Conrad Ferdinand Meyer
Die Richterin
Conrad Ferdinand Meyer

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Da wiegte Peregrinus, der sich gleich wieder besänftigte, die Locken und sang mit gedämpfter Stimme:

»Es war einmal, es war einmal
Ein Fürst mit seinem Kinde,
Es war einmal ein junger Pfaff
In ihrem Burggesinde.

Am Mahle saßen alle drei,
Da riefen den Herrn die Leute:
»Herr Judex, auf! Zu Roß! Zu Roß!
Im Tal zieht eine Beute!«

Er gürtet sich das breite Schwert
Und wirft mit einem Gelächter
Den Hausdolch zwischen Maid und Pfaff
Als einen scharfen Wächter.

Den Judex hat das schnelle Roß
Im Sturm davongetragen,
Zweie halten still und bang
Die Augen niedergeschlagen.

Stemma hebt das Fingerlein,
Sie tut es ihm zuleide,
Und fährt damit wohl auf und ab
Über die blanke Schneide.

Ein Tröpflein warmen Blutes quoll« –

»Stille, Schwächling!« zürnte die Richterin. »Das hast du dir in deinem Schlupfwinkel zusammengeträumt. Solche Schmach kennt die Sonne nicht! Stemma ist makellos! Und auch der Comes, er komme nur! ihm will ich Rede stehen!«

»Stemma, Stemma!« flehte Peregrin.

»Hinweg, du Nichts!« Sie entzog sich ihm mit einer starken Gebärde, und seine Züge begannen zu schwimmen.

»Mein Weib, mein« – »Leben« wollte er sagen, doch das Wort war dem Ohnmächtigen entschwunden. »Hilf, Stemma«, hauchte er, »Wie heißt es, das Atmende, Blühende? Hilf!« Die Richterin preßte die Lippen, und Peregrinus zerfloß.

Erwacht stand sie vor dem Lager ihres Kindes. Sie küßte ihm die geschlossenen Augen. »Bleibet unwissend!« murmelte sie. Dann glitt sie neben Palma auf das breite Lager und schlang den Arm um das Mädchen, wie um eine erkämpfte Beute: »Du bist mein Eigentum! Ich teile dich nicht mit dem verschollenen Knaben! Dich siedle ich an im Licht und umschleiche dich wie eine hütende Löwin!« Der Traum hatte ihr Peregrin gezeigt nicht anders, als sein Bild in ihr zu leben aufgehört hatte. Längst war der Jüngling, dem sie sich aus Trotz und Auflehnung mehr noch als aus Liebe heimlich vermählt, an ihrem kasteiten Herzen niedergeglitten und untergegangen, und der einst aus ihrer Fingerbeere gespritzte Blutstropfen erschien der Geläuterten als ein lockeres und aberwitziges Märchen. Schon glaublicher deuchte ihr der andere Bewohner der Unterwelt, und da sie sich auf dem Lager umwendete und das Haupt in die Kissen begrub, ohne den Arm von der Schulter ihres Kindes zu lösen, erblickte die Entschlummernde den Comes, wie er an den Speer gelehnt verdrießlich im Schilfe saß und etwas Feindseliges in den Bart murmelte. Ein Lächeln des Hohnes glitt über ihr verdunkeltes Gesicht, denn Stemma kannte die Hilflosigkeit der Abgeschiedenen.

Im ersten Lichte weckte die zwei Schlafenden ein jäher Hornstoß und riß sie vom Lager empor. Der gewaltsame Tagruf beleidigte das feine Ohr der Richterin. Sie erriet, wen er meldete, und mit schnellem Entschluß und festem Schritte ging sie Wulfrin entgegen. Noch vor ihr, den rasch ergriffenen Wulfenbecher in der Hand, war Palma durch die Tür gehuscht.

In das von Rudio geöffnete Tor tretend, stand Stemma vor dem Höfling, der sie mit verwunderten Augen betrachtete. Das Antlitz gebot ihm Ehrfurcht. Er verschluckte ein unziemliches Scherzwort über sein durch vier Weiber gerettetes Leben. Bewältigt von dem ruhig prüfenden Blicke und der Hoheit der blassen Züge sagte er nur: »Hier hast du mich, Frau«, worauf sie erwiderte: »Es hat Mühe gekostet, dich nach Malmort zu bringen.«

»Wo ist die Schwester, daß ich sie küsse?« fuhr er fort, und diese, die inzwischen den Becher gefüllt hatte, eilte ihm mit klopfendem Herzen und leuchtenden Augen zu, obwohl sie vorsichtig schritt und den Wein nicht verschütten durfte. Sie trat vor den Bruder und begann den Spruch. Da aber Stemma den Kelch, der dem Comes den Tod gebracht, in den Händen ihres Kindes erblickte und den frischen Mund über seinem Rand, empfand sie einen Ekel und einen tiefen Abscheu. Mit sicherm Griffe bemächtigte sie sich des Bechers, den das überraschte Mädchen ohne Kampf und Widerstand fahren ließ, führte ihn kredenzend an den eigenen Mund und bot ihn dem Höfling mit den einfachen Worten: »Dir und dieser zum Segen!« Wulfrin leerte den Becher ohne jegliche Furcht.

Palma stand bestürzt und beschämt. Da hieß die Mutter sie die Glocke ziehen, die hoch oben in einem offenen Türmchen hing und das Gesinde weither zum Angelus rief. Palma hatte als Kind Freude gehabt, das leichtbewegliche Glöcklein erschallen zu lassen, und das Amt war dem Mädchen geblieben. Sie fügte sich zögernd.

»Frau, warum hast du ihr die Freude verdorben?« fragte Wulfrin. Stemma wies ihm die Inschrift des Bechers. »Siehe, es ist der Spruch eines Eheweibes«, sagte sie. »Davon lese ich nichts«, meinte er.

»Erfreue dich am Wein!
Willkomm...!«

Der Finger der Richterin zeigte das Verwischte, aus welchem für ein genauer prüfendes Auge noch drei Buchstaben leserlich hervortraten, ein i, ein K, ein l. Wulfrin erriet ohne Mühe:

»Willkomm im Kämmerlein!«

»Du hast recht, Frau«, lachte er.

Sie nahm ihn an der Hand und führte ihn vor das Grabmal. Da lag ihm der Vater, die Linke am Schwert, die Rechte am Hifthorn, die steinernen Füße ausgestreckt. Wulfrin betrachtete die rohen aber treuherzigen Züge nicht ohne kindliches Gefühl. Das abgebildete Hifthorn erblickend, hob er in einer plötzlichen Anwandlung das wirkliche, das er an der Seite trug, vor den Mund und tat einen kräftigen Stoß. »Fröhliche Urständ!« rief er dem in der Gruft zu.

»Laß das!« verbot die Richterin, »es tönt häßlich.«

Sie setzte sich auf den Rand des Steinsarges, neben ihr eigenes liegendes Bild, das die betenden Hände gegeneinander hielt, und begann: »Da du nun auf Malmort bist, verlässest du es nicht, Wulfrin, ohne mich – nach vernommenen Zeugen – angeklagt oder freigegeben zu haben von dem Tode des Mannes hier.« Der Höfling machte eine widerwillige Gebärde. »Füge dich«, sagte sie. »Ist es dir keine Sache, so ist es eine Form, die du mir erfüllen mußt, denn ich bin eine genaue Frau.«

»Gnadenreich wird dir ausgerichtet haben«, versetzte der Höfling aufgebracht, »daß ich dich nie beargwöhnte, weder ich noch Arbogast, der mir das Zusammensinken des Vaters beschrieben hat. Ich bin kein Zweifler und möchte nicht leben als ein solcher. Es gibt deren, die in jedem Zufall einen Plan, und in jedem Unfall eine Schuld wittern, doch das sind Betrogene oder selbst Betrüger. Der Himmel behüte mich vor beiden! Hätte ich aber Verdacht geschöpft und Feindseliges gegen dich gesonnen, jetzt, da ich dein Antlitz sehe, stünde ich entwaffnet, denn wahrlich du blickst nicht wie eine Mörderin. Wärest du eine Böse, woher nähmest du das Recht und die Stirn, das Böse aufzudecken und zu richten? Dawider empört sich die Natur!«

Ein Schweigen trat ein. »Aber was ist das für ein dumpfes Dröhnen, das den Boden schüttert?«

»Das ist der Strom«, sagte die Richterin, »der den Felsen benagt und unter der Burg zu Tale stürzt.«

»Wahr ist es, Frau«, fuhr der Höfling treuherzig fort, »daß ich dich nie leiden mochte, und ich sage dir warum. Dieser Greis hier, mein Vater, war ein roher und gewaltsamer Mann. Ich sage es ungern: er hat an meinem Mütterlein mißgetan, ich glaube, er schlug es. Ich mag nicht daran denken. Ins Kloster hat er es gesperrt, sobald es abwelkte. Da ist es nicht zu wundern, wie wir Menschen sind, daß ich von dir nichts wissen wollte, die es von seinem Platze verstieß.«

»Nicht ich. Hier tust du mir unrecht. Da wir so zusammensitzen, Wulfrin, warum soll ich es dir nicht erzählen? Ich habe deiner Mutter nichts zuleide getan. Kälter und lebloser als diese steinerne war meine Hand, da sie gewaltsam in die deines Vaters gedrückt wurde. Aus dem Kerker hergeschleppt, zugeschleudert wurde ich ihm von dem Judex, der mir einen zitternden und zagenden Liebling von niederer Geburt erwürgt hatte. Nicht jedes Weib würde dir solches anvertrauen, Wulfrin.«

»Ich glaube dir«, sagte dieser.

»Einer Gezwungenen und Entwürdigten«, betonte sie, »gab dein Vater sterbend die Freiheit. Und ich wurde Herrin von Malmort. Du hast Grund, Wulfrin, dir die Sache zu besehen. Sie ist dunkel und schwer. Betrachte sie von allen Seiten! Denn, du räumst mir ein, vernichtete ich deinen Vater, so bin ich oder du bist zuviel auf der Erde.«

»Verhöhnst du mich?« fuhr er auf, »doch nein, du blickst ernst und traurig. Siehe, Frau, das ewige Verhören und Richten hat dich quälend und peinlich gemacht und wahrhaftig, ich glaube« – seine Augen deuteten auf den Stein – »auch eine Frömmlerin bist du.« Er hatte rings um das Frauenhaupt die Worte gelesen: »Orate pro magna peccatrice.« »Das hier ist großgetan.«

»Ich bin eine kirchliche Frau«, antwortete Stemma, »doch wahrlich, ich bin keine Frömmlerin, denn ich glaube nur, was ich an dem eigenen Herzen erfahren habe. Dein Knecht, der Steinmetz Arbogast, fragte mich in seiner einfältigen Art, was er mir um das Haupt schreiben dürfe. In seiner schwäbischen Heimat sei bei vornehmen Frauen die Umschrift gebräuchlich: Betet für eine Sünderin. »Schreibe mir«, sagte ich, »›Betet für die große Sünderin‹, denn, Wulfrin, du hast recht gesagt, was ich tue, tue ich groß.«

»Hübsch!« rief der Höfling, aber nicht als Antwort auf diesen Selbstruhm, sondern das Haupt in die Höhe richtend, wo Palma stand und das helltönige Glöcklein zog. Sie hatte sich lange auf der Wendeltreppe gesäumt und aus den Luken nach dem ihr vorenthaltenen Bruder zurückgeblickt. In der weiten Bogenöffnung des von den ersten Sonnenstrahlen vergoldeten Turmes wiegte sich ein lichtes Geschöpf auf dem klingenden Morgenhimmel. Der Höfling sah einen läutenden Engel, wie ihn etwa in der zierlichen Initiale eines kostbaren Psalters ein farbenkundiger Mönch abbildet. Eine Innigkeit, deren er sich schämte, rührte und füllte sein Herz. Hatte ihn doch dieses lobpreisende Kind vom Tode errettet.

Inzwischen sammelte sich im Burghofe das Gesinde der Richterin, wohl einhundert Köpfe stark, Männer und Weiber, ein finsteres, sehniges, sonneverbranntes Geschlecht, das den Behelmten eher feindlich als neugierig musterte. Dieser, die wieder zur Erde gestiegene Palma darunter erblickend, machte sich Bahn, und als wollte er sich für die flüchtige Andacht rächen, welche er zu einem Geschöpf aus irdischem Stoffe empfunden, legte er ihr die Hand auf die Achsel, und den blühenden Mund findend, küßte er ihn kräftig. Sie zitterte vor Freude und wollte erwidern, doch schneller faßte die Richterin mit der Linken ihre Hand, die Rechte Wulfrin bietend, und führte die beiden in die Mitte ihres Volkes.

»Bruder und Schwester«, verkündigte sie und sich auf die andere Seite wendend noch einmal: »Schwester und Bruder.«

So ungefähr hatten es sich Knechte und Mägde schon zurechtgelegt, denn die Ähnlichkeit Wulfrins mit dem steinernen Comes war unverkennbar, nur daß sich der Vater in dem Sohne beseelt und veredelt hatte, des Hifthorns an der Seite Wulfrins zu geschweigen, das anschauliches Zeugnis gab von seiner Abstammung.

Nur das runzlige, stocktaube Mütterchen, die Sibylle, hatte nichts vernommen und nichts begriffen. Sie trippelte kichernd um das Mädchen, zupfte und tätschelte es, grinste zutulich und sprudelte aus dem zahnlosen Munde: »O du mein liebes Herrgöttchen! Was für einen hat dir da die Frau Mutter gekramt! Zum Wiederjungwerden. Von Paris ist er verschrieben, aus den Buben, die dem Großmächtigen dienen. Krause Haare, prächtige Ware!«

»Halt das Maul, Drud!« schrie dem Mütterchen der Knecht Dionys ins Ohr, »es ist der Bruder!«, und sie versetzte. »Das sage ich ja, Dionys: der Gnadenreich ist ein tröstlicher und auferbaulicher Herr, aber der da ist ein gewaltiger, stürmender Krieger! O du glückseliges Pälmchen!«, und so unziemlich schwatzte sie noch lange, wenn man sie nicht zurückgedrängt und ihr den frechen Mund verhalten hätte. Denn die Morgenandacht begann, und von einer entfernteren Gruppe wurde schon die Litanei angestimmt. Wie von selbst ordnete sich der Frühdienst, einen Halbkreis bildend, in dessen Mitte die Richterin den schleppenden Gesang leitete, der, dieselben Rhythmen und Sätze immer dringender und leidenschaftlicher wiederholend, den Himmel über Malmort anrief.

Wulfrin, welcher, er wußte nicht wie, an das eine Ende des andächtigen Kreises geraten war, erblickte sich gegenüber die Schwester. Alles hatte sich niedergeworfen, er und die Richterin ausgenommen. Seine Blicke hingen an Palma. Auf beiden Knien liegend, die Hände im Schoß gefaltet, sang sie eifrig mit den jungen rätischen Mägden. Aber das Freudefest, das sie in der vollen Brust mit dem endlich erlangten Bruder, dem neuen und guten Gesellen feierte, strahlte ihr aus den Augen und jubelte ihr auf den Lippen, daß die Litanei darüber verstummte. Die geöffneten gaben durch die Lüfte den Kuß des Bruders zurück. Und jetzt sich halb erhebend, streckte sie auch die Arme nach ihm. Nur eine flüchtige Gebärde, doch so viel Glut und Jugend ausströmend, daß Wulfrin unwillkürlich eine abwehrende Bewegung machte, als würde ihm Gewalt angetan. »Der Wildling!« lachte er heimlich. »Aber die wird dem wackern Gnadenreich zu schaffen machen! Ich muß ihm noch das wilde Füllen zähmen und schulen, daß es nicht ausschlage gegen den frommen Jüngling! Warte du nur!«

Und um die Erziehung zu beginnen, wendete er sich, da die Richterin das Amen sprach und Palma gegen ihn aufsprang, von ihr ab, geriet aber an Frau Stemma, die seine Hand ergriff, ihn feierlich in die Mitte führte und mit eherner Stimme zu reden begann: »Meine Leute! Wer von euch, Mann oder Weib, so alt ist, daß er vor jetzt sechzehn Jahren hier stand, während ich den Comes empfing, der davon herkam euren erschlagenen Herrn, den Judex, zu rächen – wer so alt ist und dabei gegenwärtig war, der bleibe! Ihr Jüngern, lasset uns, auch du, Palma!«

Sie gehorchten. Palma zog sich schmollend in den äußersten Burgwinkel zurück, eine halbrunde Bastei, die, ein paar Stufen tiefer als der Hof, über dem senkrechten Abgrunde ragte, durch welchen die Bergflut in ungeheurem Sturze zu Tale fiel. Sie setzte sich auf die breite Platte der Brüstung, blickte, den Arm vorgestützt, in den schneeweißen Gischt hinein, der ihr mit seinem feinen Regen die Wange kühlte, und hörte in dem Tumulte der Tiefe nur wieder den Jubel und die Ungeduld des eigenen Herzens.

Im Hofe hinter ihr ging inzwischen die rechtliche Handlung ihren Schritt, und Rede und Gegenrede folgte sich, rasch und doch gemessen, nach dem Winke der Richterin.

»Hier steht der Sohn des Comes. Ihr seid ihm die Wahrheit schuldig. Saget sie. Habet ihr das Bild jener Stunde?«

»Als wäre es heute« – »Ich sehe den Comes vom Rosse springen« – »Wir alle« – »Dampfend und keuchend« – »Du kredenztest« – »Drei lange Züge« – »Mit einem leerte er den Becher« – »Er sank« – »Wortlos« – »Er lag.«

»Bei eurem Anteil am Kreuze?« fragte sie.

»So und nicht anders. Bei unserm Anteil am Kreuze!« antwortete der vielstimmige Schwur.

»Wulfrin, ich bitte dich, du blickst zerstreut! Wo bist du? Nimm dich zusammen!«

Hastig und unwillig erhob er die Hand.

Die Richterin faßte ihn am Arm. »Kein Leichtsinn!« warnte sie. Frage, untersuche, prüfe, ehe du mich freigibst! Du begehst eine ernste, eine wichtige Tat!«

Wulfrin machte sich von ihr los. »Ich gebe die Richterin frei von dem Tode des Comes und will verdammt sein, wenn ich je daran rühre!« schwur er zornig.

Der Burghof begann sich zu leeren. Wulfrin starrte vor sich hin und vernahm, so überzeugt er von der Unschuld der Richterin war und so erleichtert, mit einer häßlichen Sache fertig zu sein – dennoch vernahm er aus seinem Innern einen Vorwurf, als hätte er den Vater durch seine Unmut und seine Hast preisgegeben und beleidigt. So stand er regungslos, während die Richterin langsam auf ihn zutrat, sich an seiner Brust emporrichtete und ihm Kette und Hifthorn leicht über das Haupt hob. »Als Pfand meiner Freigebung und unsers Friedens«, sagte sie freundlich. »Ich kann seinen Ton nicht leiden.« Und sie schritt durch den Hof die Stufen hinunter und hinaus auf die Bastei und schleuderte das Hifthorn mit ausgestreckter Rechten in die donnernde Tiefe.

Jetzt kam Wulfrin zur Besinnung und eilte ihr nach, das väterliche Erbe zurückzufordern. Er kam zu spät. In den betäubenden Abgrund blickend, der das Horn verschlungen hatte, hörte er unten einen feindlichen Triumph wie Tuben und Rossegewieher. Sein Ohr hatte sich in den Ebenen der lauten Rede entwöhnt, welche die Bergströme führen. Als er wieder aufschaute, war die Richterin verschwunden. Nur Palma stand neben ihm, die ihn umhalste und herzlich auf den Mund küßte.

»Laß mich!« schrie er und stieß sie von sich.


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