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Der alte König Eduard von England war ein Fürst von großem Ruhm und vieler Tapferkeit und dabei so verständig, als man aus folgender Geschichte zum Teil erkennen kann. Es lebte nämlich zu seinen Zeiten im Enzatal in der Grafschaft Florenz ein Siebmacher mit Namen Parcittadino. Diesem kam es in den Sinn, die Siebmacherei an den Nagel zu hängen und Hofmann zu werden, in welchem Gewerbe er auch bald hübsche Erfahrung gewann. Während er sich so in den höfischen Künsten versuchte, entstand in ihm ein lebhafter Wunsch, den besagten König Eduard zu besuchen, und dies nicht ohne Grund, sondern weil er gar viel Rühmens von seiner Großmut und Milde, insonderheit gegen seinesgleichen, vernommen hatte. In solchen Gedanken machte er sich eines Tages auf den Weg und ruhte nicht eher, bis er England und die Stadt London erreichte, wo der König sich aufhielt. Er betrat den königlichen Palast, wo der besagte König wohnte, schritt durch Türen und Tore und gelangte in den Saal, wo der König meistenteils Hof zu halten pflegte, und fand ihn mit seinem Haushofmeister ins Schachspiel vertieft. Parcittadino näherte sich dem König, kniete nieder und grüßte ihn ehrfurchtsvoll; der König nahm aber noch nicht mehr Rücksicht auf ihn als bei seinem ersten Eintreten, ja er schien ihn nicht zu bemerken, und Parcittadino verblieb eine geraume Zeit in dieser Stellung. Da er aber sah, der König achte nicht auf ihn, erhob er sich wieder und begann zu sprechen: »Gesegnet sei der Tag und die Stunde, die mich dahin geführt haben, wohin mich immer verlangte, nämlich zu dem Anblick des edelsten, weisesten und tapfersten Königs der gesamten Christenheit; denn nun darf ich mich vor allen meinesgleichen brüsten, da mir die Ehre zuteil geworden ist, die Blume aller Könige zu schauen! O welcher Gnade hat das Glück mich gewürdigt! Wenn ich des heutigen Tages zum Sterben käme, so würde ich mit freudigem Herzen den letzten Schritt tun, sintemal ich jene durchlauchtige Krone von Angesicht schaue, die, wie der Magnet das Eisen, mit ihrer Trefflichkeit jedermann an sich zieht und mit dem Wunsche erfüllt, ihrer Glorie ansichtig zu werden.«
Kaum hatte Parcittadino seine Rede so weit ausgeführt, als der König sich vom Spiel erhob, den Parcittadino ergriff, ihn zur Erde riß und ihm mit Faustschlägen und Fußtritten so begegnete, daß er ihn garstig zurichtete. Als der König das getan hatte, kehrte er gleich zu seinem Schachspiel zurück.
Ganz bestürzt erhob sich Parcittadino von der Erde; kaum wußte er noch, wo er sich befand, und fast bedäuchte ihn nun, er habe so manchen Schritt vergebens getan und auch das Lob an den König verschwendet. So stand er ganz unglücklich da und wußte nicht, was er beginnen sollte. Endlich faßte er sich ein Herz und wollte den Versuch machen, ob es ihm vielleicht besser ausschlage, wenn er dem König ganz entgegengesetzte Dinge sage, da ihm das Lob so übel aufgenommen worden war. Er hub also an und sprach: »Verwünscht sei der Tag und die Stunde, die mich an diesen Ort geführt haben! Ich glaubte, ich sei gekommen, einen edlen König zu schauen, wie der Ruf ihn pries, –und ich bin gekommen, einen undankbaren und unerkenntlichen König zu sehen. Ich glaubte, ich sei gekommen, einen tugendhaften König zu sehen, – und ich bin gekommen, einen bösen König zu sehen. Ich glaubte, ich sei gekommen, einen weisen und verständigen König zu schauen, – und ich bin zu einem boshaften und verdorbenen gekommen. Ich glaubte, ich sei gekommen, eine heilige und gerechte Krone zu sehen, und ich bin zu einem gekommen, der Gutes mit Bösem vergilt: denn das beweist der Augenschein, da er mich Armseligen, der ihn ehrte und lobpries, so zugerichtet hat, daß ich nicht weiß, ob ich je wieder ein Sieb werde machen können, wenn ich einst zu meinem alten Handwerk sollte zurückkehren müssen.«
Bei diesen Worten erhob sich der König zum zweitenmal und noch heftiger als zuvor, trat an die Tür und rief einen seiner Hofdiener. Als Parcittadino dies sah, kann man sich denken, welcher Schreck ihn ergriff; er schien eine zitternde Leiche und zweifelte nicht, der König werde ihn umbringen lassen; denn als er sah, daß der König jenen Hofdiener herbeirief, bildete er sich ein, er rufe einen Schergen, der ihn ans Kreuz schlagen solle. Als aber der von dem König gerufene Baron kam, sprach der König zu ihm: »Geh hin und gib diesem Mann das und das meiner Staatskleider und bezahle ihn damit für die Wahrheit, die er mir gesagt hat; denn für seine Lügen habe ich ihn schon selber ausbezahlt.« Der Baron ging eilends und brachte Parcittadino eines der schönsten königlichen Kleider mit so großen Knöpfen voll Perlen und Edelsteinen, daß es, die empfangenen Fußtritte und Faustschläge ungerechnet, wohl dreihundert Gulden oder mehr wert war. Parcittadino argwöhnte anfangs, das Kleid möchte eine Schlange oder ein Basilisk sein und ihn beißen, und griff nur vorsichtig zu. Bald aber faßte er Mut, zog es an und stellte sich darin dem Könige vor.
»Gnädigster König«, sagte er, »wenn Ihr mich für meine Lügen immer so bezahlen wollt, werde ich selten die Wahrheit sprechen.«
Er lernte den König aus dem, was er gehört hatte, kennen, und der König hatte mehr Freude an ihm. Nachdem er geblieben war, solange ihm gefiel, nahm er Urlaub und verabschiedete sich vom König. Er reiste nach der Lombardei zurück, wo er die Höfe aller Herren besuchte und diese Geschichte erzählte, die ihm hier mehr als noch einmal dreihundert Gulden einbrachte, womit er nach Toskana zurückkehrte und in Linari seine armen, in saurer Arbeit ganz verkommenen Verwandten vom Siebmachergewerbe in seinem Staatskleide besuchte. Diese machten große Augen; Parcittadino aber sprach zu ihnen:
Am Boden keucht' ich unter Schlag' und Tritten,
Eh' ich in England dieses Kleid erstritten.
Er tat vielen von ihnen Gutes; dann nahm er Abschied und ging seinem Glücke nach.
Das war doch eine so schöne Geschichte, wie sie nur je einem Könige begegnen konnte. Und wie viele sind, die, wenn sie gelobt worden wären wie dieser König, nicht die Backen aufgebläht hätten vor Stolz? Er aber, obwohl er wußte, daß er jene Lobsprüche verdiente, wollte zeigen, daß es nicht wahr sei, übte aber am Ende solche Klugheit. Viele Unwissende, wenn Schmeichler sie ins Gesicht loben, werden es glauben; er aber, der ein tüchtiger Mann war, wollte das Gegenteil beweisen.
Messer Bernabò, Herr von Mailand, war zu seiner Zeit gefürchteter als irgendein anderer Fürst; und obgleich er grausam war, so besaß er doch dabei einen guten Teil Gerechtigkeit. Unter vielen andern Abenteuern begegnete es ihm auch eines Tages, daß er einen reichen Abt, der die Nachlässigkeit begangen hatte, zwei dem genannten Herrn gehörige Doggen nicht recht zu halten, so daß diese räudig geworden waren, zu einer Geldbuße von vier Goldgulden verurteilte. Darüber fing der Abt an um Gnade zu flehen. Der genannte Herr aber, als er hörte, daß er um Gnade flehe, sagte zu ihm: »Wenn du mich über vier Dinge ins klare setzest, so will ich dir ganz und gar vergeben. Es sind folgende: Du sollst mir sagen, wie weit es von hier bis zum Himmel ist; wieviel Wasser im Meer ist; was in der Hölle geschieht; und wieviel meine Person wert ist.«
Als der Abt dies hörte, fing er an zu seufzen, und es schien ihm, als sei er nun schlimmer daran als zuvor. Um indes Zeit zu gewinnen und den Zorn des Herrn sich abkühlen zu lassen, sagte er, er möge ihm gnädigst eine Frist verstatten, um so hohe Dinge zu beantworten. Der Herr gab ihm den ganzen folgenden Tag Bedenkzeit, und begierig, den Ausgang der Geschichte zu hören, verlieh er ihm sicheres Geleit zur Rückkehr.
Gedankenvoll und sehr tiefsinnig kehrte der Abt zu seiner Abtei zurück und keuchte wie ein Pferd, wenn es scheu wird. Daselbst angelangt, begegnete er einem seiner Müller. Als der ihn so niedergeschlagen sah, fragte er: »Was ist Euch, Herr, daß Ihr so keucht?«
Der Abt antwortete: »Ich habe wohl Ursache, denn der Fürst hat stark im Sinn, mich dem Teufel in den Rachen zu jagen, wenn ich ihn nicht über vier Dinge ins klare setze, die selbst Salomo und Aristoteles zu hoch gewesen wären.«
Der Müller sagte: »Und was sind das für Dinge?«
Der Abt sagte es ihm. Darauf sagte der Müller nach einigem Nachsinnen zum Abte: »Wenn es Euch recht ist, so will ich Euch wohl aus dieser Verlegenheit helfen.«
»Wollte Gott«, sprach der Abt.
»Gott und alle Heiligen«, sprach der Müller, »werden es, denke ich, schon wollen.«
Da begann der Abt, der nicht wußte, wie ihm geschah, und sprach: »Wenn du das ausrichtest, so nimm dir von mir, was du willst; denn nichts in der Welt kannst du von mir fordern, das ich dir nicht gäbe, wenn es irgend möglich ist.«
Der Müller versetzte: »Dies will ich Eurem Belieben überlassen.«
»Wie willst du es aber anfangen?« fragte der Abt. Da antwortete der Müller: »Ich will mir Euren Rock und Mantel anziehen, mir den Bart scheren und morgen früh bei guter Zeit vor ihn treten und sagen, ich sei der Abt. Alsdann will ich ihm die vier Dinge auf solche Art auseinandersetzen, daß ich denke, er soll zufrieden sein.«
Der Abt konnte die Zeit nicht erwarten, bis er den Müller an seine Stelle geschoben. Und so geschah es. Der Müller verwandelte sich in einen Abt und machte sich am Morgen bei guter Zeit auf den Weg. Als er an dem Tore anlangte, wo der Herr innen wohnte, klopfte er an und sagte, der und der Abt wolle dem Herrn auf gewisse Dinge antworten, die er ihm aufgegeben habe. Der Herr, begierig zu hören, was der Abt sagen könne, und verwundert, daß er so bald wieder da war, ließ ihn zu sich rufen. Der Müller trat vor ihn, stellte sich ein wenig in den Schatten, machte seine Verbeugung und hielt die Hand öfters vor das Gesicht, um nicht erkannt zu werden, und als der Herr ihn nun fragte, ob er ihm über die vier Dinge Bescheid sagen könne, die er ihm aufgegeben habe, antwortete er: »Ja, Herr! Ihr fragtet mich, wie weit es von hier bis zum Himmel ist. Nachdem ich nun alles wohl ermessen, so ist es von hier bis da oben sechsunddreißig Millionen achthundertvierundfünfzigtausendzweiundsiebzig und eine halbe Meile und zweiundzwanzig Schritte.« Der Herr sprach: »Du hast es sehr genau angesehen. Aber wie beweisest du das ?«
»Laßt es ausmessen«, antwortete er; »und wenn dem nicht so ist, so hängt mich an den Galgen! – Zum andern fragtet Ihr mich, wie viel Wasser das Meer enthält. Dies ist mir sehr sauer geworden herauszubringen, denn es steht nicht fest und kommt immer neues hinzu. Aber ich habe doch ermittelt, daß im Meere fünfundzwanzigtausendneunhundertundzweiundachtzig Millionen Fuder, sieben Eimer, zwölf Imi, zwei Maß sind.«
Da sprach der Herr: »Wie weißt du das ?«
Er antwortete: »Ich habe es nach bestem Vermögen untersucht. Wenn Ihr es nicht glaubt, so laßt Eimer holen und es nachmessen! Befindet Ihr es anders, so laßt mich vierteilen! – Drittens fragtet Ihr mich, was sie in der Hölle machen: In der Hölle köpfen, vierteilen, zwicken und hängen sie nicht mehr und nicht minder, als Ihr hier auf der Erde tut.«
»Welchen Beweis hast du dafür?«
Er antwortete: »Ich habe einmal einen gesprochen, der da gewesen war, und von dem hatte der Florentiner Dante, was er über die Dinge in der Hölle geschrieben. Aber jetzt ist er tot. Wenn Ihr es also nicht glauben wollt, so schickt hin und laßt nachsehen! – Viertens endlich fragtet Ihr mich, wie viel Ihr wert seid. Und ich sage: Neunundzwanzig Silberlinge.«
Als Messer Bernabò dies hörte, wandte er sich voll Wut zu ihm und sagte: »Daß dich der Donner und das Wetter! Bin ich nicht mehr wert als ein Topf?«
Nicht ohne große Furcht gab der Müller zur Antwort: »Gnädiger Herr, vernehmt den Grund! Ihr wißt, daß unser Herr Jesus Christus um dreißig Silberlinge verkauft wurde; ich rechne, daß Ihr einen Silberling weniger wert seid als er.«
Als der Herr dies hörte, ward es ihm auf einmal deutlich, daß dies nicht der Abt sei. Er sah ihm starr ins Gesicht, und fest überzeugt, daß dies ein Mann von viel höhern Einsichten sei als der Abt, sprach er dreist: »Du bist nicht der Abt!«
Man kann sich den Schrecken denken, welchen der Müller hatte. Er warf sich mit gefalteten Händen vor ihm auf die Kniee, bat um Gnade und gestand dem Herrn, daß er der Müller des Abtes sei, und wie und warum er in dieser Vermummung vor seine Herrlichkeit gekommen und in welcher Weise er das geistliche Kleid angezogen habe, und alles dies mehr, um ihm einen Spaß zu machen, als aus böser Absicht.
Als Messer Bernabò dies vernahm, sprach er: »Wohlan denn, da er dich zum Abt gemacht hat und du mehr wert bist als er, so wahr Gott lebt, will ich dich bestätigen. Du sollst also hinfort der Abt sein und er der Müller. Auch sollst du alle Einkünfte des Klosters haben und er die der Mühle.« Und so mußte es gehalten werden, solange er lebte, daß der Abt Müller war und der Müller Abt.
Es ist eine sehr mißliche Sache und große Gefahr darin, sich gegenüber von großen Herren zu schützen, wie dieser Müller tat, und die Keckheit zu haben, die er hatte. Aber es geht mit diesen hohen Herren wie mit dem Meer: man geht unter großen Gefahren hin, aber bei großer Gefahr ist auch der Gewinn groß. Und es ist ein großer Vorteil, wenn auf der See Windstille herrscht; ebenso auch bei einem großen Herrn; aber beim einen wie beim andern ist es eine Hauptsache, auf seiner Hut zu sein, denn das Schicksal wendet sich schnell.
Einige haben berichtet, diese oder eine ähnliche Geschichte sei dem Papst*** begegnet, der einem Abte zur Buße eines begangenen Fehls die Aufgabe gestellt habe, die vier obengenannten Fragen zu beantworten, und noch eine drüber, nämlich welches das merkwürdigste Ereignis sei, das ihm im Leben begegnet wäre. Der Abt bat um Frist, kehrte nach der Abtei zurück, versammelte hier alle Mönche und Laienbrüder bis auf den Koch und den Gärtner, erzählte ihnen, welche Fragen er dem Papst beantworten sollte, und bat sie um Rat und Beistand. Da standen sie alle wie unsinnig da und wußten nicht, was sie antworten sollten. Als aber der Gärtner sah, daß sie alle verstummten, hub er an: »Herr Abt, da diese hier alle kein Wort hervorbringen, so will ich der sein, der redet und handelt. Ich hoffe Euch aus dieser Verlegenheit zu helfen. Gebt mir aber Eure Kleider, daß ich als Abt vor ihm erscheinen kann, und laßt diese Mönche mir folgen!«
So geschah es. Und als er vor den Papst kam, sagte er, der Himmel sei dreißig Schrei hoch. Vom Wasser des Meeres sagte er: »Laßt die Mündungen der Ströme erst verstopfen, die hineinfallen! Dann wird es zu ermessen sein.«
Den Wert seiner Person schätzte er auf achtundzwanzig Silberlinge, denn er rechne ihn zwei Silberlinge geringer an als Christus, dessen Statthalter er sei. Das merkwürdigste Ereignis seines Lebens, sagte er, sei gewesen, als er aus einem Gärtner zum Abt geworden. Und in dieser Würde ward er bestätigt.
Es mag nun geschehen sein, wie es will, mit diesem und jenem oder mit beiden, – jedenfalls wurde aus dem Abt ein Müller oder ein Gärtner.
In Siena lebte vor Zeiten ein reicher Bürger, der einen einzigen etwa zwanzigjährigen Sohn hatte, dem er, als er zu sterben kam, unter andern Vorschriften die drei folgenden gab: erstens, nie mit jemandem so viel zu verkehren, daß er diesem zum Überdruß werde; zweitens, wenn er eine Ware oder sonst etwas gekauft habe, woran er einen Gewinn machen könne, so solle er diesen hinnehmen und auch noch anderen Leuten daran Gewinn übriglassen; drittens, wenn er ein Weib nehme, so solle er eins aus der nächsten Nachbarschaft wählen, und wenn dies nicht sein könne, lieber eins aus seinem eigenen Lande als aus andern entlegenen. Der Sohn erhielt diese drei Vorschriften als Verlassenschaft, und der Vater starb.
Lange Zeit hatte dieser Jüngling mit einem aus dem Hause der Forteguerra verkehrt, welcher stets ein Verschwender gewesen war und jetzt einige mannbare Töchter hatte. Seine Verwandten stellten ihn täglich wegen seines Aufwandes zur Rede, es half aber nichts. Nun geschah es, daß jener Forteguerra eines Tages für den Jüngling und einige andere ein schönes Gastmahl bereiten ließ, als seine Verwandten ihn deshalb vornahmen und sprachen: »Was tust du, Unglücklicher? Willst du dem aufs Geratewohl noch zugeben, der ein so großes Vermögen geerbt hat, hast so viel Aufwand gemacht und machst immer noch und hast mannbare Töchter?«
Sie sprachen so lange, bis jener wie verzweifelt nach Hause ging, alle Speisen, die in der Küche bereitet wurden, wieder abbestellte, dann eine Zwiebel nahm, sie auf die schon gedeckte Tafel legte und den Befehl hinterließ, wenn der bewußte junge Mann zu Tische komme, so solle man ihm sagen, er möge die Zwiebel essen, denn anderes sei nichts da und Forteguerra speise nicht daheim.
Als die Essensstunde kam, begab sich der Jüngling nach dem Hause, wohin er geladen war, und als er in den Saal trat, fragte er die Gattin seines Freundes nach ihm. Die Frau antwortete, er sei nicht zu Hause und speise nicht daheim. Er habe aber hinterlassen, wenn er komme, so solle er jene Zwiebel essen, denn anderes sei nichts da. Bei diesem Gerichte gedachte der Jüngling des ersten Gebotes seines Vaters und wie übel er dasselbe befolgt habe. Er nahm die Zwiebel, kehrte nach Hause zurück, umwickelte sie mit einem Bindfaden und hängte sie an die Decke des Saales, in dem er zu speisen pflegte.
Nicht lange darauf kaufte er ein Reitpferd für fünfzig Gulden, und einige Monate nachher konnte er es für neunzig verkaufen, wollte es aber nicht lassen, sondern sagte, er wolle hundert dafür haben. Darauf beharrte er; eines Nachts aber ward das Pferd von Schmerzen überfallen und starb daran. Als der Jüngling dies bedachte, erkannte er, daß er das zweite Gebot des Vaters übel befolgt habe, schnitt dem Pferde den Schwanz ab und hängte ihn an die Decke neben die Zwiebel.
Als er sich hierauf verheiraten wollte, fügte es der Zufall, daß er weder in der Nachbarschaft noch in ganz Siena ein Mädchen finden konnte, das ihm gefiel; weshalb er in mehreren Ländern zu suchen begann und zuletzt nach Pisa gelangte, wo er einem Notar begegnete, der früher in Siena Geschäfte gehabt hatte und seines Vaters Freund gewesen war. Daher kannte ihn dieser Notar, nahm ihn sehr freundlich auf und fragte ihn, was er in Pisa für Geschäfte habe. Der Jüngling antwortete, er suche sich ein schönes Mädchen zur Braut, denn in ganz Siena könne er keine finden, die ihm gefalle.
»Wenn dies ist«, sagte der Notar, »so hat dich Gott hierher gesandt, und du sollst hier wohl bedient werden: denn ich habe hier ein Mädchen aus dem Hause der Lanfranchi unter den Händen, das Schönste, was man je sehen konnte, und hätte wohl Lust, sie zu der deinigen zu machen.«
Dem Jüngling gefiel es, und er konnte kaum die Zeit erwarten, bis er sie zu sehen bekäme. Dies gelang ihm denn, und als er sie gesehen hatte, machte er den Handel richtig und verabredete die Zeit, wann er sie nach Siena führen solle. Dieser Notar war von den Lanfranchi bestochen und das Mädchen unehrbar; denn da sie mit einigen jungen Pisanern zu tun gehabt, hatte sie nachher nicht mehr Gelegenheit gefunden, sich zu verheiraten, und darum gedachte dieser Notar, ihre Verwandten von dieser Last zu befreien und sie dem Siener anzuhängen. Er traf also Abrede mit ihrer Kammerfrau, welche vielleicht die Kupplerin gespielt hatte. Es war ein Weibchen aus ihrer Nachbarschaft, genannt Monna Bartolomea, und die junge Braut pflegte mit ihr bald hier, bald da ihrem Vergnügen nachzugehen.
Als nun alles in Ordnung und auch für die Begleitung gesorgt war, worunter sich auch einige der Jünglinge befanden, die sie oft in Liebe erkannt hatte, machten sie sich mit der Braut und dem Bräutigam auf den Weg nach Siena, und man sandte Boten voraus, um alles für sie in Bereitschaft zu setzen. Als sie auf der Reise waren, zeigte sich einer der Jünglinge, die sich in ihrem Gefolge befanden, so traurig, als ob er zum Galgen ginge; denn er bedachte, wie sie nun nach einem fremden Ort verheiratet werde und er ohne sie nach Pisa zurückkehren müsse. Und er trieb es mit seinem nachdenklichen Wesen und seinen Seufzern so weit, daß der Bräutigam ihres Einverständnisses gewahr wurde; denn das Sprichwort hat nicht Unrecht, welches sagt, daß die Liebe und der Husten nicht zu verbergen sind. Kaum hatte er dies bemerkt, als er argen Verdacht schöpfte und nicht eher ruhte, als bis er völlig erkannt hatte, wer das Mädchen sei, und wie der Notar ihn verraten und betrogen habe. Als sie daher nach Staggia gelangten, bediente sich der Bräutigam folgender List: Er äußerte, er wolle frühzeitig zu Nacht speisen, weil er am Morgen vor Tagesanbruch nach Siena eilen wolle, um die nötigen Vorbereitungen zu treffen. Dies sagte er so, daß der verliebte junge Mann es hören konnte. Die Kammern, in welchen sie schliefen, waren fast alle nur mit Brettern verschlagen und lagen nebeneinander. In der einen schlief der Bräutigam, in der andern die Braut mit der Kammerfrau, und in der dritten zwei junge Männer, von welchen der eine feine Ohren genug gehabt hatte, um die Äußerung des Sieners aufzufangen.
Am Morgen nun erhob er sich etwa eine Stunde vor Tagesanbruch, um, wie er zu verstehen gegeben hatte, nach Siena zu eilen. Er ging hinunter, setzte sich zu Pferde und ritt etwa vier Büchsenschüsse weit gegen Siena, worauf er die Zügel wandte und in langsamem Schritte nach Staggia zurückritt. Er näherte sich leise der Herberge, band sein Pferd an einem Türringe fest und ging hinauf nach dem Saale. Hier trat er an die Tür der Kammer, worin die Braut schlief, lauschte leise und überzeugte sich, daß sie den Jüngling bei sich habe; worauf er die schlechtverriegelte Tür erbrach und hineintrat. Dann ging er sacht zu der Bettsponde, suchte nach einem der Kleidungsstücke dessen, der darin schlief, und fand zufällig dessen Beinkleider. Die in dem Bette bemerkten ihn nicht, oder sie stellten sich aus Furcht, als schliefen sie. Er aber nahm die Beinkleider, verließ die Kammer, eilte die Treppe hinab, setzte sich mit den besagten Beinkleidern zu Pferde und eilte nach Siena. Als er nun nach Hause kam, hängte er sie an die Decke neben die Zwiebel und den Pferdeschwanz.
Am andern Morgen erhob sich zu Staggia die Braut mit ihrem Liebhaber. Der Jüngling aber, der seine Beinkleider nicht fand, setzte sich ohne diese mit der übrigen Gesellschaft zu Pferde und ging nach Siena. Sie erreichten das Haus, wo die Hochzeit sein sollte, und stiegen ab. Als sie sich nun zu einem Gabelfrühstück unter die drei aufgehängten Dinge setzten, wurde der Jüngling gefragt, was diese Dinge bedeuteten. Er antwortete: »Ich will es euch sagen und bitte alle, mir zuzuhören: Es ist nicht lange her, daß mein Vater starb und mir drei Gebote hinterließ. Das erste lautete so und so, und deshalb nahm ich diese Zwiebel und hängte sie hier auf; zweitens befahl er mir so und so, und auch hierin gehorchte ich ihm nicht; und als das Pferd starb, schnitt ich ihm den Schwanz ab und befestigte ihn hier oben; zum dritten befahl er mir, so nahe als möglich in der Nachbarschaft zu heiraten. Ich aber nahm mir kein Weib aus der Nähe, sondern ging bis nach Pisa und nahm dieses Mädchen, weil ich glaubte, sie sei, wie alle sein sollen, die sich als Jungfrauen verheiraten. Unterwegs aber lag dieser junge Mann, welcher hier sitzt, in der Herberge bei ihr. Ich kam leise zu ihnen, fand seine Beinkleider, nahm sie mit mir und befestigte sie hier an der Decke, und wenn ihr mir nicht glaubt, so sucht bei ihm danach, denn er trägt keine.«
Und so befand es sich.
»Nach Tische also«, fuhr er fort, »nehmt ihr dieses gute Mädchen und begebt euch wieder nach der Heimat, denn ich will sie nicht wieder sehen, geschweige denn bei ihr liegen. Dem Notar, der mir den guten Rat gab, die Heirat stiftete und den Vertrag niederschrieb, mögt ihr sagen, er möge einen Spinnrocken mit dem Pergament bekleiden.«
Und so geschah es. Sie zogen mit dem Mädchen ab, still und beschämt, oder, wie man zu sagen pflegt, mit lahmem Fuß und den Finger im Auge. Die Braut aber verschaffte sich mit der Zeit noch viele Männer, der Bräutigam andere Frauen.
In diesen drei Torheiten handelte dieser junge Mann den Geboten seines Vaters zuwider, die alle sehr nützlich sind, obgleich viele Leute sie nicht beobachten. In dem letzten Punkt aber, dem wichtigsten, kann man nicht irren, wenn man Verwandtschaften in der Nähe schließt; und doch tun wir alle das Gegenteil. Und nicht allein bei den Ehen, sondern auch wenn wir Pferde zu kaufen haben, wollen wir nichts von den Nachbarn, bei welchen uns alles voll Fehler erscheint, kaufen dagegen die der Deutschen, welche nach Rom gehen, in wahrer Wut auf. Und so geht es uns oftmals in beiden Fällen gerade wie in der Geschichte, die ihr gehört habt, ja noch schlimmer.
In der Stadt Florenz lebte vor Zeiten ein gewisser Piero Brandani, der seine ganze Zeit mit Prozessieren hinbrachte. Er hatte einen Sohn von etwa achtzehn Jahren, und da er nun eines Morgens auch wieder auf das Rathaus gehen mußte, um einen Rechtshandel zu vertreten, so gab er seinem Sohne gewisse Papiere und hieß ihn damit vorausgehen und ihn bei der Abtei von Florenz erwarten. Der Sohn gehorchte dem Vater, ging an den bezeichneten Ort und erwartete daselbst mit den Papieren den Vater. Es war im Monat Mai, und während der Junge so wartete, fing es an, sehr heftig zu regnen. Da kam eine Bäuerin oder Obsthändlerin mit einem Korb voll Kirschen auf dem Kopfe vorüber, und der Korb fiel ihr herunter: die Kirschen waren über die ganze Straße verstreut, und die Gosse dieser Straße war wie immer, sooft es regnet, zu einem kleinen Bache angeschwollen. Der junge Mensch machte, begierig, wie solche Leute sind, mit noch andern sich die Verwirrung zunutze und beeilte sich, die besagten Kirschen aufzulesen; ja sie liefen bis in den Bach hinein hinter denselben her. Als nun aber die Kirschen verzehrt waren und der junge Bursche sich auf seinen vorigen Standpunkt zurückbegab, fand er, daß er die Papiere nicht mehr unter dem Arm hatte, denn sie waren ihm in das Wasser gefallen und von diesem in den Arno geschwemmt worden, ohne daß er es bemerkt hatte. Er lief auf und ab, fragte da, fragte dort: es war alles umsonst, denn die Papiere schwammen bereits Pisa zu.
Der junge Mensch war darüber sehr betrübt und dachte daran, sich aus dem Staube zu machen aus Furcht vor seinem Vater. Er lief auch am ersten Tag bis Prato, wo die meisten Entwichenen oder Flüchtlinge von Florenz die erste Rast halten. Er ging in eine Herberge, wo nach Sonnenuntergang auch einige Kaufleute ankamen, nicht um die Nacht daselbst zuzubringen, sondern mit der Absicht, ihren Weg noch weiter gegen Ponte Agliana fortzusetzen. Die Kaufleute sahen, daß der junge Mensch so niedergeschlagen war, und fragten ihn, was er habe und woher er sei. Er antwortete auf ihre Frage, und sie schlugen ihm vor, sich an sie anzuschließen und bei ihnen zu bleiben. Der Knabe konnte es kaum erwarten, bis es weiterging; sie machten sich endlich auf und kamen um die zweite Stunde der Nacht nach Ponte Agliana. Sie klopften an eine Herberge, und der Wirt, der schon schlafen gegangen war, kam an das Fenster und fragte: »Wer da?«
»Mach uns auf! Wir wollen Quartier.«
Der Wirt aber sagte scheltend: »Wißt ihr denn nicht, daß es hier in der Gegend von Straßenräubern wimmelt? Es wundert mich sehr, daß ihr durchgekommen seid.«
Der Wirt hatte auch wirklich recht, da eine große Schar Verbannter das Land heimsuchte. Die Reisenden baten aber doch so lange, bis ihnen der Wirt öffnete. Als sie drinnen waren und ihre Pferde versorgt hatten, sagten sie, sie wollten zu Nacht essen. Der Wirt aber sagte: »Ich habe keinen Bissen Brot im Hause.«
Die Kaufleute antworteten: »Nun, was ist da zu tun?«
»Ich weiß kein anderes Mittel«, versetzte der Wirt, »als daß euer Bursche da irgend einen zerrissenen Kittel anzieht, in dem er recht wie ein Lump aussieht; er soll dort die Anhöhe hinuntergehen; drunten wird er eine Kirche finden, und alsdann soll er dem Ser Cione rufen, dem Pfarrer von dort, und ihm von mir ausrichten, er möge mir neunzehn Brote leihen. Ich sage dies darum, weil diese Bösewichter, wenn sie einen so schlechtgekleideten Jungen finden, nichts mit ihm anfangen werden.«
Er zeigte dem Burschen den Weg, welcher ungern ging, weil es Nacht war und man nicht gut sah. Voll Furcht, wie man sich denken kann, ging er hinweg, irrte da- und dorthin und konnte die Kirche durchaus nicht finden, bis er endlich in ein Gebüsch kam, aus welchem er etwas hervorschimmern sah, was wie eine Mauer aussah. In der Meinung, es sei die Kirche, nahm er sich vor, darauf loszugehen. Er kam auf eine große Tenne, die er für den Kirchplatz hielt. In Wahrheit aber stand er an dem Hause eines Landmannes. Er ging darauf zu und fing an, an die Türe zu klopfen. Der Landmann hörte ihn und rief: »Wer ist da?«
Der Knabe antwortete: »Macht mir auf, Ser Cione, der Wirt (er nannte den Namen) von Ponte Agliana schickt mich her, Ihr möchtet ihm neunzehn Brote leihen.«
»Was Brote!« rief der Bauer, »Gaudieb, der du bist und der du für die Spitzbuben Kundschaft einziehen willst! Wenn ich hinauskomme, so will ich dich packen und nach Pistoja schicken, daß sie dich aufhängen.«
Als der junge Mensch diese Worte hörte, wußte er nicht, was er anfangen sollte, und indem er so außer sich nach einem Wege sich umsah, der ihn an einen bessern Hafen führen könnte, hörte er ganz nahe am Saum des Waldes einen Wolf heulen. Er schaute umher und sah auf dem Platz eine Tonne aufrecht stehen, der oben der Boden eingeschlagen war. Er lief stracks darauf zu, stieg hinein und wartete mit großer Besorgnis, was das Schicksal über ihn beschlossen habe. Unterdessen kam wirklich der Wolf heran; er war vielleicht aus Alter räudig, lehnte sich an das Faß und fing an, sich daran zu reiben. Während er so juckte, erhob er den Schwanz, und dieser kam gerade in das Spundloch hinein. Der Knabe fühlte sich innerhalb des Fasses von dem Schwanze berührt und kam in heftige Angst. Sobald er aber sah, was es war, packte er in seiner großen Not den Schwanz und nahm sich vor, solange seine Kräfte ausreichen, ihn nicht mehr loszulassen, bis er ihn ganz innen hätte.
Der Wolf, als er sich am Schwanze gepackt fühlte, fing an zu ziehen; der Knabe hielt fest und zog gleichfalls. So zogen beide, bis die Tonne umfiel und zu rollen begann. Der Knabe hielt immer fester, und der Wolf zog, und je mehr er zog, desto mehr Schläge versetzte ihm das Faß auf den Rücken. Dieses Wälzen dauerte wohl zwei Stunden, und das Faß versetzte dem Wolf so heftige Schläge, daß er am Ende ums Leben kam. Der Jüngling war dabei freilich auch halb zerstoßen worden; doch kam ihm sein gutes Glück so weit zu statten, daß, je fester er den Schwanz hielt, desto mehr er selbst geschützt und der Wolf in Nachteil versetzt war. Als er den Wolf getötet hatte, wagte er doch die ganze Nacht nicht, aus dem Fasse hervorzukriechen noch den Schwanz loszulassen.
Gegen Morgen stand der Landmann auf, bei welchem der Knabe an die Türe geklopft hatte, und sah, als er zur Arbeit auf den Acker ging, am Fuße eines Absturzes das Faß liegen. Da dachte er und sprach bei sich selbst: »Diese Teufel, die des Nachts umgehen, richten auch nichts als Unheil an. Weil sie nun nichts anderes oben auf der Tenne gefunden haben als mein Faß, haben sie es mir bis dort hinuntergerollt.«
Er schritt näher hinzu und sah neben dem Fasse den Wolf liegen, der noch nicht tot schien. Da fing er an zu schreien: »Ein Wolf! Ein Wolf! Ein Wolf!«
Die Leute aus dem Dorfe kamen auf den Lärm herbeigelaufen, und als sie näherrückten, bemerkten sie, daß der Wolf tot war und der junge Mensch in dem Fasse lag. Alles bekreuzte und segnete sich und fragte den Knaben: »Wer bist du denn? Was soll das heißen?«
Mehr tot als lebendig und kaum imstande, noch Atem zu schöpfen, sagte der Knabe: »Erbarmt euch meiner um Gottes willen und hört mich an, ohne mir etwas zuleide zu tun!«
Die Bauern spitzten die Ohren, um den Hergang eines so unerwarteten Abenteuers zu vernehmen. Er erzählte nun von dem Verlust der Papiere bis zu diesem Punkte alles, was ihm begegnet war. Die Leute hatten großes Mitleid mit ihm und sagten: »Junge, du hast großes Unglück gehabt; aber doch wird es dir nicht so übel ausschlagen, wie du glaubst. In Pistoja ist ein Gesetz: wer einen Wolf erlegt und ihn der Gemeinde bringt, bekommt von ihr fünfzig Pfund.«
Da wurden die erstarrten Lebensgeister dem Jüngling wieder etwas rege, als sie ihm anboten, ihn zu begleiten und ihm den Wolf tragen zu helfen, was er auch annahm. Einige von ihnen trugen mit ihm den Wolf hinweg, und als sie in das Wirtshaus von Ponte Agliana kamen, von wo er ausgegangen war, verwunderte sich der Wirt daselbst, wie nicht anders zu erwarten ist, und sagte, die Kaufleute seien bereits weitergezogen, und er wie sie hätten, als er nicht zurückkam, geglaubt, er sei entweder von Wölfen gefressen oder von Räubern gefangen worden. Kurz, der Knabe lieferte endlich den Wolf an die Gemeinde von Pistoja ab und erhielt, nachdem er den ganzen Verlauf erzählt hatte, fünfzig Pfund. Von diesen gab er fünf aus zur Bewirtung der Gesellschaft, und mit den übrigen fünfundvierzig kehrte er, nachdem er sich von ihnen verabschiedet hatte, zu seinem Vater zurück. Er bat ihn um Verzeihung, erzählte ihm alles, was ihm begegnet war, und gab ihm die fünfundvierzig Pfund. Der Vater als armer Mann war darüber sehr erfreut, verzieh ihm, ließ von dem besagten Gelde eine neue Abschrift von jenen Papieren machen und prozessierte mit dem Reste lustig drauflos.
Darum muß man über nichts in der Welt verzweifeln, denn gar oft gibt das Glück ebenso wieder, wie es nimmt. Wer hätte sich eingebildet, daß die im Wasser verlorenen Papiere wiederersetzt werden sollten durch einen Wolf, der seinen Schwanz durch das Spundloch eines Fasses steckte und sich so fangen lassen mußte? Gewiß, dies ist ein Fall und ein Beispiel, das nicht nur lehrt, daß man nicht verzweifeln darf, sondern daß man, was auch kommen mag, weder trostlos noch verdrießlich werden soll.
Der Markgraf Obizzo von Ferrara befahl eines Tages dem Hofnarren Gonnella, entweder weil er eine Kleinigkeit gegen ihn verbrochen hatte, oder weil er sich einen Spaß mit ihm zu machen gedachte, mit ausdrücklichen Worten, er solle sich auf seinem Grund und Boden nicht mehr betreffen lassen, widrigenfalls ihm das Haupt abgeschlagen werde. Kaum hatte dies Gonnella vernommen, so begab er sich nach Bologna, mietete sich einen Rollwagen, füllte denselben mit bolognesischer Erde an, und nachdem er mit dem Wagenführer über den Preis einig geworden war, bestieg er denselben und kehrte auf diesem Rollwagen zurück vor den Markgrafen Obizzo. Als dieser den Gonnella in solcher Weise zurückkehren sah, wunderte er sich und sprach: »Gonnella, habe ich dir nicht verboten, meinen Grund und Boden wieder zu betreten, und nun wagst du es, auf einem Rollwagen vor mir zu erscheinen? Was soll das heißen? Verachtest du meine Gebote?«
Zugleich befahl er seiner Dienerschaft, ihn zu verhaften. Aber Gonnella sprach: »Mein Gebieter, hört mich um Gottes willen an und laßt mir Recht widerfahren! Wenn Ihr findet, daß ich im Unrecht bin, sollt Ihr mich an den Galgen hängen lassen.«
Der Markgraf war neugierig, zu hören, was er sagen werde, denn er erwartete wohl, daß wieder ein frischer Witz komme. Er rief also seinen Dienern zu: »Verzichtet eine Weile und laßt ihn reden!«
Da begann Gonnella und sprach: »Herr, Ihr befahlt mir, Euren Grund und Boden nicht mehr zu betreten, weshalb ich mich eilends nach Bologna begab und diesen Wagen mit bolognesischem Grund und Boden füllen ließ. Diesen betrat und betrete ich noch jetzt und nicht den Euren noch den von Ferrara.« Als der Markgraf dies hörte, nahm er diesen Grund mit großer Ergötzung für gültig an und sprach: »Gonnella, du bist eine sinntäuschende Nachtjacke ( gonnella), so bunt und schillernd von Farbe, daß mir weder List noch Kunst gegen deine Bosheit aushilft. Bleibe, wo es dir beliebt, denn ich lasse dir den Sieg.«
Und durch diese spaßhafte List gewann er die Erlaubnis, in Ferrara zu bleiben, schickte den Rollwagen nach Bologna zurück und galt beim Markgrafen nur noch mehr als zuvor.
Zu meiner Zeit war Pfarrer einer Kirche in Castello im Gebiet von Florenz einer, der Ser Tinaccio hieß, der schon alt war, aber in vergangenen Zeiten als Freundin oder Feindin ein schönes Mädchen aus der Vorstadt Ognissanti besessen und von ihr eine Tochter gehabt hatte, die in besagter Zeit sehr schön und heiratsfähig war; und überall redete man davon, die Nichte des Pfarrers wäre ein hübsches Ding.
Nicht weit von da wohnte ein Jüngling, dessen Namen und Familie ich verschweigen will, der besagtes Mädchen öfter gesehen hatte. Da er sich in sie verliebt hatte, dachte er sich eine schlaue List aus, um mit ihr zusammenzusein, und stellte es folgendermaßen an.
Eines Abends, bei regnerischem Wetter, als es schon sehr spät war, verkleidete er sich als Bäuerin, und nachdem er sich ein Halstuch umgelegt hatte, stopfte er sich mit Stroh und Tüchern aus, die ihm das Aussehen gaben, als ob er schwanger sei und sein Leib bis zum Halse reiche; und er ging in die Kirche, um zu beichten zu verlangen, wie es die Frauen tun, wenn sie unmittelbar vor der Entbindung stehen. Als er in der Kirche ankam, war es die erste Stunde der Nacht; er klopfte an die Tür, und als der Meßdiener kam, um aufzumachen, fragte er nach dem Pfarrer. Der Meßdiener sagte: »Er ist vor kurzer Zeit weggegangen, um jemand das Abendmahl zu geben, wird aber bald wiederkommen.«
Die schwangere Frau sagte: »O weh, ich Unglückliche, ich bin ganz schwach!« Und indem sie sich oft das Gesicht mit einem Tuch abwischte, mehr, um nicht erkannt zu werden, als wegen des Schweißes, den sie auf dem Gesicht hatte, ließ sie sich ganz erschöpft zum Sitzen nieder und sprach: »Ich werde auf ihn warten, denn wegen der Schwere meines Körpers könnte ich nicht nach Hause zurückkehren, und wenn ich sterben müßte, ich möchte es nicht länger aufschieben.«
Darauf sagte der Meßdiener: »Gott gebe dir seinen Beistand!«
Wie sie so wartete, erschien der Priester, gegen die erste Nachtstunde. Seine Gemeinde war groß: daher hatte er genug Pfarrkinder, die er nicht kannte. Als er sie im Dämmerlicht sah, sagte ihm die Frau unter großer Bedrängnis, sich das Gesicht abwischend, daß sie auf ihn gewartet hätte, und die Umstände, warum sie auf ihn gewartet hätte. Und der Priester begann ihr die Beichte abzunehmen. Die männliche Frau dehnte ihre Beichte sehr lang aus, damit die Nacht ganz hereinbrach.
Nach abgelegter Beichte fing die Frau zu seufzen an und sagte: »Ich Unglückliche, wohin werde ich nunmehr heute abend gehen?«
Ser Tinaccio antwortete: »Es wäre eine Dummheit, jetzt fortzugehen: die Nacht ist dunkel und regnerisch, und es sieht nach noch stärkerem Regen aus; geht daher nicht anderswohin, sondern bleibt heute abend bei meinem Mädchen, und morgen früh könnt Ihr weiterziehen.«
Als die männliche Frau dies hörte, schien es ihr, als habe sie glücklich das erreicht, worauf sie hinauswollte, und da die Worte des Priesters ihren Appetit steigerten, sagte sie: »Mein Vater, ich werde tun, wie Ihr mir ratet, weil ich von dem Wege hierher so außer Atem bin, daß ich nicht glaube, noch hundert Schritte ohne große Gefahr gehen zu können, und das Wetter ist schlecht, und die Nacht ist da, so daß ich tun werde, wie Ihr sagt. Aber um eines bitte ich Euch: entschuldigt mich, wenn mein Mann irgend etwas sagen sollte!«
Der Priester entgegnete: »Darauf könnt Ihr Euch verlassen.«
Und sie ging in die Küche, wie der Priester sie eingeladen hatte, und sie aß mit ihrem Mädchen Abendbrot, wobei sie oft ihr Taschentuch über das Gesicht führte, um ihr Aussehen zu verstecken. Als sie gegessen hatten, gingen sie in einer Kammer zu Bett, die nur durch eine dünne Bretterwand von der Schlafkammer Ser Tinaccios entfernt war.
Das junge Mädchen war in ihrem ersten Schlaf, als die junge Frau anfing, ihre Brüste zu berühren, und das Mädchen hatte schon ein bißchen geschlafen, und den Priester hörte man kräftig schnarchen. Als nun die schwangere Frau sich an das Mädchen anschmiegte und diese merkte, wer sich an ihr aufrichtete, fing sie an, Ser Tinaccio zu rufen, und sagte: »Es ist ein Junge!«
Mehr als dreimal rief sie ihn, bevor er wach wurde; beim viertenmal sagte sie: »Ser Tinaccio, es ist ein Junge«, und Ser Tinaccio fragte ganz verschlafen: »Was sagst du?«
»Ich sage, daß es ein Junge ist.«
Ser Tinaccio meinte, daß die gute Frau einen Jungen zur Welt gebracht habe, und sagte daher: »Hilf ihm, hilf ihm, liebe Tochter!«
Mehrmals wiederholte das Mädchen: »Ser Tinaccio, Ser Tinaccio, ich sage Euch, daß es ein Junge ist!«
Und er antwortete: »Hilf ihm, meine Tochter, hilf ihm, und Gott stehe ihr bei!«
Müde und vom Schlummer überwältigt schlief Ser Tinaccio wieder ein, und da das Mädchen es ebenfalls müde war, sowohl die schwangere Frau als auch den Schlaf abzuwehren, es ihr aber so vorkam, als ob der Priester ihr zuredete, jenem zu helfen, von dem sie ihm sagte, – so verging die Nacht, so gut sie konnte. Und kurz vor Tagesanbruch, nachdem der Jüngling, sooft er wollte, sein Verlangen gestillt und ihr, die schon klein beigegeben hatte, zu erkennen gegeben hatte, sowohl wer er wäre, als auch wie er sich aus Liebe zu ihr, nur um mit ihr Zusammensein zu können, sich als Frau verkleidet hatte, da er sie mehr als irgend etwas auf der Welt liebte, erhob er sich und schenkte ihr als Liebespfand zum Abschied das Geld, das er bei sich hatte, und schwur ihr, alles, was er habe, sei ihr Eigentum. Dann verabredete er noch mit ihr für die Zukunft, wie sie häufig zusammenkommen könnten, und darauf nahm er unter vielen Küssen und Umarmungen Abschied, indem er sagte: »Wenn Ser Tinaccio dich fragen wird, was mit der schwangeren Frau ist, wirst du ihm sagen: 'Sie hat heute nacht einen kleinen Jungen zur Welt gebracht, als ich Euch gerufen habe, und heute in aller Frühe ist sie mit diesem Jungen mit Gott nach Hause gegangen.'«
Die schwangere Frau ging fort, wobei sie das Stroh, mit dem sie ihren Busen ausgestopft hatte, im Strohsack Ser Tinaccios zurückließ.
Sobald besagter Ser Tinaccio aufgestanden war, ging er in die Kammer des Mädchens und sagte: »Welch Unglück ist heute nacht geschehen, daß du mich nicht hast schlafen lassen? Die ganze Nacht ging es: ›Ser Tinaccio, Ser Tinaccio!‹ – Na, was gab es denn?«
Das Mädchen antwortete: »Jene Frau brachte einen schönen Jungen zur Welt.«
»Und wo ist sie?«
Das Mädchen antwortete: »Heute ganz früh am Morgen ist sie – ich glaube, mehr aus Scham als aus einem anderen Grund – mit dem Kinde fortgegangen.«
Worauf Ser Tinaccio meinte: »Gott strafe sie! Diese Frauen warten so lange, bis sie ihre Kinder irgendwo wie ihr Wasser abschlagen. Wenn ich sie wiedererkennen oder erfahren kann, wer ihr Mann ist, werde ich ihr tüchtige Grobheiten sagen.«
Das Mädchen erwiderte: »Daran werdet Ihr sehr recht tun, denn sie hat auch mich die ganze Nacht nicht schlafen lassen.«
Und so endete diese Geschichte. Von da an brauchte man natürlich keine große Alchemie, um eine Zusammenkunft der beiden Planeten zu bewirken, die sich oft, wenn die Augenblicke günstig waren, zusammenfanden, und der Priester bekam die Ware, die seinesgleichen sonst andern Leuten gibt. Da man sich nicht an ihren Frauen rächen kann, sollen so allen anderen Frauen, die ihnen nahestehen, seien es ihre Nichten oder ihre Töchter, ähnliche Streiche gespielt werden: denn der ist sicher einer der besten und gelungensten, von denen man jemals gehört hat. Und ich glaube, daß der Jüngling nur eine kleine Sünde beging, wenn er gegen einen von den Leuten sich verfehlte, die unter dem Deckmantel der Religion so viel Sünden gegen ihre Mitmenschen begehen.
Als der Bischof Guido über Arezzo herrschte, erwählten die Gemeinden der Casentiner Landschaft zwei Gesandte, um sie an ihn abzufertigen und ihn wegen gewisser Dinge anzugehen. Man teilte ihnen ihren Auftrag und das, was sie ihm auseinanderzusetzen hätten, ausführlich mit und gab ihnen eines Abends spät Befehl, des andern Morgens ihre Reise anzutreten. Sie kehrten also abends nach Hause, packten eilends zusammen und machten sich in der Frühe auf nach ihrem Bestimmungsort.
Als sie einige Meilen gewandert waren, sagte einer zum andern: »Erinnerst du dich noch des Auftrages, den man uns gegeben hat?«
Der andere erwiderte, er habe sich ihn nicht gemerkt.
»Ei, ich habe mich auf dich verlassen«, sagte jener.
»Und ich mich auf dich«, entgegnete der andere.
»Das haben wir gut gemacht«, riefen beide und stierten einander an. »Was ist da zu tun?«
Der eine sagte: »Nun sieh, wir sind bald in der Herberge, wo wir unser Frühstück halten. Dort wollen wir uns einmal recht zusammennehmen, und so muß es uns notwendig wieder einfallen.«
Der andere sprach: »Du hast recht.« So ritten sie träumend weiter und kamen um die dritte Stunde in die Herberge, wo sie frühstücken wollten. Wie sie aber hin und her dachten, ehe es zum Essen ging, so konnten sie sich doch durchaus nicht auf die Sache besinnen. Als sie bei Tisch saßen, wurde ihnen ein sehr feiner Wein aufgewartet. Die Gesandten, welchen der Wein viel besser schmeckte als das Nachdenken über ihren Auftrag, fingen an, der Flasche zuzusprechen, tranken und tranken, füllten die Gläser und leerten sie wieder, und als das Essen vorüber war, war so wenig davon die Rede, daß sie sich ihrer Botschaft erinnerten, daß sie vielmehr gar nicht mehr wußten, wo sie waren, und sich schlafen legten.
Nachdem sie ein Stück weggeschlafen hatten, erwachten sie ganz verdutzt, und einer sprach zum andern: »Ist dir jetzt unsere Angelegenheit eingefallen?«
Der andere sagte: »Ich weiß von nichts; mir ist nur so viel klar, daß der Wein des Wirtes der beste Wein ist, den ich je getrunken habe. Seit dem Frühstück bin ich überhaupt nicht wieder zur Besinnung gekommen, als eben jetzt, und jetzt weiß ich kaum, wo ich bin.«
Jener erwiderte: »Gerade das nämliche sage ich dir auch. Aber was sollen wir denn sagen? Was sollen wir anfangen?«
Sein Gefährte entgegnete ihm kurz: »Wir wollen heute hierbleiben und auch hier übernachten, denn guter Rat kommt, wie du weißt, über Nacht. Es kann nicht fehlen, daß uns die Sache bis dahin einfällt.«
Sie waren hierüber einig und blieben den ganzen Tag daselbst und guckten noch wiederholte Male in das Glas. Bei dem Abendessen wurden gleichfalls die Gläser mehr in Anspruch genommen als das Holzwerk, und nach beendigtem Mahle waren sie so weit, daß einer kaum den andern kannte. Sie gingen zu Bett und schnarchten die ganze Nacht wie Schweine.
Als sie am Morgen aufstanden, sagte der eine: »Was fangen wir nun an?«
Der andere antwortete: »Der Himmel muß sich wider uns verschworen haben; denn da mir diese Nacht keine Silbe von dem ganzen Auftrage eingefallen ist, so glaube ich auch nicht, daß er mir je wieder ins Gedächtnis kommt.«
»Meiner Treu«, versetzte jener, »mit uns sieht es nicht zum besten aus. Ich weiß gar nicht, was das heißen soll, ob es dieser Wein oder etwas anderes ist. Ich habe mein Leben lang noch nie so fest geschlafen, ohne mich wieder ermuntern zu können, wie heute Nacht in diesem Wirtshause. Was zum Teufel soll das heißen?«
»Laß uns zu Pferde steigen«, sagte der andere, »und in Gottes Namen weiterreiten! Vielleicht fällt es uns unterwegs ein.«
So setzten sie denn ihre Reise fort und sagten unterwegs oft zu einander: »Ist es dir eingefallen?«
Der andere: »Mir nicht.«
»Mir auch nicht«, sagte der erste.
Auf diese Art kamen sie in Arezzo an und gingen in das Wirtshaus, wo sie sich oft abseits in eine Kammer begaben, die Backen auf die Hände gestützt, aber niemals sich auf die Sache besinnen konnten. Da sagte einer zuletzt, fast verzweifelnd: »Gehen wir geradezu hin! Gott möge uns beistehen!«
Der andere aber sagte: »Wie sollen wir denn aber mit ihm reden, wenn wir nicht wissen, was?«
Der erstere aber antwortete: »Auf diesem Punkte kann die Sache nun doch einmal nicht bleiben.«
So ließen sie es denn auf das Geratewohl ankommen und gingen zum Bischof, und als sie vor ihm standen, machten sie eine tiefe Verbeugung und blieben dabei stehen, ohne es zu etwas anderm zu bringen. Der Bischof war ein wackerer, ansehnlicher Herr, erhob sich und ging auf sie zu, nahm sie bei der Hand und sagte: »Seid willkommen, meine Kinder! Was bringt ihr Neues?«
Einer schaute den andern an: Sprich du!
Aber keiner von beiden redete ein Wort. Am Ende aber sagte der eine: »Herr Bischof, wir sind abgesandt an Euer Gnaden von Euren ergebenen Dienern in der Casentiner Landschaft; aber die, welche uns abschickten, sind ebenso unbeholfen wie wir, die Abgesandten, und sie überbrachten uns unsern Auftrag spät abends in großer Hast. Was nun schuld sein mag, entweder wußten sie es uns nicht recht zu sagen, oder wir waren zu ungeschickt, es zu verstehen. Wir bitten Euch demnach inständig, Ihr möget Euch diese Gemeinden und ihre Mitglieder empfohlen sein lassen; die aber mögen meuchlings umkommen, die uns hierher gesandt haben, und wir selber, daß wir hergekommen sind!«
Der verständige Bischof legte ihnen die Hand auf die Schulter und sagte: »Geht in Frieden wieder heim und sagt meinen lieben Kindern im Casentino, ich sei immer darauf bedacht, für ihr Bestes alles zu tun, was in meinen Kräften stehe. Damit sie sich aber hinfort nicht mehr in die Unkosten einer Gesandtschaft versetzen, mögen sie, sooft sie etwas von mir wollen, an mich schreiben, und ich will ihnen meine Antwort brieflich zukommen lassen.«
Darauf nahmen sie Abschied und gingen.
Unterwegs sagte einer zum andern: »Hüten wir uns, daß es uns nicht auf dem Rückweg ebenso ergeht wie auf dem Herweg!«
Der andere aber sagte: »Ach, was haben wir denn im Gedächtnis zu behalten?«
»Nun«, sprach jener, »wir müssen doch darauf bedacht sein, wie wir ausrichten wollen, was wir hier auseinandergesetzt, und was wir zur Antwort erhalten haben. Denn wenn unsere Mitbürger im Casentino jemals erführen, daß wir ihren Auftrag so vergessen haben, und daß wir wie Gehirnlose wieder vor sie treten, so würden sie uns nimmermehr als Botschafter aussenden, ja uns gar kein Amt mehr anvertrauen.«
Der andere, der ein wenig schlauer war, sagte: »Überlaß diese Sorge nur mir! Ich werde ihnen sagen, wir haben uns unserer Sendung gegen den Bischof entledigt, und er habe sich gnädig darin und in allen Stücken erboten, immerdar ihr Wohl zu fördern, und um seine Liebe noch mehr zu betätigen, habe er gesagt, zu Ersparung von Kosten sollen sie, sooft sie etwas von ihm brauchen, es mit gehöriger Ruhe und Bequemlichkeit in einem einfachen Briefe schreiben und die Gesandtschaften unterlassen.«
»Das hast du gut ausgesonnen«, sagte der andere. »Wir wollen schneller reiten, damit wir bei guter Zeit wieder zu dem Wein kommen, weißt du!«
So spornten sie ihre Pferde und kamen in das Gasthaus, und als ein Knecht herauskam, um ihnen den Steigbügel zu halten, fragten sie nicht nach dem Wirte, noch ob er zu essen habe, sondern ihr erstes Wort war, daß sie sich nach jenem Weine von neulich erkundigten. Der Knecht sagte: »Der ist besser als je.«
Da stärkten sie sich hier denn auch das zweitemal nicht weniger als zuvor und wichen nicht eher von der Stelle, als bis unter redlichem Beistand anderer Zechbrüder der Wein auf die Neige und der Boden des Fasses zum Vorschein gekommen war. Voll Kummer darüber zogen sie von dannen und gelangten zu denen, die sie abgeschickt hatten. Die Lügen, die sie ersonnen hatten, behielten sie viel besser im Gedächtnis, als vorher die Wahrheit. Sie sagten, sie hätten vor dem Bischof eine so schöne Standrede gehalten, und taten, als wäre der eine ein Cicero, der andere ein Quintilian gewesen. Dadurch ernteten sie großes Lob ein und wurden auch späterhin mit andern Ämtern betraut, denn sie waren mehrmals Rechnungsrevisoren oder Güterverwalter.
Wie oft geschieht es doch in der Welt, und nicht nur bei erbärmlichen Geschöpfen, wie diese waren, sondern bei weit größeren als sie, daß solche ohne weiteres als Botschafter verwendet werden, während sie doch mit den Ereignissen so wenig vertraut sind als der Sultan mit Frankreich! Dann versichern sie mündlich und schriftlich, sie haben Tag und Nacht nicht geruht, sondern immer mit größtem Eifer den Geschäften obgelegen, und alles ist ihr Machwerk, was sie gut heißen und wobei sie anwesend sind, während sie doch oft nicht mehr Bewußtsein dazu bringen als ein Klotz. Dafür werden sie aber von ihren Absendern gepriesen und mit den größten Ämtern und andern Belohnungen überhäuft, weil sie von der Wahrheit abgehen, zumal in Fällen, wo sie sehen, daß ihnen ein Vorteil daraus erwächst, wenn man ihnen Glauben schenkt.
Als der Kardinal del Fiesco im Auftrage der Kirche in Todi war, brachte er Soldaten mit, unter denen einer mit Namen Ferrantino degli Argenti aus Spoleto war, den der Schreiber dieser Zeilen und viele andere ungefähr um das Jahr 1390 als Vollstreckungsbeamten von Florenz sahen, wo er sich dadurch auszeichnete, daß er ein Pferd ritt, dessen Kreuzgurte so übermäßig groß waren, daß ihre Lederriemen gut und gern eine Viertelarmlänge breit waren.
Nachdem eine Burg im Gebiet von Todi von einem Edelmann aus der Gegend genommen worden war, mußten alle Soldaten des Kardinals dorthin reiten; unter ihnen befand sich besagter Ferrantino. In der Gegend der Burg richteten sie so viel Schaden wie möglich an, ohne sie jedoch wiederzuerobern, und wie sie nach Todi zurückkehrten, setzte ein mächtiger Regenguß ein, der alle bis auf die Haut durchnäßte, und Ferrantino wurde noch mehr durchnäßt als irgendein anderer, weil seine Kleidungsstücke aus irischer Serge zu sein schienen, denn so abgetragen waren sie.
So durchnäßt zog er in Todi ein und stieg vor einem Häuschen ab, das er gemietet hatte, und sagte seinem kleinen Pagen, er solle die Pferde in den Stall bringen. Er selbst suchte im ganzen Haus herum, ob er Feuer oder Holz zum Feuermachen finden würde; aber er fand nichts, weil er ja nur ein armer Schildknappe war und sein Haus nur eine Armeleutewohnung.
Als er dies merkte und sah, wie er ganz durchnäßt und erfroren war, sagte er: »So kann ich nicht bleiben.« Schnell ging er hinaus, und von Tür zu Tür steckte er seinen Kopf hinein und stieg die Treppen hinauf und suchte in den anderen Häusern, ob er irgendwo ein Feuer fände, wo er sich einnisten könnte, um sich zu trocknen. Wie er so von Haus zu Haus ging, kam er zufällig an eine Tür: hier trat er ein, ging hinauf und fand in der Küche ein mächtiges Feuer mit zwei vollen Kochtöpfen und einem Bratspieß mit Kapaunen und Rebhühnern, den ein recht anmutiges junges Mädchen umdrehte. Sie stammte aus Perugia und hieß Caterina.
Wie sie Ferrantino so plötzlich in ihre Küche kommen sah, wurde sie fast ohnmächtig und fragte: »Was willst du?«
Und er sagte: »Ich komme grade aus dem und dem Orte und bin ganz durchnäßt, wie du siehst. In meinem Haus ist kein Feuer, und ich kann nicht länger warten, sonst sterbe ich. Daher bitte ich dich, laß mich mich trocknen, und dann werde ich wieder weggehen.«
»Trockne dich schnell«, erwiderte das Mädchen, »und geh mit Gott: denn wenn Messer Francesco, der eine große Gesellschaft zum Abendessen bei sich hat, zurückkommt, würde er nicht einverstanden sein und würde mich tüchtig prügeln.«
»Ich will es tun«, sagte Ferrantino; »aber wer ist denn dieser Messer Francesco?«
Sie antwortete: »Messer Francesco aus Narni, der Domherr, wohnt in diesem Hause.«
»Oh«, meinte Ferrantino, »ich bin doch sein bester Freund« (und dabei kannte er ihn überhaupt nicht).
Das Mädchen fuhr fort: »Ei, mach schnell, denn ich bin trotzdem in großer Unruhe.«
»Hab keine Angst«, erwiderte Ferrantino, »denn ich werde bald trocken sein.«
In dem Augenblick kam Messer Francesco nach Hause, und wie er in die Küche ging, um nach dem Essen zu sehen, bemerkte er Ferrantino, der sich trocknete, und sagte: »Was machst du hier? Wer ist der Mann?« Und Ferrantino sagte: »Was ist los? Wie bitte?« Worauf Messer Francesco: »Gott verwünsche dich! Du mußt ein Spitzbube sein, wenn du in die Häuser fremder Leute eindringst. Mach schnell, daß du hinauskommst!« » O Pater reverende«, erwiderte Ferrantino, » patientia vestra, bis ich trocken bin!«
»Wie?« sagte der Domherr, » Pater merdende?« Ich sage dir, mach, daß du hinauskommst, in deinem Interesse!«
»Ich trockne mich gerade.«
»Ich sage dir, du sollst aus dem Hause gehn; sonst werde ich dich als Dieb anzeigen.«
Und Ferrantino erwiderte: »O Priester Gottes, miserere mei!« und rührte sich nicht.
Als Messer Francesco sah, daß er nicht fortging, ergriff er einen Degen und sprach: »Bei Gott, ich werde schon sehen, ob du mir zum Trotz im Hause bleiben wirst«, und stürzte sich mit dem Degen auf Ferrantino.
Wie er das sah, stand Ferrantino auf, legte die Hand an seinen Degen und sagte: » Non truffemini«, zog seinen Degen aus der Scheide und ging auf den Domherrn los, so daß er ihn ins Zimmer zurückdrängte, und Ferrantino drängte nach, und so befanden sich beide in dem Zimmer und plänkelten miteinander, ohne sich zu berühren.
Als Messer Francesco sah, daß er nicht imstande sei, ihn hinauszujagen, auch nicht, obwohl er zum Degen gegriffen hatte, und wie Ferrantino mit seiner Waffe herumfuchtelte, sagte der Domherr: »Bei Gott, ich werde sofort gehen und dich bei dem Kardinal anklagen.«
Ferrantino erwiderte: »Ich will auch hingehen.«
»Wir wollen beide gehen, wir wollen beide gehen.«
Und so gingen beide die Treppe hinunter, und als sie an der Tür ankamen, sagte Francesco zu Ferrantino: »Geh voran!«
Ferrantino antwortete: »Ich werde nicht vor Euch gehen, der Ihr ein Diener Christi seid.« Und er redete so, daß Messer Francesco zuerst hinausging.
Kaum war dieser draußen, schob Ferrantino die Tür zu und schloß sich innen ein, und als er wieder oben war, warf er so viel Möbel, wie er drinnen finden konnte, die Treppe hinunter, damit die Tür innen gut verrammelt wäre; und so füllte er die ganze Treppe mit Hausrat an, daß zwei Lastträger sie nicht an einem Tage ausgeräumt hätten, und so sicherte er sich, daß die Tür zwar von draußen gerüttelt werden konnte, aber nicht aufgemacht. Als der Domherr sich so ausgesperrt sah, schien es ihm, als sei er in eine üble Lage geraten: denn im Besitz seines gekochten wie des rohen Fleisches sah er einen Menschen, von dem er nicht einmal wußte, wer er war. Und draußen stehend rief er in sehr freundlichem Tone, man möchte ihm doch aufmachen.
Ferrantino trat ans Fenster heran und sprach: »Geh mit Gott in deinem eigenen Interesse!«
»Ach, mach auf«, sagte der Domherr, und Ferrantino entgegnete: »Ja, ich mache auf«, und er machte den Mund auf.
Jener sah, daß sein Besitztum und sein sonstiges Hab und Gut ihm entzogen waren, und daß er noch dazu verspottet wurde; daher ging er zum Kardinal und beklagte sich bei ihm über sein Mißgeschick.
Inzwischen kam die Stunde des Abendessens, und die Gäste des Domherrn stellten sich vor dem Hause ein und klopften an die Tür. Ferrantino trat ans Fenster: »Was wollt ihr?«
»Wir kommen zum Abendessen zu Messer Francesco.«
»Ihr habt euch in der Tür geirrt«, erwiderte Ferrantino, »hier wohnt weder Messer Francesco noch Messer Tedesco.«
Sie standen ein wenig wie auf den Kopf geschlagen da; dann kamen sie wieder und klopften nochmals.
Ferrantino ging wieder ans Fenster: »Ich habe euch doch gesagt, daß er hier nicht wohnt; wie oft soll ich es euch denn sagen? Wenn ihr nicht macht, daß ihr fortgeht, werfe ich euch etwas auf den Kopf, was stinkt, und es wäre besser, wenn ihr nicht wiedergekommen wäret«, und er warf einen Stein an eine gegenüberliegende Tür, um mächtigen Lärm zu machen.
Kurz, die Gäste hielten es für das beste, wegzugehen und zu Hause Abendbrot zu essen, wo sie mit mageren Bissen vorliebnehmen mußten.
Der Domherr, der zum Kardinal gegangen war, um sich zu beklagen, und der zu Hause ein so feines Essen vorbereitet hatte, war gezwungen, sich um ein anderes Abendessen und eine andere Unterkunft zu bemühen; und es nützte ihm auch nichts, daß der Kardinal Boten aussandte, um jenem zu sagen, er solle aus dem Hause herausgehen: denn jedesmal wenn jemand an die Tür klopfte, warf Ferrantino einen großen Stein hinunter, so daß jeder rasch wieder fortlief.
Als die draußen alle müde waren, sagte Ferrantino zu Caterina: »Mach, daß wir Abendbrot essen: denn jetzt bin ich trocken.«
Caterina entgegnete: »Mach du lieber die Tür dem auf, dem das Haus gehört, und geh in dein eignes Haus!«
»Dies ist mein Haus«, versetzte er darauf, »dies ist das Haus, das der barmherzige Gott mir gegeben, ja zu dessen Herrn er mich gemacht hat. Willst du, daß ich das Geschenk zurückweise, daß mir ein solcher Herr gemacht hat? Durch deine Worte hast du eine Todsünde begangen!«
Aber was sie auch sagte, Ferrantino wollte nicht weggehen, und so mußte sie denn, wohl oder übel, ihm das Essen auf den Tisch setzen und sich neben Ferrantino zu Tisch setzen. Sie aßen beide ausgezeichnet; als sie dann die Überreste der Speisen weggeräumt hatte, fragte Ferrantino: »Wo ist das Schlafzimmer? Wir wollen schlafen gehen.«
Caterina erwiderte ihm: »Jetzt bist du trocken und hast den Bauch voll, – und jetzt willst du noch hier schlafen? Wahrhaftig, das ist nicht schön von dir.«
»Nun, meine Caterina«, sagte Ferrantino, »wenn ich dadurch, daß ich hierher kam, deine Lage verschlechtert hätte, – was würdest du dann zu mir sagen? Ich habe dich gefunden, wie du für jemand anders als Mädchen gekocht hast, – und ich habe dich wie eine Dame behandelt. Und wenn Messer Francesco und seine Gesellschaft zum Abendessen hierher gekommen wären, wäre dein Teil sehr mager gewesen, wogegen du ihn doch bei mir stark verdoppelt bekommen hast; und außerdem hast du dir das Paradies erobert dadurch, daß du mir geholfen hast, der ich ganz durchnäßt und verhungert war.«
»Du brauchst kein Edelmann zu sein«, gab Caterina zur Antwort, »um solche Heldentaten zu vollführen.«
»Ich bin ein Edelmann und noch dazu Graf, was die Leute nicht sind, die hier Abendbrot essen sollten, und um so höher muß man schätzen, was du Gutes getan hast: wir wollen schlafen gehen!«
Caterina wollte erst nicht; aber schließlich legte sie sich doch mit Ferrantino nieder, und zwar ohne das Bett zu wechseln, weil sie in demselben Bett mit dem Domherrn zu schlafen pflegte. So trocknete Ferrantino sich mit ihr die ganze Nacht, und am Morgen stand er auf und blieb so lange in diesem Hause, wie die Lebensmittel reichten, das heißt mehr als drei Tage.
In dieser Zeit lief Messer Francesco in Todi herum; so manche Stunde schaute er dabei von weitem nach seinem Hause und schien ganz aus dem Häuschen. Manchmal schickte er Beobachter aus, um zu erfahren, ob Ferrantino fortgegangen wäre; und wenn jemand an dem Hause vorbeikam, flogen die Steine aus den Fenstern. Als schließlich die Lebensmittel aufgezehrt waren, verließ Ferrantino das Haus durch eine Hintertür; denn durch die Vordertür konnte er wegen der vielen innen davor gestürzten Möbel nicht heraus. Und er ging in sein armes und schlechtversehenes Häuschen, wo sein Page und seine zwei Pferde ziemlich schlecht gegessen hatten, und dort tat er Buße; und Messer Francesco kehrte in sein Haus durch den Hintereingang zurück und hatte statt des Abendessens viel unangenehme Arbeit, denn er mußte alle Möbel wieder wegräumen. Caterina ließ ihn wissen, daß sie sich mit jenem immer gezankt und sich gegen ihn gewehrt hätte und daß sie mit ihm eigentlich nichts hatte zu tun haben wollen.
Da ließ der Kardinal auf die Klage des Domherrn hin Ferrantino und Messer Francesco zu sich vorladen und forderte den ersteren auf, sich im Hinblick auf die Anklage zu rechtfertigen, die jener gegen ihn vorgebracht hatte. Zu seiner Verteidigung sagte Ferrantino: »Herr Kardinal, Ihr predigt nichts anderes, als daß wir Mitleid gegen unsern Nächsten haben sollen. Nun bin ich aus dem Kriege ganz durchnäßt heimgekehrt, so daß ich mehr tot als lebendig war. In meinem Hause fand ich kein Feuer und auch nichts anderes Gutes, sterben aber wollte ich nicht. Da geriet ich, so wollte es Gott, in das Haus dieses ausgezeichneten Geistlichen, worin ich ein großes Feuer mit Kochtöpfen und Braten ringsherum fand. Ich setzte mich, um mich zu trocknen, an das Feuer, ohne irgend jemand zu stören oder lästig zu fallen. Da kam er, und er fing an, mich zu beschimpfen, und ich sollte das Haus verlassen. Ich erwiderte ihm mit guten Worten und bat ihn, mich mich trocknen zu lassen; aber das nützte mir nichts: denn mit einem Degen in der Hand stürzte er auf mich los, um mich zu töten. Ich griff, um nicht zu sterben, nach meinem Degen und wehrte mich gegen ihn, bis ich ihn an die Tür nach der Straße drängte. Durch sie ging er hinaus, um mächtig ausholen zu können und mich zu töten, sowie ich zur Tür hinauskäme. Aber ich schloß mich drinnen ein und sperrte ihn so aus, allein aus Furcht vor dem Tode; und in dieser Todesfurcht bin ich (Gott weiß, wie!) bis heute dageblieben. Wenn er mich verurteilen lassen will, so ist das Unrecht auf seiner Seite: denn ich habe hier nichts zu verlieren und könnte nach Hause gehen; aber ich werde von hier nicht eher fortgehen, bevor ich nicht weiß, warum er mich beleidigt hat; denn meiner Meinung nach fühle ich mich durch ihn beleidigt.«
Als der Kardinal das gehört hatte, rief er den Domherrn beiseite und sagte zu ihm: »Was willst du tun? Du hast gehört, was er gesagt hat, und du merkst doch, was er für ein Mensch ist. Ich glaube, das beste wäre, wenn ihr Frieden schließen würdet, statt daß du dich mit einem Soldaten herumzankst.«
Das sah Messer Francesco ein.
Und ebenso rief der Kardinal Ferrantino beiseite und versöhnte ihn gleichfalls; immerhin hat der Domherr Ferrantino eine gute Zeit lang noch mit bösen Blicken betrachtet.
So gewann Ferrantino, nachdem er sich getrocknet und drei Tage lang den Bauch vollgeschlagen und mit der Frau des Domherrn seine Lust gehabt hatte, guten Frieden. So möge es jedem Weltkind gehen, das sich die überflüssigen feinen Bissen der Geistlichen aneignet, und so gehe es ihnen immer mit ihren Speisen und Gästen und Weibern, wie es diesem edlen Domherrn ergangen ist!
In einer toskanischen Stadt, die ich aus Schonung so wenig als die Amtleute, von welchen die Rede sein soll, irgend zu bezeichnen gedenke, bestand einst und besteht vielleicht noch ein großes, von Bürgern besetztes Amtsgericht, welches Macht und Auftrag hatte, alle zwischen Bürgern sowohl als Bauern vorfallenden Streitigkeiten zu schlichten und seinen Urteilen Vollzug zu geben. Nun hatten zwei reiche Viehhändler einen Rechtsstreit im Betrage von dreihundert Liren und darüber, welcher vor diesem Amte verhandelt werden sollte, und da derselbe nicht so bald entschieden wurde, als der eine von beiden wünschte, der vielleicht auch fürchtete, es möchte ihm Unrecht geschehen, so gedachte er demjenigen der besagten Amtsrichter, der am meisten gelte und ihm am besten Beistand leisten könne, ein Geschenk zu machen. Als er nun alles wohl überlegt und in Erfahrung gebracht hatte, daß der Richter ein schönes Landgut besitze, das er aber aus Mangel an barem Gelde nicht immer mit dem nötigen Hornvieh zu versehen wisse, so beschloß er, sich ihm anzuvertrauen: ihm einen Besuch zu machen, sich ihm zu empfehlen, damit er ihm die Stange halte und zu seinen Gunsten spreche; ihm auch einen Ochsen zum Geschenk zu machen, deren er eine große Zahl besaß. Gedacht, getan. Der gute Mann ließ sich nicht lange bitten und nahm den Ochsen.
Der andere, der mit dem Geschenkgeber des Ochsen in Streit lag und hiervon nichts wußte, hatte einen ähnlichen Einfall und dachte bei sich selbst: Der und der ist der einflußreichste Mann beim Gerichte; ich möchte ihm wohl ein Geschenk machen, damit er mein Recht unterstützte. Auch erwog er die häuslichen Umstände des Mannes, wie er so schöne Ställe habe, um Vieh zu halten, und doch aus Mangel am Gelde keins halte, usw. Demzufolge begab er sich zu ihm, empfahl ihm seine Sache, schenkte ihm eine Kuh und sprach: »Ich hoffe, Ihr werdet sie mir zuliebe in Euern Stall stellen«. Der Richter nahm sie an und hatte nun den Ochsen samt der Kuh, ohne daß der eine von dem Geschenk des andern Kunde hatte.
Einige Tage nachher aber, als die Viehhändler ihren Streit vor dem Gerichte verhandelten und die Sache sich zugunsten des einen zu wenden schien, welcher den Ochsen geschenkt hatte, sagten die Beisitzer zu dem ihrer Gefährten, der der einflußreichste war: »Was dich hierin gutdünkt, dünkt auch uns gut«. Der Richter aber schwieg und sprach kein Wort. Als nun der Viehhändler, der dem verstummenden Richter den Ochsen geschenkt hatte, bemerkte, daß er nicht spreche, fuhr er, in der Erwartung, daß er zu seinen Gunsten entscheiden werde, mit der Sprache heraus und sagte: »Was sprichst du nicht, Ochse?« worauf jener antwortete: »Weil die Kuh es nicht zugibt.« Da sah einer den andern an: Was sollte das heißen, was jener sagte? Als sie ihn nun fragten, gab er vor, er habe zu sich selbst gesprochen. Der Richter aber, der von der Kuh gesprochen hatte, erzählte ihnen, es sei eine sprichwörtliche Redensart bei den Viehhändlern, wenn sie im Rechtsstreit begriffen seien, denjenigen, welcher recht behalte, Ochs zu nennen, den aber, welcher den kürzern zöge, Kuh. Es begab sich indes, wie es auch zugehen mochte, daß derjenige, welcher die Kuh geschenkt hatte, im Streit obsiegte, vielleicht darum, weil die Kuh, die dazumal, als sie geschenkt wurde, trächtig gewesen war, um die Zeit des Urteilsspruches ein Kalb geworfen hatte.
Es fällt mir ein französischer Bauer ein, dessen List ich doch erzählen muß, die er gegen einen Türsteher des Königs Philipp von Valois übte, weil er aus Habsucht ihm nehmen wollte, was doch der König ihm befohlen hatte zu geben.
Als dieser König an der Regierung war und zu Paris wohnte, besaß er einen Sperber, welcher an Schönheit und Vortrefflichkeit alle übertraf, die je an seinem Hofe waren; er hatte Glöckchen von Gold und Silber und alle mit Schmelz überzogen, auf denen die Lilien des königlichen Wappens standen. Einst kam ihm die Lust, wie er häufig zu tun pflegte, spazieren zu gehen, und als sie mit diesem und mit andern Vögeln und Hunden an einen Ort kamen, wo eine Menge von Rebhühnern sich befand, ließ der Falkner des Königs den Sperber, den er in der Hand hielt, auf ein Rebhuhn los, und der Sperber packte es. Man ging weiter und ließ ihn auf ein anderes los; das faßte er aber nicht, was nun daran schuld sein mochte, sei es, daß den Sperber Feigheit anwandelte oder was sonst; und während er sonst so zahm war, daß er immer, wenn er nichts fing, vom Fluge auf die Faust zurückkehrte, tat er nun gerade das Gegenteil: er flog in die Höhe und so weit weg, daß sie ihn ganz aus dem Gesicht verloren. Als der König dies sah, schickte er ungefähr acht seiner Knappen nebst dem Falkner aus, um den Sperber zu verfolgen, bis sie ihn wiederfänden. So gingen sie da- und dorthin und zogen acht Tage umher, ohne eine Spur von ihm aufzufinden, kehrten also nach Paris zurück und meldeten es dem Könige.
Darob ward der König sehr betrübt, obwohl es ein mannhafter König war, und beklagte den ganzen Tag den Verlust seines edeln Sperbers. Es dauerte eine geraume Zeit, und niemand zeigte sich, der den Sperber gefangen hätte; da ließ er öffentlich bekanntmachen, wer ihm den besagten Sperber finge und wiederbrächte, würde von ihm zweihundert Franken bekommen; wer ihn aber nicht wiederbrächte, käme an den Galgen. Die Nachricht und das Gerede darüber ging durch das Land, und es dauerte einen ganzen Monat, da kam der Sperber in die Grafschaft N. Dort saß er auf einem Baume, und der obengenannte Landmann, der gerade unter demselben seine Feldarbeit trieb, hörte die Glöckchen. Er trat wie zum Scherz näher, hielt seine rauhe, schwielige Hand hin, und auf eine sonst gar nicht gewöhnliche Lockung kam ihm der Sperber auf die Hand. Der Bauer wußte sich schon über den Klauen, die ihn packten, gar nicht zu helfen; als er aber vollends die Glöckchen mit dem königlichen Wahrzeichen sah, von welchen er durch seine zwei erwachsenen Töchter gehört hatte, war der unerfahrene Mensch vollends ganz außer sich. Er nahm indes die Wurfriemen, ließ seine Hacke liegen, ging nach seinem Hause, schnitt ein Seil vom Saumsattel eines Esels, knüpfte es an die Wurfriemen und band es an eine Stange. Wenn er aber überlegte, wer er war und wie er genötigt sei, den Vogel nach Paris vor den König zu bringen, so wurde es ihm ganz schwach.
Da es nun so weit war, kam ein Türsteher des Königs in Geschäften zufällig an seinem Hause vorüber, hörte die Glöckchen und sagte: »Du hast den Sperber des Königs gefangen.«
Er antwortete: »Ja, ich glaube.«
Da verlangte ihn jener und sprach: »Du würdest ihn verderben, wenn du ihn hintrügest. Gib ihn mir!«
Der Bauer antwortete: »Das ist ganz richtig, was Ihr sagt; aber seid so gut und entreißt mir nicht, was mir das Glück verliehen hat! Ich will ihn tragen, so gut ich kann.«
Der andere bemühte sich mit Bitten und Drohungen, um ihn von dem Bauer zu bekommen; aber es half nichts. Endlich sagte er: »Nun sieh, wenn du mir den Vogel nicht gibst, so tu mir wenigstens einen Gefallen! Ich stehe gut mit dem König; ich werde dir nützlich sein, worin ich kann; versprich mir aber, daß du mir die Hälfte gibst von dem, was dir der König geben wird!«
Der Landmann sagte: »Ich bin's zufrieden.«
Und so versprach er's. Der Hofdiener ging nach Paris. Der Bauer fand einen ganz zerrissenen Handschuh von Tuch, schickte an einen in einem benachbarten Orte, welcher sich mit dergleichen Vögeln abgab; der lieh ihm einen Hut; und als der Sperber gefüttert und verkappt war, nahm er den Weg unter die Füße und kam endlich sehr müde, wegen der ungewohnten Last und weil ihm die Edelmannstracht höchst beschwerlich war, in Paris und bei dem König an.
Als dieser ihn sah, war er sehr erfreut, seinen Sperber wiedergefunden zu haben, und lachte laut, als er bemerkte, wie seltsam ihn der Bauer in der Hand hielt. Da sprach der König: »Verlange, was du begehrst!«
Der Bauer antwortete: »Herr König, dieser Sperber ist mir auf die Hand gesessen; mit Gottes Hilfe habe ich ihn Euch hergebracht, so gut ich konnte; das Geschenk, das ich dafür von Euch verlange, ist, daß Ihr mir fünfzig Prügel oder Peitschenhiebe geben laßt.«
Der König verwunderte sich und fragte ihn um den Grund dieser Bitte. Der Bauer sagte nun, wie ein gewisser Türsteher von seinem Gefolge ihm das Versprechen abgedrungen habe. »Er verlangte, ich solle ihm die Hälfte geben von dem, was Eure heilige Krone mir schenke. Laßt also ihm fünfundzwanzig geben und die andern fünfundzwanzig mir! Ich bin zwar ein armer Mann und hätte es wohl nötig für meine zwei heiratsfähigen Töchter, etwas anderes von Euer Gnaden zu erhalten; aber dennoch will ich zufriedener weggehen, wenn ich bekomme, was ich verlange, um den andern das empfangen zu sehen, was er verdient, und wenn ich auch die gleiche Strafe dulden muß, als wenn Ihr mir von Eurem Gold und Eurem Silber gäbet.«
Der König war weise und verstand die Rede des ungebildeten Bauern, dachte daher ihn nach Gerechtigkeit zufriedenzustellen und sagte zu seinen Leuten: »Ruft mir den Türsteher herbei!«
Er wurde sogleich gerufen, kam vor den König, und dieser fragte ihn: »Bist du dort gewesen, wo dieser Mann den Sperber gefangen hat?«
Er antwortete: »Ja, Herr König!«
Der König fragte weiter: »Warum hast du ihn nicht überbracht?«
Jener versetzte: »Der Bauer ließ es nicht zu.«
Der König sprach: »Deine Habsucht ist so weit gegangen, daß du von ihm die Hälfte des Geschenkes begehrtest, das er bekommen würde.«
Als der Bauer dies hörte, sagte er: »So war es, gnädiger Herr!«
»Und ich«, sagte der König, »schenke diesem Bauern fünfzig Peitschenhiebe auf den bloßen Leib, von welchen du nach dem Vertrage fünfundzwanzig bekommen sollst.«
Er befahl einem seiner Gerichtsdiener, ihn sogleich entkleiden zu lassen und zur Ausführung zu schreiten, und so geschah es. Der König ließ ihn nun in Gegenwart des Bauern vor sich kommen und sprach zu diesem: »Ich habe dir die Hälfte des Geschenkes gegeben und dir deine Verpflichtung abgenommen, die du durch dein Versprechen gegen diesen Schurken hattest. Den Rest gebe ich dir allein.«
Da wandte er sich zu einem seiner Kämmerer und sprach: »Geh, laß diesem Manne zweihundert Franken geben, daß er seine Töchter verheiraten kann! Und in Zukunft komm nur zu mir, wenn dir etwas fehlt; ich will immer deiner Not abhelfen.«
So schied der Bauer glücklich von dannen. Der Meister Türsteher aber nahm sich von den Peitschenhieben eine Warnung, um nicht mehr seinem eigenen Vorteil statt dem seines Königs nachzugehen.
Groß war die Gerechtigkeit und Klugheit dieses Königs; aber nicht minder bemerkenswert ist, wie aus dem Munde eines Bauern, der besser eine edle Seele heißen könnte, eine so würdige Bitte kam, um die Habgier des Mannes zu strafen, der auch nie mehr wie früher in Gunst bei König Philipp kam.
Ein ähnlicher Einfall war der folgende, der aber weit mehr Erfolg hatte. Als Francesco de Manfredi Herr von Faenza war, welches er als ein weiser und würdiger Fürst so prunklos beherrschte, daß er mehr ein reicher Bürger als ein regierender Herr schien, geschah es nämlich, daß einer der angesehensten Männer der Stadt ein Landgut besaß, an welches ein Grundstück stieß, das einem armen Landwirt gehörte. Oftmals hatte er es kaufen wollen und ihm deshalb Anträge gemacht, aber stets war ihm dies fehlgeschlagen: denn der arme Mann, der es, so gut er konnte, bestellte und so seinen Unterhalt gewann, hätte lieber sich selbst als sein Stück Land verkauft. Da nun der reiche Bürger sah, daß er in Güte nicht zu seinem Zwecke gelangen könne, gedachte er Gewalt zu gebrauchen, und da nur ein kaum merklicher Graben zwischen seinem Grundstück und dem des Armen die Grenze bildete, so pflügte er alle Jahre, wenn er sein Feld bestellen ließ, einige Furchen darüber hinaus, wodurch er ihn jährlich um mehr als Armeslänge verkürzte. Der arme Mann, der das wohl bemerkte, wagte es doch nicht, ein Wort zu sagen, außer daß er einigen Freunden heimlich sein Leid klagte. In einigen Jahren aber rückte die Sache so weit vorwärts, daß er in kurzer Zeit sein ganzes Eigentum allmählich eingebüßt haben würde, wenn nicht ein Kirschbaum auf seinem Felde gestanden hätte, den zu überschreiten doch allzugewagt schien, weil jedermann wußte, der Kirschbaum stehe auf dem Felde des Armen.
Der gute Mann, der sich so berauben sah, wollte vor Unmut und Ärger vergehen; da er sich aber nicht beschweren, ja nicht einmal murren durfte, steckte er sich eines Tages, wie ein Verzweifelter, zwei Goldgulden in Scheidemünze in die Tasche und lief zu allen großen Kirchen in Faenza, wo er sich für Geld und gute Worte versprechen ließ, daß zu einer gewissen Stunde zwischen der Vesper und None alle Glocken geläutet werden sollten.
So geschah es wirklich: die Geistlichen nahmen das Geld an, und zur bestimmten Stunde erklangen alle Glocken in hellem Geläute, so daß alles aufhorchte und einer den andern ansah und fragte: »Was bedeutet das?«
Unterdessen lief der arme Mann wie außer sich durch die Straßen. Ein jeder, der ihn sah, rief ihm zu: »Heda, was lauft Ihr? Weshalb läuten die Glocken?« Er aber antwortete: »Weil die Gerechtigkeit gestorben ist«, und an einer andern Stelle gab er zur Antwort: »Für die Seele der Gerechtigkeit, welche gestorben ist.« Und so verbreitete er diese Antwort mit dem Schall der Glocken durch die ganze Stadt, so daß endlich der Fürst, als er fragte, warum die Glocken läuteten, zur Antwort erhielt: Man wisse keinen andern Grund als den, welchen ein gewisser Mann angebe, den man durch die Stadt laufen sehe. Darauf schickte der Fürst nach ihm, und er gestellte sich nicht ohne große Furcht.
Als der Fürst ihn erblickte, redete er ihn an: »Nun sprich, was soll das heißen, was du in der ganzen Stadt aussprengst, und was bedeutet das Glockengeläute?« Er antwortete: »Mein Gebieter, ich will es Euch sagen; zuvor aber bitte ich, laßt mich Euch empfohlen sein! Euer Bürger N. N. hat meinen Acker kaufen wollen; da ich ihn aber nicht verkaufen wollte, hat er mir alle Jahre, wenn er sein Feld bestellen ließ, bald eine, bald zwei Ellen abpflügen lassen, bis er an einen Kirschbaum gekommen ist: denn da konnte er nicht weitergehen, wenn es nicht zu auffallend werden sollte. Gott habe ihn selig, der ihn gepflanzt hat! Wenn er nicht dagewesen wäre, so hätte mein Nachbar jetzt das ganze Land. Da mir nun von einem so reichen und mächtigen Mann mein Eigentum genommen wurde und ich ein armer Teufel bin, so entschloß ich mich nach langem Kummer und Leidwesen aus lauter Verzweiflung, jene Kirchen zu bezahlen, damit sie für die Seele der gestorbenen Gerechtigkeit läuten möchten.«
Als der Fürst dies Witzwort vernahm und hörte, welchen Raub der reiche Bürger verübt hatte, ließ er diesen herbeiholen, und als sich die Wahrheit der Beschuldigung erwies, gab er dem armen Mann nicht nur sein Eigentum zurück, sondern schickte auch Feldmesser dahin, welche ihm von dem Acker des reichen Mannes so viel zumessen mußten, als ihm dieser abgepflügt hatte. Überdies ließ er ihm die zwei Goldgulden zurückzahlen, die er für das Läuten der Glocken ausgelegt hatte.