Alexander Dumas d. Ätere
Napoleon Bonaparte
Alexander Dumas d. Ätere

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Vorwort.

Schon trennt uns ein Jahrhundert von der Zeit, als Napoleon Bonaparte, bald vernichtend, bald befruchtend, anderthalb Jahrzehnte den Brennpunkt des europäischen Lebens bildete, aber die Flut der sich mit seiner Person beschäftigenden Schriften ist keineswegs versiegt. Gerade in neuester Zeit erleben wir ja nicht nur auf dem Gebiete des französischen, sondern auch des deutschen Schrifttums eine wahre Napoleon-Renaissance. Immer wieder lockt der Zauber seiner überragenden Persönlichkeit zu neuen Versuchen, mit der Feder seinen Riesenspuren zu folgen, mehr oder minder scharfsinnig die Quellen seiner Erfolge und Mißerfolge aufzudecken, sein Genie und seine Denkart zu zergliedern, das erschütternde Schauspiel seines kometenartigen Auftauchens und Erlöschens zu schildern und den Erben und Vollender der großen Revolution als Sämann neuer Keime aufzuzeigen. War es zunächst mehr ein leidenschaftlicher Kultus, der in kleinlich beengender, tatenloser Zeit ihm, der verkörperten Tatkraft, Weihrauch bot, so trat doch allmählich immer sieghafter die nüchterne Forschung und kritische Betrachtung in ihr Recht. Aus dem Halbgott seiner Verherrlicher oder dem Beelzebub, als den ihn jäh aufflammendes Nationalgefühl von ihm bedrängter Völker manchmal erscheinen ließ, ist für unsere heutige Anschauung einer der größten Feldherrn und Organisatoren geworden, der allerdings in seinen Mitteln nichts weniger als wählerisch war; die Napoleonlegende ist nach und nach von der Geschichtschreibung abgelöst worden, und die neuesten Werke (in allen Kultursprachen) über den genialen Korsen zeigen im ganzen eine erfreuliche Abgeklärtheit.

Als Alexander Dumas der Vater, Sohn eines der verwegensten Generale des ersten Kaiserreichs, durch eine Lebensgeschichte Napoleons die heroische Zeit des Schlachtenkaisers ins Gedächtnis rief, gab es noch nicht die dem heutigen Forscher zu Gebote stehende Menge von Werken, die uns über alle Einzelheiten von Napoleons Laufbahn unterrichten, seine Schlachten und Kriegszüge kritisch erörtern und Einblicke in sein Seelenleben eröffnen. Es war ja Dumas auch nicht darum zu tun, ein Werk zu liefern, das den Ansprüchen gelehrter Kritiker genügen könne, sein Buch ist wie ein wehmütiger Sehnsuchtsseufzer des französischen Volles nach der entschwundenen Herrlichkeit der ruhm- und glanzvollen Kaiserzeit und nach dem Manne, der nicht nur die Massen, sondern auch die erlesenen Geister – und zwar keineswegs nur solche in Frankreich – in seinen Bann zwang. Gerade hierdurch erhält nun diese mit allen Vorzügen Dumasscher Darstellungskunst ausgestattete Biographie ihren besonderen historischen und kulturhistorischen Wert, und der Verlag verdient Anerkennung dafür, daß er in der napoleonischen Zentenarzeit auch diesen in Vergessenheit geratenen Zeugen hat auferstehen lassen.

Der Übersetzer hat sich gestattet, hin und wieder, wo Dumas' Zahlen, Daten usw. mit den Ermittelungen neuerer Forschung zu sehr auseinanderklaffen, zu verbessern oder eine berichtigende Anmerkung einzufügen. Dumas ist zumeist Napoleons eigenen Angaben über die Stärke- und Verlustziffern der einzelnen Schlachten gefolgt, Napoleon aber betrachtete seine Berichte nur wie jedes andere Rüstzeug als Mittel zur Erreichung weiterer Erfolge, er, der mit unübertroffener Meisterschaft und Unbedenklichkeit dem Talleyrandschen Ausspruch gemäß handelte, die Worte seien nicht da, den Willen auszudrücken, sondern zu verhüllen – er, der selbst das Wort geprägt hat: »Die Lüge, einmal geboren, stirbt nicht.«

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