: "Wir
koennten uns doch heiraten" ....

Sie wird dann sofort wieder Nixchen: "Ein Kuenstler wie du .. und sieh mal,
er ist Baron und furchtbar reich. Er muss zu Hofe mit mir gehn, hat Mama
gesagt, und ich nehme alle Kleider aus Paris wie Dada. - Man muss doch
vernuenftig sein, Schatz."

Dazu knabbert sie Pralinees, wie eine kleine, weisse, sehr artige Madonna.

Ich liege auf der Chaiselongue und staune.

... "Und sieh mal, Dich _liebe_ ich doch. Du bist doch meine wirkliche,
einzige Liebe. Du _hast_ mich doch."

Sie ist darin furchtbar naiv, dann kann sie ordentlich sentimental werden:

"Du bist so frivol!... Und ich liebe dich doch so sehr, und Liebe ist doch
nichts Schlechtes." ...

Eigentlich koennte man sie durchpruegeln.

Aber echt ist sie.

"Warum bist du zu mir gekommen, Nixchen?"

Sie sieht mich ungewiss an, dann verbirgt sie ihr Koepfchen an meinem Halse
und kuesst mich: "Du bist so unmoralisch!" ....

Ich kitzle sie. Voila.

Weisst Du, an was sie mich erinnert?

Das moderne Kunstgewerbe hat die entzueckendsten neuen Zierglaeser in den
Handel gebracht, Tiffanys, Koeppings, wie sie alle heissen. Das ist meine
Schwaermerei. Ich habe eine ganze Kollektion davon, Lilienkelche, Tulpen,
hohe geschmeidige Glockenblumen.

Sie liebt sie auch. Sie fasst sie zierlich an mit feinen, spitzen Fingern,
und laesst sie in der Sonne spiegeln. -

Frueher sah man die ganz einfach, weiss oder rot oder blau. Das naive Auge
sieht sie noch so .. Aber jetzt sind alle Farben darin, violette, gruene,
alles Schillernde, Flimmernde, Aederchen, Nerven ...

Und teuer sind die Dinger! teuer!.....

Das ist sie.





                             SIEBENTER BRIEF.


                  Achim von Wustrow an Herbert Groendahl.


Ich glaube, dass sie anfaengt, mich zu lieben.

Sie muss es ja gefuehlt haben, dass seit Wochen mein ganzer Sinn sich in
ihr konzentriert, dass ich nur von ihr lebe, nur fuer sie leben moechte.
Jede Frau, auch die unschuldigste, argloseste fuehlt das.

Es ist in ihrem Wesen ein Nachgeben. Diese grosse Liebe, die in sie
eindringt, sie an sich reisst. Sie richtet das Wort an mich. Sie faengt an,
fuer mich mitzusorgen. Ich habe meinen Platz am Tische, meine Tasse, meinen
Serviettenring, die sie kennt.

Ich habe sie gekuesst .......

Meine Lippen haben diese weichen, frischen Lippen beruehrt, die
Rosenrundung der Wangen gestreift.

Sie ergluehte. Ich fuehlte sie zittern. Der erste Kuss, den eines Mannes
Mund ihr aufdrueckt! Wie unendlich viel reiner und heiliger ist dieser Akt
beim Weibe wie bei uns!

Mir fiel eine haessliche Episode ein. Das Maedchen des Gaertners in Templin.
Ich war noch ein Knabe. Es war Heu gemacht worden am Tage, und der Heuduft
lag in der Abendstille. Das Maedchen hatte frische Lippen und weisse
Zaehne ..... Ich kuesste sie ...

Ich will wuerdig werden.

Ich bin es schon.

Sie ist jetzt meine Braut, noch nicht in den Zeitungen. Das Offizielle,
Tanten- und Basengratulation, erschreckt mich. Du kennst meine
Schuechternheit. Mama, liebenswuerdig wie immer, ging auf meinen Wunsch ein.

Ich sehe sie jetzt taeglich. Sie traegt meinen Ring. Wir nennen uns "Du" und
mit Vornamen. Ich habe das nicht gehoert seit Mamas Tode. Ich koennte es
immer von ihren Lippen hoeren.

Sie ist noch immer die Rosenknospe. Ich moechte sie nicht erschrecken.
Diese plumpen, oeffentlichen Zaertlichkeiten, mit denen Brautpaare einander
ueberhaeufen, sind mir widerwaertig, das unwuerdige, luesterne Spielen und
Taendeln um den einen Punkt. Die Edelbluete erschliesst sich in einer Nacht.
Grade so soll sie sein, wenn die Schleier fallen, meine weisse, zarte,
jungfraeuliche Braut, vor dem heiligen Mysterium der lebenschaffenden
Liebe.

Ein junger Vetter, der hier Jura studiert, kommt zuweilen. Mathilde spielt
Klavier mit ihm. Sie nennen sich "Du", lachen zusammen, Ereignisse und
Namen einer gemeinsam verlebten Kindheit werden zurueckgerufen, an denen
ich keinen Teil habe .. Ich moechte nicht eifersuechtig sein. Es ist eine
Beleidigung dieser Unschuld des suessesten, holdesten Geschoepfes.

Aber ich kuesse sie heiss, leidenschaftlich.

Ich war ungluecklich hinterher.

Ich sprach mit Mama. Wir haben die Hochzeit fuer bald festgesetzt. Es ist
besser so, obgleich sie sehr jung ist.

"Weil Sie ein so guter, edeldenkender Mensch sind," sagte Mama, als sie
einwilligte.

Bin ich gut? Ich will es sein.

Mein Weib soll die Liebe nie anders als heilig empfinden, ein Sakrament in
sich, wo Himmel und Welt ineinanderfliessen. Nie die Scham! Um Gottes
willen keine Scham!

Ich bin freundschaftlich gegen Fritz Roenne. Ich lade ihn ein. Er soll zur
Jagdsaison bei uns Hirsche schiessen.

Er ist ein lieber, gescheiter, taktvoller Mensch.

Das Vertrauen ist der feste Anker der Liebe, an dem sie sicher ruht im
tiefen Grunde.

Das ist das Schoene, das Adelige der Ehe, das sie unterscheidet von
fluechtigen Verhaeltnissen, Feststimmungen der Leidenschaft, um die ich die
seligen Goetter nicht beneide.





                              ACHTER BRIEF.


                  Herbert Groendahl an Achim von Wustrow.


Ich habe sie bei mir im Bett gehabt. Ich habe sie nackt gesehen.

Das machte sich so ganz natuerlich. Ich hatte mir das Knie ausgerenkt und
lag im Bett, als sie kam. Das amuesierte sie, dies Schlafzimmer des Mannes,
mit den Bildern in weissen Holzrahmen, dem grossen Spiegelschrank, dem
brennenden Kaminfeuer, den dunkeln, herabgelassenen Vorhaengen, durch die
man undeutlich einen Laerm vom Hofe aufsteigen hoerte.

Sie liess sich ein bischen bitten erst. Dann handelte sie: "Aber nicht
das, Liebchen ... nicht wahr, das nicht ..." Foermlich Angst hatte sie. Sie
haben eine ganz extravagante Vorstellung von unserem Mangel an
Selbstbeherrschung. In diesen kleinen Maedchenerzaehlungen sind wir Oger,
wilde Tiere, die sich auf Alles stuerzen, schoen und haesslich, jung und alt,
jede Nacht eine Andre, graessliche Orgien feiernd.

Aber sie lieben das. Das kitzelt sie ... Das Kraftgeluest, das das
dekadente Weib und die dekadente Zeit peinigt, ein Bekenntnis der
Impotenz, die des Fortreissenden erst bedarf um handeln zu koennen, eines
Bismarcks alle Tage.

Sie machte das sehr niedlich, ordentlich der Reihe nach, wie ein kleines
Pensionsmaedchen, das sich auszieht des Abends. Korsett, Unterroeckchen,
Hoeschen, die Strumpfknipser, die Haarnadeln huebsch zusammengelegt auf das
Nachttischchen.

Dabei plauderte sie. Sie wusste ganz genau, was an ihr huebsch war. Sie
mussten das oft besprochen haben. "Meine Arme sind noch zu duenn, aber in
ein paar Jahren werden sie sein. Hier habe ich ein kleines, braunes
Leberfleckchen. Das ist ganz niedlich. Elisabeth hat bildschoene Schultern.
Dada ihre Fuesse - sie hat ein Mal auf der Seite - das ist haesslich! Kathi
solltest Du sehen! Die ist wunderhuebsch, rund und weiss ueberall. Aber sie
weiss es auch."

Sie ist ganz nah bei mir, nackt, weich, duftig ... Ich kuesse sie. Ich
halte ihren zarten, glatten Leib. Ich presse sie an mich ....

Sie laesst sich Alles thun mit einer Art schlaefrigen Wollust. Vielleicht
denkt sie an den "Vetter". "Nicht wahr, Du bist verstaendig, Liebchen" ...

Ich empfinde nichts, gar nichts fuer sie, eine Art laessigen, physischen
Wohlbehagens.

Manchmal bin ich rauh. Ich spreche hart mit ihr. Ich schelte sie.

Dann wird sie aengstlich und flehend. Zuletzt faengt sie an zu weinen,
huelflos, wie ein kleines Kind.

Doch versucht sie es wieder hervorzurufen. Die Drohung kitzelt sie. Sie
hat dann ungefaehr das Gefuehl, das man hat, wenn man seine Hand dem Loewen
in den Rachen legt.

Manchmal traut sie mir auch nicht ganz: "Du liebst mich gar nicht. Du
spielst nur mit mir. Oh, ich weiss es! Ich weiss es." Dann thut sie
eifersuechtig oder versucht mich zu beleidigen.

Kleine Kanaille, die! Ich glaube, wenn sie daechte, ich erschoesse mich
ihretwegen, das wuerde sie noch mehr kitzeln.

Sie wuerde dann mit einem delizioesen Moerderinnengefuehl in ihre vornehme,
ehrbare Ehe gehen.

Manchmal versuche ich sie zu erschrecken: "Wenn ich dich nun nicht
freigaebe? Wenn ich dich verriete?"

Sie schmiegt sich noch dichter an mich, ganz dicht, mit weichen,
flechtenden Gliedern. Ihre Augen, die meine suchen, sind wie Sterne: "Das
thust Du nicht, dazu bist Du viel zu anstaendig, zu sehr Gentleman, mein
lieber, suesser Herri!"

Wie klug sie ist. Fischschwanz!

Und manchmal denke ich, man muesste sie hernehmen, ihr weh thun, sie es
fuehlen lassen, das ganze Leid, die ganze Schande ..

Dann wuerde vielleicht noch was aus ihr, dann wuerde sie ein Weib.

Ah, das grosse, das adelige Weib, das ihr Kind an die Brust nimmt und
Mutter ist, schweigend, der ganzen johlenden, feigen Gesellschaft zum
Hohne!

Aber sind wir denn nicht ebenso - Halbmaenner - Gentlemen - auf Kosten
unsrer Mannheit?

Bin ich nicht selbst ein Nix, ein Wassermann, der ich ein suesses, junges,
warmes Weib in den Armen halte und sie nicht nehme, nicht mit Gewalt
nehme, kraft der Urgewalt meiner Leidenschaft?

Was ist aus uns geworden, wenn die Gefuehle, die uns das Leben gaben, zur
Spielerei geworden sind, raffinierte Specialitaeten. Delikatessen, die man
mit den Zaehnen kostet.

Ach, das grosse, adelige, echte Volk, arbeitend, liebend, Kinder zeugend,
die triumphierende Arbeit des Lebens thuend, ueber den Tod hinweg - und die
Toten!

Mein Herz zieht sich zusammen in schmerzlich-bitterem Erloesungsdrang. Ich
fasse sie fester. Ich atme staerker .....

Sie murmelt: "Nur kein Baby, Liebchen! Nicht wahr, du thust mir
nichts?" ....





                              NEUNTER BRIEF.


                  Achim von Wustrow an Herbert Groendahl.


Ich suche sie auf die Ehe vorzubereiten.

Es ist doch eine grosse und schreckliche Sache - in Not und Tod .. Leib
und Seele .. ein Leben, um neues, lebendiges Leben zu zeugen.

Aber gibt es auch etwas Herrlicheres, Groesseres! Nein, ich beneide die
Goetter nicht. Grade das Vergaengliche - die Not, das adelt Menschenliebe,
das macht sie unvergaenglich und goettlich. Nicht Prometheus ist's, der in
einsamem Zorn den Goettern trotzt - - _der_ Mann, der seines Weibes Hand
fasst, wenn unter ihm die Welt zusammenkracht: Der letzte _Mensch_!

Durch die Ehe erst wird der Mensch zum Menschen. Der Mann, das Weib, das
ist etwas Einseitiges, Unfertiges, ein irrendes Atom im All .. Erst der
Vater, die Mutter bringt ihnen Vollendung, kettet sie an das Allgemeine,
das Grosse, Vernuenftige, Unsterbliche.

Ich denke viel ueber diese Dinge nach, dass wir doch durch Philosophieren
erst finden muessen, was der sichere Instinkt des Weibes _fuehlt_!

Wie ueberlegen sind sie uns! Nur das eine Ziel verfolgend - Weib sein -
Mutter - wissend, dass darin die ganze Lebensleistung, die ganze Bedeutung
des Geschlechtes beruht.

Ich versuche, sie teilnehmen zu lassen an meinem frueheren Leben, meiner
Kindheit, den Eindruecken und Ereignissen, die auf meine Entwicklung
massgebend gewesen sind. Auch meine Fehler, meine Irrtuemer verberge ich
ihr nicht. Sie soll mich sehen, wie ich wirklich bin.

Das ist hart. Es ist die gerechte Strafe. So straft sich der Mann dem
reinen Weibe gegenueber. So aber auch wird das reine Weib seine Erloesung,
das Verworrene in ihm geglaettet, die hitzige Leidenschaft zur edlen
Lebenstraegerin.

Sie sagt nicht viel. Ich halte ihre Hand. Sie entzieht sie mir nicht. Ich
schaeme mich nicht, es zu sagen - neulich habe ich sie mit Thraenen benetzt.

Sie war betroffen.

Nein, Mathilde, Gute, Fromme, ich will gut sein! Du sollst nicht
zurueckschrecken brauchen vor mir.

Wenn ich jetzt so zurueckkehre in mein Junggesellenheim, Grumke mir das
Abendbrot aufgetragen hat, dann male ich mir unser kuenftiges Dasein aus.
Sie sitzt am Tische, an meiner Mutter Platz, mit aufmerksamem Auge und
leisen Bewegungen Alles leitend und lenkend.

Es ist ja nicht, dass sie eigentlich thaetig ist. Ich schwaerme nicht mal
fuer diese sogenannten "guten Hausfrauen" - unablaessige Scheuerfeste,
Kuechenmobilmachungen. Ihre Gegenwart, ihr blosses Dasein ist es, das Alles
wohlgeordnet macht, Allem etwas Festliches, Heiteres gibt.

Dann freue ich mich, dass ich reich bin, dass diese kleine, weiche Hand
nicht hart und braun werden braucht, dieser zarte, schlanke Ruecken gebeugt
vom Herdfeuer und muehseliger Flickarbeit. Nicht dass ich diese Frauen
missachte! Ich verehre sie! Ihre harten Haende ruehren mich. Sie sind der
beste Teil unsrer Volkskraft. Der Staat sollte ihnen Denkmaeler setzen wie
seinen Helden.

Aber doch bin ich dankbar, dass es nicht sein braucht, dass auch das
Aesthetische gewahrt werden kann in unsrer starken und guten Liebe.

Ob sie ueberhaupt eine Ahnung davon hat? Sie fraegt nie. Ein suesses
Vertrauen! Ich glaube, wenn ich ganz arm waere, sie folgte mir ebenso
willig und vertrauensvoll.

Das ist mir ein ruehrendes Gefuehl. Ich mache ihr keine grossen Geschenke.
Ich selbst bin immer einfach - Du kennst mich ja. Neulich trug ich meinen
Handkoffer selbst vom Bahnhof, weil gerade kein Gepaecktraeger zur Hand war.
Sie denkt am Ende, ihr Schatz ist ein armer Mann.

Ah, ein Koenigreich moechte ich haben, nur um es ihr in den Schoss zu legen!
Sie griffe vielleicht nach meinem Kopfe: "Was soll mir das Koenigreich!
Deine Liebe ist ja viel mehr als alle Koenigreiche."

Darum bin ich gluecklich, dass ich auch darin so reich bin. Ich habe meine
Gefuehle nicht vergeudet, keine fuenfunddreissig weibliche Vornamen aus
meiner Herzgrube herauszufischen, wie ein gewisser Freund von mir am Abend
vor seiner Hochzeit. Sie hat noch nicht gelernt, die Liebe zu
differenzieren, schlechte, aesthetische Unterschiede aus raffinierten
Romanen von raffinierten Maennern, die das Natuerliche unnatuerlich und
hypernatuerlich gemacht haben. Sie ist auch noch nicht herb und pruede
geworden, wie manches arme, feine Maedchen, das sich verletzt in sich
selbst zurueckzog vor der Roheit und dem Cynismus der Welt. Wie einen
koeniglichen Schatz, voll und ganz, empfaengt sie, die Koenigliche,
koeniglich.

Welch ein Fruehling in unserm schoenen alten Park, wenn der Flieder blueht
und der Goldregen in lastenden, honigschweren Trauben herabhaengt!

Wir werden viel Besuch haben - die liebe Mama, die Schwestern, die Kinder,
Es soll wieder Leben kommen in unser altes Haus.

An Mutters Grabe unter den Fichten wird sie neben mir stehn. Sie wird uns
laecheln.

Vielleicht ..........

Ach, Harry! kann's denn soviel Seligkeit geben in dieser armen, engen
Welt!

.... Vater sein! ein Eignes, Geschaffnes, von ihr, der Liebsten, der
Meinen, in suessesten Schmerzen mir geboren!...

Was waere das Leben ohne das? Moechte sie die Schmerzen lassen? Die Angst?
Das Todesschauern in der Hochstunde des Lebens?

Und wir liegen nicht vor diesen hohen, himmlischen Wesen auf den Knieen
und kuessen ihnen die Fuesse, wie der Katholik seiner Madonna!

Die Maenner sind Egoisten. Was wuerden sie sein, wenn es nicht holde, zarte
Wesen gaebe, um sie zu mahnen, dass es etwas Hoeheres giebt, als Kraft,
Ehrgeiz - dass aller Ruhm Caesars und Alexanders nicht die That des
einfachen Weibes aufwiegt, das aus ihrem eignen Leben, still und heilig,
Leben saeugt.





                              ZEHNTER BRIEF.


                  Herbert Groendahl an Achim von Wustrow.


Wir sprechen jetzt sehr vernuenftig ueber ihre Ehe.

Dass man heiraten muss, das ist selbstverstaendlich, das ist der
Ruheposten, die Versorgung. Sie denkt darueber gar nicht weiter nach. Eine
alte Jungfer bleibt man nur, wenn man haesslich ist, oder Keinen gekriegt
hat, oder ueberspannt ist. Sie missbilligt das. Sie ist stolz darauf, dass
sie so bald Einen gekriegt hat, dass er reich ist, dass ihre Freundinnen
sie beneiden werden.

Der Aerger der Freundinnen spielt eine grosse Rolle dabei - je intimer,
desto intensiver der Aerger. Das ist diesem Geschlecht das Aequivalent fuer
das, was wir Ehre, Ruhm etc. nennen. Keine Bewunderung! Sie kennen sie gar
nicht, wollen sie nicht. Die Leistungen ihrer Geschlechtsgenossinnen in
Kunst, Berufen u. s. w. lassen sie total unberuehrt, vielleicht nur
insofern nicht, als sie ihnen das wirklich Beneidenswerte eintragen: Geld,
Toiletten, Maenner.

Und eigentlich haben sie ganz recht, der Neid, den man fuehlt, der einem
den Ruecken runterlaeuft! Das kitzelt, das macht die Nerven prickeln, das
Andre ist Unsinn.

Dass sie sich einem Manne hingeben soll, aus dem sie sich gar nichts
macht, ist ihr sehr gleichgueltig.

Ich glaube, wir uebertaxieren das im allgemeinen bei der Frau. Oder ist es
die Jahrtausende alte Knechtschaft, die sie stumpf und duldend macht?

Einen Mann, der einen nicht reizt? - Zum Lieben, niemals! Zum Heiraten -
warum nicht?

Von der "Liebe" wollen sie das Raffinement, die Leidenschaft, deshalb
lieben Frauen Kuenstler, aesthetische Maenner, die sie lange kitzeln. Von dem
eigentlichen Akt haben sie ja am wenigsten, der ist Pflicht.

Vor dem Kinde hat sie Angst, weil das noch weher thut - die Schmerzen -
die Entstellung - die Bruestchen, die schlaff werden ... "Elisabeth hat
einen Bauch, der ihre ganze Figur verdirbt ..."

Der "Bauch" von Elisabeth beunruhigt sie.

".. Es geht ja noch, wenn man viel Leute hat und eine Amme nehmen kann.
Babies sehen sehr niedlich aus in weissen Spitzen und rosa
Schleifchen ...."

Das ist der ausschlaggebende Punkt, dabei verweilt sie sehr lange!
Equipagen, Diener, dass sie die Hofbaelle besuchen werden.

"Den ganzen Winter muss er mit mir hier in Berlin wohnen."

"Aber wenn er nicht will?"

"Maenner thun immer, was man will. Papa thut auch immer, was Mama will."

Dabei kommt auf ihre rosigen Lippen ein kleines, listiges, grausames
Laecheln ....

Oh ja, der wird thun, was sie will.

Und es giebt Toelpel, die immer noch an die staerkere Thatkraft des
maennlichen Geschlechts glauben!

Nur die Franzosen: Ce que femme veut, Dieu le veut. Die sind ueberhaupt
viel aufrichtiger in dem Punkte. Der Deutsche bramarbasiert sich was vor,
der alte, naive Barbar in ihm. - Und unsre Frauen sind klueger. Thusnelda
laechelte kaum merklich, wenn Hermann Meth soff und Auerochsen spiesste.

Sie haben ja auch zuviel Machtmittel - die Verliebtheit! Und wenn die gar
nicht mehr vorhanden ist - Es sind gewoehnlich ungeliebte Frauen, die den
Pantoffel schwingen. - Das verliebte Weib ist unterwuerfig. Das ist ihm
Wollust: Die Tigerkatze, die sich streicheln laesst. - Der Kleinkrieg
thut's. Die Thraenen, das Purren. Die Nerven geben nach. Alexander oder
Caesar beugt sich vor dem muffigen Gesicht, der schweigend
heruntergewuergten Mahlzeit, der permanenten Naehe eines Hassenden,
Vorwurfsgeschwollenen.

Nichts amuesiert mich mehr, wie das Streben nach offizieller politischer
oder wirtschaftlicher Herrschaft bei diesem Geschlecht. Das sind haessliche
Frauen, anmutlose Frauen, Zwittergeschoepfe. Das ist dumm.

Fuer Kokotten, Helenas, Kleopatras ruinieren sich Griechen und Trojaner,
Antonius, - Nelsons, Gambettas, Boulangers alle Tage. Elisabeth, Katharina
waren Genies, weil sie Weiber waren. Ueber Louise Michel und
Frauenkongresse laechelt der armseligste Schneidergesell, den seine Frau
pruegelt.

Und mit Recht. Wie kann man die Wurzeln und das Mass seiner Kraefte so
verkennen! Das ist wie die Koenigstigerin, die sich Hoerner wuenscht, um den
Kampf mit dem plumpen Ochsen aufzunehmen.

Ach ja, Ochsen! Und wenn wir eben nicht Ochsen waeren, liessen wir sie das
ganz tranquil machen, alle Arbeit, allen politischen Krimskrams in den
Parlamenten und Versammlungen, und setzten uns schliesslich ganz gemuetlich
auf das gutdressierte Pferdchen kraft der einfachsten Logik unsrer
staerkeren Schenkel.

Aber wir sind eben Ochsen und viel zu verliebt! So'n kleines, zappeliges
Fuesschen, so'n weiches Waengelchen oder Bruestchen .. Simson laesst sich die
Locken abschneiden. Die schoenste Berechnung geht zum Teufel.

Sowas passiert denen nicht.

Ich bin das Aeusserste, das Non plus ultra in der Beziehung.

Sie ist ganz stolz darauf, auf ihre Kuehnheit, dass sie einem
Droschkenkutscher leibhaftig die Adresse gegeben hat, dass ihr Schwager
ihr neulich an der Kurfuerstenstrasse begegnet ist, was sie der Mama alles
vorluegt, wenn sie nach Hause kommt. Dabei luegt sie kuenstlerisch, mit
Genuss, ganz unnoetig komplizierte und lange Geschichten, nur weil das
Luegen ihr Spass macht, aus Liebe zur Sache.

"Und im Notfall koenntest Du doch immer Dein Ehrenwort geben, dass wir
nichts zusammen haben. Wir haben doch nicht wirklich was."

Nein, wir haben wirklich nichts.

.... "Und es ist doch nur, weil ich sonst gar nichts habe, weil ich jetzt
heiraten muss, und ich habe dich doch so schrecklich gern, Herri!" ...

Dann kuesst sie mich fast leidenschaftlich; aber es ist nicht die Spur von
Leidenschaft in ihr. Traete die geringste Unbequemlichkeit an sie heran,
wuerde sie mich dreimal verleugnen: Ich kenne den Menschen nicht. Und das
ginge ihr so glatt von der Zunge! und wenn sie ein Uebriges dazu thun und
mich aus der Welt schaffen koennte, wuerde sie es ebenso kaltbluetig thun.

Dabei von eigentlicher Moral keine Spur. Siehst Du, das bewundre ich auch
immer an diesem Geschlecht. Es ist das Praktische, der Erfolg, respektive
Misserfolg, der entscheidet. Dabei machen wir die ruehrendsten Affaeren
daraus. Gretchen im Zuchthause bereut, Gretchen, irgend einem dicken Hans
seine brave Frau, waere wahrscheinlich Frau Marthe geworden und haette an
"Heinrich! mir graut vor dir!" nur eine angenehme Erinnerung mit
fortgetragen, eine behagliche Ruehrung, dass sie ihre Jugend so gut
genossen.

Eine Frau, die einen Skandal verursacht, das ist unmoralisch, ekelhaft,
die schlaue Kokotte, die einen Prinzen kriegt fuer einen braven Ehemann,
den sie betrogen, das imponiert ihnen.

Die Demi-monde-Dame, mit Diamanten beladen, die grosse Schauspielerin mit
dem Messalinenrenommee, die Kaiserin, die sich mit dem Stallknecht liiert,
darueber koennen sie nicht genug hoeren. Das lockt sie sogar mit einem
Gemisch aus Neid und Bewunderung. Aber ein armes Dienstmaedel, das ein Kind
kriegt und ins Elend geraet. Pfui Teufel! Da hebt man sein Kleid auf.

Das ist das Perfide bei der Geschichte. Das andre nicht.

Was die Liebe thut, ist heilig. Ich nehme immer die kaeufliche Liebe aus.
Das bereut man nicht.

Es liegt auch da eine Naivitaet der Maenner zu Grunde oder ihre Arroganz.
Der Lendemain ist sprichwoertlich geworden. Der Wuestling hat das doppelt
angenehme Gefuehl: Du hast eine Existenz vernichtet. Deshalb wird die
Theorie erhalten, vielleicht auch als Abschreckungstheorie.

Eigentlich sollte uns doch die Leichtherzigkeit gewisser "guter Maedchen"
("gut" ohne Nebenabsicht im Goetheschen Sinne) zu denken geben.

Ich kannte mal ein sehr nettes, kleines Maedchen. Sie hatte auch die Angst
vorm Lendemain. Sie wartete auf den Lendemain.

Und dann war's wirklich Morgen und der allerschoenste Sonnenschein und
Vogeljubilieren - und sie lachte, lachte uebers ganze Gesicht: "Ich bin so
froh, Schatz! Ich glaub', ich koennte fliegen!"

So muesste Eine natuerlich empfinden.

Ich habe neulich mal einen Roman gelesen, einen Roman von einer Frau, "die
Geschichte eines Maedchens". Das ruehrte mich fast. Die Arme! Sie hat
gewollt und nicht gewagt, weil die Angst vorm schwarzen Mann zu gross war.

Ebenso albern finde ich den Mann, der absolut der Erste sein will. Wie
laesst der grosse, gute, kluge Goethe seinen Jarno sagen: "Und, glauben Sie
mir, es ist in der Welt nichts schaetzbarer als ein Herz, das der Liebe und
der Leidenschaft faehig ist. Ob es geliebt habe, ob es noch liebe, darauf
kommt es nicht an."

Ueberdies: On n'est jamais le premier.

Ist die Frau besser, die sich vielleicht physisch enthalten hat aus
persoenlicher Propertaet oder Mangel an Gelegenheit, aber ihre Phantasie zu
den unnatuerlichsten Ungeheuerlichkeiten ausschweifen laesst, als diejenige,
die vielleicht an einem hellen Maientage dem suessen Zug der Natur gefolgt
ist, ohne zu rechnen und zu moralisieren?

Das ist gewissermassen das System der Kuhpockenimpfung ... Ich habe
vielleicht mein Wassernixchen zu einer sehr guten Ehefrau gemacht.

Aber freilich die Konsequenzen!

Ich hatte mal eine starkgeistige Freundin von schwachem Fleische, die
behauptete, wenn die Konsequenzen nicht waeren, waer's ein
Gesellschaftsspiel.

Vielleicht ist es gut, dass es noch nicht so weit ist. Man ist noch immer
der "Erste", mit der offiziell aufgestempelten Eins vom Standesamte, der
Kolumbus, der Schleierluefter, der Dornroeschenerwecker.

Sie mokiert sich darueber. Sie hat eine Art Rankuene, wenn sie von ihrem
"Ersten" spricht. Vielleicht ist es ein Gefuehl des Torts, das sie in meine
Arme getrieben hat, mir dem Wissenden, dem Verzeihenden.

"Ich haette Angst vor Dir. Du weisst so viel" ... sagt sie manchmal.

"Aber hast Du denn keine Angst mit "ihm" - immer fremd sein - immer
Komoedie spielen?"

Sie troestet sich mit dem Geld, der Equipage, den Kleidern.

Luegen ist ja nicht schwer. Sie werden darauf erzogen. Sie finden sich so
merkwuerdig. Das ist wieder die bewunderungswuerdige Lebensfaehigkeit dieses
Geschlechts.

Er wird immer an sie glauben, immer nur die weisse Stirne sehen, mit
seinen bloeden, guten, gesunden, toelplischen Bauernaugen.

Aber der arme Kerl, wenn der mal Bankerott machte!





                              ELFTER BRIEF.


                  Achim von Wustrow an Herbert Groendahl.


Meine Hochzeit! Am 24. Juni ist meine Hochzeit. Sonnwendtag! am
Rosenfeste! - Hochzeit - hohe Zeit! - Weisst Du, was das heisst? Wer kann
es wissen! Wer kann es aussprechen!

Wie ich vorher gelebt habe, begreife ich nicht, wie ein Egoist, ein
Selbstling. Selbst die hohen Traeume, die Ideale und Gedanken! Ich komme
mir vor, wie ein Mensch, dem ueber Nacht das Geheimnis des Lebens
aufgegangen ist. Und er lebt nun. Er wirkt Leben.

Und wer hat mich das gelehrt? Ein kleines, stummes, wunderbares Wunder,
eine zarte, weisse Knospenhuelle, um eine traeumende, unschuldige Seele.

Mathilde! Mein Maedchen! Mein Weib!

Und wir sprechen von ueberlegnem Geist, von Klugheit, von Grossthaten. Hier
ist der Kern des Raetsels: das Unbewusste, die Unschuld in der
Lieblichkeit.

Ob sie denkt und philosophiert, wie ich. Das geschieht Alles so
selbstverstaendlich. Sie laesst sich von mir kuessen, in die Arme schliessen.

Sie laechelt. Sie bereitet die Aussteuer.

Wie ich diese schoene Sicherheit liebe! So wird sie als Gattin, als Mutter
bleiben, ihr Geschick erfuellt. Wieviel sichrer geht die Natur im Weibe. -
Jungfrau - Geliebte - Mutter! Wir irren auf allen Pfaden, beflecken Seele
und Leib, um zuletzt demuetig niederzuknien vor so einem holden, nicht
denkenden, kinderthoerichten Wesen: Nimm mich! Lehre mich leben! Mach' mich
gluecklich!

Wenn ich jetzt zu ihr komme, finde ich sie vergraben zwischen weisser
Leinwand und Spitzen, bunten Seidenstoffen.

Ah, dieser holde und mysterioese Apparat, der die Braut in das Haus des
Gatten geleitet wie auf einer schneeigen Rosenwolke, Dinge, die verhuellen,
Wollust versprechen, Reinheit, Zartheit. Ich getraue mich kaum sie
anzufassen mit meinen groben Fingern. Ihr Zweck ist mir ein suesses
Mysterium, macht mich traeumen .. wie diese Festtags-Packete unsrer
Kinderzeit, sorgfaeltig eingeschlagen und umwickelt, um die holde Spannung,
die Sehnsucht zu erhoehen.

Sie nimmt das sehr ernsthaft. Sie scheint ganz damit beschaeftigt. Ist es
denn nicht ernsthaft, ihre kleine Person, die sie schmueckt, reizend macht.
Bin ich es nicht, fuer den sie sich schmueckt?

Ist es nicht uraelteste, heilige Sitte, die Braut, die sich salbt und
schmueckt, das suesse Geschenk ihres Leibes noch suesser machend. Es sind
noergelnde Kritiker, Frauen, die ihren Beruf, ihr innerstes Wesen verkannt,
die gegen die Eitelkeit polemisieren, Uniformen, Trachten einfuehren
wollen. Die Frau giebt nur sich selbst. Ihre Seele ist so ganz eins mit
ihrem Leibe in diesen Momenten - Lebenstraegerin ... Sie soll ja das Glueck
sein, die Wonne, die Schoenheit.

Hochzeit - hohe Zeit! - -

In mir ist's hohe Zeit.

Ahnt sie die Kaempfe, diese Begierden, die mich manchmal zerreissen, dass
ich sie nehmen moechte, wie ein wildes Tier, sie fortschleppen,
verschlingen ... Sie ist sehr ruhig, mit der Heiligkeit der Unschuld alle
boesen Begierden daemmend, dass ich sanft bin, folgsam. Nur den grossen
Jubel in mir, der mich hochtraegt, wie ein Adler, dass ich sie in die Arme
nehmen und gegen die Sonne halten moechte.

Hochzeit! hohe Zeit!

Mein Heim steht geschmueckt. Seit Wochen sind Tapezierer und Tischler
thaetig. Die Mama hat Alles angeordnet. Um manches ist mir's leid, das
Alte, Altgewohnte. - Ich werde ja auch ein neuer Mensch. Es ist recht,
dass Alles neu ist.

Die Hochzeit soll hier in Templin sein, ein Fest fuer alle meine Leute. Sie
ueben schon dafuer. Der Lehrer mit den Schulkindern. Ein Fluestern geht unter
den Arbeitern. Alle sehen mich freundlich an. Ach die Menschen sind doch
gut!

Es giebt ein vollkommenes Glueck auf der Erde. Es giebt Engel. In vier
Wochen ist der Engel mein Weib.

Wie suess muss es sein, das Leben sich in ihr entwickeln zu sehn, die
strahlende Einfachheit des Naturgangs - Leben gebend vollendet sich ihr
Leben. - Was ist das Maedchen, das Weib gegen die Mutter? Ist nicht Mutter
der Inbegriff aller menschlichen Tugenden, Selbstlosigkeit, Guete,
Leidertragen ...

Mein Weib! Mein Muetterchen!

Wie eine kleine Koenigin wird sie empfangen werden. Ist es denn nicht auch
ein kleines Koenigreich, eine ganze Welt im Kleinen, ihre Welt, der sie
Vorbild und Vorsehung ist. "Hausvater und Hausmutter", der alte, schoene,
deutsche Begriff. Hier kann er sich noch verwirklichen. Wir koennen es noch
sein.

So lange es das giebt, steht die Gesellschaft sicher, auf festen Fuessen:
Reine Frauen, Maenner, die ein Heim schaffen koennen, die an Reinheit
glauben.

So, das ist ein Hieb fuer Dich! Und nun eine liebe, schoene Bitte. Komm! Du
darfst nicht fehlen. Komm und sieh einen gluecklichen, glueckseligen
Menschen.

Hohe Zeit - Hochzeit!

Einmal sei auch Du froh. Sag: Ich sehe das Glueck und ich glaube es.

Und wenn Du ueber den Schwaermer lachst, sieh Mathilde im Brautschmuck,
weiss unter der weissen Myrtenkrone - und wie Thomas: Geh' und glaube.
Geh' und schreib ein Buch des Glaubens und der Liebe.

Ich habe so viel davon in mir, dass auch auf Dich etwas uebergehn muesste.
Ich fuehle mich sieghaft, die grosse Lehre der Weltfreude zu verkuenden -
und Mathilde heisst meine Madonna.

Noch ein kleiner, huebscher Zug von ihr, in unsrer Zeit der
Mitgiftjaegerinnen, des hoeheren Kokottentums, wo Muetter schon ihre
halberwachsenen Toechter auf "die gute Partie" dressieren.

Sie hatte den Katalog eines Waeschegeschaefts neulich. Es waren da Muster
von teuren Spitzen, die ihr gefielen.

Die Mama, verstaendig wie immer, riet laechelnd zu billigeren: "Das ist ja
fuer eine Prinzessin, Kleine, - und Du bist ein armes
Geheimratstoechterchen."

Natuerlich uebernehme ich das Alles. Es bedurfte einer gewissen Ueberredung
bei der Mama. Sie geben mir so Unendliches. Sollen diese teuren Menschen
sich Genen auferlegen, vielleicht rechnen und sorgen, waehrend ich
schwelge!

Sie muss mich als Sohn fuer sie mit eintreten lassen. Ich bin jetzt einer
von der Familie. Worin besteht denn die Zusammengehoerigkeit, das
Vertrauen, wenn ich nicht auch das Schwere mit ihnen tragen darf? Sind
diese Gueter mein Verdienst? Brauche ich sie? Ich waere gluecklich unter
einem Strohdach.

Es ist um Mathildens willen, dass ich mich des Geldes freue. Auch das hat
sie mich erst fuehlen gelehrt. Es vermehrt meine Macht, zu begluecken.

Verzeih, dass ich dies ueberhaupt erwaehne. Wir haben auch darueber so oft
gestritten, ueber Geldwert und Geldanbetung in unsrer Zeit. Manche
Erscheinung des oeffentlichen Lebens giebt Dir recht. Ich selbst habe
einige Faelle erlebt, die mich misstrauisch und traurig machen.

Man weiss ja leider, dass man ein reicher Mann ist.

Sie weiss davon nichts. Wenn man ihr die kleine Hand mit Geld fuellt, wird
sie es ausstreuen, laechelnd, segnend, unbewusst. Sie soll von diesem
Wissen frei bleiben. Mag die ganze Welt jagen und rechnen, so ist sie das
stumme, ruhende Juwel am Herzen der Schoepfung. Wer da ist, um uns an das
Himmlische zu mahnen, das Unvergaengliche im Dasein, der braucht den Wert
eines Hundertmarkscheines nicht zu kennen.

Die Blume ist in sich selbst genug. Die Poesie zu wahren. Das reine
Gefuehl.

Wir sind nur wir, Mann und Weib. Um uns das Paradies.

Komm, Du armer, verirrter Adamssohn, ruhe im Schatten unsrer Palmen!





                             ZWOeLFTER BRIEF.


                  Herbert Groendahl an Achim von Wustrow.


Die Aussteuer ist eine wichtige Sache. Da "er" bezahlt, koennen wir mit der
noetigen Gewichtigkeit zu Werke gehn.

Mein Allerheiligstes ist jetzt das reine Modemagazin, Kataloge, Proben,
Wiener und Pariser Modellzeichnungen. Da sitzen wir nun sehr ernsthaft,
das Nixchen und ich, und suchen aus: rosaseidene Hemdchen mit
Valenciennes, hellblaue, suesse, weisse Caleconhoeschen mit hell
heliotropnen und lichtmaigruenen Languetten.

Manchmal sind wir im Zweifel, aber sie fuegt sich immer meiner ueberlegneren
Einsicht.

Das entzueckt sie: "Du verstehst Alles. "Er" naehme mich grad so gut in
einem Sack. - Gott! was soll ich nur machen, wenn ich Dich nicht mehr
habe!"

Dann weint sie ein bischen. Aber dann finden wir wieder was extra Huebsches
und sehr Teures, wie's selbst Dada nicht hat. Und wir sind getroestet. "Er"
zahlt ja.

Wenigstens soll er ordentlich blechen - schon fuer seine Undankbarkeit. Ein
Mann, der nicht sieht, wie eine Frau angezogen ist, ist ein Toelpel. Sie
macht sich fuer ihn huebsch. Sie giebt sich Muehe. Was ist das fuer Muehe! -
so'n Loeckchen, das grazioes und an der richtigen Stelle in die Stirne
faellt, eine Schneidertaille, die gut sitzt. Wieviel Nachdenken, Geduld,
manchmal Pein, gehoert dazu! - Was Wunder, wenn sie das Weggeworfne an
Leute giebt, die es besser zu taxieren wissen.

Ich verstehe zu taxieren.

Dann sind wir ganz gluecklich. Sie dreht sich vor mir wie eine Drahtpuppe.
Wenn ich sie huebsch finde, ist sie gluecklich.

"Nixchen! Das darfst du nicht tragen. Das steht Dir nicht."

Dann ist sie wie ein gescholtenes Kind. Aber sie gehorcht immer. Alle
Frauen gehorchen mir, weil sie das Unpersoenliche fuehlen, das Wohlgefallen
an der Gattung, den Wunsch ihnen Vergnuegen zu machen. Ich glaube, wenn ich
vor die Sultanin-Mutter traete: "den Turban etwas mehr nach rechts, bitte
schoen" ... sie thaete es und waere mir dankbar. Und sie haette ein Recht
dazu.

Das ist unsere Tugend, uns Weltmaennern ihre. Und ist sie nicht eigentlich
die allerhoechste Tugend? Spinoza sagt: wer die Fehler der Menschen nicht
liebt, liebt die Menschen selbst nicht! Das Menschlichste an der
Menschheit ist fuer mich das Weib. Ich liebe sie. Ich liebe ihre Fehler.
Sie fuehlen das. Sie lieben mich wieder. Sie haben Zutrauen zu mir.

Das ist ganz unbewusst: "Du bist so gut," sagt sie manchmal. Dann nimmt
sie meine Hand und kuesst sie, beinah leidenschaftlich: "Du bist gut."

Da ist die Rankuene wieder, das kleine, tueckische, widerborstige
Katzenfauchen in dem "Du".

"Der ist viel besser als ich."

Ist er's wirklich? Ich glaube kaum. Er haette ihr eine Moralpredigt
gehalten und sie beschaemt und verbockt nach Hause geschickt wie der selige
Joseph schnoeden Angedenkens. Die Franzosen haben da ein huebsches
Sprichwort: Il y a des choses qui ne se refusent pas. - Oder er haette sie
genommen, seine Lueste befriedigt, mit einem moralischen Kater hinterher
sie zur buessenden Magdalena gepeinigt ... Das ist die Tugend dieser
Tugendbolde.

Wenn ich sie vor mir sehe, so weiss, fein und zierlich, ganz in ihrem
Fischchen-Element bei mir, munter schwaetzend wie ein Voegelchen, von dem,
was in ihr ist, all ihren kleinen Bosheiten und Echtheiten .. - ich habe
sie als Kuenstler behandelt, nicht roh, nicht maennisch-selbstsuechtig, nicht
pfaeffisch-zerstoererisch.

Sie weiss das auch ganz gut, Gaenschen, das sie ist. Sie liebt mich.

Sie wird oft sentimental jetzt: "Ich kann nicht leben ohne Dich! Ich
moechte am liebsten sterben!"

Manchmal sogar fast wild: "Ich will von zu Hause durchgehn. Mir ist alles
ganz egal. Ich lege mich hierhin und gehe nicht wieder fort. Du kannst mit
mir machen was Du willst."

Das sagt sie wohlweislich, wenn sie mir angezogen gegenuebersitzt und
Makronen knabbert - und dann lauert sie auf den Effekt. Sie moechte etwas
mehr Effekt, einen Ausbruch, eine Szene, die Bestie: Mann.

Dann spiegelt sie sich in ihrer Jungfrauschaft: "Es ist doch gar nichts.
Eigentlich habe ich doch gar nichts gethan. Niemand kann doch etwas sagen
von "uns"."

Sie betrachtet ihre Ehe als ein grosses Opfer, das sie bringt, _mir_
bringt. Kleines Egoistchen! Ob wohl ueberhaupt schon mal ein andrer Gedanke
als der an ihr eignes kostbares, kleines Selbst in diesem Gehirnchen
aufgestiegen ist?

Sie betrauert meine Wohnung: Whipchen, Martin, die Glaeser .. Dann wird sie
so geruehrt ueber sich selbst, dass sie schluchzt. Aber das macht eine rote
Nase, darin ist sie aesthetisch.

Die leidenschaftlichsten Frauen werden dadurch in Schranken gehalten:
"Mein Kind, das steht Dir nicht, Deine Stimme klingt schlecht, Du
verdirbst Deine Haarfrisur." Sie wollen gefallen und sollen gefallen.

Wird die Frauenemanzipation darin je etwas aendern? Die Orientalin, die
ihren Leib salbt und ihn mit Juwelen schmueckt, sie ist das Naivste und das
Groesste. Das Uraelteste und das Allermodernste.

Sie fangen an mit Geist. Dann laecheln sie Dir zu .... Und wenn der Geist
wiederkommt, dann bist Du als Mann fertig. Ich habe das zu oft
durchgemacht.

Ich moechte es nicht anders. Nur mehr Ehrlichkeit moechte ich! Es wird so
unendlich viel gelogen, gerade ueber diesen Punkt. Es ist Alles nur: Qui
s'excuse, s'accuse, die Sinnlichkeit, die sich in allerlei Maentelchen
drapiert, selbst in das der Entsagung. Alle Frauen wollten einmal im Leben
ins Kloster gehen. Warum giebt man ihn nicht zu, den staerksten und
gewaltigsten Lebenstrieb, wie Hunger und Durst, wie Ehrgeiz und Muedigkeit.
Der alte, schoene Satz, dass das Weib dem Manne zur Freude, zur Freudigkeit
geschaffen sei, setzt sich Brillen auf und schneidet sich die Haare ab,
und wird ihm ein Spott und sich selbst ein Zwitter, ein unverstandenes und
unverstaendliches Raetselwesen.

Das bedauere ich von allen Verirrungen der Zeit am meisten, dass die
Frauen dogmatisch werden, logisch, prinzipiell. Man will sie
einregimentieren und einschwoeren. Die Voelker, die am wenigsten Sonne und
Sinnlichkeit haben, geben den Unfug an. Ihr unterbindet euch selbst die
Lebensader! Decadence-Maenner machen mit.

Und doch:

  "'s ist eine der groessten Himmelsgaben,
  So ein lieb Ding im Arm zu haben."

Nicht nur fuer uns, fuer es selbst auch. Wo ist die Frau, deren Herz und
Hirn gross genug ist, die geliebte, liebende Frau, von herben und
verkrueppelten Fruechten, die reife, suesse?.....

Jeder Mann betrachtet sie als ein Geschoepf, einzig und allein fuer ihn
bestimmt, eine Adamsrippe, eine Unvollkommenheit. Nur wir, die wir sie
wahrhaft lieben, sehen in ihr das Geschoepf fuer sich, das Menschenwesen, in
seiner Eigenart des Interesses und der Teilnahme wert.

Moegen sie hereinfallen! Das "weisse Blatt" ist die groesste maennliche
Unverschaemtheit, Heuchelei, Protzenhaftigkeit, in der wir wissentlich und
willig beharren. Ein Geschoepf mit Augen, Ohren, Sinnen, hundertmal
feineren und aufmerksameren Augen, Ohren, Sinnen wie wir, soll das nicht
sehen, hoeren, fuehlen, wie wir?

Der Egoismus der Maenner macht sie blind. Ich habe kein Mitleid mit
Egoisten. Selbst der hintergangene Ehemann! Er ist laecherlich und
veraechtlich mit Recht. Lebte er wirklich mit seiner Frau, haette er sich
bemueht sie kennen zu lernen, ihr Denken, ihr Fuehlen bis in ihre
Verlogenheiten hinein - haben wir etwa nicht unsre Verlogenheiten? - waere
ihm das passiert? haette er nicht warnen, eingreifen koennen als es Zeit
war, wenn noetig sie vorher freigegeben.

Ja, wenn wir nicht alle Rollen spielten. Und es giebt eine Rolle "Mann",
die wir mit Vorliebe spielen, gegen die Rolle "Weib", die wir ihnen
aufoktroyiert haben. Sie raechen sich wie sie koennen.

Nicht nach Besserung seufzt die Welt, sondern nach Wahrheit. Die Wahrheit
ist die hoechste Menschenliebe, nur im Vergleich unmoralisch, unguetig,
boese. Und wenn der Vergleich faellt von seinem hohen Piedestal, dann steigt
das Niedrige. Was ist gemein? Was ist veraechtlich? Was ist erhaben,
bewunderungswuerdig? wenn Alles Menschliche menschlich ist.

Ein heiliges Mitleid liegt schwanger ueber der Welt, die feinste, reine
Quintessenz des Christentums. Nur die Pharisaeer stoeren es. Dem Zoellner ist
es natuerlich.

Verzeih den Exkurs! Man macht sie zum Schlusse. Der Deutsche macht sie.
"Die Moral von der Geschichte" - Und es ist eine gute, alte Sitte, denn
Moral ist ueberall, wenn es auch nicht die der Rute und der Zuckertuete ist.

Vorgestern feierten wir unser Abschiedsfest.

Sie hatte sich sehr niedlich gemacht, eins von ihren neuen
Ausstattungskleidern, ein schillerndes, gruenliches, seidnes mit niedrigem
Hals.

"Ich habe Mama gesagt, dass ich noch bei Kathi heut Abend bin, und ich
will auch wirklich hingehn."

Ich hatte Alles mit Rosen geschmueckt. Wir tranken Sekt und assen kleine,
pikante Sachen dazu.

Wir waren sehr lustig.

Sie sass auf meinen Knieen: "Hast Du mich lieb? Wirst Du mich ewig lieb
haben, Herri? Wirst Du mich auch nie vergessen?"

Eine gewisse Waerme kommt doch ueber mich. Ach Herzchen! Herzchen!

Dann erinnerten wir uns an alles Huebsche in unsrer Liebe, ihr erster
Besuch, der erste Kuss, all das Heimliche, Suesse ... jeder Gegenstand in
meinem Zimmer, Whipchen, die Photographien, der Bismarck ...

"Nie, nie vergesse ich das" ...

Wir waren ganz gluecklich.

"Wie eine Insel ist das, als ob ich zu Hause waere. Ach Liebchen!" ....
Dann schluchzt sie wieder ein bischen.

Dann die Moral wieder: "Du findest mich auch nicht schlecht?"

- Die suesse, alte Beruhigung Gretchens. Alle thun das. Und Daisy Grimme!
die macht's doch viel schlimmer.

"Wenn es doch moeglich waere! Wenn ich doch heute bei Dir bleiben koennte -
und immer!" ....

"Nun muss ich zu dem ekligen, widerlichen Ball - und morgen!!" - - -

Ein erneuter Thraenenstrom. Sie klammert sich an meinen Hals. Sie ist ganz
gluehend. Sie kuesst mich.

"Nicht wahr, Du glaubst's, Du glaubst's doch, dass ich Dich lieb habe, nur
Dich!"

Ich glaub's. Ich glaube Alles.

"Gott! wenn wir jetzt allein auf der Welt waeren! im Paradies!" ....

"Ach! es ist zu schrecklich eingerichtet im Leben! ... Und nicht wahr,
meine Briefe, die hast Du verbrannt? Du verbrennst sie doch alle?" ...

- "Ob wir uns wohl mal wiedersehen? Oh Gott! Wie schrecklich das wuerde!
Ich wuerde Alles verraten."

"Sehr verstaendig wuerdest Du sein."

"Ach Du! Nun nimmst Du Dir andre Frauen. Mich hast Du ueberhaupt gar nicht
gern gehabt. Sage, dass Du mich ein bischen gern gehabt hast? Du bist ja
so unmoralisch!"

Martin meldet die Droschke.

Ich fahre mit. Oben sind alle Fenster erleuchtet.

"Wenn ich jetzt koennte! Dass Du mich noch nicht mal gehabt hast .. Der
greuliche Kerl mich kriegt."

Sie weiss genau, dass die Droschke im naechsten Moment anhalten muss.

Sie haelt.





                            DREIZEHNTER BRIEF.


              Frau Mathilde von Wustrow an Herbert Groendahl.


Lieber, suesser Herzensschatz!


Denke Dir meinen Schrecken, als Achim mit Dir hereinkam! Aber nur einen
Moment hab ich mich erschrocken. Du bist ja so verstaendig und lieb und
gut. Ach und die suessen, gruenen Glaeser, die Du mir geschenkt hast! Das
sieht Dir aehnlich. Es war zu entzueckend himmlisch bei Dir. Ich werde es
_nie_, _nie_ vergessen und Dich ewig lieb haben. Du musst uns jetzt oft
besuchen, naechsten Sommer, wenn wir hier auf dem Gute sind. Jetzt
verreisen wir - nach Italien. Achim hat mir ein Diamantkollier geschenkt.
Himmlisch, sage ich Dir. - Wir sprechen dann ueber Alles, Du musst mir
erzaehlen, wen Du jetzt hast. Du bist ja so verstaendig. Wenn Du doch Achim
waerst! Ach, das Leben ist doch sehr schwer oft!

Fandest Du, dass ich gut aussah bei der Trauung? Der dumme Kirchenmensch
hatte die Schleppe ganz verkehrt gelegt. Ich aergerte mich die ganze Zeit
darueber, und die Myrte stand zu hoch ueber der Stirn.

P. S. Du hast doch auch die Briefe verbrannt, alle? und Martin sagt
nichts? Es waere schrecklich.

                                                                  Deine M.






                       BEMERKUNGEN ZUR TEXTGESTALT


Rechtschreibung und Zeichensetzung wurden nicht veraendert, ausser in
folgenden Faellen, die als offensichtliche Druckfehler anzusehen sind:

      Seite 39: Anfuehrungszeichen ergaenzt hinter "bin?"
      Seite 120: Anfuehrungszeichen ergaenzt vor "Ach!"
      Seite 123: "wir" geaendert in "Wir"





***END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK NIXCHEN. EIN BEITRAG ZUR PSYCHOLOGIE DER HOeHEREN TOCHTER***



                                 CREDITS


April 2, 2011

            Project Gutenberg TEI edition 1
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Gutenberg Literary Archive Foundation and how your efforts and donations
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***FINIS***