*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 75889 ***

Anmerkungen zur Transkription

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INTERNATIONALER STÄNDIGER VERBAND

DER

Schiffahrts-Kongresse

38, Rue de Louvain, 38

BRÜSSEL

Original-Deckblatt
Navigare necesse (Zwei Segelschiffe)

DER SCHIFFBAU
SEIT SEINER
ENTSTEHUNG

Segelschiff

DER SCHIFFBAU
SEIT
SEINER ENTSTEHUNG

VON

E. VAN KONIJNENBURG, C.I.,

INGENIEUR DES RIJKSWATERSTAATS DER NIEDERLANDE

1895-1905



HERAUSGEGEBEN

VOM

INTERNATIONALEN STÄNDIGEN VERBAND

DER

SCHIFFAHRTSKONGRESSE


GESCHÄFTSFÜHRENDER AUSSCHUSS – GENERALSEKRETARIAT

38, RUE DE LOUVAIN, 38
BRÜSSEL


BAND I

INHALTSVERZEICHNIS

 
Seite
VORREDE
Teilung Europas nach der Forme der Schiffe: Nördlicher Mittelpunkt. — Ostsee. — Südlicher Mittelpunkt. — Mittelmeer.
 
SÜDLICHER MITTELPUNKT.
KAPITEL I
Die Ägypter
Die Phönizier
Die Griechen und die Römer
Das Mittelmeer im Mittelalter
Die Galeeren
Die Schiffstype des 18. Jahrhunderts
NÖRDLICHER MITTELPUNKT.
KAPITEL II
Das Wikingerschiff
Das Koggeschiff
Einfluss der Kreuzzüge
Verwendung des Steuerruders
Die Galeere in den Niederlanden
Verwendung der Kanonen
Die Baertzen
Die Krayers und die Hulken
Verwendung von Schiffen mit glattem Bord
Das Schiff des 16. Jahrhunderts
Verwendung des Spiegelschiffs
Einführung der Stückpforten
Das Vlieboot
Das Spiegelschiff
Die Flüte, das Kuff, die Schmack
Übergang vom Schiff des 16. Jahrhunderts zu dem des 17.
Das Kriegsschiff (erste Kriegsmarine)
Frankreich
England
Die Niederlande
Die Handelsmarine der Niederlande
Verwendung der Fregatte
Die Brander
KAPITEL III
Ordnung der Schiffe
I. Kriegsschiffe
Left
      curly bracket
für die grosse Schiffahrt
für die kleine Schiffahrt
III. Fähren
IV. Fahrzeuge für verschiedene Zwecke
V. Schiffe, die den Oberlauf der Flüsse befahren (Bovenlanders)
VI. Fischereifahrzeuge
KAPITEL IV
Beschreibung der Schiffstype
Die Pinasse
Das Vlieboot
Das Katzenschiff
Das Ostindische Kompagnie-Schiff
Der Bujer
Der Huker
Die Büse
Das Heckboot
Der Straetsvaerder
Der Stocker
Die Fregatte
Die Galiot
Die Galeasse
Das Kuff
Die Schmack
Das Smalschip und das Wijdschip
Der Damlooper
Die Tjalk
Die Schute und die Poon
Die Kaag
Die Steigerschute
Die Yacht
Die Bujerschute
Die Pleit
Der Otter
Die Motte
Die Spitze Motte
Der Ewer
Der Bremerkahn
Die Potten und Pujen
Die Snijboon und die Somp oder Pegge
Die Hoogeveensche Praam
Die Praam
Die Kufftjalk
Die Kraak
Der Nachen
Der Ponton
Der halbe Ponton oder Pijper
Der Gierpont
Die Kabelfähre
Der Bok
Der Snik
Der Westländer
Die Kaag
Die Praam von Utrecht
Die Schauwe
Die Treckschute
Die Yacht
Die Baggeraak
Die Bagger- oder Moddermolen
Der Tjotter
Der Laadbak und die Zolderschute
Der Onderlegger
DIE OBERLÄNDER (Bovenlanders)
Der Rhein
Die Dorstensche Aak
Das Stevenschiff
Der Turfijker und Haagenaar
Der Keen
Die Keenaak
Die Lahnaak und der Slof
Die Maas
Der Whalemajol
KAPITEL V
Fischereifahrzeuge
Die Egmonder Pink
Die Büse
Der Kwee und die Hukerbüse
Der Huker
Der Heringsjäger und der Büsenbegleiter
Die Schaluppe
Der Logger
Der Bom
Der Schocker
Die Heringsschute
Der Punter und die Gondel
Der Hoogaars
Die Steekschute
Der Hengst
Der Botter
Der Blazer
Die Lemmeraak
Die Bolle und die Knots
Die Jolle
Verwendung der Fischereifahrzeuge auf der Zuiderzee
Das Waterschip
KAPITEL VI
Die belgischen Schiffe
Das Schiff von Tournai
Die Zille
Der Bijlander
Das Spitzschiff
Der Prij
KAPITEL VII
Die Entwicklung der Schiffstype im Nordwesten Europas in Bezug auf die ersten Bewohner der Niederlande

[S. 11]

 

Kopfstück; enthält das
  nachfolgende Gedicht
De scheeps- en sterke bouw
’t heeft ons ’t gebruik geleerd,
Dees gaf ons wet en reght
Hoe men de landen heert.
(NICOLAAS WITSEN.)[1]

DER Kampf ums Dasein ist für die Niederlande ein fortwährender Kampf gegen die Gewässer gewesen. Stellt das Wasser einerseits einen furchtbaren Feind dar, so ist es andrerseits die natürliche Verkehrsstrasse par excellence, die seit den ältesten Zeiten aus unseren Ahnen ein Volk von Seeleuten gemacht hat. Das Schiff war genau so unentbehrlich wie das Haus.

Es lässt sich nicht sagen, wer der Erfinder des Schiffes gewesen ist, jeder hat an seinem Teile dazu hergetragen, was zu einer allmählichen Entwicklung geführt hat. Die Entdeckung der Schwimmfähigkeit des Holzes ist offensichtlich dem Zufall zu verdanken.

Man wird sich zuerst eines Baumstammes bedient haben, um dann später mehrere so zusammenzubinden, dass sie Flösse bildeten.

Dann kam der ausgehöhlte Stamm; ihm folgte ein Fahrzeug aus einem mit Häuten überzogenen Gerippe, woraus schliesslich das vollständige Schiff entstand.

[S. 12]

Zwischen den Baumstamm und dem vollkommensten Schiff haben alle Zwischenformen bestanden, von denen die meisten sich übrigens noch heutzutage finden.

III 1

Der erste Schiffbauer dürfte Noah gewesen sein, wenn man den Schriftstellern des Altertums folgt. Sie behandeln diesen Gegenstand bis ins Einzelne und geben verschiedene Zeichnungen von der « Arche ». Einige dieser Zeichnungen sind in dem Atlas dieses Werkes wiedergegeben. Sie haben nur insofern Wert, als die Arche als ein Schiff aus der Zeit des Zeichners dargestellt ist. Hierbei ist noch zu bemerken, dass der erste Schiffbauer ganz ebenso unbekannt ist wie der erste Erfinder. Es steht ausser Zweifel, dass die gegenseitigen Einflüsse der verschiedenen Völker von grosser Bedeutung für die Entwicklung des Schiffs gewesen sind. Dies letztere brachte die Völker, die durch das Wasser getrennt waren, einander näher und öffnete nicht erforschte Gegenden.

Die Schiffbaukunst wird zuerst bei den zivilisiertesten Völkern geblüht haben.

Nimmt man Mexiko und Peru aus, so kann man sagen, dass die Zivilisation sich zuerst bei den Chinesen im Tal des Hoango, bei den Babyloniern im Tal des Euphrat und Tigris und bei den Ägyptern im Tal des Nils entwickelt hat.

Die Frage, ob die Babylonier den Schiffbau von den Chinesen gelernt haben, hat für uns weniger Bedeutung. Es ist indessen sicher, dass gegenseitige Einflüsse sich unter den Völkern Kleinasiens fühlbar gemacht haben, und es steht zweifellos fest, dass die Babylonier die Phönizier beeinflusst haben, die als erste die Schiffbaukunst im Mittelmeer trieben. Die Ägypter, die kein Seevolk waren, kommen hier nicht in Betracht.

Da die Niederlande unter dem Einfluss Europas standen, wo die Schiffbaukunst sich um zwei unabhängige Mittelpunkte entwickelt hat, an der Ostsee und im Mittelmeer, so können wir Asien unbeachtet lassen, soweit es nicht an die Küste des Mittelmeers stösst.

Nachdem von der Ostsee, die wir den Nordmittelpunkt nennen wollen, die Schiffbaukunst bei uns eingeführt war, trat dieser Mittelpunkt infolge der Verschiebung des Handels und der Schiffahrt, soweit es sich um die Grossschiffahrt handelt, in Berührung mit dem Mittelmeer, das wir den südlichen Mittelpunkt nennen wollen, um dort schliesslich unterzugehen. Man sieht leicht, dass der Einfluss des Nordmittelpunktes auf unseren Schiffbau überwiegend gewesen ist. Seine Bedeutung für uns ist also erheblich.

Die wenigen Schiffe des Altertums, die man aufgefunden hat, zeigen uns, wie schon in den ältesten Zeiten die Schiffbaukunst einen hohen Grad von Vollkommenheit erreichte; man hat ausserdem bemerken können, wie vollendet diese Schiffe waren und welche Sorgfalt man auf ihre Ausschmückung verwandte. Diese Feststellung ist übrigens nicht wunderbar, wenn man sich die ungeheure Rolle klar macht, die das Schiff im Leben der Völker spielte. Das Gegenteil hätte uns vielmehr in Erstaunen gesetzt, und es ist nicht einmal auffallend, dass man sich mit diesen kleinen Fahrzeugen aufs Meer wagte. Sehen wir denn nicht noch heutzutage unsere Fischer den Wogen der Nordsee mit noch kleineren Schiffen trotzen, um dort ihr rauhes und gefährliches Gewerbe auszuüben und zwar während des ganzen Jahres? Vergessen wir es doch nicht, die Seeschiffahrt wurde im ganzen Mittelalter nur im Sommer ausgeübt. WITSEN schreibt hierüber in J. 1671, S. 195 seines Werkes:

« Dat men oulinckx in deze landen nimmer ’t zee ging als naer besloten boeken, besproken uiterste wille en met God zich te hebben verzoent: wanneer men het gevaar meer ontzag als heden nu dorst men althans zee kiezen zonder aanzien van tijdt of weer van outs wiert de zee gesloten in de quaetste tijden van het jaar»[2].

Zu wissen, was wir hervorbringen können, wessen wir auf diesem Gebiete fähig sind, aber besonders zu wissen, was wir noch lernen müssen und auch was wir nachzuahmen haben, das ist die Hauptforderung jeder individuellen Erziehung und auch derjenigen eines Volkes, das in der Reihe der Nationen nur eine Einheit ist.

Möge dieses Buch zur Kenntnis der allmählichen Entwickelung der Schiffbaukunst beitragen; möge es aber auch die lächerliche Art verschwinden lassen, in der man sich bisher die alten Schiffe vorstellte; möge es insbesondere die Liebe zu unserem Schiffbau erwecken.

Ich schliesse mich übrigens ganz dem Gedanken Witsens hierüber an, der wie folgt lautet:

« Zoo groot dunkt mij de waerdigheydt dezer wetenschap te zijn dat niemant derzelve hier ten lande, daer de zeevaert de sterkste zenuwe van den staet is, behoorde unkundig te zijn »[3].

[1] Der Gebrauch hat uns den Schiffbau und die Kriegskunst gelehrt, die uns die Mittel geben, die Völker zu beherrschen.

[2] Dass man ehemals hierzulande niemals aufs Meer fuhr, ohne vorher seine Rechnungen geregelt, sein Testament gemacht und sich mit Gott versöhnt zu haben; man hatte also mehr Furcht als jetzt, wo wir uns zu jeder Zeit auf die See wagen. Früher war das Meer in der schlechten Jahreszeit geschlossen.

[3] Der Wert dieser Wissenschaft scheint mir ein solcher, dass jeder unserer Mitbürger sie kennen sollte, da die Schiffahrt der Hauptnerv des Volkes ist.

[S. 13]

 

Kopfstück Kapitel 1

DIE Ägypter waren nicht ein Volk von Seeleuten. Ursprünglich trieben sie nur auf dem Nil Schiffahrt; erst später wagten sie sich auf das Meer nach dem Vorbild und mit Unterstützung der Phönizier.

Ihre Fahrzeuge waren und blieben nur Flussschiffe. Die Frage, ob die Ägypter die Kunst des Schiffbaues von den Babyloniern entlehnt haben, oder ob sich ihre Kunst unabhängig von jeder anderen entwickelt hat, ist hier von keiner Bedeutung und könnte überdies nicht mit den nautischen Kenntnissen gelöst werden, die wir besitzen. (ERMANN, S. 679. — Dr. MORITZ RÜHLMANN, S. 25 S. 3.)

II 1

Es steht fest, dass die Babylonier und die Ägypter schon im frühesten Altertum Schiffe besassen; das geht aus dem Schmuck hervor, mit dem alte Vasen versehen sind, die aus einer 6000 bis 4000 Jahre vor Christi Geburt liegenden Zeit stammen. (L’Anthropologie 1889. Bd. X. § 517 und HOLMES, 1900 S. 9.)

II 2

Es sind bisweilen — meines Erachtens zu Unrecht — Zweifel aufgetaucht über die Frage, ob dieser Vasenschmuck wirklich Schiffe darstellte. Obwohl die Figuren zu primitiv sind, um aus ihnen Angaben über die Form des Schiffes abzuleiten, so kann man doch mit Sicherheit sagen, dass auf den Vasen nur Ruderschiffe dargestellt sind, und dass zu jener Zeit das Segelschiff wahrscheinlich noch unbekannt war. Die Linien unten am Schiff, die man manchmal mit Unrecht für ein Gerät zum Fischen angesehen hat (Recherches sur les origines de l’Égypte, Dr. MORGAN, S. 91 und 92) stellen die Ruder der Ruderer, die grossen Linien hinten am Schiff die Ruder der Steuerleute dar. Man bewegt die Schiffe nicht durch das Ruder, sondern durch die Pagaie fort, wie man an der unterbrochenen Reihe der Ruderer sehen kann; diese Art, die Schiffe vorwärts zu treiben, findet sich auch noch später bei den Ägyptern.

Die Gründe für die fast ausschliessliche Fortbewegung der Schiffe durch das Ruder oder die Pagaie sind in der Beweglichkeit der Flusssohle zu suchen; d. h. also in der Veränderlichkeit der Fahrrinnen des Nils. Hierzu kommen die starken Schwankungen des Wasserspiegels und die plötzlich eintretenden Windstillen.

Später allerdings verwendete man die Segel, aber neben dem Segel bediente man sich weiter des Ruders und des Schlepptaues.

Die Form des Schiffes hing davon ab, zu welchem Zweck es gebraucht wurde, so dass man bei den Ägyptern unterschied: Lastschiffe, Schleppschiffe und Fischereifahrzeuge. Man weiss nicht, ob sie Kriegsschiffe besessen haben. Die Vergnügungsfahrzeuge und die Reiseschiffe für die hochgestellten Personen bildeten eine bedeutende Flotte. (Dr. MORITZ RÜHLMANN, S. 25 und Aegypten von ADOLF ERMANN, S. 639.)

Im allgemeinen waren die ägyptischen Schiffe flach; das Vorder- und das Hinterteil erhoben sich mit leichter Neigung über die Wellen, das Hinterteil gewöhnlich mehr als das Vorderteil, anscheinend, um den Steuerleuten mehr Schutz zu gewähren. (Aegypten, ADOLF ERMANN, S. 637.)

II 2
II 3
II 4

Unter dem alten Reich etwa 5000-3200 Jahre vor Chr. Geb. waren die Schiffe mit Paddeln ausgestattet; die Ruderer sassen mit dem Gesicht nach vorn. Aber auch schon in dieser alten Zeit verwendete man allgemein Ruder und gegen Ende dieses Zeitraums war das Steuerruder schon allgemein in Gebrauch. Das ergibt sich klar aus den Figuren auf den Denkmälern jener Zeit, auf denen die Ruderer nicht mehr mit dem Gesicht nach vorn sondern nach hinten sitzen (HOLMES, S. 13, ERMANN, S. 640, Ancient ships von CECIL TOR, 1894). Das Schaufelruder wurde nur für die Fahrzeuge aus Papyrus beibehalten.

II 5
II 13

Wenn die Schiffe mit dem Ruder fortbewegt wurden, so gingen diese durch die Bordwand oder wurden durch hierzu vorgesehene Ringe gesteckt. Jedes Ruder wurde von einem einzigen Ruderer gehandhabt. Das Schiff wurde mit Rudern gesteuert, die etwas grösser waren als die anderen und die ebenfalls von einem Mann gehandhabt wurden. Die Zahl der Steuerruder sowie die Zahl der Steuerleute hing von der Zahl der Ruderer ab. (ERMANN, S. 641.) —

[S. 14]

So waren für 8 Ruderer wenigstens zwei Steuermänner vorhanden; für 14 Ruderer 3 Steuerer, für 21 Ruderer 4 Steuerer, u. s. w.

II 13
II 14

Schon unter dem alten Reich zeigt sich das Segel neben dem Ruder. Der in der Mitte des Schiffes aufgestellte Mast bestand aus zwei quer zu einander stehenden, an der Spitze verbundenen Pfählen; dies Verfahren ist charakteristisch für das alte Reich.

Die Takelage, die in der Längsachse des Schiffes angeordnet war, bestand aus einem nach vorn gerichteten starken Tau und aus mehreren weniger dicken Tauen, gewöhnlich 6 bis 12, die nach hinten gerichtet waren.

Das Segel, von quadratischer Form, war immer zwischen zwei Raaen befestigt, von denen die eine oben, die andere unten am Segel sass, eine ausschliesslich in Ägypten befolgte Methode. Von der oberen Raa, die oben am Mast befestigt war, liefen zwei Taue nach hinten, um das Segel nach dem Winde drehen zu können.

Wir lassen einige Ziffern folgen, die einen Begriff von den Grössenverhältnissen geben werden.

Ein verhältnismässig grosses Schiff von 16 m Länge hatte Ruder von 3 m, Steuerruder von 6 m, einen Mast von 10 m mit einer Raa von 6 m. Das Segel hatte eine Fläche von 60-70 qm. Die Segel waren also in der Höhe grösser als in der Breite. (ERMANN, S. 639.) In Zeiten der Windstille, die oft eintraten, wurde das Fahrzeug gerudert oder geschleppt. Der Mast wurde alsdann niedergelegt und in das Segel gehüllt.

Zum Festmachen des Taues, das das Schiff mit dem Schlepper verband, bediente man sich im allgemeinen eines hölzernen Pflockes, der entweder nur am Vordersteven oder am Vorder- und Hintersteven befestigt war. Dies geschah besonders bei den Lastschiffen. Diese besassen gewöhnlich keine Takelage; sie konnten kaum einige Ruderer aufnehmen, weil der grösste Teil des Schiffes durch die Kabine eingenommen war.

Zum Schleppen verwendete man meist kleine Barken zum Rudern.

Unter dem mittleren Reich (3200-2100 Jahre vor Chr. G.) macht die Kunst, Schiffe zu bauen, grosse Fortschritte. Die Schiffe mit Ausnahme des Papyrusbootes werden mit Rudern getrieben, aber nicht mehr mit dem Schaufelruder (Paddel).

Die Steuerruder, die schwer zu handhaben waren, werden durch ein einziges grosses Steuerruder ersetzt, das von einem Mann gehandhabt werden kann.

Die Takelage wird ebenfalls geändert. Die obere Raa sitzt nicht mehr am Mast fest; sie ist mit ihm so verbunden, dass sie verschoben werden kann. Das Segel ist weniger hoch, aber breiter, und dementsprechend wird der Mast kürzer; endlich wird der so charakteristische Doppelmast des alten Reichs durch einen einzigen Mast ersetzt.

II 8

Unter dem neuen Reich, einschliesslich der Zwischenregierung der Hyksos (2100-1600 Jahre vor Chr. Geb. und 1600-730 Jahre vor Chr. Geb.) bleibt die Schiffbaukunst auf dem gleichen Stand. Nur der Luxus nimmt zu, besonders bei den Kabinen, die schon zur Zeit des mittleren Reichs aufgetreten waren.

Das Besondere dieser Zeit ist die wachsende Breite des Segels. Diese Breite war derartig, dass die Raaen aus 2 Stücken zusammengesetzt werden mussten, die nahe am Mast verbunden waren. Die nachstehenden Ziffern werden einen Begriff von dieser fortwährenden Zunahme geben. (ERMANN, S. 643 u. ff.)

II 18
u. s. w.

Unter dem alten Reich hatte der Mast 10 m Länge, die Raa 6 m. Unter dem mittleren Reich sind sie 5 bzw. 6 m lang, unter dem neuen Reich 5 und 10 m.

Infolge dieses ständigen Wachsens der Grösse des Segels wird die Takelung verwickelter; man bringt oben am Mast einen Mastkorb an, um von dort aus das Tauwerk zu handhaben.

II 4

Die Seltenheit des Holzes in Ägypten bewirkte, dass seit den ältesten Zeiten andere Stoffe zum Schiffbau Verwendung fanden. Hierzu eignete sich sehr gut der Papyrus. Diese Wasserpflanze, gab geschnitten, getrocknet und in Bündel gebunden einen ausgezeichneten Baustoff für Schiffe.

II 5

Man legte die Papyrus dicht nebeneinander und band sie in kurzen Abständen zusammen, um daraus ein Ganzes zu machen. (ERMANN, S. 593; NICOLAS WITSEN, S. 6, Archéologie navale von JAL, Bd. I, S. 91.)

Mehrere auf alten Denkmälern gefundene Zeichnungen zeigen uns die Ägypter bei dieser Arbeit.

Die Barken aus Papyrus bildeten eine Art Floss wie die Abbildungen der Ruderer zeigen, auf denen jene auf und nicht in dem Fahrzeug dargestellt sind.

[S. 15]

Die so hergestellten Fahrzeuge waren klein, wenn man auch später versucht hat, grössere zu bauen, was anscheinend nicht gelungen ist. Das Holz für die grösseren Schiffe musste meist eingeführt werden.

Aus den zahlreichen Zeichnungen auf Denkmälern und der grossen Menge aufgefundener Modelle kann man sich ein ziemlich genaues Bild von dem alten ägyptischen Schiff machen und man kann gleichzeitig sehen, wie die alten Formen verändert wurden.

Bevor diese Modelle eingehender beschrieben werden, dürfte es nicht uninteressant sein, wenn bemerkt wird, dass im allgemeinen die ältesten nicht in den Grössenverhältnissen der Praxis ausgeführt sind: sie sind zu hoch und zu breit im Verhältnis zur Länge. Der Vorder- und der Hintersteven sind jeder für sich richtig dargestellt, aber das Mittelstück ist zu kurz. Der Grund ist darin zu suchen, dass diese Modelle nach der Natur ausgeführt sind und nicht, indem die Masse von sorgfältig abgezirkelten Zeichnungen abgenommen wurden. Wenn man so verfährt, ist es schwer, sich einen genauen Begriff von den relativen Abmessungen des Schiffes zu machen, besonders von den Verhältnissen zwischen der Länge und der Breite. Deshalb ist ein Schiff so oft mit einer verhältnismässig zu geringen Länge dargestellt. Viele alte Modelle müssen also mit der nötigen Zurückhaltung behandelt werden. Das gilt auch von den ägyptischen Modellen.

Die auf Wandbildern dargestellten Schiffe sind im allgemeinen viel besser als die Modelle. In den Wandbildern, auf denen das Schiff von der Seite abgebildet ist, war kein Anlass, sich mit der Breite zu befassen; die Figuren sind jedoch oft zu gross.

Nach BELGER (Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde, Bd. XXXIII, S. 24) müssen die aufgefundenen Modelle in zwei Klassen geteilt werden:

a) die Vollmodelle, aus einem Stück Holz, und

b) die Hohlmodelle, die offenbar eine genauere Nachbildung des Schiffes sind.

BELGER zeigt ausserdem, dass bei der Gruppe a in Weiss das als nicht vorhanden zu Betrachtende gezeichnet ist, in Braun das wirklich Vorhandene.

Meist ergibt sich aus der Prüfung dieser Modelle, dass die ägyptischen Schiffe wenig eintauchten; ihr Tiefgang konnte nur gering sein, infolge der geringen Tiefe und des häufigen Wechsels im Stande des befahrbaren Wassers. Die Wandbilder lehren uns ihrerseits, dass die Länge am Boden ein Drittel der Gesamtlänge betrug. (ERMANN, S. 637, BELGER, S. 25, 3. XXXIII. 1895 und ebendort S. 26.)

II 8

Die Schiffe hatten einen flachen Boden und sehr niedrigen Bord, so dass man, um das Eindringen des Wassers zu verhindern, oft abnehmbare Aufsätze verwendete. Der Bord war glatt (alle Modelle sind so gearbeitet) und besassen weder ein Vorder- noch einen Hintersteven. Ebenso war der Kiel nicht dargestellt, was jedoch nicht zu sagen gestattet, dass in Wirklichkeit ein solcher nie vorhanden war.

Wie konnte nun das Fahrzeug eine genügende Widerstandsfähigkeit erlangen?

II 10

Die Erklärung erhalten wir aus der Abbildung eines Schiffes, das vor etwa 11 Jahren ausgegraben und im Wassersport vom 4. Januar 1906 (Nr. 1) wiedergegeben ist. Dies Bild zeigt, dass weder Rippen noch Kiel vorhanden waren; dafür ist die Beplankung sehr dick (die des fraglichen Schiffes hat 63 mm Stärke) und besteht aus gut aneinander gepassten Bohlen, die fest mit einander verbunden sind und wie Schwalbenschwänze aneinanderstossen; die mittlere, die Stelle des Kieles einnehmende Bohle, ist dicker als die andern; sie ragt indessen nicht unter dem Schiff hervor. Dies ist also aussen völlig glatt. Das Kielschwein bildet mit dem Boden ein Ganzes und setzte sich nach vorn und hinten fort bis zum Ende.

Die Ruderbänke dienten als Stützen für die Wände des Schiffs; bei den Schiffen von grösseren Abmessungen wurden die Wände wegen der grösseren Länge in der Mitte durch einen Balken gehalten, der in der Längsachse des Schiffes angebracht war.

An der Stelle, wo sich der Mast erhob, bildete ein doppelter, von vorn nach hinten laufender Balken eine Art Scheide, in die der Mast gesteckt werden konnte, und worin er gleichzeitig eine Stütze fand. Bei den Schiffen von kleineren Abmessungen, wo man diesen Balken nicht findet, war es also nötig, dem Mast eine besondere Stütze zu geben, die sich in den Modellen findet.

Das Vorderteil und das Hinterteil sind immer als geschlossen dargestellt (in braun gezeichnet), was zeigt, dass an dieser Stelle[S. 16] ein Deck vorhanden war; tatsächlich zeigt sich dort eine glatte Fläche, die mit dem oberen Teil des Bords ein Ganzes bildet.

Die Ruderbänke gingen durch die Borde hindurch, was den Schiffen eine grössere Festigkeit verlieh; diese Bänke sind in den meisten Reliefs durch kleine Quadrate angedeutet, die auf die Seitenwand des Schiffs gezeichnet sind. Das Steuerruder stützte sich ebenfalls auf einen Balken, der durch das Schiff ging. Dieser Balken wird durch ein kleines Rechteck dargestellt.

Man hat manchmal, meines Erachtens mit Unrecht, geglaubt, dass diese Rechtecke Kabinenfenster seien. (Siehe Dr. MORITZ RÜHLMANN, S. 22.)

Man kann ein fast gleiches Verfahren bei der Schwarzen-Meer-Barke feststellen, die einst bei den Arabern üblich war, und die in dem Werk von PARIS, Bd. 1, Nr. 59, abgebildet ist. (Siehe auch die Modelle aus Niederländisch-Indien in der Sammlung der Technischen Hochschule in Delft.)

Dieser ganz eigenartige Bau, der niemals in Nordeuropa üblich war, zeigt, dass die ägyptische Schiffsbaukunst mehr Verwandtschaft mit der Asiens (Indiens und Chinas) hatte als mit der Europas.

II 11

Dass diese kleinen Rechtecke tatsächlich keine Fenster darstellen, beweist uns eine Figur, die man in dem Tempel Bês-el-Bahari findet (Ancient and Modern Ships, HOLMES, S. 20) und die ein Schiff darstellt, das einen Obelisken befördert. In der Seitenwand dieses Schiffes sieht man nicht eine, sondern drei über einander liegende Reihen kleiner Rechtecke. Dieses Schiff ist also ausserordentlich befestigt worden, und zwar in Hinsicht auf die zu befördernde Last. Man kann schwerlich zugeben, dass man drei Reihen Fenster übereinander angebracht haben würde. Man hat versucht, eine Versteifung herzustellen. In der Barke, die das Schiff schleppt, findet man übrigens nur eine Reihe von Rechtecken und diese liegen unter dem Bord an der Stelle, wo sich die Ruderer befanden. Hier hat man sich also begnügt, die Ruderbänke von einer Seite zur anderen durchgehen zu lassen.

Die Schiffe zur Güterbeförderung, ein wenig kürzer und runder als die anderen, wurden meist geschleppt. Sie haben hierzu gewöhnlich oben am Schiffsvorderteil, manchmal auch oben am Schiffshinterteil einen Bolzen zum Festmachen. Einige von ihnen haben eine Takelung; meist ist die Möglichkeit vorhanden, die Schiffe auch durch Ruder zu bewegen. Der freie Raum auf dem Deck wurde gewöhnlich von einer Kabine eingenommen (Latten, die mit Leinwand überzogen waren). Ein wenig flacher am Vorderteil gingen diese Schiffe am Hinterteil merklich in die Höhe.

II 20

Wie ich schon bemerkt habe, weiss man nicht, ob die Ägypter Schiffe hatten, die ausschliesslich zum Kriegführen erbaut waren; es scheint nicht so, da die Mehrzahl der Kämpfe auf dem Wasser nur den Fluss zum Schauplatz hatte. Deshalb findet man nur eine einzige Darstellung einer Seeschlacht, die unter Ramses III (1180-1150 vor Christo) geschlagen wurde, ein Beweis mehr dafür, dass die Ägypter kein seefahrendes Volk waren. Die Kriegsschiffe, die man dargestellt sieht, zeigen auch keinen reinen ägyptischen Typus. Wir werden später hierauf zurückkommen.

Über die Grössenverhältnisse der ägyptischen Flussschiffe gibt JAL in seinem berühmten Werke « Archéologie navale », S. 68, einige Zahlen. Nach ihm waren die grössten Schiffe nicht mehr als ungefähr 38,98 also rund 39 m lang und nicht mehr als ungefähr 5,19 oder rund 5,20 m breit. Die Breite verhielt sich demnach zu der Länge wie 1 : 7,5, ein Verhältnis, das sich für die Ruderschiffe bis ins Mittelalter erhalten hat.

Als Geschwindigkeit dieser Schiffe gibt uns derselbe Schriftsteller 9 km in der Stunde an (S. 110). Um die Schnelligkeit in den Stromschnellen zu ermässigen, befestigte man an dem Schiffe ein Tau, dessen Ende durch einen Stein hinuntergezogen wurde. Dieser Stein schleifte auf dem Boden des Flussbettes und erzeugte genügenden Widerstand; obwohl die Ägypter den Anker damals noch nicht kannten, sind sie eigentlich seine Erfinder gewesen. (JAL, Archéologie navale, S. 103.)

Bevor ich dieses Kapitel schliesse, möchte ich mir noch einige Bemerkungen erlauben, die sich auf alle ägyptischen Schiffe beziehen.

Die Bänke der Ruderer standen immer senkrecht zu der Längsachse des Schiffes, ein Erfordernis, das sich aus der besonderen Bauart der Schiffe ergab.

Unter dem mittleren Reich errichtete man an dem vorderen und an dem hinteren Oberdeck kleine Überbauten, die mit einem Geländer versehen wurden. Es waren dies Posten, die[S. 17] für den Kapitän beziehungsweise für den Steuermann vorgesehen waren.

II 20

Der etwa in der Mitte des Fahrzeuges aufgerichtete Mast war auf allen Schiffen beweglich. Der Doppelmast (unter dem alten Reich) ruhte in zwei Balken, die auf beiden Seiten der Längsachse angebracht waren. Der einfache Mast (unter dem mittleren und neuen Reich) reichte in den untersten Schiffsraum hinab und stützte sich gegen die Balken, die die Bänke der Ruderer trugen; man befestigte ihn noch in verschiedener Weise mit Tauen (dies ist auf mehreren Reliefs klar zu erkennen) und zwar unmittelbar oder mit Hilfe einer Scheide, wie man es an dem Modell zu Berlin sieht. (Vgl. BELGER, S. 27-29.)

In den Fällen, wo man die Scheide gebrauchte, verband man übrigens den Mast mit ihr in einer Befestigungsart, die heutzutage noch angewendet wird. In dieser Beziehung verdient ein Relief, das aus einer Begräbniskammer herrührt und zur Zeit in dem Museum zu Giseh aufbewahrt wird, grosses Interesse. Dieses Relief stellt das Niederlegen eines Mastes dar. BELGER, der schon erwähnte Autor, weist darauf hin, dass der Bildhauer das äussere Ende des Mastes hinter dem Gewande des Mannes, der das Niederlegen besorgt, verschwinden lässt, wahrscheinlich deshalb, weil er es nicht darzustellen verstand. Nur zwei der fünf Ruderer sind abgebildet, woraus, wenn die Zeichnung gut wiedergegeben ist, zu schliessen wäre, dass die Vorsprünge, die bei den Modellen hinten an den Bänken der Ruderer dargestellt sind, einfach als Rückenstützen für die Ruderer dienen sollten.

II 20

Die grosse Länge der Schiffe, die verhältnismässig geringe Länge der eingetauchten Fläche erforderte eine besondere Vorsichtsmassregel gegen das Durchbrechen des Bodens. Aus diesem Grunde spannte man in der Längsachse des Schiffes ein Tau, das Vorder- und Hinterteil verband; dieses Tau war durch Gabelhölzer gestützt und mit einem Kabel, das den Schiffskörper umwand, verbunden. (Dr. MORITZ RÜHLMANN S. 22.)

II 12

Auf einigen Bildnissen ist man im Begriffe, diese Gabelhölzer aufzurichten. ERMANN bemerkt, meiner unmassgeblichen Ansicht nach mit Unrecht, dass man auf einer dieser Abbildungen damit beschäftigt sei, das Tau anzuspannen, um dem Schiffe dadurch die gewollte Wölbung zu geben (ERMANN S. 604). Dass dem nicht so ist, ergibt sich meines Erachtens zuvörderst aus der Tatsache, dass das Schiff abgesteift ist und schon die gewünschte Form hat. Zweitens würden die Streben nicht fest gehalten haben, wenn es darauf angekommen wäre, die Form des Schiffskörpers zu ändern; man hätte sie dann gar nicht abgebildet. Endlich kann ich mir nicht vorstellen, dass in dem Schiffe wie die Abbildung zeigt, die einen ruhig zu arbeiten fortfahren, während dessen die anderen dabei sind, es auszuwölben; in der Tat müssten während dieser letzteren Tätigkeit die Seitenwandungen notgedrungen nachgeben. Man ist also einfach damit beschäftigt, das Gabelholz aufzurichten, das das Spanntau tragen soll. Es ist verständlich, dass man dieses tut, bevor man die Streben entfernt, weil nach deren Entfernung das Tau sich bei der geringeren Biegung des Schiffes genügend gespannt hätte.

II 17

Aus dem Vorgesagten geht zur Genüge hervor, dass das ägyptische Schiff kein Seefahrzeug war. Selbst die Schiffe, die nach dem längs des Roten Meeres gelegenen Lande Punt fuhren und die eigentlich Seefahrzeuge sein mussten, sind in den Abbildungen in derselben Weise dargestellt, wie die gewöhnlichen Flussschiffsbauten.

II 19

Als der König Necho (612-596 vor Christo), der dem Handel seinen Schutz angedeihen liess, das Bedürfnis zur Schaffung einer Flotte empfand, wandte er sich zwecks Erbauung seetüchtiger Schiffe an Griechen, und mit den grossen Entdeckungreisen zur See betraute man keine Ägypter, sondern Phönizier. (ERMANN, S. 646. HOLMES, S. 26. Dr MORITZ RÜHLMANN, S. 39. Geschichte des Altertums der Völker im Orient, G. MASPERO, 1893, S. 536 und 537.)

Von den Phöniziern also, und nicht von den Aegyptern, stammt also die dem Mittelmeer eigentümliche Schiffsbauart her.

Wenden wir uns daher einen Augenblick den Phöniziern zu.

Es ist eine allgemein beobachtete Erscheinung, dass Völker, die in gegenseitige Beziehungen eintreten, auf dem Gebiete der Schiffsbaukunst sehr rasch wechselseitig von einander lernen. Und wie sollte es sonst auch anders sein? Der Kampf ums Dasein erzeugt diese Erscheinung ganz natürlich sowohl auf dem Gebiete der Kriegskunst wie auf dem des Handels.

War die Flotte nicht der Aufgabe, sich mit der feindlichen zu messen, gewachsen, so baute man Schiffe, die denen des Gegners ähnlich oder stärker als diese waren. So war es schon dazumal, und[S. 18] so ist es heutzutage noch. Gegenwärtig sind alle charakteristischen Unterschiede in den Schiffen der verschiedenen Völker verschwunden, und die Nationalität der Bauten lässt sich nur an der Flagge erkennen, die sie zeigen. Deshalb ist die Feststellung nicht überraschend, dass von den verschiedenen Völkern, die an den Küsten des Mittelmeeres wohnten und die fast gleichzeitig oder kurze Zeit nacheinander den Höhepunkt ihrer Kultur erreicht hatten, nicht ein jedes für sich einen, seinem Lande eigentümlichen Schiffstyp gehabt hat.

Leider ist von den Schiffsbauten der Alten nicht viel übrig geblieben, und die Abbildungen, die wieder aufgefunden worden sind, sind meistens viel schlechter als diejenigen der Ägypter. Die Bildhauer haben ihr Augenmerk wohl mehr auf die schöne Linie gerichtet als auf die Notwendigkeit, eine genaue Vorstellung von einem Schiffe zu geben. Ebenso zeichnen sich die Schriftsteller durch Uebertreibung aus, wenn es sich um die Grössenverhältnisse der Schiffe handelt.

Ueber die Grössenverhältnisse, über die Form der Schiffe sowie über die Zahl der Ruderer ist nichts Sicheres bekannt. Es ist nicht anzunehmen, dass es so grosse Schiffe gegeben hat. JAL bringt dies recht gut zum Ausdruck, wenn er in seinem berühmten Werk Archéologie navale, S. 117, sagt: Ich glaube an die Galeere quadraginta ordinum, 134,43 m lang, 15,27 m breit, 23,38 m über dem Wasser hoch, nicht mehr als an das lange Pferd, das die vier Haimonskinder trug. (Vgl. auch Lexikon der griechischen und römischen Altertümer, 36. Lieferung, S. 24. Dr. MORITZ RÜHLMANN, S. 62. JAL, Archéologie navale, 1840, Band I, S. 110.)

Wie wir also gezeigt haben, ist die Schiffsbaukunst von den Phöniziern und den mit ihnen in Verbindung stehenden Völkern ausgegangen. Es ist nicht möglich, exakt zu beweisen, welches Volk die erste Anregung gegeben hat. Damals schon fand man die primitivsten Formen neben Modellen, die weit vollkommener waren. So berichtet HERODOT, dass die Völkerschaften Klein-Asiens (Armenier) den Fluss gen Babylon in kleinen Barken hinunterfuhren, deren Kiel aus Lindenzweigen hergestellt und mit Fellen überzogen war. (Vgl. WITSEN, S. 9 u. 19; — Herodot, Buch I, 194; — Dr. MORITZ RÜHLMANN, S. 27. — Archéologie, JAL, S. 88.) Auf den Boden der Barke legte man Stroh, und man nahm ausser der Ladung noch einen oder zwei Esel mit sich. In Babylon angekommen, verkauften die Schiffer die Ladung, das Stroh sowie das Rippenwerk der Barke und luden die gut zusammengebundenen Felle auf den Rücken der Esel, die sie so wieder nach Hause trugen. Der Fluss war zu reissend, als dass sie in ihren Barken gegen die Strömung hätten hinauf fahren können.

II 21

Die älteste Abbildung der grossen Schiffe datiert von 1150 vor Christi Geburt und stellt die obenerwähnte Seeschlacht der Ägypter gegen die Barbaren dar. (Vgl. ROSSELLINI, JAL, Archéologie navale, 1845, Band I, S. 65. Jahrbuch des Kaiserl. Deutschen Archaeologischen Instituts, Band VII, 1892, S. 44.) In Bezug auf die Form der Schiffe lehrt uns die in Rede stehende Abbildung wenig. Sie gestattet uns nur zu sehen, dass die Schiffe der kriegführenden Parteien verschiedenartig sind. Ausserdem merkt man gleich, dass die ägyptischen Schiffe mittelst Ruder vorwärts bewegt wurden, die anderen nicht.

Man hat aus dieser Tatsache folgern wollen, dass die anderen Schiffe ausschliesslich Segelschiffe waren, was meines Erachtens nicht so augenfällig zu Tage tritt. Die Ägypter sind nämlich mit Pfeil und Bogen bewaffnet, die anderen mit Schwertern. Suchen die ersteren ihre Stärke in schnellen Bewegungen, so können die anderen eine Schlacht nur liefern, indem sie an Bord entern. Unter diesen Umständen können die Ruderer sie nur hindern, was ihre Abwesenheit erklären würde, oder diese selbst werden ebenfalls das Schwert schwingen. Bei den Ägyptern dienen dagegen die Besiegten als Ruderer und blieben an ihren Rudern. (Vgl. JAL, Archéologie navale, Band I, S. 52 u. ff.) Wahrscheinlich wollte der Bildhauer kenntlich machen, dass die Ägypter anders kämpften als die anderen Völker. Endlich unterscheiden sich die ägyptischen Schiffe, um die es sich handelt, ausserordentlich von denen, die wir am Anfang dieser Arbeit beschrieben haben. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass die Schiffe, die uns jetzt beschäftigen, keine ägyptischen Kriegsschiffe sind, sondern Schiffe, die von den nordischen Völkern (Phöniziern) erbaut oder nach ihren Modellen nachgeahmt worden sind. Das Takelwerk ist nicht ägyptischen Ursprungs. Das Segel hat nur eine Raa.

Es wird indessen nicht unnütz sein, hier zu bemerken, dass im Britischen Museum zu London eine Amphora vorhanden ist, die[S. 19] aus dem Grabe des Polledrara de Vulci herrührt, und die MURRAY (Journal of Hell. Stud. 1879, S. 247) in die zweite Hälfte des siebenten Jahrhunderts vor Christi Geburt datiert. Diese Amphora trägt als Zeichnung ein griechisches Schiff mit ägyptischem Takelwerk. Das Segel ist da an zwei Raaen befestigt, ein Verfahren, das für Aegypten charakteristisch ist. (Jahrbuch des Kais. Deutschen Archaeolog. Instituts, Band VII, 1892, S. 42.)

Die Phönizier hatten mehrere Schiffsarten und scheinen ausgesprochenere Kriegsschiffe gehabt zu haben. Diese letzteren waren lang und schmal für schnelle Fahrt; die anderen dagegen waren kurz und breit für grosse Ladungen. (Dr MORITZ RÜHLMANN-HOLMES, S. 26.)

II 23

Von den ursprünglichsten Schiffsbauten der Phönizier kennen wir nur wenig. Die älteste Abbildung, die man davon besitzt ist jene, die in dem Werke von LAYARD wiedergegeben ist. Es ist eine Zeichnung, die nach einem Flachrelief aufgenommen ist, das sich am Palast des Sanherib (etwa um 700 vor Christi Geburt) erhalten hat. Die Darstellung ist rudimentär, die Grössenmasse stehen in einem Missverhältnis; ausserdem sind unverständliche Zusätze darin. Man kann ihr kaum einige Bedeutung beimessen.

Diese Abbildung ist nun aus zwei Gesichtspunkten bemerkenswert; einmal, weil sie uns eine zweirudrige Galeere zeigt, wenngleich es zweifelhaft bleibt, ob die beiden Ruderreihen zu gleicher Zeit in Tätigkeit gesetzt worden sind; zum zweiten, weil die Schiffe einen Sporn tragen. Diese Besonderheit unterscheidet sie merklich von den ägyptischen Schiffen. (Lexikon der griechischen und römischen Altertümer, S. 25, Dr MORITZ RÜHLMANN, S. 30.)

Es ist dies die älteste bekannte Abbildung von Schiffen mit Sporn.

Auf ihren Fahrten längs den Küsten des Mittel-Meeres, nach Griechenland, Italien, Afrika, nach einigen Schriftstellern bis nach England und nach anderen sogar bis in die Ostsee haben die Phönizier einen grossen Einfluss auf die Schiffbaukunst gehabt, wie sie im Mittelmeer ausgeübt wurde. Dieser Einfluss dürfte sich besonders in den Kolonien fühlbar gemacht haben, die sie begründet haben, unter denen Carthago die bekannteste war. Es ist ausser Zweifel, dass in der Schiffbaukunst die Phönizier, die Griechen und die Römer wenig von einander abgewichen sind. Erinnern wir uns übrigens daran, dass zum Beispiel in den Niederlanden die alten Schiffsformen mehrere Jahrhunderte lang unverändert geblieben sind, und dass dieselbe Tatsache sich anderswo überall gezeigt hat; es wird dann nicht schwer sein, zuzugeben, dass die Schiffsformen des Mittelalters, die man im Mittelmeer findet, sich wenig von denen unterschieden haben, die aus der Zeit der Römer stammen.

Wenn wir die weitere Entwickelung der Grösse des Schiffes während der verschiedenen Zeiten betrachten, so kann man nicht sagen, dass die Alten Schiffe von fabelhaften Abmessungen gebaut hätten; im Gegenteil: ihre Schiffe werden vielmehr klein gewesen sein.

Die ersten wichtigen Änderungen, die das Schiff erfahren hat, sind die Folge der Erfindung des Schiesspulvers. Sie stehen nicht in direkter Beziehung zu der Entwickelung der Völker. Die neue Entwickelung in der Schiffbaukunst fällt also nicht zusammen mit dem Ende der alten Geschichte und dem Beginn der Geschichte des Mittelalters. Es scheint mir also wenig genau, von der Kunst der Alten als einem zusammenhängenden Ganzen zu sprechen.

Wenn nach den ausgegrabenen Modellen das ägyptische Schiff schon eine so grosse Vollkommenheit erreicht hatte, obwohl die Ägypter noch die Kenntnisse der Phönizier benutzten, so ist es augenscheinlich, dass das phönizische Schiff noch hervorragender gewesen sein muss. Alle alten Abbildungen sind also, ohne Unterschied, sehr schlecht, zweifellos infolge der Unfähigkeit des Bildhauers oder des Malers, ein Umstand, der auch oft noch heutzutage eintritt.

Wie wir in der Abbildung von LAYARD soeben gesehen haben, hat es schon in den ältesten Zeiten zweiruderige Galeeren gegeben. Bei dieser Gelegenheit sei auf die griechischen Vasen « Dipylon » aufmerksam gemacht, auf welchen man 2 Reihen Ruderer übereinander dargestellt sieht. Diese Abbildungen sind indessen so primitiv, dass es mir zu gewagt scheint, daraus irgend etwas über das Schiff ableiten zu wollen. In der Tat, man kann mit gleichem Recht zugeben, dass die obere Reihe der Ruderer die hintere darstellt; dass man übereinander dargestellt hat, was man hintereinander folgen lassen wollte.

Die Ruder der oberen Reihe sind nicht ganz gezeichnet, was andeutet, dass die Ruderer eher hintereinander sassen, als übereinander.[S. 20] Das ist wohl ein Beweis dafür, dass alle diese Abbildungen mit der grössten Vorsicht zu betrachten sind.

Im Mittelalter ist mehr als ein Ruderer für jedes Ruder vorhanden; man rechnet mehr mit der schnelleren Bewegung als mit der Vermehrung der Zahl der Ruder, um dadurch eine grössere Geschwindigkeit zu erzielen.

Man kann nicht genau sagen, zu welcher Zeit der Umschwung erfolgt ist. Die älteste Art der Fortbewegung geschah indessen so, dass ein Mann auf je 1 Ruder kam; dies Verfahren ist anscheinend von der ältesten Art der Fortbewegung der Schiffe hergenommen, dem Rudern mit der Pagaie, wobei jede Pagaie (Paddel) von nur einem Mann gehandhabt wurde.

Was die Stellung der Ruderer betrifft, wenn sie in mehreren Reihen sassen, so hat man sehr viele Annahmen gemacht, da etwas Bestimmtes nicht bekannt war.

Es dürfte zwecklos sein, alle diese Hypothesen zu prüfen. Ich werde mich darauf beschränken, die Aufmerksamkeit auf die verschiedenen Versuche über Fortbewegung mit Rudern zu lenken, die nach Anweisung des Kaisers Napoléon III auf einer zu Versuchszwecken besonders erbauten Galeere gemacht wurden, welche auf verschiedene Art gerudert wurde. Es ist bewiesen worden, dass die dreiruderige Galeere etwas mögliches ist; unter diesen Umständen ist das Schiff aber so mit Ruderern besetzt, dass kein Platz mehr für die Ladung verbleibt. (S. das Werk: Le Musée du Louvre, Schiffbau im Altertum.)

Im ganzen ist das Ergebnis aller Untersuchungen das folgende:

Alle Mitteilungen über die Zahl der Rudererreihen wie über ihre Plätze beruhen nur auf Annahmen; es ist mehr als eine Reihe Ruderer vorhanden gewesen; jedoch wahrscheinlich nicht mehr als 2; anfangs wurde jedes Ruder von nur einem Mann gehandhabt. (Encyclopaedia Britannica, 9. Ausgabe, S. 806. — HOLMES, S. 44. — TORR, S. 18. — WITSEN, S. 13.)

Im allgemeinen haben die Ruderschiffe wenig Veränderung durch die Erfindung des Schiesspulvers erfahren. Die Triebkraft konnte nicht entwickelt werden, denn man hätte nicht ohne Schaden die Zahl der Ruder vermehren können. (Archéologie navale, A. JAL, Bd. 1, S. 50. — Dictionnaire des antiquités grecques et romaines, S. 40 und S. 30.) JAL bestreitet also in seinem wohlbekannten Werk, Archéologie navale, dass es zur Zeit der Griechen und Römer Schiffe von der Grösse des «Great Eastern » gegeben hat.

Nach dem Denkmal der « Prora » von Samothrake hat es schon bei den Alten Eisen gegeben, um die Ruder festzuhalten. Ueber diesen Punkt gibt uns Dr ASSMANN nähere Aufschlüsse. (Baumeister, Denkmäler, Seewesen, S. 1632 Abb. 1693.)

II 24

Die noch beobachtete Gewohnheit, ein Auge vorn auf jeder Seite des Schiffsvorderteils malen zu lassen, beweist, wie lange die alten Gebräuche in Uebung bleiben können. Das war schon bei den Phöniziern, Griechen und Römern Sitte, und diese Tatsache kann man noch auf einigen italienischen und portugiesischen Barken feststellen. (Vgl. Dr EMIL LÜBECK, Das Seewesen der Griechen und Römer, 1890, S. 43. — ASSMANN, Seewesen, S. 1597. — Jahrbuch des Deutschen Archäol. Instituts, 1889, S. 99. — JAL, Archéologie navale, S. 105. — TORR, Ancient ships, S. 69.)

Dieses Auge war ein Symbol; man wollte damit sagen, dass das Schiff seinen Weg selbst suchte. Fälschlicherweise hat man manchmal diese Augen für Klüsen gehalten.

Es haben sich auch alte Formen erhalten, bei denen der Sporn das Bemerkenswerteste ist.

II 54
II 59

In diesem Sinne ist das interessanteste Modell des Mittelmeeres die « Speronara » von Malta, die im Werk von PARIS, Bd. 4, Nr 203 (Nr 164 u. s. w.) abgebildet ist. Der Vordersteven dieses Schiffes erhebt sich senkrecht aus dem Wasser und ist mit einem Sporn versehen; auch das Auge findet sich dort.

In demselben Bilde bemerkt man Barken von Malta ohne Sporn, die sich im übrigen wenig von der « Speronara » unterscheiden.

II 23

Vergleicht man mit diesen Modellen die oben beschriebene Abbildung des LAYARD, so findet man auf beiden Schiffe, von denen einige einen Sporn und einen Mast besitzen, während andere beides nicht haben, und Schiffsvordersteven, die sich senkrecht aus dem Wasser erheben.

Wir können daraus schliessen, dass schon zu den Zeiten der Phönizier die Schiffe dieselben Unterschiede zeigten.

Es ist also nicht zweifelhaft, dass wir in der « Speronara » ein ursprünglich phönizisches Modell vor uns haben, in dem das Steuer durch ein Ruder zum Lenken ersetzt ist.

[S. 21]

Man ist sich nicht völlig einig über die Stelle, an der der Sporn sass. Die einen meinen über, die andern unter der Wasserlinie. Wie dem auch sei, man findet ihn auf allen alten Abbildungen wieder, und in den meisten Fällen verläuft die Grundlinie des Schiffs in gerader Linie oder leicht gekrümmt bis zum Sporn.

Da dieser letztere ständig vorhanden ist, so darf man schliessen, dass er nicht unter, sondern über dem Wasser lag. Im entgegengesetzten Fall nämlich hätte der Sporn nicht einen so grossen Eindruck auf die Zeichner machen können. Uebrigens tragen alle alten Modelle, in denen man Spuren des Spornes findet, diesen Teil oberhalb der Wasserlinie.

Der Umstand, dass die Grundlinie im Sporn endet, beweist noch nicht, dass dieser letztere sich unterhalb der Wasserlinie befand. Die Grundlinie war unsichtbar, und die Zeichner, die im Schiffbau nur Laien waren, und kein anderes Mittel kannten, die Figur darzustellen, schnitten das Schiff an der Wasserlinie ab. Da aber die Zeichnung ziemlich sonderbar aussah, fügten sie oft eine gekrümmte Linie hinzu, die vom Sporn nach dem Hintersteven lief.

Wenn wir von diesem Gesichtspunkt aus mehrere der alten Abbildungen betrachten, und wenn wir die sonderbaren Grundlinien der Zeichner verdecken, oder sie durch bessere Linien ersetzen, die wir von der « Speronara » oder den alten Galeeren entnehmen können, so erhalten diese alten Zeichnungen eine ganz andere Bedeutung.

Wenn man wenig von dem alten phönizischen Schiff kennt, so hat man dank der späteren Untersuchungen eine vollkommenere Kenntnis von dem griechischen und römischen Schiff erlangt. Das gilt besonders für die Abmessungen der Schiffe.

Es wird nicht nötig sein, zu beweisen, dass man schon bei den Alten Schiffwerften fand, an die sich Schuppen schlossen, um das abgetakelte Schiff und seine feste Ausrüstung unterzubringen. (S. Dr. EMIL LÜBECK, Das Seewesen der Griechen und Römer, 1890, S. 2.) Diese Schuppen geben uns einen Begriff von den Abmessungen der Schiffe.

Die Untersuchungen des Kaiserl. Deutsch. Archäologischen Instituts (1876-77) unter Leitung des Leutnants VON ALTEN (Das Seewesen der Griechen und Römer, S. 5) haben bewiesen, dass die von GRASER festgestellten Ziffern nicht ganz genau sind. Nur 8 Docks konnten in Munychia (bei Athen) gemessen werden; sie hatten eine Breite von 6,25 und eine Länge von 21,20 m. Bei späteren Ausgrabungen entdeckte man in Zea Docks von 5,50 m Breite bei etwa 40 m Länge, gemessen bis zur Uferlinie. (Das Seewesen der Griechen und Römer, S. 6.)

Die Abmessungen der Schiffe müssen also verhältnismässig gering gewesen sein. Im allgemeinen nimmt man für die griechischen Ruderschiffe eine geringere Breite an als die der Galeeren des Mittelalters; der Unterschied ist indessen nicht gross. Nach JAL (Arch. nav.) betrug im Mittelalter das Verhältnis zwischen der Breite und Länge für die Kriegsschiffe 1 : 8; für die Handelsschiffe 1 : 7. GRASER sagt, dass bei den Griechen dieses Verhältnis 1 : 8¼ betragen hätte; nach SERRE (La marine de guerre de l’antiquité, S. 33) betrug es 1 : 9, auch LEMAITRE gibt ein Verhältnis 1 : 9 an. (Revue archéol. 1833, Bd. 8, S. 148 ff.) Die Schiffe waren also im Verhältnis zu ihrer Länge schmal, was ihre Beweglichkeit erhöhte.

Die Tiefe der Docks zeigt ausserdem, dass der Tiefgang der Schiffe gering war, und dass infolgedessen die Schiffe gewissermassen über das Wasser glitten. Auch in dieser Hinsicht unterscheidet sich das Schiff der Alten nicht von dem des Mittelalters. Indem GRASER unter anderm diese Einzelheit vernachlässigt, kommt er zu einem Schiffstyp mit übermässigem Tiefgang.

Neben den Kriegsschiffen, naves longae, gab es die Handelsschiffe, naves onerariae (Lastschiffe). Es ist augenscheinlich, dass man für die ersteren besonders eine grosse Beweglichkeit zu erreichen versucht hat. Das ist der Grund der geringen Breite des Schiffs gegenüber seiner Länge, während das Lastschiff kürzer und breiter war.

Später, aber immer mehrere Jahrhunderte vor Christi Geburt, als die Macht Roms sich entwickelte, als seine Bevölkerung wuchs, und als die Einfuhr von Getreide und anderen Lebensmitteln umfangreicher wurde und immer schneller erfolgen musste, benutzte man als Lastschiff ausser dem Schiff mit gedrungenen Formen das Ruderschiff.

Gegenüber der geringen Tragkraft der Kriegsschiffe der späteren Zeit waren zweifellos die Handelsschiffe der Römer breit, wie die des Mittelalters. Aber es ergab sich daraus kein neuer Typ; es handelte sich lediglich um eine neue Verwendung vorhandener[S. 22] Modelle. Man kann mit Sicherheit annehmen, dass die neuen Type nicht mit einem Mal geschaffen worden sind, und es ist nicht die Lage der Wege der Handelschiffahrt und die Schaffung neuer Häfen, die sie erzeugt haben. Die Anlage neuer Häfen hat höchstens die zulässigen Abmessungen ändern können.

Die verschiedenen Type des Atlantischen Ozeans sind Jahrhunderte lang in Gebrauch geblieben und finden sich noch gegenwärtig zum grossen Teil vor.

Ich möchte mich damit begnügen, auf einige alte Bilder aufmerksam zu machen, auf denen man Schiffe abgebildet sieht, deren Vordersteven rund ist. Vor kurzem konnte man diese letzteren in dem Typ vom Tajo, « La Muleta » finden, der jetzt verschwunden ist. (Vergl. PARIS, Bd. 5 Abb. 268 und Jahrbuch des Dt. Archaeol. Inst. Bd. 12. 1889, S. 91).

Die Abmessungen der Schiffe erfuhren wenig Aenderungen. Um mehr Kraft zu entfalten, vermehrte man die Zahl der Ruderer; da die Länge des Schiffes beschränkt war, so musste man die Ruderer in übereinanderliegenden Reihen setzen.

Jal ist der Meinung, dass eine dreifache Reihe eine Ausnahme ist; für diesen Fall nimmt er an, dass die untere Reihe von den anderen durch ein Deck getrennt war. Die berühmte dreirudrige Galeere, die im Jahre 1860 in Asnières auf Befehl Napoleons III, gebaut wurde, war nach dieser Annahme ausgeführt. Wie man gesehen hat, hat das Schiff nicht befriedigt; es wurde später abgebrochen (vgl. Dr LÜBECK, Das Seewesen der Griechen und Römer, S. 49).

Wenn nun dieser Versuch die Frage über die Plätze der Ruderer nicht gelöst hat, so hat er genügend gezeigt, dass bei einem dreirudrigen Schiff der Raum von Ruderern gefüllt ist.

Das Schiff der Alten hatte wenig Raum für die Lebensmittel. Man musste also Vorsorge treffen, dass man jeden Abend an Land gehen konnte, und so versteht man, warum die meisten Seeschlachten an den Küsten geliefert worden sind.

Um aber überall landen zu können, musste ein geringer Tiefgang vorhanden sein. Dieser muss nach Assmann und Lemaitre etwa 1 m betragen haben. (Vgl. Dr EMIL LÜBECK, Das Seewesen der Griechen und Römer, S. 10 Anm. 5.)

Der verfügbare Raum an Bord war so beschränkt, dass, wenn man nachts nicht an Land gehen konnte, die Ruderer nur reihenweise schlafen konnten. Während der Fahrt mussten die Ruderer, um sich nicht gegenseitig zu stören, eine völlige Gleichmässigkeit in den Bewegungen beobachten und selbst, um an Bord zu gehen, musste eine bestimmte Reihenfolge innegehalten werden. (Vgl. Dr. EMIL LÜBECK, Das Seewesen, u. s. w., S. 10.)

Man weiss nicht genau, wann die alte Art der Fortbewegung, bei der jedes Ruder von einem Mann gehandhabt wurde, durch die andere ersetzt worden ist, bei der schwere Ruder von mehreren Männern bewegt werden. Es scheint indessen, dass schon die Liburner sich dieser schweren Ruder bedienten, deren Gebrauch eine Folge der Schlacht von Actium gewesen sein dürfte, die im Jahre 31 vor Christi Geb. stattfand. (Vgl. Dr. EMIL LÜBECK, Das Seewesen, u. s. w., Seite 21.)

Wie man gesehen hat, gab es neben den Kriegsschiffen oder naves longae Handels- oder Lastschiffe oder naves onerariae. Diese letzteren hatten ebenfalls geringe Grösse; ihre Tragkraft beweist dies. Die Ladung wurde, wie die alten aufgefundenen Urkunden beweisen, in griechischen Talenten oder römischen Amphoren ausgedrückt (Eine Amphora = 26,2 kg.), später auch in Midimnen von Attika. (= 42,5 kg.) (Vgl. Dr. EMIL LÜBECK, Das Seewesen u. s. w., S. 22.)

Nach einem Abkommen über die Grösse der Handelsschiffe, das im Jahre 218 vor Chr. Geb. getroffen wurde, hatten die Schiffe, die von den Besitzungen der Senatoren in Sizilien und in Sardinien die Waren nach Rom brachten, nur 7,86 Tonnen. Man findet allerdings Beschreibungen grösserer Schiffe, die nach den Berechnungen von ASSMANN und anderen eine Tragkraft von 260-2500 Tonnen gehabt haben sollen.

GRASER sagt sogar, indem er die Menge der beförderten Waren zur Grundlage nimmt, dass das Schiff Alexandreia des Hieron von Syrakus eine Tragkraft von 4200 Tonnen gehabt hätte. Wir finden sogar ein Schiff von 120 Ellen Länge, während für ein anderes Schiff eine Tiefe von 29 Ellen angegeben wird.

Alle diese Abmessungen dürften auch heut nicht zu verachten sein. Aber in jener Zeit dürften sie mit Rücksicht auf die geringe Tiefe und die beschränkten Verhältnisse der Häfen und der Schiffahrtsstrassen eine Unmöglichkeit gewesen sein. Ueberdies beruhen alle diese angeführten Ziffern nur auf Annahmen und können nicht genau sein.

[S. 23]

Das Rundschiff der Alten von gedrungener Form ist sicher nicht länger gewesen als das Ruderschiff und nicht grösser, als eine Tjalk.

In ganz Westeuropa hat der Schiffbau allmählich Fortschritte gemacht; das gleiche gilt vom Mittelmeer seit dem Mittelalter. Welchen Grund sollte es nun haben, anzunehmen, dass die Schiffe des Altertums ausserordentliche Abmessungen gehabt hätten?

In diesem Sinne gibt uns die Prora von Samothrake (aufgefunden i. J. 1863) aus dem Jahre 306 v. Chr. G. ein genaues Bild eines Kriegsschiffs. Aus diesem Kunstwerk kann man entnehmen, dass diese Fahrzeuge in Form und Grösse wenig von denen des Mittelalters abwichen.

Der Boden besass eine leichte Krümmung in der Mitte, die Enden liefen spitz zu. Der Tiefgang betrug durchschnittlich 1 m; der der grössten Schiffe war nicht grösser als 1,50 m (Vgl. ASSMANN, Seewesen, S. 1597 u. ff.). Der Vorder- und der Hintersteven waren aussen mit Zeichen geschmückt, die für unsere Studie kaum Bedeutung haben.

Die Ruderschiffe, deren Hinterteil in Wasserhöhe eine runde Form hatte, besassen am Vordersteven einen Sporn. Zu beiden Seiten war der Sporn, mit dem das feindliche Schiff gerammt und die Ruder abgebrochen werden sollten, mit einem Holzbalken versehen, an dem ein Widderkopf angebracht war. Dieser Holzblock verhinderte, dass der Sporn zu tief in die Seiten des feindlichen Schiffs eindringen konnte.

Der Sporn hat zweifellos verschiedene Formen gehabt, wie die Abbildungen zeigen, ohne indessen die Form des Schiffes selbst zu verändern. Er war das Zeichen der Kraft und sollte Schrecken einflössen. Es ist also nicht verwunderlich, dass in den meisten alten Abbildungen der Zeichner sich mehr an diese Einzelheiten gehalten hat als an das Schiff selbst, was bewirkte, dass die Form des letzteren nebensächlich wurde.

Der schon bei den Phöniziern übliche Sporn trat bei den Griechen erst i. J. 536 vor Chr. G. auf (vgl. Dr. EMIL LÜBECK, Seewesen u. s. w., S. p. 13). Daraus ergibt sich, und man kann nicht oft genug darauf hinweisen, dass die Kunst des Schiffbaues bei den Phöniziern einen höheren Grad von Vollkommenheit erreicht hatte als bei den Griechen, und dass dies Volk einen überwiegenden Einfluss auf die Völker ausgeübt hat, die die Küsten des Mittelmeeres bewohnten.

Man könnte also den Satz aufstellen, dass die Schiffe des Mittelmeeres gleiche Form gehabt haben, womit nicht gesagt sein soll, dass jedes Volk nur einen Typ gekannt hätte; es hat vielmehr mehrere Type gleichzeitig gegeben. So hat man nämlich neben den langen Ruderschiffen die Handelsschiffe mit gedrungenen Formen, und neben vollkommenen Mustern gab es primitive.

Liest man nicht, z. B., dass Caesar sich mit einer Flotte aufs Meer wagte, 30 Tage nachdem das zum Bau bestimmte Holz geschnitten war? (NICOLAS WITSEN, S. 12, 1. Spalte unten.) Man kann schwerlich behaupten, dass die Schiffe, aus denen jene Flotte bestand, gut ausgeführte Ruderschiffe waren. Es waren zweifellos aus einem Stück gemachte Fahrzeuge, Piroguen, wie man sie noch jetzt im Adriatischen Meere findet, ein Typ, der so schön in der « Rascona » wiedergegeben ist. (Vgl. PARIS, Bd. II, und Dr. EMIL LÜBECK, Das Seewesen der Griechen und Römer, S. 39.)

Der schnelle Bau der fraglichen Flotte liefert uns einen Beweis mehr für die Behauptung, dass die Schiffe nur klein waren.

Um klarer zu zeigen, was ich unter der Gleichförmigkeit im Bau der Schiffe verstehe, möchte ich die Aufmerksamkeit auf den Typ Tjalk der Niederlande lenken. Dieser Typ findet sich mit leichten Abänderungen und unter anderen Benennungen von Dänemark bis Belgien wieder. Alle Schiffe dieser Art haben einen gemeinsamen Grundcharakter, aber neben der Tjalk besitzen die Niederlande noch andere Type, die sich ebenfalls anderwärts finden. Von Dänemark bis Belgien gibt es also eine Reihe bestimmter Grundtype, und so kann man von gemeinsamen Formen sprechen.

Diese Feststellung gilt auch für das Mittelmeer. (Vgl. Dictionnaire des Antiquités grecques et romaines, 36. Bd., S. 24. — NAVIS.)

Diese Grundtype haben sich jahrhundertelang erhalten, und die alten Holztype, die wir jetzt treffen, geben uns noch ein genaues Bild davon, wenn man vom Steuer und der Takelung absieht.

Gewiss, manche Type sind anderswohin geraten oder haben infolge der örtlichen Verhältnisse Wandlungen erfahren, so dass man, um die einer bestimmten Gegend eigentümlichen Grundcharaktere wiederzufinden, oft anderwärts suchen muss.

[S. 24]

So finden wir z. B. in Holland, in ’s Gravenmoor (Nord-Brabant) einen alten Rheintyp wieder; in Portugal kleine Fischerbarken, die sehr den alten ägyptischen Schiffen ähneln, und im Arabischen Meer ein Schiff, das abgesehen von der Takelage und dem Steuer erstaunlich einem primitiven römischen Schiff gleicht. Daher behaupten auch die Araber, sie hätten die ältesten und besten Schiffe. (Vgl. PARIS, Bd. III, Nr. 135, mit dem Relief des Tiberhafens in BAUMEISTER, Denkmäler des klassischen Altertums, Abb. 1688.)

Wenn die Ruderschiffe infolge der Erfindung des Schiesspulvers keine Änderung erfahren haben, so muss man den Grund dafür in ihrem schmalen Bau suchen, den die geringere Fortbewegungskraft, über die man verfügte, nötig machte. Die Zahl der Ruder war begrenzt, und bald erreichte man einen nicht überschreitbaren Höhepunkt.

Aus dem Umstande, dass es nicht gelungen ist, ein praktisches Schiff mit mehr als drei Ruderreihen zu bauen, und dass die uns bekannten Abbildungen niemals mehr als drei aufweisen, darf man folgern, dass die alten Schriftsteller, die von 4 Reihen und mehr berichten, sich von ihrer Phantasie haben leiten lassen, oder, was genauer sein dürfte, anders zählen als wir heutzutage. Zweifellos hat man die Zahl der Ruder angeben wollen, die gruppenweise durch den Bord gingen.

Die Tafel von HUYS, zeigt uns so, nach BREUGEL (um die Mitte des 16. Jahrhunderts), Ruder, die in Reihen von drei geordnet sind. Man findet dasselbe Verfahren auf einigen alten Abbildungen. Wenn diese Figuren das dreireihige Ruderschiff darstellten, so würde die Frage ganz einfach zu lösen sein.

Hinsichtlich des Dreiruderers wird immer auf das Flach-Relief der Akropolis von Athen verwiesen (BAUMEISTER, Denkmäler des klass. Altertums, Abb. 1689). Hiervon findet man Nachbildungen in allen Werken. Diese stimmen indessen nicht alle überein; sie können uns also keine Sicherheit geben. (Vgl. Dr. MORITZ RÜHLMANN, S. 62.)

Um zu Ende zu kommen, möchte ich noch etwas über die Handelsschiffe sagen.

II 26

Das schönste mir bekannte Bild ist sicher das vorgenannte Relief des Tiberhafens, das sich im Museum Torlonia befindet. Man sieht darauf ein grosses Handelsschiff mit schrägem Vorder- und rundem Hinterteil. Auf etwa zwei Drittel der Länge des Schiffes (das Mass ist vom Vordersteven aus genommen) springt der obere Teil der Bordwand vor, um dem Steuerruder als Stütze zu dienen. Diese Bauart kommt noch bei einigen indischen u. s. w. Schiffen vor. Der in der Mitte errichtete und mit einem Stützbalken versehene Mast ist mit starken Tauen befestigt. Das quadratische Segel kann mit Hilfe von Stricken gerefft werden, die durch Ringe laufen. Der Mast trägt nur eine Raa; an seinem oberen Teil ist ein Klüver befestigt.

Vorn erhebt sich ein « Dolon » genannter Mast, der ursprünglich dazu diente, das kleine Rettungsboot heraufzuziehen. Deshalb, wahrscheinlich, nannte man ihn Rettungsbootmast.

Die Kabine nimmt den ganzen verfügbaren Platz hinter dem Mast ein.

Die Takelung bestand im allgemeinen aus Segeln mit Raa. Diese Segel hatten, auf den Lastschiffen von Alexandria, zuweilen eine rechteckige Gestalt.

Die Kriegsschiffe wie die grossen Kauffahrteischiffe besassen stets 2 Masten. (Vgl. Dr. BREUSING, Die Nautik der Alten, S. 56.) Während der Schlacht wurden die Segel aufgegeit und die Masten umgelegt, um sie vor dem Sporn der feindlichen Schiffe in Sicherheit zu bringen.

II 31

Wir müssen aber nicht nur auf die grossen, sondern auch auf die kleinen Handelsschiffe achten. Das schönste Bild in dieser Art ist unbestritten das alte Relief der Kathedrale von Salerno (Jahrbuch d. D. Archäol. Instituts, Bd. V, S. 103, Fig. 1c.) Abgesehen von dem Steuer würde das dort abgebildete Schiff leicht für ein neuzeitliches Schiff gelten.

Man ist dabei, das Schiff zu entladen; der Landungssteg ist herabgelassen, und die vordere Holzklappe ist hochgezogen. Der niedergelegte Mast, den man zu diesem Zweck aus seiner Scheide entfernen musste, ruht darauf. Dies Verfahren war noch vielfach hierzulande im 18. Jahrhundert üblich. Die Steuerruder hängen längs des Schiffes herab, wobei sie sich an den vorspringenden Bord lehnen.

Das Schiff selbst hat Vorder- und Hintersteven. Auf ein Drittel seiner Länge ist die Scheide für den Mast angebracht, hinter der man den Schiffsraum sieht. Dieser ist, wie bei unseren Flussschiffen[S. 25] mit Holzplatten geschlossen. Man sieht sogar die halbrunden Falze, auf die sich die Holzplatten stützen, und in diesen Falzen fehlen selbst die Oeffnungen zum Abfliessen des Wassers nicht. (Kleine Punkte in den Halbrundungen.)

Die Holzplatten stehen schräg, wie die oberen Linien zeigen.

In dem genannten Jahrbuch hat man die Bedeutung dieser kleinen Halbkreise nicht verstanden. (Vgl. Jahrbuch d. Kaiserl. Dt. Arch. Inst., Bd. 4, 1889, S. 103.)

Vorn bemerkt man 2 Kreuzbetings, hinten 4; ihre sonderbare Form deutet darauf hin, dass sie ebenfalls als Stützen für Ruder dienten, mit denen man bei Windstille das Schiff fortbewegen konnte.

Der Mast ist kurz und dick; er ist mit Backen versehen und da solche bis unten reichen, so darf man annehmen, dass sie angebracht waren, damit man an dem Mast emporklettern konnte. Es ist also wahrscheinlich, dass das fragliche Schiff hierfür kein genügendes Tauwerk besass. In der uns beschäftigenden Zeichnung sieht man kein Tauwerk, was jedoch nicht heisst, dass solches nicht vorhanden war.

Meines Erachtens ist die Barke nicht grösser, als eine kleine Tjalk. Man findet darin noch einen weiteren Beweis für die Behauptung, dass die Schiffe im Laufe der Jahrhunderte wenig Änderung erfahren haben, und dass die Alten keine lange Zeit brauchten, um zu einem hohen Grad der Vollkommenheit zu kommen. Man kann nichts Überraschendes in dieser Behauptung finden, wenn man die Meisterwerke betrachtet, die uns von den Griechen und Römern hinterlassen sind.

Es ist bedauerlich, dass man über den Platz der Ruderer bei den Alten keine entscheidenden Anhaltspunkte hat; denn gerade in dieser Hinsicht hat das Mittelalter die Ruderschiffe sich verändern sehen. Zu dieser Zeit machen die von einem einzelnen Mann nach der ursprünglichen Weise gehandhabten Ruder einer Reihe schwerer Ruder Platz, die von mehreren Ruderern bewegt wurden. Dieser Umschwung ist nicht mit dem Sturz des weströmischen Reiches zusammengefallen (im Jahre 476). Der Kaiser Leo (886-911) rät nämlich zum Bau von zweiruderigen Schiffen « Dromon ». (LA CROIX, S. 75.) Im 11. Jahrhundert spricht ein Schriftsteller von einem Chélandre oder Sélandre, dem er eine grosse Geschwindigkeit zuschreibt, und der zwei Ruderreihen übereinander hatte. (LA CROIX, S. 75 und 79.) Der Übergang zu einer Ruderreihe hat sich wahrscheinlich allmählich vollzogen.

Im 13. Jahrhundert spricht man nur noch von derartigen Schiffen, den Galeeren. (Vgl. bezüglich der Ruder-Reihen VAN YK, S. 11. — TORR, Ancient ships, S. 19 a ff.)

Inzwischen taucht im 12. Jahrhundert das Steuerruder auf, dessen Erscheinen Änderungen am Hinterteil des Schiffes nach sich zieht.

Im allgemeinen weiss man wenig über den Stand der Schiffbaukunst im Anfang des Mittelalters. Doch muss zu dieser Zeit auf dem Mittelmeer eine bedeutende Marine vorhanden gewesen sein, und so muss auch die Schiffbaukunst in Blüte gestanden haben. Zweifellos haben die Kreuzzüge (1096-1291) einen grossen Einfluss auf diesen Zustand gehabt. Venedig wurde der Mittelpunkt des Fortschrittes, bald danach Genua.

Die Bedeutung der Marine zu jener Zeit wird durch die berühmten Arsenale von Venedig sowie die grosse Anzahl von Verordnungen über den Schiffbau bezeugt. So finden wir im 13. Jahrhundert einen Erlass, der die Wasserlinie für das beladene und das leere Schiff festsetzt. (JAL, S. 267, Mémoire, 4.)

Was den Bau von Ruderschiffen betrifft, so muss man sich dieserhalb an die Erlasse des Kaisers Leo halten, die bis zum Ende des 10. Jahrhunderts beachtet worden sind. Dieser Fürst liess die Galeeren folgendermassen bauen: genügend stark, leicht beweglich, daher ziemlich lang und wenig breit; die Breite musste jedoch in einem bestimmten Verhältnis zur Länge stehen. Diese Anordnungen sind einfach aber doch recht klar! Später konnte man nicht mehr nach Belieben bauen. Man musste den über die Form der Schiffe aufgestellten Regeln folgen; und zwar musste die Form sich nach der Tragkraft und den auszuführenden Fahrten richten.

Die Schiffe hatten keine aussergewöhnliche Länge; JAL gibt zum Beispiel eine Länge von etwa 44 m für die Ruderschiffe an. Diese Ziffer weicht, wie man sieht, wenig von derjenigen des Altertums ab und wurde später kaum überschritten.

Ebenso wie in den Zeiten der Griechen und Römer hatte das Mittelalter, neben seinen Galeeren, seine Handelsschiffe von runderer Form, gedrungener Gestalt. Man behauptet nämlich, dass im Jahre[S. 26] 1284 die Stadt Genua eine Flotte von 8 Galeeren und Karavellen nach Pisa sandte. (JAL, S. 250.)

Diese Galeeren dienten indessen nicht ausschliesslich als Kriegsschiffe; im 14. Jahrhundert wurden sie auch als Lastschiffe benutzt. (JAL, S. 250.)

Das Mittelalter hat uns keine Zeichnungen oder Abbildungen hinterlassen, aus denen wir mit Sicherheit die Form der Schiffe entnehmen könnten. Die älteste Abbildung stammt von Pietro Laurenti, einem Künstler des 14. Jahrhunderts; dann folgt eine Darstellung von der Hand Raffaels (1483-1520); sie stammt also aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts.

Diese beiden Abbildungen werden in dem Werk von JAL (Archéologie navale) wiedergegeben, aber ihre geringe Grösse macht sie fast wertlos. Sie sind indessen insofern bemerkenswert, als die erste uns den Doppelmast der Alten und die Kabine zeigt, während die von Raffael vorn und hinten einen Aufbau trägt, und deutlich mit einem Steuer versehen ist.

Aus einem Vergleich der alten Münzen ergibt sich, dass im 13. Jahrhundert das Steuer überall eingeführt war. Es dürfte indessen überflüssig sein, zu bemerken, dass man auch damals noch auf vielen Schiffen das Ruder zum Steuern trifft, anstelle des Steuers.

Die Erfindung des Schiesspulvers um die Mitte des 14. Jahrhunderts führte keine Aenderung im Bau der Galeeren herbei, weil die Triebkraft durch die Kraft der Ruderer beschränkt blieb, wodurch sich für das Schiff eine schlanke Form ergab, so dass nicht viele Kanonen aufgestellt werden konnten.

Im Jahre 1600 erreichten die Galeeren ihren Höhepunkt. Bald danach beginnen sie ihren Wert als Kriegsschiffe zu verlieren, infolge der wachsenden Stärke der grossen Seeschiffe von runderer Gestalt.

Wir finden ein treffendes Beispiel für die kriegerische Minderwertigkeit der Galeeren in der Seeschlacht, die das französische Schiff « Le Bon » gegen 36 Galeeren am 10. Juli 1684 lieferte. (PARIS, Band 3 No. 26.) Seine Länge betrug zwischen Vorder- und Hintersteven nur 41,41 m, bei einer Gesamtbreite von 11,04 m und einer Tiefe von 5,03 m; der Kiel hatte 37,03 m Länge.

Die Galeeren hatten dagegen 48,77 m Länge, 21,20 m am Kiel bei 5,90 m Breite gemessen auf dem Deck. (8,47 m zwischen den Ruderauflagen); die Ruder hatten 25 m Länge.

Die höher aufgestellte Artillerie auf dem Schiff « Le Bon », sein festerer Bau und seine stärkere Bordwand ermöglichten es ihm, seinen Feinden standzuhalten und zu entwischen, als der Wind sich aufmachte.

Wenn wir die Stärke der Bemannungen untersuchen, so wird die geringere Kriegstüchtigkeit der Galeeren noch deutlicher; während nämlich das französische Schiff nur 600-800 Mann Besatzung hatte, hatten die Galeeren 12000-14000. Daher wurden in Frankreich seit dem 17. Jahrhundert die Galeeren ausschliesslich zum Schleppen gebraucht; so lesen wir, dass im Jahre 1688, als sich der Wind gelegt hatte, Duquesne seine Schiffe durch Galeeren unter die Mauern Algiers bringen liess, um diese Stadt zu beschiessen.

Nichtsdestoweniger traten die Galeeren in der französischen Marine bis zum Jahre 1773 auf.

In der Schlacht von Zierikzee im Jahre 1302, in der die Flamänder gegen die Franzosen, Holländer und Genuesen kämpften, fühlte man nach dem alten Geschichtsschreiber FLORENTIN VILLANI zum ersten Male die Überlegenheit der Schiffe von gedrungener Gestalt über die Galeeren. Der Graf von Flandern hatte für diese Schlacht 80 Schiffe (oder Cogues, Cochi) ausgerüstet, die nach den örtlichen Verhältnissen jenes Meeres gebaut waren (ottanti navi, overo, cochi, al medo di quello mare, sagt VILLANI). Nach diesem Geschichtsschreiber war es auch das erste Mal, dass man gegen derartige Schiffe zu kämpfen hatte.

Dieses Treffen gab Anlass, dass man sich von nun an mehr und mehr im Mittelmeer dem Bau von Schiffen gedrungener Gestalt zuwandte. Die Notwendigkeit zwang übrigens hierzu. Die Kreuzzüge führten häufigere Beziehungen zu den Völkern des Nordens herbei, und man musste sich gegen sie verteidigen.

Anfangs nahmen die Völker des Nordens ihre Zuflucht zu den Genuesen und anderen am Mittelmeer wohnenden Völkern, um die Kreuzfahrer nach Palästina zu bringen; aber bald unternahmen sie selbst den Bau der Schiffe, um den übertriebenen Preisen der Italiener zu entgehen; so war die Strasse durch das Mittelmeer[S. 27] gefunden. Nichtsdestoweniger blieben Venedig, Genua u. s. w. die Stapelplätze, und viele Schiffe wurden dort noch gebaut, besonders für Frankreich. Philipp der Schöne in seinem Kampf gegen Eduard I von England im Jahre 1295 und Philipp von Valois gegen Eduard III im Jahre 1337 bedienten sich genuesischer Fahrzeuge. (LA CROIX, S. 92.)

Wie übrigens JAL schreibt (Arch. Nav., Bd. 2, S. 352), kann man mit Sicherheit annehmen, dass die Schiffe, die an der französischen Mittelmeer-Küste gebaut wurden, genau so aussahen, wie die, welche in Italien üblich waren. Die gegenseitigen Beziehungen zwischen den seefahrenden Völkern und ihre gemeinsamen Interessen führten notwendiger Weise diese Nachahmungen herbei. Venedig blieb nicht hinter Genua zurück; Genua war der Stadt Pisa auf den Fersen, und diese Stadt liess sich gewiss nicht von Barzelona, noch von Marseille, noch von Konstantinopel in den Vervollkommnungen der Schiffbaukunst überholen.

So schreibt der genannte Schriftsteller mit gutem Recht: « Das Mittelmeerbecken hatte also nur eine Marine, wenigstens sofern man nur die Hauptschiffe in Betracht zieht; das ist heute noch ebenso und war so sicherlich in den alten Zeiten. » Ich möchte hinzufügen, dass die charakteristischen Unterschiede, die die verschiedenen Schiffstype unter sich haben, im Laufe der Jahrhunderte keine Veränderung erfahren haben, und zwar gilt dies nicht allein für das Mittelmeer, sondern für den Schiffbau im allgemeinen.

Diese alten Type finden sich indessen nicht unter den grossen Schiffen, sondern mehr unter den kleinen und besonders unter den Fischerbarken.

Bei allen Völkern, sogar bei allen seefahrenden Völkern haben die Fischer ihren Charakter am besten bewahrt und am wenigsten ihre Sitten und Gebräuche verändert. Ihr schweres Handwerk auf dem Meere hat sie zu Feinden jeder vom Festland kommenden Neuerung gemacht und mit Händen und Füssen haben sie sich gesträubt, ihre alten, durch Ueberlieferung und Uebung hervorgegangenen Modelle fallen zu lassen. Die Fischer haben also am längsten die alten Formen bewahrt, und zu ihnen muss man gehen, um diese wiederzufinden. So zeigt uns Norwegen Fischereifahrzeuge, die, abgesehen vom Steuer fast vollständig das alte Wikinger-Schiff wiedergeben; die holländische Bomme ist ein solcher Rest eines Schiffes, und Portugal zeigt uns Barken, die an die alten, in Italien ausgegrabenen Wandgemälde erinnern.

Sicherlich sind viele Type nicht mehr vorhanden; ihre Zahl wächst unaufhörlich durch die Verwendung des Eisens zum Schiffbau. So gibt es noch einige wenige Galeeren, die man jedoch nur bei Festlichkeiten verwendet (z. B. die Galeere, die bei der Flottenparade am Hollandsche Diep verwendet wurde und die in Portugal bei den jüngsten Festlichkeiten Verwendung fand).

Das älteste Werk, das von den Galeeren handelt, ist folgendes: « Fabbrica di galere ». (Vgl. JAL, Arch. Nav. Bd. 2, S. 6 und ff.) Die ersten vollständigen Angaben stammen aus der Zeit Ludwigs XIV. und werden von dem Chevalier BARRAS DE LA PENNE gegeben (1698). Man darf indessen nicht das Werk FÜRTENBACHS aus dem Jahre 1623 übergehen. (WITSEN, S. 186).

[S. 28]

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Obwohl die Galeeren genügend bekannt sind, möchte ich einiges über sie sagen. Sie waren lang und schmal und ragten sehr wenig aus dem Wasser empor. Ihre Breite betrug meist ⅐ oder ⅛ ihrer Länge, und der aus dem Wasser emporragende Teil mass nur 1 m oder 1,50 m. Eine Galeere von 40,60 m Länge hatte z. B. eine Breite von nur 5,27 m; der Vordersteven hatte eine Gesamtlänge von 3,28 m und der Hintersteven eine solche von 3,62 m. Die Hauptrippe lag bei ³⁄₇ der Länge des Schiffs und war am unteren Teil leicht gekrümmt. Das Schiff verlief nach vorn und hinten spitz; das Deck überspannte die ganze Länge, in der Mitte erhob sich die Wachbrücke, Corsia, an die sich die Bänke der Ruderer schlossen. Auf jeder Seite längs der Bordwände befanden sich die Auflagen für die Ruder, in einer zu der Längsachse des Schiffes parallelen Linie; sie bildeten die Ruderdollen. Die Ruder, die in einer Reihe angeordnet waren, wurden von 4 oder 5 Leuten gehandhabt, die sich erhoben, um die Ruder vorwärts zu stossen und sich auf ihre Bänke fallen liessen, indem sie die Ruder ins Wasser tauchten. Die Ruderer waren bei dieser Tätigkeit völlig nackt. Ein Mann von mittlerer Stärke konnte diese Arbeit eine Stunde lang aushalten, und doch musste viel länger gerudert werden; manchmal, in Kriegszeiten, 12 Stunden hintereinander. Welch’ Zustand, wenn man erwägt, dass diese Leute den Unbilden der Luft und dem Feuer des Feindes ausgesetzt waren!

Um die Ruderer in ihrer Tätigkeit zu stärken, steckte man ihnen Brot in den Mund, das in Wein getaucht war; wenn sie erschöpft umfielen, so wurden sie von dem Wächter, der auf der Wachbrücke herumging, unbarmherzig gepeitscht; wenn sie sich nicht wieder erhoben, so wartete der Tod ihrer. Man warf sie über Bord.

Wenn man weiter erwägt, dass die Ruderer durch Ketten an das Schiff gefesselt waren, die man ihnen nur selten abnahm, dass sie meist auf ihren Bänken lebten und starben, so wird man verstehen, dass die Galeeren für die seefahrenden Völker ein Schrecken und eine Schande gewesen sind.

Selten fand man Freiwillige für dies Handwerk, das meist nur Sklaven, Kriegsgefangene u. s. w. verrichteten. Die Ruderer waren indessen nicht alle gleich; sie bestanden aus 3 Klassen: 1) den Sträflingen, d. h. den Verurteilten; ihre Haare und ihr Bart waren abgeschnitten; 2) den Sklaven, unter ihnen Türken, Mauren und Neger; letztere waren als die besten Ruderer bekannt. Ihr Unterscheidungszeichen war ein Haarbüschel auf dem Kopfe; 3) den Benevoglie (Freiwilligen), unter ihnen freigelassene Sträflinge, die anderswo nicht mehr unterkommen konnten und auf den Galeeren Zuflucht nahmen, Räuber und andere, die nichts mehr zum Leben hatten. Ihre Kleidung war sehr einfach; jedes Jahr bekamen sie 2 Hemden, 2 Paar Hosen, 1 Rock aus rotem Tuch, 1 Mantel für den Winter, 1 rote Mütze und 2 Decken für jede Bank.

Die Nahrung war ihnen genau zugemessen, aber wenn sie mehr wollten, konnten sie sich welche kaufen.

Der Teil des Schiffsraumes, der nicht von Schiessvorräten eingenommen war, war für die Lebensmittel bestimmt und enthielt auch eine ganz kleine Kabine für den Kapitän und die Offiziere.

Wenn die Galeere hielt, so spannte man über das Fahrzeug ein grosses Segel, das auf einer Seite hoch genommen wurde, um die Luft einzulassen.

Der schlanke Bau der Galeeren gab ihnen auf dem Meere keine genügende Stabilität; daher hatten die Ruderer immer sehr unter den Wellen zu leiden.

Die Ausrüstung war einfach: vorn standen 3 Kanonen, von denen die mittlere, in der Längsachse des Schiffes aufgestellte, die grösste war; auf den grossen Galeeren gab es Kanonen mit einem Kaliber von 18,48 und mit Kugeln von 12 Pfund, während die auf den kleinen Galeeren Kanonen mit Kugeln von 12, 24 und 8 Pfund hatten.

Der kriegerische Wert richtete sich nach der Menge Eisen, das man auf einmal pro Mann abfeuern konnte.

Nehmen wir z. B. eine Galeere, die 44 kg Eisen auf einmal schiesst und etwa 400 M Besatzung hat; man verschoss demnach 0,110 kg auf den Mann. Eine Galeere kostete 400000 Frcs, d. h. 9090 Frcs pro kg Eisen.

Vergleicht man mit dieser Galeere ein gewöhnliches Kriegsschiff, das 55 Kanonen an Bord hat, bei 1100 Mann Besatzung, auf einmal 1000 kg Eisen (d. h. 0,910 kg pro Mann) verschiessen kann, und dessen Kosten 3000000 Frcs, d. h. 3000 Frcs pro kg betragen haben, so sieht man deutlich die militärische Minderwertigkeit der Galeeren und die höheren Kosten, die sie nach sich ziehen. Während ein gewöhnliches Kriegsschiff 9 mal mehr Eisen auf einmal verschiesst als eine Galeere, kostet es weniger als diese.

Endlich möchte ich darauf hinweisen, dass die Galeeren eine Geschwindigkeit von 2,50 m in der Sek. hatten und dass sie ausser über Ruder auch über Segel verfügten. Sie hatten 2 Masten, den einen vorn, den anderen in der Mitte des Schiffes; beide besassen lateinische Segel. (Vgl. JAL, Glossaire nautique, S. 749.) Während des Kampfes reffte man die Segel.

II 43

Ich brauche nicht näher nachzuweisen, dass die Galeeren für die offene See nicht geeignet waren, auf die man sich mehr und mehr begab. Die Erfindung des Schiesspulvers zeigte bald die geringere Kampffähigkeit der Galeere. Man bemühte sich also, sie zu verbessern.

II 45

So sehen wir im 16. Jahrhundert ein Schiff auftauchen, die « Galeasse », deren Vorder- und Hinterteil an die Schiffe von gedrungener Form erinnern, während das Mittelstück an die Galeeren denken lässt. Dieses Schiff war höher und breiter als die letzteren; das Verhältnis seiner Breite zur Länge betrug 1 : 5½, ausserdem war es höher.

Bei einer Länge von 50,01 m hatten die Galeassen eine Breite von 9,01 und einen Tiefgang von 3,35 m; die grösste Tiefe betrug 6,52 m. Jeder Bord hatte 44 Ruder; die Ruderbänke hatten einen Abstand von 1,30 m. Die Ruder wurden meist von 7 oder 8 Menschen[S. 29] bewegt. Der Bord war höher als bei den Galeeren, sodass die Ruderer besser vor den Wogen geschützt waren.

Die Galeassen hatten gewöhnlich 700 bis 1000 Mann Besatzung. Sie waren mit 50 Kanonen ausgerüstet, die in den Aufbauten und zwischen den Ruderbänken aufgestellt waren.

Die Galeasse hatte also mehr Stabilität auf dem Wasser als die Galeere, schützte die Ruderer besser, hatte mehr Artillerie, war aber infolge eben dieser Vorzüge nicht so beweglich, da die Triebkraft durch die Zahl der Ruderer beschränkt war.

Die Galeassen besassen 3 Masten mit lateinischen Segeln. Diese waren sehr schwer zu handhaben; deshalb wurden sie bei heftigem Winde durch Segel von kleineren Abmessungen ersetzt.

Es ist nicht auffallend, dass auch die Galeassen den Schiffen von gedrungener Gestalt unterlegen waren, daher sind sie niemals zahlreich gewesen: am Ende des 16. Jahrhunderts, in der Seeschlacht zwischen den Türken und den Vereinigten Mächten bei Lepanto war es nicht möglich, mehr als 6 Galeassen aufzubringen. (JAL, Arch. Nav., S. 394.) Es ist also sehr zu bezweifeln, dass die unüberwindliche Armada, die berühmte Flotte von 1588, eine Division von 22 Galeassen enthalten haben soll. Diese Schiffe waren zweifellos meist Galeeren.

Ebenso wie bei den Alten gab es ausser den naves longae Schiffe von gedrungener Gestalt, die ursprünglich lediglich für den Handel und den Güterverkehr gebraucht wurden.

Die Erfindung des Schiesspulvers, aber mehr noch die Schliessung der alten Strasse nach Indien durch die Türken am Ende des 15. Jahrhunderts änderten diesen Zustand. Der Handel verschiebt sich von diesem Augenblick an nach dem Ozean; man ist auf der Suche nach einem neuen Weg nach Indien, den man anderwärts findet, und so wird die « Neue Welt » entdeckt.

Die Völker des Nordens, begierig nach Reichtum, wagen sich ebenfalls nach dem Süden und begnügen sich nicht mehr mit der Ostsee.

Alle diese Umstände führen einen Umschwung im Schiffbau des Mittelmeeres herbei. Trotz der Anstrengungen, die gemacht wurden, um die Vorherrschaft durch die alten Schiffstype zu wahren, indem man grössere Ruderschiffe, wie die Galeassen baute, musste man nicht nur in Italien, sondern auch in Spanien und Portugal vor den mächtigeren Typen der Völker des Nordens den Rückzug antreten.

Man kann also in dem von mir eingeschlagenen Gedankengang sagen, mit Bezug auf die Schlacht von Zierickzee im Jahre 1302, dass im 14. und 15. Jahrhundert die Schiffbaukunst vom Ozean in das Mittelmeer gedrungen ist. Dagegen hat die Schiffbaukunst des Mittelmeeres jene Baukunst beeinflusst.

Es ist nicht leicht, die dem Mittelmeer eigentümlichen Schiffstype wiederherzustellen; tatsächlich sind uns wenig Angaben über diese Schiffe erhalten. Wir können nur auf die erwähnten Verträge Ludwigs IX. zurückgehen. Die ersten sicheren Angaben stammen aus einer nach dem Mittelalter liegenden Zeit, besonders aus dem 18. Jahrhundert.

Alle alten, zur Zeit bekannten Abbildungen sind schlecht, meist in falschen Verhältnissen. Es hat mehrere Arten Schiffe gegeben, das ist der einzige Schluss, den man aus ihnen entnehmen kann.

Es ist, wie JAL sagt, wirklich bedauernswert, dass wir keine besseren Aufschlüsse gefunden haben. Es ist jedoch zweifellos, dass es schon im Mittelalter gute Schiffe von gedrungener Gestalt gegeben hat. (Vgl. JAL, Glos. naut., S. 1057; LA CROIX, S. 86 u. 96.) mit denen es möglich war, wenigstens 500 Kämpfer zu befördern. (Vgl. JAL, Arch. nav., S. 380, II. Teil, Anm.) Man lud auch Pferde ein. (JAL, Arch. nav., S. 386, u. s. w.; HOLMES, S. 68.) Um die dem Mittelmeer eigentümlichen Type wiederherzustellen, muss man vor allem untersuchen, welche Modelle noch am Ausgang des 18. Jahrhunderts zu der Zeit vorhanden waren, wo man ausschliesslich Holzschiffe verwendete.

Vor Beginn dieser Prüfung möchte ich bemerken, dass es eine ständige Übung war, die Schiffe auf den Strand zu ziehen, wenn man nicht mit ihnen fuhr; es ist auch zu bemerken, dass das Wasser des Mittelmeers im Vergleich zu dem des Ozeans ruhig ist. Dieser letztere Punkt besonders erklärt, warum die Ruderschiffe so lange im Gebrauch geblieben sind. (PARIS, IV. Bd., S. 206.)

Um die Schiffe an Land ziehen zu können, mussten sie einen flachen Kiel haben; tatsächlich sind die Schiffe in der Mitte breit und flach, breiter sogar als die Schiffe des Nordens; bei diesen letzteren betrug das Verhältnis der Breite zur Länge 1 : 4, während[S. 30] bei den meisten Schiffen des Mittelmeers dies Verhältnis zwischen 1 : 2½ und 1 : 3½ schwankt (meist 1 : 3).

Vorn und hinten laufen die Schiffe spitz zu, anders wie die nordischen Schiffe. Dadurch erhalten sie eine ganz besondere Gestalt. Ausserdem verlaufen die Wände dieser Schiffe nicht gekrümmt nach oben, d. h. sie sind höchstens vertikal. Anders ausgedrückt, die Breite ist am grössten oben.

Unter den alten Typen finden wir solche, deren Vordersteven, 1) gerade ist und schräg steht, 2) gerade ist und senkrecht steht, 3) oben konkav ist und sich oben nach innen biegt. Daneben gibt es eine grosse Zahl mit konvexem Vordersteven.

Neben Schiffen von gedrungener Gestalt gibt es längere, deren Breite sich zur Länge wie 1 : 5 verhält.

Absichtlich habe ich nicht vom Hintersteven der Schiffe gesprochen, da dieser in den meisten Fällen durch Einführung des Steuers verändert ist.

II 48

Viele Schiffe haben ausserdem hinten einen glatten Vorsprung, der mit einem Geländer versehen ist; diese Einzelheit findet sich auch auf den Schiffen der Griechen und Römer wieder. Jener Vorsprung diente ursprünglich als Stand für den Steuermann, der das Stangenruder zu handhaben hatte.

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Zu den wichtigsten Typen sind die Schebecken mit drei Masten zu rechnen, die zuerst mit lateinischen Segeln versehen waren. Diese letzteren sind später durch quadratische Segel ersetzt worden. Das so veränderte Schiff hiess dann mystische Schebecke oder Polacker-Schebecke. Man findet daneben auch Polacker. Die Länge dieser Schiffe, etwa 15 m, verhält sich zur Breite wie 3½ : 1. Der oben ziemlich gerade Vordersteven verläuft unten gekrümmt und trägt einen Sporn, der hier noch Galjoen heisst. Der Hintersteven ist gerade, steht aber schräg. Das Hinterdeck springt vor. Man könnte diesen Typ am besten mit einer Galeere von gedrungener Form vergleichen. Hinten hat der Polacker mehr Ähnlichkeit mit den Ozeanschiffen.

II 35

Alle diese Schiffe stammen aus dem Westen des Mittelmeeres. (Vgl. PARIS, Bd. 2, Nr. 78 u. 90, sowie Bd. 1, Nr. 25.) Man kann in diese Klasse auch die « Pink » von Genua einreihen. (PARIS, Bd. 2, Nr. 119).

II 37

Wir finden noch in Tunis die « Carebe », 12 bis 15 m lang und etwa ⅓ so breit. Dies Schiff scheint zwei Vordersteven zu haben (das Schandeck springt zurück).

II 39

Vergleichen wir damit die Abbildung am Turm zu Pisa u. s. w. (PARIS, Bd. 2, Nr. 201), die auch ein Schiff mit doppeltem Vordersteven darstellt.

Neben der « Carebe » gibt es die « Arabischen Sandalen », von 12 m Länge, 2,85 m Breite und 1,30 m Tiefe. Jal sieht in ihnen eins der ältesten Modelle.

Die « Arabische Sandale » ist ein sehr schlankes Schiff, das in der Mitte schmaler ist als die meisten anderen.

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Die Schiffe von Malta, die sogenannten « Speronare », sind ebenso sonderbar: sie haben 15 m Länge, 4,40 m Breite, einen Tiefgang von 1,20 m und eine Tragfähigkeit von etwa 17 Tonnen; der Vorder- und der Hintersteven sind senkrecht. Manchmal besitzen diese Schiffe hinten noch einen geraden Vorsprung und vorn einen stumpfen Sporn.

Derselbe Typ von 5,30 m Länge, 1,95 m Breite und 1 m Tiefe wird eine « Tarella ». Diese Barke hat keinen Sporn; zweifellos befinden wir uns hier vor sehr alten Formen. (Vgl. z. B. die « Speronara » mit der Abbildung von LAYARD.)

Die « Schifarro und Lautello » von Sizilien mit ihren rückwärts gekrümmten Vorder- und Hintersteven sind nicht weniger merkwürdig. Diese Barken erinnern ebenfalls an die Abbildungen des Mittelalters, die die gleichen Merkmale haben.

An der Ostküste Italiens finden wir die « Tartana », 17,90 m lang, 4,90 m breit, mit einem Tiefgang von 0,80 m, und die « Barco da Pasca », lang 12,20 m, breit 2,30 m und tief 1,06 m; alle beide sind Schiffe mit flachem Boden, fest gebaut. (PARIS, Bd. 2, Tafel 85, 86, 87.) Es ist noch zu bemerken, dass man auf dem Adriatischen Meer mehrere Arten Fahrzeuge mit flachem Boden trifft: unter anderen die « Rascona », ein sehr schmales Fahrzeug, wenn man seine Länge berücksichtigt (1 : 5), und den « Topo ». Das erstere Fahrzeug wird mittels des Ruders gesteuert.

Griechenland und die Türkei haben viele Berührungspunkte, man findet dort zwei Type: den einen mit geradem, aber geneigtem Vordersteven, den anderen mit gebogenem; Beispiel: die « Scaphé » und die « Sacobeva ». (PARIS, Bd. 2, Nr. 91, 89, 88.)

[S. 31]

Das Arabische Meer, um nicht weiter zu gehen, zeigt uns, die « Baggala » und die « Dungiyah », von denen die letztere heut wahrscheinlich nicht mehr vorkommt; das sind sehr alte Type mit stark geneigtem Vordersteven. Oben haben wir auf griechische Abbildungen verwiesen, die ihr völlig gleichen.

Manche Type haben ihren Ort gewechselt. Der beste Beweis hierfür ist die spanische « Balancella », die, wie es scheint, aus Neapel stammt. (PARIS, Bd. 2, Nr. 61); sie hat viel Ähnlichkeit mit dem « Trabocolo ».

Alle diese Barken, und ich habe nur die hauptsächlichsten angeführt, ermöglichen es, einige Urtype wiederherzustellen, die man nicht nur jetzt noch wiederfindet, sondern die schon vor mehreren Jahrhunderten vorhanden waren. Dank der Entwickelung des Verkehrs, dank auch den nach immer entfernteren Gegenden unternommenen Fahrten, die man unter allen Umständen ausführen musste, sind die alten Type des Mittelmeeres längst durch neue für die Schiffahrt mit langer Fahrt ersetzt worden. Deshalb kann man die ursprünglichen Type nur in den Schiffen von geringerer Grösse wiederfinden. Für diese Fahrzeuge brauchte man keine neuen Formen zu suchen, umsoweniger, als die kleinen Schiffbauer nach dem alten Brauch und nach Modellen arbeiteten. Erst langsam hat das Eisen bei ihnen an Boden gewonnen, und durch dieses, aber auch langsam und erst, wenn eine neue Generation die alte ersetzt, werden die alten Type verschwinden.

Es ergibt sich aus dem Vorstehenden, dass im allgemeinen die Mittelmeerschiffe breit im Verhältnis zu ihrer Länge sind, flach in der Mitte und vorn und hinten spitz. Berücksichtigt man dies, so erhält das Werk von FÜRTENBACH aus dem Jahre 1629 mehr Wert in unseren Augen, weil der Verfasser darin Abbildungen eines holländischen Schiffes sowie einiger Mittelmeerschiffe gibt, in denen wir sehr viele bekannte Type entdecken, wenn sie auch andere Namen tragen.

Der Unterschied in der Form zwischen den Typen des Nordens und denen des Südens, auf den wir oben hingewiesen haben, ist darin deutlich erkennbar und tritt in voller Kraft hervor, wenn man die Hauptrippen der beiden Schiffe vergleicht. (Vgl. die « mittlere Stamenale », Abbildung II, und die « Stamenale » der Abbildung 16, sowie die Pläne der beiden Schiffe.) Der Höhenunterschied zwischen Vordersteven und Hintersteven ist nicht weniger bemerkenswert; ausserdem erscheinen die Schiffe des Mittelmeers wirklich höher als die unsrigen. Wir werden später sehen, dass unter dem Einfluss des Südens (des Mittelmeeres) man auch in unserem Lande den Schiffen eine grössere Höhe gab.

Auch das System der Aufbauten, die im Mittelalter auf den Schiffen Platz fanden, stammt aus dem Süden. Es ist zu bemerken, dass schon der Kaiser Leo im 10. Jahrhundert Beschreibungen über die Aufbauten gab. (Vgl. LA CROIX, S. 6.) Man findet sogar solche schon auf alten römischen Zeichnungen. Man kann also mit vollem Recht annehmen, dass diese Aufbauten sich allmählich entwickelt haben.

Die Vervollkommnung in den Verteidigungsmitteln und daher ein Wechsel in der militärischen Taktik, die Erfindung des Schiesspulvers mit einem Wort, hat viel dazu beigetragen, die Bedeutung der Aufbauten zu vermehren.

Man wusste in unserem Vaterlande, dass die Schiffe des Mittelmeeres spitzer waren als die unsrigen; wir haben einen Beweis dafür in der Stelle, wo VAN YK in seinem bekannten Werk, S. 355, uns darauf aufmerksam macht, dass man dem stark gekrümmten Vorderteil, also dem vollen Bug, die besonderen Vorzüge unserer Schiffe als Segler zuschrieb. Und es ist sicherlich nicht ohne Interesse, wenn man weiter liest, dass sein Vater begleitet von seinen drei Söhnen nach Genua ging, um Schiffe zu bauen, die vorwärts fahren konnten, obwohl sie Gegenwind hatten (S. 354), was in dieser Stadt noch unbekannt war. Zu dieser Zeit kannte man also nicht in Genua die Kunst des Kreuzens, was die lateinischen Segel übrigens nicht ermöglichten.

Erst später sehen wir diese Segel durch quadratische Segel ersetzt. Es ist also nicht wunderbar, dass die Ruderschiffe so andauernd auf dem Mittelmeer in Gebrauch gewesen sind; andererseits können wir als bewiesen ansehen, dass schon in den ältesten Zeiten Schiffe von gedrungener Form neben langen Ruderschiffen vorhanden waren. (JAL, Glossaire Nautique, S. 1049.)

[S. 32]

Die wenigen alten Schiffe indessen, die ausgegraben sind, zeigen einen so hohen Grad der Vollkommenheit, dass der Schiffbau schon in den frühesten Jahrhunderten eine wunderbare Entwicklung erreicht haben muss. Das dürfte uns jedoch gegenüber den Meisterwerken nicht überraschen, die uns die Völker des Mittelmeeres hinterlassen haben, Meisterwerke die von ihrem æsthetischen und praktischen Sinn zeugen.

Verfolgt man die fortschreitende Entwicklung des Schiffes im Mittelalter und betrachtet man die Grössenverhältnisse der Dockbecken u. s. w. bei den Griechen und Römern, so kann man behaupten, dass das Altertum nicht die Riesenschiffe gekannt hat, und dass die gegebenen Beschreibungen beim Licht der Verhältnisse geprüft werden müssen, unter denen sie verfasst sind. Das gilt auch von der Stadt Babylon, deren Grösse, wie die Ausgrabungen bestätigen, von den alten Schriftstellern in sonderbarem Masse übertrieben ist. Liest man übrigens nicht täglich von der ausserordentlichen Grösse von Schiffen und Maschinen, die wenige Jahre danach durch noch ausserordentlichere übertroffen wird? So wird es übrigens immer sein.

Schliesslich möchte ich bemerken, dass man noch heut alle alten Modelle in den kleinen Holzschiffen und in den Fischerbooten findet.

Wenn man also eine genaue Vorstellung von den Typen der Schiffe der Alten haben will, so muss man baldigst eine vollständige Untersuchung eröffnen, um sie wiederzufinden, um ihre Grössenverhältnisse festzustellen und danach mit Massangaben versehene Zeichnungen anzufertigen, wie man dies in den Niederlanden getan hat.

Die kurze vergleichende Untersuchung ermöglicht leicht die Feststellung der gegenseitigen Beziehungen, die zwischen den verschiedenen Völkern bestehen; sie zeigt, dass die alten, dem südlichen Frankreich, Spanien und Portugal eigentümlichen Type der Mittelmeerfamilie angehören, d. h. dem südlichen Mittelpunkt.

[S. 33]

 

Kopfstück Kapitel 2

HET varen met weijnig volk, het nauw en zober behelpen in leeftochten en ons ingeboren zindelijkheid, die de schepen langdurend maekt, doet den Nederlantschen scheepvaart bloeijen, en niet het scheepsfatzoen.

NICOLAS WITSEN, 1771.[4]

Diese bemerkenswerten Worte sind charakteristisch und zeigen, dass zum Gedeihen und zur Grösse eines Volkes etwas anderes nötig ist als bestimmte Schiffsformen. Wenn dem nicht so wäre, sagt WITSEN, so wären unsere Schiffsmodelle unverzüglich von den anderen Völkern nachgeahmt worden.

Die Nüchternheit und Reinlichkeit sind zwei Haupttugenden unseres Volkes, was niemand bestreiten dürfte; aber ausser diesen Tugenden besassen unsere Vorfahren eine Eigenschaft von hoher Bedeutung: die Holländer waren sparsame Schiffbauer, wie sie es noch heut sind.

Hoffen wir fest, mit vollem Vertrauen, dass dem immer so sein wird, und dass man niemals an der eigenen Kraft zweifeln wird.

WITSEN schreibt, — was eine gewisse Bedeutung erhält, wenn man es mit dem Vorhergehenden vergleicht — dass die behufs Erlernung der Schiffbaukunst nach Holland gekommenen Fremden bei der Rückkehr in ihre Heimat unsere Art nicht nachahmen konnten. Ich wundere mich also keineswegs, wenn diese Fremden schreiben, dass sie weder unsere Baukunst noch unser Verfahren brauchen könnten.

Manches Schiff, sagt der genannte Schriftsteller, ist im Ausland analysiert und gemessen worden, aber nie hat man es Punkt für Punkt nachgeahmt; nie auch haben unsere Schiffbauer dort Lob geerntet.

Was WITSEN darauf über die Engländer sagt, ist ziemlich sonderbar: « In deze braveeren zij (de Engelschen) opentlijk allen Landaert en wanen niemant huns gelijk in deze konst te hebben »[5]. Er schreibt dies wenig günstige Urteil über die Holländer dem Umstand zu, dass in den Niederlanden nichts über den Schiffbau veröffentlicht ist. Man wird später sehen, dass man im Ausland tatsächlich ganz anderer Ansicht war.

Manche Angaben bezeugen, dass schon im frühen Altertum die an den Mittelmeerküsten wohnenden Völker die Schiffahrt gekannt haben. Noch heut bauen die wildesten und unkultiviertesten Völker, die längs Strömen und Flüssen wohnen, Fahrzeuge, so primitiv auch ihre Formen sein mögen. In der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts sind mehrere alte Schiffe in Nordeuropa ausgegraben worden. Alles dies ist geeignet, uns zu überzeugen, dass alle am Wasser wohnenden Völker die Schiffahrt gekannt haben und zwar seit den ältesten Zeiten.

Es ist ausserdem wahrscheinlich, dass die Form « Kanoe » die älteste Form eines Fahrzeuges ist; es ist eine lange und schmale Form, die natürlich aus dem ausgehöhlten Baum entstanden ist. Die Stange ist das ursprüngliche Fortbewegungsmittel, das bald durch die Pagai (Schaufel) und das Ruder ersetzt wurde.

Der Mensch sucht es sich im allgemeinen bequem zu machen; es ist daher nicht zu verwundern, dass er bald auch den Wind in der Schiffahrt zu Hilfe gerufen hat, um ihn später als Haupttriebkraft zu verwenden.

Die ältesten Bewohner der Niederlande haben also die Schiffahrt lange vor der Herrschaft der Römer gekannt, und es ist anzunehmen, dass sie oft verschiedene Teile ihrer Heimat nur auf dem Wasserwege erreichen konnten.

Caesar berichtet (HOLMES, S. 52), dass die Bretonen sich sehr leichter Schiffe bedienten, die aus einem Gerippe von Lindenzweigen[S. 34] bestanden, das mit Häuten bespannt war. Andrerseits erzählt der Papst Marcellin (296 bis 304 n. Chr.), wie sehr die Sachsen wegen ihrer Beweglichkeit zu fürchten wären und fügt hinzu, dass ihre Schiffe aus Büffelhäuten beständen, die straff über biegsames Holz gespannt waren.

Neben den langen Ruderschiffen wird es zweifellos sehr früh breitere und weniger schnelle Schiffe gegeben haben. Diese Schiffe wurden mit Segeln bewegt. Schliesslich haben sie die Ruderschiffe völlig verdrängt.

Nichts ist von diesen ursprünglichen Fahrzeugen erhalten geblieben.

Die ältesten Bewohner unseres Landes sind bekanntlich aus dem Orient gekommen; zweifellos kannten sie die Schiffbaukunst; sie werden aber ihre Modelle den Bedürfnissen haben anpassen müssen, die durch den Zustand der Schiffahrtsstrassen in unseren Niederungen entstanden.

Man kann also behaupten, dass die Wiege der Schiffbaukunst der Niederlande sich in der Ostsee befunden hat. Wir wollen also vor allem unsere Blicke nach der Seite wenden, wo seit der ältesten Zeit die Schiffbaukunst einen hohen Grad der Vollkommenheit erreicht haben muss. Das ergibt sich nicht nur aus der Zahl der ausgegrabenen Schiffe, die der Wikingerzeit angehören, sondern auch aus den in letzter Zeit vorgenommenen Untersuchungen. Aus diesen Untersuchungen lässt sich folgern, dass schon im Altertum die nordischen Völker die Nordsee durchfahren haben müssen. Der schwedische Archæologe MONTELIUS vermutet sogar, dass es am Ende der Steinzeit schon dauernde Beziehungen zwischen der Westküste von Schweden und der Ostküste von England gab.

Lange vor den eigentlichen Wikingerfahrten nach Süden, haben die Wikinger schon Seefahrten unternommen, und es ist sicher, dass im Anfang unserer Zeitrechnung die Völker des Nordens Schiffahrt trieben. TACITUS spricht von mächtigen Flotten der Schweden, die zu seiner Zeit nicht das Segel, sondern einfach das Ruder verwendeten. Das Werk « Vesterlandenes indflydelse poa Nordboenes og saerlig Nordmaennenes ydze Kulture levesaet og sim funds forhold i Vickingetiden af Alexander Bugge 1905 »[6] ist also vollauf berechtigt zu sagen, dass die Schiffahrt des Nordens ihren Ursprung den suevischen und gothischen Volksstämmen verdanken dürfte, die an den Ostseeküsten angesiedelt waren, von wo sie dann zu den Normannen und Dänen gekommen ist. Wir können wohl hinzusetzen, dass es ebenso mit den Niederlanden, Grossbritannien, Belgien und einem Teil von Nordfrankreich gewesen ist.

Der berühmte deutsche Philologe und Archæologe Professor N. ZIMMER nimmt an, dass die Normannen die Shetlandsinseln zwischen den Jahren 590 und 644 besucht haben. Diese Annahme ist durch die Untersuchungen des Dr. JACOB JACOBSEN bestätigt worden, der lange auf den fraglichen Inseln gelebt hat, um die nordischen Namen der Dörfer zu untersuchen und andere Spuren der nordischen Sprache aufzusuchen. Dieser Gelehrte hat ebenfalls gefolgert, dass die Normannen die Shetlandsinseln schon um das Jahr 700 besucht haben.

II 75

Wenn wir diesen Tatsachen gegenüberstellen, was im Mittelmeer vor sich ging, wo man immer versuchte, am Abend an Land zu gehen, so können wir ein Gefühl der Bewunderung für die Normannen nicht unterdrücken, die furchtlos das Meer bis Island und Grönland durchquerten. Ihr Schiffbau muss schon damals einen ausserordentlich hohen Grad der Vollkommenheit erreicht haben, was in vollem Masse durch die Bauart der prachtvollen Schiffe « Oxberg » und « Gokstad » bestätigt wird, die in der Gegend von Sandefjord aufgefunden sind (Museum der Altertümer von Christiania).

Es ist sonach wenig wahrscheinlich, dass die Völker des Nordens irgend etwas im Schiffbau bei ihren Fahrten nach Westeuropa gelernt haben. Im Gegenteil hat dieser Teil Europas, also auch die Niederlande, von ihnen die Schiffbaukunst erhalten. Erst später spricht man in England von einer Flotte und einer Marine. (Siehe HOLMES, Ancient and modern ships, 1900.)

In der Folge richteten die Normannen ihre Fahrten immer mehr nach Süden; sie setzen sich in der Normandie fest und bemächtigten sich Englands. Bei diesen Fahrten lernten sie[S. 35] den Schiffbau des Mittelmeeres kennen. Selbstverständlich werden sie damals alles beachtet haben, was hier an Vollkommenem vorhanden war. Es lag dies zudem in ihrem Interesse. Sie entnahmen insbesondere von den Völkern Südeuropas den Anker, den diese von den Griechen kennen gelernt hatten. Das nordische Wort « akkeri », das Anker bedeutet, scheint dem angelsächsischen « ancor » entlehnt zu sein, das von dem lateinischen « ancora » stammt. Das Wort « forkr » (Bootshaken) ist ebenfalls ausländischen Ursprungs; es kommt von dem angelsächsischen « forca » und dem lateinischen « furca » her.

Die normannischen Schiffsmodelle haben jedoch durch diese Berührung mit dem Süden keine Veränderung erlitten. Das aussergewöhnliche Leben der Wikinger, ihre ständigen Seeräubereien lassen den Schluss zu, dass das Handelsschiff sich nicht bei ihnen vervollkommnet hat, sondern bei den Völkern, die sich mit dem regelmässigeren Handel befasst haben. Ich finde es nicht wunderbar, dass diese Entwicklung sich im Nordwesten Europas vollzogen hat. Es wird sogar von einigen behauptet, dass das Schiff « Büse », das im Mittelalter allgemein in Gebrauch war, aus der Normandie gekommen ist und aus dem 11. Jahrhundert stammt.

Zur Unterstützung dieses Satzes dient die Tatsache, dass das Wort « Busse » (Büse) zu jener Zeit zum ersten Male in den alten Chroniken erscheint.

J. STEENSTRUP hat die Aufmerksamkeit auf die « Butsecarlas » gelenkt (die in den alten angelsächsischen Chroniken des Jahres 1066 und in dem Buch von Florant Wigorniensis aus dem Jahre 1052 erwähnt werden), ein Volk von Seeleuten, das an den Küsten von Hastings und Yorkshire wohnte. Der letztgenannte Schriftsteller lenkt ausserdem die Aufmerksamkeit auf den zweiten Teil des Wortes, das der nordischen Sprache angehört, während das Wort « buza » ziemlich oft in dem Alt-Nordischen und dem Alt-Schwedischen etwa im 13. Jahrhundert vorkommt und ein Schiff von stark gekrümmter Form bezeichnet. Dies Wort ist indessen romanischer Herkunft: es entspricht, wie ich hörte, dem Alt-Französischen « buse » oder « buce » (aus dem Jahr 1080 etwa); man glaubt also, dass das Schiff « Büse » aus der Normandie stammt.

Das scheint mir indessen nicht so sicher; es ist nämlich erwiesen, dass dieselben Schiffsformen sich jahrhundertelang, allerdings unter anderen Benennungen erhalten haben.

Der Umstand, dass das Wort « buse » (Büse) zum ersten Mal ums Jahr 1080 gebraucht wird, ist also kein Beweis, dass der fragliche Schiffstyp erst in dieser Zeit aufgetaucht ist. Ich möchte eher glauben, dass das Modell, um das es sich hier handelt, schon vorhanden war, dass es aber erst um 1080 mit « buse » oder « buce » (Büse) in der Normandie bezeichnet ist, wahrscheinlich, nachdem einige unwesentliche Änderungen mit ihm vorgenommen sind.

Die Schiffbaukunst ist in die Niederlande aus der Nordsee durch die ältesten Bewohner des Landes, die Friesen und die Sachsen gekommen, die sie dann ohne jeden fremden Einfluss weiter entwickelt haben.

In dieser Beziehung sind die folgenden Worte WITSENS auf Seite 47 seines bekannten Werkes von wirklicher Bedeutung: « De Vriezen komt de lof toe van de herstelde scheepsbouw in Nederland, zoo de meeste schryvers willen »[7]. Es handelt sich tatsächlich um eine eigene Entwicklung für den Nordwesten Europas; die besonderen und übereinstimmenden Formen, die man noch jetzt zum grossen Teil von Dänemark bis Belgien findet, beweisen es vollauf.

Deshalb können wir im Gegensatz zum Mittelmeer oder dem Südzentrum im Hinblick auf Belgien von einem Nordzentrum sprechen. In weiterem Sinne hat die Entwicklung der Schiffbaukunst in diesem Nordzentrum begonnen und hat dann schliesslich ihren Höhepunkt in den Niederlanden erreicht. England und Frankreich sind uns gefolgt.

Die Schiffbaukunst ist allmählich in den Niederlanden weiter aufgeblüht, und zwar nur mit einer Unterbrechung in der Zeit, wo Frankreich durch die Kontinentalsperre herrschte.

II 72

Wir kehren nun zu den Schiffstypen zurück. Ich habe schon bemerkt, dass man einige Wikingerschiffe aufgefunden hat. Man entdeckte eins i. J. 1867 in Haugen und ein anderes[S. 36] i. J. 1880 in Gokstad; schon früher i. J. 1865 hatte man in Jütland 3 Schiffe gefunden, die aus dem 5. Jahrhundert zu stammen scheinen. Das grösste von ihnen hat eine Länge von 70 Fuss.

Man entdeckte ebenfalls ein Wikingerschiff in Charbuw, bei Pommeren. Die letzte Entdeckung erfolgte in der Umgegend von Oxenberg bei Christianiafjord in Norwegen (1904).

II 74

Alle diese Schiffe sind Ruderschiffe; man konnte sich auf ihnen aber auch der Segel bedienen, die man an dem in der Schiffsmitte aufgestellten Mast befestigte.

Die Schiffe sind im Vergleich zu ihrer Breite weniger lang als die Ruderschiffe des Mittelmeeres; ihre Breite beträgt nämlich ⅕ der Länge. Sie sind in der Mitte voll, ziemlich flach und werden nach vorn und hinten schmaler. Der Vorder- und der Hintersteven sind sehr hoch. Ein an der Seite des Hinterteils befestigtes Ruder dient ihnen als Steuer.

Ihr Bau weicht ebenfalls wesentlich von dem der Mittelmeerschiffe ab; hier findet man nur Schiffe mit glatten Wänden, während die Wikingerschiffe übereinandergreifende Planken haben.

Das Schiff « Gokstad » ist eins der schönsten Beispiele dieses Typs; es ist eingehend beschrieben von HOLMES in seinem schönen Werk « Ancient and modern ships », S. 55 und folg. Dies Schiff hat eine Länge von 77 Fuss 11 Zoll, eine Breite von 16 Fuss 7 Zoll, und eine Tiefe von 5 Fuss 9 Zoll; es hat ebenfalls übereinandergreifende und genagelte Planken.

II 76
II 80

Wenden wir uns nun nach Norwegen und betrachten wir dort die Fischereifahrzeuge, die noch heut in Gebrauch sind; wir werden durch die Ähnlichkeit betroffen sein, die zwischen diesen Schiffen und dem Wikingerschiff besteht, sowohl hinsichtlich der Bauart wie hinsichtlich der Form. Das veranlasst HOLMES zu schreiben (S. 60): « Such an instance of persistency in type is without parallel in the history of shipbuilding ». (Eine solche Beibehaltung des Typs ist in der Geschichte des Schiffbaues ohne gleichen).

Wir haben gesehen, dass dies nicht nur in Norwegen vorkommt, sondern bei allen Völkern. Wir finden es nicht wunderbar, dass die ältesten Modelle bei den Fischerbooten zu finden sind; keine Klasse ist konservativer als die der Fischer, die ihre Boote wie ihre Vorfahren bauen und die sich nur durch die Notwendigkeit zu neuen Formen bewegen lassen.

II 103

Ausser den im Norden aufgefundenen Modellen ist uns wenig von den älteren Schiffstypen geblieben. Die Beschreibungen und Abbildungen, die wir besitzen, sind entweder oberflächlich oder unvollkommen. In dieser Hinsicht ist das Wappen der Stadt Amsterdam die bekannteste Urkunde, die uns die Niederlande liefern. Das Werk WITSENS enthält auf S. 362 mehrere Abbildungen dieses Wappens aus verschiedenen Zeiten.

II 112
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II 110

HOLMES gibt ausserdem die Schiffe wieder, die auf einem alten Wandteppich von Bayeux (1066) abgebildet sind, wie das « Sandwich Seal » (Siegel) von 1238, das « Dover Seal » von 1284 und das « Pool Seal » von 1325 (S. 67 und 68). Die letzteren Siegel stimmen mit der ältesten Abbildung des Wappens von Amsterdam überein, und das auf ihnen dargestellte Schiff ist dem der genannten Stadt ziemlich ähnlich. Man darf auf diese Einzelheit jedoch nicht zu grossen Wert legen, denn wie der heraldische Löwe wenig einem wirklichen Löwen gleicht, so ist anzunehmen, dass das heraldische Schiff nicht die treue Abbildung des Typs ist.

Die alte Bibel mit Abbildungen aus der Zeit von 1200-1220, welche sich in der Königlichen Bibliothek im Haag befindet und die zu uns von Nordfrankreich gekommen sein dürfte, enthält auch eine bemerkenswerte Abbildung; der Typ eines Schiffes, das darin abgebildet ist, gleicht ebenfalls den vorigen.

II 112

Die Übereinstimmung aller dieser Abbildungen gestattet die Folgerung, dass in Westeuropa nur eine Sorte Schiffe vorzugsweise benutzt wurde; die deutlich erkennbare Beplankung zeigt überdies das Übereinandergreifen der Planken.

II 78

Aus der Abbildung auf dem Wandteppich von Bayeux geht ausserdem hervor, dass man sich sehr früh des Segels bedient hat; der Steuermann eines der Schiffe, die darauf abgebildet sind, hält in der Hand eine Segelleine. Diese Schiffe haben ausserdem — was zu beachten ist — ziemlich vertikale Vorder- und Hintersteven, wie man sie noch heut bei einigen Fischerbooten Norwegens trifft.

Das « Koggeschiff » (cogue), das Wappenschiff von Amsterdam ist ein sehr bekannter mittelalterlicher Typ, dessen Bedeutung[S. 37] vom 13. Jahrhundert ab in West- und Mitteleuropa deutlicher hervortritt, wo es die hanseatischen Völker, die Hansen und die Friesen erheblich vervollkommneten.

Dies im Verhältnis zur Länge sehr breite Schiff war schwer besteigbar; daher liess es sich als Kriegsschiff gut verwenden.

Das « Koggeschiff » scheint älter zu sein als der Hansabund (1250), wenn man sich an seinen Namen hält, dem man schon vor dieser Zeit begegnet. So hatten die Einwohner der Niederlande mehrere « Koggeschiffe » auszurüsten, um die Einfälle der Normannen zu bekämpfen (818-1010).

Das war die Anwendung des Feudalsystems auf die Schiffahrt (siehe LA CROIX S. 88). Diese Politik wurde bekanntlich unter Karl dem Grossen endgültig eingeführt, der die Friesen im Jahre 785 und die Sachsen im Jahre 804 unterjochte (J.-C. DE JONGE, Histoire de la marine néerlandaise, I. Bd. S. 6).

Natürlich setzte man alles ins Werk, um dem zu entgehen. Eine Verordnung des römischen Königs Otto I (936-973) legt einen Zehnten auf die Koggeschiffe (Kogschuit), dessen Ertrag dem Bischof von Utrecht zufiel. Es war dies das Lösegeld für die Verpflichtung, dem Fürsten mit den Koggeschiffen zu dienen. Diese Verpflichtung scheint im Grunde besonders die an der jetzigen Zuiderzee liegenden Gegenden betroffen zu haben. (DE JONGE, Bd. I S. 7.)

Das Koggeschiff erscheint zum erstenmal in Deutschland erst im Jahre 1211, als der Kaiser Otto IV. den Einwohnern von Wismar erlaubte, zwei Koggeschiffe (Cogken) und soviel kleine Schiffe zu unterhalten, als sie wünschten.

Einige behaupten, dass das Wort « Cogue », im Altnordischen « Kuggr » vom italienischen « cocca », vom spanischen « coca » oder vom altfranzösischen « coche » kommt und meinen demnach, dass das Koggeschiff romanischen Ursprungs sei. Das ist nicht wahrscheinlich; das Koggeschiff ist ein Schiffstyp, der dem alten Wikinger-Schiff nachgebildet und den Sonderverhältnissen der Schiffahrtstrassen und den Niederungen Nordwesteuropas angepasst ist. Es war also solide gebaut, d. h. breit und voll, um es leicht an Land ziehen zu können.

Das Koggeschiff war tatsächlich im Mittelmeer unbekannt; das ergibt sich übrigens aus dem, was der Geschichtsschreiber FLORENTIN VILLANI gelegentlich der Schlacht von Zieriksee davon erzählt. Wenn dies Schiff ein Muster aus dem Mittelmeer gewesen wäre, so hätte der genannte Schriftsteller die Aufmerksamkeit nicht besonders darauf gelenkt. Das Koggeschiff gehört also wohl nach Nord- und Westeuropa; es verdankte seine Vervollkommnung den Friesen und besonders den Flamändern.

II 103
II 97
II 98

Im 13. Jahrhundert war das Koggeschiff schon allgemein im Gebrauch, und man kann annehmen, dass die Normannen es schon zur Zeit der Wikinger kannten. Leider ist nicht viel davon übrig geblieben. Die ältesten Abbildungen, die wir von ihm besitzen, sind die auf den Siegeln von Amsterdam und Harderwyk. Aber das Schiff, das auf dem Wappen der ersteren Stadt abgebildet ist, hat sehr viele Veränderungen im Laufe der Jahrhunderte durchgemacht. Es ist eine schlecht hergestellte Zeichnung, wie WITSEN bemerkt, der diese mangelhafte Herstellung der Unkenntnis der Wappenstecher zuschreibt. (WITSEN, S. 363.)

II 108

Das Wappen von Harderwyk stimmt mit dem von Damme überein. (JAL, Gloss. nautique S. 1051); zweifellos zeigen uns die beiden Siegel dasselbe Schiff (der einzige Unterschied besteht darin, dass das Schiff von Damme 2 Aufbauten hat). Wenn also, wie WITSEN behauptet, das Schiff von Harderwyk ein Koggeschiff ist (WITSEN, S. 364, 2. Spalte unten), so muss es ebenso das von Damme sein.

Was die Siegel von Amsterdam betrifft, so bemerkt WITSEN ausserdem, dass das älteste nicht vor dem Jahre 1200 angefertigt sein kann, da Amsterdam vor dieser Zeit nicht den Rang einer Stadt besass. Er fügt hinzu, dass man auf diesem Wappen klar sieht: « hoe het met de bouwery der Kog-schepen oulinx heeft gestaen en hoe haer gestalte steeds is veranderd met den tyd, gelijck men ook hedens-daegs (dus ten tyde van dien schryver) de gestalten der schepen steeds veranderen ziet » (blz. 364)[8].

Der Rumpf der Koggeschiffe hatte übereinandergreifende Planken.

[S. 38]

Die meisten Abbildungen zeigen uns nur ein Vorderteil mit abgerundeter Form. Man kann also annehmen, dass das auf dem Wappen von Harderwyk dargestellte Schiff eine Abart des gewöhnlichen Koggeschiffs ist. Es ist zu bemerken, dass alle alten Modelle von holländischen Schiffen wie das Koggeschiff ein leicht abgerundetes Vorderteil ohne Galion zeigen.

II 124
u. s. w.

Alle alten flämischen Stiche aus dem 15. Jahrhundert zeigen verschiedene Schiffstypen, und sonderbarerweise hat keins von diesen den Namen Koggeschiff. Indessen zeigen uns alle diese Stiche gedrungene Schiffe mit rundem Vorderteil, die sicher von den Koggeschiffen abzuleiten sind.

II 190

Man findet sogar eine Abbildung aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts, die ein seeländisches Koggeschiff darstellt. Vorder- und Hinterteil haben dort gleiche Form; es ist indessen anzunehmen, dass das Vorderteil breiter gewesen ist mit Rücksicht auf die Stelle, an der sich der Mast befand, und die auf etwa ein Drittel der Schiffslänge vom Vordersteven aus gerechnet liegt; dieser letztere sowie der Hintersteven sind gekrümmt; die Ruderpinne geht durch ein Gehäuse; der Mast ist stark geneigt, wie es die Verwendung der alten Spriete wollte. Das Schiff hat ausserdem Schwerter.

Die Zeichnung lässt nicht deutlich erkennen, ob die Planken des Rumpfes übereinander greifen. Es ist wohl möglich, dass die Wände glatt gewesen sind, denn zu jener Zeit war diese Bauart schon üblich. Das Schiff hat keinen Spiegel; der Rumpf ist mit konvexen Planken bedeckt.

III 115
III 116

Zweifellos stammt dies seeländische Koggeschiff von dem ursprünglichen Koggeschiff. Wir können annehmen, dass dies Fahrzeug etwas breitere Enden hatte; der Mast dürfte in der Mitte gestanden haben; richten wir den Mast in der Mitte auf, ersetzen wir das Steuer durch ein Steuerruder, lassen wir die Schwerter fort und denken wir uns die Wände klinkerweise hergestellt, so werden wir eine Vorstellung von dem Koggeschiff haben; dann aber erhält unser « Bom » eine ganz andere Bedeutung. Dies letztere Schiff ist bekanntlich in den letzten Jahren erheblich vergrössert worden und hat an seinen Enden an Breite gewonnen, um die Fassungskraft zu vermehren. Das sieht man klar, wenn man das Vorderteil eines « Bom » mit dem Vorderteil der Barke vergleicht, die zum Krabbenfang dient. Diese letztere zeigt noch die alten runden Formen und hat im Verhältnis zu ihrer Länge eine geringere Breite.

III 112

Wir können also annehmen, dass der Bom weniger eckige Enden und ein höheres Vorder- und Hinterteil hatte, also etwas mehr gekrümmt war als die früheren Schiffe; wir erhalten so ein Schiff, das mit seinen Wänden aus klinkerweise an einander genagelten Planken sich wenig von dem alten Koggeschiff unterschied, und sofort erklären wir uns den Ursprung eines alten Schiffstyps, den man noch als eine Seltenheit in unserer Fischereiflotte findet.

So geändert unterscheidet sich der « Bom » nicht mehr so sehr von der « Egmonder Pink », die von WITSEN, S. 168, beschrieben und gezeichnet wird; es dürfte sogar erlaubt sein zu sagen, dass er aus jener entstanden ist. So erklärt es sich, dass noch heutzutage die « Bommen » oft « Pinken » genannt werden.

Ein im Gemeindemuseum des Haags aufbewahrtes Bild stellt übrigens den Strand von Scheveningen dar, der nicht mit « Bommen » sondern mit « Egmonder Pinken » bedeckt ist.

Wir werden darauf zurückkommen, wenn wir von den Fischereifahrzeugen sprechen werden.

II 243

Die Barken für den Krabbenfang erfuhren weniger Abänderungen; daher unterscheiden sie sich auch, abgesehen von dem Spiegel, der später auf ihnen angebracht wurde, weniger von der Egmonder Pink, die sich endlich fast vollständig in der Ostender Fischerbarke wiederfindet, wie schon LELONG in seiner Encyclopédie d’Architecture navale, S. 17, bemerkt hat.

Einige Bommen haben noch im 19. Jahrhundert auch als Küstenwachtschiffe gute Dienste leisten können. Nichts beweist, dass sie schon zur Zeit Witsens vorhanden waren; es scheint nicht so, denn dieser Schriftsteller erwähnt sie nicht; er begnügt sich mit der Bemerkung, dass man ausser den Egmonder Pinken auf dem Strande andere Fischerbarken fand, die viel kleiner waren und nur Besan-Segel besassen. Wenn diese Barken durch ihre Formen sich viel von den Pinken unterschieden hätten, so hätte er meines Erachtens sicher davon gesprochen. (S. WITSEN, S. 168, 2. Spalte.)

[S. 39]

II 187

Der Zeichner, der das seeländische Koggeschiff nachbildete, hat uns auch die Zeichnung eines « Deghbootes » hinterlassen, das wie das erste aus Seeland stammte. (WITSEN, S. 120, 2. Spalte.) Dieses Fahrzeug gleicht sehr jenem Koggeschiff. Der Vordersteven ist etwas länger, die « Statie » ist nicht geschlossen, und es sind keine konvexen Lukendeckel vorhanden. Nur die Takelung weicht vollständig von derjenigen der « Pink » ab, und alles lässt darauf schliessen, dass sie aus dem Süden stammt.

II 189
II 188

Derselbe Zeichner bringt eine Abbildung eines Brabanter « Heude » oder « Heu », den man kleine seeländische Kogge nennen könnte. Es scheint indessen auch grössere « Heuden » gegeben zu haben, wenn man der Abbildung des « Heu von Brüssel » folgt, eines Fahrzeugs, das zwei Kanonen trug. Diese Abbildung lässt keinen Schluss auf die Form des Schiffes zu.

Es dürfte hier zu bemerken sein, dass man sehr vorsichtig in Bezug auf diese verschiedenen Benennungen sein muss, die Anlass zu vielen Verwirrungen gegeben haben; ein Beispiel hierfür ist die berühmte Besprechung, die im Jahre 1902 und 03 in Groningen über die Frage stattfand, was ein « Pram » ist.

Die Kreuzzüge, die im Jahre 1096 begannen, haben in hohem Grade zur Vervollkommnung des Schiffes beigetragen; das gleiche gilt von der Erfindung des Kompasses in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. (HOLMES, S. 66.) Der Handel und die Schiffahrt nahmen einen immer grösseren Aufschwung, sodass im 13. Jahrhundert Damme der Stapelplatz für Nordeuropa wurde. Italien, Spanien und Frankreich brachten ihre Erzeugnisse zu uns. Die alten Seegebräuche von Damme wurden später die Quelle des Seerechts in Holland, im Norden Deutschlands (KOENEN, S. 50), in Schweden und in Dänemark.

Es werden Handelsverträge mit den Hansestädten geschlossen, und im Jahre 1252 stellt man Tarife auf. (KOENEN.) In diesen Tarifen spricht man von « Losbogen, Scharpoise, Eenvaren », Barken mit hohem Bord und Heckbooten. Man findet diese Benennungen in einem Vertrag, der zwischen dem Herrn von Kuyck und dem Herrn von Dordrecht geschlossen wurde, um einen Streit über den Zoll in Kuyck zu schlichten.

Unter « Losbogen » versteht man die Schiffe, die von vorne oder vom « Booge » entladen wurden, wie dies noch auf den Schiffen geschieht, die Holz befördern.

Zu den « Scharpoise » oder « Escarpoise » rechnet man die Barken, die auf der Scharpe, einem Nebenfluss der Schelde, in Gebrauch waren.

Die « Eenvaren » waren Fahrzeuge, die von einem einzigen Schiffer geführt wurden, während die « Heckboote » Schiffe mit Spiegel waren.

Diese Benennungen werden genügen, um zu beweisen, dass es frühe verschiedene Arten von Fahrzeugen gegeben hat, und dass neben der « Kogge » andere, wenn auch kleinere Schiffe vorhanden waren.

Ursprünglich steuerte man die « Kogge » mit dem Ruder wie alle anderen Schiffe; erst im 13. Jahrhundert wurde diese Art allmählich aufgegeben, und das Ruder wurde vom Steuer verdrängt.

Man kann für Holland nicht die Zeit bestimmen, zu der dieser Wechsel stattfand; die verschiedenen Wappen von Amsterdam können hierfür keine Aufklärung geben. Auf mehreren von ihnen hat nämlich das Schiff kein Steuer, zweifellos um symbolisch anzudeuten, dass man nach allen Teilen der Erde schiffen könnte (WITSEN, S. 634), und dass von Amsterdam Schiffe nach allen Gegenden der Erde fuhren.

Es ist trotzdem anzunehmen, dass das Steuer ebenfalls im 13. Jahrhundert in Holland eingeführt ist.

Einige haben behauptet, dass zwischen der Einführung des Kompasses und des Steuers eine Beziehung bestanden hat; letzteres musste angenommen werden, als man mit Hilfe des Kompasses immer weitere Fahrten unternehmen konnte.

Ich meinerseits glaube nicht, dass die geringste Beziehung zwischen Kompass und Steuerruder bestanden haben kann; die Normannen fuhren nämlich schon durch die Nordsee, bevor das Steuer bekannt war.

Die ältesten Abbildungen der « Kogge », wie primitiv sie auch sein mögen, haben in der Mitte einen Mast mit Takelung. Ich kenne keine Abbildungen, die Ruder zeigen. Man kann also sagen, dass die Takelung die Hauptausrüstung war, und dass die Ruder, deren Zahl auch auf den grössten Koggen höchstens 32,[S. 40] also 16 auf jeder Bordseite betrug, nur zur Zeit von Windstille benutzt wurden. Das geschieht noch heut auf den kleineren Fahrzeugen, wie den « Tjalken ».

Die Ruder waren also nur nebensächlich, entgegen dem, was man auf den Galeeren sieht, wo die Ruder die Hauptsache und die Takelung die Nebensache war. Das ist der Grund, aus dem man im Gegensatz zu der Kogge keine Abbildungen von Galeeren ohne Ruder findet.

Man gibt also ohne Grund den « Koggen » manchmal den Namen « Galeeren ». Diese haben sich niemals in den Niederlanden einbürgern können. DE JONGE hat schon auf die Ungenauigkeit der Stelle hingewiesen, wo der Verfasser der Annexe Op Wagenaar, Bd. 3, S. 50, erzählt, dass die 1100 gegen Antwerpen von Graf Wilhelm III. geschickten Schiffe fast ausschliesslich Galeeren waren.

In der Geschichte der Niederlande ist jedoch von Galeeren die Rede, aber nicht von dem Mittelmeertyp. Ihre Zahl ist beschränkt gewesen; sie wurden nur auf Strömen und Flüssen verwendet.

II 145

Ein Stich aus etwa 1600, der die Schelde vor Antwerpen darstellt, sowie eine Ansicht von Gouda zeigen uns eine derartige Galeere.

Diese Galeeren waren nur grosse Ruderschiffe, ein wenig länger als die gewöhnlichen Barken (DE JONGE, Bd. 1, S. 80) und hatten höchstens 32 Ruder. Die grösste niederländische Galeere diente dem Schutz von Amsterdam und hiess der « Schrecken der Zuiderzee ».

Die in den Seeschlachten verwendeten Galeeren sind zu uns aus dem Süden gekommen.

Wer den holländischen Nationalcharakter kennt, wird sich nicht wundern, dass die Galeere in Holland keinen Erfolg hatte. Da die Beschäftigung auf der Galeere als verächtlich galt, so fand man keine freiwilligen Ruderer; Sklaverei gab es nicht, da sie frühzeitig abgeschafft war. (s. WITSEN, S. 194, 1. Spalte.)

Die Koggeschiffe behielten nun nicht ihre einfachen Formen, die wir beschrieben haben. Die fortwährenden Kriege, die zur Errichtung fester Burgen im Mittelalter führten, veranlassten den Bau fester Teile auch auf den Schiffen, und so sehen wir, wie sich allmählich bei uns ebenfalls jene Kastelle entwickelten, die sich vorn und hinten auf den Schiffen erhoben. Die Siegel von Amsterdam liefern hierfür ein Beispiel.

Die militärische Taktik beeinflusste natürlich die Bauart der Schiffe. Die Kreuzzüge und der darauf folgende Verkehr mit den Völkern des Mittelmeeres, denen die Kastelle schon bekannt waren, lehrten auch uns die Aufbauten kennen. Wenn es beim ersten Treffen nicht gelang, das feindliche Schiff in den Grund zu bohren, so enterte man, um Mann gegen Mann zu kämpfen. Nunmehr war derjenige Sieger, der die festesten Schiffe besass und sich hoch aufstellen konnte, um seine Pfeile auf den Feind abzuschiessen. Was war somit natürlicher, als auf den Schiffen die festen Kastelle mit ihren zinnengekrönten Türmen nachzuahmen. Wenn der Feind das Deck betrat, so zog man sich in die Kastelle zurück. Man darf sich also nicht wundern, wenn man auf den Masten die alten Marsen findet und wenn man hört, dass man sogar die kleinen Boote emporzog, um von dort den Gegner sicherer unter einem Hagel von Pfeilen und Steinen zu zerschmettern (DE JONGE, Bd. I, S. 20).

Es ist begreiflich, dass die abnehmbaren Aufbauten nicht den Erwartungen entsprochen haben, und dass man von nun ab bald dahin kam, das Kastell und das Schiff fest miteinander zu verbinden, daher das erhöhte Vorder- und Hinterteil.

Bei dieser Bauart sind Portugal und Spanien, die das Mittelmeer nachahmten, uns vorangegangen.

Wir sehen so das Schiff des 16. Jahrhunderts sich allmählich entwickeln und wir verstehen, wie zwischen den vorn und hinten befindlichen Aufbauten der mittlere Teil niedrig blieb.

Anfänglich gab es kein Deck. Daher überdeckte man den mittleren Teil, um ihn gegen die Steine und sonstige Wurfgeschosse zu schützen, mit einem hölzernen Gitterwerk (siehe u. a. WITSEN, S. 51, 2. Spalte), während die Borde des Schiffs mit Zinnen versehen waren, die mit Zinn beschlagen waren, um beim Entern das Erklettern zu erschweren.

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Die englischen Siegel, die feiner und künstlerischer geschnitten sind als die unsrigen, geben eine ausgezeichnete Vorstellung von der fortschreitenden Entwicklung der Aufbauten. Fünf davon zeigen Schiffswände, die klinkerweise genagelt sind, während[S. 41] das Siegel der Stadt « Poole » deutlich Bolzen erkennen lässt. Die Kastelle sind in ihren aufeinanderfolgenden Entwicklungsabschnitten so klar dargestellt, dass man keiner Erklärung bedarf. Das Ruder, zum Lenken, welches auf dem ältesten Siegel dargestellt ist, ist auf den anderen durch ein Steuer ersetzt. Das Siegel von Boston hat einen gut gebauten Dreimaster mit glatten Borden.

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Alle diese Siegel, ausgenommen dies letztere, zeigen die Formen der « Koggeschiffe », was wiederum die Gleichartigkeit der Schiffstype in Nordwesteuropa beweist. (HOLMES versichert auf S. 70 seines Werkes, dass das Siegel von Poole die älteste englische Darstellung eines Schiffs mit Steuer ist; 1325.)

Wie gesagt, war die Einführung des Kompasses das Zeichen zum Aufgeben der Küstenschiffahrt und ermöglichte weitere Fahrten. Man berichtet nämlich in « Reygersberghs Chronyk van Zeelant » (herausgegeben von BOSCHBORN) Bd. II, S. 212, dass ums Jahr 1440, nachdem der Gebrauch des Kompasses kaum allgemein eingeführt war, die Seeländer sich mehr und mehr nach Süden, nach Portugal und Spanien wandten.

Früher erschienen diese Länder so fern, dass man vor Beginn einer Reise nach diesen Ländern beichtete und die heiligen Sakramente nahm.

Zur selben Zeit wie die Erfindung des Kompasses beeinflusste ein anderes Ereignis in eigentümlicher Weise den Schiffbau; es war die Erfindung des Schiesspulvers, somit die Einführung der Artillerie.

Die Geschichte der Niederlande spricht zum ersten Male von der Verwendung der Artillerie bei der Unternehmung des Herzogs Albert gegen die Friesen i. J. 1396. Man hat sich derselben anscheinend bei der Belagerung des Schlosses Rozenburg i. J. 1351 bedient. (DE JONGE Bd. I, S. 28.)

Weder in der Schlacht an der Schleuse, noch bei den Seefahrten des Königs Richards III. benutzte man Kanonen. Im 14. Jahrhundert jedoch waren diese an Bord der Schiffe allgemein in Gebrauch. (HOLMES, Seite 71.) Wir werden uns also nicht wundern, dass die Genuesen und Venezianer im Süden, die Hansestädte im Norden, die die Meister in Handel und Schiffahrt waren, zuerst Kanonen einführten. (DE JONGE Bd. I, S. 29.)

Die Artillerie veränderte natürlich die Kriegstaktik, und man kann sagen, dass der militärische Wert der Schiffe von der Zahl ihrer Kanonen abhing. Man baute also schliesslich Schiffe, die ausschliesslich zum Kriegführen bestimmt waren, und man musste die Praxis des Mittelalters aufgeben, die darin bestand, Kauffahrteischiffe als Kriegsschiffe zu verwenden.

Die vereinigten Provinzen entschlossen sich nicht sogleich, besondere Schiffe zu bauen. Man musste also die Grössenverhältnisse der vorhandenen Type vermehren, um eine grössere Zahl von Kanonen aufstellen zu können. Der Unterschied zwischen den Seeschiffen und den Binnenfahrzeugen trat immer deutlicher hervor. Es war augenscheinlich das Kriegsschiff, das sich am meisten von den alten Formen unterschied und zwar aus dem Grunde, dass man es jeder Änderung unterzog, die von dem Feinde als zweckmässig eingeführt war.

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Die ersten Kanonen sind nicht allzu furchtbar gewesen; ein Beweis hierfür ist, dass die Bedeckung der Kabinen und Kastelle geneigt war, wie die Dächer, um die vom Feind geschleuderten Bomben leichter herabrollen zu lassen.

Der Name « Koggeschiff » verschwindet in dem Masse, wie die Schiffe wachsen. Diese heissen am Ende des 14. Jahrhunderts und während des 15. Jahrhunderts allgemein « Hulken » und « Baertzen » und sind im ganzen, wie WITSEN sagt, nur Schiffstype, die früher bei uns im Gebrauch waren. Die Hulk, fügt er hinzu, das grössere der beiden, segelte nach den entfernten Gegenden; seine Tragkraft erreichte manchmal 200 Last. (WITSEN S. 494, 2. Spalte.)

Die « Baertze », sagt derselbe Autor, war ein Schiff, das man sowohl für die Küstenverteidigung wie für den Seekrieg ausrüstete. I. J. 1518 baute man noch eine sehr grosse Baertze, die mit Segeln fuhr, die man aber bei Windstille auch rudern konnte. (s. WITSEN, S. 483, 1. Spalte.)

Diese beiden Type waren also Handelsschiffe, von denen die Baertze besonders für Kriegszwecke verwendet wurde. Ihre Ausrüstung umfasste auch Ruder, die man benutzte, wenn sich der Wind legte.

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Auch im 15. Jahrhundert gab es keine ausschliesslich für den Krieg erbauten Schiffe. Dies Jahrhundert hat uns sehr schöne Nachbildungen flämischen Ursprungs hinterlassen. (s. « Der Meister[S. 42] W. A. » von MAX LEHR, 1895, S. 1.) Nur drei dieser Schiffe tragen einen Namen, die « Baertze », die « Barke » und die « Kraeck ».

Alle dort dargestellten Schiffe zeigen dieselben Merkmale und unterscheiden sich von einander nur durch ihre Takelung. Sie sind voll, wie man sehen kann, und ihr Vordersteven ist gekrümmt, ihr Hintersteven abgerundet; sie haben also keinen Spiegel.

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Ausser der « Kraeck » hat keins dieser Schiffe Artillerie; alle haben indessen ein Kastell vorn und hinten, das noch recht einfach gebaut ist; nur die « Kraeck » hat Fenster in dem später « Fronton » genannten Teil.

Alle Aufbauten der dargestellten Schiffe ausser denen der « Kraeck » sind oben offen. Dies letztere Schiff ist zweifellos das grösste; schon sein Name weist auf einen Schiffstyp hin, dessen starke Bauart und Gestalt ihren Ursprung in der spanischen « Karake » haben dürften; daher der Name « Kraeck ».

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Die Form dieses Schiffes weicht nun kaum von der der anderen ab; das Vorderteil besonders nähert sich mehr dem holländischen Typ als dem der spanischen « Karake » oder des « Galion ». (Vgl. die Abbildung in dem Werk von VAN YK, S. 9.) Es ist also anzunehmen, dass die « Kraeck » sich nur durch die grösseren Aufbauten, eine stärkere Takelung und die Grösse unterschieden haben wird.

Die « Barke » und die « Baertze » ebenso wie die anderen Abbildungen geben uns einen Begriff von dem holländischen Schiff des 15. Jahrhunderts. Unter diesen Schiffen finden wir keine « Hulken », deren Wandungen klinkerweise genagelt waren, (WITSEN, S. 496, 1. Spalte, Karavelle), während wir auf allen uns interessierenden Abbildungen nur Schiffe mit glatten Bordwänden sehen.

Ausser den « Hulken » gab es « Razeilers » und « Krayers », deren Wandungen ebenfalls klinkerweise genagelt waren. Wir finden also hier die alte Bauweise der « Koggeschiffe », und man kann behaupten, dass wir Schiffe vor uns haben, die ihren Ursprung diesem Schiffstyp verdanken und nur deshalb einen anderen Namen führen, weil sie sich durch einige Einzelheiten der Takelung und der Aufbauten unterscheiden.

Eine der flämischen Miniaturen aus dem 15. Jahrhundert ist eine sehr bemerkenswerte Darstellung eines derartigen Schiffs. Man sieht das Koggeschiff mit Planken, die klinkerweise genagelt sind; nach der Sitte des Mittelalters hat das Schiff drei Maste mit Marsen, einen Aufbau vorn und hinten und Artillerie; es hat keine Stückpforten.

II 118

Die « Koggeschiffe », die im 13. Jahrhundert allgemein gebräuchlich waren, wurden im 14. Jahrhundert durch die « Krayers » und die « Hulken » ersetzt, die ihrerseits im 15. Jahrhundert den « Barken », « Baertzen » u. s. w. weichen mussten.

Erst in diesem letzteren Jahrhundert verschwinden bei den grossen Schiffen die klinkerweise genagelten Wandungen, um den glatten Bordwänden Platz zu machen, einer Bauart, die bei uns infolge unserer Beziehungen zu den Völkern des Mittelmeeres eingeführt wurde.

Eine alte von D. VELIUS geschriebene Chronik von Hoorn erzählt uns, dass diese Arbeitsweise zum ersten Mal von « Juliaan » in Zierikzee erwähnt und i. J. 1460 in Hoorn eingeführt wurde. Die in dieser Art gebauten Schiffe hiessen « Karwiel » oder « Kraweel » oder « Karveel » (WITSEN, S. 486, 1. Spalte), und ihr Typ dürfte nach diesem Autor der lateinischen Bark « Carabus » nachgeahmt sein. DE JONGE seinerseits (Bd. I, S. 76, Anmerkung) bemerkt, dass « Juliaan » wohl italienischer Herkunft gewesen sein könnte.

WITSEN gibt von dieser « Karwiel » eine Beschreibung, die beachtenswert ist; sie hatte ein ziemlich schmales Vorderteil, ein breiteres Hinterteil, in der Form eines Meissels, mit anderen Worten spitzere Formen, wodurch sie sich von den in Holland gebräuchlichen Schiffstypen unterschied.

Wir würden also nicht nur eine bestimmte Bauart vor uns haben, sondern auch ein bestimmtes Modell, das aus dem Mittelmeer zu uns gekommen ist. JAL behauptet übrigens in seinem Glossaire nautique, S. 419 und 420, dass es schon i. J. 1307 im Mittelmeer Karavellen gab, die jedoch kleiner waren als die Schiffe, die Vasco da Gama und Columbus benutzten. Hierüber sagt dieser Schriftsteller: « Die Karavelle war ein kleines Fahrzeug aus der Familie der runden Schiffe, aber feiner in der Form als die gleichzeitigen Schiffe; sie war auch feiner gearbeitet. Daher war sie auch schneller, liess sich besser bewegen und war geeigneter für alle Unternehmungen, die Schnelligkeit während der Fahrt und grosse Geschwindigkeit bei den Bewegungen erforderten. » Diese Karavellen[S. 43] sind nicht als « Kraeck » in Gebrauch geblieben; mit diesem Schiff kommen wir also zu der Zeit, wo der gegenseitige Einfluss beider Mittelpunkte fühlbar wird.

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Zwei andere kleine flämische Bilder zeigen uns deutlich den Unterschied zwischen dem holländischen und dem fremden Typ; sie stammen aus dem Jahre 1482 bzw. 1488. Das erste lässt den reinsten holländischen Typ erkennen; das zweite weist glatte Bordwände auf. Diese Bauweise war also bei uns schon im 15. Jahrhundert angenommen.

Die Schiffe haben jedoch noch keinen Spiegel, und ihr Hinterteil ist abgerundet, nach der alten Art. Im allgemeinen waren sie klein, so dass wohl unsere jetzigen auf der See verwendbaren « Tjalken » sich mit ihnen vergleichen liessen. Sie hatten eine Tragkraft von 160, 180 und 200 t oder 80, 90 und 100 Last. Es gab aber auch solche zu 220, 230 und 240 t (110, 115 und 120 Last). (DE JONGE Bd. I, S. 80.)

Die « Karavellen » und die « Kraecken » erscheinen im 17. Jahrhundert nicht mehr. Zu dieser Zeit findet man keine Type mehr, die von dem gewöhnlichen holländischen Typ abweichen, so dass man mit Recht sagen kann, dass es den beiden vorgenannten Typen nicht gelungen sei, sich bei uns einzubürgern. Wir werden im Gegenteil sehen, dass die Schiffe mit vollen Formen immer mehr eingeführt werden.

Der Name « Koggeschiff » kommt also im 15. Jahrhundert nicht mehr vor. Der Typ bestand aber weiter. Aus dem Koggeschiff entstanden die « Hulken » und aus diesen die « Baertzen ». Wenn auch abgeändert blieb die erste Form, d. h. das volle Schiff, in Gebrauch. Nur eine Eigentümlichkeit verschwand: der schlanke Vorder- und Hintersteven, eine Erinnerung an das alte Wikingerschiff, die man auf allen im Nordwesten Europas von Dänemark bis einschliesslich Nordfrankreich und England vorhandenen Abbildungen wiedertrifft.

Die Takelung entwickelte sich; an die Stelle des einen Mastes traten drei aus einem Stück bestehende, jeder mit einem Mars und einem grossen Segel versehen. Das Tauwerk wird verstärkt, und am Ende des 15. Jahrhunderts finden wir Rüsten. Längst ist das alte Stangenruder zum Steuern des alten « Koggeschiffs » durch das Steuer ersetzt.

Es würde ungenau sein, die von dem Meister W. A. dargestellten Schiffe « Koggeschiffe » zu nennen, wie dies ARENHOLD in seinem Werk: « Die allmähliche Entwicklung des Segelschiffs von der Römerzeit bis zur Zeit der Dampfer », S. 650, Jahrbuch der Schiffbautechnischen Gesellschaft 1906, tut. Immerhin handelt es sich um Formen, die von dem « Koggeschiff » stammen. Es handelt sich also nicht um neue Formen, die sich neben den alten entwickelt hatten.

Befragt man die Geschichte, so wird man nicht erstaunen, dass gerade im 15. Jahrhundert die Wirkungen der Berührung der beiden Mittelpunkte auftreten.

Die Kreuzzüge (1096-1291), die eine grosse Annäherung zwischen den Völkern brachten, waren zu Ende gegangen. Der hanseatische Städtebund, geschlossen i. J. 1250, hatte unseren Handel auf der Ostsee wunderbar aufblühen lassen. Die Friesen insbesondere widmeten sich der Schiffbaukunst, aber die Bewohner von Flandern liessen sich doch nicht überholen.

Im Jahre 1339 brach dann zwischen Frankreich und England der hundertjährige Krieg aus, der das letztgenannte Land bewog, sich tatkräftiger mit dem Bau von Schiffen zu beschäftigen als bisher.

Einer der berühmtesten Kämpfe dieser Zeit ist die Seeschlacht an der Schleuse (1340), in der die englische, aus 200 Schiffen bestehende Flotte unter dem Befehl König Eduards III. die französisch-genuesische Flotte vollständig vernichtete. Diese 190 Schiffe starke Flotte bestand aus runden Fahrzeugen, Galeeren, Barken und einer grossen Zahl kleiner Schiffe. Einige Geschichtsschreiber behaupten sogar, dass sie 400 Schiffe umfasste. (HOLMES, S. 71.)

Die Engländer verloren in dieser Schlacht 4000 Mann und die Franzosen 25000, was zu dem Schlusse führt, dass die Franzosen und Genuesen eine grosse Zahl Galeeren besassen.

Im Jahre 1345 ging Eduard III. wiederum nach Frankreich, an der Spitze einer Flotte von 1000 bis 1100 Schiffen, und i. J. 1347 wurde ein dritter Zug in Verbindung mit der Belagerung von Calais gegen dieses Land unternommen.

HOLMES (S. 72) erzählt, dass die meisten Schiffe, aus denen die Flotte bestand, die damals mit 745 Einheiten in den französischen Gewässern erschien, von England gekommen wären;[S. 44] sie hatten 15895 Mann an Bord; die anderen Fahrzeuge dürften von Flandern und Spanien geliefert worden sein.

Die Zahl der Mannschaften, die oben genannt ist — 21 Mann auf das Schiff — besagt zur Genüge, dass im allgemeinen die Fahrzeuge verhältnismässig klein waren. Wir können uns also keine bessere Vorstellung von dieser Flotte machen als die, welche uns die alten Stiche geben, auf denen die Ausfahrt einer Fischereiflottille von Büsen und einigen « Noordvaarders » abgebildet ist.

Die Kastelle, die die Schiffe jener Zeit hatten, waren klein und nicht für die Dauer aufgebaut.

Die zur Erinnerung an die Schlacht bei der Schleuse geschlagene Medaille zeigt ebenfalls eine Kogge oder wenigstens ein Schiff, das ihm mit seinen klinkerweise befestigten Planken völlig gleicht. Es ist anzunehmen, dass man für dieses Bild den zu jener Zeit verbreitetsten Typ gewählt hat; es wäre also wiederum die nahe Verwandtschaft bewiesen, die zwischen den im Norden ansässigen Völkern bestand.

Die militärische Taktik hatte die Völker des Mittelmeeres und später Spanien und Portugal, die jenen nachahmten, gezwungen, ihre Schiffe zu erhöhen. Folgendermassen schreibt nämlich HOLMES über die von Eduard III. bei Winchelsea gegen 40 spanische Schiffe gelieferte Schlacht: « The tactics of the English consisted chiefly of boarding, while the Spaniards, whose vessels were much the higher, attacked with crossbows and heavy stones; the latter they hurled from their frighting tops into their adversary’s ships »[9].

Die Geschichte der Niederlande spricht ebenfalls von dieser Methode.

Im Jahre 1372 machte England auf der See zum ersten Mal Gebrauch von der Artillerie; auf dem Mittelmeer wurde sie i. J. 1377 von den Genuesen verwendet. Erst viel später entwickelte sich die Schiffbaukunst in Frankreich. Trotzdem ist bewiesen, dass man im 14. Jahrhundert dort schon Schiffe baute, und es scheint, dass es i. J. 1339 schon Kanonen an Bord gab. Aber nur an den Mittelmeerküsten wurde Schiffbau getrieben, anscheinend auf Anregung von Johann von Wien, der 1373 zum Admiral ernannt war. (Musée de Marine du Louvre.)

Während der Herrschaft Heinrichs des Seefahrers (1417) nimmt die Schiffbaukunst ihren Aufschwung in Portugal, das ganz unter dem Einflusse des Mittelmeeres stand.

Inzwischen entwickelten sich die Beziehungen der Niederlande zu den Mittelmeerländern schnell.

Die Schliessung des alten Weges nach Indien, der durch das Mittelmeer und Kleinasien führte, veranlasste eine vollständige Umwälzung im Welthandel. Man war gezwungen, neue Erkundungsfahrten zu unternehmen, und so lesen wir, dass man, nachdem sechs Karavellen i. J. 1446 bis nach Guinea gedrungen waren, bald danach die Kapverdischen Inseln erreichte.

Im Jahre 1449 drang man bis zu den Azoren vor, und i. J. 1486 erreichte Bartholomaeus Diaz das Kap der guten Hoffnung. Elf Jahre später umschiffte dieser Seefahrer das Kap und landete in Indien mit drei Schiffen, dem « San Gabriël », dem « San Raphaël » und dem « Bonio ». Das erste dieser Fahrzeuge muss nach den Angaben einen Tonnengehalt von 400 t oder 250 bis 300 Registertonnen gehabt haben. (HOLMES, S. 86.)

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Es dürfte nicht notwendig sein, länger bei diesen Ereignissen zu verweilen, deren Geschichte genügend bekannt ist, und deren letztes die Entdeckung Amerikas durch Christoph Columbus i. J. 1492 war. Dieser verfügte nur über drei kleine Fahrzeuge, obwohl Spanien zu jener Zeit schon grössere verwendete. Das bekannteste und grösste dieser drei Schiffe war die « Santa Maria ». Dies Fahrzeug hatte eine Kiellänge von 60,68 Fuss, eine Gesamtlänge von 128,25 Fuss und eine Gesamtbreite von 25,71 Fuss. Auf der Chicagoer Ausstellung i. J. 1893 war ein Modell dieses Schiffs, von dem das Werk von HOLMES, S. 85, eine Abbildung bringt.

Die Entdeckung Amerikas erzeugte den Durst nach Gold, trieb die Völker des Nordwestens Europas auf das Meer und nötigte sie, sich energischer mit dem Schiffbau zu befassen. Die Niederlande nahmen damals einen wunderbaren Aufschwung;[S. 45] die Grösse ihrer Schiffe wächst beträchtlich, so dass man vom 16. Jahrhundert ab Schiffe von 300, 400, 500 und 600 t findet.

Für den Krieg indessen benutzt man auch ferner mit Vorliebe Schiffe geringerer Grösse (s. z. B. DE JONGE, Bd. 1, S. 81) weil ihre Bewegung leichter war.

Nach dem Jahre 1500 erreicht unsere Schiffsbaukunst eine derartige Entwicklung, dass unser Land den Beinamen die Werft Europas erhält. Im Gegensatz zu Portugal, wo sich nichts erhalten hat, besitzen die Niederlande eine ganze Reihe von Zeichnungen aus dem 16., 17. und 18. Jahrhundert, die es uns ermöglichen, uns eine sehr genaue Vorstellung von der fortschreitenden Entwicklung des Schiffs zu machen.

In den alten oben genannten Abbildungen des Meisters W. A., sowie in den flämischen Miniaturen hatte das Kastell über den Vordersteven hervorgeragt; es bildet jedoch schon einen einzigen Körper mit dem Schiff und ist auf einem Balken befestigt, der auf dem Vordersteven sitzt und auf einer Stütze ruht, die an diesem letzteren sitzt. Infolge dieser Bauart sieht es aus, als ob der Vordersteven erst nach oben geht und sich dann senkt, indem er eine S-Form bildet; das scheint aber wohl nur so.

Die Schiffe werden nach 1500 grösser, und die Aufbauten ausgedehnter. Allmählich indessen ragt das Vorderkastell weniger hervor, und um die Mitte des 16. Jahrhunderts reicht es nur noch bis zum Vordersteven.

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In dem Anhang zu seinem berühmten Werke (S. 8 und 10) gibt uns WITSEN ein sehr hübsches Modell aus dem Anfange des 16. Jahrhunderts. Es handelt sich um die Abbildung eines Schiffes, das seiner Zeit das Gewölbe der Kirche von Diemer-lez-Amsterdam schmückte, die i. J. 1500 gebaut war. Die Takelung dieses Schiffes und der aus einem Stück bestehende Mast mit Marsen und grossen viereckigen Segeln versetzen uns in das Mittelalter zurück. Das Vorderkastell, das kräftig über den Vordersteven hervortritt, sowie das Hinterkastell sind höher als gewöhnlich. Berghölzer, wie man sie später anbrachte, sieht man nicht; mehrere schwere Holzstücke von Stützen gehalten vertreten sie. Die Bordwände sind deutlich glatt, und vorn wie seitlich hat das Schiff nach der ständigen Übung jener Zeit Schutzhölzer.

Nur das Hinterteil ist nicht deutlich dargestellt; man sieht kein Steuer, was darauf schliessen lässt, dass die Zeichnung mangelhaft ist.

Aller Wahrscheinlichkeit nach hat dies Schiff keinen Spiegel; zu jener Zeit kennen unsere Fahrzeuge diese Ergänzung noch nicht. Man hat einen neuen Beweis hierfür in der « Arche Noah », die in der Nürnberger Chronik wiedergegeben ist, Blatt XI, von 1494, sowie in dem Schiffe, das in dem holländischen Werk Peinture ecclésiastique du moyen-âge en Hollande, 1518-1525, Nr. 14, dargestellt ist und Jonas im Wasser zeigt.

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Diese Abbildung besonders ist ein prächtiges Muster eines Schiffes aus dem Anfange des 16. Jahrhunderts. Sie ist nicht so alt wie das Schiff in der Kirche von Diemer, wie die Takelung beweist; die Mastspitze geht durch den Mars und ein anderes Merkmal ist, dass das Vorderkastell nicht über den Vordersteven emporragt. Der Sporn ist nahe an der Fassung abgebrochen. Die menschlichen Figuren sind übrigens im Verhältnis zum Schiff übertrieben gross. Die Bordwände sind glatt. Es erinnert uns erstaunlich an die flämische Miniatur aus d. J. 1482.

Wie interessant sind doch diese Abbildungen vom Standpunkt der Entwicklung des Schiffes; wir sehen auf ihnen, wie die Formen des Kastells deutlicher hervortreten, wie sich die Takelung verbessert und umfangreicher wird und wie das Schiff selbst wächst.

Ich möchte darauf hinweisen, dass auf allen Abbildungen die Schiffe ein Bugspriet haben, das anfangs nur dazu diente, den Anker zu heben, eine Praxis, die noch auf den grossen Flussaken üblich ist.

Wenden wir nun unsere Blicke auf die Bilder von BREUGEL, nach denen F. HUIS vortreffliche Stiche angefertigt hat.

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Eine aufmerksame Prüfung dieser Stiche zeigt uns verschiedene Schiffstype. Mehrere von ihnen stellen grosse Fahrzeuge dar, die mit ihrem riesigen Galion, ihren hohen Aufbauten und ihrem breiten Spiegel sich erheblich von dem alten holländischen Schiff unterscheiden.

Das Werk von VAN YK bringt ebenfalls, auf S. 9, eine Abbildung dieser grossen Fahrzeuge, die der Verfasser spanische[S. 46] « Karaken » oder « Galionen » nennt, zwei Schiffstype, die unter dem Einflusse des Mittelmeers entstanden sind.

Aber neben diesen « Karaken » findet man auch kleinere holländische Schiffe. Ein Stich aus d. J. 1564 nach BREUGEL zeigt nämlich das Bild eines Handelsschiffs von Amsterdam; es ist hinten rund, also ohne Spiegel. Man kann es wohl mit dem alten flämischen Stich aus 1480 bis 1490 vergleichen, der eine « Kraeck » ohne Spiegel darstellt, und dessen Aufbauten sich durch ihre Form und Grösse völlig von den Kastellen der Schiffe unterscheiden, die auf den anderen Stichen des Meisters W. A. dargestellt sind. Sie stimmen mit dem Mittelmeertyp überein.

Seit dem Ende des 16. Jahrhunderts war demnach das Spiegelschiff in Holland eingeführt. Seitdem blieben die Spiegel in diesem Lande auf den grossen Fahrzeugen üblich; erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts kam man auf die alte Bauweise zurück, nach dem Beispiele Englands, das nur sehr kurze Zeit den Spiegel verwendete, da im 17. Jahrhundert William Pitt (HOLMES, S. 40) dort die runden Formen einführte. DE JONGE macht sich also einer kleinen Ungenauigkeit schuldig, wenn er in seinem Werk sagt, dass das Spiegelschiff in Holland erst im Jahre 1651 erschien.

Die Einführung des Spiegels liess nichtsdestoweniger das alte runde und volle Fahrzeug nicht verschwinden; man kann dies nicht oft genug wiederholen.

Noch ein Wort über die Stückpforten. Die alten Abbildungen aus dem 16. Jahrhundert haben Stückpforten; man findet solche sogar auf einer Miniatur aus d. J. 1428. Auf alle Fälle geht ihre allgemeine Einführung auf das Ende des 15. Jahrhunderts zurück; sie scheinen von einem Franzosen aus Brest, namens Descharges, erfunden zu sein. (DE JONGE, Bd. I, S. 85.)

Auch die Takelung erfuhr wichtige Änderungen. Bei Beginn des 80jährigen Krieges (1590) erfand ein Einwohner von Enkhuizen, namens « Kryn Wouterz », nach BRANDT (Geschichte von Enkhuizen, Bd. 1, S. 139) ein Verfahren, die Masten aus mehreren Stücken zu bauen. (DE JONGE, Bd. I, S. 390.) Sie bestanden zunächst aus zwei Stücken, wurden aber bald, infolge der neuen Erfindung aus drei Stücken zusammengesetzt, von denen jedes ein viereckiges Segel trug. Zu dieser Zeit verschwand die mittelalterliche Takelung mit einem grossen quadratischen Segel.

Um die Bewegungen des Schiffs zu erleichtern, erhielt das Bugspriet ebenfalls ein viereckiges Segel.

Die Artillerie wurde zweckmässiger aufgestellt, und in Nachahmung dessen, was auf den spanischen « Karaken » geschah, stellte man auf dem Vorder- und Hinterkastell Kanonen auf, die das Deck beherrschten. Diese Anordnung erinnert an die Praxis des Mittelalters, nach der man sich im Fall des Enterns in die Kastelle zurückzog und von dort aus die Eindringlinge bekämpfte.

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Das auf dem Stich von 1594 dargestellte Fahrzeug ist also allmählich aus den alten Formen hervorgegangen, hat aber dabei unter dem Einflusse des Mittelmeeres gestanden; es führt uns zu der « Pinasse » des 17. Jahrhunderts. Das Schiff ist reich geschmückt und bewimpelt, und seine Segel sind wie üblich schön bemalt. Diese Sitte verschwand allmählich in dem genannten Jahrhundert; man fuhr jedoch trotzdem noch lange fort, die Schiffe zu schmücken.

Nach WITSEN bestanden feste Regeln seit dem 16. Jahrhundert für den Schiffbau. Eine ständiges Gesetz unter anderen erlaubte es nicht, den Vordersteven weiter vorspringen zu lassen als ⁷⁄₆ seiner Höhe und nicht weniger als ⅚ dieser Höhe; der Hintersteven hatte eine Neigung von ⅕ bis ⅙ seiner Höhe. Der genannte Schriftsteller behauptet, dass man dem Vordersteven eine so starke Neigung gab, weil man glaubte, dass unter diesen Umständen die Schiffe so leichter über das Wasser gleiten würden. (S. 47, 2. Spalte unten.)

Etwa beim ersten Drittel der Kiellänge vom Vordersteven gerechnet, lagen 1 bis 4 Hauptrippen; hinten lief das Schiff schmaler zu, so dass der Heckbalken eine Länge gleich der Hälfte der grössten Breite des Schiffes hatte. Das Vorderteil war voll, so dass man das Wasser leichter durchschneiden konnte. (WITSEN, S. 49 u. 50.)

Die Fugen der Beplankung waren kalfatert und nach alter Sitte mit Bleiplatten beschlagen.

Das Vorderkastell war niedriger gemacht, das Hinterkastell dagegen erhöht worden. Hinten hatte das Schiff einen vierten Mast, um seine Bewegungsfähigkeit zu erhöhen; dieser Mast[S. 47] verschwand später, als der kleine Bugsprietmast im Laufe des 17. Jahrhunderts in Aufnahme kam. (WITSEN, S. 139, 2. Spalte.)

Das 16. Jahrhundert ist eine für die Niederlande denkwürdige Zeit gewesen; während desselben wurde nämlich der Grund zu jener Marine gelegt, der, wie DE JONGE sagt, Holland später seine Befreiung, seine Grösse und seine Wohlfahrt verdankte. Sie vereinigte in sich alles, was dazu beitragen konnte, eine Kraft zur Verteidigung des Vaterlandes zu entwickeln, den Handel, die Schiffahrt und die Fischerei zu schützen und Holland zu Ruhm und Macht zu führen.

Unsere Marine im allgemeinen und unsere Schiffbaukunst im besonderen entwickeln sich immer mehr. Ein langer Kampf beginnt, und zahlreich sind die Schlachten, die sowohl vor als auch nach dem 80jährigen Krieg geliefert werden (1568-1648).

Nach alter Sitte waren die am Kampf beteiligten Schiffe nur Kauffahrteischiffe, die für den Krieg hergerichtet waren (DE JONGE, Bd. I, S. 180). Diese, « Vliebooten » oder « Vlietbooten » genannt, hatten kaum 40, 100 bis 140 t Tragkraft und führten 6, 8, 10 und 20 Kanonen. Die Mannschaft entsprach im allgemeinen dem Tonnengehalt: ein Schiff von 50 t hat 50 Mann Besatzung. (DE JONGE, Bd. I, S. 181.)

Auf den Strömen und Flüssen verwendete man die « Heuden », von denen oben gesprochen ist, ebenso die « Bujer », die auch « Kromstevens » hiessen, und andere Schiffe mit glattem Boden.

Die seeländische Marine umfasste ausser einer grossen Zahl kleiner Fahrzeuge einige Schiffe von beachtenswerterem Umfang. Bei der Belagerung von Middelburg benutzte man « Hulken »; eine davon, die grosse Hulk genannt, muss eine Tragkraft von 600 Last oder 1200 t und eine Besatzung von wenigstens 500-600 Mann gehabt haben. (VAN METEREN, Blatt 81 und 102.)

Im allgemeinen waren die Schiffe in Nord-Holland grösser als in Seeland. Sie fassten 50-125 Last, d. h. 100-250 t und hatten eine Besatzung von 50-150 Matrosen und Soldaten; die grössten waren mit 32 Kanonen bewaffnet. (DE JONGE, Bd. I, S. 187.)

TOR berichtet (Holländer Kriege, Bd. I, S. 650), dass i. J. 1575 13 Schiffe von dieser Grösse ausgerüstet wurden, denen « Kraveelschife », « Yachten » und « Boote » beigegeben wurden, während nach DE JONGE (Bd. I, S. 187) auf der Zuiderzee noch einige Galeeren verwendet wurden.

Damit wir uns eine genauere Vorstellung von der Grösse der Seemacht zu jener Zeit machen können, lasse ich hier eine Aufstellung über die Marine der Provinz Holland i. J. 1587 folgen, deren Original in den Staatsarchiven liegt. (DE JONGE, Bd. I, S. 586.)

Ausser den « Vliebooten » gab es kleinere Fahrzeuge, die « Kromsteven », « Kraveelen », « Heuden » oder Transportschiffe, die « Krapschuiten », « Potten », « Yachten », « Bujer » hiessen. Die grössten Schiffe waren jedoch ziemlich klein; nach den Bestimmungen der Regierung vom 1. Juni 1588 sollten drei der grössten Schiffe für den Krieg ausgerüstet werden, und es wird bestimmt, dass sie 200 Last fassen sollten. (DE JONGE, Bd. I, S. 201, Anm.)

Es wird behauptet, dass man sich im Anfang unseres Unabhängigkeitskrieges kleiner Fahrzeuge bediente, weil die Schlachten auf den Flüssen geliefert wurden, und weil ausserdem die Finanzlage sehr schlecht war. (DE JONGE, Bd. I, S. 203-204.) Ich meinerseits bin der Meinung, dass der letztere Umstand der Hauptgrund gewesen ist. Auch später noch wird man sich über den wenig befriedigenden Zustand unserer Flotte beklagen, weil es an Geld mangelte.

[S. 48]

III 8

Kehren wir zu den Formen der Schiffe zurück. Nach der « Kogge » haben wir die « Hulk » erscheinen sehen, die ihrerseits durch die « Baertze » ersetzt wurde; die « Kraeck » ist neben diesem letzteren Typ aufgetaucht; ihr ist schliesslich das « Spiegelschiff » gefolgt, in der Form einer Pinasse oder eines Kriegsschiffs.

III 9

Die runde Form erhielt sich jedoch bei den unbedeutenderen Fahrzeugen, und wir sehen so, wie der oben erwähnten Baertze das « Vlieboot » oder « Vlietboot » folgt. Es ist dies der alte Typ der Baertze, bei dem der obere Teil der Bordwände deutlich einspringt.

Unter dieser neuen Benennung, die man zum ersten Mal in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts findet, tritt also kein neuer Typ auf; es ist die alte Form, die etwas verändert, unter einem neuen Namen erscheint. Diese Erscheinung wird später noch öfter vorkommen. Ein einfacher Vergleich zwischen dem Vlieboot, der Baertze u. s. w. hat bald diese Ähnlichkeit festgestellt; es ist deshalb nicht auffallend, dass wir dieselbe Form in der « Buse » wiederfinden. Alle diese Formen haben ihren Ursprung in der « Kogge ».

Das « Vlieboot » das von der Zuiderzee stammt, und dessen Benennung wohl dem Vlie entnommen sein könnte, der von dem fraglichen Schiff oft befahren wurde, hatte zurückspringende obere Borde in konvexer Form, weil man sie so schwerer entern konnte. Ihre Verteidigung erforderte daher nur eine beschränkte Anzahl Leute, eine Eigenschaft, die für die Handelsschiffe von Bedeutung war.

II 148
III 19

Die Vlietboote hatten also ausser einer erheblichen Fassungskraft eine grosse Leichtigkeit in der Bewegung; sie sind zweifellos die Vorläufer der « Flüte » gewesen, des bevorzugten Handelsschiffs des 17. und 18. Jahrhunderts, das England und Frankreich von uns entnommen haben.

Es gibt eine schöne Zeichnung des Vlietbootes aus dem Jahre 1647. Sie stellt ein verhältnismässig grosses Schiff dar; der Beweis dafür liegt in dem Galion, mit dem unsere kleinen Handelsschiffe nicht versehen waren. Dieses Galion (Schnabel) stammt aus dem Mittelmeer; es ist nicht niederländischen Ursprungs; die alten holländischen Type haben nämlich kein Galion, während die des Mittelmeers schon zur Zeit der Phönizier damit versehen waren. (S. u. a. VAN YK, S. 103.)

Der Name « Baertze » verschwindet am Ende des 16. Jahrhunderts vor dem Namen « Vlietboot », und im Anfang des 17. Jahrhunderts tauchen Namen auf wie « Gallioot, Bootschip, Noortvaerder, Kof, Smakschip, Boeier (Bujer) » und gleichzeitig die « Flüten » und die Schiffe mit eckigem Hinterteil.

In diesen verschiedenen Benennungen indessen — man kann dies nicht oft genug wiederholen — verschwanden aber die ersten Formen nicht. Diese haben sich erweitert, und einige äussere Merkmale, wie die Takelung, haben Abänderungen erfahren. — Alle die verschiedenen vorgenannten Type haben also als Haupt- und Grund-Charakter die alte volle Form.

In der Zeit, die uns beschäftigt, kann man die Schiffe in drei Hauptgruppen teilen:

a) die Schiffe mit Spiegel,

b) die Flüten, in der weitesten Bedeutung des Wortes und,

c) die Kof- und Smakscheepen. (Kuffen und Schmacken.)

Es dürfte nicht notwendig sein, hinzuzufügen, dass die Schiffe der Gruppen b) und c) keinen Spiegel hatten. Bei diesen Gruppen werden wir also die alten holländischen Type in reinster Form finden.

So sind wir zum 17. Jahrhundert gekommen, diesem Jahrhundert des Ruhmes und der unerhörten Wohlfahrt für unser Vaterland, besonders im Hinblick auf die Schiffbaukunst. Bevor wir indessen in diese Zeit treten, müssen wir kurz sehen, welches der Zustand des Schiffbaues im Auslande war.

Beginnen wir mit Spanien, das an unserm Unabhängigkeitskrieg beteiligt war.

Die spanische Schiffbaukunst, die später aufblühte als die Portugals, hat zweifellos und in hohem Grade den Einfluss des Mittelmeers erfahren. Die Galionen und die Spanischen Karaken erinnern an die genuesischen Schiffe und Karaken, von denen nur einige alte Zeichnungen aufbewahrt werden konnten, und die erst unter dem Einfluss der Beziehungen zu den Völkern des Nordens entstanden sind.

Ausser den Galionen nahmen die Galeeren und die Galeassen eine wichtige Stellung in der spanischen Marine ein. Der lange[S. 49] und häufige Gebrauch der Ruderschiffe, bei denen die Kämpfe Mann gegen Mann selten waren, bewirkte es, dass entgegen der Praxis der nördlichen Völker man bei den Völkern des Südens weniger häufig enterte.

Man kann zweckmässig die Abbildungen der Mittelmeerschiffe zu Rate ziehen, um sich einen Begriff von den spanischen Schiffen zu machen.

Die Seemacht Spaniens ging bekanntlich im Jahre 1588 mit der unbesieglichen Armada unter. Eine kurze Beschreibung dieser Flotte wird uns eine Vorstellung von der Grösse dieser Schiffe geben. Sie bestand aus 132 Schiffen, darunter (HOLMES S. 92) 4 Galeeren, 4 Galeassen, 30 Schiffe von weniger als 100 Tonnen und 94 Fahrzeuge von 130 bis 1550 Tonnen. Die runden Schiffe hatten eine Gesamttragfähigkeit von 59120 t. Die Artillerie bestand aus 2761 Kanonen, und die Besatzung zählte 7865 Matrosen und 20671 Soldaten.

Ihr Gegner, die englische Flotte, war 197 Schiffe stark, von denen nur 34 zur Königlichen Marine gehörten, während der Rest aus Handelsschiffen bestand, die in der Eile für den Krieg hergerichtet waren.

Das grösste englische Fahrzeug war das im Jahre 1561 gebaute Schlachtschiff « Triumph », mit 1000 bis 1100 t. Ladefähigkeit, einer Besatzung von 300 Matrosen, 40 Kanonieren und 160 Soldaten sowie 42 Kanonen. Ausser dem « Triumph » zählte die englische Flotte nur 7 Schiffe, deren Tragfähigkeit von 600 bis 1000 t schwankte, während die spanische Flotte 45 von dieser Grösse besass.

Die Gesamtbesatzung der englischen Flotte zählte 15551 Köpfe, Holland war in diesem Kampf auf der Seite Englands; Holland war es, das den Herzog von Parma bei Dünkirchen einschloss.

Die grössten niederländischen Schiffe hatten eine Wasserverdrängung von 400 t. Sowohl in England wie bei uns mietete man für den Krieg Handelsschiffe, die vorübergehend als Kriegsschiffe dienten. Das war die alte Sitte des Mittelalters, die noch lange bestand. Zu jener Zeit war es übrigens um so leichter, Handelsschiffe für den Krieg auszurüsten, als die Artillerie noch in den Kinderschuhen steckte oder unbekannt war.

Die folgenden Ziffern (HOLMES, S. 95) zeigen uns, dass im allgemeinen die Schiffe der südlichen Staaten grösser waren als die unsrigen. Im Jahre 1792 bemächtigten sich die Engländer einer portugiesischen Karake von 1600 t, einer Länge von 165 Fuss zwischen Vorder- und Hintersteven und 7 Decken.

Im Jahre 1594 geschah dasselbe mit einer spanischen Karake, die 1100 Mann an Bord hatte. Bei der Einnahme von Cadix im Jahre 1596 fielen zwei spanische Galeassen dem Feinde in die Hände. Sie hatten eine Tragkraft von 1200 t, das Admiralschiff San Felipo, das man in die Luft sprengte, hatte einen Tonnengehalt von 1500. I. J. 1602 kaperte man in Cezimbra eine portugiesische Karake von 1600 t, genannt « San Valentino », deren Wert einschliesslich der Kanonen auf 1 Million Dukaten geschätzt wurde.

Unter der Regierung der Königin Elisabeth (1588 bis 1603) nahmen die Engländer, wie man sagt, nach unserem Beispiele und infolge der Erfindung von Kryn Wouterszoon den Mast mit beweglichem Mars an. (HOLMES, S. 86.)

Bisher waren die Stückpforten nicht nur unregelmässig verteilt, sondern die untere Reihe befand sich im allgemeinen so niedrig, dass sie bei mehr oder weniger bewegter See geschlossen gehalten werden mussten. In England indessen bemühte man sich, die untere Reihe höher zu legen (HOLMES, S. 96), und dies Beispiel wurde bald allgemein befolgt. Frankreich, das bis zu dieser Zeit nur auf dem Mittelmeer erschienen war, begann im 17. Jahrhundert unter Richelieu (1624-1692) seine Marine zu entwickeln. Colbert setzte dieses Werk mit Eifer fort. Wie wir bemerkt haben, als wir vom Mittelmeer sprachen, waren die ältesten französischen Schiffe im Grunde völlig denen der Genuesen ähnlich; bis gegen 1650 überwogen auch dort die Galeeren. Nur der Norden Frankreichs, sowie die Normandie gehören, wie die alten Abbildungen zeigen, zum Nordzentrum. Das überrascht uns nicht; man erinnere sich des Einfalls der Normannen in jene Gegenden. Noch heutigentags findet man im Norden Frankreichs Schiffe, die denen von Flandern und unserer Heimat gleichen.

Kehren wir jetzt zu den Niederlanden zurück.

Nach der Entdeckung des Seewegs nach Indien durch Vasco da Gama im Jahre 1498, und nachdem Portugal sich das Handelsmonopol in diesen Gegenden gesichert hatte, wurde Lissabon der Sitz des Welthandels.

[S. 50]

Zu jener Zeit holten die Holländer die Erzeugnisse Indiens aus den portugiesischen Häfen. Aber im J. 1580 bemächtigte sich der Herzog von Alba Portugals und nahm es für Spanien in Besitz. Trotzdem duldete man, dass wir fortfuhren, mit dem ersteren Land Handel zu treiben, bis im Jahre 1585 alle holländischen Schiffe fortgenommen wurden.

Holland sah sich also gezwungen, sich selbst einen Weg nach Indien zu bahnen, den man zuerst über den Norden zu finden glaubte. Zu diesem Zweck rüstete man im Jahre 1594 vier Schiffe aus; zwei davon auf Kosten Hollands, zwei auf Kosten Amsterdams. Dieses Unternehmen scheiterte, ebenso das von 1595, dem die berühmte Expedition von Heemskerk, Barens und Ryp folgte, die gleichfalls ergebnislos verlief.

In der Zwischenzeit suchte man einen Weg über den Süden und das Kap der guten Hoffnung. Im Jahre 1595 lief eine Flotte von vier Schiffen unter der Leitung von Keyzers und Houtman aus; ihre Abwesenheit dauerte 2½ Jahre. Nach einer Fahrt von 446 Tagen erreichten die Schiffe Bantam und besuchten Bali. Die Rückkehr erforderte 168 Tage. Diese Flotte hatte eine Mannschaft von 248 Köpfen an Bord.

Die Ergebnisse dieser Unternehmung waren nicht glänzend; trotzdem hatte sie die Bildung der Ostindischen Kompagnie im Jahre 1602 zur Folge, die in unserer Geschichte eine so wichtige Rolle spielte.

Es braucht nicht gesagt zu werden, dass beide Ereignisse einen entscheidenden Einfluss auf die Entwickelung unserer Schiffbaukunst hatten.

Im Anfang des 17. Jahrhunderts war noch nicht die Rede von einer eigentlichen Kriegsmarine. Für alle wichtigen Ereignisse mietete man noch Handelsschiffe, die man in Kriegsfahrzeuge umwandelte. Unsere Flotte bestand also zu jener Zeit aus allen möglichen Schiffstypen. Unter diesen waren die Schiffe mit Spiegel, genannt Pinassen, die « Vlietboote » oder « Flüten » die wichtigsten. Es gab ausserdem « Heckboote » und « Schmacken » von geringerer Grösse. Wir finden also drei Sorten, von denen oben gesprochen ist: die « Spiegelschiffe », die « Flüten » und die « Schmacken ».

II 149

Das alte Modell von Zierikzee gibt uns die beste Vorstellung von dem Uebergang des Spiegelschiffs des 16. Jahrhunderts in das des 17. Wenngleich es, wie übrigens alle alten Abbildungen, Fehler in den Grössenverhältnissen zeigt, so zieht es doch unsere Aufmerksamkeit auf die ausgesprochene Neigung seines Vorderstevens. Es war zu jener Zeit allgemein üblich, dass das Schiff möglichst wenig in das Wasser tauchte, einen stark geneigten Vordersteven und ein vorspringendes Vorderteil hatte, so dass es das Wasser leichter verdrängen konnte, oder, wie man sagte, das Wasser unter, und nicht um den Kiel führen konnte. Man glaubte, dass das Wasser unter die Bordwände. gesogen würde, (VAN YK, S. 353), und dass das sehr schräg stehende Vorderteil es dem Schiff ermöglichte, leichter über das Wasser zu gleiten. (WITSEN, S. 47, 2. Spalte unten.)

Später hat man seine Ansicht geändert, und wir sehen dann, dass bis zum 19. Jahrhundert man den Vordersteven immer mehr aufrichtet; das Schiff gewinnt dadurch an Weite.

FÜRTENBACH bildet ein holländisches Fahrzeug aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts ab; der Spiegel ist darin, wahrscheinlich, um die Schwierigkeiten der Zeichnung zu vermeiden, nur durch einige Linien angegeben. Das Hinterkastell ist grösser geworden; der Teil zwischen dem Vorder- und Hinterkastell bleibt immer noch offen. Diese Bauweise, die sich aus der fortschreitenden Entwickelung der Kastelle im Mittelalter ergibt, verschwindet erst am Ende des 18. Jahrhunderts in dem Augenblick, wo die Fahrzeuge mit 2 oder 3 Decken auf der Bildfläche erscheinen.

Bei diesen Schiffen sind Vorder- und Hinterkastell von gleicher Höhe; sie sind mit einander verschmolzen und bestehen aus mehreren über einander liegenden Decken.

Auch die Takelung hat neue Aenderungen erfahren, zweifellos infolge der Erhöhung des Hinterteils. Der vierte kleine, an dieser Stelle errichtete Mast hat nämlich einem Mast Platz gemacht, der mit einem viereckigen Segel versehen und am Ende des Bugspriets festgemacht ist. Dieser Mast diente nur dazu, das Schiff zu steuern.

Die Schiffe nehmen an Grösse zu, und die Ausrüstung wird infolge einer zweckmässigeren Anordnung der Artillerie verbessert. Die folgenden Ziffern liefern den Beweis dafür.

[S. 51]

Im J. 1596 hat ein Fahrzeug von 200 Last nur 24 Kanonen, ein Fahrzeug von 150 Last 17 und ein Schiff von 100 Last nur 16 an Bord.

Im J. 1616 stellt man 36 Kanonen auf einem Schiff von 200 Last auf, 28 auf einem Schiff von 120 Last, und i. J. 1628 spricht man von einem Schiff von 200 Last, das mit 39 Kanonen bestückt ist (DE JONGE, Bd. 2, S. 396).

Ausser der besseren Anordnung ergab sich die Vermehrung der Artillerie selbst durch die Bewaffnung des Oberdecks und der Kampagne. Um 1639 wurde ein grosser Teil der eisernen Kanonen durch solche aus Bronze verdrängt, was es ermöglichte, eine grössere Anzahl von Kanonen an Bord zu nehmen (DE JONGE, Bd. 1, S. 400); aber diesen Kanonen fehlte das einheitliche Kaliber und die gleiche Grösse. Durch spätere Einführung von Kanonen eines gleichartigeren Kalibers wurde der Gefechtswert der Schiffe erheblich vermehrt.

Wie gross auch die erreichten Fortschritte für unsere Flotte waren, so konnte sie doch nicht die Rolle spielen, die ein Seekrieg erforderte. Man sah sich also schliesslich genötigt, eigentliche Kriegsfahrzeuge zu bauen, da die Aufgabe mit Handelsschiffen nicht mehr zu lösen war. Man beschloss also, 60 neue Kriegsschiffe zu bauen, die man im Jahre 1652 auf Stapel legte. Diese Flotte, die erste Kriegsflotte, die in unserer Heimat gebaut wurde, lief schon im Jahre 1658 aus. In diesem Jahre brach man also mit der alten mittelalterlichen Sitte, nach der man Handelsschiffe für den Krieg zurechtmachte.

Es ist selbstverständlich, dass die fragliche Flotte allein nicht genügte, und dass Handelsschiffe als Transportschiffe dienten. Deshalb behielten diese letzteren Kanonen zu ihrer eigenen Verteidigung an Bord.

II 146
II 147

Die oben genannten Kriegsschiffe hiessen « Pinassen » und hatten einen Spiegel sowie ein grosses Galion. Das Admiralschiff von Tromp, die « Emilie » war eine Musterpinasse.

III 8
III 9
II 150

Im Jahre 1664 wurde die Flotte in sehr kurzer Zeit noch um 60 neue Einheiten vermehrt (Spiegelschiffe) (DE JONGE, Bd. 2, S. 25 u. ff.). Als man diese Schiffe baute (DE JONGE, Bd. 2, S. 27), beabsichtigte man besonders, unsere Marine mit Schiffen zu versehen, die, soweit es unsere Durchfahrten und Häfen gestatteten, wenigstens so gross und stark wie die des Feindes waren; die Zahl ihrer Kanonen wurde auf 60 bis 80 festgestellt. Unter diesen Fahrzeugen, die im Jahre 1665 ausliefen, befand sich das wohlbekannte Schiff De Ruyters « Die sieben Provinzen ».

Auf den meisten Schiffen waren die Kanonen aus Ersparnisrücksichten teils aus Eisen, teils aus Bronze; das Admiralschiff De Ruyters jedoch hatte nur Bronzekanonen.

Die folgenden Ziffern werden eine Vorstellung von der zunehmenden Grösse der Schiffe geben.

Im Jahre 1654 hatte das grösste Schiff 150 Fuss Länge, 38 Fuss Breite und 15 Fuss Tiefe; es trug 58 Kanonen. Das ihm folgende hatte eine Länge von 146 Fuss, eine Breite von 26 Fuss und eine Tiefe von 14 Fuss; es hatte 60 Kanonen an Bord.

Beim Beginn des zweiten Krieges mit England massen die beiden grössten Schiffe 169 und 171 Fuss in der Länge. « Die sieben Provinzen » hatte eine Länge von 163 Fuss, eine Breite von 43 Fuss und eine Tiefe von 15 Fuss. Das nächstfolgende mass 155-160 Fuss in der Länge, 40½–42½ Fuss in der Breite und 15 Fuss in der Tiefe u. s. w.

Die Längen und Breiten nehmen also zu, aber die grösste Tiefe bleibt 15 wegen der Tiefe unserer Durchfahrten.

Als man später im Ausland mit der Vergrösserung fortfuhr, und als man bei uns die Notwendigkeit empfand, diesem Beispiel zu folgen, wurde die Frage des grössten Tiefganges eine Aufgabe, die die volle Aufmerksamkeit unserer Schiffbauer immer mehr in Anspruch nahm. Je grösser das Schiff wurde, um so breiter wurde es, weil der Tiefgang beschränkt war; hierdurch wurde es den Schiffen der feindlichen Länder unterlegen, mit denen man leichter segeln konnte. In diesen Ländern brauchte man nämlich nicht Rücksicht auf die wenig tiefen Fahrstrassen zu nehmen und konnte demnach Schiffe von schmalerer Form bauen. (VAN YK, 1697, Seite 353.)

Als daher, i. J. 1682, die Fahrzeuge, aus denen unsere Flotte bestand, in Klassen oder « Charters » geteilt wurden, rechnete man zur ersten Klasse nur Schiffe von 16 bis 17 Fuss Tiefe. Zu dieser Klasse gehörten später die ersten Schiffe mit dreifachem Deck, die bei uns gebaut wurden. Es wird uns daher nicht wundern, wenn schliesslich unsere Kriegsschiffe denen des Auslands weichen[S. 52] mussten, die immer grösser wurden. Dieser Zustand war keine Folge der Minderwertigkeit unserer Schiffbauer, sondern hatte seinen Grund in dem Zustande unseres Fahrwassers.

III 13

Der Unterschied im Tiefgang tritt deutlich hervor, wenn wir die Abmessungen des grössten französischen und englischen Schiffes mit denen unseres grössten Schiffs am Ende des 17. und am Anfang des 18. Jahrhunderts vergleichen. Diese Abmessungen waren die folgenden: für das holländische Schiff: Länge 49,26 m; Breite 12,88 m; Tiefe 4,86 m; für das englische Schiff: Länge 49,41 m; Breite 14,33 m; Tiefe 5,64 m; für das französische Schiff: Länge 59,91 m; Breite 14,29 m; Tiefe 5,61 m.

Man verstand unter Tiefe die innere Höhe des Schiffs gemessen bis zur ersten Schwimmlinie. (WITSEN, S. 74, unter 9.) (S. auch Abbildung XXXII, S. 56 desselben Werkes u. s. w.)

Ein Schiff von 4,86 m Tiefe brauchte übrigens mit Hinzurechnung der Kielhöhe u. s. w., eine Wassertiefe von wenigstens 5 m. Nun hatte sich die Wassertiefe im « Pampus » bei Amsterdam am Ausgang des 17. Jahrhunderts bekanntlich schon wesentlich vermindert. Die grossen Schiffe konnten nicht mehr oder doch nur mit sehr grossen Schwierigkeiten in die Stadt gelangen.

II 238

Unter diesen Umständen erfand ein gewisser Meeuwis Meindertz Bakker, aus Amsterdam gebürtig, i. J. 1691 die « Seekameele », mit deren Hilfe man die Schiffe um 5 bis 6 Fuss heben konnte. (VAN YK, S. 360.) Diese « Seekameele » hatten auf der einen Seite eine senkrechte Wand, die andere schmiegte sich der Form des Schiffes an. Auf beiden Seiten angebracht umschlossen sie das Schiff, indem sie eine Art Schwimmdock bildeten.

Wurde das Schiff zwischen diese beiden, fest mit einander verbundenen Kameele genommen, so stieg es in dem Masse, wie man die Kameele entleerte.

Die « Seekameele » sind recht gut bei VAN YK, Blatt 360, abgebildet, ebenso in dem Werke: Figures de navires et embarcations, 1831, S. 135, von LE COMTE.

Kleine Barken schleppten das so gehobene Schiff durch den « Pampus ». Was die Tiefe an dieser Stelle betrifft, so berichtet LE COMTE (S. 38), dass bei Flut der Pampus oder « Muiderzand » 10½ Fuss Tiefe hatte (2,97 niederl. Ellen), und bei Ebbe 9 Fuss (2,55 niederl. Ellen). Nur bei ausserordentlich starker Flut war eine Wassertiefe von 13 Fuss vorhanden (3,68 niederl. Ellen).

Später gelang es, dank der « Seekameele », Schiffe von 19 Fuss Tiefe, d. h. von 5,58 m bis vor Amsterdam zu führen.

Aber dieser Zustand ist bei Rotterdam nicht besser. Hierüber berichtet der Schiffbauer VAN YK in seinem Werke von 1697, S. 14. « En waarlyk de wytheid der schepen is wel het voornamste en beste middel om het ondiepgaan derselve te bevorderen, een saak die wy hier te lande wegens de droogte of ondieptheid onzer zeegaten, ten hoogste dienen te betrachten; want (volgens ’t getuigenis van ervaarne en de diepte dezer zeegaten zeerwel bepeild hebbende loodsen) soo konnen met een gemeen geleide uit het Goereesche gat niet meer dan 20, uit Texel, omtrent ook soo veel en uit de Maas niet meer als 13 voeten diepgaande schepen worden gelootst. Waarom dan ook somtyds wel is komen te gebeuren, dat eenige van ’s Lands oorlogsschepen, soo nauw gemaakt en om zeilvoerens wil soo diep geballast synde, met een dood getyde en Wind, tot Staats groot nadeel, niet konnen ’t zee geraken, of daar al in synde, haar onderste geschut, omdat so naby ’t water lag, niet bruikbaar werd bevonden »[10].

Ferner heisst es auf S. 360: « Want soo heeft men al voor veele jaren, om onze groote en diepgaande schepen in zee te brengen, wegens de ondieptheid onzer rivieren en zeegaten, getragt, waar ’t mogelyk, door ledig vatwerk, so pypen, als voedervaten, op te ligten en te doen ryzen. Dog was dit werk, om het byeen schikken[S. 53] der vaten, een ellendige talmery en veel arbeids onderworpen »[11].

Nach den Berichten der Batavischen Gesellschaft in Rotterdam 1850, S. 94 und ff. war die Durchfahrt von Briel nur für Schiffe von 3 m bis 3,50 m fahrbar; die grösseren Schiffe mussten durch das « Goereesche Gat » fahren, um nach Rotterdam zu kommen, in dem sie nacheinander das « Hollandsche Diep » und das « Dortsche Kil » benutzten. Selbst an diesen Stellen war bei Flut nur eine Tiefe vorhanden, die höchstens für einen Tiefgang von 5,10 m genügte (s. Dr. BLINK, Nederland en zyne Bewoners, Bd. I, S. 447); diese Strasse war übrigens wegen der geringen Fahrwasserbreite schwer fahrbar. Dieser Zustand veranlasste die Herstellung des Kanals von Voorne (1827-29). Trotz dieses Kanals hing auch ferner der grösste Tiefgang von der Tiefe ab, die bei gewöhnlicher Flut das Goereesche Gat und das Hellegat hatten. Diese Tiefen betrugen 5,10 m und 5,20 m. (W. F. LEEMANS: De Nieuwe Waterweg, etc. Gedenkboek, K. Inst. Ing. S. 13, s. auch S. 130 desselben Werkes.)

II 140
III 14

In dem Masse, wie im Auslande die Schiffe wuchsen, wurde die Lage bedenklicher für die niederländische Marine. Und das Ausland schlief nicht! England widmete seiner Marine i. J. 1656-57 ⅘ der Kroneinkünfte; i. J. 1657-58 ⅔ und 1658-59 gegen ⅗. (HOLMES, S. 108.)

Vier von den grössten während dieser Zeit gebauten Schiffen hatten eine Ladefähigkeit von über 1000 t; i. J. 1673 wurde das bei uns wohlbekannte Schiff « The Royal Charles » vom Stapel gelassen, das später von den Holländern gekapert wurde.

Die meisten englischen Kriegsschiffe gehörten zu dieser Zeit noch zur 3. Klasse. I. J. 1666 verteilten sich die Schiffe folgendermassen auf die Klassen:

I. J. 1646 wurde in England die erste Fregatte gebaut, und i. J. 1679 wurde dort der Mörserprahm (Bombarde) eingeführt, nach einem vom französischen Schiffbauer Bernard Renan erfundenen Modell.

Nach 1700 stand die Schiffbaukunst völlig unter dem Einflusse derjenigen Frankreichs.

« It may truly be said, sagt HOLMES, S. 114, that during the whole of the eighteenth century the majority of the improvements introduced in the forms and proportions of vessels of the Royal Navy were copied from French prizes »[12].

Kaum hatte man ein französisches Schiff gekapert, als man es nachahmte, aber mit Vorliebe in grösserem Massstabe. (HOLMES, S. 124.) Die Schiffbaukunst hatte sich übrigens wesentlich vervollkommnet, besonders unter dem Minister Colbert (1661), nachdem der Kardinal Richelieu die ersten Grundlagen geschaffen hatte (1630). Die von Colbert aufgestellten Regeln wurden bis zum 19. Jahrhundert befolgt, mit einigen Abweichungen in Einzelheiten.

I. J. 1668 umfasste die französische Flotte schon 176 Schiffe, von denen eins der schönsten und berühmtesten die « Soleil Royal » war. Diese Flotte war vollständig ebenso organisiert wie die in Holland. (DE JONGE, Bd. III, 1. Teil, S. 114.) Es gab übrigens zu jener Zeit nur geringe Unterschiede zwischen den französischen und den holländischen Modellen.

Am Ende des 17. Jahrhunderts, unter der Regierung Ludwigs XIV, wuchsen die Abmessungen erheblich. Man kann sich[S. 54] hiervon ein Bild aus der nachstehenden Übersicht machen, die dem BARRAS DE LA PENNE entnommen ist (1698).

RANG
AND
ORDNUNG
ZAHL
DER
KANONEN
KALIBER
UND MATERIAL
DER KANONEN
LÄNGE
BREITE
TIEFE
ZAHL DER BATTERIEN
       
m
m
m
     
1. Reihe
1. Ordnung
112
1 Batterie, 8–48
der Rest, 36
2 Batterien, 24
3 Batterien, 18
und Kampagnen,
12 and 18
56,01,
Kiel
51,54
15,64
7,64
Drei verdeckte
Batterien, Kampanje
und Vorder­kastell.
Linien-
schiffe.
1. Reihe,
2. Ordnung
70–100
Bronzekanonen.
51,91
14,29
6,61
Drei verdeckte Bat­terien, Vorder- und Hinterkastell.
2. Reihe,
1. Ordnung
60–70
desgl.
48,72
13,47
6,17
desgl.
3. Reihe,
1. Ordnung
56–66
Kanonen ⅔ aus
Bronze, ⅓ aus
Eisen
47,47
12,34
5,68
Zwei verdeckte Decke,
Kampanje und Vor­derkastell.
3. Reihe,
2. Ordnung
40–50
Kanonen ½ aus
Bronze,½ aus
Eisen
34,22
12,01
5,41
desgl.
4. Reihe
30–40
Kanonen ⅓ aus
Bronze, ⅔ aus
Eisen
38,98
10,55
4,71
desgl.
Stehen
nicht in der
Schlacht-
reihe.
5. Reihe
18–30
Kanonen ¼ aus
Bronze, ¾ aus
Eisen
35,73
 8,66
4,55
Zwei kleine Auf­bauten oder nur ein Hinter­kastell.
Fregatten.
 8–16
II 166
II 169
II 15

Die im Schiffbau unter Ludwig XIV. erzielten Fortschritte werden in dem Werk Le Musée de Marine du Louvre folgendermassen dargestellt: «Das Hervortreten des Vorderteils ist weniger übertrieben, das Hinterkastell ist niedriger gemacht, die Artillerie ist gut verteilt; die Masten sind proportionierter und das Segelwerk umfangreicher und leichter zu handhaben, so dass ein schnelleres Segeln und leichtere Bewegungen erzielt werden. Der Reichtum und die Schönheit des Schmuckes sind auf ihrem Höhepunkt angelangt; sie hatten die Art Poesie wie die ehemalige Ritterschaft. Alles in dieser Marine lässt schon die Vervollkommnung ahnen, zu der das Schiff unter den beiden folgenden Herrschern schnell gelangt ist. »

Die Schiffbaukunst nimmt einen beträchtlichen Aufschwung. Einige Werke werden veröffentlicht, von denen die von BERNOUILLI (1738) und EULER (1749) über die Stabilität der Schiffe die berühmtesten sind.

Die Abmessungen der Schiffe nehmen immer mehr zu. Schiffe mit 70 Kanonen, die 1715 in der 1. Klasse standen, werden i. J. 1765 in die 6. Klasse eingereiht.

Die französische Flotte war i. J. 1750 nach dem Musée de Marine du Louvre, folgendermassen zusammengesetzt:

ARTIL-
LERIE
Länge des
Vorderste-
vens und des
Hinter-
stevens
Breite
am Haupt-
balken
Tiefe
über
dem
Kiel
BATTERIEN
Mannschaft
Kaliber der
Geschütze
DREIDECKER
Kanonen
m.
m.
m.
 
Mann
       
120
56,84–60,42
14,61–16,24
7,47–8,12
3 verdeckte Batterien, Back und Schanze und Kampanje
1000–1200
In der unteren Batterie
30
Pfd.
110
54,57–57,82
14,94–15,59
7,31–7,80
desgl.
1000–1100[A]
18
»
100
53,27–57,49
14,61–15,26
7,47–7,63
desgl.
 900–1000
12
»
 90
51,97–55,22
14,29–14,94
6,81–7,46
desgl.
 850– 900
Halbdeck
 6
»
Kampanje
 4
»
ZWEIDECKER
 80
50,67–54,57
13,96–14,61
6,66–6,98
2 verdeckte Batterien, Back und Schanze und Kampanje
750–800
Untere Batterie
30
Pfd.
Obere
18
»
Halbdeck
 8
»
Kampanje
 4
»
 74
48,72–53,27
13,64–13,96
6,50–6,98
2 verdeckte Batterien, Back und Schanze und Kampanje
650–700
desgl.
36 oder 24
8
8 oder 6
4
 64
46,04–48,72
12,66–12,99
6,00–6,50
2 Batterien mit Back und Schanze
450–500[B]
Obere Batterie
24 oder 18
untere
18 oder 12
Schanze 6 Pfd.
 50
43,84–45,17
11,36–12,01
5,50–5,85
desgl.
300–330
desgl.
18 oder 12
12 oder 8
6 oder 4 Pfd.
FREGATTEN
 40
38,98–42,22
10,71–11,04
5,19–5,53
Eine Batterie mit Back und Schanze
280–300
Batterie 12Pfd.
Schanze 6 bis 4 Pfd.
 30
35,07–38,98
 9,74–10,39
4,55–5,20
desgl.
280–300
 20
33,13–35,73
 8,77– 9,10
4,22–4,55
desgl.
130–150
KORVETTEN
 12
19,49–22,74
 7,85– 8,50
2,92–3,25
Batterie ohne Back und Schanze
 70– 80
4 in Bank-Batterie
[A] Es gab Zwischentype, die zu denjenigen in dieser Tabelle gestellt sind, denen sie am meisten ähneln.
[B] Dieses Schiff war das kleinste von denen, die in die Schlachtreihe eingestellt werden konnten.

[S. 55]

Frankreich hat ebenfalls einen grossen Einfluss auf das Zeichnen im Schiffbau ausgeübt. (HOLMES, S. 114 oben.) Das schönste Schiff dieser Zeit ist die « Sans Pareil ».

Das erwähnte Werk Le Musée de Marine du Louvre enthält eine Stelle, die die Zeit Ludwigs XVI. (1754-1793) betrifft, die unsere Aufmerksamkeit fesseln dürfte (Kapitel VII): « Es war die Zeit, in der die Wissenschaft des Schiffbaues, die in Holland entstanden war, tatsächlich auf Frankreich überging », was nicht hinderte, dass man noch zu Ende des 18. Jahrhunderts nach Holland ging, um den Schiffbau zu studieren und zwar trotz des hohen Grads der Vollkommenheit, die er in Frankreich erreicht hatte. Das genannte Werk sagt hierüber nämlich: « Am Ende des verflossenen 18. Jahrhunderts nahm man in Holland Unterricht, und hierüber enthält die Bibliothek von Brest eine Handschrift eines der berühmten Ingenieure, des Olivier, der um’s Jahr 1780 nach Holland geschickt worden war, um den Schiffbau zu studieren ».

Dies zeigt, wie hoch zu jener Zeit der niederländische Schiffbau geachtet war.

Die Vermehrung der Grössenverhältnisse in der französischen Flotte fand ihren Widerhall in der englischen Flotte. Diese war durch folgende Angaben gekennzeichnet:

ZAHL DER
KANONEN
90
80
70
60
50
40
Länge des Kanonendecks
192 F.
156 F.
150 F.
144 F.
130 F.
118 F.
Aeussere Breite
 47 F.
 43 F.
 41 F.
 38 F.
 35 F.
 32 F.
Tiefe
18 F. 6 Z.
17 F. 8 Z.
17 F. 4 Z.
15 F. 8 Z.
14 F.
13 F. 6 Z.
Tonnengehalt
1552
1283
1069
914
705
532
 
Curly bracket,
    pointing downward
 
1 englischer Fuss = 0,3048 m

HOLMES äussert sich folgendermassen S. 115: « The subject of the superiority in size of the French ships was constantly coming to the front and, in 1719, a new establishment was made for the dimension of ships in our Royal Navy, according to the following scale[13]. »

ZAHL DER
KANONEN
90
80
70
60
50
40
Zunahme in
der Länge
2 F.
2 F.
1 F.
0
4 F.
6 F.
der Breite
2 Z.
1 F.
6 Z.
1 F.
1 F.
1 F, 2 Z.
dem Tonnengehalt
15
67
59
37
51
63

Im Jahre 1765 finden wir Schiffe mit 100 Kanonen, 2047 Tonnen Tragkraft und 21 Fuss 6 Zoll Tiefe. HOLMES schreibt hierüber (S. 124-128): « During the whole of our naval history down to comparatively recent time, improvements in the dimensions and forms of our ships were only carried out after they had been originally adopted by French, or Spaniards, or more recently by the people of the United States of America».[14]

Im Jahre 1719 führt man in England das Verfahren ein, die Planken am offenen Feuer zu erwärmen, um sie zu biegen, und im Jahre 1736 räuchert man sie. (HOLMES, S. 115.) Im Jahre 1753 verbessert man die Ventilation (HOLMES, S. 117) und im Jahre 1761 (nach HOLMES, S. 121) folgt die Erfindung des Verfahrens, die Schiffe mit Kupferplatten zu überziehen. Vor jener Zeit verwendete man ausnahmsweise hierzu Blei; etwa 100 Jahre vorher wurden mehrere Schiffe in Holland zum Teil oder ganz mit Kupferplatten überzogen, wie aus einer Stelle im dem Werk von VAN YK, De Nederlandsche Scheepsbouwkunst opengesteld, hervorgeht, wo es auf S. 121 heisst: « Dat het schip om de zuid of west bestieren sal, heeft sy om den houtknagenden worm daarvan te keeren, stevenswaarts met koper doen bekleeden »[15].

[S. 56]

Das Vorstehende zeigt genügend, dass um die Mitte des 18. Jahrhunderts die französische und englische Flotte der unsrigen überlegen waren, was die Grösse ihrer Schiffe betrifft. Die Erfahrung hatte indessen gezeigt, dass die Stärke einer Flotte nicht allein in der Zahl, sondern vielmehr in dem inneren Wert jedes Schiffes liegt (DE JONGE, Bd. 4, S. 86), wie übrigens MARTIN HAMPERTSZOEN TROMP selbst schon vorher erklärt hatte.

Um einen Begriff von der ausserordentlichen Kraft zu geben, die von den Vereinigten Provinzen entwickelt wurde, möchte ich bemerken, dass von 1682 bis 1700, also in 18 Jahren 15 Schiffe von 90 bis 96 Kanonen (alle 15 mit drei Decken), zwei von 80 bis 86, zwei von 70 bis 74, 29 von 60 bis 68 und 26 von 50 bis 56 Kanonen gebaut wurden, sowie zwei Fregatten von 22 Kanonen, drei Brander und neun Bombarden d. h. im ganzen 107 Schiffe. Von diesen wurden nur 7 ausserhalb Hollands und Seelands gebaut. (DE JONGE, Bd. II, S. 72-75.)

Ausser dieser Flotte, deren Kosten durch ausserordentliche Kredite gedeckt wurden, baute man während der gleichen Zeit mittels gewöhnlicher Kredite 65 andere Fahrzeuge, darunter 7 von 50 bis 52 Kanonen, 18 von 40 bis 46, 17 von 30 bis 38, 13 von 20 bis 26 und 10 von 16 Kanonen und geringerer Grösse.

Das ergibt für einen Zeitraum von 18 Jahren eine Gesamtzahl von 107 + 65 gleich 172 Schiffen (ebenda, S. 77). Aber diese ausserordentliche Vergrösserung war nötig; man brauchte nur die erlittenen Verluste ins Auge zu fassen; diese betrugen durch Unwetter und andere Ursachen in den Jahren 1688 bis 98 drei Einheiten von 70, fünf von 60, sechs von 50, acht von 40 bis 46 Kanonen, ausserdem einige Schiffe von 30 Kanonen oder weniger d. h. im ganzen 36 Fahrzeuge.

Alle diese Arbeiten verursachten natürlich erhebliche Kosten; während der Zeit von 1682 bis 1702 wurden für neue Schiffe etwa 81197000 Gulden und für die Ausrüstung etwa 69954000 Gulden aufgewendet.

Die Unterhaltung, Ausrüstung u. s. w. kostete jährlich etwa 5829000 Gulden, und i. J. 1697 betrug die Ausgabe 7723000 Gulden (ebenda, S. 80 und 81). Um sich einen genauen Begriff von der Bedeutung dieser Summe zu machen, muss man sich erinnern, dass zu der Zeit, die uns beschäftigt, die Löhne u. s. w. viel niedriger waren als heutzutage. (DE JONGE, Bd. 4, I. Kap., S. 80, Anm.)

Ausser diesen Kriegsschiffen baute man eine grosse Zahl von Handelsschiffen, Binnenschiffen von geringerer Grösse und Fischereifahrzeugen, sodass, wenn man den alten Schriftstellern Glauben schenkt, es Orte gab, wo unter Berücksichtigung aller Fahrzeuge man mehr Schiffe zählte als Häuser.

In der Zeit, zu der Hugo de Groot lebte, wurden jährlich 2000 Schiffe gebaut. (M. KOENEN, Geschiedenis van Scheepsbouw en Zeevaart, S. 87.) Es gab keine Holländer, die nicht einige Kenntnis von dem Schiffbau oder der Schiffahrt besassen (ebenda, S. 85).

II 154

Um eine so grosse Summe von Tatkraft entfalten zu können, musste sich natürlich der Schiffbau bei uns in ausserordentlicher Weise entwickeln. Wir finden den Beweis hierfür in den Werken von NICOLAS WITSEN (1671) und von VAN YK (1697). Unsere Schiffbaukunst erfreute sich also im Anfang des 18. Jahrhunderts einer unerhörten Wohlfahrt.

II 155
II 156

Was die Vervollkommnung betrifft, die das Zeichnen im Schiffbau um die Mitte desselben Jahrhunderts erreicht hatte, so wird es genügen, in unserem Album die photographischen Reproduktionen einiger Zeichnungen von W. van Gent aus dem Jahre 1750, 1751, 1752 zu betrachten, deren Originale zu der wunderbaren Bildersammlung von S. van Gyn in Dordrecht gehören; dasselbe beweist die Abbildung eines Kriegsschiffes aus dem Jahre 1770, die sich in der Sammlung kolorierter Zeichnungen befindet.

Diese Urkunden geben getreu die Schiffe mit den notwendigen Wasserlinien wieder, was aber in besonderem Grade die Aufmerksamkeit erregt, ist die folgende Inschrift, die die Zeichnung eines Kriegsschiffs aus dem Jahre 1750 sehr leserlich zeigt: « Propriété de l’amiral Schryver ». Dieser Admiral ist derselbe, der im Jahre 1753 schrieb, dass « während der Zeit von 1683 bis 1753 die Schiffbauer, besonders die, welche Kriegsfahrzeuge für den Staat herstellten, nur noch gewöhnliche Marine-Zimmerleute waren, dass sie keine theoretischen Kenntnisse besassen, sich nur von der Erfahrung leiten liessen und sich in mancher Hinsicht auf derselben Höhe befanden wie die Schiffseigentümer von Zaandam, die beim Scheitern eines Schiffs sich mit den[S. 57] Worten entschuldigten, dass das Schiff sich nicht anders als mit der Axt hätte bauen lassen. »

Zur Unterstützung des Vorstehenden verweist der Admiral Schryver auf einige weniger gut gelungene Kriegsschiffe, unter denen er an erster Stelle fünf Dreidecker aufführt, die von 1683 bis 1689 gebaut waren, die ersten übrigens, die von unseren Schiffbauern hergestellt waren.

Dass diese Schiffe nicht völlig den Erwartungen entsprochen haben, wer wird sich darüber wundern! Und wenn man später Schiffe von besserer Beschaffenheit gebaut hat, so beweist das nur, dass es unsern Schiffbauern gelungen ist, die grosse Aufgabe zu lösen, feste Schiffe zu bauen, deren Tiefgang mit Rücksicht auf die Tiefe unserer Durchfahrten und Flüsse indessen nur beschränkt sein durfte.

Noch später hat man Unvollkommenheiten feststellen können; aber das beweist keineswegs die Unfähigkeit unserer Schiffbauer. Auch heutigentags kommt es im Ausland wie bei uns vor, dass die besten Werften Schiffe vom Stapel lassen, die weniger vollkommen sind oder der Verbesserungen bedürfen.

Die Klage des Admirals Schryver (DE JONGE, Bd. 4, I. Kap., S. 116) über die Unfähigkeit unserer Schiffbauer scheint mir weder begründet noch verdient! Meiner Meinung nach haben wir es in diesem Falle mit einem eigensinnigen Seeoffizier zu tun, der von seinen eigenen Ideen erfüllt ist und im allgemeinen nur Missachtung für die der anderen hat (DE JONGE Bd. 4, I. Kap. S. 116), und nicht mit einem Mann, der auf der Höhe unseres Schiffbaues stand. Wie oben gezeigt ist, geschah es übrigens nicht nur zur Zeit des Staatspensionärs de Witt und des berühmten Colbert, wie DE JONGE sagt (Bd. 4, I. Kap., S. 120), dass man vom Ausland kam, um bei uns den Schiffbau zu lernen; noch viel später im Jahre 1780 schickte Frankreich seine Söhne auf unsere Werften, und man nimmt an, dass erst unter der Regierung Ludwigs XVI. (1774 bis 1793) die französische Marine sich völlig dem holländischen Einfluss zu entziehen verstand.

Unser Vaterland verfolgte indessen mit Aufmerksamkeit die Fortschritte, die sich in Frankreich und England auf dem Gebiete des Schiffbaues vollzogen; Beweis hierfür ist die Uebersetzung des Werks von DU HAMEL DU MONCEAU (erschienen im Jahre 1757) und die Stelle darin, wo für später eine Uebersetzung des Werkes von MUNGO MURRAY, des berühmten Schiffbauers der Schiffswerft von Deptford, angekündigt wird. Ich weiss nicht, ob diese Uebersetzung jemals das Licht erblickt hat; nichtsdestoweniger geht aus dem Vorstehenden meines Erachtens deutlich hervor, dass man die im Ausland erschienenen Werke las.

Es steht also fest, dass man schon in der Mitte des 18. Jahrhunderts in unserem Lande Schiffe nach Zeichnungen baute. Man hatte also mit dem alten holländischen Verfahren gebrochen, das darin bestand, sich nach den Senten-Linien (Centlijnen) zu richten.

Die unteren Stückpforten der Schiffe waren zu nahe an die Wasserlinie gelegt; man hatte dies zuerst bei uns bemerkt; dieselbe Klage wurde auch bald in England gehört, wo man indessen diesem Zustand erst ausgangs des 18. Jahrhunderts abhalf, indem man den französischen Schiffbauern folgte. (HOLMES S. 126).

Es ist eine gewisse Zeit verstrichen, bevor Grossbritannien die Verbesserungen angenommen hat, die von den Franzosen im Schiffbau eingeführt waren.

DE JONGE berichtet, indem er sich auf fremde Angaben stützt, dass der Zar Peter der Grosse in England den eigentlichen Schiffbau gelernt hätte.

Der Geschichtsschreiber FINCHMAN erzählt sogar (History of naval architecture S. 69), dass der Zar Peter den englischen Schiffbau dem holländischen vorgezogen hätte. In dieser Hinsicht macht KOENEN darauf aufmerksam, dass diese Bevorzugung sich nur auf die Kriegsschiffe bezogen haben könnte. Das alles hat indessen Peter den Grossen nicht gehindert, holländische Schiffe, Schiffbauer und Seeleute für die Schöpfung seiner Flotte zu benutzen, die drei Jahre vor seinem Tode 41 Kriegsschiffe mit 2106 Kanonen und 14,900 Mann an Bord umfasste, und die die Schweden zu der Aeusserung veranlasste (DE JONGE, Bd. 4, II. Kap., S. 152 und KOENEN, S. 93-95): « Wir sehen auf der moskovitischen Flotte nichts Moskovitisches ausser der Flagge. Wir haben eine holländische Flotte zu bekämpfen, die von Holländern befehligt wird, mit holländischen Seeleuten besetzt ist und die mit holländischem Pulver aus holländischen Kanonen schiesst. »

Man fragt sich nun, ob der Zar Peter wirklich holländische[S. 58] Schiffbauer herangezogen hätte, wenn er bessere bei den Engländern hätte finden können?

Wie soll man aber erklären, dass man um die Mitte des 18. Jahrhunderts sich von unsern Schiffbauern abgewendet hat?

In England und in Frankreich wuchsen die Grössen der Schiffe unaufhörlich; die Flotten der fremden Mächte gewannen also ständig an Bedeutung, während man bei uns wegen der geringen Tiefe unserer Durchfahrten, Flüsse und Häfen nicht imstande war, Schiffe zu bauen, die an Grösse sich mit denen des Auslands messen konnten. (S. VAN YK, S. 14.) Alle Schriftsteller jener Zeit weisen auf diesen Zustand hin, dessen Vorhandensein ich durch die Beibringung einiger Ziffern bewiesen habe.

Seit dem Ende des 17. Jahrhunderts fühlte man den Missstand, der sich aus der verhältnismässig geringen Tiefe des niederländischen Fahrwassers ergab, und dieser Uebelstand musste in der Folge immer deutlicher hervortreten. Die Notwendigkeit, grössere Schiffe zu bauen, die bis zu 90 und 95 Kanonen trugen, wurde indessen dringend. Um den grossen Tiefgang zu vermeiden, musste man also die Schiffe breiter machen; diese wurden indessen dadurch schwer, segelten schlecht und waren nur schlechte Kriegswerkzeuge in den Händen unserer tapferen Seeleute. Soll man sich nun wundern, dass diese sich darüber bitter beklagten? So mussten wir trotz all unseres Mutes wegen der Tiefe unseres Fahrwassers und ungeachtet der finanziellen Verhältnisse dem Auslande weichen.

Mit Unrecht schreibt man diese Minderwertigkeit den Schiffbauern jener Zeit zu. Viele von ihnen haben sich natürlich lange an das alte Verfahren gehalten, wie aus dem Werk des DU HAMEL DU MONCEAU hervorgeht. Auf S. 287 dieses Werks heisst es: « Die Gewohnheit, mechanisch und knechtisch nachzuahmen, was früher geschah, hat alle jene Proportionsregeln geschaffen, die bei der Bestimmung der Hauptrippe, der Beschreibung der Modelle und ihrer Zeichnung beobachtet wurden. » Was er hinzufügt, ist nicht weniger interessant: « Jeder Schiffszimmermann bewahrte diese Regeln für seine Familie als ein Geheimnis. »

Die holländischen Schiffbauer sind keine Freunde der Feder. WITSEN selbst bemerkte dies schon. Sie hatten Furcht, ihre Geheimnisse zu veröffentlichen, damit nicht auf diese Weise ihre Arbeit ihnen von andern entrissen würde. Noch vor wenig Jahren weigerte ein Schiffbauingenieur sich, mir die Zeichnungen eines von ihm gebauten Schiffes zu zeigen; er fürchtete ebenfalls, dass seine Modelle nachgeahmt würden.

Wie konnte man übrigens erwarten, dass man um die Mitte des 18. Jahrhunderts schon Schiffe völlig nach wissenschaftlichen Regeln baute, da in Frankreich, das allen Völkern in dieser Hinsicht überlegen war, man erst 1740 dazu kam. « Le Musée de Marine du Louvre » berichtet nämlich, indem es vom 18. Jahrhundert spricht: « Es (das Schiff) wird nach wissenschaftlichen Grundsätzen gebaut, die im Jahre 1697 bekannt zu werden anfingen, aber erst im Jahre 1740 zur Anwendung kamen; sie führten dahin, dass sich die Schiffe in allen Ländern glichen, so weit sie für die grosse Schiffahrt bestimmt waren; die Originalität blieb nur für die Schiffe bestehen, die für die Küstenschiffahrt bestimmt waren. » (s. u. a. BOUGEUR 1746, XXIII.)

Es war also nicht das Haften an dem Ueberlieferten, sondern der natürliche Zustand unseres Fahrwassers, das uns verhinderte, Kriegsschiffe von demselben Gefechtswert wie die des Auslandes zu bauen. Das vergisst DE JONGE, der zu viel Wert auf die Praxis legt, die besonders im Schiffbau noch heutzutage ein grosses Ansehen geniesst. Dieser verehrte Schriftsteller kommt demnach notwendigerweise dazu, über unsere Schiffbauer des 18. Jahrhunderts ein ungünstiges, aber unverdientes Urteil zu fällen.

Der Rückgang des Schiffbaues längs der « Zaan » z. B. war nicht die Folge der Unwissenheit unserer Schiffbauer; die Ursache dafür ist besonders der Versandung des Flusses und seiner Mündung zuzuschreiben. Infolgedessen war es nicht mehr möglich, ohne grosse Kosten und Mühen grössere Schiffe in See zu bringen. (LOOSJENS, De Zaandamsche dorpen, S. 194; KOENEN S. 95.)

III 15

Um den Unterschied zwischen der französischen und englischen und der holländischen Bauweise zu zeigen, habe ich auf einem Blatt in der Abbildungssammlung die verschiedenen[S. 59] Hauptrippen aufzeichnen lassen. Diese Zeichnung spricht für sich selbst; es scheint mir jedoch nötig, im Vorübergehen die Aufmerksamkeit auf den Unterschied der verschiedenen Stile zu lenken. Dieser Unterschied lag zunächst in der Form und der Zusammensetzung der Hauptrippen; dann zeigten die englischen Schiffe weniger Krümmung, gingen weniger in die Höhe und hatten keinen Spiegel. (VAN YK S. 17.) Die Engländer scheinen auch statt der vertikal nebeneinander stehenden Deckstützen sich kreuzende verwendet zu haben, um das Schiff weniger anzustrengen; man hielt indessen dies Verfahren für weniger praktisch hinsichtlich des Verstauens. (VAN YK, S. 17 und Abbild. A. S. 18.) Sie gaben ihren Schiffen einen vorspringenden Bug (WITSEN, S. 126) und breite Flanken (« dick in den buik », wie WITSEN sagt, S. 207), im Gegensatz zu den holländischen Schiffen. « The Dutch ships, » sagt HOLMES (S. 110), « in one respect excelled all others in that they were the first in which the absurd practice of an exaggerated ‹tumble home› or contraction of the upper deck was abandoned. » « This fashion, » sagt er später, « was still carried out to a very great extent by the Englisch and to a less extent by the French and Spaniards »[16].

Dieser Schriftsteller spricht ebenfalls von dem geringen Tiefgang unserer Schiffe. Er äussert sich hierüber auf S. III folgendermassen:

« In consequence of the shallowness of the Dutch harbours, the draught of their ships was also considerably less than that of the English vessels of corresponding force »[17].

Die Engländer besassen Becken zum Bau ihrer Schiffe; (WITSEN S. 206. I. Spalte) sie benutzten weder Berghölzer noch Stützen. Bevor sie ein Schiff auf Stapel legen, sagt VAN YK (S. 19), gelingt es ihnen, das Modell davon so vorzubereiten, dass es die gewünschte Form erhält. Zu diesem Zweck zeichnen sie vor dem Baubeginn die Rippen in natürlicher Grösse auf einen Boden aus Brettern. Dies Verfahren ist also in England entstanden.

Das Aufzeichnen der Aufrisse ist bei uns erst in der Mitte des 18. Jahrhunderts eingeführt worden. Vordem brauchte man bei uns nur Modelle und Senten-Linien, wie man noch heut beim Bau der kleineren Holzschiffe und Fischerboote verfährt.

Die Einführung der Aufrisse erfolgte jedoch nicht ganz allein, um so mehr als man an dem Erfolg ihrer Anwendung auf die holländischen Schiffe zweifelte, die wie VAN YK (S. 19) sagt « runde Flanken hatten, damit sie über das Wasser gleiten könnten und schärfere Kurven als die englischen Schiffe, » die einen regelmässigeren Umriss hatten.

Die Schweden und die Dänen folgten zum grossen Teil dem holländischen Verfahren. (VAN YK, S. 20.) Ihre Marine war der unsrigen nachgebildet (DE JONGE), aber ihre Schiffe waren weniger voll und hatten einen grösseren Tiefgang.

Den Franzosen fällt die Ehre zu, der Schiffbaukunst wissenschaftliche Regeln gegeben zu haben. Alle Völker, sogar die Engländer und die Holländer haben sich nach ihren Grundsätzen gerichtet (um die Mitte des 18. Jahrhunderts). Aber erst gegen Ende dieses Jahrhunderts drang das französische Verfahren für die Berechnung und Zeichnung der Schiffe überall ein.

Ausser einer eigentlichen Kriegsflotte besassen die Niederlande eine sehr bedeutende Handelsmarine. (KOENEN, S. 90.) Diese umfasste, wie man sagt, am Anfang des 17. Jahrhunderts 20,000 Schiffe, die alle in Holland gebaut waren und das Meer unter holländischer Flagge in allen Richtungen durchfuhren. Am Ende des 17. Jahrhunderts, als wir schon mehrere unserer überseeischen Besitzungen verloren hatten, betrug der Gesamttonnengehalt der Handelsmarine in England 500000 t; in unserem Lande 900000 Tonnen und in den anderen vereinigten Ländern 2 Millionen Tonnen. (GROEN VAN PINSTEREN, Handboek 303, KOENEN, S. 160.)

[S. 60]

Unsere Handelsschiffe erreichten schnell eine grosse Vollkommenheit; man kann sich davon überzeugen, durch die Bemerkungen Sir WALTER RALEIGHS (1552-1618) über die holländischen Schiffe, in denen man, wie er hervorhebt, eine grosse Menge Waren verstauen konnte, während sie eine geringere Besatzung erforderten, als die englischen Schiffe. (KOENEN, S. 86.)

Unsere Handelsschiffe, unter denen besonders Flüten vertreten waren, wurden von den Engländern und Franzosen nachgeahmt. Vorzugsweise verwendete man Flüten als Transportschiffe. Hierüber heisst es z. B. in dem Musée de Marine du Louvre: « La marine a toujours eu des navires de transport destinés à ravitailler les escadres et qui d’abord nommés flûtes ou transports, ont été désignés plus tard sous le nom de corvettes de charge »[18].

Um einen Begriff von der Zahl der ausgangs des 17. Jahrhunderts in Gebrauch befindlichen Schiffe zu geben, lasse ich hiernach einige Ziffern aus dem Werk von KOENEN, S. 160 folgen, die der Verfasser dem Werk von VAN HOOGENDORP, Bydragen tot de huishouding van den Staat (Bd. I, S. 183) entnommen hat.

Im Jahre 1783 gab es in Nordholland und in Friesland: 50 Flüten von 400, 450 bis 500 Last, die nach der Ostsee und Norwegen, Frankreich und Spanien fuhren, und 30 Flüten von 250 bis 280 Last; 18 Flüten von 160 bis 180 Last, die den Hafen von Archangelsk, das Mittelmeer und Westindien aufsuchten. Diese letzteren dienten anfänglich der Fischerei in Grönland; 16 Katschepen von 160 bis 180 Last; 80 Hoeker (Huker) oder Galiots, darunter 13 von 300 bis 350 Last, 18 von 280 bis 240, 12 von 220 bis 200, 17 von 180 bis 160 und 20 von 150 bis 100. Alle diese Fahrzeuge segelten nach Archangelsk, der Ostsee, dem Mittelmeer und Westindien. Es gab ausserdem 60 Fregatten, « Snauwen » und Brigantinen, darunter 10 von 150-200 Last, 30 von 100-140, 20 von 70-90; 5 Heckboote von 200-300 Last; 140 Fahrzeuge und zwar Huker, Fregatten, Snauwen, Brigantinen, deren Ladefähigkeit von 300 bis 60 Last schwankt. Endlich gab es noch 36 Schiffe, die nach West- und Ostindien fuhren, 150 Kuffen und Schmacken von 50 bis 70 Last, 90 Kuffen und Galiots von 70 bis 100 Last, und schliesslich 120 Galiots, Huker und Kuffen von 100-150 Last, im ganzen 819 Fahrzeuge.

Zu dieser Zahl muss man für Leeuwarden hinzufügen 20 Kuffen und Schmacken, deren Ladefähigkeit von 50 bis 100 Last und darüber schwankte; für Groningen 30 Schiffe von 50 bis 70 Last; für Harlingen 9 Fahrzeuge von 100 bis 150 Last, 1 von 180, und 3 von 200-300 Last; für Makkum 14 Schiffe von 60-100 Last und mehr; für Werkum 2 von 60-70, 24 von 80 bis 100, und 23 von 100 Last und darüber.

Bolsward, Woudsend, Dryst, Dokkum, Sneek, Grouwsloten, u. s. w. zählten zusammen 30 Schiffe von 50 bis 70 Last; 40 von 70 bis 100 und 50 von 100 Last und darüber. Endlich hatte Lemmen 40 Schiffe von 50 bis 100 Last und darüber.

Es gab ausserdem eine Menge kleinerer Schiffe wie die Tjalken u. s. w., mit einer Ladefähigkeit von 20 bis 30 Last und eine nicht weniger grosse Zahl von Fischerbarken, die in den obigen Ziffern nicht mitgezählt sind.

Wir kommen so auf etwa 1105 Fahrzeuge, ohne die Schiffe von geringerer Bedeutung.

Aber es war nicht allein die Zahl gross; es gab gleichzeitig, wie wir aus den verschiedenen Benennungen ersehen konnten, eine grosse Menge verschiedener Schiffsarten.

In dem folgenden Kapitel werden wir uns mit den Handelsschiffen beschäftigen; bevor wir jedoch die Kriegsschiffe verlassen, ist zu bemerken, dass schon im Anfang des 17. Jahrhunderts unser Land Fregatten besass, einen Schiffstyp, dessen man sich bei uns vor jener Zeit nicht bedient hatte, der sich aber durch die Umstände als notwendig erwiesen hatte.

Die Einwohner von Dünkirchen brachten uns herbe Verluste bei: von 1631 bis 1637 nahmen sie uns in Maassluis mehr als 200 Fischereifahrzeuge, die man auf mehr als 1 Million Gulden geschätzt hat. (DE JONGE, Bd. I, S. 373.) Um ungestrafter ihre Räubereien ausführen zu können, hatten sie dem Mittelmeer ein Schiff von schlanken Formen entnommen, das, wenn es auch nicht gross war (es hatte nur 6 bis 12 Kanonen), ein guter Segler war; ich meine die Fregatte.

[S. 61]

Um wirksamer gegen die Einwohner von Dünkirchen zu kämpfen, machte man sich auch bei uns daran, das fragliche Schiff zu bauen, und seine Zahl wuchs schnell auf das Drängen unseres grossen Tromp. (DE JONGE Bd. I. S. 388 und 389.) In der Folge baute man Schiffe mit grösseren Abmessungen.

III 18

Die Fregatte war, wie ich oben bemerkt habe, nach Frankreich durch die Einwohner von Dünkirchen gebracht worden, von da ging sie 1741 nach England (HOLMES S. 121); im Jahre 1646 besass dies Land jedoch schon einige von geringerer Grösse.

Die Fregatten haben eine wichtige Rolle in dem englisch-amerikanischen Kriege gespielt.

Einer der grössten Feinde der Holzschiffe war, wie leicht begreiflich, das Feuer. Es ist selbstverständlich, dass man schon in den ältesten Zeiten dieses Element verwendete, um die feindlichen Flotten zu zerstören. Man wird sich indessen nicht damit begnügt haben, brennendes Pech zu schleudern; man brauchte wirksamere Mittel, und so bedienten sich die Alten schon der Brander, um Feuer an die Flotte des Gegners zu legen.

Wir wollen uns nicht in Vermutungen über die Brander der Alten ergehen, die überdies nur gewöhnliche Schiffe gewesen sind. Wir werden vielmehr eine zusammenfassende Beschreibung der Brander geben, deren man sich im 17. Jahrhundert bediente. Es sind nur solche, von denen WITSEN in seinem wohlbekannten Werk auf Seite 166 und 167 spricht.

Schiffe von geringerer Grösse dienten als Brander, hauptsächlich Flüten oder Pinassen, später Spiegelschiffe von 70 bis 80 Last. Diese Schiffe hatten ein einheitliches Deck und ein durchlaufendes Oberdeck, in das man Löcher von etwa 1½ Quadratfuss schnitt. Von dem Hinterkastell ging eine Leitung aus, die das Schiff in seiner ganzen Länge durchzog, und die mit Querleitungen u. s. w. versehen war; mit einem Wort, man stellte ein Röhrensystem her, durch das Feuer leicht und schnell laufen konnte und zwar durch das ganze Fahrzeug. Zu diesem Zweck füllte man die Röhren mit einem Stoff, der zur Hälfte aus Pulver, zu einem Viertel aus Salpeter, und zu einem Viertel aus Harz und Schwefel zu gleichen Teilen gemischt bestand; dem Ganzen wurde etwas Leinöl beigemengt.

Die so gefüllten Leitungen wurden mit Hobelspänen bedeckt, die ihrerseits unter Bündeln von leichten Zweigen verschwanden, die mit einer Mischung von Harz, Oel aus der Leber des Kabeljaus, Pulver und Salpeter überzogen waren. Das Schiff wurde ausserdem mit leicht brennbaren Stoffen gefüllt; das Deck und die Innenwände waren mit Fett überzogen und mit einer feinen Schicht gepulverten Harzes bedeckt.

Man lud manchmal sogar in die Brander leere offene Teertonnen, in die man Hobelspäne warf, welche mit denselben Stoffen überzogen waren. Man sorgte besonders dafür, dass alle Pforten und Luken offen waren, um Luftzug hervorzurufen.

Um den Brander sicherer am feindlichen Schiff festmachen zu können, befestigte man am Ende des Bugspriets, und zwar darunter und am Ende jeder Raae, einen kräftigen Haken, den man mit Leinen lösen konnte, die längs des Schiffes angebracht waren.

Um den Feind zu täuschen, brachte man in den Stückpforten hölzerne Kanonen an; auf dem Hinterteil allein wurden zwei eiserne Kanonen aufgestellt, um sich gegen die Schaluppen u. s. w. verteidigen zu können.

An dem Hinterkastell war eine grosse Klappe eingebaut, durch die die Mannschaft, nachdem sie Feuer angelegt und die Enterhaken ausgelegt hatte, das Schiff verlassen konnte, um mit der Schaluppe zu entfliehen, die unter der Klappe am Brander befestigt war.

Der Dienst auf dem Brander war natürlich kein Ruheposten; daher wählte man auch für ihn nur die tüchtigsten Leute aus, die wegen der grossen Gefahr, die sie liefen, doppelten Sold erhielten.

Im Bedürfnis richtete man die Brander gerade auf den Feind, sodass das Schiff des Gegners vorn und nicht von der Seite gefasst wurde. Unter diesen Umständen verwickelten sich die Taue sogleich und eine Lösung war nicht mehr möglich.

Im allgemeinen waren die Brander nur alte Fahrzeuge; manchmal waren es auch ganz neue Schiffe, zu deren Bau man sich, wie WITSEN sagt: « eines sehr gewöhnlichen, ganz leichten und sehr leicht entzündbaren Holzes bediente. »

Aeusserlich unterschieden sich die Brander nicht von den gewöhnlichen Schiffen; das Gegenteil wäre überdies nicht praktisch gewesen, weil der Feind sie alsdann sofort erkannt hätte.[S. 62] Ihre Mannschaft war so wenig zahlreich, wie möglich und alle Massnahmen waren getroffen, um ihr das Verlassen des Fahrzeuges zu ermöglichen, so bald es angezündet war und den gewünschten Ort erreicht hatte.

II 158
II 161

Man kennt genügend die Umwandlungen, die unsere Kriegsschiffe im Laufe des 19. Jahrhunderts erfahren haben; es dürfte also nicht nötig sein, sich hierbei aufzuhalten. Ich möchte mich darauf beschränken, hervorzuheben, dass die Schiffe immer weniger Krümmung hatten, das der Vorder- und der Hintersteven fast vertikal wurden, und dass die alten Verzierungen fast ganz verschwanden.

II 165

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wählte man für das Hinterteil die abgerundete Form, nach der englischen Art; das war der Tod des alten Spiegelschiffs. Aber schon längst nannte man es Kriegsschiff. Diese neue Benennung entsprach nicht einer neuen Bauweise.

Unser Schiffbau war während der französischen Besetzung gesunken, und die Kontinentalsperre vernichtete ihn völlig. Gegen Ende der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts lebte er indessen z. T. wieder auf. Im Jahre 1824 baute man allerdings nur 3 Schiffe, von 1440 t.; aber im Jahre 1827 war diese Zahl auf 59 Schiffe mit einer Ladefähigkeit von 19758 t. gestiegen. Diese Angaben betreffen nur Schiffe von mehr als 100 t. (KOENEN S. 101.)

Im Jahre 1853, sagt KOENEN, gab es in dem Groninger Lande für die Binnenschiffahrt, wie für die Seeschiffahrt 89 Schiffswerfte; in Friesland gab es bedeutende Schiffswerfte in Harlingen und Lemmen, die nur für die Seeschiffahrt arbeiteten. In Nordholland baute man Seeschiffe in Amsterdam, Medemblik, Monnikkendam, Muiden und Nieuwendam. In Südholland blühte der Schiffbau in Rotterdam, Schiedam, Alblasserdam und Dordrecht. Im gleichen Jahre 1853, fügt der genannte Verfasser hinzu, empfingen 125 in unserm Land gebaute Schiffe niederländische Pässe, und unsere Handelsmarine umfasste 1971 Schiffe mit 224-432 Last Ladefähigkeit.

Auch der Dampf hielt seinen Einzug bei uns in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts; die Segelschiffahrt wurde dadurch in das Hintertreffen gedrängt. Die Einführung des Eisens brachte ebenfalls eine grosse Umwälzung; aber auf sehr vielen Werften erkannte man nicht die Bedeutung dieses neuen Baumaterials, sodass man sich zu lange beim Bau von Holzschiffen aufhielt, und dass schliesslich der Zusammenbrach erfolgte. Andere dagegen, die gleich im Anfang sich dem Eisenbau zugewendet haben, haben sich gedeihlich entwickelt und in hohem Masse dazu beigetragen, den alten Ruf unserer holländischen Schiffbaukunst hochzuhalten.

Das erste Eisenschiff in unserem Lande wurde von Fop Smit gebaut, der auch die eisernen Maste erfunden zu haben scheint. Die ersten Dampfer wurden in Feyenoord (1834/35) auf der Werft erbaut, die jetzt der « Société de constructions navales et de mécanique » gehört. (Siehe Gedenkboek Kon. Instituut van Ingenieurs, S. 209 usw.)

Man kennt zur Genüge die Umwälzung, die das Eisen in unserm Kriegsschiffsbau hervorrief; aber die Kriegsschiffe haben dabei jeden eigenen Charakter verloren, und man erkennt sie nur noch an der Flagge, die sie tragen. Das ist der Zustand für die Seeschiffahrt; aber das wird auch die Lage der Binnenschiffahrt werden. Auch hier ist das Eisen eingeführt worden; die alten Formen verschwinden, um Typen Platz zu machen, die bald allgemein Verwendung finden werden.

Aber dann wird auch jeder nationale Charakter auf den Flussschiffen verschwunden sein, und man wird vergeblich suchen, was vergangen ist. Obgleich schon viel Gleichmässigkeit vorhanden ist, kann man doch noch immer an ihren soliden und eleganten Formen die in Holland gebauten Schiffe erkennen.

Könnte dem doch immer so sein; möchten die Schiffbauer den guten Ruf der holländischen Schiffbaukunst mehren, aber möchte auch das niederländische Kapital fortfahren, sie zu unterstützen und begreifen, dass die Macht unseres Vaterlandes in einer blühenden Marine liegt. Aber diese braucht auch ausgezeichnete Verbindungsstrassen; im 19. Jahrhundert sind bekanntlich neue Verbindungen zu Wasser geschaffen und die alten verbessert worden. Die alten Hindernisse, die in der geringen Tiefe der zu unseren grossen Zentren führenden Durchfahrten lagen, sind beseitigt, und es ist uns ermöglicht worden, auf dem Gebiete des Baues der grossen Schiffe den Kampf mit dem Ausland aufzunehmen.

[4] Dem Fahren mit geringer Mannschaft, der Nüchternheit seiner Seeleute und der angeborenen Reinlichkeit des holländischen Volkes ist das Blühen der holländischen Schiffahrt zu danken, nicht der Formenschönheit der Schiffe.

[5] In diesem Punkt trotzen sie (die Engländer) offen allen Ländern und halten sich für unerreicht auf dem Gebiete des Schiffbaues.

[6] Westländischer Einfluss auf die Kultur, Lebensweise und den Ackerbau der Nordländer (Norweger, Skandinavier u. s. w.) zur Zeit der Wikinger von Alexander Bugge 1905.

[7] Nach Ansicht der meisten Schriftsteller fällt den Friesen die Ehre zu, die Schiffbaukunst in den Niederlanden zu neuer Blüte gebracht zu haben.

[8] « Wie man in der Vergangenheit die Koggeschiffe baute und wie sehr sie sich in der Folgezeit geändert haben, übrigens ganz wie man in unserer Zeit (zur Zeit des Schreibers) ständig die Schiffsformen sich ändern sieht. »

[9] Die Taktik der Engländer bestand hauptsächlich darin, die Schiffe zu entern, während die Spanier, deren Schiffe viel höher waren, mit Armbrüsten und schweren Steinen angriffen; die letzteren schleuderten sie aus ihren furchtbaren Marsen in die Schiffe ihres Gegners.

[10] Und in der Tat, das vornehmste und beste Mittel, den zu grossen Tiefgang der Schiffe zu vermeiden, besteht darin, die Schiffe zu verbreitern. Diese Aufgabe müssen wir besonders im Auge behalten wegen der geringen Tiefe unserer Durchfahrten.

Nach Ansicht erfahrener Lootsen, die sie gewissenhaft gemessen haben, ist es nicht möglich, durch die Goereesche Durchfahrt Schiffe von über 20 Fuss Tiefgang, durch die von Texel solche von etwa gleichem Tiefgang und durch die Maas solche von mehr als 13 Fuss zu bringen.

Daher ist es auch mehr als einmal vorgekommen, dass Kriegsschiffe des Staates von schlanker Form und durch Ballast tief eingesenkt, um das Segeln zu erleichtern, zum grossen Schaden des Landes bei Ebbe oder Windstille die hohe See nicht erreichen konnten, während man sie auf offener See nicht verwenden konnte, weil die untere Reihe der Kanonen zu nahe am Wasser lag.

[11] Seit mehreren Jahren hat man, um unsere grossen tiefgehenden Schiffe in den Stand zu setzen, die hohe See zu gewinnen, bei der geringen Tiefe unserer Flüsse und Durchfahrten, so weit es möglich war, versucht, sie durch leere Fässer zu heben. Aber dies Verfahren erforderte schon zur Anbringung der Fässer eine endlose Zeit und erhebliche Arbeit.

[12] Man kann mit vollem Recht sagen, das während des ganzen 18. Jahrhunderts die meisten Verbesserungen an den Formen und Grössenverhältnissen der Schiffe der Königlichen Marine den gekaperten französischen Schiffen abgesehen wurden.

[13] Die Ueberlegenheit der französischen Schiffe hinsichtlich ihrer Grössenverhältnisse stand fortwährend zur Erörterung, und im Jahre 1719 stellte man eine neue Uebersicht für die Grössenverhältnisse der Schiffe unserer Königlichen Marine auf nach der folgenden Tabelle.

[14] Durch die ganze Geschichte unseres Seewesens und zwar bis auf verhältnismässig neue Zeitläufte sehen wir, dass man Verbesserungen in der Grösse und in der Form unserer Schiffe erst einführt, nachdem diese Aenderungen von den Franzosen oder Spaniern oder in neuester Zeit von dem Volk der Vereinigten Staaten von Amerika angenommen sind.

[15] Dass das Schiff, welches nach Süden oder Westen fährt, das Vorderteil mit Kupfer bekleidet haben soll, um es vor dem Bohrwurm zu schützen.

[16] Die holländischen Schiffe waren allen anderen in sofern überlegen, als sie die ersten waren, die mit jener törichten Praxis brachen, den Schiffen ein übermässiges « tumble home » zu geben, d. h das Oberdeck einspringen zu lassen. Bei den Engländern wurde dies Verfahren in grösserem Massstabe angewendet, während dies bei den Franzosen und Spaniern in geringerem Grade geschah.

[17] Wegen der geringen Tiefe der holländischen Häfen hatten die Schiffe dieses Landes auch einen geringeren Tiefgang als die englischen Schiffe von gleicher Stärke.

[18] Die Marine hat immer Transportschiffe gehabt, um die Geschwader mit Lebensmitteln zu versorgen, die zuerst Flüten oder Transportschiffe hiessen und später mit dem Namen Lastkorvetten bezeichnet wurden.

[S. 63]

 

Kopfstück Kapitel 3

IM vorigen Kapitel haben wir gesagt, dass man erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Holland mit dem Bau von eigentlichen Kriegsschiffen begonnen hat. Bis zu dieser Zeit wurden die Handelsschiffe zu militärischen Zwecken benutzt. Daraus ergibt sich, dass in dem Masse, wie sich der Handel entwickelt und die Gefahren vor dem Feind zur See wachsen, die Bewaffnung der Handelsschiffe immer wichtiger wird. Das persönliche Interesse war so der Grund der teilweisen Ausrüstung der Handelsschiffe als Kriegsschiffe. So stellte man die Schiffe der Ost-Indischen Kompagnie her, die als Type dieser Art betrachtet werden können.

Es ist übrigens selbstverständlich, dass gerade die grössten Handelsschiffe die meisten Umänderungen in der Folge der Zeiten erfuhren. Die alten Muster werden also nicht unter ihnen sondern unter den kleinen Typen zu finden sein, wo sich diese Muster am besten erhalten haben.

Der älteste Schiffstyp in unserer Heimat ist das « Koggeschiff », aus dem die « Krayers » und « Hulken » entstanden sind. Sie sind alle mit übergreifenden Planken (klinkerweise) gebaut. Im 15. Jahrhundert erscheinen die « Barges » (Barken), die « Baertsen » u. s. w. mit glatter Bordwand, die allmählich die « Krayers » und die « Hulken » verdrängen. Sie weichen übrigens wenig in der Form von den letzteren ab.

Am Ausgang des 15. Jahrhunderts trifft man die « Kraak », die von den Völkern des Südens zu uns kommt; ebenso stammt von ihnen der « Spiegel » (Schiff mit viereckigem Hinterteil) am Ende des 16. Jahrhunderts. Zu dieser Zeit verschwinden die Namen « Barge » u. s. w., und an ihre Stelle treten die der « Kuffen » und « Schmaken ». Es muss aber die Tatsache betont werden, dass die alten Formen nicht verschwanden. Dieselben Schiffe wechseln in der Folge nur den Namen infolge einiger Veränderungen in Einzelheiten. Ein treffendes Beispiel hierfür sind die « Tjalken » die WITSEN nicht anführt und die doch schon zu jener Zeit vorhanden waren. Sie trugen damals den Namen « Smalschepen » oder « Wijdschepen ». Wir könnten hierfür noch mehrere Beispiele nennen. Die Ähnlichkeit der Form ist oft so auffallend, dass am Anfange des 19. Jahrhunderts unsere Flotte noch vollkommen die Type der Zeit von Witsen zeigt. Die eingeführten Änderungen betreffen nur Einzelheiten.

Bei Beurteilung der alten Type, die noch jetzt in Gebrauch sind, muss man jedoch zweierlei berücksichtigen: dass unsere Schiffe im Laufe des 19. Jahrhunderts erheblich an Länge und Breite zugenommen haben und entsprechend auch an Tiefe, um so den Verbesserungen unserer Wasserstrassen und der Herstellung neuer Kanäle zu folgen.

Daraus hat sich um die Mitte dieses Jahrhunderts die Entartung einiger Type ergeben, zu der übrigens das Auftreten des Eisens im Schiffbau in hohem Masse beigetragen hat.

Andrerseits hat die Verbesserung der Schiffahrtsstrassen und die Schaffung der Häfen die völlige Beseitigung gewisser Type bewirkt. So dürfte die Herstellung des « Bommenhaven » bald das gänzliche Verschwinden der alten « Bommen » zur Folge haben. Wir werden darüber später sprechen. (Fischereifahrzeuge.)

Die kleineren Fahrzeuge werden uns also die beste Vorstellung von den alten Formen geben, während man, wie oben gezeigt, unter den Fischereifahrzeugen die schönsten Proben der Schiffbauten früherer Zeiten finden wird. Die Fischereifahrzeuge offenbaren uns am besten den Ursprung der Formen unserer Schiffe, und deshalb werden diese Fahrzeuge in einem besonderen Kapitel behandelt werden.

Wie oben gesagt, bestand der Hauptunterschied der Handels- und der Kriegsschiffe darin, dass die ersteren ein schmales Deck hatten, so dass ihre Mannschaft vermindert werden konnte[S. 64] (WITSEN, S. 54, 263, 266), und wir haben zu gleicher Zeit gezeigt, wie die Holländer immer als Beispiel hierfür angeführt wurden. So sehen wir die « Vliebooten » auftauchen, als Vorläufer der « Fluiten » die in England unter dem Namen « Dutch flight » bekannt waren.

Die Fahrten nach dem Norden wie nach dem Süden brachten jedoch Änderungen hervor, aus denen eine grosse Zahl von Schiffstypen entstand. Diese sind jedoch alle von einem gleichen Grundtyp abzuleiten. So schreibt WITSEN (Seite 53): « Noortsche deelhaelders laeden het meest wanneer na den vierkante hellen, kooren schepen en die op stukgoederen aenleggen, als ze rondtachtig zijn en veel springen. Oost- en Noortsvaerders die grove waeren laeden zijn grooter en ’t gemeen als die stuk goederen wijnen en diergelijke laeden gelijk ook de southaelders »[19].

Das sind also alles geringe Varianten desselben Typs. Als die Schiffe an Grösse zunahmen, musste man sie gewölbter bauen, auch wegen der geringen Wassertiefe der Meeresarme, was andererseits die Unterschiede zwischen den Grundformen verschwinden lässt.

So lesen wir in VAN YK (S. 348): « Maar als men hiertegen aanmerkt dat wegens de doorgaans ondiepe gronden en lastvoerens wil alle schepen van tijd tot tijd vierkanter werden gebouwd, sulks dat heden desen aangaande niet so veel onderscheid tusschen d’een en d’andere soort van Schepen als wel voor dezen gevonden werd. Want een hedendaags welgebouwde kaag sal in Lasten te voeren ’t Smalschip dat in Lengte, Wijdte en Holte daaraan gelijk is, weinig wijken willen. En de Damschuit, die wel gemaakt is, sal den Damlooper bijna ook evenaren konnen »[20].

Das schmale Deck der Kauffahrteischiffe hat noch einen anderen Ursprung, der Anlass gab, Schiffe mit stark ausspringenden Formen zu bauen. Dieser Ursprung liegt in der Art, die Schiffe zu eichen.

WITSEN sagt hierüber: « Het uitbreecken deser schepen (Noortsvaerders) voor en achter bracht hier in den schipper profijt aan dat ze vele goederen meer stouden als de maat der schepen hielt[21]. » (S. 160.)

Das bezog sich besonders auf die Schiffe, die Holz oder Korn in den Ostseehäfen luden, wegen der Zölle, die dem König von Dänemark zu zahlen waren, deren Höhe nach dem Vertrag von 1647 festgestellt wurde, indem man die Fassungskraft nach der Länge, der Breite in Höhe des Decks und der Tiefe berechnete. Als jedoch dieser Vertrag im Jahre 1666 abgeändert wurde, verschwand, wie WITSEN (S. 160) schreibt, diese hässliche Bauart und diese übermässige Wölbung allmählich (werd dit mismaekt bouwen en geweldigh uitspringen achterwege gelaten).

III 16

Trotzdem baute man noch lange in grosser Zahl Handelsschiffe mit schmalem Deck, und im Anfang des 19. Jahrhunderts findet man sogar noch « Fluitschepen ». Ein schönes Beispiel dieser « Fluitschepen » (Flüten) befindet sich im Altertumsmuseum von Dordrecht.

Der mehr gewölbte Bau der Handelsschiffe ging Hand in Hand mit der Erhöhung des Hinterstevens und des Vorderstevens. Andrerseits liess man am Ende des 17. Jahrhunderts den Gedanken fallen, dass die Grösse des eingetauchten Teils eines Schiffs möglichst beschränkt sein müsste.

II 149
II 153

Die Erhöhung des Vorder- und Hinterstevens zogen die Verkürzung des Galiondecks nach sich, das am Anfang des[S. 65] 17. Jahrhunderts ⅕ der Gesamtlänge des Schiffs und am Ende desselben Jahrhunderts nur ⅛ mass. Dieser Unterschied springt deutlich in die Augen, wenn man das Modell von Zierikzee und das von « Bleyswijk » miteinander vergleicht. Das Galion, das zu uns aus dem Altertum gekommen war, (VAN YK S. 103) wird nur als « Heimelijke gevoeg-plaatsen » (als W. C.) für das Volk verwendet, während man dort auch diejenigen einschliesst, die irgend ein unbedeutendes Vergehen begangen haben; « des devotie des overspelenden zeewaters, » sagt VAN YK (S. 104), (den Wogen ausgesetzt).

Für unsere Handelsschiffe war der grosse Feind das Feuer.

Die Verstopfung der Wassereintrittsstellen war überdies schwieriger für die Handelsschiffe als für die Kriegsschiffe, weil es für die ersteren im allgemeinen unmöglich war, zu den Wassereintrittsstellen vom Innern und durch die Ladung zu gelangen.

Wasserdichte Schotten gab es nicht, und die Verstopfung der Wassereintrittsstellen war darum nicht weniger nötig. WITSEN berichtet uns, wie dies geschah, (S. 276). Nachdem er erklärt hat, wie man den Brand löscht, indem man Wasser einlaufen lässt, fährt er wie folgt fort:

« Wanneer een geschoten gat onder water van binnen niet gestopt kann worden, hetzij den last en den weg is, of anderzins wordt een man buiten boord met een prop in de hant op een plankje gezet, daar een dreg aan vast is die hun onder water haalt. En aldus stopt of dekt hij de opening. Man geeft hem een geoliede lap in den mont, om het water uit het lichaem te weeren »[22].

Bevor wir zu der eigentlichen Teilung der Hauptklassen gehen, die wir kennen gelernt haben, müssen wir noch etwas über das Schiff im allgemeinen und einige Einzelheiten im besonderen sagen.

Die alten Erbauer von Holzschiffen bemassen die Länge derselben nach ihrer Bestimmung. Diese Länge wurde gerechnet zwischen dem vorderen Teil des Vorderstevens und dem hinteren Teil des Hinterstevens. Aus der Länge berechnete man die Breite und Tiefe, da die Breite = ¼ der Länge ist. Für die Tiefe nahm man 1 Fuss auf 10 Fuss Länge, an der Stelle, wo das Schiff die geringste Höhe hatte. Lediglich aus ästhetischen Gründen zog man den Hintersteven höher als den Vordersteven.

Wenn der Kiel gelegt war, wurden Vorder- und Hintersteven gerichtet; nun machte man die Heckbalken mit den Spiegelspanten (Heckspanten) fest, dann das Hauptspant und das Spant über der Verbindung des Bugs. Dann legte man noch ein Spant zwischen das Hauptspant und den Hintersteven. Auf diesen Spanten befestigte man dann die « Centen » (dünne biegsame Bretter), um so die Form des Schiffes zu bestimmen und daraus die anderen Rippen (Spanten) abzuleiten.

Nach VAN YK (S. 77) hiessen diese Bretter nicht « Centen » sondern « Certen » (Sicherer), weil man mittels dieser Bretter die Form des Schiffes festlegte, sie sicherte. Andere Schriftsteller behaupten, dass das Wort von « Kanten » oder « Kenten » herkommt, das wieder von « Bekendheid » (Kenntnis) stammt.

Die Form des Schiffes wurde also « in natura » festgelegt, nachdem man zuerst die Hauptspanten und die Länge festgestellt hatte. Je weniger gross das Schiff war, je stärker war die Kurve und um so mehr « Centen » brauchte man, um genau die Form festzulegen.

Andrerseits war es üblich, dem Schiff eine Krümmung (Zeegte) zu geben, d. h. ihm in der Mitte weniger Höhe zu geben als an den Enden. Diese Krümmung wurde nach Anbringung der « Centen » hergestellt, durch Verstärkungsplanken, die man zunächst da befestigte, wo die Höhe des Schiffs am geringsten war. Diese Verstärkungsplanken liefen von dort nach vorn in die Höhe, und zwar 1 Zoll auf 6 Fuss Länge und nach hinten 5 Zoll auf 6 Fuss. Nach diesen Verstärkungsplanken brachte man die Berghölzer (Aussenplanken) an, die das Schiff schützen sollten. Bei den grossen Schiffen (Spiegelschepen) hat die Krümmung allmählich abgenommen, und man hat sich bemüht, Schiffe mit geradem Deck zu bauen, indem man hierin England und später Amerika nachahmte. Bei den Binnenfahrzeugen wie den « Tjalken » « Poonen » u. s. w. ist die Krümmung bestehen geblieben. Bei den kleinen Fahrzeugen verwendete man nur eine Aussenbeplankung. Bei den grossen, wie[S. 66] den « Tjalken » und « Schmacken » legte man sogar bis zu 3 Aussenplanken übereinander.

Im allgemeinen kann man feststellen, dass im 18. Jahrhundert die Aussenplanken weniger schwer wurden, ganz wie der Vorder- und der Hintersteven. Die Stiche, die Schiffe von vor 1500 darstellen, zeigen mehrere Aussenplanken in gleichen Abständen, während man erst am Ende des 16. Jahrhunderts die späteren einzigen Aussenplanken erscheinen sieht.

Es ist sicher, dass die Verbesserung der Schiffahrtstrassen im übrigen einer der Gründe gewesen ist, die Schiffe weniger schwer zu bauen.

Andererseits zeigen diese alten Stiche, dass die Bordplanken sehr kurz sind, um zu ausgesprochene Krümmungen zu vermeiden; um aber trotzdem dem Schiffe mehr Festigkeit zu geben, werden die mehrfachen Aussenplanken nötig.

II 138

Im früheren Schiffbau, wo die mit Überlappung gelegten Planken, die zusammengenietet werden, den Bau fester machen, findet man keine Aussenplanken (Berghölzer), wie z. B. bei den alten « Koggeschepen ». Das kleine Schiff in der Kirche von Diemer hatte jedoch welche.

Diese Berghölzer wurden damals von runden Konsolen aus Holz gestützt, die man noch bei einigen alten « Poonen » findet.

Was die Berghölzer betrifft, so ist es Regel, dass wenn man das Schiff von vorn sah, diese Planken konvex erschienen, mit der konvexen Seite nach oben, während sie beim Anblick von der Seite konkav aussahen, d. h. konvex nach unten.

Wie gesagt, man ging etwa in der Mitte des 17. Jahrhunderts bei den grossen Schiffen von der Verwendung der « Centen » ab und arbeitete nach Entwürfen, in denen die Spanten gezeichnet und entwickelt waren.

Der Bau des Schiffes endete dann in genügend bekannter Weise, so dass wir uns damit nicht aufzuhalten brauchen.

Das Steuerruder wurde mittels der Ruderpinne gehandhabt, die an ihm angebracht war. Auf den grossen Schiffen wurde die Ruderpinne von einem Stück Holz gestützt (Luierwagen), wie man es noch auf vielen kleinen Binnenschiffen findet.

Um die Ruderpinne leicht handhaben zu können, verlängerte man sie auf den grossen Schiffen durch den Helmstock. Dieser ging durch eine Öffnung des Oberdecks. Später steckte man in diese Öffnung eine bewegliche Stütze, deren Achse sich in der Richtung der Schiffsachse befand; die Stütze hatte ein vertikales Loch, durch das der Helmstock ging. Der Helmstock konnte so durch die Öffnung hindurch gehandhabt werden und als Hebel wirken, um das Steuerruder gegen die Seiten des Schiffes zu legen. Es ist selbstverständlich, dass bei solchem Steuern die Arbeit bei schwerem Wetter nicht gerade leicht war und Verstärkung nötig machte. Zu diesem Zwecke war eine Rolle an dem Oberdeck befestigt; um sie lief ein an der Ruderpinne angebrachtes Tau (Trosse), um das Steuerruder besser lenken zu können. (WITSEN, S. 274, 2. Spalte.)

Dieses Tau wurde von zwei Leuten bedient und stellte mit der Rolle den Vorläufer des Steuerrades dar, das im 18. Jahrhundert erschien, in Nachahmung Englands, wie manche Schriftsteller behaupten.

Man nimmt manchmal an, dass das Steuerruder sich nur schwach neigen konnte; darin täuscht man sich indessen. WITSEN sagt nämlich auf S. 28: « Je grösser die Neigung des Steuerruders ist, je schwieriger wird seine Handhabung. » Es ist klar, dass WITSEN nicht von einer Neigung gesprochen hätte, wenn diese gering gewesen wäre. Es geht klar aus der Anführung des VAN YK (S. 121) betreffend die « Luierwagens » hervor, dass der Steuermann viel Kraft entwickeln musste. « Hij (de Luierwagen) diend om de Roerpen, aan ’t vooreinde, t’ ondersteunen nademaal deze, wegens deszelfs langte, om sig selven te dragen immers om ’t geweld dat de man te Roer daaraan verrichten moet, uit te staan; al te zwak soude wezen »[23].

Endlich sagt BOUGUER (1764) auf S. 83, dass das Steuerruder mit der Verlängerung des Kiels einen Winkel von 54°44′ u. s. w. bilden muss.

Mit Unrecht sagt man also, dass die Neigung des Steuerruders nur einige Grade beträgt. (S. PARIS, Bd. 4, S. 221.)

Übrigens müssen auf unseren Flüssen mit geringer Wassertiefe und enger Fahrrinne die Schiffe schneller steuern können; das[S. 67] Steuerruder muss sich also mehr als nur einige Grade wenden können.

Auf den kleinen Binnenschiffen verlängert man häufig das Steuer, wenn man in wenig tiefes Wasser kommt; diese Verlängerung geschah durch eine besondere Planke, oder einen beweglichen Teil (VAN YK, S. 121), was auch heute noch sehr häufig vorkommt.

Wenn die Pinne des Steuers ganz oberhalb des Bords gedreht werden kann, was man holländisch « geen statie voeren » (ohne Statie) nennt, so sagt man, dass das Schiff einen « draai over boord » hat[24], im Gegensatz zu den Schiffen mit « Statie ». Die « Statie » bezeichnet den Teil des Bords, der oberhalb der Ruderpinne liegt.

Die Ruderpinne läuft dann also durch eine Öffnung der Statie, sodass das Steuerruder nicht völlig umgelegt werden kann. Die Länge der zur Vergrösserung des Steuerruders dienenden Schwerter wird doppelt so gross genommen wie die Tiefe des Fahrzeuges.

Da die Wassertiefe auf vielen Flüssen und Seen ungenügend ist, sodass die Schwerter den Grund berühren würden, so verkürzt man sie für die Binnenschiffe, und vermehrt infolgedessen ihre Breite.

Für das Meer und die seeländischen Flüsse sind die Schwerter lang und schmal.

Um die Mitte des 18. Jahrhunderts erfährt die Takelung neue Änderungen. Das kleine Bugspriet verschwindet, um den Fockmasten Platz zu machen, die seit jener Zeit im Gebrauch geblieben sind.

III 145
u. s. w.

Die Takelung der grossen Schiffe ist übrigens bekannt genug. Wir wollen nur die Tatsache hervorheben, dass auf verschiedenen Modellen des 17. Jahrhunderts Fockmaste fälschlicher Weise angebracht sind.

Man nennt « Schip » (vaartuig) ein Fahrzeug, bei dem die Bekleidung mit dem Vordersteven verbunden ist. Die « Aak » ist ein Fahrzeug, das keinen Vordersteven hat und bei dem die Beplankung bis zum Vorderteil glatt bleibt. Die Beplankung endet also an der vorn befindlichen Ebene. Wenn das bei einer « Tjalk » eintritt, so erhält man eine sogenannte « Aak Tjalk ».

Wenn das hintere Deck bis über den Bord erhöht ist, so sagt man, dass das Schiff einen « paviljoen » hat (gebrochenes Deck).

Man wird also z. B. eine « Statiepaviljoenpoon » haben, d. h. eine « Poon » mit erhöhtem Hinterteil und gebrochenem Deck. Wenn das hintere Deck nicht erhöht ist, so hat man einfach eine « Statiepoon », u. s. w.

Neben den Kriegsschiffen und den Handelsschiffen findet man noch Fähren, Fahrzeuge für Sonderzwecke wie Bagger u. s. w.; die Schiffe, die lediglich auf den oberen Läufen der Flüsse verkehren und die Fischereifahrzeuge.

Man kann also die Schiffe folgendermassen ordnen:

ORDNUNG DER SCHIFFE

  I. KRIEGSSCHIFFE.

 II. HANDELSSCHIFFE.
A) Für die grosse Schiffahrt;
B) Für die kleine Schiffahrt.

III. FÄHREN.

IV. FAHRZEUGE FÜR VERSCHIEDENE ZWECKE, DIE KEINER DER VORSTEHENDEN GRUPPEN ANGEHÖREN.

 V. SCHIFFE FÜR DEN OBERLAUF DER FLÜSSE (BOVENLANDERS).
A) Für den Rhein;
B) Für die Maas;
C) Für den Oberrhein und das Becken zwischen Rhein und Maas.

VI. FISCHEREIFAHRZEUGE.
A) Zum Seefischfang;
B) Zum Fluss- und Küstenfischfang.

[S. 68]

I.
KRIEGSSCHIFFE

Was die Entwicklung der eigentlichen Kriegsschiffe betrifft, so können wir den Leser auf die vorhergehenden Kapitel verweisen.

Vor dem Jahre 1675 etwa hat es also als erstes eigentliches Kriegsschiff das « Pinasschiff », die Pinasse, später das « Spiegelschiff » (Schiff mit viereckigem Hinterteil) gegeben. Der « Spiegel » verschwindet dann. Man kommt zu den runden Hinterteilen zurück, aus denen sich das « Schip van Oorlog » (Kriegsschiff) ergibt. Anfangs waren es ausschliesslich Schiffe mit doppeltem Deck; am Ende des 17. Jahrhunderts baute man indessen in den Niederlanden einige Typen mit dreifachem Deck.

Als Hilfs-Kriegsschiffe verwendet man oft das « Fluitschip » (Flüte) und das « Oost-Indisch Compagnie-Schip » (Schiff der Ost-Indischen Kompagnie) sowie die « Jachten » (Yachten) und verschiedene andere Type geringerer Bedeutung; zur Küstenbewachung nimmt man die « Boeier » (Bujer), « Galjoot » (Galiot), « Galeas » (Galeasse), « Bom », « Koff » und « Smak » genannten Schiffe.

Alle diese Schiffe gehören mehr zur Klasse der Handelsschiffe und sollen im folgenden Kapitel beschrieben werden.

Man ahmt aus dem Ausland nach die « Fregat » (Fregatte), und später die « Brik » (Brigantine), den « Schooner » und die « Bark » (Barke).

II.
HANDELSSCHIFFE

A) Für die grosse Schiffahrt.

Das älteste Handelsschiff ist das « Koggeschiff », aus dem die « Hulken » und die « Krayers » entstanden sind. Diese Schiffe haben eine Beplankung mit Überlappung. Darauf baut man stärker gewölbte Schiffe. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts erscheint die glatte Beplankung. Der sich daraus ergebende Typ heisst « Barge » (Barke) oder « Baertze ».

Während dieser Zeit beginnt man, auf diesen Schiffen Aufbauten zu errichten, ganz wie bei den alten « Koggeschepen ». Diese Aufbauten werden allmählich grösser, als man die spanischen, portugiesischen und genuesischen Schiffe nachbildet. Ein Typ mit Aufbauten von grossen Abmessungen nach den spanischen Karaks heisst « Kraak ».

Dieses Schiff verschwindet jedoch in unserem Vaterlande im Laufe des 16. Jahrhunderts.

Am Ende des 16. Jahrhunderts tauchen die « Vlie- » oder « Vlietbooten » auf, die später « Fluiten » (Flüten) heissen.

Diese Schiffe unterscheiden sich von den vorhergehenden Typen dadurch, dass sie am oberen Teil des Rumpfes stark einspringen. Sie hatten also einen breiten Rumpf und ein schmales Deck. Diese « Fluiten » sind die hervorragendsten Handelsschiffe bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts.

Am Ende des 16. Jahrhunderts war das « Spiegelschiff » erschienen, das als Handelsschiff nach dem Beispiel des Mittelmeeres diente. Am Anfang des 17. Jahrhunderts nannte man dies Schiff « Pinasschiff ».

Man baute das « Pinasschiff » (Pinasse) stärker gewölbt in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts mit vertikalerem Hintersteven und einem kleineren Galionsdeck, woraus sich das Oost-Indisch Compagnie-Schip (Schiff der Ostindischen Kompagnie) ergeben hat.

Neben diesen Typen bleibt das « Fluitschip » bestehen. Es erfährt indessen einige Abänderungen, die sich aus seiner Zweckbestimmung ergeben, und so entwickelt sich der « Noordvaerder » oder « Walvischvaerder » (Walfischfänger) und der « Oostvaerder » (Ostseeschiff).

Die kleinen « Spiegelschiffe », die übrigens eine weniger umfangreiche Takelung haben, erscheinen im 18. Jahrhundert unter dem Namen « Snauschepen ».

Ferner werden zwei Type von Fischereifahrzeugen gebaut, mit grossen Abmessungen für die offene See; das sind die « Hoeker » (Huker) und die « Buys » (Büsen), die wir im Kapitel « Fischereifahrzeuge » wiederfinden.

Das Ausland gibt uns noch als Handelsschiff: die « Fregate » (Fregatte), während die « Kromstevens » oder « Boeiers » (Bujer) schon der französischen Marine nachgebildet sind.

[S. 69]

Diese Schiffe erscheinen im 17. Jahrhundert infolge des Handelsverkehrs mit Rouen (WITSEN, Seite 164, 2. Spalte).

Aus Verbindungen dieser Type unter sich und mit kleinen Typen entstehen neue Arten, die andere Namen tragen wie das « Boot » das nichts anderes ist, als eine kleine Fluit mit Hinterteil als « Draai-over-boord »; das « Hekboot » eine Verbindung der Pinasse und der Galiot; das « Katschip » gebaut nach dem « Bujer » und der « Fluit », und schliesslich der « Stokker », der ein Vorderteil wie ein Spiegelschiff und ein Hinterteil wie ein Huker hat.

Es ist natürlich schwer, eine genaue Trennung zwischen der grossen und kleinen Schiffahrt herzustellen, weil es viele Beispiele sogar von kleinen « Koffen » gibt, die nach Indien verfrachtet werden.

Indem wir die Grenze zwischen der grossen und kleinen Schiffahrt zogen, haben wir besonders die ursprüngliche Bestimmung der Schiffe im Auge gehabt.

B) Für die kleine Schiffahrt.

Die grossen Type dieser Schiffe sind vertreten durch die « Galiot » und die « Galeasse » dann kommen das « Kuff » und die « Smak » (Schmack); zu der Familie der Schmacken gehören die « Damloopers » und die « Smalschepen » und die « Wijdschepen » sowie die « Friesche Turfschepen » (Torffahrzeuge von Friesland).

Sie stammen alle von demselben allgemeinen Typ ab und unterscheiden sich nur durch Einzelheiten, die eine Folge dieser oder jener örtlichen Notwendigkeit sind.

Die Familie der « Smakken » (Schmacken) hat die « Tjalken » entstehen lassen.

Die « Tjalken » findet man besonders in Friesland und Groningen. In der Provinz Holland nennt man sie infolge einiger kleiner Umänderungen « Schuiten » (Schuten). In Seeland, wo sie ein schmaleres Deck haben, nennt man sie « Poonen ». In Nord-Holland führen sie den Namen « Jacht » (Yacht). Bei diesen ist entgegen den « Poonen » der Boden weniger breit als bei der « Tjalk ».

Auf der belgischen Schelde sind sie etwas länger und heissen « Pleiten » während die kleineren dort « Otters » heissen. Ostfriesland zeigt uns dieselbe Familie: hier sind es die « Motten », die etwas an die « Kuffen » erinnern. Wir finden dort auch noch einen sehr alten Typ eines Handelsschiffs, das von den alten Fischerbarken abstammt; es heisst « Ever » und « Bremerkahn ».

Daneben und unabhängig von der oben genannten Familie der « Tjalken » finden wir seit den ältesten Zeiten in Overyssel einen ganz allein stehenden Typ. Wenn man diese Schiffe im 17. Jahrhundert zur Zeit Witsens noch « Potten » und « Pujen » nennt, so findet man sie später und noch jetzt nach einigen kleinen Abänderungen unter dem Namen « Snijboon » (wörtlich Bohnen); daraus ist der « Praam » entstanden. Dieselbe Form, aber kleiner findet sich in dem « Somp » und der « Pegge ».

Alle diese Schiffe unterscheiden sich von den « Schmacken » in baulicher Hinsicht dadurch, dass der Vorder- und Hintersteven spitz sind, während die « Schmacken » abgerundete Steven haben.

Auch hier fehlen die Kombinationen nicht. So gibt es « Koftjalken », « Praamaken » und « Aaktjalken ».

Ferner sind zu erwähnen die « Boeiers » (Bujer), die indessen keine Aehnlichkeit mit den alten « Kromstevens » haben.

Endlich wollen wir noch die « Kraken » erwähnen, die jedoch nichts gemeinsames mit den spanischen « Karaken » haben. Es sind ganz einfach sehr feste « Tjalken », die etwas gradere Linien haben, d. h. die weniger Krümmung besitzen.

III.
DIE FÄHREN (BACS)

Als eigentliche Fähren sind nur anzuführen die « Pontons »; sie umfassen den « Gierpont » (fliegende Fähre, Gierbrücke); den « Kabelveerpont » (Kabelfähre); den « Jaagpont » (Pferdefähre); den « Halve Pont » (Segelponton); den « Pijper » (kleinen Ponton) und den « Overhaalpontje » (Nachen).

Es ist klar, dass man als Fähren jede Art Schiffe verwendet, z. B. den « Feerhengst », der zur Familie der « Hoogaarsen » (s. Fischereifahrzeuge) gehört, sowie die « Tjalken », die « Schuiten » und die « Poonen », alles Type, die wir schon kennen gelernt haben.

[S. 70]

IV.
FAHRZEUGE FÜR VERSCHIEDENE ZWECKE, DIE KEINER DER VORGENANNTEN GRUPPEN ANGEHÖREN.

Es braucht nicht gesagt zu werden, dass unter den Gruppen I, II, III sich noch eine Menge kleiner Schiffe finden, die für örtliche Zwecke bestimmt sind und mehr oder weniger von derselben Grundgruppe abstammen, aber nach ihrer Bestimmung von einander abweichen.

Unter den wichtigsten nennen wir die « Bocken », die man sowohl in Holland wie in Friesland trifft. Zur selben Familie gehören die « Groningeraardappelpramen » (Prähme zur Beförderung von Kartoffeln nach Groningen).

Der « Snik », friesisches Fahrzeug mit einem etwas geneigteren Vordersteven; es gleicht darin ziemlich dem « Haarlemermeerplompertje » (kleines Schiff für das Haarlemermeer). Wenn der Hintersteven geneigter ist, so erhält man die « Westlanders ».

Wenn diese letzteren einen Bordteil weniger haben wie die Baggerschiffe aus dem Haag, so werden sie zu « Bocken », die man aber nicht mit den vorher genannten verwechseln darf.

Im Norden von Overyssel, findet man noch bei Vollenhove ein kleines, sehr bekanntes Schiff, den « Punter », der wahrscheinlich aus der « Haringschuitje » (Barke zur Heringsfischerei) vom Zuiderzee stammt. Die « Groenteschuitje » von Hoorn die zur Gemüsebeförderung dient, ist ganz gleich gebaut. Sie ist schmal mit stark geneigtem Vorder- und Hintersteven.

Der gleiche Ursprung zeigt sich noch bei dem « Praam » von Utrecht und der Krommen Rijnaak. Diese sind indessen länger, wenn man ihre Breite berücksichtigt.

Ausser den vorgenannten Typen finden wir noch den « Snik » oder die Gondel aus Nord-Holland, die sehr den « Oude Kinderdijksche Hoogaarsen » und auch der ganz alten « Vischschuit van Aalsmeer » (Fischerbarke von Aalsmeer) gleichen.

Ausser einer ganz ausserordentlichen Zahl von kleinen Schauwen, die nichts anderes sind als offene und flache Fähren, wie man sie schon auf den ältesten Stichen findet, begegnet man in Holland noch den « Schiedamschen Schauwen » oder den « Melken Spoelingschuiten » (Barken zur Beförderung von Milch und Trebern). Es sind dies lange und flache Barken mit einem glatten Vorder- und Hinterteil.

Eine besondere Familie wird durch die « Barges » (Barken) und « Trekschuiten » gebildet (getreidelte Barken); diese sind in den ganzen Niederlanden verbreitet. Sie gleichen sich fast alle, da sie, aus Holland stammend, sich nur in dem übrigen Teil des Landes verbreitet haben, in dem Masse, wie Kanäle gebaut wurden.

Besonders in der Provinz Drenthe ist die « Trekschuit » noch sehr gebräuchlich. Der Bau der Eisenbahnen und Strassenbahnen wird sie indessen allmählich verschwinden lassen. Einen wichtigen Platz nehmen bei uns die Baggeraken ein (Baggerschiffe).

Uebrigens erfordert die besondere Beschaffenheit unserer Flüsse und Meeresarme fortwährende Baggerungen, um die Häfen und Schiffahrtsstrassen auf der richtigen Tiefe zu halten. Wir dürfen hierbei nicht an unsere modernen Bagger denken, sondern an die « Hand- oder Hijschbeugel » (Handbagger), das älteste bekannte Werkzeug zur Beseitigung des Baggergutes.

Die hierzu verwendeten Fahrzeuge heissen im allgemeinen « Baggeraken » obgleich sie sich oft sehr von einander unterscheiden. Der bekannteste Typ ist die Vlet- oder Baggeraak, auch Sliedrechtsche Aak genannt.

Man verwendet hierzu noch viel die « Boeieraken » (Bujeraken). Sie gehören alle zur Klasse der abgerundeten Schiffe. Einen besonderen Typ findet man in Dordrecht, nämlich den Vreeswijkschen Zandlichter (Sandleichter) und die Dortsche Zantschuit (Sandschute) (Barken zum Sandbaggern), die unter sich viel Ähnlichkeit haben.

Die letzteren dienten fast ausschliesslich zum Baggern von Ballast für die Seeschiffe. Sie sind jetzt bis auf einige Exemplare verschwunden. Im Westen und in der Rheingegend verwendet man zum Baggern und zur Beseitigung des Dünensandes fast ausschliesslich die Bokken, die in der Form den « Westlanders » gleichen. Sie haben einen Bordteil weniger. In der Provinz Utrecht gebraucht man hierzu die Slijkpramen (Schlickprähme), entsprechend der « Krommen Rijnaak », (Krummen Rheinaak) dem allgemeinen Typ von Utrecht; in Groningen erfolgt dagegen die Beförderung[S. 71] von Schlick durch den « Groninger Slijkpraam » oder « Vlotpraam », ein schmales, aber bauchiges Fahrzeug, das nichts gemeinsam hat mit dem « Overysselschen Praam », der ihm übrigens in keiner Weise gleicht. Der Vorläufer unserer Bagger ist der alte Moddermolen oder das « Moddermolenschip » (wörtlich Schlammühlenschiff), das seit 1575 vor Amsterdam verwendet wurde. Noch sind als sehr alt zu nennen die Zolderschuiten und die Schauwen, die wir heute « Bakken » nennen würden. Im Jahre 1829 versieht man sie mit Bodenklappen, woraus sich die Klepschauwen oder Onderlossers ergeben (wörtlich: Schiffe, die sich vom Boden aus entleeren).

Schliesslich haben wir noch die Vergnügungsfahrzeuge oder Segelyachten, für welche man als holländischen Typ die Boeierjacht (Bujeryacht) (Südholland) und den « Tjotter » (Friesland) verwendet.

Es ist zu bemerken, dass man sie, wenn man von Vergnügungsfahrzeugen spricht, meistens « Yacht » nennt, obwohl das Schiff gewöhnlich nicht einer Yacht gleicht. Der Name bezeichnet nicht immer den Typ.

V.
SCHIFFE, DIE DEN OBERLAUF DER FLÜSSE BEFAHREN. BOVENLANDERS (OBERLÄNDER).

Alle Schiffe, die die Oberläufe der Ströme besuchen, führen den gemeinsamen Namen « Bovenlanders » (Oberländerschiffe) ohne Rücksicht auf die Form des Schiffes. Diese Schiffe haben im allgemeinen selten Interesse erregt; auch WITSEN sagt hierüber nur einige Worte und nennt sie einfach « Aaken und Samoreuzen » (Seite 170, 2. Spalte); VAN YK führt diese letzteren ebenfalls an. (Seite 318.)

Diese Schiffe sind indessen sehr interessant.

A) Rheinschiffe (Schiffe vom unteren Rhein).

Die Rheinschiffe sind nicht von einheitlichem Typ. Diejenigen, die den Unterlauf des Flusses befahren (unterhalb Bonn) unterscheiden sich von denjenigen, die auf dem Oberrhein und seinen Nebenflüssen verkehren; eine Ausnahme bildet ein kleines Schiff, das man auf dem Neckar findet und das der Gruppe entspricht, die den Unterlauf befährt. Der Grundtyp der Unterlaufabteilung wird dargestellt durch die Dorstensche Aak. Die Dorstensche Aak hat das Stevenschip entstehen lassen.

Diese Type, die aus dem mittleren Westdeutschland, mit Dorsten etwa als Mittelpunkt stammen, sind in unser Land übergegangen und finden sich dort seit langer Zeit. So spricht man im 17. Jahrhundert von den « Gelderschen Samoreuzen ». Man sieht sie noch gut oder schlecht auf alten Stichen abgebildet. Wir finden sie auf dem unteren Rhein und dem Waal unter der Bezeichnung Hollandsche Aken und Stevenschepen (Stevenschiffe), während man sie noch heute im Westen von Nordbrabant baut, wo sie auch zu allen Zeiten vorhanden waren.

Diese Schiffstype sind also aus dem Westen Deutschlands (Westfalen) zu uns gekommen, durch den Unterrhein und den Waal und vom Nordwesten von Nordbrabant. Man sieht sie nicht auf der Maas und dem unteren Waal ungefähr unterhalb von Tiel. Man baute diese Aken im kleinen längs der Merwede und hier und da in Holland, wo man den Typ in dem alten « Turfeiker » (Torfkahn) wiederfindet, dessen Rumpf mit Überlappung gebaut ist und der wahrscheinlich jetzt ganz verschwunden ist. Der Rumpf aller dieser Fahrzeuge war anfangs mit Überlappung gebaut; wir finden hier also die alte Bauart der Ostsee wieder. Sie sind alle wie die « Bovenlanders » lang und schmal mit flachem Boden.

B) Maasschiffe.

Die Maas-Schiffe, ebenfalls lang und schmal, stellen auch einen ganz anderen Typ dar, der sich völlig von den obengenannten Rheintypen unterscheidet.

Als Grundtyp nennen wir den Whalemajol; dann kommen Whalepont und Maaspont, dann kleiner der Spitsbek und endlich die Herna. Alle diese Type sieht man auf der ganzen belgischen Maas bis Ruremonde. Auf der unteren Maas findet man in den Niederlanden Schiffe von kleineren Abmessungen, genannt Bovenmaasche Aak oder Hedelsche Aak, die auch noch viel als Baggerprahme verwendet werden. Sie weichen in der Form von den[S. 72] obengenannten Maasschiffen ab; sie stammen jedoch von ihnen her. Das Steuerruder entspricht aber mehr dem System der Rheinschiffe, die oberhalb Bonns verkehren.

C) Oberrheinschiffe.

Schiffe von oberhalb Bonn, einschliesslich der Gegend westlich vom Rhein und östlich der Maas. Hier sind als Grundtyp anzuführen der Keen, neben ihm die Keenaak und ein Schiff neueren Datums, der Slof.

Einer dieser Type wurde im 19. Jahrhundert in ’s Gravenmoor eingeführt, weil er sehr geeignet schien, zur Ausnutzung der Weiden des Biesbosches; aber er hat dabei schon verschiedene Abänderungen erfahren, infolge des Wechsels des Hinterteils und des Steuers.

Keiner dieser Type stammt aus den Niederlanden.

Der « Hagenaak » wie der « Turfeiker » entsprechen der « Dortenschen Aak ».

Endlich findet man auf diesem Teil des Rheines wie auf der Maas ein Schiff, das erst aus dem 19. Jahrhundert stammt und das Bunder genannt wird.

Ausser dem Bunder haben auch die unter C aufgeführten Type einen Rumpf, der klinkerweise gebaut ist (mit Überlappung). Die unter B genannten müssen ehemals einen klinkerweise gebauten Rumpf gehabt haben, nach den Erklärungen alter Schiffer und nach dem, was aus einem alten Bild von Whalemajol aus der Sammlung des Herrn van Gijn hervorgeht, sowie aus einem Stein vom Ende des 18. Jahrhunderts, der in der Vorderseite eines Hauses der St-Pieterstraat in Maastricht angebracht ist und eine « Herna » darstellt. Es lässt sich nicht feststellen ob die glatten Schiffsrümpfe und die mit überlappender Beplankung gleichzeitig bestanden haben oder ob die ersteren neueren Datums sind. Es ist jedoch anzunehmen, dass die Schiffsrümpfe mit überlappender Beplankung die älteren sind.

Es ist sonderbar, dass ein der « Herna » sehr ähnlicher Typ sich im Adriatischen Meer findet, nämlich die Rascona, die in dem bekannten Werke von PARIS beschrieben und dargestellt ist (Bd. 2, Nr. 86); dies Schiff wird noch mit dem alten « Stuurriem » (Steuerruder) gelenkt.

VI.
FISCHEREIFAHRZEUGE.

A) Für die grosse Fischerei.

Als alter holländischer Schiffstyp zum grossen Fischfang ist zu nennen die Buys (Büse) und der Hoeker (Huker), sowie die Schollenschute, die Bazaanschute und der Zwarte Waalsche Gaffelaar.

Die beiden ersteren haben die Hukerbüse und den Kwee hervorgebracht.

Von Frankreich ist zu uns gekommen die « Sloep » (Schaluppe) und der « Logger » (Lugger), ferner der « Rotter » (Rutter). Unter den Schiffen für die Grossfischerei sind noch die Walfischfänger zu erwähnen, für die man früher die Noortsvaerders verwendete, die zum Typ der bei den Handelsschiffen schon genannten « Fluitschepen » (Flüten) gehören.

Das älteste zu dieser Gruppe gehörige Schiff ist der Egmonder Pink, aus dem der Bom und die Garnalen-Schuit (Krabbenbarke) von kleinsten Abmessungen entstanden sind. Die drei ersten Type sind so gebaut, dass sie auf den Strand gezogen werden können. Nach Fertigstellung des Fischerei-Hafens von Scheveningen ist ein neuer Typ aus dem Logger und dem Bom entstanden, der Loggerbom oder Lelybom heisst.

B) Für die kleine Fischerei.

Die ungeheure Mehrzahl der Fischereifahrzeuge ist für den gewöhnlichen oder kleinen Fischfang bestimmt. Ihre Masse waren früher viel kleiner als die der vorigen Gruppe. (Augenblicklich baut man grössere, abgesehen von den « Garnaalschuitjes ».) Ihre Namen sind unzählig und so verschieden, dass sie durchaus keinen Begriff von der Form und der Art der Schiffe geben.

Die Grundtype sind: a) die Schocker, d. h. die Schiffstype, die nach dem Muster der Schocker gebaut sind, zu denen auch die Wierschuitje und die Steekschuit, der Hengst und der Hoogaars gehören.

Wie wir bei den meisten Schiffstypen « Aken » getroffen haben, z. B. die « Aaktjalk », so finden wir auch « Aken » in der Klasse, die uns beschäftigt; sie heisst die Tholensche Schouw (Schauw).

[S. 73]

Dies Schiff zeigt auch viel Ähnlichkeit mit der Beyerlandschen Schute und stellt gewissermassen eine Übergangsform zu der Fischbujeraak dar.

b) Die Botters und die Vollendammer Kwak, die Ronse und die Plute sowie die Platje von Maassluis.

Als dritte Gruppe haben wir ein kleines kurzes und rundes Schiff, dessen Vorbild c) der Knots von Antwerpen ist. Zur selben Gruppe gehören die « Bolle » und die « Lemmerjacht » oder « Lemmeraak »; endlich als vierte Gruppe ein Typ mit stark geneigtem Hintersteven und Vordersteven; das sind d) die Haringschuitjes (Heringsschuten), zu denen auch der sehr verbreitete Punter gehört.

Endlich möchten wir einige Type von kleinen Fischereifahrzeugen nennen, die ausschliesslich unsere Binnenflüsse und Kanäle befahren und von denen viele noch mehr oder weniger deutliche Ähnlichkeiten mit den unter den Buchstaben a bis d aufgeführten haben.

Hier nennen wir die Fischerschute von Alsmeerj, die Gondel, den kleinen Fischerbujer, die Woudrichemsche Fischschute, die Prikschute, die Steekschute von dem Biesbosch und die Strooperschute.

Alle Arten von Ruderbooten der verschiedensten Type sowie die alten nicht mehr seetüchtigen Botter und die gewöhnlichen Schocker der Zuidersee finden zum Fischfang auf den schiffbaren Binnenwasserstrassen Verwendung.

[S. 74]

[19] Die Schiffe, die Holz vom Norden bringen, laden am meisten, wenn sie sich der rechteckigen Form nähern; diejenigen, welche Getreide und Stückgüter befördern, wenn sie abgerundet und stark gewölbt sind. Die Schiffe des Nordens und von Indien, die schwere Waren bringen, sind im allgemeinen grösser als die, welche Stückgüter, Wein u. s. w. befördern, wie übrigens auch die Schiffe, die Salz befördern.

[20] Berücksichtigt man dagegen, dass wegen der Untiefen und der besseren Beladung alle Schiffe sich mehr und mehr der rechteckigen Form nähern, so sieht man, dass man jetzt nicht mehr so viele Unterschiede zwischen den verschiedenen Schiffsformen findet wie früher. Denn eine moderne, gutgebaute Kag wird an Tragfähigkeit dem Schmalschiff wenig nachgeben, das ihr an Länge, Breite und Tiefgang gleicht. Und die Damschute, die gut gebaut ist, kann auch mit dem « Damlooper » in Wettbewerb treten.

[21] Die Wölbung dieser Schiffe vorn und hinten war dem Schiffer dadurch nützlich, dass er mehr laden konnte, als das Eichmass angab.

[22] « Wenn eine von einer Kugel unter der Wasserlinie gerissene Bresche nicht von innen verstopft werden kann, z. B. weil die Ladung die Arbeiten behindert, so setzt man ausserhalb des Schiffes einen Mann auf eine Planke, an der ein Schiffshaken befestigt ist, mit dem er unter Wasser geholt werden kann, um das Loch zu verstopfen. Man steckt ihm einen ölgetränkten Lappen in den Mund, damit das Wasser nicht in seinen Körper gelangen kann. »

[23] Er (der Luierwagen) dient dazu, die Ruderpinne an ihrem vorderen Teil zu stützen, aber auch der Kraft zu widerstehen, die der Steuermann auf den Helmstock des Steuerruders ausübt.

[24] Draai-over-boord heisst Dreh-über-Bord, d. h. die Pinne konnte sich über Bord drehen, wie bei unseren neuzeitlichen Binnenschiffen.

[S. 75]

 

Kopfstück Kapitel 4

BESCHREIBUNG DER SCHIFFSTYPE.

III 3
III 6

WIR haben den Zeichnungen einige Skizzen nach den alten Stichen und Beschreibungen beigegeben. Sie geben uns eine Vorstellung von der Entwickelung des Schiffs von 1200 bis einschliesslich 1600. Wir verweisen bezüglich ihrer Beschreibung auf die vorhergehenden Kapitel. Die Zeichnungen, welche sich auf die nach 1600 liegende Zeit beziehen, sind alle nach Ausführungszeichnungen angefertigt.

Wie wiederholt hervorgehoben ist, muss man die alten Formen in den kleinen Typen suchen. Die Kriegsschiffe werden also nicht in Betracht gezogen werden, während die grossen Handelsschiffe nur nebenbei erwähnt werden.

DIE PINASSE.

II 146
III 8
III 9

Das Pinasschip (die Pinasse). Dies ist das älteste Schiff, von dem wir eine genaue Beschreibung besitzen. Es stammt aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts und verschwindet am Ende dieses Jahrhunderts. Dieses Schiff hatte einen sehr schrägstehenden Vordersteven mit einem sehr entwickelten Galion und einem Hinterteil mit Spiegel. Der Spiegel und das Galion kommen zu uns vom Süden; übrigens stammt dies Schiff von denen des 16. Jahrhunderts her; seine Abmessungen sind indessen grösser; auch trägt es Kanonen.

DAS FLIBÔT.

II 148
II 19

Das Vlieboot (Flibôt) findet man schon im Jahre 1600; es ist stark gewölbt und hat ein schmales Deck. Von diesem Typ stammt nach 1600 die « Fluit » (Flüte), die noch gewölbter ist wegen der Art der Schiffsvermessung in Dänemark.

Eine gewöhnliche Flüte hat 130 Fuss Länge, 26½ Fuss Breite und 13 Fuss 5 Zoll Tiefe. Die Flüte hat vorn kein Galion. Später baut man indessen grössere mit Galion, in Nachahmung der « Spiegelschepen » (Spiegelschiffe).

Man verwendet sie zu verschiedenen Zwecken und sie erfahren aus diesem Grunde einige Umänderungen. So ist die « Fluit von Indien » fester gebaut als die, die den Verkehr mit den Ostseehäfen besorgt. Wir wollen unter anderem bemerken, dass die Drahtseile der Rusten verdoppelt werden, um die Takelage zu verstärken, während hinten ihre Ausladungen grösser sind, um geräumigere Kabinen zu erhalten. Mit Rücksicht auf diese Vergrösserung verstärkt man sie im Innern durch Rippen und Eisenbänder. (WITSEN, S. 159.)

Am Anfang des 17. Jahrhunderts, bis zum Jahre 1640 werden diese Schiffe und im allgemeinen alle indischen Schiffe vorn offen gebaut ohne Wohnräume. Die Hängematten und Betten der Schiffsmannschaft werden bald hier bald dort an der Bordwand angebracht.

Die « Fluiten » sind als gute Segler bekannt. Infolge ihres schmalen Baues geben sie dem Wind wenig Angriffsfläche. Es sind Dreimaster mit der wohlbekannten Takelung des 17. Jahrhunderts.

Die « Fluiten », welche die Ostsee besuchen, um dort Getreide zu holen, sind etwas kleiner als die vorigen; man nennt sie « Oostvaerder oder Oostervaerder ». Ihre Abmessungen sind die folgenden: Länge 125 Fuss; Breite 25 Fuss; Tiefe 12 Fuss oder auch 115,23 ½ und 11,5 Fuss oder auch 100,22 und 11 Fuss; sie können laden 200, 150, 100 Last (eine Last gleich 2 Tonnen). Die Mehrzahl hat ein Galionsdeck. Wir können uns einen Begriff von dem Umfang unseres Verkehrs zur Ostsee machen, wenn wir erwähnen, dass im Jahre 1604 400 « Oostvaerders » sich gleichzeitig vor Amsterdam[S. 76] befanden. Innerhalb zwei Wochen werden sie entladen, beladen und sind wieder bereit, in See zu stechen. (WITSEN, S. 448.)

Die « Noordvaerders » oder « Noortsvaerders » sind auch Flüten, die zwei Fuss mehr an Tiefe haben als die Oostvaerders, weil sie mehr Fassungskraft haben müssen, um Holz zu laden, das sie aus Norwegen holen. (WITSEN, S. 160.) Ihre Breite beträgt im allgemeinen ⅕ der Länge. Sie sind ganz wie die Oostvaerders massiv und solid. (WITSEN, S. 53.) Sie haben kein Galionsdeck. Im allgemeinen haben wegen der häufigen Kriege die Schiffe, die die Ostsee besuchen, weniger starke Mannschaften als die, die den Verkehr mit dem Westen besorgen. (WITSEN, S. 160.)

DAS KATZENSCHIFF (Katschip).

II 217

Das « Katschip » besteht aus einem Bujer und einer Flüte. Daraus ergibt sich schon, dass es ein Schiff mit starken Krümmungen ist, da man es oft in flachem Wasser verwendet, so hat es einen sehr flachen Boden und ist überdies eckig gebaut. Es ist als sehr mittelmässiger Segler bekannt, aber es kann viel laden. Die Langsamkeit müsste ihm eher den Namen Esel eintragen als den Namen Katze, sagt WITSEN. (S. 163.)

Es hat kein Galionsdeck; dagegen hat es ein offenes Oberdeck vorn und eine Kabine. Die Stange des Steuerruders, die unter der Kabine durchgeht, wird ohne Ruderpinne gehandhabt. Meistens baut man das Katzenschiff aus Pitch-Pine.

Alle oben erwähnten Type haben das Hinterteil einer Flüte, das heisst ohne Spiegel, was den alten holländischen Schiffsbau kennzeichnet.

DAS OSTINDISCHE KOMPAGNIE-SCHIFF.

II 151
III 11

Das Pinasschiff hat uns das « Oostindisch Compagnieschip » (Schiff der Ostindischen Kompagnie) gegeben. Es hat keinen Spiegel und zeigt demnach ein abgerundetes Hinterteil. Als Handelsschiff ist es stark bewaffnet und hat im Bedürfnissfalle oft als Kriegsschiff gedient. Die in der Sammlung enthaltene Tafel gibt uns einen guten Begriff von der Form und der Bauart. Nähere Erklärungen sind also überflüssig. Wir wollen nur darauf hinweisen, dass das Hinterteil reich geschmückt und mit einem Galionsdeck versehen ist. Die Länge des Decks ist grösser als bei den Flüten; es besitzt drei Masten und die gewöhnliche Takelage.

II 159

Dasselbe Schiff, aber von kleineren Abmessungen und mit nur zwei Masten heisst « Snauwschip » man findet es viel in Flandern. WITSEN rechnet das Snauwschip zu den Binnenfahrzeugen. (S. 170.)

DER BUJER.

II 191
II 194

Der « Boeier » (Bujer) bildet einen Typ für sich, der besonders den Verkehr mit Rouen besorgte. Er ist ein Schiff mit flachem Boden und einem Kiel mit Schwertern; denn er besucht sowohl die wenig tiefen Flüsse wie das Meer. Die Schwerter überragen den Kiel um zwei Fuss. Der Vordersteven ist stark gekrümmt, daher der Name « Kromsteven ».

Nach den alten Stichen besitzt der Bujer eine sehr hohe « Statie », was mehr an den Bau des Mittelmeeres als an den Hollands erinnert. Der Bujer ist überdies kein rein holländischer Typ, und wahrscheinlich haben wir es mit einem Mittelmeertyp zu tun, der für die Bedürfnisse unseres Vaterlandes abgeändert ist.

In Rotterdam hat man Bujer gebaut, als « Draai-over-Boord », wahrscheinlich mit einem unterbrochenen Deck, denn WITSEN sagt, dass sie einen kleinen Verschlag unter dem Steuerruder hatten (S. 164). Mit Unrecht spricht WITSEN von einem Bujer oder Galiot, denn dieses letztere ist ein ganz anderes Schiff. Die Bujer haben etwa 86 Fuss Länge, 20 Fuss Breite und 9½ Fuss Tiefe.

DER HUKER.

II 227
II 228
II 230
III 21

Der « Hoeker » (Huker), ursprünglich ein Fischereifahrzeug, wird oft schon in der Mitte des 17. Jahrhunderts als Handelsschiff mit einem, zwei oder drei Masten verwendet; er ist ein sehr festes Seeschiff und wird später für die Ostindienfahrt eingerichtet, obwohl er nicht sehr gross ist. Er hat eine Länge von 80 Fuss. Die grossen Huker haben eine Kabine auf Deck.

[S. 77]

DIE BÜSE.

II 221
III 113

Wir finden sogar die « Buys » (Büse) als Handelsschiff, selbst als Dreimaster, obgleich es sich ursprünglich um ein Fischereifahrzeug handelt.

Wir werden also von dem Huker und der Büse bei den Fischereifahrzeugen nochmals sprechen. Es dürfte überflüssig sein, zu sagen, dass weder die Bujer, noch die Huker, noch die Büsen ein Galionsdeck haben.

DAS HECKBOOT.

Endlich müssen wir noch zwei Schiffstype erwähnen, die von dem vorgenannten abstammen; dies sind:

Das « Heckboot », dessen unterer Teil wie eine Flüte und dessen oberer Teil wie eine Pinasse gebaut ist, d. h. mit breitem Deck, daher mehr Ladefähigkeit.

Das zweite ist der « Straetsvaerder », eine grössere Flüte mit Galionsdeck. (WITSEN, S. 168.) So taucht eine grosse Menge von Namen auf, die sich auf denselben Typ beziehen.

Endlich nennen wir den « Stocker » ein festes Schiff, vorn wie ein Spiegelschiff und hinten wie ein Huker gebaut mit zwei Decken.

Das Ausland bringt uns:

DIE FREGATTE,

III 18

(Fregat), die einen wichtigen Platz einnimmt, besonders am Ende des 18. Jahrhunderts und am Anfang des 19. Jahrhunderts. Wir haben im vorigen Kapitel gesehen, wie sie zu uns gekommen ist. Dieses Schiff wird verschiedenartig getakelt, hat andere Namen wie « Gaffelschoener, Brigantine, Schoenerbrik, Brik, Bark. » Wir verweisen hierüber auf die verschiedenen Abbildungen der Takelung in der Sammlung.

DIE GALIOT.

Wenn man liest, dass im Jahre 1587 der König von Dänemark mehr als 600 holländische Schiffe im Sund anhält, die alle an einem Tag den Vlie verlassen hatten (beschrieben von Hendrik Rantzon, WITSEN, S. 36) so darf man sich nicht einbilden, dass dies alles grosse Schiffe sind. Es ist im Gegenteil sehr wahrscheinlich, dass die meisten nicht grösser waren als unsere Kuffen und Tjalken von heute. Wir können uns leicht den charakteristischen Anblick der Zuiderzee zu dieser Zeit vorstellen, wo neben all diesen Schiffen die grosse Zahl der damals üblichen Fischereifahrzeuge herumwimmelt. So nennt man also mit Recht die Zuiderzee die Wiege unseres Schiffbaues. Die kleinen Küstenstädte an der Zuiderzee mit ihrer ruhmreichen Vergangenheit sind davon Zeugen.

Wir werden also nicht erstaunt sein, dass im Laufe der zahlreichen Kriege, die Holland gegen Friesland und Geldern geführt hat, unzählige Seeschlachten auf der Zuiderzee geliefert worden sind. So wurde z. B. im Jahre 1504 eine Seeschlacht zwischen Holland und Geldern geliefert, die von Wilhelm Hermszoon, einem Augustinermönch beschrieben wird. (WITSEN, Anhang S. 19.) Er erzählt uns hierbei, dass die Einwohner von Geldern mit einer grossen Zahl von Kochevers das « Zwarte Water » herabkamen, um die Holländer zu überraschen, die sieben bewaffnete Schiffe hatten. Die Holländer verstanden sich besser auf den Krieg als die Leute von Geldern, denn diese bedienten sich nur des Bogens, der Armbrust und der Schleuder. Schliesslich scheitert das grösste der holländischen Schiffe, aber die Holländer erschrecken durch Abfeuern ihrer Standbüchsen die Leute von Geldern derartig, dass diese den Kampf aufgeben.

An einer anderen Stelle erzählt derselbe Verfasser, dass auf Anraten spanischer Kaufleute, die Einwohner von Amsterdam ein « Galeoot » genanntes Schiff auf Stapel legen lassen, dessen Bau ein Jahr dauert. Dies Schiff kann segeln oder gerudert werden, wobei 32 Ruderer in Tätigkeit sind. Man nennt es « den Schrecken der Zuiderzee. »

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III 58

Die Erzählungen sind insofern interessant, als bei der Erzählung der Schlacht auf der Zuiderzee von einem « Kochever » gesprochen wird, woraus sich ergibt, dass « Koch » oder « Kogge » und « Ever » enge Beziehungen zueinander haben. Aus der zweiten Erzählung geht hervor, dass die Galiot zu uns aus dem Auslande gekommen ist. Die Galiot wie der Ever finden sich noch heute; nur wird die Galiot nicht mehr gerudert.

[S. 78]

Unsere Schiffe aus dem 16. Jahrhundert sind auch viel kleiner als die der Südstaaten, weil unsere Schiffahrt nach der Ostsee fast ausschliesslich Küstenschiffahrt ist, zu der nur kleinere Schiffe nötig sind.

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III 20

Die Galiot aus dem 16. Jahrhundert wird später noch viel gebaut, und man erwähnt sie überdies zu jeder Zeit. Wahrscheinlich jedoch hat man später Galiots gebaut, die gewölbter waren, wie übrigens alle unsere Schiffe. Immer kann man feststellen, dass die « Galiot » des 18. Jahrhunderts viel Ähnlichkeit mit einem gewöhnlichen « Koftjalk » (Kufftjalk) hat.

Die Galiot hat einen gradlinigeren Bord und einen höheren Aufbau. (LE COMTE, S. 18.) Sie hat 85 Fuss Länge, 21 Fuss Breite und 11 Fuss Tiefe. Der Vorder- und der Hintersteven sind runder als die des Bujers. (WITSEN, S. 165.) Sie stellt also einen Typ dar, der nicht zu den holländischen gerechnet werden kann. Der grosse Mast befindet sich bei den Galiots mit einem und zwei Masten auf ein Drittel der Länge des Schiffs, gerechnet vom Vordersteven. Das Schiff ist ein « Draai-over-Boord ». Manchmal hat die Galiot das Hinterteil einer Flüte und heisst dann Bootschip oder ganz einfach « Boot ». Ein andermal baut man das Oberteil als Pinasse, aber umgekehrt, um die Ladefähigkeit zu vermehren. Wir können wiederum nachweisen, wie die meisten Schiffe auf einen Grundtyp zurückzuführen sind. So spricht man oft in der Geschichte von « Advies (Melde)-Jachten ». Dieser Name war nur ein Gattungsname, denn alle Arten von Schiffen wurden zu diesem Zweck gebraucht, besonders die Galiot. (WITSEN, S. 165.) Man gibt ihnen damals schmalere Formen und eine umfangreichere Takelung, um schneller vorwärts zu kommen. Die Galiots haben gewöhnlich zwei Masten und ausnahmsweise drei. Sie besitzen kein Galionsdeck. Ursprünglich haben sie Schwerter und sind mit einem grossen und einem kleinen Mast versehen. Ihre Ladefähigkeit schwankt von 160 bis 300 t. Augenblicklich sind nur noch einige vorhanden, die nach der Ostsee fahren, aber sie sind kleiner; ihre durchschnittliche Länge beträgt 19 Meter, ihre Breite 4,5 m und ihre Tiefe 2,20 m. Auch diese werden bald verschwinden, um den eisernen Kofs und den Tjalken Platz zu machen. (LE COMTE, S. 22.) Der Name « Galiot » ist wahrscheinlich italienischen Ursprungs. (KOENEN, S. 140.)

DIE GALEASSE.

II 239

Die Galeas (Galeasse) gehört, wie die « Galiot » zu den grösseren Typen, die von der Kleinschiffahrt benutzt werden. Schon der Name zeigt den ausländischen Ursprung, obwohl man sie viel in Holland findet. Die Bauart verrät überdies denselben Ursprung. Die meisten werden in Königsberg, Stettin, Stralsund u. s. w. gebaut, und fassen sogar 100 bis 260 t. (LE COMTE, S. 35.)

Sie besorgen insbesondere den Verkehr mit Holland, England und Frankreich. Ihr Tiefgang schwankt von 8 bis 14 Fuss. (2,26 bis 3,96 Meter.) Sie besitzen gewöhnlich, wie die Galiots, zwei Masten. Ihr Bau gleicht sehr dem der Kotter (Kutter), und der « Sloep » (Schaluppe). Es ist also ein exotischer Typ, von dem man noch einige Beispiele auf der Ostsee findet. Dieser Schiffstyp ist später aufgetreten, wahrscheinlich unter dem Einfluss des Schiffbaues der Völker des Südens. (Im Mittelmeer findet man die Namen: Galeazza, Galeone, Galeota.)

DAS KUFF (KOFF).

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III 22

Das Koff, ist ein rein holländischer Typ, den weder WITSEN noch VAN YK anführen. Es stammt wahrscheinlich aus dem Ende des 17. Jahrhunderts und hat später in vielen Fällen die « Fluiten » und die « Katschepen » (Katzenschiffe) ersetzt. (LE COMTE, S. 10.)

Die Formen dieses Schiffs sind sehr rund und zeigen so ihre Verwandtschaft mit den « Schmacken » und den « Tjalken ». Sie haben einen flachen Boden, viereckiges Vorderteil oder wie VAN LOON sagt (Seite 64): « Stomp rond » (rund und stumpf). Später baute man spitzere.

Es sind feste Schiffe, die besonders Stürmen gut widerstehen, daher das Sprichwort: « Koffen en Smakken zijn Waterbakken » (Die Kuffen und die Schmacken sind Wasserbecken). Ich kann mich der Meinung des Herrn KOENEN nicht anschliessen, der behauptet, dass « Kof » von « Kog » herkommt, denn das « Kof » erscheint viel später und stammt von den kleinen Binnenschiffen her. Das sind im allgemeinen Schiffe mit geringem Tiefgang. Ihre Ladefähigkeit schwankte von 100 bis 300 t.; die Abmessungen waren[S. 79] z. B.: Länge 72 Fuss, Breite 17, Tiefe 8 Fuss 3 Zoll. Sie haben im allgemeinen zwei Masten; der grössere steht auf ⅓ der Länge. Ihr Deck ist unterbrochen ohne Statie. Die kleinen Kuffen haben Schwerter, die grossen nicht.

Im 19. Jahrhundert beginnt man, ebenfalls das Vorderteil schlank zu machen (VAN LOON, S. 65), wodurch jedoch die alten Merkmale der Schiffe verschwinden. Man wollte ihnen so grössere Richtungsfestigkeit geben. Man baut noch diese Schiffe in der Provinz Groningen, aus der sie stammen. Gegenwärtig gibt man ihnen allerdings wie den Tjalken ein runderes Hinterteil. Früher fand man sie häufig auch in Holland, da sie den Verkehr mit der Ostsee vermittelten; sie fuhren aber auch nach Norwegen, England, Schottland, Irland, Frankreich, Portugal und dem Mittelmeer, selbst nach Rio de Janeiro. (LE COMTE, S. 11.)

DIE SCHMACK.

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III 23

Die Smak ist ein ebenso interessantes Schiff wie das Kof (Kuff), dem sie sehr gleicht. Hier handelt es sich um einen rein holländischen Typ, rund und flach und von grosser Standfestigkeit zu Wasser. LE COMTE nennt sie die Schwester des Kof. Man findet in diesem Typ sehr wohl die Form der « Tjalk » wieder. Die Schmacken laufen weder am Vorder- noch am Hintersteven spitz zu und gleichen völlig den alten Abbildungen der « Smalschepen », « Wijdschepen » und « Turfschepen » (Torfschiffe). Sie bilden übrigens mit den letzteren ein und dieselbe Familie; sie sind etwas fester im Bau, da sie für weitere Fahrten bestimmt sind. Die « Smak » stellt den friesischen Schiffstyp dar. Sie trägt eine « Statie » und Schwerter. Der grosse Mast steht auf ⅓ der Länge des Schiffes. Am Hinterteil, in der « Statie » hat die « Smak » noch einen kleinen Mast. Die Ladefähigkeit schwankt von 70 bis 140 t. Ihre Länge beträgt 80 Fuss, ihre Breite 22 und ihre Tiefe 9. Die Schmacken besorgen den Verkehr mit Frankreich, England und sogar mit Lissabon, offenbar auch mit der Ostsee. Sie waren indessen besonders gebaut, wie LE COMTE, S. 12, sagt, um durch die « Wadden » (Watten) nach Groningen, Friesland und Ostfriesland segeln zu können. WITSEN erwähnt die « Schmacken » nicht.

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Wenn wir indessen die Abbildung der « Smak » mit der des « Wijdschips » vergleichen, das WITSEN anführt (S. 171), so sehen wir sogleich, dass es sich hier nur um einen Namenwechsel handelt. Im Grunde gibt es auch keinen Unterschied zwischen dem « Smal- » und dem « Wijdschip », VAN YK sagt nämlich (S. 308), dass der Unterschied zwischen den beiden Typen nur in folgendem besteht: das « Smalschip » war so schmal, dass es die Stadt Gouda durchfahren konnte, während das « Wijdschip » um sie herumfahren musste. Es sind also zwei ähnliche Schiffe, die sich nur durch ihre Grösse unterscheiden. Wenn man nun die Abbildungen dieser Schiffe mit denjenigen der « Turfschepen » (Torfschiffe) vergleicht, so stellt man eine völlige Ähnlichkeit fest. Erst am Ende des 18. Jahrhunderts gibt man allen diesen Schiffen den Gattungsnamen « Tjalk », in Anlehnung an Friesland.

DAS SCHMALSCHIFF.

II 210

Das « Smalschip » hat folgende Abmessungen: Länge 60 Fuss, Breite 16 Fuss, Tiefe 14 Fuss; das « Wijdschip » hat entsprechend 70 Fuss, 20 Fuss und 8 Fuss 2 Zoll. Alle diese Schiffe besassen eine « Statie ».

DER DAMLOOPER.

II 212

Dasselbe Schiff so gebaut, dass es die alte Schleuse des Leydener Dammes durchfahren kann, heisst « Damlooper ». VAN YK beschreibt die Grössenverhältnisse dieses Schiffes folgendermassen (S. 312.): « ’t schip (de Damlooper) zal lang zijn 56 voeten, wijd dat de zwaarden afhangen, het rakende en echter gemakkelijk door de Duikers van den Leidsen dam kan gebragt werden, zo sal dat schip op de bovebuitekant van den Vrimmegang of wentelstrook, zo wijd als op ’t Barkhout wesen moeten en ten minsten van binnen tegen de zetwegers gemeeten zijnde elf voeten en een duym wijdte hebben[25] ».

[S. 80]

Die Ladefähigkeit des Schiffes wird später mit 18 Last (36 t) angegeben.

Die Schleuse des Leydener Dammes, von der hier die Rede ist, ist kraft der Provinzialakte von 1617 gebaut und 1648 umgebaut worden. Diese Schleuse wie die von der Gouwe aus dem 14. Jahrhundert[26] ist erst 1885 durch eine neue Schleuse von 7 m nutzbarer Breite und 2,20 m Wassertiefe über dem Drempel ersetzt worden. Die Provinzialverbände von Südholland haben in das Schleusenwärterhaus am Leydenschen Damm einen Stein mit folgender Inschrift einsetzen lassen:

« In 1885 is de verbetering der vaart tuschen Rijn en Schie door de Staten van Holland ondernomen. Hier war de naijver der steden tot 1648 slechts een overtoom en daarna een verlaat van 3,80 m wijdte en doorvaarthoogte van 2,20 m gedoogde, hebben zij deze sluis wijd 7 m met beweegbare bruggen bevolen[27] ».

Also erst i. J. 1885 hat man diese Hindernisse beseitigt. Bis zu dieser Zeit haben demnach die « Smal- » und « Wijdschepen » und die « Damloopers » ihre Daseinsberechtigung gehabt. Sie werden jedoch nicht mehr im 19. Jahrhundert erwähnt; man spricht da fast ausschliesslich von den « Tjalken ». Demnach handelt es sich wiederum um eine einfache Namenvertauschung, ohne dass die Schiffe ihre Form geändert haben. Die Binnenschiffe haben jedoch im Laufe des 19. Jahrhunderts eine wesentliche Umänderung erfahren. VAN LOON (S. 69), schreibt nämlich: Die eckigen Formen des Vorder- und des Hinterteils haben runderen Formen des Vorderteils und des Rumpfes überhaupt Platz gemacht. Das Schiff erhält also eine regelmässige und glatte allgemeine Form. Die eckigen Formen finden sich nur noch bei einigen alten « Poonen » und « Schuiten » wieder. Die alten Stiche geben uns eine gute Vorstellung dieser eckigen Bauart, die bei einigen Mustern so tief ist, dass man glauben möchte, mit einem Bau zu tun zu haben, der mit Überlappung hergestellt ist.

Wir sehen also, dass im 19. Jahrhundert eine grosse Zahl von Schiffen, die früher unter verschiedenen Namen bekannt waren, unter dem Gattungsnamen « Tjalk » zusammengefasst werden.

DIE TJALK.

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Die Tjalk. Die eigentliche « Tjalk » stammt aus Friesland und der Provinz Groningen. Ihre Ladefähigkeit schwankt von 30 bis 80 t. In der Provinz Groningen baut man jedoch « Tjalken » für die See von 200 t. Der Hauptunterschied zwischen einer Tjalk von Groningen und einer friesischen Tjalk ist, dass die erstere einen « Draai-over-boord » und die letztere eine « Statie » hat.

Man nennt die letzteren auch « Friesche Praam », wenn sie etwas gradere Linien zeigen. (LE COMTE, S. 17.)

Ausserdem hat die « Friesische Tjalk » einen schrägeren Vordersteven. Wie unsere Binnenschiffe hatten die « Tjalken » früher eine Takelung mit lateinischen Raaen (Spriettuig, auch Ferrytuig genannt), die fast überall im 19. Jahrhundert durch die gewöhnliche Takelung mit Besanmast (Bazaantuig) ersetzt wurde.

Während die « Tjalk » im allgemeinen einen Mast besass, sind einige grosse Tjalken manchmal noch mit einem kleinen Mast auf der « Statie » versehen.

DIE SCHUTE UND DIE POON.

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III 40
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Die Schuit (Schute). Die Schuit ist für Südholland, was die Tjalk für Friesland und die Provinz Groningen ist, während wir die « Poon » für Seeland und die Inseln Südhollands haben. Es besteht nur ein kleiner Unterschied zwischen der « Poon » und der « Schuit ». Beide erinnern uns an den holländischen Typ der « Smak », da der untere Teil etwas bauchiger ist. Das Deck ist also etwas schmaler als der Boden. Der Unterschied zwischen beiden besteht darin, dass die « Poon » eine Krümmung hat, d. h. dass[S. 81] die « Schuit » ein geraderes Deck hat. Beide haben eine « Statie »; aber die « Poon » findet man auch oft mit einem « Draai-over-boord » und unterbrochenem Deck. Die « Schuit » zeigt selten diese Merkmale.

Es sind beides sehr feste Schiffe, die bei schwerem Wetter besonders stabil auf dem Wasser sind. Eine Eigentümlichkeit beider Schiffe besteht in der schmalen Spitze, in die der Vordersteven ausläuft. Diese Spitze wird ein wenig nach hinten gebogen und muss nach den Backen am Mast zeigen (oberer Teil, wo das Segelwerk am Mast befestigt ist). Wir finden dieselbe Spitze bei den Schiffen, die die belgische Schelde befahren, aber nicht bei den « Tjalken ».

DIE KAAG.

III 24

Neben der « Schuit » finden wir in Nord- und Südholland besonders vor Amsterdam die « Kaag », die stark der « Poon » ähnelt. Die « Kaag » hat keinen so stark ausspringenden Rumpf wie die « Poon » und stellt sozusagen den Übergang zwischen der Tjalk und der Poon dar. Dies Schiff wird viel als leichtes Fahrzeug gebraucht und trägt die Takelung mit Raae; man findet indessen solche mit Gaffeltakelung (Gaffeltuig); sie führen dann den Namen « Gaffelkaag » oder « Gaffelschip ». Hinsichtlich der Grösse ist die « Kaag » mit der « Poon » und der « Tjalk » zu vergleichen. Die « Schuit », die « Poon » und die « Kaag » haben bis zu Ende ihre eckigen Formen behalten. Es braucht nicht betont zu werden, dass die Kaag auch eine « Statie » besitzt.

Die drei letzten Type haben auch am längsten die Wände mit runden Luken behalten, die ehemals in ständigem Gebrauch waren.

DIE STEIGERSCHUTE.

Die Steigerschuit (wörtlich Einsteigbarke) findet man oft im 17. Jahrhundert. Es sind dies kleine Schuten, Poonen oder Kogschiffe, die in den Häfen und auf den Flüssen gebraucht werden, um von den Anlegestellen nach den grossen Schiffen und umgekehrt Fahrgäste und Waren zu bringen. Der Name bezeichnet also die Verwendung und nicht den Fahrzeugtyp.

DIE YACHT.

III 44
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Während man in Südholland und Seeland die Schiffe mit schmalem Deck baut, zieht man in Nordholland die Schiffe mit schmalem Boden vor. Man nennt dann diese Schiffe « Yacht » oder « Noord Hollandsche Yacht ». Sie haben im allgemeinen die Grösse einer kleinen « Tjalk ». Wenn man also die vorgenannten Schiffe nach ihrer Bodenbreite ordnen wollte, so müsste man mit der « Yacht » anfangen; dann käme die « Tjalk » und endlich die « Poon ».

Infolge ihres schmaleren Bodens und der mehr zusammenlaufenden Wände macht die Yacht den Eindruck eines schlankeren und schnelleren Schiffes als die « Poon ».

Die Berghölzer der Yacht zeigen starke Krümmung mit einem geraden Teil in der Mitte. Die Yacht hat ein « Draai-over-boord » mit unterbrochenem Deck.

DIE BUJERSCHUTE.

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In Nachahmung der grossen Bujer oder Kromstevens, die wir oben erwähnten, findet man oft kleinere meist mit der Benennung « Bujerschuten » (Boeierschuiten), einem Namen der wahrscheinlich von ihrer Ähnlichkeit mit den gewöhnlichen « Schuten » herstammt. Das Hinterteil hat ein « Draai-over-boord », oft mit unterbrochenem Deck. Sie haben eine Eigentümlichkeit: das ist eine Art Verschlag, in dem sich der Steuermann befindet, um leicht die Ruderpinne handhaben zu können. Diesen Verschlag findet man auch oft bei den « Boeieraken ». Die « Boeierschuiten » trifft man in Südholland, Seeland und Flandern.

In Flandern ist der Schiffbau ebenfalls frühzeitig entwickelt. Wir brauchen nur an das alte Damme und Antwerpen zu denken und werden uns nicht wundern, dass die dort vorkommenden Schiffstype denen unserer Heimat gleichen. Das sind in erster Reihe die « Pleiten » und die « Otterschepen », die wir auch im Nordwesten von Brabant antreffen.

DIE PLEIT.

III 51

Die Pleit ist ein sehr altes Schiff, von dem die Geschichte oft erzählt. Man sieht sie im Verkehr mit England. Sie hat die[S. 82] Tragfähigkeit unserer Tjalk, deren Formen sie auch hat, abgesehen von der Länge; diese überwiegt auch verhältnismässig gegenüber der Breite. Die « Pleit » sieht also länger aus als die « Tjalk ». Sie hat ausserdem gefällige Linien. Die Grössenverhältnisse sind: Länge 23-27 m, Breite 4,80-5 m, Tiefgang höchstens 1,90 m, Ladefähigkeit 125-180 t.

Heute baut man diese Schiffe grösser; ihre Länge erreicht 35 m, ihre Breite 5 m, ihr Tiefgang leer 0,40 m, bei Belastung 2 m; sie können 270 t laden. Mit Unrecht nennt man diese Schiffe in Belgien « Holländische Belander » nach dem jüngeren, Belander genannten Binnenschiff, von dem später die Rede sein wird.

Dies Schiff hat nichts mit der « Pleit » zu tun. (S. DEHEM, Annales des Travaux publics 1901, August, S. 508.)

Die « Pleit » hat eine « Statie ». Es ist merkwürdig, dass die « Pleiten » von heut nur eine gegenüber ihrer Länge geringe Takelung besitzen. Früher hatten sie zwei Maste.

DER OTTER.

II 253
III 52

Der Otter (franz. loutre), den wir eine kleine verkürzte Pleit nennen können, hat eine Länge von 20-28 m (wenigstens 16 m, höchstens 30, s. DEHEM, S. 507), eine Breite von 4 m, einen Tiefgang von 1,70-2,20 m bei Belastung, gewöhnlich 1,80 m. Die Tragfähigkeit schwankt von 70 bis 180 t.

Der « Otter » ist mit gewöhnlicher Takelung versehen, mit Besanmast, oft mit einem kleinen Mast hinten in der « Statie ».

Neben den « Pleiten » und « Ottern » findet man noch auf der Schelde die « Schuten » (Barken), die den holländischen Schuten entsprechen. Sie unterscheiden sich also ebensosehr von dem Otter wie sich bei uns die « Schute » von der « Tjalk » unterscheidet. DEHEM täuscht sich also in seinem oben genannten Werk etwas, wenn er sagt (S. 507) « die Schute ist ein Otter von kleinen Abmessungen ».

Die « Pleiten » und « Otter » findet man oft hier in den Niederlanden.

Wenn die Schiffe von West-Belgien somit die gleichen Eigentümlichkeiten zeigen wie die unserer Heimat, so wird es ebenso mit denjenigen von Ostfriesland sein.

DIE MOTTE.

III 53
III 54

Die Motte ersetzt dort die Tjalk. Man teilt die « Motten » ein in: « Buiten-Motten », « Binnen-Motten » und « Spitse-Motten ».

Die Schiffe der beiden ersten Sorten haben dieselbe Form. Sie unterscheiden sich nur in der Grösse.

Sie entsprechen den Tjalken von Groningen, auch in der Form der Berghölzer und des Steuers. Sie gehören also zur Familie der Tjalken.

DIE SPITZE MOTTE.

III 55

Die Spitse-Mot ist ein kleines Schiff, dessen Form sich von der gewöhnlichen Motte etwas unterscheidet; sie ist schlanker und weniger massiv gebaut. Ihre Länge erreicht 14,50 m, die Breite 3,90 m und die Tiefe 1,60 m. Der Unterschied zwischen einer « Spitsen-Mot » und einer « Binnen-Mot » ist derselbe wie zwischen einem « Oberijsselschen Praam » und einer « Tjalk ».

DER EWER.

II 241
III 58

Der Ewer und der « Bremerkahn » werden längs des ganzen Ostfriesland bis Dänemark angetroffen. Sie haben sehr alte Formen behalten, die an die alten « Kogschiffe » erinnern. Sie wurden besonders bei Hamburg gebaut und ursprünglich als Fischereifahrzeuge verwendet. Es geht also hier so wie in unserer Heimat, wo der « Huker » und die « Büse », die zuerst Fischereifahrzeuge waren, später Handelsschiffe werden.

Der « Ewer » wird bei den Fischereifahrzeugen besprochen werden.

DER BREMERKAHN.

III 57

Der Bremerkahn ist ein schmaler « Ewer ». Beide besitzen den Spiegel (viereckiges Hinterteil), den sie aus dem Süden erhalten haben.

Diese letzteren Schiffe haben einen glatten Rumpf; ehemals hatte der Rumpf eine Beplankung mit Ueberlappung. Der « Kahn », der grader und flacher als der « Ever » ist, hat einen weniger schrägen Vordersteven; beide Schiffe haben eine Takelung mit[S. 83] Besanmast, oft mit einem kleinen Ergänzungsmast am Hinterteil. Ihre Ladefähigkeit entspricht ungefähr derjenigen unserer Tjalken.

Der Hamburgische Ewer hat 17 m Länge, 6,40 m Breite und einen Tiefgang von 0,70 m, wenn er leer, und 1,50 m, wenn er beladen ist. Die Abmessungen des « Bremerkahns » sind entsprechend 15,50 m, 4,80 m, 0,70 m und 1,50 m.

Ausser der « Galiot » und der « Galeasse » findet man alle Schiffe, die zur Gruppe II B. gehören, von Dänemark längs Ostfriesland, Groningen, Friesland, Nord- und Südholland, Seeland, Nord-West-Brabant, Flandern, Westutrecht und noch eines kleinen Teiles (des Westens) der Betuwe, kurz längs der Küste und auf unseren Binnenflüssen und solchen mit Ebbe und Flut.

Sobald man an die Maas und den Lech kommt, ändert sich der Charakter; das gilt auch für die Provinzen Over-IJssel und einen Teil von Drenthe. Der grössere Teil der Provinz Drenthe ist der Schiffahrt erst zugänglich gewesen nach Herstellung der Kanäle im 19. Jahrhundert. Der Süden dieser Provinz bildet jedoch schon sehr frühzeitig mit Over-IJssel ein Ganzes hinsichtlich des Schiffbaues, und die gegenwärtig in Gebrauch befindlichen Type haben sich auch in Over-IJssel entwickelt.

DIE POTTEN UND PUJEN.

II 201

Die ältesten Schiffe, die man in Over-IJssel kennt, sind die Potten und Pujen (WITSEN, S. 170), von denen es noch einige Abbildungen gibt; jene Namen findet man heute nicht mehr in Over-IJssel. Die alten « Potten » und « Pujen » sind jedoch dort nicht ganz verschwunden. Hier wie übrigens überall, haben sich die alten Formen erhalten; infolge einiger Änderungen haben die Schiffe einfach andere Namen erhalten.

Ebenso haben die Schiffsrümpfe mit übereinandergreifenden Planken den glatten Rümpfen Platz gemacht, und später haben diese Schiffe weniger eckige Formen angenommen. Die alte Takelung hat sich geändert, und die alten Wände mit runden Luken sind durch flache, einfachere Wände verdrängt worden. So ändern diese Schiffe etwas ihr Aussehen, obwohl der Rumpf derselbe bleibt; aber die Namen « Potten » und « Pujen » machen den Namen « Sompen », « Peggen » und « Snijboonen » Platz, die wir noch heute überall finden.

WITSEN und andere berichten bereits, dass die « Potten » und « Pujen » sich von den « Smal- und Wijdschepen » durch ihr schlankeres Vorder- und Hinterteil unterscheiden; derselbe Unterschied, den man augenblicklich zwischen den Tjalken einerseits und den Snijboonen und den Sompen andererseits findet. Uebrigens zeigt schon allein der Name Snijboon (Bohne), dass es sich um ein langes und schlankes Fahrzeug handelt, d. h. ein Schiff mit flachem Boden und schlankem Vorder- und Hinterteil.

DIE SNIJBOON UND DIE SOMP ODER PEGGE.

III 34
III 3133

Die Snijboon und die « Somp » haben dieselbe Form. Sie haben beide einen « Draai-over-boord » und gewöhnlich ein unterbrochenes Deck. Die Eigentümlichkeiten dieser Schiffe sind das schlanke Vorder- und Hinterteil, die plötzliche Senkung der Berghölzer am Hinter- und Vordersteven; diese Berghölzer bleiben nämlich fast horizontal auf der übrigen Länge des Schiffs, während der Vorder- und Hintersteven fast vertikal sind.

Diese Merkmale scheiden sie fast augenblicklich von den Schiffen der anderen Provinzen. Die Somp hat 15,5 m Länge, 3,70 m Breite und 1,80 m Tiefe.

Wenn die Somp kleiner ist und einen geringeren Tiefgang hat, so nennt man sie « Pegge »; deren Abmessungen sind entsprechend 12 m, 2,65 m und 1,45 m.

Die Snijboon misst 17,5 m, 3,90 m und 1,50 m.

DIE HOOGEVEENSCHE PRAAM.

III 53

Die Hoogeveensche Praam ist ein Schiff aus neuerer Zeit, das aus der Somp hervorgegangen ist, mit mehr gewölbtem Hinter- und Vorderteil.

DIE PRAAM.

III 35
III 36

Das Bestreben, grössere und vollere Schiffe zu bauen, das sich schon im 17. und im Anfang des 18. Jahrhunderts zeigt (VAN YK, S. 348), tritt noch mehr im 19. Jahrhundert hervor. So wachsen die « Snijboonen » und die « Sompen » und lassen die Praam[S. 84] entstehen, deren Abmessungen und Ladefähigkeit ähnlich denjenigen der Tjalk sind. Die « Praam » hat jedoch ein schlankeres Vorder- und Hinterteil erhalten, ebenso zeigen diese Schiffe den charakteristischen Verlauf der Berghölzer (LE COMTE, S. 23); sie haben alle den « Draai-over-Boord », oft mit einem unterbrochenen Deck. Diese Pramen unterscheiden sich also völlig von den Schiffen aus der Gruppe der Schmacken (Tjalken), wie man sie in Friesland und Groningen findet. Sie haben nichts zu tun mit der « Groninger Aardappelpraam » und der « Groninger Slijkpraam », auch nicht mit der « Frieschen Praam », die zur Gruppe der Tjalken gehören. Der Name « Praam » findet sich in Over-IJssel erst am Ende des 18. Jahrhunderts oder gar erst am Anfang des 19. Der Name ist jedoch nicht rein holländisch. So erzählt der Marquis DE TOLIN (S. 175), dass Napoleon für seine Flotte von Boulogne einige « Prame » bauen liess, Schiffe mit flachem Boden von 30 m Länge, 8 m Breite und etwa 2,50 m Tiefgang. Sie hatten eine Takelung mit drei Masten und waren mit Kanonen ausgerüstet. (DE BONNEFOUX et PARIS: Dictionnaire de Marine à Voiles 1847, S. 59.) Es scheint, dass man 20 dieser « Prame » gebaut hat. Sie haben indessen nichts zu tun mit unsern Pramen, ausser dass es Schiffe mit flachem Boden sind. Der Marquis DE TOLIN beschreibt in seinem Werk die holländische Praam. (S. 144.) Der Beschreibung fehlt jedoch Genauigkeit, denn die Over-IJsselsche und die Friesche Praam sind zusammengestellt.

Die Friesche Praam (Praam von Friesland), ist nichts anderes als eine kleine Tjalk von etwas graderen Linien, mit Statie; die andere dagegen ist ein Schiff mit flachem Boden und Draai-over-boord (niemals mit Statie).

LE COMTE (S. 29.) berichtet nur, dass man dies Schiff in der Provinz Drenthe in Meppel und Hoogeveen baut, während auch er die Tjalk mit der Frieschen Praam zusammen gruppiert. So schreibt er zum Beispiel (S. 14.), dass die Tjalken manchmal bewegliche Setzborde haben, während sie über Bord laden, dass dies aber besonders die Frieschen Pramen charakterisiert.

Zu jener Zeit spricht man oft in Holland von « Praam », obgleich man dort kein Schiff findet, das diesen Namen trägt, oder dem Over-IJsselschen Praam ähnelt. Dieser Name wird damals gebraucht, um ein Schiff im allgemeinen zu bezeichnen.

Die grosse, eigentliche Over-IJsselsche Praam, wie wir sie jetzt kennen, stammt also erst aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, und die Vergrösserung ihrer Abmessungen ist lediglich der Verbesserung der vorhandenen Kanäle oder der Herstellung neuer Schiffahrtstrassen zu danken, die fast alle aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammen. Erst damals verbindet man die Drentsche Hoofdvaart (Drenthensche Hauptfahrt) in Groningen durch die Anlage der Noord Willemsvaart (1858-1862) (siehe Gedenkboek van het Koninklijk Instituut van Ingenieurs S. 31.). Die Hoogeveensche Vaart, die 1623 als « Echtens nieuwe Grifte » (neuer Kanal von Echten) gegraben wird, wird ostwärts verlängert und verbessert zwischen 1850 und 1860, und das Meppeler Diep wird zwischen 1860 und 1882 reguliert.

Die Verbindung von Friesland mit Groningen ist neueren Datums; sie erfolgte früher nur zur See, während die Binnenverbindung dieser Provinzen noch bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts sehr primitiv war. Erst von 1851 bis 1893 spricht man von einer Verbesserung, während 1864 die Schleuse von Gaarkeuken an der Grenze dieser beiden Provinzen neu gebaut wird.

Man legt dort eine Schleuse von 6 m Breite und einer nutzbaren Länge der Kammer von 26 m an. Der Stadskanaal, der 1766 oder 1767 in Angriff genommen wurde, wird erst im Jahre 1858 vollendet.

Ebenfalls erst im 19. Jahrhundert beginnt man glücklicherweise die Verbesserung der Verbindung zwischen Over-IJssel und Friesland, die durch Beseitigung der Torfhochmoore verwirklicht wird, während endlich die Verbindung der nördlichen Provinzen unserer Heimat mit den südlichen Provinzen im Jahre 1820 durch Eröffnung der Willemsvaart bei Zwolle hergestellt wird, einer Verbindung zwischen Yssel und Zwartewater. Man hatte wohl im 14. Jahrhundert einen Zuführungskanal von Zwolle nach der Yssel angelegt und man hatte auch 1480 die Verbesserung dieses Kanals begonnen, sodass er schiffbar wurde, aber die gegenseitige Eifersucht der Städte an der Yssel hielt diese Arbeiten an. (Dr. H. BLINK, Bd. II, S. 282.) Bis zur ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfolgte die Verbindung zu Wasser zwischen den Nordprovinzen durch die Zuiderzee, für die man zunächst ausschliesslich Schiffe aus der Gruppe der Tjalken verwendete. Die « Potten » und die « Pujen »,[S. 85] ebenso die « Sompen » und « Peggen » konnten nicht auf die hohe See gehen (WITSEN, S. 170); erst die Pramen, die später erscheinen, sind so gross und so gebaut, dass sie die hohe See besuchen können; sie verbreiten sich daher bald in unserer ganzen Heimat.

Es ist jedoch interessant, sich zu fragen, wie man den Namen « Praam » gewählt hat, in einer Gegend, wo man andere gute alte Namen zur Verfügung hatte? Es ist ausser Zweifel, dass der Einfluss der Provinz Groningen hierfür bestimmend gewesen ist. Durch den « Convenant van 1817 » (Vertrag von 1817), also zu einer Zeit, wo man noch nicht die grossen Pramen von Over-IJssel baut, bestimmt die Stadt Groningen, dass die zum Markt kommenden Leute wie jedermann die gewöhnlichen Zölle an den Brücken, Schleusen und Schranken der vorhandenen Kanäle zahlen müssen. Für die zu bauenden Kanäle sollte man bei jeder Schleuse 30 Cent für 1 « Schip » und 10 für 1 « Praam » bezahlen. Schon in den alten Tarifen findet man dieselbe Unterscheidung zwischen Schip und Praam. So setzt die « Stadsordonnantie » vom 28. Januar 1773 fest, dass an den Schleusen der Stadt ein « Schip » 5 und eine « Praam » 4 Sous bezahlen soll. Aus alledem geht hervor, dass man in Groningen Schip und Praam unterscheidet; aus dem grossen Unterschied im Preise ergibt sich klar, dass eine Praam ein kleines Schiff war. Man findet dies so augenscheinlich, dass weitere Erklärungen über die Natur der Praam fehlen. Es ist also klar, dass man darunter die in der Provinz Groningen wohlbekannten « Slijkpramen » versteht; diese Slijkpramen wurden nämlich sowohl im Dollard wie in den Torfgegenden verwendet. Es sind kleine schmale, oben offene Schiffe, mit gradem Längsprofil mit vollem Vorder- und Hinterteil (wie die Tjalken von Groningen). Man findet sie noch mit einigen Abänderungen unter dem Namen « Flotpraam ».

Als durch die Vollendung der Noord-Willemsvaart im Jahre 1862 die direkte Verbindung zwischen Over-IJssel und Groningen hergestellt ist, und als diese Provinz von den grossen Over-IJsselschen Schiffen erreicht werden kann, die auch geraden Bord haben, findet man es augenscheinlich vorteilhaft, diese Schiffe ganz einfach Praam zu nennen. So zieht man aus dem niedrigeren Tarif Nutzen und hütet sich wohl mit Rücksicht auf die dadurch entstehenden Vorteile, den Namen « Praam » in « Schip » umzuändern. Erst 1903 wird durch Erkenntnis des Friedensrichters von Groningen entschieden, dass diese « Pramen » wie ein « Schip » zu rechnen sind und nicht als « Pramen », wie sie der oben genannte Vertrag im Auge hat. (Provinciale Groninger courant, Dinsdag, 24 Februari 1903, No. 46). Dieses Erkenntnis lässt also die Vorteile aufhören, von denen oben die Rede war. Die Entscheidung ist getroffen worden infolge eines Sachverständigenberichtes vom 24. Dezember 1902.

In den Begründungen dieses Berichts wird die französische Übersetzung eines Artikels des Zolltarifs angeführt, der dem Vertrag von 1817 angefügt war, worin amtlich das Wort « Praam » mit « Schiff genannt Vlotpraam » übersetzt wird. Hiermit wird, und wohl mit Recht, die kleine offene « Praam » von Groningen bezeichnet. Die Verfasser täuschen sich jedoch, wenn sie sagen, dass die grossen « Pramen » der Neuzeit aus der « Vlotpraam » von Groningen hervorgegangen wären. Sie gleichen in baulicher Hinsicht völlig den Schiffen von Overijssel; nur ihre Abmessungen sind grösser. Sie haben überdies niemals der Klasse der Groninger Schiffe angehört. Das schlanke Vorderteil und Hinterteil sind hierfür der schlagendste Beweis. Um den Typ der « Pramen » festzustellen, hätte man nicht nur in Groningen suchen dürfen, wie die Sachverständigen getan hatten, sondern man hätte einen Vergleich zwischen den Typen von Groningen und denen von Overijssel anstellen müssen.

Es ist ebensowenig beweisend, wenn man sich in dem Bericht auf einige frühere Erkenntnisse beruft, in denen von einem « Praamschip » die Rede ist, weil es nicht darauf ankommt, den Namen zu berücksichtigen, sondern den Typ eines Schiffes. Die Schlussfolgerung ist noch unwahrscheinlicher, weil sie sagt, dass die « Praam » ein Schiff sei, weil sich der Besitzer « Schiffer » (Schipper, frz. batelier) nennt.

Der Vertrag bezieht sich nicht auf « Overijsselsche Pramen », weil es diese noch nicht gab, als der Vertrag aufgesetzt wurde.

Das Vorhergehende zeigt uns klar, wie wichtig es ist, die Schiffe richtig zu ordnen und zu bestimmen, welchem Lande die Typen angehören.

III 37

Es ist ganz klar, dass Overijssel unter dem Einflusse der anderen Provinzen gestanden hat. So trifft man längs der Zuiderzee die « Tjalk » und im 17. Jahrhundert das « IJzere Verken »[S. 86] (eiserne Ferkel), ein Schiff das auch zu den « Tjalken » gerechnet werden muss. WITSEN nennt es ein festes Schiff von Overijssel (S. 170). Ebenso kommt in Overijssel die « Statie » von Friesland, die aus dieser Provinz stammte, wieder in Gebrauch. Es dürfte unnütz sein zu bemerken, dass man auch « Praamaken » und « Aaktjalken » findet, d. h. einige Schiffe, die die Form der « Praam » und der « Tjalk » haben, aber ohne Vordersteven. Der Boden endet in der Nase und die Beplankung trifft in dieser vorderen Fläche zusammen.

Seit einigen Jahren baut man viel « Tjalken » und « Pramen » aus Eisen. Obwohl sie auch jetzt noch die charakteristischen Unterschiede zeigen, ist es zweifellos, dass schliesslich die Formen mit einander verschmelzen werden, wenn die « Pramen » vollere Formen angenommen haben, und wenn die Krümmung der « Tjalken » sich verringert hat.

DIE KOFTJALK (KUFFTJALK).

III 25

Endlich ist noch die Koftjalk zu erwähnen, ein Schiff, das die Mitte zwischen dem « Koff » und der « Tjalk » hält. Es stammt aus Groningen und gleicht sehr den « Buitenmotten » von Ostfriesland. Die « Koftjalk » ist die Vorgängerin der späteren « Koffs », die an die Stelle der « Katzen » und « Fluiten » getreten sind.

III 22

Die « Koffs » sind also nicht aus sich selbst entstanden, sondern haben sich in dem Masse entwickelt, wie Handel und Gewerbe sich ausdehnten, und wie die Schiffahrtstrassen sich entwickelten und verbessert wurden. So nehmen die Abmessungen der « Koffs » am Anfang des 19. Jahrhunderts zu, infolge der Herstellung des « Amsterdiep » im Jahre 1791.

Wenn HOGENDORP (Bijdrage tot de huishouding van den Staat, Bd. 1, S. 183) noch am Ende des 18. Jahrhunderts von « Koffs » von 70 bis 100 Last spricht (140-200 t), so erwähnt dagegen LE COMTE (S. 16) am Anfang des 19. Jahrhunderts « Koffs » von 100 bis 150 Last.

Der Name « Koftjalk » zeigt uns andererseits, dass nur ein geringer Unterschied zwischen dem « Koff » und der « Tjalk » besteht.

DIE KRAAK.

III 47
II 176
II 178

Die Kraak ist ein Schiff von starkem Bau mit geradem Bord, vollem und rundem Vorder- und Hinterteil, das zur Gruppe der « Schmacken » gehört. Dies Schiff, von der Grösse einer kleinen « Tjalk » gehört in die Gegend, die begrenzt wird von der gebrochenen Linie Amsterdam, Naarden, Nigtevecht, Haarlem, Zaandam, Amsterdam. Die letztgenannte Stadt muss als Ursprungsort der Kraaken betrachtet werden. Es sind sehr alte Schiffe. Die alten Stiche aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts zeigen sie schon, jedoch nicht unter dem Namen « Kraak », sondern unter dem Namen « Lichter ».

So spricht WITSEN (S. 170) von « Amsterdamschen Binnenlichters », als von « een plomb gebouwd zonder zeil of mast, overdekt met hooge ronde duiken » (ein schwer gebautes Schiff ohne Masten und Segel, bedeckt mit Platten, die runde hohe Luken haben).

Man führte sie meist mit dem Bootshaken; sie hatten keinen Mast. Der hintere Teil hatte eine kleine Kabine. Die Abbildung eines « Lichters » (Leichters) aus dem 17. Jahrhundert ist mit folgendem Distichon versehen:

II 177
« Te lichten menich schip bequaem,
Daar af voert dit schip zijnen naem. »

(Den Namen führt dies Schiff, weil es manch anderes erleichtern konnte). Später baute man grössere Leichter und man spricht von Leichtern aus Nigtevecht, Brouwershaven, Wieringen u. s. w.

Sie haben alle dieselbe massive Form, vorn und hinten etwas nach oben gebogen. Manche haben eine « Statie ». In der Mitte ist das Schiff immer gerade. Die grösseren Abmessungen bedingen eine Takelung, und der getakelte Leichter erhält den Namen « Kraak », der nichts mit der Benennung spanischer « Caraques » (Kraken) zu tun hat.

III 48

Das Bild, das die zwischen Amsterdam und Haarlem verkehrende Fähre darstellt, gibt schon eine Vorstellung von dem Vorläufer der « Kraak ». Zu den « Kraken » muss man auch die « Yker » rechnen, mit glattem Rumpf. « Yker » ist ein neuerer Name für dasselbe Schiff. Es ist wiederum darauf hinzuweisen,[S. 87] dass der alte « Turfijker » nichts mit dem « Yker » mit glattem Rumpf zu tun hat, dem er nur im Namen gleicht.

In Haarlem nennt man die « Kraak » « Haarlemmerpont ». Dieser ist etwas weniger bauchig, und sein Hinterteil ist nicht so voll.

Die Niederlande, die in allen Richtungen von zahllosen Flüssen und Strömen durchzogen werden, sind seit den ältesten Zeiten die Heimat par excellence der Fähren und anderer Fahrzeuge zur Beförderung von Menschen und Tieren gewesen.

DER NACHEN (OVERHAALPONTJE).

III 59
III 61

Die einfachste Form dieser Fährschiffe ist die flache, rechteckige Fähre, die an einem oder zwei Tauen hinübergezogen wird; das sind die kleinen wohlbekannten « Overhaalpontjes » (Fährnachen), von denen man noch viele in Holland findet, z. B. in der Nähe des Haag, von Amsterdam und Utrecht.

DER PONTON.

Der Pont (Ponton). Bei den Pontons, die grösser sind, sind Vorder- und Hinterteil erhöht, um die Überfahrt zu erleichtern. Das Vorder- und das Hinterteil, die breit und flach sind, haben einen beweglichen Teil, der « Koebrug » (Kuhbrücke) genannt wird, um das Einschiffen der Wagen, der Pferde und des Rindviehes zu erleichtern. Diese beweglichen Vorbrücken oder Kuhbrücken werden durch zwei Hebel auf- und niederbewegt, die zu beiden Seiten befestigt und mit Gegengewichten versehen sind. Die Vorbrücke, die sich dagegenlehnt, erhebt sich ein wenig über die Horizontale. Nun stellt man den Hebel fest. Nach der Überfahrt über den Fluss lässt man die Vorbrücke hinunter; sie legt sich dann gegen die Zufahrtrampe. Die Schrägstellung der Vorbrücke darf nicht zu stark sein; andrerseits darf dies bewegliche Stück auch nicht zu lang sein; sonst ist es nicht mehr leicht zu handhaben.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass zu einer guten Zufahrtrampe ein bestimmtes Verhältnis zwischen der Neigung dieser Rampe, der Länge der beweglichen Vorbrücke und dem Tiefgang der Fähre bestehen muss. Im allgemeinen beträgt bei den gewöhnlichen Pontons die günstigste Neigung der Rampe ⅛.

Eine geringere Neigung bewirkt, dass die Neigung der beweglichen Vorbrücke zu gross wird; eine stärkere, die eine horizontalere Lage dieses letzteren Teiles ermöglichen würde, würde dagegen die Zufahrtrampe für den Wagenverkehr schwierig machen.

DER HALBE PONTON ODER DER PIJPER.

III 6064

Um den Ponton hinüberzubringen, kann man sich der Ruder oder einer Takelage mit Gabel bedienen. Man lenkt dann das Fährschiff durch ein Ruder. Obwohl man hierzu ein Fährschiff braucht, das an jedem Ende eine bewegliche Vorbrücke hat, benutzt man doch gewöhnlich ein Halve Pont (Halbfähre), ein Fahrzeug, das vorn wie eine « Aak » und hinten wie eine Fähre aussieht. Manchmal nennt man diese Halbfähre « Pijper ». Die Wagen fahren von hinten auf die Fähre und müssen sie auch dort verlassen. Ein um das andere Mal muss man sie also rückwärts entladen, denn das Fahrzeug kann auf der Fähre selbst nicht wenden.

Wenn die Strömung des Flusses stark genug ist, so benutzt man sie, um die Fähre an einem Seil hinübertreiben zu lassen. Natürlich braucht man dann grosse Fähren mit zwei beweglichen Klappen.

DER GIERPONT (SEILFÄHRE).

III 63

Mit der « fliegenden Fähre » (Gierpont) kann die Überfahrt auf zwei verschiedene Weisen geschehen. Man kann nämlich das Seil an einem Anker in der Flussmitte einerseits und in der Mitte und an dem oberen Teile der Fähre andrerseits befestigen. Die beiden so verankerten Enden der Fähre werden nach flussaufwärts durch besondere Seile an dem Gierseil befestigt. So kann man die Fähre gegen die Strömungsrichtung geneigt einstellen, indem man an einem der beiden Seile zieht. Die Normale der Strömung treibt dann die Fähre vorwärts, die einen Bogen um den Anker als Mittelpunkt und mit dem Seil als Radius beschreibt. Man regelt die Geschwindigkeit, indem man[S. 88] den Winkel ändert, den die Achse der Fähre mit der Stromrichtung bildet.

Um die Wirkung der Strömung auf die Fähre zu verstärken, befestigt man an der stromaufwärts gerichteten Seite, d. h. auf der Seite des Gierkabels, zwei oder vier Schwerter, von denen eins oder zwei dazu dienen, nach dem rechten und ebensoviel, um nach dem linken Ufer zu fahren.

Um den Widerstand des Kabels im Wasser zu vermindern, stützt man es durch einige kleine Boote, die man « Onderleg aakjes » (Unterleg-Aken) nennt.

Eine solche fliegende Fähre ist u. a. auf der Maas in Tätigkeit, um den Übergang von Grevenbricht-Rotem (Limburg) und Grave zu vermitteln.

DIE KABELFÄHRE.

III 62

Der « Kabelveerpont » (Kabelfähre) ist ein anderes Fahrzeug zum Übersetzen über Wasserläufe. Bei ihr fällt das Gierkabel fort, und man verfährt anders, indem man das Kabel oder eine Kette über den Fluss spannt. Die Mitte des flussaufwärts gerichteten Teils der Fähre wird an dem Kabel befestigt. Eine zu seiner Aufnahme bestimmte Rolle ist hierzu an ihm angebracht. Um über den Fluss zu kommen, stösst man die Fähre vom Ufer ab und lenkt sie in die Strömung, natürlich erst nachdem die beweglichen Vorbrücken hochgezogen sind; dann bringt man das Kabel an das Ende der Brücke, das auf der Seite liegt, zu der man übersetzen will, und führt es über eine Rolle, die zeitweilig (nur während der Überfahrt) in der Mitte der Vorbrücke befestigt ist. Die Fähre nimmt dann eine schräge Stellung zum Kabel an, und ihre Achse bildet wieder einen Winkel mit der Strömungsrichtung, wodurch die Fähre hinübergetrieben wird. Das an beiden Ufern befestigte Kabel legt sich durch sein eigenes Gewicht auf den Boden des Flusses und wird nur an der Stelle hochgezogen, an der sich die Fähre befindet.

Als solche Fähren nennen wir die für die Überfahrt von Kessenich nach Stevensweert und von Boorsheim nach Elsloo (Limburger Maas).

Man zieht aber nicht immer das Kabel über die Fähre, denn es behindert die Schiffahrt. Manchmal lässt man es am Boden des Flusses liegen und hängt die Fähre an ein Seil, das mittels einer Rolle am Kabel befestigt ist. Dies Seil, das also in der Stromrichtung gespannt ist, wird in der Mitte des oberen Teiles der Fähre befestigt. Wenn man nun mittels eines besonderen Kabels die Fähre schräg stellt, wie wir es bei der fliegenden Fähre (Gierpont) gesehen haben, so fährt sie über den Fluss, indem die Rolle über das Kabel läuft, das am Boden des Flusses liegt.

Wir finden ein Beispiel einer solchen Fähre bei der Überfahrt von Zalt-Bommel in Geldern. Die Gefahr dieser Kabel und aller quergespannten Seile im allgemeinen ist die, dass sie oft beschädigt werden, weil sie von den Ankern vorüberfahrender Schiffe erfasst werden. Im Ausland, besonders in Belgien, spannt man die Kabel zum Hinüberfahren über den Fluss, so dass die Schiffe darunter fahren können. Es ist sehr zweifelhaft, ob diese Art die Kabel anzubringen, für die schweren Fähren und bei grosser Breite des Flusses anwendbar ist, ohne dass sehr kostspielige Mittel zum Halten des Kabels zur Anwendung kommen.

In Limburg, wo die Maas sehr reissend ist, und wo das starke Gefälle des Grundes viel stärkere Strömungen hervorruft, als im Lande sonst, haben die Fähren keine Schwerter.

Bei allen diesen Fähren im allgemeinen und den « Kabelveerponten » insbesondere ist eine sehr breite Zufahrtrampe nötig. Eine Breite von 16 m in der Höhe des gewöhnlichen Niedrigwassers, die nach oben abnimmt, hat sich als erforderlich erwiesen, weil die Spannung des Kabels, die sich nach der Strömung und der Windstärke richtet, wechselt.

Je stärker die Strömung ist, um so sicherer kann man anlegen; das ermöglicht es, die Breite der Zufahrtrampe nach oben zu verringern, denn dieser obere Teil wird bei hohem Wasserstand allein benutzt.

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Es ist selbstverständlich, dass man für die Überfahrt über das Wasser nicht nur Fähren (Ponten), sondern alle Sorten Schiffe verwendet, wie « Tjalken », « Poonen » u. s. w., von denen schon gesprochen ist.

[S. 89]

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Der « Veerhengst ». Oft spricht man auch von « Hengsten », hier gebraucht um die Kraft auszudrücken, und von « Veerhengsten », die zur Klasse der « Hoogaarsen » gehören, denen sie übrigens gleichen.

Die « Hoogaarsen » werden bei den Fischereifahrzeugen beschrieben.

Zum Übersetzen von Fussgängern verwendet man meist Ruderboote und gegenwärtig auch viel « Vletten ».

Eine Bemerkung ist noch zu dem Vorstehenden zu machen:

Für die Flüsse mit Ebbe und Flut braucht man 2 Kabel, eins stromaufwärts, eins stromabwärts, um bei Ebbe und bei Flut arbeiten zu können. Die Arbeiten werden dann aber sehr schwierig, denn bei stehender Ebbe ist die Strömung gleich Null oder so schwach dass die Überfahrt nicht immer ausführbar ist. In solchen Fällen dienen die Kabel nur als Führung für die Fährschiffe. Man bringt diese mit der Hand oder mittels eines Motors hinüber, der auf ein besonderes Überfahrseil wirkt. Eine solche Einrichtung findet man auf der Berg’schen Maas, unterhalb Heusden.

Wenn bei Hochwasser die Strömung zu stark wird, so dass die Kabel zu brechen drohen, so könnte man das Fährschiff an ein Gierseil hängen, das dann den grösseren Teil der Spannung aufnehmen würde. Dies Seil muss sehr lang sein: 1) damit der Zug auf den Anker möglichst horizontal ist und 2) damit der Bogen, den die Fähre beschreibt, möglichst flach ist.


Die kleinen Binnenschiffe sind nicht weniger wichtig. Ihre Grösse nimmt in dem Masse zu, wie die Schiffahrtstrassen verbessert werden. Der Rumpf mit Überlappung macht dem glatten Rumpf Platz. Hinsichtlich der Form unterscheiden sie sich von den oben erwähnten Typen durch ihre verhältnismässig geringe Breite, sowie durch ihr sehr schräges Vorder- und Hinterteil. Wenn im allgemeinen das Verhältnis zwischen Länge und Breite von 3,5 bis 4 schwankt, so beträgt bei den uns beschäftigenden Schiffen dies Verhältnis meist 5. Sie haben natürlich alle flachen Boden; in den letzten Jahren hat man sie mit runderen Kimmungen gebaut.

DER BOK.

III 83
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Der Bok ist eins der grössten derartigen Schiffe. Man findet ihn in Friesland, im Nordosten der Provinz Utrecht unter Ankeveen und ’s Graveland, im Nordosten von Südholland nördlich vom alten Rhein. Es ist ein langes und schmales Schiff von 16 m Länge, 3,35 m Breite und 1,75 m Tiefe. Das Schiff wird nach dem Boden hin sehr schmal und hat ziemlich starken Vorder- und Hintersteven. Der Hintersteven ist gerade und geneigt; der Vordersteven ist schräger und schwach gekrümmt. Das Schiff hat ein viereckiges Vorderteil und erhält dadurch ein charakteristisches Aussehen, wie man es auch bei den anderen Typen findet.

DER SNIK.

II 240
III 85

Neben dem « Bok » trifft man in Friesland den Snik, d. h. einen « Bok » von weniger eckigem Bau mit geraderem und schräger stehendem Vorder- und Hintersteven.

In Holland findet man denselben Unterschied gegenüber dem « Bok » bei dem « Haarlemmer meer plompertje », das jedoch kleiner ist als der Friesische « Snik ».

III 86

Weder der Name « Snik » noch der Name « Bok » ist in Groningen üblich; doch gibt es dort ein ihm ähnliches Schiff. Es hat ein etwas runderes Vorder- und Hinterteil als der « Bok ». In Frage kommt die « Groninger Aardappelpraam », (Groninger Kartoffelpraam) ein Schiff, das schon erwähnt wurde. Es hat, wie die drei vorhergehenden Schiffe, Berghölzer mit schwacher Krümmung. Durch sein volles Vorder- und Hinterteil unterscheidet es sich von den « Overijsselschen Pramen ».

Wenn wir das Haarlemmermeer verlassen, indem wir über Leyden fahren, wenn wir also das Land der Dünen durchqueren, indem wir die westliche Richtung einschlagen, so stossen wir überall auf einen Schiffstyp, der zwar kleiner ist als die « Bokken », aber die gleichen Formen zeigt.

DER WESTLÄNDER.

III 81

Dieses Schiff heisst Westländer. Der stark geneigte Vordersteven ist schwach gekrümmt. Das Schiff ragt nur sehr[S. 90] wenig aus dem Wasser hervor, um unter den Brücken hindurchfahren zu können. Es kann sich der Segel bedienen, aber meist stösst man es mit einen Bootshaken vorwärts. Das Deck hat zu diesem Zweck einen Laufgang am Vorder- und am Hinterteil. Das Schiff ist bedeckt mit flachen und horizontalen Lukendeckeln. Mit Rücksicht auf die niedrige Lage der Ruderpinne haben diese Schiffe, wie die vorhergenannten eine « Stuurbak » (Öffnung im Deck), worin sich der Steuermann aufhält. Der obere Teil der Beplattung ist verstärkt und dient als Bergholz. Fehlt dieser Teil, was gewöhnlich bei den kleinen, offenen Schiffen der Fall ist, so nennt man sie ebenfalls « Bok » (nicht zu verwechseln mit dem grossen friesischen Bok, von dem oben gesprochen ist). Man verwendet sie häufig zur Beseitigung der Dünen, so dass sie im Haag wohl bekannt sind.

DIE KAAG.

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III 71

Im 17. Jahrhundert findet man nördlich von Leyden, längs des Haarlemermeers und in dem Teil von Nordholland, der nördlich der Linie Aalsmeer-Muiden liegt, ein Schiff, das damals gewöhnlich Kaag (Kage oder Kaghe) genannt wurde, und von dem WITSEN eine gute Abbildung bringt. (S. 174.) Dies Schiff unterscheidet sich von den früheren Typen durch die erheblich stärkere Erhöhung des Vorderteils und das Aneinanderrücken der oberen Borde, wodurch es einem Fischereifahrzeug, dem « Hoogaars » ähnlich wird, da es wie dieser ein breites Vorderteil hat, während das Hinterteil schmaler wird. Der Vordersteven ist gerade, aber stark geneigt. Der Mast liegt auf einem Drittel der Länge, die Takelung ist eine solche mit Gabel. Heute gibt es dies Schiff nicht mehr; man trifft aber andrerseits ein Schiff mit glattem Rumpf, das ihm ähnelt und jetzt « Snik » oder « Gondel » heisst. Es ist jedoch weniger eckig und hat einen kleinen « Spiegel » (viereckiges Hinterteil), der wie wo anders, erst später aufgetreten ist. Ohne Zweifel haben wir es hier mit der alten « Kaag » zu tun, die man auch unter den heutigen Schiffen noch trifft. Das Verhältnis der Länge zur Breite ist bei beiden Schiffen das gleiche.

Auf den Flüssen mit Ebbe und Flut von Holland findet man als kleines Schiff den « Kinderdijkschen Hoogaars », der völlig der alten « Kaag » gleicht. Dann trifft man auf den Inseln Südhollands ein Schiff mit glattem Rumpf, die « Beyerlandsche Schuitje », die eine Aak ist, weil der Boden sich bis zur äussersten Spitze des Vorderteils erhebt; es handelt sich wahrscheinlich nicht um einen sehr alten Typ. Ihre Verwandtschaft mit den vorhergehenden kann noch leicht bemerkt werden.

Dies Schiff hat 9 m Länge, 2,75 m Breite und 1,30 m Tiefe. Der Mast steht auf ¼ und ⅓ der Länge.

Die « Beyerlandsche Schuit » entspricht völlig dem Fischereifahrzeug: « Tholensche Schouw ».

DIE PRAAM VON UTRECHT.

III 88
III 87

In der Provinz Utrecht gibt es noch eine andere Art Schiffe, die obwohl sie etwas den « Westlanders » gleicht, sich von diesen doch durch ihren schmaleren und schlankeren Bau unterscheidet. Der Hintersteven, wie der Vordersteven ist gerade und stark geneigt, was diese Schiffe sehr spitz macht. Man nennt sie Utrechtsche Praam, während man sie, wenn sie völlig offen sind, Kromme Rijnaak nennt, obwohl sie nicht den flachen, vorn hochgehenden charakteristischen Boden haben. Sie entsprechen der « Vlotschuit », die von WITSEN (S. 171, Nr. 3) erwähnt wird, obwohl diese letztere im Verhältnis zur Länge breiter ist.

III 89

Man sieht die « Utrechtsche Praam » längs des « Krommen Rijn » und in der Gegend, die mehr nördlich längs des Vecht liegt. Dies Fahrzeug gleicht sehr einem « Punter », der langgestreckt ist; dieser gehört dem Norden von Overijssel an (bei Vollenhove, u. s. w.); dasselbe Schiff findet man auch in Nordholland als Groenteschuitje van Hoorn, von WITSEN (S. 171-173) Weijschuitje genannt.

DIE SCHAUWE.

Die Schouw ist ein flaches, breites und offenes Fahrzeug, das man überall antrifft. Sie ist ein sehr einfaches und sehr primitives Schiff, das man schon auf den ältesten Abbildungen sieht, sowohl in den Gegenden längs des Mittelmeeres wie in den Ländern Nordeuropas.

[S. 91]

In unserem Lande der Kanäle und Flüsse verwendet man häufig « Schouwen ». Sie sind mehr oder weniger gross gebaut und haben sich allmählich in Schiffsform entwickelt. Fast alle werden getreidelt oder mit dem Bootshaken gestossen. Die grössten sind die « Melkschouwen » (Milchprähme), die man täglich in grosser Zahl in Rotterdam sehen kann.

Der Rumpf der Schouwen wird vorn und hinten etwas schmaler, während der Boden regelmässig etwas nach oben gekrümmt ist. Das Fahrzeug ist ganz offen.

Denkt man es sich etwas höher und vorn und hinten mit einer kleinen Kajüte (Flütenverdeck) ausgestattet und den Schiffsinnenraum mit Lukendeckeln versehen, so erhält man die Schiedamsche Schouw, die besser bekannt ist unter den Namen Spoelingschuit (Barke zur Beförderung von Abfällen).

DIE TRECKSCHUTE.

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III 80

Das heutige Geschlecht wird sich schwer denken können, dass vor kaum 60 Jahren die Trekschuit bei uns noch das einzige Mittel zur Fortbewegung war. Wer würde heut noch auf den Gedanken kommen, mit der Treckschute vom Haag nach Scheveningen oder umgekehrt zu fahren, wo es heut eine Unzahl von elektrischen Bahnen gibt? Und doch hat die Treckschute in unserer wasserreichen Heimat eine wichtige Rolle gespielt, und es gibt noch heut Gegenden, wo sie gebräuchlich ist. Die eigentlichen « Trekschuiten » werden in 2 Klassen geteilt, solche mit geradem und schrägem Vordersteven und solche mit gekrümmtem Vordersteven.

Die ersteren, die fast völlig den Westlanders gleichen, wenn sie auch etwas massiver gebaut sind, findet man besonders in Südholland und Nordholland sowie im Westen von Utrecht. Die alten Gravüren zeigen uns, dass dieses Schiff sich im Laufe der Jahrhunderte sehr wenig verändert hat; die wasserdichte Kabine ist die einzige nennenswerte Änderung, die es erfahren hat.

II 78

Man trifft sie noch häufig als Pakschuiten, deren helle Farben (grün, weiss, rot) sofort die Blicke auf sich ziehen.

Die zweite Sorte dieser Schiffe, die gekrümmte Vordersteven und elegantere Formen haben, die « Barken » oder « Trekyachten », findet man häufiger im Norden unseres Landes, so in Nordholland, Groningen und Friesland. Sie haben volleres Vorder- und Hinterteil (wie die Tjalken) und erinnern mehr an unsere alten Yachten, die etwas schlank sind, und von denen sie sicherlich abstammen.

DIE YACHT.

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III 90

Die alte Yacht war eins der schönsten in Gebrauch befindlichen Schiffe. Während sie ursprünglich eine kleine Nachbildung der « Pinasse » war, baute man sie später grösser und zwar wegen der geringen Tiefe (vlotgaanswille) mit ziemlich vollen Formen. Die Ausschmückung der Kabine und des Spiegels ist besonders sorgfältig. Die Schiffe haben eine Takelung, das sogenannte « Spriettuig », und sind mit Schwertern ausgestattet. Leider sind die Spiegel nicht erhalten worden, und in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hat man Brennholz daraus gemacht. Einige Photographien prächtiger Yachten nach Zeichnungen aus der Sammlung des Herrn van Gijn, in Dordrecht, sind der Sammlung der Abbildungen beigefügt und geben ein ziemlich deutliches Bild.

DIE BAGGERAAK.

III 68

Die Baggeraak bildet eine besondere Gruppe. Wie bereits gesagt, kann man sie in 3 Klassen teilen. Zur ersten gehört die « Vlet » (Flette), die man in Südholland, westlich der Betuwe, im Westen von Nordbrabant (Biesbosch und Donge) sowie in Zeeland, kurz auf unseren Flüssen mit Ebbe und Flut antrifft. Die Flette oder Baggeraak (auch « Sliedrechtsche Aak » genannt) ist ein kleines, festes Schiff, das ausser einer kleinen Vorderkajüte ganz offen ist. Die Takelung besteht aus dem sogenannten « Spriettuig »; sie hat Schwerter und abnehmbare Setzborde wie die meisten « Baggeraakjes », um das Ablaufenlassen der Handbagger zu erleichtern. Man stellt diese Setzborde erst auf, wenn die Barke teilweise beladen ist, d. h. wenn sie schon merklich eintaucht. Der Mast liegt auf ⅕ und ¼ der Länge. Das Verhältnis der Länge zur Breite ist 4 : 1. Die Beplankung geht bis in die äusserste[S. 92] Spitze des Vorderteils, gegen die ein falscher Steven gebaut ist. In Zeeland verwendet man hierzu viele « Hoogaarsen » und in Brabant und Holland « Boeieraakjes » wie im Biesbosch und auf dem Amer und der Donge. Man verwendet sie noch viel auf der Maas, obwohl man dort, wie auf den Oberläufen anderer Flüsse ehemals die « Bovenlandschen Baggeraakjes. » benutzte.

III 70

Zu den « Bovenlandschen Baggeraakjes » gehören:

Die der Maas, die die Mitte halten zwischen dem « Keen » und den « Whalemajol ». Sie besitzen eine kleine Takelung, mit Spriet (« Spruittuig ») und ein « Klaphekken » (besondere Art Steuerruder). Die grössten, besonders bekannt unter dem Namen « Hedelsche Aken », die Schwerter haben, werden zu allen möglichen Zwecken verwandt. Diese Maasschiffe gehören weder zu den wirklichen Maastypen noch zu den Rheintypen von oberhalb Bonn (Keen, u. s. w.). Sie bilden eine Gruppe für sich, die sich wahrscheinlich aus den beiden oben genannten Klassen entwickelt hat.

III 73
III 72

Vom Rhein ist uns nur die Vreeswijksche Zandschuit geblieben (Sandbarke von Vreeswijk), die ein Vorderteil wie eine « Dorstensche Aak » hat, während das Hinterteil dem der « Dortsche Zandschuit » (Sandbarke von Dordrecht) gleicht. Diese Dortsche Zandschuit hat gleiches Vorder- und Hinterteil und einen glatten Rumpf. Obgleich dies Schiff spitzer ist, ähnelt es etwas dem « Westerling », der als ein sehr altes Schiff von der oberen Schelde bekannt ist (siehe DEHEM, S. 505). Die alte Dortsche Zandschuit wurde besonders zum Baggern von Ballast für die Seeschiffe verwendet.

Im Westen und im Rheinland verwendet man zur Beseitigung der Dünen eine grosse Zahl von « Bokken », die wir schon bei den « Westlanders » erwähnt haben.

III 87

In der Provinz Utrecht verwendet man die « Slijkpraam », die der schon genannten « Krommen Rijnaak » gleicht, während man endlich in Groningen noch die « Vlotpraam » oder « Slijkpraam » antrifft.

II 246

Von einem gewissen Standpunkt aus müssten die oben erwähnten Hoogeveensche Pramen, die in den Torfmooren Verwendung finden, zu dieser Gruppe gerechnet werden.

DIE BAGGER- ODER MODDERMOLEN.

II 274
II 277

Die alte Moddermolen (die Schlammmühle) oder das Moddermolenschip findet man schon in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts; es ist der Vorläufer der Baggermolen (Eimerbagger). Während der Bagger ursprünglich von Menschenhänden getrieben wird, verwendet man im 17. Jahrhundert hierzu Pferde. (LE COMTE, S. 6, und WITSEN.) Ein Laufplatz für das Pferd und ein Stall sind auf Deck erbaut. Im 18. Jahrhundert, sagt LE COMTE, ist das alte Moddermolenschip schon so verbessert, dass man sich dieser Zeit schon einbildet, es wäre nichts mehr daran zu vervollkommnen.

Die Schiffahrt erfordert indessen immer grössere Tiefen, und so erbauen die Brüder Kater, Baggerbauer in Monnikendam, im Jahre 1829 ein Schiff, das bis zur Tiefe von 7 m baggert; entsprechend der Tiefe und der Menge des Baggergutes braucht man 3-6 Pferde.

Die genannten Baggerbauer, sagt LE COMTE, sind die Erfinder der « Klepschouwen », für die sie am 1. Mai 1830 um Genehmigung nachsuchen. LE COMTE gibt uns eine Abbildung von diesen Baggern auf Tafel 12 seines Werkes.

In der Zeitschrift Eigen Haard (1906) erzählt uns J. C. KERKMEIJER, in einem Artikel betitelt « De Diep- of Baggermolen, een merkwaardige Ontdekking », dass er das älteste Modell eines Baggers wieder aufgefunden hat, der vom Erfinder im Jahre 1632 erbaut worden ist; dies Modell wird erwähnt von C. A. ABBING in seiner Fortsetzung zur Chronik von Hoorn von VELIUS (1841, S. 12); dort heisst es:

« Zu dieser Zeit (1632) hat Jan Jantz Nieng, Bürgermeister und Einwohner dieser Stadt (Hoorn), die Diepmolen erfunden. Das erste von ihm hergestellte Modell hat 2 Fuss 6½ Zoll Länge, 9 Zoll Breite und 6½ Zoll Höhe (Fuss von Hoorn), das Ganze ausserhalb gemessen. » Dieses Modell fand sich noch vor einigen Jahren auf der städtischen Werft. Das von Herrn Kerkmeijer aufgefundene Modell wurde sorgfältig von ihm wieder hergestellt und wird gegenwärtig im Rathaus der Stadt Hoorn aufbewahrt.

Dank seiner freundlichen Hilfe können wir noch einige Einzelheiten über die Moddermolen von Middelbourg mitteilen[S. 93] (genannt Dieplust), die er von dem Schiffswerftleiter Koole in Middelbourg erhalten hat.

Der Dieplust-Bagger schöpfte den Schlamm in einen rinnenartigen Trog, der gerade Seitenteile von geringer Höhe hatte. Dieser Schlammtrog war am unteren Teil mit Eisen beschlagen. Wenn man das Schiff mit Hilfe eines verankerten Kabels verschob, so schöpfte dieser Trog den Schlamm aus grösstmöglicher Tiefe. Die Leiter des Baggers war in diesem Trog aufgehängt, und auf der Kette ohne Ende waren Schaufeln befestigt, die etwa die gleiche Grösse hatten wie der Schlammtrog. Wenn sie sich um die achteckige oder sechseckige untere Trommel (Turas) drehten, so tauchten sie in den Schlamm und zogen einen Teil durch eine Öffnung nach dem oberen Teil.

Es ist damals noch nicht die Rede von Eimern oder Kübeln, um das Baggergut zu heben. Die Eimerbagger tauchten erst mit den Dampfbaggern auf.

Der rinnenartige Trog mit der Schaufelleiter konnte mittels eines Bratspills gesenkt oder gehoben werden; er ging durch eine Öffnung, die nicht mit der Achse des Fahrzeugs zusammenfiel. In dem breiteren Teil befand sich die Welle, von der aus durch Zahngetriebe die von den Pferden erzeugte Bewegung auf die Schaufelleiter übertragen wurde. Das Triebwerk war aus Holz, dem ähnlich, das in den alten Windmühlen zur Anwendung kam. Auf dem Deck war ein Laufplatz sowie ein Stall für die Pferde eingerichtet.

Das Genter Journal Het Volksbelang gibt diesen Artikel von Eigen Haard in seiner Nummer vom 9. Juni 1906 wieder. Man äussert dort indessen Zweifel, dass die Erfindung aus dem Jahre 1632 stammen soll, weil man folgende Anmerkung in dem « Resolutie Boek van de Staten van Vlaanderen » von 1628-1630, Bl. 16, findet. (Archive des Staaten in Gent, No. 553.)

« Actum den XXII. May 1628 wierd den Ingeniaris Adam Clippens, ghemaackt hebbende den slijekmeulen, gelicentiert en de gheordonneert hem te geven ordonnantie van betalijnghe den dach van merghen mitsghaders hondert guldenen voor eene verreeringhe zoo ghedaen is geweest »[28].

Aus dieser Anführung würde hervorgehen, dass in Flandern ein mechanischer Bagger im Jahre 1628 betriebsfertig war; entweder gibt, so sagt man, ABBING ein falsches Datum an; oder die gleiche Maschine ist an zwei verschiedenen Orten erfunden worden, zur gleichen Zeit. Die Frage ist noch nicht gelöst, aber wie dem auch sei, man muss zugeben, dass der erste mechanische Bagger im 17. Jahrhundert im Betrieb gewesen ist.

DER TJOTTER.

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Die Vergnügungsfahrzeuge oder Yachten sind so oft beschrieben worden, und man verwendet hierzu so viele verschiedene Typen, dass wir sie hier stillschweigend übergehen können. Es ist nur auf ein friesisches Schiff aufmerksam zu machen, den Tjotter, den man oft antrifft, und der in ganz Friesland verbreitet ist, ebenso wie das « Friesch Bootje ». Der Tjotter ist ein volles, kurzes und breites Schiff mit eleganten Linien von grosser Stabilität auf dem Wasser. Es ist stark gekrümmt, hat eine Takelung mit Besanmast (Bazaantuig) und ist im allgemeinen sehr gut gearbeitet.

DER LAADBAK.

III 7476

Der « Laadbak » und die « Zolderschuit » sind so bekannt, dass wir nur auf die Zeichnungen verweisen möchten, während noch auf ein sehr nützliches Schiff aufmerksam zu machen ist, das zu allen Zeiten viel verwendet wurde. Es ist dies der « Onderlegger », dessen Bild WITSEN bringt (S. 176); er erzählt bei dieser Gelegenheit, dass er dazu diente, die Schiffe behufs Ausbesserung auf die Seite zu legen, Pfähle aus dem Boden zu reissen, Masten zu befestigen, u. s. w. Diese Schiffe haben 60 Fuss Länge, 16 Fuss Breite und 6½ Fuss Tiefe und besitzen 2 vertikale Gangspille.

DIE OBERLÄNDER.

Die Schiffe, die die oberen Flussläufe besuchten, heissen « Bovenlanders » (Oberländer). Sie unterscheiden sich völlig von den Typen, die uns bisher begegnet sind. Sie sind alle lang und schmal, haben geringen Tiefgang und flachen Boden. Im allgemeinen[S. 94] kann man sagen, dass die « Bovenlanders » ungefähr da beginnen, wo die Flüsse mit Ebbe und Flut aufhören. Sie sind schon in den ältesten Zeiten vorhanden, obgleich sie nur sehr selten auf den alten Abbildungen vorkommen. Man spricht wenig von ihnen, wahrscheinlich weil man der Meinung war, dass sie keiner Beschreibung wert sind oder vielleicht auch, weil man sie nicht genügend kennt. WITSEN erwähnt nur die folgenden (S. 170-171); er sagt hiervon wörtlich:

A) Die Overlanders (Oberländer), die vom Oberrhein kommen, sind hohe, schwere und wenig durchgearbeitete Fahrzeuge. Ganze Haushalte bewohnen sie.

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B) Die Samoreuzen. Ausserordentlich lange und flache Schiffe, die den Rhein mit Holz hinabfahren. Sie haben einen hohen, aus zwei Teilen bestehenden Mast, der durch Taue an den Enden und den Seitenteilen des Schiffs festgemacht ist.

C) Die Aeken, die den Wein von Cöln bringen, sind lang, hoch und sehr bauchig. Sie haben ein sehr breites Steuerruder.

D) Die Dorstschen Koolhaelders sind lange, nicht bedeckte Schiffe mit flachem Boden, um die Untiefen der Flüsse überfahren zu können. Sie haben eine viereckige Kabine in der Mitte, in der die Schiffer wohnen. Sie sind eckig; das Steuerruder ist gross und breit; das Segel viereckig; man hisst es nahe an der Kabine an einem kurzen Mast mit einer gebogenen Raae.

VAN YK spricht von Geldernschen Samoreuzen (S. 348), LE COMTE von « Samoreus » oder « Keulenaer » (S. 44), was man noch auf der Abbildung von GROENEWEGEN (Serie F, No. 3) sieht.

Die « Overlanders » sind die « Bovenlanders », und die « Samoreuzen » sind die Schiffe, die von flussaufwärts von Cöln kommen, während die Aeken wahrscheinlich die grossen « Keenaken » sind. Endlich müssen die « Dorstschen Koolhaelders » die « Dortschen Aken » sein. Weder die Abbildung noch die Beschreibungen geben einen genauen Begriff. Die Type haben sich jedoch auf dem Rhein sehr gut erhalten bis zur Einführung des Eisens; die Schiffsrümpfe mit übereinandergreifenden Planken sind sogar unberührt geblieben, woraus wir noch jetzt entnehmen können, was die Schiffe früher waren und woher sie stammten.

DER RHEIN.

Wie bei der allgemeinen Einteilung gesagt ist, können die Rheinschiffe in zwei Gruppen geteilt werden: a) die vom Rhein, unterhalb etwa von Bonn: b) die vom Rhein, oberhalb Bonns, sowie von den Nebenflüssen, ausgenommen den Neckar, wo ein Schiff vorkommt, das zur Gruppe a gehört.

Die Gruppe a umfasst:

Die Dorstensche Aak, so genannt nach der Stadt Dorsten, wo diese Schiffe häufig gebaut werden. Es ist eine lange und schmale Aak. Der Boden läuft bis in die Nase; die Länge ist das 6 bis 7 fache der Breite, und das Schiff hat Beplankung mit Überlappung. Das Vorderteil ist voll, das Hinterteil läuft in der Höhe der Wasserlinie spitz zu. Das Hinterdeck ist erhöht und unterbrochen; die Ruderpinne ist stark gekrümmt und ruht auf einem festen Stützholz (Luierwagen). Das Steuerruder ist gross und schwer. Das Schiff hat zwei Masten. Auf den kleineren Schiffen liegt die Kabine am hinteren Mast. Auf den grösseren Aken bleibt ein Raum zwischen der Kabine und dem Mast. Hinter dem grossen Mast befindet sich ein Verschlag und im Vorderteil eine Kabine für die Bedienung. Der Rumpf ist durch flache und schräge Lukendeckel verdeckt. Früher waren sie rund.

Die « Dorstensche Aak » mit runden Luken heisst « Samoreus » Neben dieser hat es Aken mit verdecktem Schiffsraum gegeben. Das sind die « Dorstsche Koolhaelders ». Obwohl sie nicht bauchiger sind als die anderen « Aken », so sehen sie, wie alle mit überlappender Beplankung gebauten Schiffe, voller aus. Gewöhnlich führen sie Segel mit Raaen am grossen Mast und Besansegel am kleinen. Im allgemeinen kamen diese Schiffe unvollendet zu uns, und erst nachdem die Ladung (Koch- und anderes Geschirr) verkauft war, stellte man sie in unserem Lande fertig.

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Die « Neckaraak » (Aak des Neckars) ist eine kleine « Dorstensche Aak », deren Länge etwa das 6½ fache der Breite beträgt. Sie ist also lang und schmal und fuhr gut. Diese Aken haben eine eigenartige Kabine, die im Verhältnis zur Höhe des Schiffs[S. 95] stark über das Deck emporragt. Sie haben einen grossen Mast und einen kleinen am Steuerruder. Dies ist ähnlich dem der « Dorstenschen Aak »; die Schiffe haben aber nicht, wie diese letzteren, Schwerter.

DAS STEVENSCHIFF.

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Das Stevenschip gleicht der « Dorstenschen Aak ». Es hat übereinandergreifende Planken wie diese letztere, besitzt dieselbe Takelung und ist ebenso gebaut. Es unterscheidet sich von ihr nur dadurch, dass die Beplankung nicht in der Nase oder Spitze des Vorderteils endet, sondern in einem starken, etwas gekrümmten Vordersteven zusammenläuft. Wir stossen auf die vorgenannten Type auch in unserer Heimat, sowohl auf solche mit überlappender Beplankung wie auf solche mit glatter Beplankung. Man nennt sie dann « Hollandsche Aak » und « Stevenschip », während man früher neben diesen noch eine grosse Zahl kleinerer Aken antraf, am Rhein, auf dem Waal, auf dem Lek, an der IJssel und ihren Nebenflüssen. Diese « Aken » sind genaue Nachbildungen der grossen Aken, haben aber elegantere Linien wegen ihrer geringeren Länge. Die in der Sammlung der Tafeln befindlichen sind nach einigen alten Mustern hergestellt, die wahrscheinlich aus dem 18. Jahrhundert stammen:

III 100

Die Nase der « Hollandschen Aak » ist etwas flacher als die der « Dorstenschen Aak ». Die « Bovenlanders » haben allmählich (ebenfalls) vollere Formen angenommen, was sich schon erkennen lässt, wenn man die Zeichnung einer « Dorstenschen Aak » mit der einer « Samoreus » vergleicht. Manche kleine holländische Aken haben einen falschen, unterbrochenen Vordersteven, daher ihr Name « Hollandsche Schlechtaak ». Einige dieser « Aakjes » findet man auch an der Merwede und der Yssel.

DER TURFIJKER UND DER HAGENAAR.

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In der Gegend östlich der Linie Leyden-Delft, nördlich von Rotterdam, südlich des alten Rheins und westlich von Utrecht gibt es einen sehr sonderbaren Schiffstyp, mit kleinen Abmessungen, Beplankung mit Überlappung und nach deutscher Art gebaut; das ist der Turfijker, von dem heut wahrscheinlich kein Exemplar mehr vorhanden ist, während derselbe Typ sich im « Hagenaar » wiederfindet.

III 99

Der Haagenaar ist flach und ohne Wölbung und ragt nur sehr wenig, mit Rücksicht auf die geringe freie Höhe der Brücken im Haag, aus dem Wasser heraus, daher sein Namen « Hagenaar » (Schiff vom Haag). Wir finden hier also, im « Herzen Hollands », einen Bovenlandertyp.

Es ist sonderbar, dass dieselben grossen holländischen Aken (Typen von Dorsten) auch im Nordwesten von Noordbrabant (Langstraat) vorkommen, wo man sie noch baut, während man auf der Maas und dem Waal diesen Typ nicht baut.

Die zweite Gruppe, die oberhalb von Bonn zu finden ist, unterscheidet sich etwas von der ersteren durch das charakteristische lange Steuerruder, das an dem durch das Hinterteil gehenden Stützpfosten befestigt ist. Vom Ende des Steuerruders und oberhalb dieser Stütze geht ein starkes Holzstück ab, das fest mit der Ruderpinne verbunden ist. Man nennt dies Steuer das « Klaphekken ». Alle zu dieser Gruppe gehörigen Schiffe sind hiermit ausgerüstet. Diese Schiffe sind übrigens flacher als die der ersten Gruppe. Sie haben eine Beplankung mit Überlappung, obwohl man heut auch schon viele mit glatter Beplankung trifft.

DER KEEN.

III 105
III 106

Der Keen kann als Grundtyp dieser Gruppe angesehen werden.

Früher war er wie eine « Dorstenschen Aak » getakelt; jetzt hat er wie alle Schiffe eine Takelung am Besanmast. Der Boden hebt sich bis zur Nase sowohl vorn wie hinten. Der « Keen » ist also eine « Aak ». Die Beplankung läuft am Boden zusammen, d. h. die Planken stossen dort etwa in einer geraden Linie aneinander. Das Hinterteil hat meistens ein unterbrochenes Deck.

DIE KEENAAK.

III 107

Die Keenaak ist im Verhältnis zur Länge breit und hat im allgemeinen stärkere Abmessungen; sie ragt mehr aus dem Wasser heraus, hat vollere Enden und die Beplankung endet in nur einer Spitze, der Nase.

[S. 96]

DIE LAHNAAK UND DER SLOF.

III 108

Der völlig offene Keen heisst « Lahnaak », deren Grössenverhältnisse in letzter Zeit gewachsen sind. Die « Lahnaak » hat dann fast vertikale Wände, ein stumpfes Vorder- und Hinterteil und glatte Beplankung. Sie führt den Namen « Slof ».

III 109

Eine Eigentümlichkeit der « Sloffen » ist, dass sie am Vorderteile stets mit einer schmalen Kabine ausgestattet sind, die wenig über das Schiff hervorragt. In den letzten Jahren hat man die « Sloffen » sogar mit Lukendeckeln versehen und nennt sie dann einfach « Aak ». Die Schiffer nennen die « Slof » manchmal auch « Mulmsche Aak ». (Aak von Mühlheim.)

III 110

Zur ersten Gruppe ist noch ein sehr festes Schiff zu rechnen, das erst aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammt. Es ist der « Bunder ». Dies Schiff hat die Form einer « Dorstenschen Aak », hat glatte Beplankung und ist mit Deckplatten versehen.

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Endlich ist für unsere Heimat noch die « ’S Gravenmoersche Aak » zu erwähnen, die in ’S Gravenmoer im 19. Jahrhundert aufgetreten ist; sie kam vom Oberrhein, um im Biesbosch verwendet zu werden. Obwohl sie ursprünglich mit « Klaphekken » (besonderem Steuerruder), versehen waren, hat man mehrere davon abgesägt, entweder weil sie zu lang oder weil sie nicht fest genug waren; danach hat man sie mit einem gewöhnlichen Steuerruder versehen. Sie gleichen der « Lahnaak » und werden besonders zur Beförderung von Heu verwendet. Die Einführung des Eisens wird diese Schiffe wie so viele andere verschwinden lassen.

Um Verwirrungen zu vermeiden, ist darauf hinzuweisen, dass manche holländische « Aken » später mit falschen Vordersteven ausgestattet worden sind, wodurch sie den Eindruck eines « Stevenschips » erweckten, was sie natürlich nicht waren.

DIE MAAS.

Die Schiffe, welche die obere Maas und ihre Nebenflüsse besuchen und die ebenfalls lang, schmal und flachgehend sind, sehen ganz anders aus. Erstens unterscheidet sich das Steuerruder völlig von den früheren Typen. Allerdings wird das lange, an einem Stützpfosten befestigte Steuerruder beibehalten; aber das gebogene Holzstück ist durch eine Welle ersetzt worden, die vom Ende des Steuerruders ausgeht, nach dem Stützpfosten läuft und über die Ruderpinne hinausragt. Nachdem sie mittels einer Kette an dem Stützpfosten befestigt ist, spannt man ein Seil zwischen Ruderpinne und Welle, so dass man ein sehr festes Gefüge erhält. Die Welle besteht aus 2 gleichen Stücken. Der Stützpfosten geht auch durch das Hinterteil; dies geht aber nicht schwach und regelmässig nach hinten in die Höhe, sondern biegt sich stark nach innen um.

DER WHALEMAJOL.

Das Vorderteil hatte ursprünglich nicht diese Form; aber in den letzten Jahren hat man diesen Schiffen vollere Formen gegeben, und das Vorderteil hat ebenfalls eine gekrümmte Gestalt erhalten, um die Länge des Schiffes zu vermindern und die Ladefähigkeit zu erhöhen. Der älteste Typ ist der « Whalemajol » (auch Mijole). Das Vorder- und das Hinterteil enden spitz, die Hauptrippe ist ein Trapez mit drei übereinander greifenden Borden; unterhalb derselben ist der Rumpf glatt.

II 208
III 111

Die « Herna », welche eben so gross ist wie das vorbeschriebene Schiff, hat ein breites Vorder- und Hinterteil und endet in einem horizontalen Holzstück. Die Hauptrippe, die früher ebenfalls trapezförmig war, ist jetzt ein Rechteck, ganz wie bei den rheinischen « Sloffen ».

Der Spitsbek ist eine kleine « Herna » (Altes Muster), ganz offen. Man trifft solche aller Grössen und nennt sie « Spitsbek » (Spitzschnäbel) wegen ihrer spitzen Form.

Augenblicklich scheint man die « Klaphekken » vorzuziehen.

Das alte Steuerruder der « Whalemajols » ist allmählich durch diese ersetzt worden. Ein « Whalemajol » mit Klaphekken heisst « Whalepont » oder « Maaspont ».

Diese Schiffe findet man auch auf dem südlichen Teil der limburgischen Maas. Weiter flussabwärts sieht man jedoch mehr die « Hedelschen Aken », die ein Mittelding zwischen einem « Keen » und einem « Majol » sind. Sie haben « Klaphekken » und gegenwärtig manchmal auch ein gewöhnliches Steuerruder.

[25] Das Schiff soll eine Länge von 56 Fuss und eine solche Breite an den Schwertern haben, dass es die Schleuse des Leydener Dammes durchfahren kann, d. h. 11 Fuss 1 Zoll höchstens.

[26] Siehe Gedenkboek van Koninklijk Instituut van Ingenieurs, S. 51. VAN DER VEGT, J., De Binnenscheepvaart in Zuid-Holland.

[27] Im Jahre 1885 haben die Staaten von Holland die Verbesserung der Schiffahrtsstrasse zwischen Rhein und Schie unternommen. Da wo bis 1648 die Gegnerschaft der Städte nur eine Beförderung oberhalb des Dammes und später eine Schleuse von 3,80 m Breite und 2,20 m Wassertiefe zuliess, haben sie diese Schleuse von 7 m Breite mit beweglichen Brücken erbauen lassen.

[28] Durch Verfügung vom 22. Mai 1628 befiehlt man, morgen dem Ingenieur Adam Clippens, der die Schlammmühle erbaut hat, eine Summe von 100 Gulden für die Submission zuzustellen, die er vorgelegt hat.

[S. 97]

 

Kopfstück Kapitel 5

FISCHEREIFAHRZEUGE.

III 3
III 6

SEIT den ältesten Zeiten hat sich der Mensch mit dem Fischfang beschäftigt, allerdings in ziemlich einfachen Formen. Man wird also auch von den ältesten Zeiten ab Fischereifahrzeuge finden. Da der Mensch überdies zuerst an seinen eigenen Unterhalt denkt, bevor er darauf verfällt, Handel zu treiben, so werden die Fischereifahrzeuge älter sein als die Handelsschiffe, und es ist ein ganz natürlicher Schluss, dass die letzteren aus den ersteren entstanden sind. So ist das « Koggeschip » nichts anderes als eine Umbildung der späteren sog. « Egmonder Pink » oder besser einer « Pink » von grossen Abmessungen.

Da man anfangs die Fische nur für die örtlichen Bedürfnisse fängt, so ist es klar, dass die Fischereifahrzeuge nur klein sein werden. Man unternimmt keine weiten Fahrten, da die Konservierung des Fisches überdies zu jener Zeit nicht möglich ist; einige alte Schriftsteller behaupten sogar, dass erst im 12. Jahrhundert der Heringsfischfang in Zierikzee beginnt. (i. J. 1163 nach WITSEN, S. 431).

Man könnte also sagen, dass die Anfänge unserer Seefischerei in jene Zeit fallen. Die grosse Umwälzung erfolgt im Jahre 1384, als Willem Beukelszon von Biervliet das Heringseinsalzen erfindet (Haringkaken). Diese Erfindung wirbelt soviel Staub auf, dass 100 Jahre nach dem Tode von Willem Beukelszon der Kaiser Karl V. sein Grab in Biervliet besucht (1556).

Von diesem Augenblick an werden die weiten Fahrten möglich, weil der Hering konserviert werden kann. Im Jahre 1416 verfertigt man in Hoorn das erste grosse Heringsnetz, und in Zierikzee, dem Mittelpunkt der Heringsfischerei, tauchen die Schiffe mit glatter Beplankung auf. Sicherlich besteht eine Beziehung zwischen diesen verschiedenen Ereignissen. Das Einsalzen des Herings gibt dem Fischfang einen solchen Aufschwung, dass daraus ein neuer Handel entsteht, der selbst wiederum immer mehr Ansprüche nach einem vervollkommneten Material hervorruft.

DIE EGMONDER PINK.

II 243
III 112

Die alte Egmonder Pink mit Planken, die übereinander greifen, ehemals das grösste Fischereifahrzeug (Länge 35 Fuss, Breite 12 Fuss, Tiefe 4 Fuss) wird zu klein, besonders als man anfängt, immer grössere und schwerere Heringsnetze zu verwenden.

DIE BÜSE.

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III 113

Ein neues Schiff wird nötig; man baut es grösser und mit glattem Rumpf und erhält so die Buis (Heringbüse). Länge 52 Fuss, Breite 13 Fuss, Tiefe 8 Fuss. Dieses Schiff hat eine grössere Tragfähigkeit als die « Pink ». (WITSEN S. 167).

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Seit dem Ende des 15. Jahrhunderts zählt man in Enkhuizen schon 400 bis 500 « Haringbuizen » und man findet damals vierzig sog. « Grotschippers » (Grosse Fischerboote), die 20 bis 120 Last laden können. (KOENEN S. 78). I. J. 1590 fahren 350 Buizen (Büsen) auf den Heringsfischfang, während am Anfang des 17. Jahrhunderts 3000 holländische Buizen den Fischfang in der Nordsee besorgen (1609); im Jahre 1601 beträgt ihre Zahl noch nicht 1500 (GROEN VAN PRINSTERER, Handb., § 100; KOENEN S. 156). Diese 3000 Schiffe, sagt Koenen, haben 50000 Mann Besatzung, während diese Flotte 9000 grössere Fahrzeuge und 150.000 Mann zu Wasser und zu Lande erfordert, um die Fische zu verpacken und zu befördern. Man rechnet, dass 20 « Haringbuizen » (Heringsbüsen) 8000 Personen beschäftigen.

Am Anfang des 17. Jahrhunderts durchfährt eine Flotte von 1500 Büsen hin und zurück dreimal die Durchfahrt von Texel. Es ist also nicht zu verwundern, dass die Abfahrt der Fischereiflotte[S. 98] ein sehr wichtiges Ereignis ist. Noch heutzutage spricht man von dem wohlbekannten « Buisjesdag » (Tag der Büsen).

Als zur Zeit des zweiten Krieges mit England der Heringsfang auf der Nordsee unterbrochen ist, und die Fischer auf der Zuiderzee arbeiten, gelingt es einigen von ihnen noch, im Laufe eines Monats 800 Last (1600 t) Heringe zu fangen, aus denen 15.620 Gulden gelöst werden. Eine grosse Zahl von Verordnungen betreffend den Fischfang erscheinen (1611, 12, 20, auch 29).

So liest man:

« Niemand vermag zijn roor en klaer houden zoodat daer metten aen zoude kunnen hechten » (Niemand darf sein Steuerruder so halten, dass er an den Netzen hängen bleibt). Anderswo heisst es: « Die niet en vischt vermag niet onder de visschers te drijven ». (Wer nicht fischt, darf nicht mit den Fischern fahren), während gleichzeitig bestimmt wird, dass jeder seine Netze mit seinem Namen zu versehen hat, um sie kenntlich zu machen.

Die Stärke der Mannschaft und der Bestückung ist ebenfalls Gegenstand von Bestimmungen, was zu jener Kriegeszeit wohl nötig ist.

II 196

Ein « Noortsvaerder » von 70-80 Last und eine Büse von mehr als 24 Last sollen wenigstens 2 « Gotelingen » (kleine Kanonen) führen. Diese Stücke findet man noch oft auf alten Stichen. An Tapferkeit fehlt es den Fischern übrigens nicht. DE JONGE (Bd. I S. 182) gibt davon ein Beispiel, in dem er den Zusammenstoss eines Engländers mit einem Fischer aus Vlieland zwischen dem Skagerrack und der Doggersbank erzählt:

« Kaum sind sie einander näher gekommen, als die Engländer in Ermangelung andrer Waffen beginnen, mit grossen Steinen zu werfen. Die Holländer erwidern, indem sie mit Brennholz werfen. Dieser wenig mörderische Kampf langweilt die mutigen Holländer. Sie entern das feindliche Fahrzeug, springen mit dem Messer im Munde hinauf, unter Führung ihres mutigen Steuermannes Jonge Rees, treiben die Engländer in das Innere, vernageln es und kehren mit dem kleinen Fahrzeug triumphierend nach Amsterdam zurück, wo der tapfere Führer eine goldene Medaille erhält und die ganze Mannschaft das erbeutete Schiff und andere Belohnungen empfängt ».

Ausgangs des 18. Jahrhunderts und am Anfang des 19. Jahrhunderts ist unsere Fischereiflotte stark gefährdet. Die Mitte des 19. Jahrhunderts bringt kaum Besserung. Während man i. J. 1843 noch 128 Fischereifahrzeuge zählt, fällt diese Zahl i. J. 1852 schon auf 93 (KOENEN S. 156). Glücklicherweise macht sich am Ende des 19. Jahrhunderts ein Aufschwung bemerkbar, und i. J. 1905 zählt unsere Flotte wieder 724 Schiffe. Die Erneuerung beginnt i. J. 1891, wie sich dies aus der nachstehenden Übersicht erkennen lässt. Die grosse Verbesserung der Verkehrsmittel vermehrte die Nachfrage nach Fischen als Volksnahrungsmittel; (s. z. B. die Antrittsrede des Professors E. Vosnack in Delft; Nieuwe Rotterdamsche Courant, 11. Oktober 1906, 1. Blatt A.) während eine sorgfältigere Verpackung mit Eis jetzt die Beförderung der Fische auf grössere Entfernungen gestattet.

Deshalb hat man hier mit neuem Eifer dem Fang des Kabeljaus und des Schellfisches obgelegen (A. HOOGENDIJK, De Grootvischerij 1895, S. 47), und das Gewerbe ist noch einträglicher geworden, als man es mit dem Heringsfang verband.

Der Fang des Herings erfordert ein mässig grosses Schiff, denn das Fahrzeug darf nicht zu stark an den Fischereigeräten ziehen. Der Winterfischfang dagegen erfordert ein festes und schnelles Schiff, denn es muss bei jedem Wetter brauchbar sein.

Daraus folgt, dass zur Verbindung beider ein neues Schiff erforderlich wird, das die abweichenden Anforderungen zu befriedigen vermag und durch das natürlich die alten Type sicher verdrängt werden. Je schneller das Fahrzeug ist, je grösser ist die Zahl der Fahrten und um so frischer ist der Fisch, den man bringt.

Andrerseits kann man mit einem schnellen Fahrzeug die fischreichen Gegenden aufsuchen, und es ist nicht zu verwundern, dass man ganz wie in England auch bei uns Dampfschiffe in Dienst stellt, nachdem die Logger, Kutter und Schaluppen vorhergegangen waren. Das erste Dampfschiff erscheint 1897, und seitdem ist die Zahl gestiegen. Die englische Fischereiflotte zählt gegenwärtig nicht weniger als 1600 Dampfschiffe für die Grossfischerei.

[S. 99]

Zusammensetzung der holländischen Fischerei-Flotte mit
Ausnahme der Bommen von 1867 bis 1905.
JAHR
BUJER
SCHA-
LUPPEN
DAMPF-
SCHIFFE
MOTOR-
FAHR-
ZEUGE
LOGGER
KUTTER
UND
LOGGER-
BOMMEN
ZUSAMMEN
BEMERKUNGEN
           
1867
85
  4
 89
Im Jahre 1867 wird der erste französische Logger eingestellt.
1868
80
 11
 91
1869
79
 28
107
1870
69
 51
120
  Curly bracket,
    pointing up          
1871
45
13
 64
122
 
1872
30
14
 64
108
 
1873
23
11
 68
102
 
1874
20
11
 83
114
 
1875
14
11
 90
115
 
1876
 6
11
 92
109
 
1877
 8
11
 94
113
 
1878
 7
11
109
127
 
1879
 4
10
114
128
 
1880
 3
 9
121
133
 
1881
 2
 9
127
138
 
1882
 2
 8
135
143
 
1883
 2
 8
144
154
 
1884
 2
 8
159
169
 
1885
 2
 8
174
184
 
1886
 1
 8
181
190
 
1887
 7
189
196
 
1888
 8
186
194
 
1889
 8
186
194
 
1890
 7
189
196
 
1891
 7
199
206
 
1892
 9
212
221
 
1893
11
213
224
 
1894
13
213
227
 
1895
17
216
233
 
1896
24
245
269
 
1897
30
 1
252
283
Im Jahre 1897 wird das erste Dampfschiff in Dienst gestellt.
1898
36
 1
258
295
1899
40
 2
269
311
1900
46
 3
275
324
1901
47
 7
 1
300
355
 
1902
52
25
 1
327
405
 
1903
58
44
 1
410
513
 
1904
58
44
 1
432
535
 
1905
48
38
 1
425
512
 
Übersicht über die verschiedenen Schiffstype während der letzten
10 Jahre sowie über die Grösse der Flotte zum Heringsfang.
JAHR
LOGGER
KUTTER
SCHALUP-
PEN
DAMPF-
SCHIFFE
MOTOR-
FAHR-
ZEUGE
LOGGER-
BOMMEN
BOMMEN
ZUSAM-
MEN
BEMERKUNGEN
1896
269
324
593
Siehe Bericht über den Seefischfang S. 149 von 1905.
1897
282
 1
325
608
1898
294
 1
320
615
1899
309
 2
303
614
1900
320
 3
 1
289
612
 
1901
346
 7
 1
 1
279
634
 
1902
377
25
 1
 2
271
676
 
1903
463
44
 1
 5
268
781
 
1904
484
44
 1
 6
239
774
 
1905
467
38
 1
 6
212
724
 

Wir wollen uns jedoch noch etwas mit der Büse beschäftigen, bevor wir die Beschreibung der modernen Type beginnen.

Die im 15. Jahrhundert entstandene Büse bleibt das Heringsfischereifahrzeug bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, wo sie vollständig verschwindet. Wenn es i. J. 1832 noch 120 Büsen gibt (Vlaardingen 78, Maassluis 18, Delfshaven 1, Zwartewaal 3, Entshuizen 5, De Rijp 5 und Amsterdam 10; siehe LE COMTE S. 46.) so werden i. J. 1867 keine mehr erwähnt. Das ist das Jahr, in dem der französische Logger in Betrieb genommen wird. Die Büse wird ausschliesslich für den Heringsfang verwendet. Wenn dieser stilliegt, wird sie abgetakelt.

Obwohl die Büsen volle Formen hatten, besassen sie einen Kiel und suchten Schutz in den verschiedenen Häfen. Diese Schiffe können nicht auf den Strand gesetzt werden. Sie hatten etwa 22 m Länge, 6 m Breite und 3 m Tiefe. Ihre Grössenverhältnisse sind ebenfalls allmählich gewachsen. (VAN YK gibt auf S. 310 7 rheinische Fuss als Tiefe an.)

Die Takelung bestand anfangs aus 3 Masten, von denen die beiden ersten niedergelegt werden konnten und ein grosses Segel hielten. Später, am Ende des 17. Jahrhunderts, ändert man die Takelung, und die Büsen erhalten solche wie die « Huker ». Die Änderungen ergeben sich deutlich aus den alten Abbildungen. Die Büse hatte eine « Statie ».

[S. 100]

DER KWEE UND DIE HUKERBÜSE.

Am Ende des 18. oder am Anfang des 19. Jahrhunderts haben die Abmessungen der Büsen zugenommen; die Statie verschwindet, und der Fischkasten tritt in Erscheinung. Diese Schiffe heissen nach HOOGENDIJK (S. 59) Kwee. Da die Büse ausdrücklich dem Heringsfang dient, so hat sie keinen Fischkasten.

Die wie ein Huker getakelte Büse heisst auch « Hoekerbuis » (Hukerbüse). Was HOOGENDIJK in seinem interessanten Buch von der Grossfischerei über den Ursprung des Hukers erzählt, ist nicht ganz genau. Nach ihm (S. 59) ist der Huker durch Fortfall der Statie aus der Hukerbüse entstanden. Nach WITSEN und VAN YK sollen die Huker schon in der ältesten Zeit vorhanden gewesen sein und lange vor dem Auftauchen der Hukerbüse.

DER HUKER.

II 228
II 229
II 234
III 114

Der Huker tritt also zuerst parallel mit der Büse auf, und seine Formen weichen nicht sehr davon ab. Andrerseits beweist die Anbringung der Hukertakelung auf der Büse, dass der Huker schon zur selben Zeit vorhanden ist wie die Büse.

Der Huker ist ein stark abgerundetes Schiff mit Fischkasten, das viel Krümmung zeigt. Der Name kann nicht von der Form herkommen, sondern eher von einem Fischereigerät, dem Hoek (eiserner Haken zum Fischfang), der zum Fangen des Kabeljaus und des Schellfisches verwendet wird; da man aber von der Büse früher spricht als von dem Huker, so muss man folgern, dass dieser später in Gebrauch gekommen ist, d. h. dass man sich später mit dem Fang des Kabeljaus im Grossen befasst hat. Man weiss nicht, wann Fischkästen in Aufnahme gekommen sind. Es ist indessen sehr wahrscheinlich, dass sie sehr alt sind, obwohl es möglich ist, dass man sie erst später bei der Grossfischerei benutzt hat.

DER HERINGSJÄGER UND DER BÜSENBEGLEITER.

II 222
II 232

Der Huker wird nicht allein als Fischerei-Fahrzeug gebraucht, sondern auch als « Haringjager » (Heringsjäger), d. h. als Schiff zum Abholen der ersten Heringe, die von der Flotte gefangen sind.

Man hat den Huker auch als Buisconvoyers (Begleitschiffe für die Heringsbüsen) verwendet. Er war dann mit mehreren Kanonen ausgerüstet, um die Büsen gegen den Feind verteidigen zu können. Verschiedene Umstände haben zum völligen Verschwinden der Büse und des Hukers beigetragen. Es sind dies die immer strengeren Anforderungen, die an diese Schiffahrt gestellt werden, die Verbindung des Heringsfanges mit dem des Kabeljaus und des Schellfisches auf ein- und demselben Schiff, die Einführung der Baumwollnetze, die weniger wiegen, so dass das Auslegen der Netze auf dem Schiffe selbst von geringerer Bedeutung ist. Alle diese Gründe führen zur Herstellung schmaler Schiffe, so dass es im Jahre 1886 nur noch einen Huker gegen 8 Schaluppen und 181 Logger gibt. Die Schaluppe ebenso wie der Logger, dem sie vorangeht, sind aus Frankreich zu uns gekommen.

DIE SCHALUPPE.

III 119

Die « Sloep » (Slup oder Schaluppe), die zunächst einen Mast mit einem grossen Segel mit Giekbaum und einen Spiegel hatte (HOOGENDIJK, S. 61), ist in Middelharnis, Zwarte Waal und Pernis in Betrieb genommen und hat daher besonders den Namen Pernissersloep (Slup von Pernis) erhalten.

Die schwere und umständliche Takelung des einzigen Mastes wird jedoch schnell durch die Loggertakelung ersetzt, während der Spiegel bei den neueren Schaluppen verschwindet, wodurch der Hauptunterschied zwischen den beiden Typen verwischt wird.

Die Schaluppe hat einen Fischkasten und wird zur Beförderung der lebenden Fische verwandt, während man sie auch zum Heringsfang benutzen kann, wenn sie einen Fockmast hat, der niedergelegt werden kann.

Mit Rücksicht besonders auf die grosse Heringsfischerei, sagt HOOGENDIJK (S. 55), fanden die neuen Schaluppentype nicht den Beifall der Bevölkerung. Ihre grosse Ladefähigkeit liess befürchten, dass sie für den Heringsfang zu schwer sein würden. Diese Ladefähigkeit erreicht 40 Last, wohingegen die Durchschnittsladefähigkeit der Heringsfänger nur 25 bis 30 Last beträgt, abgesehen von der grossen Zahl von Fahrzeugen, die nur 16 bis 20 Last tragen.

[S. 101]

Diese Furcht hat sich indessen als unbegründet erwiesen. Die schlankere Form dieses Schiffes bietet dem Winde weniger Angriffsfläche als die der alten Type und macht es demnach hinsichtlich der Schiffahrt überlegen. Heut wird niemand mehr daran denken, die alten « Büsen » und « Huker » den modernen Schiffen « Logger » und « Schaluppe » vorzuziehen.

DER LOGGER.

II 269
II 270
III 118

Der « Logger » ist gleichfalls ein Schiff von schlanker Gestalt und französischen Ursprungs. Die Bauart des Schiffes, das keinen Fischkasten hat, ergibt sich genügend aus den Zeichnungen. Die Takelung besteht aus zwei Masten. Der grosse Mast, auf ⅓ der Länge, kann niedergelegt werden. Die vorn ausgelegten Netze werden seitlich eingezogen.

DER “BOM”.

II 270
II 271
III 115

Die oben erwähnten Schiffe sind jedoch nicht die einzigen, die zum Heringsfang verwendet werden. Ein anderer, sehr merkwürdiger Typ ist noch in Gebrauch, der « Bom », der aus der « Egmonder Pink » hervorgegangen ist. Dieser « Bom », der so gebaut ist, dass er auf den Strand gesetzt werden kann, hat wie die Pink einen sehr festen Boden und eine Verkleidung mit übereinandergreifenden Planken. Die Länge beträgt das Doppelte der Breite; er hat zwei Masten (einen grossen und einen kleinen), eine Takelung des Besanmastes (Bazaantuig) und lange und schmale Schwerter (etwa ⅓ der Schiffslänge). Die Flut führt die Bommen auf den Strand, von wo sie mit Pferden auf eine Holzdielung gerollt werden, die auf dem Strande angelegt ist. Walzen (aus Holz) sind vorher unter das Schiff geschoben, nachdem es mittels Winden angehoben ist.

Die Herstellung des « Bommenhaven » (Hafen für die Bommen) in Scheveningen macht es unnötig, die Schiffe auf den Strand zu setzen; dadurch wird das Verschwinden der Bommen herbeigeführt werden, weil diese keine Daseinsberechtigung mehr haben, und weil es vorteilhafter ist, Logger zu verwenden. Der für sie gegrabene Bommenhaven wird also die Ursache ihres Verschwindens sein.

Die Herstellung dieses neuen Hafens hat übrigens schon den Bau einiger neuer Bommen mit Kiel veranlasst; man nennt sie « Loggerbom » oder « Lelybom », ein Typ, der die Mitte zwischen einem Logger und einem Bom hält. Der erste dieser Bommen ist im Jahre 1900 in Betrieb genommen, ist aber nicht oft nachgeahmt worden, weil er dem Logger kaum überlegen ist. Diese Fahrzeuge haben alle, wie der Bom, eine Verkleidung mit übereinander greifenden Planken, das Vorderteil dieses letzteren, aber das Hinterteil des Loggers. Der alte und interessante Bom wird nicht mehr gebaut und wird bald der Geschichte angehören wie die Büse und der Bujer. So wird übrigens die letzte Spur des « Koggeschips » verschwinden. Seit 1896 ist ihre Zahl schon von 324 auf 212 gesunken.

Umfang der Flotte der Bomschuten 1899–1905.
 
1899
1900
1901
1902
1903
1904
1905
Scheveningen
217
203
194
189
183
158
140
Katwijk
 67
 68
 69
 71
 74
 70
 66
Noordwijk
 15
 15
 15
 10
 10
 10
  5
Egmond
  3
Haarlem (Ymuiden)
  1
  1
  1
  1
  1
  1
Maassluis
Bericht über die
Seefischerei 1905.
Seite 149.
303
289
279
271
268
239
211

DIE GARNELENSCHUTE.

III 116
III 117

In der « Garnalenschuit » (Schute zum Fang von Krabben) sehen wir den alten « Bom » wieder, und die Ähnlichkeit mit der alten « Egmonder Pink » springt in die Augen.

DIE SCHOLLENSCHUTE ODER BESANSCHUTE.
DIE ZWARTEWAALSCHE GAFFELAAR.

II 219
II 220

Neben den « Büsen » und den « Hukern » traf man früher noch ein Fischereifahrzeug, das zur Gruppe der « Smakken » gehört. Das ist die Scholschuit (Schute zum Fang von Seezungen) auch Bazaanschuit genannt. In der Zwarten Waal haben[S. 102] sie eine Takelung mit Gaffel (Gaffeltuig), daher ihr Name Zwartewaalsche Gaffelaar.

Dieses Schiff ist kürzer als der Huker; es ist ziemlich breit, hat kräftige Rippen und gleicht sehr den « Visschersnikken » von Paesens und Wierum (nicht zu verwechseln mit dem « Binnensnik ») und den « Palingschuiten » von Heeg und Gaastmeer, die die Aale nach London brachten.

II 202

Die « Scholschuit », die man in Pernis, Middelharnis und Zwartewaal findet, wird später durch die Schaluppe verdrängt.

Der Walfischfang, der früher so in Blüte stand, ist schon im 19. Jahrhundert völlig verschwunden. Während 1756 sich noch 186 Fahrzeuge mit diesem Fang beschäftigten, geht diese Zahl im Jahre 1785 auf 66 zurück, besonders wegen der hohen Prämien, die England zahlt.

In dem Masse, wie dieses Gewerbe bei uns abnahm, blühte es in England auf. Während es hier nur 26 Walfischfänger im Jahre 1750 gab, stieg diese Zahl im Jahre 1785 schon auf 152. Man bewilligte hier Prämien von 3000 bis 8000 Fl. je nach der Grösse der Schiffe, was bewirkt, dass im Jahre 1854 bei uns nur 2 Walfischfänger in See gehen. (KOENEN, S. 164.)

Zu diesem Fang verwendete man die « Noortsvaerders » sowie die schon oben beschriebenen « Fluitschepen » (Flüten).

Die Heimat der « Büse » ist also Vlaardingen und Enkhuizen, dann findet man auch welche in Maassluis auf einem Teil der Zuiderzee.

Die Heimat des « Bom » ist Scheveningen, Katwijk und Noordwijk, d. h. längs der flachen Küste der Nordsee.

Die der Schaluppe ist Middelharnis, Zwartewaal und Pernis, während man endlich den Logger überall antrifft.

Der alte Huker war besonders in Maassluis vertreten und der « Loggerbom » oder « Leleybom » in Scheveningen.

Man würde sich eine falsche Vorstellung von der niederländischen Fischereiflotte machen, wenn man sich einbildete, dass wir nur 724 Fischereifahrzeuge besitzen. Neben den schon erwähnten Schiffen gibt es eine ausserordentlich grosse Zahl kleinerer Fahrzeuge, die ausschliesslich zum Fischfang benutzt werden. Wenn wir einen Blick in den Bericht über die niederländische Seefischerei im Jahre 1905 werfen, so sehen wir, dass in diesem Jahre (S. 342) die Flotte im ganzen 5334 Schiffe mit einer Gesamttragfähigkeit von 234766 t und einer Gesamtbesatzung von 20141 Mann umfasst. Im J. 1891 sind diese Ziffern 4427, 164259 und 15482.

Stand der niederländischen Fischereiflotte und ihrer Mannschaft.
JAHR
ZAHL
LADEFÄHIGKEIT IN m³
MANNSCHAFTEN
1905
5334
234766
20141
1904
5781
215873
21228
1903
5922
218249
21467
1902
5938
215660
21225
1901
5851
199248
20164
1900
5719
195950
19498
1899
5661
191530
19232
1898
5385
186554
18709
1897
5318
184576
18387
1896
5211
181953
17895
1895
5189
179782
17643
1894
5151
176649
17286
1893
4902
172603
16700
1892
4647
167549
16142
1891
4427
164357
15482

Ein Teil der kleinen Schiffe ist auf der Nordsee in Tätigkeit, ein kleiner Teil an den Küsten von Friesland und Groningen und der Rest auf den Küstenflüssen von Seeland und Holland sowie auf der Zuiderzee.

Unter ihnen findet man alle Namen der Fischereifahrzeuge, so dass es sehr schwer ist, darin ihren Ursprungsort zu entdecken; überdies haben sich diese Schiffe in den letzten 50 Jahren bei uns derartig vermehrt, dass das Auftreten eines bestimmten Typs an einem Orte noch keineswegs seine Herkunft aus dieser Gegend bestätigt. So findet man unter anderen augenblicklich « Schocker » und « Botter » auf der oberen Maas, wo man sie nie erbaut hat. Überdies verwendet man, seitdem die Fischerei aufblüht, als Fischereifahrzeug alle Arten von Schiffen, die ursprünglich durchaus nicht hierfür bestimmt waren. Um einen genauen Begriff von den Fischereifahrzeugen und ihrer Entwickelung zu erhalten, dürfen wir uns nur mit den hierfür erbauten Schiffen befassen.

Wie wir bei der allgemeinen Klassifikation gesagt haben, kann man sie in Hauptklassen wie folgt einteilen:

a) Schocker; b) Botter; c) Vollschiffe (Knots, Aken u. s. w.); d) Schiffe zum Heringsfang.

[S. 103]

DER SCHOCKER.

III 120

Dieses Schiff hat ein aufwärts gehendes und langes Vorderteil. Das Hinterteil ist dagegen schmal. Oberhalb der Berghölzer springt der Rumpf stark zurück. Es hat einen graden und sehr schrägen Vordersteven. An dem viereckigen, oberen Ende des Vorderstevens liegt ein Flaschenzug, der einerseits auf dem Vordersteven, andererseits auf einer Stütze (Snoves) ruht, die gut befestigt ist.

Das Fahrzeug hat einen Fischkasten und vorn ein Flütenverdeck, das als Wohnung dient. Während die Schocker früher in der Mitte offen waren, sieht man jetzt grössere, die in der Mitte geschlossen sind. Am Vorderteil hat der Schocker ein kleines Deck, genannt « Kootje ».

Der Schocker hat Schwerter und einen auf ⅘ der Länge liegenden Mast, an der Hauptrippe. Seine Länge beträgt 26,1 m, die Breite 4,48 m, der Tiefgang 0,98 m. Er hat Takelung mit Besanmast (Bazaantuig) und einem grossen Vorstagsegel, das am Bord hinter dem Mast befestigt ist, also ohne durchlaufendes Deck. Dies letztere findet man jedoch manchmal in letzter Zeit. An dem Bugsprietmast kann man einen Klüver anbringen. Während die « Schocker » früher eine Beplankung mit Überlappung hatten, sieht man heut oft welche mit glattem Rumpf. Es sind sehr alte Schiffe; die grossen Modelle stammen jedoch erst aus dem 19. Jahrhundert. Weder WITSEN noch VAN YK erwähnt sie, obwohl sie schon zu ihrer Zeit vorhanden sind, denn es finden sich Zeichnungen davon auf den Tragbahren der reformierten Kirche von Workum etwa aus dem Jahre 1600.

II 203
III 125

Der « Schocker » stammt von der Zuiderzee und zwar von den Küsten von Overijssel (Vollenhoven), von Schokland, (wahrscheinlich auch Urk) und von Enkhuizen.

Nach dem oben Gesagten würde die Insel Schokland ihren Namen von den « Schockers » haben.

Durch ihren graden und schrägstehenden Vordersteven unterscheiden sich diese Schiffe von den andern Fischereifahrzeugen, welche die Zuiderzee aufsuchen, ausgenommen von der « Haringschuit » (Heringsschute).

DIE HERINGSSCHUTE.

Diese Haringschuit (Schute zum Heringsfang) kann als ein grosser « Punter » oder als ein kleiner « Schocker » mit weniger hohem Bord betrachtet werden.

Es ist also nicht zweifelhaft, dass der alte Schocker, die « Haringschuit » und der « Punter » zur selben Familie gehören. Der Schocker unterscheidet sich nur durch sein erhöhtes und volleres Vorderteil, denn er ist für längere Fahrten auf der Zuiderzee und der Nordsee bestimmt.

DER PUNTER UND DIE GONDEL.

III 141

Dem Punter begegnet man im Norden von Overijssel als Binnenschiff. Wenn es grösser ist, so dient es als Fischereifahrzeug.

II 183
II 185
III 137

Die « Haringschuit » findet man auch längs der Küste von Geldern, während man längs der Küste von Nordholland ein kleines Schiff antrifft, das dem « Punter » gleicht; das ist die « Vischschuit van Aalsmeer », die neben dem schwereren « Snik » oder der « Gondel » (der alten Kag) fährt, wie man anderswo den festgebauten « Schocker » neben dem « Punter » findet.

Die « Gondel », ein Schiff mit Fischkasten, wird indessen als Binnenschiff verwendet, d. h. auf den Seen. Sehr selten wagt sie sich auf das Meer. Der grade Vordersteven geht indes ziemlich hoch, unter geringer Neigung.

III 130

Denselben Merkmalen begegnen wir bei der « Wierschuitje » von Wieringen, wo man auch die « Haringschuit » antrifft.

DER HOOGAARS.

II 273
III 132
III 133
III 134

In Südholland findet man denselben Typ bei der alten Kinderdijkschen Hoogaars und der « Steekschuit » vom « Biesbosch » und in Seeland bei der « Steekschuit » und dem « Hoogaars », während der « Hengst » und der « Veerhengst » ebenfalls « Hoogaars »-Arten sind, die kleine Änderungen erfahren haben. Ferner gleicht die « Tholensche Schouw » völlig der « Beyerlandschen Schuitje », die auf den Inseln von Südholland in[S. 104] Gebrauch ist. Sie zeigen beide das hohe und breite Vorderteil; sie haben keinen Vordersteven, die Beplankung endet vielmehr in der Spitze des Vorderteils. Es sind also « Aken ».

III 131

Der Hoogaars hat also einen graden und über die Horizontale schwachgeneigten Vordersteven, der viel schwächer ist als der des « Schockers ». Die Beplankung, die bisher aus übereinandergreifenden Planken bestand, ist jetzt glatt. Sein Vorderteil ist ein wenig schlanker als das des « Schockers », sein Hinterteil etwas voller. Das Vorderteil ist bedeckt, das Mittelstück des Schiffes offen, während das Hinterteil mit einer erhöhten Kajüte versehen ist. Diese Schiffe haben ein schmales Steuerruder, führen Schwerter, besitzen eine Takelung am Besanmast mit Stagsegel und « Bugspriet-Klüver ». Sie haben wie die « Schocker » und die andern schon genannten Schiffe einen flachen Boden, sind aber nicht mit einem Fischkasten ausgestattet. Die neuen « Hoogaarsen » von grosser Gestalt haben ein volleres Hinterteil nach Art der « Bujer », was in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts den Typ « Hoogaars-Boeier » (Hoogaars Bujer) hat entstehen lassen. Das Bestreben, das Hinterteil voller zu bauen, bemerkt man jetzt bei allen Fischereifahrzeugen, wodurch die charakteristischen Unterschiede zwischen den verschiedenen Typen verschwinden werden.

Der « Hoogaars » hat eine Länge von 15 m, eine Breite von 4,50 m.

Der « Hoogaars » von Arnemuide ist etwas kleiner, völlig offen und besitzt am Hinterteil eine kleine Kajüte; die Takelung hat ein Spriet (Spriettuig).

DIE STEEKSCHUTE.

III 136

Die Steekschuit, die wie ein « Hoogaars » gebaut ist, hat etwas schwerere Formen und ein weniger zurückgebogenes Vorderteil. Der Vordersteven ist am oberen Ende abgerundet.

DER HENGST.

Der « Hengst » unterscheidet sich wenig von dem « Hoogaars »; man verwendet ihn viel auf dem « Hollandschen Diep » (Willemstad).

III 139

Alle obenbeschriebenen Type haben lange und schmale Schwerter, mit Ausnahme der « Tholenschen Schouw », deren Schwerter breiter sind, ganz wie die des « Kinderdijkschen Hoogaars ». Der Fang der Austern und Miesmuscheln beschäftigt augenblicklich viele « Boeier-Aakjes » (Bujeraken).

DER BOTTER.

III 121
III 127
II 200
II 123

Abweichend von allen diesen Typen mit gradem Vordersteven gibt es augenblicklich im Westen der Zuiderzee und auf der Insel Urk Type mit gekrümmten Vordersteven. Sie führen eine grosse Anzahl von Namen infolge leichter Unterschiede, gehören aber schliesslich alle zur selben Familie, derjenigen der « Botter », deren Vorläufer die alten « Tochtschuiten » und « Kubboote » gewesen sind; mit Ausnahme des Vorderstevens gilt hier alles, was wir bezüglich der Form der Takelung der « Schocker » gesagt haben. Man sieht sie in Urk und an der Küste der Zuiderzee, längs Nordholland, im Süden von Medemblik sowie längs der Provinz Utrecht und Geldern bis nach Harderwijk. Ihre örtlichen Benennungen wechseln.

III 126
III 122

Ausser der Form des « Kubboots », findet man diesen Typ als « Vollendammer Kwacken », « Bonse » und « Plüte », sowie in Maassluis als « Platje van Maassluis ».

DER BLAZER.

III 124

Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts baut man die « Botter » grösser und voller; daraus ist des Typ Blazer entstanden, dessen gekrümmter Vordersteven sich weniger zurückbiegt, und dessen Hinterteil voller ist als das des « Botters ». Man verwendet ihn zum Fischfang in der Nordsee und begegnet ihm längs unserer Küsten. Man baut augenblicklich « Blazer », die das Hinterteil des « Bujer » haben; so haben wir einen gemischten Typ: den « Blazer-Boeier » (Blazerbujer).

Infolge seiner grossen Stabilität wird dies Schiff bald die « Schocker » und « Botter » ersetzen.

[S. 105]

DIE LEMMERAAK.

III 128

Bei der Fischerei in der Zuiderzee verwendet man mehr und mehr « Aken ». Sie kommen aus Friesland, wo sie den Namen « Lemmeraak » oder « Lemmerjacht » führen.

Es sind ziemlich kurze, feste und runde Schiffe, wohl geeignet zur Fahrt in flachem Wasser.

DIE BOLLE UND DIE KNOTS.

III 129
III 135

Dasselbe Schiff trifft man in Urk unter dem Namen « Bolle van Urk » oder auch « Bolletje van Urk ». Diese Fischereifahrzeuge sind also von der Gruppe der « Schmacken » abzuleiten. Es ist sonderbar, dass dieses Schiff sich seit langer Zeit vor Antwerpen findet, unter dem Namen « Knots » von Antwerpen.

DIE JOLLE.

In Stavoren hat man noch die « Stavorensche Jol », ein kleines, kurzes und rundes Schiff mit Kiel, von grosser Stabilität auf dem Wasser. Man begegnet ihm jetzt auch in Enghuizen und in « Medemblik ». Es ist ein Schiff mit übereinander greifenden Planken (manchmal jetzt auch glatt), das man wegen seiner runden Formen oft mit einem Huf vergleicht. Diese Schiffe haben einen Fischkasten, sind aber mit Rücksicht auf den Kiel nicht mit Schwertern ausgestattet. Sie haben eine Takelung mit Spriet (Spriettuig); ihre Ladefähigkeit beträgt 4 bis 6 t. In Helder, Enkhuizen und Medemblik verwendet man viele Fletten, deren Länge bis zu 10 m geht. Das Hinterteil hat einen Spiegel; das ziemlich lange Vorderteil geht unter schwacher Neigung kräftig in die Höhe. Die Planken greifen übereinander; die Schiffe besitzen zwei Kimmungskiele und einen Hilfskiel am hinteren Ende; sie können im allgemeinen 2 bis 5 t laden.

Im allgemeinen schwankt die Tragfähigkeit der « Botter » und « Schocker » von 20 bis 30 t. Die kleineren Type in Huizen können 16 bis 20 t, in Hardarwijk und in Elburg 13 bis 18 t laden.

Die Unterschiede in den Hauptgruppen können der verschiedenen Auffassung der Schiffbauer zugeschrieben werden, ganz wie es Unterschiede in den Kostümen dieses und jenes Landes gibt.

Der Unterschied zwischen den Typen einer und derselben Gruppe ist dagegen das Ergebnis der Verwendung des Schiffs, d. h. also der verwendeten Fischereigeräte, abgesehen von einigen Unterschieden geringerer Bedeutung.

Zum leichteren Verständnis lassen wir hier eine kurze Beschreibung der auf der Zuiderzee gebräuchlichen Fischereigeräte folgen, die dem Bericht über die Fischerei auf der Zuiderzee, veröffentlicht durch die Zuiderzeevereeniging (1905, Seite 35 und folgende), sowie den Jahresberichten über die Seefischerei entnommen ist.

Die Fischereigeräte können eingeteilt werden in bewegliche und feste; die letzteren sind für unseren Zweck von geringerer Bedeutung.

Zu den ersteren gehören:

a. Der « Wonderkuil » (französisch: « Poche miraculeuse », deutsch « Wundertasche »), die wie der « Kwakkuil » und der « Dwarskuil » aus einem Netz, in Form einer Tasche besteht, deren Oeffnung durch ein hölzernes Quadrat offen gehalten wird (vier Stücke Holz, genannt « Juffers-Oorstokken »). Man zieht das Netz vorwärts, indem man den Rahmen vertikal hält, während der ganze Apparat den Boden berührt. Die Fische dringen in die Oeffnung und werden so in dem spitz zulaufenden Sack gefangen. Die Bewegung im Wasser entwickelt das Netz. Der « Wonderkuil » hängt zwischen zwei Bottern, die mit möglichst grosser Geschwindigkeit vorrücken, um die schnell schwimmenden Fische wie die Heringe fangen zu können. Die grossen, schon genannten Botter, die gute Segler sind, eignen sich sehr gut hierzu. Der « Wonderkuil » berührt den Grund fast nicht, wegen der grossen Schnelligkeit, aber jeder Fisch, der sich vor der Oeffnung zeigt, wird sicher gefangen. Die durch die grosse Geschwindigkeit veranlasste Zusammenziehung der Maschen lässt nichts hindurch.

b. Der bei den Fischern von Vollendam gebräuchliche « Kwakkuil » ist ein kleiner « Wonderkuil », der durch ein Schiff, meist einen « Vollendamer Kwak » geschleppt wird. Die Tasche ist dann an zwei Stangen befestigt, die am Hinterteil des Schiffes angebracht sind, wo sie sich kreuzen. Da die Geschwindigkeit geringer ist als die mit dem « Wonderkuil » erreichte, so schleppt das Netz auf dem Grund, so dass Aale, Schollen und Seezungen gefangen werden können.

[S. 106]

c. Der « Dwarskuil » (Quertasche), kleiner als der « Kwakkuil » aber von derselben Form, ist an der Seite des Schiffs durch Seile befestigt, die selbst am Vorder- und Hinterteil festgemacht sind. Das Fahrzeug muss beim Fischen also quer vorrücken, was natürlich nicht schnell geht. Das Fahrzeug darf keinen flachen Boden haben, und während des Fischens müssen die Schwerter hochgezogen sein.

Man verwendet den « Wonderkuil » in tiefem Wasser und auf hartem, sandigem Grund; in weniger tiefem Wasser und auf weichem Grund benutzt man den « Kwakkuil » und an den flachen Stellen von Utrecht und Geldern bedient man sich der « Dwarskuilen ».

Die zahlreichen Klagen über die Vernichtung der Fische durch den « Wonderkuil » stammen nicht von gestern; denn schon im Jahre 1559 setzt eine Verordnung die Grösse der Maschen der « Astkens of Steerten » (der Netzenden) fest.

Unter dem beweglichen Fanggerät sind natürlich die Schleppnetze zu nennen, zum Fang der Heringe, der Anchovis, der Seezungen und der Stinte. Man benutzt sie in allen grossen Fischereihäfen der Zuiderzee. Man schleppt diese Netze zwischen zwei Schiffen irgend welcher Form.

Längs der friesischen Küste fischt man besonders mit festen Geräten, hauptsächlich im Norden von Makkum. Diese Art Fischerei erfordert nur kleine Schiffe (24 bis 30 Reusen auf das Schiff). Man benutzt hierzu Aal- und Heringsreusen; es ist auch wahrscheinlich, dass das alte « Kubboot » seinen Namen dem Fischereigerät verdankt, das « Kub » heisst; es ist dies ein trichterförmiger Weidenkorb, der an seinem unteren Ende geschlossen ist, so dass noch eine kleine Öffnung bleibt; auf diese Öffnung folgt ein kleines seidenes Netz, dessen Öffnung den Aalen den Durchgang gestattet, die sich nun in dem hinteren Teile, dem « Kub », sammeln.

Der Fischfang auf der Zuiderzee ist besonders geartet, weil eine grosse Zahl von Fischern der Zuiderzee die Nordsee besuchen, während andere in den Flüssen fischen und der Rest das ganze Jahr auf der Zuiderzee selbst bleibt. Die ersteren benutzen die grossen « Blazer », « Schocker » und « Botter »; die letzteren verwenden die « Kwakken », « Kubboote » und die « Haringschuiten » (Heringsschuten). Endlich bedienen sich die an zweiter Stelle genannten der « Gondeln », « Lemmeraken », « Punters », u. s. w.

Ausser diesen gibt es jedoch eine ganze Reihe Gelegenheitsfischer, die alle Sorten von Fahrzeugen benutzen. Daraus folgt, dass es sehr schwer ist, die genaue Zahl der in Gebrauch befindlichen Fahrzeuge anzugeben, und dass die in den obigen Tabellen genannten Ziffern nur ungefähr stimmen, soweit sie sich auf die Fischerei in der Zuiderzee beziehen.

DAS WATERSCHIP.

II 238

Man kennt seit langem ein Schiff genannt « Waterschip » das zum Schleppen der « Zeekameele » (Art schwimmende Docks) über den Pampus dient. Das « Waterschip » ist ursprünglich ein einfacher « Botter » aus Marken. Wie schon gesagt, stammen die « Zeekameele » aus dem Jahre 1691. Man baute sie später mit festerem Vorder- und Hintersteven und einer Kajüte hinter dem Mast. Das « Waterschip » unterscheidet sich so mehr von den alten « Botters ».

Während das Schleppen der Schiffe zuerst zwei privaten Gesellschaften (der Grossen und der Kleinen Kompagnie) oblag, wurde es nach 1741 durch Vertrag der grösseren Gesellschaft übertragen, die ihren « Waterscheepjes » eine Tafel aus Weissblech am Vordersteven als Unterscheidungszeichen anheftete. Diese Massnahme genügte jedoch nicht, um die Nebenbuhler fernzuhalten. I. J. 1783 wird angeordnet, dass das Admiralswappen auf die Segel der genehmigten Schiffe gemalt würde, wie heut die Segel der Fischereifahrzeuge mit Buchstaben und Ziffern versehen sind.

Als während der französischen Herrschaft die Schiffahrt stillgelegt ist, leiden die « Waterscheepen » derart, dass i. J. 1824 von den 18 vorhandenen 6 zerstört werden. I. J. 1827 wird der Rest infolge der Eröffnung des Nordholländischen Kanals verkauft. (LE COMTE, S. 38.)

Man darf diese « Waterschepen » nicht mit denen der Salzsiedereien verwechseln, die zur Beförderung von Seewasser dienen, von denen einige Abbildungen in unserem Atlas wiedergegeben sind. Mit einer einzigen Ausnahme gehören diese Schiffe zur Gruppe der « Smakken » (Schmacken).

[S. 107]

 

Kopfstück Kapitel 6

DIE Annales des Travaux publics de Belgique (August 1901) enthalten eine eingehende Untersuchung über das Material der Binnenschiffahrt in Belgien. Diese Arbeit rührt her von dem Oberingenieur der Brücken und Wege DEHEM. Sie enthält eine Beschreibung der Schiffstypen, die auf den belgischen und französischen Kanälen Verwendung finden. Diese für die Kanäle eigens gebauten Schiffstype haben keinen Wert vom geschichtlichen Standpunkt. Da sie indessen viel die Zuid-Willemsvaart (Kanal von Maastricht nach Bois-le-Duc) benutzen, so dürfte eine kurze Beschreibung dieser hier gewöhnlich « Ballanten » genannten Schiffe am Platze sein.

Im allgemeinen kann man sie folgendermassen einteilen:

a) Die Prahme von Charleroi

b) Die wallonischen Schiffe oder Kanalschiffe

II 257
II 265

Das Schiff der Gruppe a führt auf flämisch den Namen « Bak » und hat eine parallelepipedische Gestalt. Es misst 19,50 m in der Länge, 2,60-2,85 m in der Breite; die Tauchtiefe, wenn das Schiff leer ist, schwankt von 0,35 bis 0,40 m und sie erreicht bei voller Belastung 1,80 m. Seine Tragfähigkeit schwankt bei dieser Tauchtiefe von 67 bis 72 t. Dieser Schiffstyp ist eigens für die Schiffahrt auf dem Kanal von Charleroi in Brüssel geschaffen worden, dessen Schleusen mit kleinem Querschnitt nur 19 m Nutzlänge und 2,70 m Öffnung haben. Die festen Brücken haben eine freie Höhe von 2,65 bis 3 m.

Der Preis dieser Schiffe schwankt von 4500 bis 7500 Frcs.

Das Schiff der Gruppe b führt flämisch den Namen « Waal »; es ist ebenfalls ein parallelepipedischer Kasten mit flachem Boden und fast glatten Seitenwänden. Nach den verschiedenen Formen der Vorder- und Hinterseiten nehmen diese Schiffe folgende Namen an: 1) Schiff von Tournai, 2) Zille, 3) Binnenländer, 4) Spitzschiff.

Es ist jedoch zu bemerken, dass die beiden letzteren Benennungen mehr für ältere Type genommen werden, und dass die beiden ersteren für die grossen Kanalschiffe (Péniches) vorbehalten bleiben, die man heutzutage gewöhnlich baut.

Bei dem ersten Typ, dem Schiff von Tournai, sind die Vorder- und Hinterflächen abgerundet; die Kurve ist in der vertikalen Ebene ziemlich deutlich, so dass das Schiff einen gekrümmten Vordersteven hat, der Nase heisst. Die Vorderseite hat ein Bergholz, das Bart heisst und von einer Holzsente gekrönt ist, die als Auflage für das Schlepptau dient, das über den Bolzen hinter der Nase geschlungen ist.

Bei der Zille (Chaland oder Ballant) sind Vorder- und Hinterteil fast glatt; die Nase und der Bart treten nur schwach hervor, und der Schlepptaubolzen liegt an der äussersten Spitze des Schiffs.

Im allgemeinen sind diese Schiffe ziemlich fest gebaut, und ihre Beplankung hat sehr gelitten durch die starken Krümmungen des Vorder- und des Hinterteiles. Ihre Form ist so gewählt, dass die Schiffe genau die Schleusen füllen und eine möglichst grosse Ladefähigkeit haben, obwohl es völlig unverständlich ist, dass man, um einige Tonnen mehr zu laden, ganz die Leichtigkeit des Schleppens vernachlässigt. Was man also auf der einen Seite gewinnt, verliert man doppelt auf der anderen durch die höheren Schleppgebühren.

Die einzige Erklärung, die man für diese Bauart geben kann, ist, dass die meisten Schiffer ihre eigenen Pferde zum Treideln haben (für die sich ein Stall in der Mitte des Fahrzeugs befindet), so dass sie nicht die Mehrkosten für das Treideln merken.

Die Grössen bei den Gruppen 1 und 2 sind dieselben; die Länge der Schiffe schwankt von 3,50 m bis 3,90 m (ohne Steuer) und ihre Breite von 5 m bis 5,05 m; ihre Tauchtiefe leer beträgt durchschnittlich 0,28 m; beladen tauchen sie 1,80 bis 2,30 m ein, und ihr Fassungsvermögen beträgt 300 bis 370 t.

Vergleicht man die Type 3 und 4 mit den Typen 1 und 2, so sieht man, dass die ersteren weniger laden können, wegen[S. 108] ihres spitzen Vorderteils, von welchem sie den Namen « Spitzschiffe » (flämisch Spits) haben.

Der Binnenländer heisst flämisch Bijlander, französisch Bélandre. Der Hauptunterschied zwischen dem Binnenländer und dem Spitzschiff besteht darin, dass der Boden des ersteren sich an die Vorderfläche mittels einer gekrümmten Fläche anschliesst, während der Boden des zweiten bis zur Nase hin eben bleibt. Sonst sind die beiden Type wenig von einander verschieden. Man baut sie jetzt nicht mehr viel. Man findet zwar jetzt noch Spitzschiffe; diese müssen aber eher als eine Art Kanalschiff betrachtet werden. Wir sehen also auch hier eine Verschmelzung der verschiedenen Formen, die mit der Zunahme der Grösse Hand in Hand geht.

Die « Bijlander » haben eine Länge von 28 bis 34 m, eine Breite von 4,60 bis 5 m und eine Tauchtiefe von 0,30 bis 0,40 m leer, die bei Belastung 2 m erreicht.

Das Spitzschiff hat eine Länge von 20 bis 30 m und eine Breite von 3,50 m (die niemals 5 m erreicht); die Tauchtiefe beträgt leer durchschnittlich 0,35 m, bei Beladung 1,80 m; es kann 100 bis 200 t laden. Die grössten von ihnen, 32 m lang und 4,90 m breit, können bei 2,15 m Tauchtiefe höchstens 250 t laden.

Man baut jetzt die vorgenannten Type viel aus Eisen.

Wir erwähnen noch den « Prij », ein Spitzschiff, das aus zwei getrennten Teilen besteht, die jeder für sich beladen werden können.

[S. 109]

 

Kopfstück Kapitel 7

IN Europa hat sich sonach die Schiffbaukunst um zwei Mittelpunkte entwickelt, deren Einflusskreise etwa im Jahre 1300 zusammentrafen. Die Verschmelzung der beiden Mittelpunkte hat sich erst zwischen 1450 und 1500 vollzogen.

Der nördliche Mittelpunkt, die Ostsee, dessen Ursprung in Schweden und Norwegen liegt, hat die volle Entwickelung erst zur Zeit der Wikinger erreicht. Die Schiffstype der an den Nordmeeren Europas wohnenden Völker zeigen unverkennbare Aehnlichkeiten sowohl in den Formen wie in der Bauart.

Wenn man weiter in das Festland dringt, so machen sich dieselben auffallenden Eigentümlichkeiten noch weiter bemerkbar, so dass die Aehnlichkeit der Formen in der Richtung Ost-West noch deutlicher wird.

Die Karte Nr 1 gibt durch eine grüne Farbe den Nordmittelpunkt an, während die Richtung der wahrscheinlichen Verschiebung der runden friesischen Type durch eine volle Linie angezeigt wird; die Richtung der spitzen Type wird durch eine punktierte und die der Type des Niederrheins durch eine gemischte Linie angegeben.

Der im Mittelmeer gelegene Südmittelpunkt, der von Phönizien herstammt, ist in Rot dargestellt. Die Schiffsbaukunst hat sich dort ebenfalls in der Richtung Ost-West entwickelt. Obwohl ich in nautischer Beziehung mit den zu meiner Verfügung stehenden Angaben nicht versichern kann, dass das Südzentrum sich unter dem Einfluss Asiens befunden hat, so kann doch festgestellt werden, dass eine Anzahl von Formen und Bauarten, die man auf den alten Zeichnungen findet, sich auch bei den arabischen, indischen und chinesischen Schiffen wiederholt.

Daraus ergibt sich, dass es um so notwendiger ist, unsere Untersuchungen nach dieser Seite hin fortzusetzen, als in Asien mehr als in Europa die alten Arten der Fortbewegung und des Steuerns der Schiffe sich noch ziemlich gut erhalten haben.

Es steht ausser Zweifel, dass man dort unten Beziehungen zwischen dem Südzentrum und einem Teil Asiens finden wird.

Die Schiffbaukunst, die zu uns von der Ostsee gekommen ist, ist zuerst für die Fischerei benutzt worden, die zweifellos die Wiege jedes grossen Seevolkes ist. — Die allmähliche Entwickelung der Fischerei erweiterte das Feld der Tätigkeit und begünstigte den Verkehr in Nachahmung dessen, was in Flandern geschah. Wir werden uns also nicht wundern, dass in Holland die ältesten Erinnerungen bezüglich der Schiffbaukunst sich auf die Heringsfischerei beziehen.

Aus dem Aufschwung dieses Fischfanges erklärt sich die Entstehung der « Kogge » und die Beziehung, die zwischen der « Kogge », der « Egmonder Pink » und dem « Bom » besteht, der aus ihr hervorgeht; und wir übertreiben nicht, wenn wir sagen, dass der « Bom », der bald verschwunden sein wird, die letzte Spur der Kogge darstellt.

Die Entwickelung des Schiffs beruht übrigens auf der Überlieferung; diese bestand nicht nur in der sklavischen Nachahmung alles dessen, was die Vorfahren hervorgebracht haben, sondern passte sich den neuen Forderungen an, die die Sonderverhältnisse der Zeit nach sich zogen.

Die Entwickelung des Schiffs wie seiner Grössenverhältnisse ist also eine allmähliche gewesen. So sind die Schiffe des Altertums nicht grösser gewesen als die des Mittelalters, die ihrerseits kleiner waren als die der Neuzeit.

Weder der Kompass, noch die Anwendung des Steuers, noch auch die Erfindung des Schiesspulvers haben plötzliche Veränderungen in der Schiffbaukunst herbeiführen können. Nur allmählich werden, dank den Vervollkommnungen der Artillerie, die Schiffe schwerer, so dass man im Anfang unseres Unabhängigkeitskrieges die Kriegsschiffe von den Handelsschiffen unterschied,[S. 110] mit anderen Worten, die letzteren sind bis dahin ebenfalls für militärische Zwecke benutzt worden.

Nach der Entdeckung Amerikas und des Seewegs nach Ostindien, die die beiden wichtigsten Ereignisse in der Entwickelung der europäischen Völker waren, hat sich der Weltverkehr vom Mittelmeer nach der Nordsee verschoben. Erst damals erwachte unser Land und übertraf bald alle anderen Länder im Schiffbau. Umgekehrt führen heute die Niederlande den Schiffbau nach der Ostsee. Auch Frankreich hat von uns die Schiffbaukunst gelernt. Holland hat somit an der Spitze dieser Industrie von 1500 bis 1700 gestanden, um dann Frankreich Platz zu machen, wo die Schiffbaukunst sich um die Mitte des 18. Jahrhunderts völlig von Holland trennt.

Es ist der Scharfsinn der Franzosen, der alle Länder bei der mathematischen Berechnung der Schiffe geleitet hat.

Das immer praktische England hat sich zu jeder Zeit bemüht, sich auf der Höhe des Landes zu halten, das die grössten Schiffe baute. Das Werk von HOLMES zeigt dies Bestreben deutlich. Nach 1800 überholt England seinen Nebenbuhler und gibt den Ton im Schiffbau an. Zahlreiche Vervollkommnungen haben sich unter dem Einfluss Englands vollzogen.

Die Kontinentalsperre gibt unserer Schiffbaukunst den Gnadenstoss. Erst dank dem Eingreifen und der energischen Unterstützung des Königs Wilhelm I. hat sich der Schiffbau in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wieder belebt, um in der zweiten Hälfte eine neue Zeit der Grösse zu erreichen. Die ersten neuzeitlichen Kriegsschiffe Japans wurden in Holland erbaut.

Das Auftreten des Eisens öffnete unserer Schiffbaukunst eine neue Aera, und unsere tüchtigen Schiffbauer haben den Überlieferungen unseres Volkes Ehre zu machen verstanden, indem sie sich wie ehemals als sparsame Konstrukteure erwiesen, die es verstanden, einen festen Bau untadelig und mit einem angenehmen Aeusseren auszuführen.

Die Verteilung der Gruppen der Schiffstype ist auf Karte 3 dargestellt, während die Karte 4 für unser Land die Unterabteilung jener Gruppen zeigt.

Die friesischen Type sind auf den beiden Karten durch grüne Farbe dargestellt, die Type des Niederrheins, die in den Nordwesten von Nordbrabant und das Herz von Südholland eingedrungen sind, haben braune Färbung; die Type des Oberrheins sind mit violetter Farbe, die der unteren Seine in Rot und die der oberen Maas in Grün dargestellt. Die spitzeren Type von Overijssel, umgeben von denen Frieslands und des Niederrheins, die sich übrigens auch auf der Ems, der Weser, der Elbe, der Havel, der Oder und der Spree finden, sind durch eine blassere Farbe gekennzeichnet.

Die Karte Nr 4 gibt die Fischereifahrzeuge an, die die Nordsee befahren. Sie gehören zum friesischen Typ mit Ausnahme des « Loggers » und der « Schaluppe ». Es ist interessant, diese Grenzgebiete mit den Karten 5, 6 und 7 zu vergleichen, welche das Ergebnis der mühseligen Untersuchungen des verstorbenen Professors Dr. Gallée enthalten, der durch seine umfassende Gelehrsamkeit und nicht weniger durch sein grosses Wohlwollen berühmt ist, das ihn vor einiger Zeit veranlasst hat, diese Karte uns freundlichst zur Verfügung zu stellen.

Ein einziger Blick schon zeigt, dass die Grenzen der Frachten sich in sehr starkem Masse geändert haben; hinsichtlich der Verteilung der Sprachen und der Art der Wohnungen macht sich eine auffallende Ähnlichkeit bemerkbar. Die friesischen und sächsischen Einflüsse fallen auf allen Karten zusammen, während die Type der oberen Maas sich da finden, wo der Bau der römischen Landhäuser sich erhalten hat. Es ist also nicht wunderbar, dass diese Type der Maas jenen gleichen, die man im Tal des Po und auf dem Adriatischen Meer trifft.

Diese Feststellungen stimmen mit den geschichtlichen Untersuchungen überein, die festgestellt haben, dass die Länder an der Nordsee von den Kelten bewohnt waren, die vom Orient nach Mittel- und Westeuropa mehrere Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung gekommen waren. Sie vertrieben die mongolische Bevölkerung, die sich dort schon angesiedelt hatte, aber ihrerseits wurden die Kelten aus dem Westen durch die Germanen vertrieben. So erzählten die Römer, dass nördlich vom Rhein die Kelten schon überall von den Germanen verjagt wären. Der Rhein bildete damals die allgemeine Scheidewand zwischen[S. 111] den beiden Völkern. Im Süden dieses Flusses gab es nur einige germanische Vorposten, wie die Eburonen in Maastricht und in Roermond; die Kondrusen in der Umgegend von Lüttich. Längs der Maas verschmelzen die Germanen und die Kelten miteinander. In Nordbrabant waren die Kelten schon stark germanisiert, während die Menapier, die Moriner und die Nervier aus Flandern und Seeland ebenfalls stark unter dem Einfluss der Germanen standen. Alle diese germanisierten Kelten wurden von den Römern Gallier genannt. Zu wiederholten Malen drangen die Germanen in Gallien ein und kamen dort sogar bis in das Land der Menapier im Scheldetal; aber im Jahre 55 vor Christi Geburt warf sie Cäsar zurück. Nach den Eroberungen dieses letzteren römischen Feldherrn bildete der Rhein die Grenze der römischen Herrschaft und blieb es bis etwa ins 4. Jahrhundert. Die Gallier latinisierten sich schnell. Nördlich vom Rhein machte sich der römische Einfluss auf die Bataver, die Kaninefaten und Friesen fühlbar. Dieser Einfluss war jedoch wenig deutlich, besonders bei den letzteren. In dem Augenblick, wo die Macht Roms geringer wurde, erschienen die Germanen wieder, und besonders traten die Franken hervor. Diese Franken, die die Gegend der Lippe, der Ruhr und der Ems bewohnten, wurden wahrscheinlich zu jener Zeit schon von den Sachsen zurückgetrieben. Unter dem Kaiser Probus wurden die Franken noch einmal im Jahre 280 über den Rhein zurückgeworfen, aber nach dem Tode Konstantins des Grossen (337) rückten sie von neuem nach Süden vor. Cöln fiel in ihre Hände, und sie erschienen vor Trier. Julian verhinderte sie indessen in Taxandrien, das heutige Nordbrabant, einzudringen.

Die Salier, die mächtigsten der Franken, blieben im Lande der Bataver, während die Chamaven, ein anderer Volksstamm, sich im Norden des Rheins festsetzten. Die Salier und die Bataver verschmolzen bald zu einem einzigen Stamm; als sich im Jahre 402, während der Regierung des Kaisers Honorius, die Römer zurückzogen, nahmen die Franken ihren Marsch nach dem Süden wieder auf und fielen in Nordbrabant ein. Die Sachsen, die, wie schon gesagt, wahrscheinlich die Franken in Bewegung gesetzt haben, bewohnten das Land zwischen der Ems und der Elbe, d. h. also Norddeutschland. Sie setzten sich im Osten unseres Landes fest und dehnten ihren Einfluss später nördlich aus.

Die Friesen, die man im allgemeinen neben den Sachsen nennt, haben es verstanden, sich zu halten und wohnten von der Weser bis zum Zwin (seeländisches Flandern). Ihr König Radbod erweiterte ihre Herrschaft nach dem Süden des Rheins und drang sogar bis Cöln vor, wo ihm indessen Karl Martell eine Niederlage beibrachte.

Wenn Holland im Mittelalter Friesland nur bis zur Mündung der Maas heisst, so sagt man andererseits, dass der heilige Amand das Evangelium bei den Friesen von Seeland predigte.

Diese Ueberlieferung wird von Professor Fockema Andrae bestätigt, der nachgewiesen hat, dass das Friesische Gesetz von 800 von der Weser bis zum Zwin, und das fränkische Gesetz bis zum Eem angewendet wurde, d. h. dass die Chamaven die Veluwe im Osten des Flusses bewohnt haben; somit gehört Utrecht zu Friesland.

Man erzählt auch gelegentlich des Kampfes der Friesen gegen die Franken, dass Utrecht auf der Grenze Frieslands liegt.

Zusammenfassend kann man also sagen, dass die Niederlande ursprünglich von den Kelten bewohnt wurden, die von den Germanen nach Süden gedrängt sind. Sie haben sich später mit Hilfe der Römer südlich der grossen Flüsse gehalten. Die ersten Germanen unseres Landes waren die Friesen. Sie bewohnten die Küste von der Weser bis zum Zwin und haben sich an einigen Orten unter den Kelten angesiedelt.

So finden wir die friesischen Type von Dänemark bis Flandern; sie dringen bis Utrecht und längs der Flüsse mit Ebbe und Flut vor.

Die Chamaven, die ersten Franken, hielten wahrscheinlich die Veluwe und die Betuwe bis zur Linge und zum Eem besetzt. Die Franken bevölkerten später Nordbrabant und drangen bis nach Seeland, Utrecht und Südholland vor. Tatsächlich haben wir uns schon gewundert, in unserem Lande die Type des Niederrheins nicht nur längs des Rheins und seiner Nebenflüsse, sondern auch im Herzen Südhollands und im Nordwesten von Nordbrabant zu treffen.

Die zuletzt gekommenen Sachsen setzten sich im Osten[S. 112] unserer Heimat fest und dehnten sich allmählich nach Groningen und Friesland aus. Dort finden wir die spitzen Type von Overijsel oder die sächsischen Type.

Die Schiffstype haben, wie die Art der Wohnungen, die Sprachen und die Trachten Beziehungen zu den Ureinwohnern der Gegenden. Dies erklärt, weshalb man an demselben Fluss, in demselben Lande verschiedene Schiffstype findet.

So haben sich die alten Formen und die alten Sitten durch die Zeitalter erhalten, und unser Vaterland besitzt nicht allein eine ruhmreiche Vergangenheit, sondern hat es auch verstanden, einen beneideten Platz auf dem Gebiete der Schiffbaukunst festzuhalten, so dass man auf unsere tüchtigen Schiffbauer anwenden kann, was WITSEN im Jahre 1671 schreibt:

“In ’t overleg van een zuinig meester
bestaet al ’t geheim van
goedkoop bouwen.”

(Das ganze Geheimnis eines wirtschaftlichen Schiffbaues besteht in der Überlegung eines sparsamen Baumeisters.)

Übersetzer: HUGO MÜLLER, Dahlem.

KAART No 1
Tafel No 1 — Carte No 1
Plate No 1
Tafel 1: Schiffbau
  vor 1500
OP WELKE WIJZE DE SCHEEPSBOUW ZICH HEEFT VERPLAATST VOOR 1500(1)
(1)
Wie sich der Schiffbau vor 1500 bewegt hat.
Evolution de l’architecture navale avant 1500.
Way in which shipbuilding moved before 1500.
(2)
Südlicher Mittelpunkt.
Centre méridional.
Southern Centre.
(3)
Nördlicher Mittelpunkt.
Centre septentrional.
Northern Centre.
(4)
Erste Berührung zwischen dem südlichen und nördlichen Mittelpunkt.
Premier contact entre le centre méridional et le centre septentrional.
First contact between the Southern centre and the Northern centre.
(5)
Erster Einfluss des südlichen auf den nördlichen Mittelpunkt.
Première influence du centre méridional sur le centre septentrional.
First influence of the Southern centre on the Northern centre.
KAART No 2
Tafel No 2 — Carte No 2
Plate No 2
Tafel 2: Schiffbau
  nach 1500
OP WELKE WIJZE DE SCHEEPSBOUW ZICH HEEFT VERPLAATST NA 1500(1)

GRÖSSERES BILD
(1)
Wie sich der Schiffbau nach 1500 bewegt hat.
Évolution de l’architecture navale après 1500.
Way in which shipbuilding moved after 1500.
(2)
1500-1700. Niederlande.
1500-1700. Pays-Bas.
1500-1700. Netherlands.
(3)
Städte des Hansabundes
Villes de la ligue hanséatique.
Cities of the Hanseatic League.
(4)
1700-1800. Frankreich. Der theoretische Schiffbau.
1700-1800. La France. L’architecture navale théoretique.
1700-1800. France. Theoretical shipbuilding.
(5)
Die französische Bauweise trennt sich von der der Niederlande.
L’architecture navale française se sépare de celle des Pays-Bas.
French shipbuilding withdraws from that of the Netherlands.
(6)
Nach 1800. England.
Après 1800. L’Angleterre.
After 1800. England.
KAART No 3
Tafel No 3 — Carte No 3
Plate No 3
Tafel 3: Schiffstypen
KAART DER SCHEEPSMODELLEN
Tafel der Schiffstype.
Carte des type de navires.
Plate showing types of vessels.

GRÖSSERES BILD
Number I
Friesche modellen.
(Smak, enz.)
Friesische Type.
(Smacken, u. s. w.)
Frisons.
(Semaque, etc.)
Frisian types.
(Smack, etc.)
Number II
Overijselsche modellen.
(Somp, pegge, enz.)
Type von Overysel.
(Somp, Pegge, u. s. w.)
Types de l’Overysel.
(Somp, pegge, etc.)
Overysel types.
(Somp, pegge, etc.)
Number III Large curly bracket, pointing right
(1)
Large curly bracket, pointing left
Rijn
(Dorstensche aak).
(2)
Large curly bracket, pointing left
der Rhein
(Aak von Dorsten).
(3)
Large curly bracket, pointing left
Le Rhin
(l’Aque de Dorsten).
(4)
Large curly bracket, pointing left
The Rhine
(Ake from Dorsten).
Number IV
Maas
(Hedelsche aak).
die Maas
(Aak von Hedel).
La Meuse
(l’Aque de Hedel).
The Meuse
(l’Aque de Hedel).
Number IV
Maas
(Whale majol).
die Maas
(Whale majol).
La Meuse
(le Whale majol).
The Meuse
(The Whale majol).
Number IV
Boven Rijn
(Keen).
der Oberrhein
(der Keen).
Le Rhin supérieur
(le Keen).
The Upper Rhine
(Keen).
 
(1) Bovenlanders
(2) Oberländer
(3) Bovenlanders
(4) Bovenlanders
KAART No 4
Tafel No 4 — Carte No 4
Plate No 4
Tafel 4: Karte der Schiffsmodelle
KAART DER SCHEEPSMODELLEN
TAFEL DER SCHIFFSTYPE.
CARTE DES TYPE DE NAVIRES.
PLATE SHOWING TYPES OF VESSELS.

GRÖSSERES BILD
 1
Schokker
Fischerei­fahrzeuge
Fishing boats
large curly bracket, pointing left
Schokker, Schocker
 2
Herring boat
Haringschuit,
Heringschute
Herring boat
 3
Punter
Punter Gondel, etc.
 4
Punter
Steekschuit,
Steekschute
Hengst
 5
Hoogars
Hoogars
 6
Hoogars  
Tholensche Schouw,
Tholensche Schauwe
 7
Botter
Visschers­vartuigen,
Bateaux de pêche
Botter
 8
Blazer
Blazer,
Blaser
 9
Blazer
Stavorensche Jol,
Stavorensche Jolle
10
Lemmeryacht, aak
Lemmerjacht, aak,
Lemmeryacht, aak,
Lemmerjacht, aque,
Lemmerjacht, ake
11
Vlet
Vlet,
Flette
12
Smack
Smak, Schmacke,
Semaque, Smack
curly bracket, pointing right
Smakgroup,
Schmacken,
Groupe de le Semaque,
Smack group
large curly bracket, pointing right
Binnenschiffe,
Inland boats
Binnenschepen,
Bateaux d’intérieur
13
Hoy
Tjalk, Tialque, Hoy
14
Yacht
Yacht, Yacht
15
Schuit
Schuit, Schute
16
Poon
Poon
17
Pleit
Pleit
18
Galleon
Kraak, Galleon
19
Koff
Kof, Koff, Koftjalk
20
Mot
Mot, Motte
 
21
Bok
Bok, etc.
 
22
Utrecht Pram
Utrechtsche Praam,
Praam von Utrecht,
Prame d’Utrecht,
Utrecht Pram
 
23
Westlander
Westlander, Bok, etc.
 
24
Pegge
Scherp model,
Spitziger Typ,
Type effilé,
Tapered type
curly bracket, pointing right
Somp,
Pegge,
etc.
25
Rhenish type
Rynmodel (Dorstensche aak),
Rheintyp (Aak von Dorsten),
Type rhénan (Aque de Dorsten),
Rhenish type (Ake from Dorsten
26
Meuse type
Maasmodel (Hedelsche aak),
Maastyp (Aak von Hedel),
Type mosan (Aque de Hedel),
Meuse type (Ake from Hedel)
27
Meuse type
Maasmodel,
Maastyp,
Type mosan,
Meuse type
curly bracket, pointing right
Whalemajol
28
Meuse-Rhenish type
Maas-Rijnmodel,
Maas-Rheintyp,
Type mosan-rhénan,
Meuse-Rhenish type
curly bracket, pointing right
Keen
De vaartuigen voor de grootvisscherij zijn in de teekening aangegeven.
Die Seefischereitype sind in der Tafel angedeutet.
Les type de la pêche maritime sont indiqués sur la carte.
This plate also shows the types for deap sea fishing.
KAART No 5
Tafel No 5 — Carte No 5
Plate No 5
Tafel 5: Dialektkarte der Niederlande
KAART DER DIALECTEN. NEDERLAND.
Dialecttafel. Niederlande.
Carte des dialectes. Pays Bas.
Dialect Chart. Netherlands.
Naar Prof. Dr Gallée

GRÖSSERES BILD
Schokker
Friesche dialecten.
Friesische Dialekte.
Dialectes frisons.
Frisian dialects.
Schokker
Saksische dialecten.
Sächsische Dialekte.
Dialectes saxons.
Saxon dialects.
Schokker
Frankische dialecten.
Fränkische Dialekte.
Dialectes francs.
Frankish dialects.
KAART No 6
Tafel No 6 — Carte No 6
Plate No 6
Tafel 6: Volkstrachten
VOLKSKLEEDERDRACHTEN.
Tafel der Volkstrachten.
Carte des costumes nationaux.
Plate of national costumes.
Naar Prof. Dr Gallée

GRÖSSERES BILD
Earrings and clasps
Ooryzer en Friesch-Zeeuwsche knoop en slot.
Ohrringe und Schliesshaken, friesisch-niederländisch.
Boucle d’oreille et fermoir frison-zélandais.
Dutch-Frisian earring and clasp.
Earrings and clasps
Idem.
Idem.
Idem.
Idem.
Utrecht cap
Utrechtsche muts.
Haube von Utrecht.
Bonnet d’Utrecht.
Utrecht cap.
Hood
Kornet. Vroeger
Twentsche muts.
Haube, früher Haube von Twente.
Cornette, jadis bonnet de Twenthe.
Hood, formerly Twenthe cap.
Flemish cap
Vlaamsche muts
curly bracket, pointing right
Keltisch
ornament.
Flämische Haube
curly bracket, pointing right
Keltischer
Schmuck.
Bonnet flamand
curly bracket, pointing right
Ornement
celtique.
Flemish cap
curly bracket, pointing right
Celtic
ornament.
Brabantine cap
Brabantsche muts
Brabanter Haube
Bonnet brabançon
Brabantine cap
Limbourg
Limburg.
Limburg.
Limbourg.
Limbourg.
KAART No 7
Tafel No 7 — Carte No 7
Plate No 7
Tafel 7: Ländliche Wohnhäuser
KAART DER BOERENWONINGEN.
Tafel der ländlichen Wohnhäuser.
Carte des habitations rurales.
Country homes.
Naar Prof. Dr Gallée

GRÖSSERES BILD
Frisian
Friesch.
Friesische.
Frisonnes.
Frisian.
Langhuis, Frisian hayloft
Langhuis met Fr. hooiberging.
Langhaus mit friesischem Heuboden.
« Langhuis » avec grenier à foin frison.
« Langhuis » with Frisian hayloft.
Rhenish-Yssel curly bracket, pointing right
Rijn en Yssel
curly bracket, pointing right
Rhein-Yssel
curly bracket, pointing right
Rhin-Yssel
curly bracket, pointing right
Rhenish-Yssel
curly bracket, pointing right
T-shaped house
T. huis, vermengd met IV.
Haus in T-Form verbunden mit IV.
Maison en forme de T combinée avec IV.
T-shaped house combined with IV.
Twenthe house
Twentsch.
Haus von Twente.
Maison de Twente.
Twenthe house.
Langhuis with hay loft
Langhuis met hooiberging boven in de schuur.
Langhaus mit Heuboden über der Scheune.
« Langhuis » avec grenier à foin au-dessus de la grange.
« Langhuis » with hayloft above the barn.
Langhuis with hay loft
Brabantsche huis.
Brabanter Haus.
Maison brabançonne.
Brabantine house.
Langhuis with hay loft
Romeinsche villabouw.
Typ der römischen Villa.
Type de la villa romaine.
Type of Roman villa.
Langhuis with hay loft
Idem naast het duitsche huis.
Idem neben dem deutschen Wohnhause.
Idem à côté de l’habitation allemande.
Idem alongside of German dwelling.
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*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 75889 ***