Felix Dahn
Gelimer
Felix Dahn

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Fünftes Kapitel.

Gelimer ließ sich auf das Ruhebett gleiten; Zazo trat vor ihn, stützte sich auf sein Langschwert und hob an: »Also! – Bald nachdem du ins Feld gezogen, traf Pudentius aus Tripolis in Karthago ein.« – »Schon wieder?« – »Ja, der steckt jetzt gar oft im Königsbau! Stundenlang verhandelt er – allein – mit dem König. Oder mit Euages und Hoamer, des Königs übermütigen Neffen, unsern lieben Vettern. Der letztere, der hochfahrende Tollkopf, kann nicht schweigen nach dem Wein. Im Rausch hat er ausgeplaudert.« – »Aber doch gewiß nicht – dir.« – »Nein! Aber dem roten Thrasarich.« – »Dem Wildling!« »Ich lobe seine Sitten nicht,« lachte der andre. »Obwohl er viel zahmer geworden, seit er ganz sittsam wirbt um die zierliche Eugenia. Aber gelogen hat der noch nie. Und er läßt sich totschlagen für sein Vandalenvolk. Und zumal für dich, den er seinen Erzieher nennt! Du fingst die Erziehung mit dem Hauen an! – Im Hain der Venus . . . –« »Der heiligen Jungfrau, willst du sagen,« verwies Gelimer. »Wenn es dir Vergnügen macht – gern! Aber sie erlebt wenig Ehre dran, solang der Ort die alten Sitten beibehält. – Also: bei einem Gelag in der Muschelgrotte jenes Hains, da Thrasarich dich lobte und meinte, du werdest den Kriegsruhm der Vandalen erneuen, sobald du König geworden, da schrie Hoamer wütig: ›Nie! Niemals wird das geschehen! Byzanz hat es verboten. Gelimer ist ein Feind des Kaisers. Stirbt mein Ohm, so werd' ich König. Oder der Kaiser bestellt Pudentius zum Reichsverweser. So ist es zwischen uns beredet und beschlossen‹.« – »Das war im Rausch gesprochen.« – »Im Wein – und in dem ist Wahrheit, sagen die Römer. Da kam Pudentius des Weges in die Grotte: ›Ha,‹ rief der Trunkene ihn an, ›dein letzter Brief – vom Kaiser – war wieder goldwert. Warte nur, bin ich erst König, will ich dir's lohnen – du wirst Exarch des Kaisers in Tripolis.‹ Pudentius erschrak gar sehr und winkte ihm mit den Augen, zu schweigen: aber der fuhr fort: ›Nein, nein! das ist dein wohlverdienter Lohn!‹ Und all' das erzählte mir Thrasarich, von dem Gelage hinwegstürmend, in frischem Zorn. Aber warte nur: es kommt noch besser! Dieser Pudentius: – hältst du ihn für unsern Freund?«

»O nein,« seufzte Gelimer. »Seine Großeltern, seine Eltern, wurden von unsern Königen grausam getötet, weil sie ihrem Glauben treu blieben. Wie sollte der Enkel, der Sohn uns lieben?«

Da trat Zazo ganz dicht an den Bruder heran, legte ihm die schwere Hand auf die Schulter und sprach langsam: »Und Verus? Soll der uns lieben? Hast du vergessen, wie seine ganze Familie?« – Mit tiefstem Schmerz schüttelte Gelimer das Haupt: »Ich – das vergessen? Ich?« – Er zuckte zusammen – er schloß die Augen. Dann sich mühsam, gewaltsam aufreißend aus dem Zwange finstrer Gedanken fuhr er fort: »Immer dein festgewurzelter Wahn! Immer dieses Mißtrauen gegen den treusten von allen, die mich lieben!« – »O Bruder! – Aber ich trage dir's nicht nach. – Dein sonst so heller Geist, – blind ist er, verblendet – gegenüber diesem Priester! Es ist, wie wenn hier ein Wunder waltete . . .« »Es waltet hier ein Wunder,« unterbrach Gelimer, tief bewegt, mit frommem Blick nach oben. »Was sagst du aber dazu, daß jener Pudentius, dem auch du nicht traust, nachts, heimlich, in die Stadt gelassen wird – durch wen? Durch Verus, deinen Busenfreund!« – »Das ist nicht wahr.« – »Ich hab's gesehn. Ich will's beschwören, dem Pfaffen ins Angesicht. O wär' er jetzt nur da.« – »Er wird nicht weit sein. Er sagte mir, – er war der erste von euch allen, der mich bei dem Einzug begrüßte! – er sehne sich, mich aufzusuchen: er müsse mich gleich sprechen. Ich beschied ihn hierher – sobald ich vom König entlassen sei, wollte ich ihn hier – siehst du? – Da schreitet er schon den Säulengang heran,«

 


 


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