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Schlußwort

Der Weltkrieg war, und ist zur Stunde noch, der gewaltigste Wesensprüfer aller kämpfenden und vieler nur zuschauenden Völker.

Über allen schwebt das Eisen,
Das sie auf die Probe stellt.
Freu' dich, Volk, du sollst erweisen,
Ob du wert bist, dich zu preisen
Über alles in der Welt. (R. Dehmel).

Wie unsre ringenden, blutenden, fallenden, siegenden Helden und Brüder sich im Kampf gegen eine Welt erprobt haben, das wissen und fühlen wir hochklopfenden Herzens und tränenden Auges. Abgefallen ist von ihnen, was an die deutsche Schmach des Tangozeitalters vor dem Kriege erinnern könnte, vor allem die Auslandssucht im Handeln und Sprechen. Während die deutsche Heimatpresse welscht, wie sie stets gewelscht, ja während sie sich eine Reihe neuer Welschereien freudig als Kriegsbereicherungen angeeignet hat: das Exposé und das Communiqué, das Revirement und den Convoi, die Offensive und Defensive und Entente, sind unsre prächtigen Heereszeitungen unter den Händen wackerer Kriegsleute und ausgezeichneter Schriftsteller zu einer Reinheit der Sprache gelangt, die nie zuvor in der gesamten deutschen Zeitungswelt erhört war, und siehe: über den Wert unsrer Heerespresse nach Inhalt und Form herrscht Einhelligkeit draußen und daheim, mit Einschluß der Welscher.

Die Kämpfer hat der Krieg von Grund aus gewandelt; die Zuhausegebliebenen nicht, trotz allen hochbrüstigen Versicherungen, trotz Deutschen Reden in schwerer Zeit – und in welscher Sprache. Unsre grauen Brüder in den Feindesländern haben im Innersten erlebt, was Muttersprache heißt. Unsre Welscher zu Hause haben nichts davon erfahren, sondern haben ihr Welsch noch um einiges quantifiziert, tantifiziert und differenziert, aber ach – ›Der Differenzierung folgt keine Integration‹, wie der sich vor deutscher Begeisterung und Englandhaß überschlagende Richter der deutschen Helden und englischen Händler in seinem vollkommensten Heldendeutsch so unübertrefflich klar und schön gesagt hat. Rund heraus: Der Krieg ums Dasein des deutschen Volkstumes hat in dem Volk zu Hause, besonders in dessen zu Hause weilenden geistigen Führern, das Pflichtbewußtsein gegenüber dem höchsten Gut alles Volkstumes, der Sprache, nicht berührt, geschweige gestärkt. Im Gegenteil: mitten im Kriege der Welt gegen den Bestand des Deutschen Reiches haben einzelne welschende Gelehrte und mehr als eine große Zeitung abermals die Würdelosigkeit begangen, Bestrebungen höhnend zu bekämpfen, die auf Säuberung der Trägerin deutschen Volkstums, der deutschen Sprache, von der Beschmutzung durch unzählige Fremdbrocken abzielen. ›Jeder ist zu jedem Opfer bereit!‹ rief einer der welschenden Verfertiger ›Deutscher Reden in schwerer Zeit‹ mit höchstem ethisch-patriotischem Pathos in eine Beifall spendende Hörermenge hinein. Man sollte von dem begeisterten Opferer einmal das Opfer der Hälfte seines Welsch auf dem Altar deutscher Sprachehre fordern!

In der Neujahrsnacht von 1914 auf 1915 schrieb ich in mein ›Tagebuch des Weltkrieges‹: ›Umheult von der Lüge, von der giftigen Verleumdung fast der ganzen Welt, durchleben wir einen tiefen Wandel unsers völkischen Bewußtseins, der, das hoffe, das wünsche ich so leidenschaftlich wie den Schlachtensieg, diesen Krieg überdauern wird: unsre Volksseele bekommt Schwielen, unsre rosige Galle färbt sich mit dem Dunkelrot zorniger Scham, unsre geistige Lakaienlappenpracht fällt ab, und wir gesunden endlich zu festem Selbstgefühl. Ein Volk, das durch einen Lügensumpf gewatet ist, wie das deutsche; das erfahren hat, wohin die entwürdigende Ausländerei geführt hat, das wird für lange, vielleicht für immer geheilt sein von der zehrendsten Wunde seines Leibes.‹ Ich schäme mich noch heute nicht, diese Herzensverheißung hinausgerufen zu haben; ich schäme mich als Volksgenosse nur, daß mein Volk sie noch heute, nach zwei weiteren Jahren voll Blut und Tränen nicht erfüllt hat. Meine Hoffnung gründet sich einzig auf unsre heimkehrenden Sieger; von den Andern erwarte ich nichts. Kein einziger bekannter Berufswelscher daheim ist durch den Krieg überzeugt worden von der Würdelosigkeit, andern Völkern, besonders den feindlichen, ihre Sprachen abzuhorchen und nachzuschreiben. › Germania delenda est!‹, Deutschland, deutsches Volkstum muß vernichtet werden! so brüllen uns noch täglich die Feinde ins Angesicht. Die Antwort unsrer Führer besteht in wohlgesetzten Verteidigungen deutscher Zivilisation, deutscher Organisation, deutscher Intelligenz, deutscher Industrie und deutscher Humanität durch unsre Intellektuellen in einem energischen Protest an die Neutralen und Objektiven.

Darin ist das ganze völkischgesinnte Deutschland von jeher einig gewesen: das gefährlichste Gebrechen der deutschen Volksseele heißt Mangel an vaterländischem Stolz. Ist es wirklich so schwer, zu begreifen, welch unlösliches Lebensband Vaterlandsgefühl und Muttersprache, Landesehre und heilig gehaltene Landessprache, Volksbestand und Unantastbarkeit der Volkssprache verknüpft? Fühlt man nicht, daß jede jetzt beklagte Schwäche des Deutschgefühls, jede feige Unterwerfung unter fremde Sitte und Unsitte, jede der zahllosen Würdelosigkeiten unsers einzelnen und öffentlichen Lebens sogleich unmöglich würden, wenn unser Volk mit festem Stolz an seiner unverfälschten, unverwelschten Sprache hinge, jede Besudelung durch romanische oder britische Brocken als sprachlichen Landesverrat brandmarkte und austilgte? Vom Erwachen und Erstarken oder vom Hindämmern und Erlöschen des Sprachehrgefühls unsers Volkes, mit seinen geistigen Führern an der Spitze, hängt noch mehr ab als die Entwicklung unsrer Sprache zu edlem Deutsch oder niedrigem Welsch. Die Zukunft des deutschen Volkstums blüht oder welkt mit der Zukunft deutscher Sprache.

Werden wir das Volk bleiben, dem einst Immermann in heiligem Zorne zugerufen, was in diesem Buche gedruckt steht (S. 93)?

Oder das Volk, das schon von Schiller angeklagt wurde:

Ewige Schmach dem deutschen Sohne,
Der die angeborne Krone
Seines Menschenadels schmäht,
Der sich beugt vor fremden Götzen,
Der des Briten toten Schätzen
Huldigt und des Franken Glanz –?

Oder nicht dennoch das Volk, von dem Vischer verzweifelnd und hoffend gesagt:

Modenachtreter,
Welschenanbeter,
Fremdwortkneter.
Doch, wie oft er entgleist,
Empor sich ringender
Nicht umzubringender
Ureigener Geist
 –?

Also das Volk, an das trotz allem und allem glaubend auch Schiller am Schlusse seines unvollendeten Feiergesangs von ›Deutscher Größe‹ geweissagt:

Jedem Volk der Erde glänzt
Einst sein Tag in der Geschichte,
Wo es strahlt im höchsten Lichte
Und mit hohem Ruhm sich kränzt;
Doch des Deutschen Tag wird scheinen,
Wenn der Zeiten Kreis sich füllt.

Endlich das Volk, welchem Schiller – und Dichter sind Seher – auf demselben rührend-ehrwürdigen Blatte verheißen hat: › Die deutsche Sprache wird die Welt beherrschen!‹ Gemeint hat Schiller nicht die welsche der deutschen Welscher, sondern die deutsche Sprache der Deutschen. Und zugerufen hat er uns allen damit: Deutscher, sprich Deutsch!


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