George Byron
Gedichte
George Byron

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1811–13.

            Unter ein Gemälde.

Du theures Ziel verlor'ner Kämpfe!
Verlassen von der Lieb' und dir,
Blieb', daß ich meinen Jammer dämpfe,
Dein Bild und meine Thräne mir!

Die Zeit soll lindern alle Wunden;
Doch daß dies nicht so, fühl' ich hier,
Es ward, als Hoffnung mir entschwunden,
Unsterblich die Erinn'rung mir.

                      Athen, im Januar 1811.

 

            Statt einer Grabschrift.

Mein lieber Leser, lache oder weine!
Harold ruht hier! Doch wo die Schrift zum Steine?
Such' in Westminster, tausend wirst du lesen,
Die wie gemacht für ihn und dich gewesen.

                                          Athen.

 

  Das griechische Kriegslied:
Δεύτε παὶδες τῶν Ἑλλήνων!Dieses Lied ist von Riga, der bei dem Versuch, einen Aufstand in Griechenland hervorzurufen, zu Grunde ging.

            Uebersetzung.
Auf, Söhne der Hellenen!
Der Tag des Ruhms ist da,
Zeigt, daß ihr stammt von jenen,
Die Hellas' Sonne sah.

                  Chor.
Auf, Söhne der Hellenen,
In Waffen auf den Feind!
Bis ihm aus Aug' und Zähnen
Die blut'ge Thräne weint.
Verachtung dem Tyrannen
Und Haß dem Türkenjoch!
Fürs Vaterland Ermannen,
Dann bricht die Kette doch.
Ihr Schatten alter Helden,
Seht, es beginnt der Streit,
Hellenen todter Welten,
Auf, daß ihr mit befreit!
Beim Schalle der Trompete
Erwacht, des Schlafes satt!
Kämpft, bis uns führt die Fehde
Zur Siebenhügelstadt!
          Auf Söhne der Hellenen! etc.

O Sparta, warum schlafen?
Auf! zeig' dich als Hellen'
Und schicke deine Braven
Zum alten Freund Athen!
Gedenk' der alten Sänge
Von Fürst Leonidas,
Der einst aus dem Gedränge
Gerettet euch am Paß,
Als er dahingezogen
Zum Thor Thermopylä,
Bekämpft die Perserwogen
Für's Vaterland so zäh.
Mit den Dreihundert Allen
Führt' er die Schlacht so gut,
Ist Löwen gleich gefallen
In einem Meer von Blut.
          Auf Söhne der Hellenen! etc.

 

          Das romaische Lied:
            Μπενω μες' το' πέριβολι
            Ὠραιότατη Χάη δή, &c.Dieses Lied ist bei den jungen Athenerinnen aller Classen sehr beliebt. Es wird als Rundgesang gesungen und alle Anwesenden bilden den Chor. Ich habe es im Winter 1810–1811 bei unsern χόροι oft gehört. Die Melodie ist sehr hübsch und klagend.

                Uebersetzung.
Ich komm' in den Garten der Rosen
Geliebte und schöne Haidee!
Mit Flora dort täglich zu kosen,
Denn wahrlich in dir seh' ich sie.
Ich flehe in Demuth: o Süße!
Glaub', was dir gestehet mein Mund,
Sein Lied bringt dir feurige Grüße,
Er bebt, gibt er Solches dir kund;
Wie Zweige die Bäume vergnügen
Durch Früchte und Duftes Magie,
So schimmert aus Augen und Zügen
Die Seele der jungen Haidee.
Doch der herrlichste Garten verödet,
Wo Liebe verläßt das Revier.
Gib Schierling! – Da meine mich tödtet,
Er duftet am herrlichsten mir.
Das Gift, das dem Kelche entflossen,
Verleihet dem Trunke wol Pein,
Doch geschlürft deiner Bosheit zum Possen,
Wird lieblich der Seele es sein.
Du Harte! umsonst ist mein Ringen,
Mein Herze zu retten davor;
Kann nichts dich wieder mir bringen,
So öffne das Grab mir sein Thor.

Wie der Krieger zum blutigen Tanze
Hinstürmt seines Sieges gewiß,
So dein Aug' mir wie eine Lanze
Den Kern meines Herzens durchsticht.
O sag', muß das Leben ich lassen,
Wo mich heilte ein lächelnder Strahl?
Würde Hoffnung, die einst ich durft' fassen,
Zu gut mir vergelten die Qual?
Wie öd' ist der Garten der Rosen,
Geliebte, doch falsche Haidee!
Dort welket ja Flora verstoßen,
Du fliehest mich Armen und sie.

 

    Im Fremdenbuch von Orchomenus.

      Ein Tourist hatte in dasselbe geschrieben:
»Schön Albion sieht seinen Sprossen gehn,
Die Wiege und das Haus der Kunst zu sehn;
Das Ziel ist edel, herrlich das Panier:
Er schaut Athen und schreibt den Namen hier.«

                Darunter schrieb Byron:
Vom Namen singt bescheiden der Poet,
Doch schweigt er weislich, wo der seine steht.
Doch wer er sei, sein Name klingt gewiß
Weit besser als der Vers, den er hier ließ.

 

            Beim Scheiden.

Der Kuß, den deine Lippe mir
Geschenkt, soll dort verbleiben,
Bis schön're Stunden wieder dir
Ihn auf die Lippen schreiben.

Dein Scheideblick, der zärtlich strahlt,
Soll gleiche Liebe schauen,
Die Thräne, die dein Wimper malt,
Nie wegen Untreu thauen.

Ich will kein Pfand, um es beglückt
Zu schaun, wenn ich alleine,
Kein Zeichen, das mein Herz entzückt;
Mein Denken ist das deine.

Ich schreib' auch nicht; die Feder kann
Doch, was ich fühl', nicht sagen;
Was nützen eitle Worte dann,
Darf dich das Herz nicht fragen?

Bei Tag und Nacht, in Freud' und Leid
Wird dieses Herz, dein eigen,
In Liebe glühn für dich, o Maid,
Doch seufzend nie sie zeigen.

                                Im März 1811.

 

                Grabschrift
          auf Joseph »Schwärzer«,
        weiland Dichter und Schuster.

Sieh, Wandrer, hier beisammen ruhn
Gelehrtes und des Leders Thun;
Der arme Sepp ist hin und warf
In seine Bude Ahl und Harf'.
Oft waren seine Werke fein
Genäht, geleimt in Maroquin.
Tritt sachte, wo der Dichter ruht,
Weil er dich nicht mehr neu beschuht.
Doch ihm ist in der Grube wohl,
Sein Vers so ewig wie die Sohl';
Er hielt an dem Geschäfte treu,
Auch an Apollo ohne Reu'.
Wer höhnte drum, sein Genius
Sei Leder nur und »Zwetschenmuß?«
Selbst an Charakter fehlt's ihm nie,
Ihn »schwärzen« wäre Blasphemie.

                          Malta, den 16. Mai 1811

 

Auf Moore's letzte Opernposse oder Possenoper.

Preisstücke schwer sprossen
Drum schreibet Moore Possen.
Das schmutzt seinen Titel
Bis jetzt wußt' man nur:
Der Little sei Moore,
Jetzt ist Moore auch noch little.Moore schrieb zuerst unter dem Namen Little; daher das Wortspiel. Little = klein, gering.

 

                An einen Freund.
        Auf die Ermahnung, heiter zu sein
              und die Sorgen zu lassen.

»Die Sorgen lassen!« – Immer wieder
Sagst du mir vor dies Lied der Lieder!
Auch ich sings wol in wilden Nächten,
Wenn jene Freuden mich umflechten,
Womit Verzweiflungs arme Söhne
Einlullen ihres Herzes Töne.
Doch nicht in kühler Morgenstunde
Wo aufbricht alt' und neue Wunde
Wo, was ich liebt', ich seh' verloren,
Gieß' solchen Hohn in meine Ohren:
Denn die Gedanken – doch laß fahren
Du weißt, ich bin nicht wie vor Jahren,
Und willst du einen Platz behalten
Im Herzen, das kann erhalten,
Bei Allem, was die Menschen ehren,
Bei deiner Seele Hochaltären
Bei ew'gem Hoffen, ird'schen Trieben,
Sprich, was du willst, nur nicht vom Lieben! –

Lang wär' und eitel zu erwähnen
Das Schicksal Deß, der haßt die Tränen
Ich könnte dir nur wenig sagen,
Was auch ein Bess'rer würd' beklagen.
Doch traf mein Herz ein schwerer Quälen,
Als möcht' Philosophie erzählen.
Ich sah mein Lieb' als Weib des Andern,
Sah sie an seiner Seite wandern;
Sah dann am Kind, das sie getragen,
Ihr Lächeln aus den schönen Tagen,
Da sie mit mir zusammen lachte,
Unschuldig, wie ihr Kind es machte;
Sah ihre Augen kalt mich fragen,
Ob stille Schmerzen an mir nagen?
Ich spielte trefflich meine Rolle:
Das Auge heiter, trotz dem Grolle,
Gab ihr zurück die kalten Blicke,
Doch fühlt' ich, daß ich innen knicke.
Wie absichtslos küßt' ich das Kleine,
Das hätte sollen sein das meine,
Und zeigte ach! an jedem Kusse,
Wie sehr der alte Drang im Flusse!
Genug davon! Ich will nicht flennen,
Nicht mehr in fremde Länder rennen.
Der Welt paßt solcher Geistessprudel,
Drum werf' ich neu mich in den Strudel.
Doch wenn du einst in künft'gen Jahren,
Wenn Englands »Mai verwelkt, zerfahren«,
Von Einem hörst, deß dunkle Thaten
Den schwärzesten der Mitwelt nahten,
Den Liebe, Mitleid nicht erhoben,
Nicht Ruhmesdurst, der Edeln Loben,
Den finstrer Ehrgeiz so verblendet,
Daß er von Blut nicht ab sich wendet,
Den der Geschichte Blätter reihten
Zu den Empörern aller Zeiten, –
So kennst du ihn, und wirst's verstehen,
Der Wirkung Grund nicht übersehen.

                      Newstead Abbey, den 11. October 1811.

 

                  An Thyrza

Kein Stein gibt, wo du ruhst, Bericht
Und sagt, was Wahrheit durfte sagen;
Vergessen, nur von Einem nicht,
Wardst du zu früh hinausgetragen.

Getrennt durch Meere und Gestad',
Warst du geliebt, wenn auch vergebens;
Vergangenheit und Zukunft bat
Um Wiedersehn! – Nein! nicht zeitlebens!

Wenn es geschah – ein Wort, ein Blick,
Der sprach: »Wir scheiden jetzt in Frieden!«
Er lehrt' mich tragen das Geschick,
Dich nimmermehr zu schaun hienieden.

Und sehnt'st du dich, als dir den Speer
Der Tod gesendet ohne Schmerzen,
Nach Dem nicht, den du sahst nicht mehr,
Doch der dich hielt und hält im Herzen?

Wie hätt' ich über dir gewacht,
Dein gläsern Aug' bemerkt mit Schrecken
In jener Stunde, eh' es Nacht,
Wenn Schmerz die Seufzer will verstecken,

Bis Alles aus! – Doch wenn nicht mehr
Du dich um menschlich Weh bekümmert,
Floß doch mein Liebesquell so sehr,
Wie jetzt er fließt, da du zertrümmert.

Sollt' er es nicht, da oft und viel
In jenen mir nun öden Hallen,
Eh' mich verlockt ein fernes Ziel,
Gemeinsam Thränen uns entfallen?

Die Blicke, die sonst Niemand sah,
Das Lächeln, das kein Mensch verstanden,
Gedanken, leis geflüstert da,
Der Druck der Hand, der sanft umspannten,

Der Kuß, so schuldlos und so gut,
Daß Lieb' vergaß, noch mehr zu wollen;
Das Auge von zu reiner Flut,
Um je in ird'scher Lust zu rollen.

Der Ton, der Freude mich gelehrt,
Wenn ich geneigt schon war zu klagen,
Dein Sang, des hohen Himmels werth –
– Sie waren süß mir, nicht zu sagen!

Und unser Pfand – ich trag' es noch,
Wohin ist deins, bist du gezogen?
Oft trug ich schwer des Elends Joch,
Doch heut' erst hat es mich gebogen.

Wol ließest du den Kelch der Pein
In meines Lebens Mai mich leeren;
Und wenn im Grabe Ruh' allein,
So mögest du nicht wiederkehren.

Doch wenn in Welten höhern Heils
Dein frommes Herz sucht seine Sphäre,
Schenk' mir ein Stück des Segentheils,
Daß meiner Qual ich mich erwehre.

Lehr' mich – den du zu früh gelehrt!
Verzieh'n, verzeihend Alles tragen:
So that es deine Lieb' auf Erd',
Mög' sie im Himmel auch mir tagen!

                      Den 11. October 1811.

 

Hinweg, hinweg, ihr Schmerzenstöne!

Hinweg, hinweg, ihr Schmerzenstöne!
Schweig still, du einst so süßer Sang!
Sonst jagt mich euer ernst Gedröhne,
Ich darf nicht glauben eurem Klang!
Er redet mir von schönern Tagen;
Drum, Saiten, schweigt für immerdar,
Ich darf nicht denken, darf nicht sagen,
Was ich jetzt bin, was ich einst war!

Die Stimme, die euch so versüßte,
Ist stumm, und euer Reiz entflieht;
Nun ist's, als ob aus euch mich grüßte
Ein Trauersang, ein Todtenlied.
Von dir, o Thyrza, hat's gesungen,
Geliebter Staub, weil Staub du bist,
Und was harmonisch einst geklungen,
Dem Herzen mehr als Mißton ist.

Nun schweigt's! – Doch will es mich bethören,
Als kling' im Ohr bekannter Laut,
Ich höre, was ich nicht möcht' hören,
O schwiege diese Stimme traut!
Oft wird sie durch die Seele rauschen,
Dem Schlummer selbst gehört ihr Ton,
Bis ich erwache, um zu lauschen –
Dann ist der holde Traum entflohn.

O Thyrza, ob ich schlafe, wache,
Du bist nur noch ein holder Traum,
Ein Stern, der schien am Himmelsdache,
Dann sich gewandt vom Erdenraum.
Doch wer auf Lebens Schreckensgange
Den zorn'gen Himmel schaut verhüllt,
Wird jammern um den Stern noch lange,
Der seinen Pfad mit Licht erfüllt.

                      Den 6. December 1811.

 

              Noch einen Kampf.

Noch einen Kampf und ich bin los
Der Qualen, die mein Herz zerreißen!
Für dich noch einen Herzensstoß,
Zurück dann zu des Lebens Gleisen.
Mir taugt es, mich mit Dingen jetzt,
Mir früher widrig, zu befassen.
Da keine Freude mich mehr letzt,
Wird auch der Gram mich künftig lassen.

So bringt Gesellschaft, bringt mir Wein!
Der Mensch ist da sich zu vereinen,
Ich will ein Geck, ein leichter, sein,
Mit Allen lachen, Keinem weinen.
Es war nicht so, als du noch mein,
Nie kam ich zu so tiefem Falle,
Doch du bist fort, ich hin allein,
Seit du mir Nichts, sind mir es Alle.

Umsonst versucht mein Lied den Scherz;
Das Lächeln, das der Gram will zeigen,
Höhnt nur den innern Seelenschmerz,
Wie Rosen, die aus Gräbern steigen.
Wenn auch die Freunde bei dem Glas
Das Wehgefühl einmal vertreiben,
Wenn mich einmal entflammt ein Spaß,
Das Herz – das Herz muß einsam bleiben.

In mancher stillen, holden Nacht
War mir's so süß, empor zu schauen;
Dann dacht' ich, wie der Sterne Pracht
Ihr Auge traf in gleichem Thauen.
Oft dacht' ich, wenn im Vollmond ganz
Ich durchs Aegeer Meer gefahren:
»Nun schaut auch Thyrza seinen Glanz!«
– Ach nur ihr Grab sollt' er gewahren!

Wenn auf des Fiebers Flammenrost
Ich mich in Schmerzen mußte drehen,
Da sprach ich schwach: »Es ist mein Trost,
Daß Thyrza mich nicht so kann sehen.«
Wie Freiheit nimmermehr ein Glück
Dem Sklaven, den die Zeit verbrauchte,
So kam das Leben mir zurück,
Als meine Thyrza nicht mehr hauchte!

Ach Thyrza's Pfand aus bess'rer Zeit,
Als Liebe jung noch war und Leben,
Wie siehst du aus, da Schmerz dich weiht,
Da Kummers Farben an dir kleben!
Das Herz, das einst mit dir sich gab,
Ist still – ach wär' es auch das meine!
Denn ob es kalt auch wie das Grab,
Fühlt's doch das Eis in Mark und Beine.

Du bitter Pfand, du traur'ge Zier,
So theuer meines Herzens Schlägen,
Kannst du die Lieb' nicht wahren mir,
So brich das Herz, wo du gelegen.
Zeit mäßigt Liebe, tilgt sie nicht,
Sie wird nur heil'ger ohne Hoffen,
Wie manches Aug' auch zu mir spricht,
Der Todten bleibt mein Herz nur offen!

 

                  Euthanasia.

Wenn früher oder später Zeit
Den festen Todesschlaf mir sendet,
Dann wehe sanft, Vergessenheit,
Ob meinem Bette, wenn es endet.

Nicht Freundes-, nicht der Erben Schaar
Mög' meinen Tod erflehn – beweinen,
Kein Mädchen mit gelöstem Haar
Schmerz heucheln oder wirklich weinen.

Nein! laß mich still in mein Gelaß
Und ohne officielle Trauer,
Ich möcht' verderben keinen Spaß,
Der Freundschaft machen keinen Schauer.

Doch Liebe, wenn zu solcher Stund'
Heroisch sie die Seufzer meidet,
Sie gebe ihre Macht dann kund,
An Der die lebt, an Dem der scheidet.

Süß wär' es, Psyche, wenn mit Scherz
Du noch an meinem Bett gesessen,
Wenn dann gelächelt selbst der Schmerz
Und den vergangenen Kampf vergessen.

Jedoch umsonst! Die Schönheit pflegt
Wie Athems letzter Hauch zu beben;
Des Weibes Thräne, leicht erregt,
Macht weich im Tod und täuscht im Leben.

Drum sei allein und thränenleer
Die letzte meiner Lebensstunden;
Schon Vielen war der Tod nicht schwer,
Sein Schmerz nur kurz, oft nicht empfunden.

»Ach sterben nur und gehn dahin,«
Wohin ja Alle einmal schreiten!
Nichts sein, wie ich gewesen bin,
Eh' ich zum Leben kam und Leiden!

Die Freuden zähl', die du erlebt,
Die Tage frei von Gram und Zähre,
Und fühle, was du auch erstrebt,
Daß Nichtsein doch noch besser wäre.

 

              Und du bist todt!
Heu, quanto minus est cum reliquis versari
               quam tui meminisso

Und du bist todt! so jung, so hold,
Wie je ein sterblich Wesen!
So seltner Reiz, so rein wie Gold
Zu bald mußt' er verwesen.
Doch ruht auch in der Erd' dein Wreck
Und fegt die Menge drüber weg
In Lust als wie ein Besen,
Ein Auge gibt's, das sich nicht traut
Und einmal auf dies Grab nur schaut.

Ich will nicht fragen nach dem Ort,
Noch nach dem Hügel gehen,
Blum' oder Unkraut wachse dort,
Ich werde sie nicht sehen.
Mir ist genug schon, daß ich weiß,
Daß, was ich liebt' und liebe heiß,
Wie Spreu gekonnt verwehen.
Kein Stein sag' mir, daß nichts es gibt,
Was tiefer ich, als Sie geliebt!

Doch liebte ich dich bis zuletzt
So heiß, nicht zu beschreiben,
Wie du, die nie die Treu' verletzt
Und jetzt dir gleich wirst bleiben.
Die Lieb', die trägt des Todes Maal,
Macht Zeit nicht kalt, raubt kein Rival,
Verräth nicht falsches Treiben;
Und nimmer, was noch ärger schier,
Siehst Untreu, Wechsel du an mir.

Uns ward des Lebens schönster Tag,
Mir werden schlimme tagen,
Der Sonne Blick, des Wetters Schlag
Wird dich nun nicht mehr plagen.
Zu sehr beneid' ich deinen Traum,
Um jetzt dem Schmerz zu geben Raum.
Auch sollte ich nicht klagen,
Daß all' der holde Reiz dahin,
Ich säh' ihn nur sonst langsam fliehn.

Die Blume, die herangereift,
Muß fallen, um zu schmücken;
Wenn auch von keiner Hand gestreift,
Muß Blatt um Blatt zerstücken;
Und doch pflegt's näher uns zu gehn,
Allmählich welken sie zu sehn,
Als wenn sie Hände pflücken;
Denn Menschenauge wird beschwert,
Wenn schön in häßlich sich verkehrt.

Ich weiß nicht, ob ich den Ruin
Von deinem Reiz ertragen;
Wenn Nacht auf solchen Tag erschien,
Sie müßte schrecklich ragen.
Dein Tag verging so wolkenlos,
Du warst noch bis zuletzt die Ros,
Verwelkt nicht, nein! zerschlagen.
Ein Stern, der fällt vom Himmelszelt,
Scheint dann am hellsten, wenn er fällt.

Wenn weinen ich, wie einst gekonnt,
Ich hätte dürfen weinen,
Daß mir bei dir nicht war vergönnt,
Am Bette zu erscheinen;
Zu schauen in dein Antlitz warm,
Zu nehmen sanft dich in den Arm,
Daß mein Kopf stützte deinen,
Und fühlen nochmals jene Glut,
Die dir und mir nun ewig ruht.

O wie viel schaaler dünkte mir,
Den du nun frei gegeben,
Die schönste Blüt' zu pflücken hier,
Als dir im Geist zu leben!
Das was nicht sterben kann von dir
In jenem ew'gen Nachtrevier,
Wird wieder zu mir schweben,
Und mehr ist mir dein Traum-Gesicht
Als Alles, nur dein lebend nicht.

                                Februar 1815

 

                Wenn manchmal.

Wenn manchmal in der Menschen Kreise
Dein Bild im Herzen mir erblaßt,
Kommt in der stillen Stunde leise
Mir wieder der geliebte Gast.
Und heut' stellt diese trübe Stunde
So viel von dir mir wieder her,
Daß Gram eröffnet seine Wunde,
Wie er's schon lang gewagt nicht mehr.

Verzeih, wenn vor dem Volk ich einen
Gedanken bringe, der doch dein,
Wenn Blick und Mund zu lächeln scheinen,
Als könnten sie dir treulos sein.
Mein, dein Gedächtniß bleibt mir theuer,
Scheint auch vergessen meine Pein,
Ich mag nicht, daß ein Narr die Steuer
Der Seufzer schaut, die ganz nur dein.

Schein' ich den Becher nicht zu hassen,
Geschieht's nicht, daß die Sorge flieh',
Er müßt' ein tödtlich Maß denn fassen,
Das Lethe der Verzweiflung lieh'.
Doch könnt' Vergessen mich befreien
Von Allem, was die Seele denkt,
Dem Tod würd' ich den Becher weihen,
Der einen Traum von dir ertränkt'.

Denn wärst dem Herzen du entschwunden,
Wo wändte sich das leere hin?
Wer würde noch alsdann hier unten
An deiner Urne ehrend knie'n?
Nein, nein! mein Schmerz brennt sie zu nässen,
Zu üben diese letzte Pflicht;
Wenn dich die ganze Welt vergessen,
Darf ich vergessen deiner nicht.

Denn so – das weiß ich – wär gewesen
Dein hold Bemühen um den Mann,
Der unbeweint nun wird verwesen,
Da deine Lieb' er nur gewann.
Doch ach! ich fühl's, du warst ein Segen,
Der nimmer war mir zugedacht,
Du schrittst zu sehr auf Himmelswegen,
Warst nicht für ird'sche Lieb' gemacht.

                            Den 14. März 1812

 

An ein zerbrochenes Herz von Carneol.

Unselig Herz! kann's möglich sein?
Du bist so ganz zertrümmert?
Hab' ich um dich Jahr aus Jahr ein
Vergebens mich bekümmert?

Doch kostbar bist du, auch verletzt,
Ja theurer jetzt und rarer,
Denn deinem Träger zeigst du jetzt
Des Herzens Abbild wahrer.

 

            An eine Weinende.
(Die Prinzessin Charlotte, Tochter Georgs IV.
      und muthmaßliche Thronfolgerin.)

Beweine, Kind vom Königshaus,
Des Herrn Geschick, des Reichs Verfallen,
Wüsch' jede Thräne Einen aus
Von deines Vaters Flecken allen!

Wein', denn die Tugend weint in dir,
Glück kündend diesen Inselreichen,
Mög' jeden Tropfen künftig hier
Ein Dankesblick des Volks begleichen!

                                    März 1812.

 

      Die Kette, die ich gab.
         Nach dem Türkischen.

Die Kette, die ich gab, war fein,
Die Laute süß zu hören,
Das Herz, das beide bot, so rein,
Verdiente kein Bethören.

In beiden Gaben lag die Kraft,
Die Untreu abzuwehren,
Sie haben redlich dran geschafft;
Dich konnten sie's nicht lehren.

Fest war der Kette Bau, bis ihn
Des Fremden Griff durft' schänden,
Süß war die Laute, bis dir schien:
Sie sei's in andern Händen.

Der dir vom Hals die Kette nahm
Und ließ die Ringe krachen,
Der dir die Laute machte lahm,
Mög beide wieder machen.

 

                Auf ein weißes Blatt
in den »Freuden der Erinnerung« von Roger.

O Freund! magst fern, magst nah du weilen,
Ein holder Zauber dich umzieht;
Es fühlen's Alle, die sich theilen
In dein Gespräch und in dein Lied.

Wenn aber kommt die schlimme Stunde
– Zu früh der Freundschaft immerdar –
Wo weint »Erinn'rung« ob der Kunde,
Daß auch ihr Sänger sterblich war,

Wie zärtlich wird sie dann vergelten,
Daß du so warm gehuldigt ihr,
Und knüpfen, mit den künft'gen Welten
Den eig'nen Namen fest mit dir.

                            Den 19. April 1812.

 

  Zur Eröffnung des Drurylane-Theaters
                    am 10. October 1812.

Mit Seufzen sah in einer Nacht voll Graus
Die Stadt, wie sank des Drama's stolzes Haus;
In einer Stunde sah die wilde Brunst,
Apollo's Fall, den Fall von Shakespeare's Kunst.

Die ihr geschaut – (o Anblick wunderbar,
Deß hohe Pracht fast höhnte die Gefahr!)
Wie mächt'ge Brände durch die Luft gekracht,
Als Moses Säulen Tag gemacht aus Nacht;
Die ihr geschaut, wie jene Feuerglut
Den rothen Schein warf in der Themse
Indessen Tausend' um das Haus gepreßt
In Angst gezittert für das eig'ne Nest,
Wie Flammen zuckten an dem Firmament
Und Blitze, wie der Himmel nur sie kennt,
Bis schwarze Asche und der öde Wall
Bezeichneten des Musentempels Fall –
O sprecht: soll dieser neue Bau, der steht,
Wo einst der Insel größter sich gebläht.
Das werden, was den alten so geehrt:
Shakespeare's Altar und Seiner, eurer werth?
Ja, so soll's sein! Des Namens Zauberklang,
Er trotzt den Flammen, trotzt der Zeit noch lang,
Er setzt die Bühne an den alten Ort
Und läßt das Drama hier bestehen fort.
Ja dieser Bau bezeugt des Zaubers Macht;
O schmeichelt uns und sagt: Er thut's mit Pracht!

O möcht' Vergangenheit ein Omen sein
Nicht für das Aeuß're dieses Bau's allein!
Auch Namen mögen diesem Haus erstehn,
Wie das zerstörte herrlich sie gesehn.
Hier hob der Siddons Spiel mit einem Streich
Das weichste Herz, das härteste ward weich.
In Drury sproßte Garrick's letzter Kranz,
Und als er abging, eurer Thränen Glanz;
Hier schmolz er selbst beim Lebewohle ganz.
Doch auch den Lebenden blüh' hier der Strauß,
Der sonst auf Gräbern nur sich breitet aus.
Das fordert Drury; und gewiß, ihr gebt
Der Muse das, was wieder sie belebt,
Laßt auch Menanders Haupt nicht Kränze-leer,
Und gebt den Todten nicht allein die Ehr'!

Wie sind die Tage jenes Ruhms uns lieb,
Eh' Garrick schwand und Brinsley nicht mehr schrieb!
Wie hochgeborne Erben sind auch wir
Auf unsre Ahnen stolz und ihr Panier.
Doch wenn Erinn'rung Banko's Spiegel reicht,
Daß euch darin manch hoher Schatten bleicht
Und mancher Name, der unsterblich glänzt,
Den unser Lied von Neuem stets bekränzt,
So haltet an, eh' ihr den Sprößling schmäht,
Er thut gar hart nach solcher Majestät.

Ihr Bühnenfreunde, die um gnäd'gen Gruß
Schauspiel und Spieler gleich' sehr bitten muß,
Die ihr durch Zuruf übet mit Bedacht
Des Lobs und Tadels grenzenlose Macht,
Wenn zur Berühmtheit Schlüpfrigkeit genügt
Und wir erröthen, daß ihr's nicht gerügt,
Wenn je die Bühne schmeichelnd niederbog
Zum Ungeschmack, den sie nicht besser zog,
So werde alter Vorwurf hier geschwächt
Und die Kritik verstumme jetzt mit Recht.
O da von euch des Drama's Loos geht aus,
Verhöhnt uns nicht durch fälschlichen Applaus.
So wird erhöht des Künstlers Kraft und Macht
Durch euch in uns der Wahrheit Licht entfacht.

Nach diesem Gruß, womit nach alter Sitt'
Des Drama's Herold heute vor euch tritt,
Seid uns willkommen, und von Herzen, hier!
Wie gern gewännen eure Herzen wir!
Der Vorhang hebt sich – möge unsre Bühn'
Des alten Drurys würdig neu erblühn!
Wo Britten Richter, Führer die Natur,
Erwarten wir's – prüft lange, lange nur!

 

                  An die Zeit.

Zeit! auf deren Schwingen blind
Stunden weilen bald, bald fliehen,
Winter langsam, Lenz geschwind
Uns zum Tode schleppen, ziehen,

Heil dir! die du früh mir hast
Dein bekannt Geschenk gegeben;
Besser trag' ich deine Last
Seit ich sie allein muß heben.

Nimmer möcht' ich, daß ein Herz
Mit mir theilen müßt' dein Quälen,
Und verzeih's, daß heimatwärts
Du geführt so theure Seelen.

Freude sei mit ihnen, Ruh'!
Mich wirst nimmermehr du plagen;
Jahre liehest nur mir du,
Die mit Schmerz ich abgetragen.

Doch zum Trost ward selbst der Schmerz,
Deine Macht ließ er vergessen;
Länger fühlte dich das Herz,
Doch es mochte dich nicht messen.

In der Lust hab' ich's beklagt,
Daß dein Tritt bald langsam gehe;
Sonnen hast du wol verjagt,
Machtest dunkler nicht mein Wehe.

Denn des Himmels tiefste Nacht
Paßte damals meinem Neigen,
Ein Stern nur schoß vor in Pracht,
– Daß sie ewig nicht, zu zeigen.

Er versank, nun bist du leer;
Zum Berechnen und Verfluchen,
Dient dein ödes Stunden-Heer,
Das doch Alle neu versuchen.

Eines änderst du auch nicht:
Daß dein Flug doch führt zum Hafen,
Wenn herab der Sturm einst bricht,
Den wir dann gesund verschlafen.

Lächeln kann ich, wenn ich denk',
Wie so schwach nun bald dein Kläffen,
Wie dein Zorn und dein Gezänk
Nur noch einen Stein wird treffen!

 

      Ein romaisches Liebeslied.
                  Uebersetzung.

Ach gab es eine Liebe je
Ganz ohne Zweifel, Noth und Weh'?
Sie nagen immerdar mein Herz
Und machen Tag und Nacht mir Schmerz.

Kein Freund vernimmt es, wie ich klag',
Ermattet sterb' ich von dem Schlag;
Ich wußt', daß Amor Pfeile führt,
Doch nicht, daß sie von Gift berührt.

Ihr freien Vögel flieht das Netz,
Womit euch Lieb' umgarnet stets;
Denn wenn euch diese Glut umstellt,
Verbrennt das Herz, die Hoffnung fällt.

Ein Vogel war ich, sorglos, frei,
Gar mancher Lenz ging so vorbei;
Gefangen jetzt in feiner Schling'
Verseng' und flattr' ich armes Ding.

Wer nie geliebt, nicht recht geliebt,
Der fühlt den Schmerz nicht, den uns gibt
Ein scheeler Blick, ein kalter Knix,
Der Blitz des zorn'gen Liebesblicks.

Im Traume hielt ich dich für mein,
Nun stürzt – mit mir – die Hoffnung ein;
Wie schmelzend Wachs, wie welke Blüt'
Fühl' ich mein Herz an dir verglüht.

Ach sprich, warum, du mein Geschick,
Der kalte Mund, der fremde Blick?
Mein Vögelchen, hold Täubchen mein,
Wie kannst du so ganz anders sein?

Mein Auge fließet wie ein Bach,
Wer tauscht mit mir sein Ungemach?
Gib nach, mein Vögelchen! Ein Ton
Gibt mir zurück das Leben schon.

Mein Blut, so heiß und toll zumal,
Ertrage ich in stummer Qual;
Doch dein Herz theilt die Schmerzen nicht,
Es jubelt, wenn das meine bricht.

Gieß zu das Gift, scheu nicht dein Thun,
Kannst mehr doch morden nicht als nun!
Ich fluch' des Lebens erstem Tag
Der Liebe langsam tück'schem Schlag.

Du wunde Seele, blutend Herz,
Bringt dir Geduld zur Ruh' den Schmerz?
Ach 's ist zu spät, ich weiß, zu gut!
Auf Freude folgt der Thränen Flut.

 

            Du bist nicht falsch.

Du bist nicht falsch, doch flatterhaft
Mit Denen, die du suchtest heiß;
Und bittrer fließt der Thräne Saft,
Seit ich so Schlimmes von dir weiß;
Das bricht das Herz, das dir gewallt,
Du liebst zu sehr, gibst auf zu bald.

Die gänzlich Falsche flieht das Herz,
Verachtet Lügnerin und Lug;
Doch Die nicht Freude birgt noch Schmerz,
Die offen stets die Liebe trug,
Wenn Die sich ändert, die so wahr,
Dann fühlt's, was jüngst mein Schicksal war.

Von Freude träumen, doch zu Leid
Erwachen wird, wer liebt und lebt!
Doch wenn in Morgens Nüchternheit
Uns schmerzt, was Phantasie gewebt,
Die uns getäuscht so süß im Schlaf,
Daß wachend größre Pein uns traf,

Was fühlt erst Der, den nicht ein Traum,
Nein! wahrste, tiefste Lieb' umfing,
Doch die so schnell verflog zu Schaum,
Als ob ein Traum vorüberging?
Ach wol nur Wahn ist dieser Schmerz,
Mir träumte nur, daß kalt dein Herz?

 

Auf die Frage: wie Liebe komme?

»Wie Liebe komme?« fragst du mich;
Warum so grausam mich befragen?
Da dir so viele Augen sagen:
Sie komme, wenn man schauet dich!

Und willst du wissen, wann sie geht?
Mein fürchtend Herze ahnt es bange:
Abzehren wird sie stumm und lange,
Doch leben – bis mein Sein verweht.

 

                Gedenke sein

Gedenke sein, dem tiefste Wunde
Die Liebe schlug in hartem Spiel!
Gedenke jener bangen Stunde,
Da trotz der Lieb' Keins von uns fiel.

Dein schmelzend Aug', dein weiches Zagen
Lud mächtig ein zum höchsten Glück,
Doch sanftes Bitten, leises Klagen
Trieb meinen wilden Wunsch zurück.

Ich fühl', daß Alles ich verloren,
Doch dir das reine Herz bewahrt.
Was thut's, daß Qualen mich durchbohren,
Uns blieb die Reue doch erspart!

Doch denke dran, wenn falsche Zungen
Dem Herzen Böses reden nach,
Das dich geliebt, das du bezwungen,
Und meinem Namen drohn mit Schmach.

Denk', daß, wie ich auch fehlt' und fehle,
Ich dir mein Glück zum Opfer bracht';
Ich segne deine rein're Seele
Darum in stiller Mitternacht.

O hätt' es mich zu dir getrieben,
Da frei noch deine theure Hand,
Da ohne Schuld du durftest lieben,
Ich deiner noch mich würd'ger fand.

O möchten deine Tage fliehen
Wie einst, fern dieser Flitterwelt!
Möcht' weiter diese Wolke ziehen,
Dies sein dein letztes Prüfungsfeld!

Dies Herz voll gährender Gefühle
Könnt', selbst zerstört, zerstören nur;
Und träf' ich dich im Weltgewühle,
Es weckte böser Hoffnung Spur.

Drum überlaß die Welt nur denen,
An deren Wohl und Weh nichts liegt,
Wie Einer ich, – und meide Scenen,
Wo, wer empfindet, wird besiegt.

Dein Jugendreiz, dein zärtlich Wesen,
Dein Herz durch Einsamkeit so rein,
Mag sich aus unserem Kampfe lesen,
Was seiner harrte dort an Pein.

Verzeihe, daß dir jene Thränen
– Die Tugend nicht umsonst vergoß –
Entriß mein allzu feurig Sehnen;
Um mich ring' keine mehr sich los.

So traurig mir auch der Gedanke,
Daß wir uns treffen nimmermehr,
Verdien' ich doch die harte Schranke;
Fast süß erscheint mir dein Begehr.

Doch würd' ich nicht so für dich brennen,
Ich opferte auch nicht so viel,
Nicht halb so schwer fällt mir das Trennen,
Als wenn dein Herz durch meines fiel.

                                            1813

 

        Lord Thurlow's Gedichte.

Als Thurlow diesen Unsinn machte
(Die Welt mich nicht als grob betrachte!),
Wußt' Gott und Mensch nicht, was er dachte.

Und da selbst Rogers Lobberichte
Verstand nicht gaben der Geschichte,
Warum dann drucken die Gedichte?
                        *
O gib, Apoll', in meine Fänge
Hermilda's erste zwei Gesänge
Als Kofferfutter und Behänge.

Um jenen niedlich auszupappen,
Reicht nicht der Inhalt meiner Mappen,
Gib, Thurlow, mir auch deine Lappen.

 

              An Lord Thurlow.
                          Ich lasse meinen Lorbeer schwinden;
                          Um so Apollo's Kranz zu winden,
                          Mög' Jeder los den eignen binden.
                                        Lord Thurlow an Rogers.

»Ich lasse meinen Lorbeer schwinden«.
Du lässest deinen Lorbeer schwinden;
Der, den du stahlst, reicht hier nicht zu.
Doch würd' er dich mit Recht umwinden,
Braucht Rogers mehr ihn oder du?
Behalt' nur deine welken Schlehen,
Wo nicht, schick' sie zu Doctor Wichts,
Wär' beiden euch nach Recht geschehen,
So hätt' er wenig und du nichts.

»Um so Apollo's Kranz zu winden.«
Den Kranz! nun, winde immerzu,
Die Narrenkappe doch trägst du.
Wenn du nach Delphi dich verloren,
So frage der Collegen Schwanz;
Sie sagen dir: eh' du geboren,
Gab Phöbus Rogers seinen Kranz.

»Mög' Jeder los den eig'nen binden.«
Wenn man Kohlen nach New Castle führet.
Und Eulen Athen schickt als neu,
Der Regent die Gemahlin berühret,
Und Liverpool weinet aus Reu;
Wenn Tories und Whigs ausgestritten
Und Castlereagh kriegt einen Sohn,
Soll Rogers um Lorbeern uns bitten
Und du ganz bedeckt sein davon.

 

                  An Thomas Moore,
am Vorabend, ehe er Leigh HuntDerselbe hatte eine Satire auf den Prinz-Regenten geschrieben im Gefängniß
      von Cold Bath Fields besuchte, den 19. Mai 1813.

O du, den man kitzelt in jeder Natur:
Als Little, Anacreon, Brown und Tom Moore,
Ich weiß nicht, beim Styx! womit mehr du magst prahlen;
Mit dem Werk, das zwei Pfund, das zwei Pfennig bezahlen.

      *               *               *               *               *

Doch nun zu dem Briefe, als Antwort auf deinen:
Komm morgen, sobald als du nur kannst erscheinen,
Bereit und geputzt, um (wie wir beschlossen)
Im Kerker zu huld'gen dem Geistesgenossen.
Bitt' Phöbus, daß unsre politischen Saiten
Nicht uns auch noch dort eine Wohnung bereiten.
Du bist wol heut' Abend bei niedlichen Frauen
Und opferst Sam Rogers und Sotheby's Blauen:
Auch ich, den Erkältung fast brachte zum Tode,
Muß Hosen anziehen und gehn nach Heathcote;
Doch morgen um vier Uhr da spielen wir Scurra,
Du bist dann Catull, der Regent der Mamurra.

 

                    Impromptu
          als Erwiederung an einen Freund.

Wenn aus der Brust, wo Leiden wohnen,
Ihr düst'rer Schatten steigt empor,
In meinen Zügen streng zu thronen,
Um Stirn' und Aug' zu ziehn den Flor;

Beacht' es nicht, bald wird er fallen,
Er kennt den Kerker gar zu gut
Und kehrt nach meines Herzens Hallen,
Wo er in stiller Zelle ruht.

                              September 1812

 

                          An Genevra

Der Augen blaue Glut, die schönen Flechten,
Dein Antlitz bleich von der Betrachtung Wellen,
Wo Sonnenblicke sich zu Nacht gesellen
Und mit Verzweiflung süßre Schmerzen fechten,

Verbanden sich, so deine Stirn' zu nächten,
Daß, wüßt' ich nicht, wie deinen Busen schwellen
Der Tugend reinste, fleckenlose Quellen,
Ich wähnen müßt', daß Schuld und Gram dich schwächten.

Ein solches Antlitz in so holden Farben,
Hat Guido's hehrer Pinsel uns geboren,
(Nur daß dich gleiche Sünden nicht verdarben),

Als Magdalenen er heraufbeschworen.
Ganz so bist du – nur ohne jene Narben,
Hier nagt nicht Reu, hat Tugend nichts verloren.

                              Den 17. December 1813.

 

                          An Dieselbe.

Bleich von Gedanken, nicht von Schmerz und Mühen,
Ist deine Wang', doch so voll Reiz-Geschoßen,
Daß, wenn die Lust gefärbt die weißen Rosen,
Mein Herz verwünschte dieses röth're Blühen.

Und blendet nicht der blauen Augen Glühen,
So macht' es doch, daß harte Lider floßen,
Mir selber aber alle Schleußen goßen,
Sanft wie Gewitters letzte Tropfen sprühen:

Denn durch der Wimper lange dunkle Franze
Glimmt wie ein Seraph, den's herabgetrieben,
Der Seele holde, schwermuthvolle Pflanze,

Das Weh bedauernd, das ihr ferngeblieben;
Und dieses Milde mit der Hoheit Glanze
Ehr' ich nur mehr, doch kann's nicht wen'ger lieben.

                              Den 17. December 1813.

 

          Aus dem Portugiesischen.
                    Tu mi chamas.

»Mein Leben!« nennst du zärtlich mich
In des Entzückens Glutmomenten.
O theures Wort, ich schwärmt' für dich,
Könnt Jugend welken nicht, noch enden!

Doch solche Stund' auch endet hier,
Drum künde anders deine Triebe,
Sag' lieber: »Meine Seel'!« zu mir,
Die währet ewig wie die Liebe.

                  Eine andere Version

Du sagst: »Mein Leben!« Aendre doch das Wort,
Das Leben muß wie jedes Ach! zerstieben;
Sag' lieber: »Seele!« Das ist mehr am Ort,
Denn wie die Seel' stirbt nimmermehr mein Lieben.

 


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