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Am Büffelsee

Etliche Tagesritte von der Hacienda del Venado entfernt, dehnt sich im Nordwesten ein großer, aus Zedern, Eichen und Korkbäumen bestehender Wald aus.

Vom Saum dieses Waldes bis zum Rio Gila bildet der Boden eine einzige große Ebene, deren dichter Graswuchs eine solche Länge erreicht, daß ein Reiter auf dem Rücken seines Pferdes kaum über die Spitzen und Rispen hinwegzusehen vermag.

Mitten in dem Wald aber und eingefaßt von düsteren Gruppen von Baumriesen liegt ein Wasser, dessen klare Oberfläche fast die Gestalt eines Rechteckes hat. Lange Gewinde von grauem Moos hängen von den Ästen der Zedern nieder oder schwingen sich in breiten Schleiern von Zweig zu Zweig. Großblätterige Wasserpflanzen schwimmen am Ufer, und prachtvoll glänzende Seeblumen öffnen ihre goldenen und silbernen Kelche dem Licht der Sonne, die ihre Strahlen in buntem, blitzschnellem Spiel die tiefgrünen Schatten des Waldes verklären läßt.

Das ist der Büffelsee.

Seinen Namen hat er von den Tieren bekommen, deren Lieblingstränke er früher war. Doch sind die Büffel durch die Nähe der Menschen vertrieben worden und davongezogen, um einsamere Gegenden aufzusuchen. Die einsame Lage des Sees zieht aber noch heute Herden wilder und halbwilder Pferde an, die seine unter tiefem Schatten verborgenen Wasser den offeneren Ufern des Rio Gila vorziehen.

Auf der einen Seite des Sees hatte man durch die Lichtung des Waldes einen ziemlich großen, freien Raum gebildet, der mit einer sehr starken Umzäunung versehen war, die nur einen einzigen Eingang zeigte, der mit gewaltigen Querriegeln verschlossen werden konnte. Die Stämme, die die Palisaden bildeten, waren untereinander durch feste, büffellederne Riemen verbunden und mit allerlei Strauch- und Astwerk umschlungen und verdeckt, das den Zweck hatte, der Umzäunung ein natürliches Aussehen zu geben. Dieser Raum war zum Einfangen der wilden Pferdeherden bestimmt und von den Vaqueros Don Agustín Penas angelegt worden.

Am Ufer des Sees, nicht weit von diesem Platz, lagen vierzehn Männer am Boden, von denen zwölf die übliche Kleidung der Vaqueros trugen, während die letzten zwei ganz in Leder gekleidet waren, dessen blutiges Aussehen darauf schließen ließ, daß ihre Beschäftigung nicht immer friedlich gewesen war.

Die Sonne hatte ihre Gesichter so gebräunt, daß man nicht wußte, ob man in ihnen zivilisierte Rote vor sich hatte oder Weiße, die die Gewohnheit der Indianer angenommen hatten.

Diese beiden Männer waren die Büffeljäger Encinas und Pascual, die unter Falkenauge von Tubac aus den Zug gegen die indianischen Pferderäuber mitgemacht hatten.

Eben drehte sich die Unterhaltung der Gesellschaft um dieses Abenteuer.

»Und ich sage euch, daß es wirklich die ›Teufel der Savanne‹ gewesen sind, die sich mit den Roten verbündet hatten«, behauptete Encinas. »Schade nur, daß sie entkommen sind!«

»Können es denn so tüchtige Ciboleros, wie ihr seid, nicht mit ihnen aufnehmen?« fragte der jüngste der Vaqueros, der kaum zwanzig Jahre zählen mochte.

»Wo denkt Ihr hin, Señor Francisco! Ich gehe dem Bison kühn entgegen, wenn er die Hörner gegen mich senkt, aber ein Geschöpf wie Mano-Sangriento und El Mestizo hat die blinde Wut des Büffels, die Schlauheit des Fuchses, die Gewandtheit des Tigers und die Stärke des Löwen in sich vereinigt. Rechnet man dazu die Verworfenheit eines Menschen, dem nichts zu schlecht und gottlos ist, so lernt Ihr eine Kreatur kennen, der jeder ehrliche Cibolero aus dem Wege gehen muß.«

»Ich wollte es aber doch wohl wagen, mit ihnen anzubinden.«

»Ihr? Habt Ihr das überhaupt schon einmal mit jemandem getan?«

»Nein!«

»So schweigt um aller Heiligen willen! Ihr kämt ja gleich im ersten Augenblick um Euren Skalp!«

»Aber es findet doch jedes Wesen seinen Gegner. Gibt es denn keinen, der sich an sie wagen könnte?«

»Ich kenne nur zwei oder drei, denen dies möglich sein dürfte.«

»Wer sind sie?«

»Die ›Herren der Savanne‹ und Tiburcio Arellano.«

»Ah, Tiburcio! Ja, den kennen wir alle. Er ist der beste Rastreador von ganz Sonora, und unser Herr hält große Stücke auf ihn, seit er durch ihn von den Räubern befreit wurde. Ich glaube sogar, daß unsere Doña Rosarita auch zuweilen an ihn denkt. Aber wer sind diese ›Herren der Savanne‹?«

»Zwei nordamerikanische Jäger, die von den Roten der ›große Adler‹ und der ›zündende Blitz‹ genannt werden. Ich traf sie mit Tiburcio in der Steppe, als sie der Expedition Don Estebans folgten. Und wenn es außer ihnen noch einen gibt, der El Mestizo und Mano-Sangriento nicht fürchtet, so ist es kein anderer als der Komantsche Falkenauge.«

»Steht es gar so schlimm?« fragte Francisco, der zu gern ein Held geworden wäre wie die berühmten Männer, deren Namen er jetzt gehört hatte.

»Schlimm nicht, aber wahr, Señor Francisco. Ich gebe Euch mein Wort, der Komantsche nimmt es mit zwanzig Leuten, wie Ihr seid, spielend auf! Übrigens ist er den Räubern nach, und es sollte mich wundern, wenn ich nicht einmal hörte, daß er auch wirklich mit ihnen zusammengetroffen ist!«

In diesem Augenblick sprangen alle von der Erde auf.

»Don Agustín, Señorita Rosa!«

Wirklich nahte unter den hohen Bäumen des Urwalds ein ansehnlicher Trupp von ledigen Pferden und wohlbepackten Maultieren, hinter dem, von einigen bewaffneten Dienern gefolgt, Don Agustín mit seiner Tochter erschien.

Am See angekommen, blickte er sich forschend um und deutete dann mit der Hand die Stelle an, wo er das Lager aufgeschlagen wünschte. Während dies vorgenommen wurde, trat er mit Rosarita zu den Vaqueros, die ihn ehrfurchtsvoll und freudig begrüßten.

»Auch Encinas und Pascual!« rief er, sichtlich froh überrascht. »Da werde ich wohl wieder manches Abenteuer zu hören bekommen!«

»Ich denke es, Señor«, antwortete der erstere. »Wir haben in diesem Jahr da draußen in der Savanne soviel erlebt, wie sonst in zweien nicht. Wir haben El Mestizo gesehen, Ti –«

»Den Mestizen? Wo?« fragte der Haciendero rasch.

»Eine Strecke hinter Tubac, wo er vor uns und den Komantschen fliehen mußte. Ferner Tiburcio Arellano mit –«

»Tiburcio?« fragte Rosarita schnell, während eine freudige Röte ihr schönes Antlitz überflog.

Es war die erste Kunde von ihm, die seit seinem Scheiden zu ihr gelangte.

»Wo saht ihr ihn?« erkundigte sich der Haciendero.

»In der Steppe zwischen Tubac und der Apacheria. Er verfolgte Don Esteban de Arechiza in Gesellschaft des ›großen Adlers‹ und des ›zündenden Blitzes‹. Dann habe ich noch Falkenauge, den Komantschen gesehen, der Euch grüßen läßt, Señorita.«

»Mich? Ein Komantsche?« fragte sie befremdet.

»Ja. Er läßt Euch sagen, daß Ihr Euch am Büffelsee vor den ›Teufeln der Savanne‹ hüten sollt.«

»Wie kam das, Encinas? Doch aber, das sollst du uns später noch erzählen, wenn uns mehr Zeit übrigbleibt als jetzt.«

Der Haciendero führte seine Tochter zum Zelt, das man bereits für sie aufgestellt hatte. Es war aus blauer Seide gefertigt und mit eingestickten goldenen Sternen übersät, eine Gabe, die der Vater der Schönheit und Herzensgüte seines einzigen Kindes gebracht hatte.

Auch ihm wurde ein Zelt errichtet, und eben war er eingetreten, während die Diener noch beschäftigt waren die Maultiere von ihrer Bürde zu befreien, als sich am Saum des Waldes eine kleine Gruppe bemerkbar machte, die sogleich die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf sich zog.

Sie bestand aus zwei Reitern und einem Lasttier. Der eine der Männer war ganz in kariertes Grau gekleidet, trug einen breitrandigen Panamahut und eine rundglasige, golden eingefaßte Brille auf der Nase. Der andere steckte in einem aus gegerbter Damhirschhaut gefertigten Anzug und hatte ganz das Aussehen eines Mannes, der sich viel in der Welt umgesehen hat und eine gute Büchse auch richtig zu gebrauchen weiß.

»Sir William!«

»Master Wilson?«

»Wir werden hier nicht allein sein!«

»Geht mich nichts an!«

»Wie ich bemerke, gibt es hier Leute, die Pferde fangen wollen!«

»Geht mich nichts an!«

»Auch wenn sie Euch den weißen ›Renner der Prärie‹ wegnehmen?«

»Goddam, den muß ich haben! Wenn sie ihn mir nehmen wollen, müßt Ihr sie alle niederschießen, Master Wilson!«

»Das werde ich nicht tun, Sir William, denn davon steht nichts in unserem Kontrakt.«

»Well, so werden wir einen neuen Paragraphen darüber hinzufügen. Ich zahle Euch hundert Dollar mehr. Gebt den Kontrakt heraus!«

»Für hundert Dollar schieße ich diese Leute nicht tot!«

»Zweihundert!«

»Nein!«

»Well, dann dreihundert!«

»Nein!«

»Goddam, ich gebe Euch vierhundert!«

»Nicht für viertausend, nicht für vier Millionen! Was das Schießen anbelangt, so wird es wohl bei unserem Kontrakt bleiben. Ich sorge für Eure Sicherheit und für nichts mehr. Wir werden uns diesen Leuten vorstellen müssen!«

»So kommt!

Sie näherten sich dem größeren Zelt, aus dem Don Agustín trat, der die Nahenden bemerkt hatte.

»Señor«, begann Wilson, »hier ist Sir William Wallerstone aus London. Darf ich ihm Euren Namen nennen?«

»Ich heiße Agustín Pena; diese Wälder und Savannen gehören zu meiner Hacienda!«

»Geht mich nichts an!« murmelte der Lord, während er seine Brille mit Daumen und Zeigefinger der rechten Hand faßte und den Haciendero neugierig anblickte. »Habt Ihr den weißen ›Renner der Prärie‹ gesehen?«

Don Agustín hatte sofort den Sonderling erkannt.

»Nein, Sir, gesehen nicht, aber ich hoffe, daß er meinen Corral besuchen wird«, antwortete er lächelnd. »Wollt Ihr bis dahin mein Gast sein?«

»Gast? No, das steht nicht in meinem Kontrakt. In solchen Dingen hat hier dieser Mann für mich zu sorgen!«

»Gewiß Euer Majordomo?«

»Majordomo? Was ist das?«

»Haushofmeister«, verdolmetschte Wilson.

»Majordomo oder Haushofmeister; geht mich nichts an! Ich will den ›Renner der Prärie‹, aber keinen Majordomo!«

»Erlaubt uns, Señor Pena, unser Zelt hier in Eurer Nähe aufzuschlagen! Ich heiße Edgar Allan Wilson und bin der Führer dieses Lords von Old-England.«

Don Agustín nickte zustimmend und wandte sich an seine Tochter, die eben herzutrat.

»Wir erhalten Gesellschaft, Rosarita: Dies ist Sir William Wallerstone und dies Master Wilson, die beide den weißen Präriehengst fangen wollen.«

Das Mädchen verbeugte sich, verlegen errötend, vor dem Engländer, der seine Brille wieder gefaßt hatte und sie durch die großen Gläser bewundernd anblickte.

»Master Wilson!«

»Sir William!«

»Wer ist diese Miß?«

»Doña Rosarita, die Tochter Señor Penas jedenfalls.«

»Well! Fragt sie einmal, ob ich sie zeichnen darf!«

»Ihr seid Maler, Sir William?« fragte Don Agustín, der die englischen Worte verstanden hatte.

»Maler? Geht mich nichts an! Ich reise in der Savanne, um sie zu zeichnen und den ›Renner der Prärie‹ zu fangen. Ich werde Miß Rosarita zeichnen!«

»Sobald Ihr den Renner gefangen habt, Sir!« stimmte der Haciendero lächelnd bei. »Jetzt aber laßt Euer Zelt aufstellen; meine Dienerschaft wird Euch dabei gern behilflich sein.«

»Geht mich nichts an! Für solche Dinge hat hier dieser Mann zu sorgen; so steht es im Kontrakt!«

Während Don Agustín sich mit Rosarita zurückzog, nahm der Engländer ruhig an der Erde Platz und wartete, bis sein Zelt fertig war, das er dann betrat, um sich von der Anstrengung des Rittes auszuruhen. Wilson aber gesellte sich zu den Vaqueros und befand sich bald in lebhaftem Gespräch mit Encinas und Pascual. –

Die vier Kriegskanus der Apatschen waren den Rio Gila hinabgefahren, ohne daß die Indianer Wallerstone und Wilson bemerkt hätten, die ohne ein Feuer in einiger Entfernung vom feuchten Ufer ihr Nachtquartier aufgeschlagen hatten. Diese Entfernung war ebenso der Grund, daß trotz des Scheins, den die Harzfeuer verbreiteten, Wilson keine Ahnung hatte, welche unheimlichen Passanten nicht weit von ihm dem Ziel zusteuerten, das auch er erreichen wollte.

Der Fluß machte bald eine Krümmung. Bei dieser waren die Apatschen gelandet um zu ruhen. Wilson schnitt diese Krümmung am Morgen zu Lande ab; und da er mit den Pferden schneller vorwärts kam als die Apatschen, die dem gewundenen Flußlauf folgen mußten, erreichte er mit seinem Begleiter den Büffelsee eher noch als sie. Er beschloß, den Engländer unter dem Vorwand des ›weißen Renners‹ hier festzuhalten, bis Falkenauge mit den ›Herren der Wälder‹, die er kennenlernen wollte, eingetroffen war.

Die Büffelinsel war mittlerweile ein Schauplatz regsten Lebens geworden. Die verbündeten Jäger und Komantschen waren sicher, alle Gegner vor sich und keinen Feind mehr hinter sich zu haben, und konnten daher ohne Anwendung schwerfälliger und hindernder Vorsichtsmaßregeln das Werk der Verfolgung fortsetzen.

Nach der ersten herzlichen Begrüßung, bei der sich Bois-rosé und Pepe überzeugten, daß Fabian keinerlei körperlichen Schaden genommen hatte, fragte der Kanadier:

»Doch sage, mein Sohn, wie kommst du auf diese Insel? Wir glaubten, dich mit Gewalt befreien zu müssen.«

»Ich spähte schon längst nach einer Gelegenheit, mich durch Schwimmen zu retten, und erblickte in dem angeschwemmten Holz ein Mittel, mich zu verbergen.«

»Aber du warst gebunden und konntest ertrinken!« warf Bois-rosé ein, der trotz seiner Stärke bei dem Gedanken bebte, daß die Flucht seines Lieblings einen solchen Ausgang hätte nehmen können.

Fabian lächelte.

»Die Räuber schienen nicht zu wissen, was einem guten Schwimmer möglich ist, sonst hätten sie mich an das Kanu gefesselt. Ich tauchte erst unter dem Holze wieder empor; zwar folgten sie mir bis zur Insel, aber sie hielten mich für ertrunken.«

»Und wie lange sind sie nun wieder fort?«

»Wohl über eine halbe Stunde.«

»Wir werden sie einholen!« klang es grimmig, »und dann sollen sie uns nicht entkommen wie du ihnen. Warum bliebst du so lange im Wasser?«

»Weil ich mich erst überzeugen mußte, daß kein feindliches Wesen in der Nähe war. Und dann konnten die Räuber auch anderer Ansicht werden und nochmals umkehren.«

Falkenauge hatte unterdessen mit seinen Komantschen verhandelt und ihnen den Befehl gegeben, so schnell wie möglich die Kanus zu fertigen. Jetzt trat er zu den Jägern; er hatte natürlich erraten, wen er in Fabian vor sich hatte.

»Mein Bruder ist der große Pfadfinder, den seine Väter und der Komantsche suchten?« fragte er, ihm die Hand reichend.

»Das ist Falkenauge, den wir in den Nebelbergen trafen«, stellte Pepe vor. »Santa Lauretta, ein Kerl wie Gold! Er hat während eines einzigen Nachmittags elf Apatschen entskalpt – schaut, Señor Fabian, sein Pferd hängt voller Häute, daß es kaum zu sehen ist – und uns dann auf Eure Spur und hierher gebracht!«

Mit aufrichtiger Bewunderung drückte Fabian die dargereichte Hand.

»Der Pfadfinder hat den Namen seines roten Bruders rühmen hören; sie mögen Freunde sein! Jetzt aber erzählt vor allen Dingen, wie es euch in den Bergen nach meinem Verschwinden ergangen ist!«

Bois-rosé faßte seinen Bericht so kurz wie möglich, denn es verlangte ihn, den Fabians zu hören.

»Und wie kamst du in die Hände der Räuber?« fragte er, als er geendet hatte.

»Ich hörte ein Rascheln am Rand der Pyramide und sah einen Mann emporklimmen, den ich für dich oder Pepe halten mußte. Er täuschte mich auch durch seine Antwort, als ich ihn leise anrief. Als er aber näher kam, erkannte ich den Schurken Mano-Sangriento und holte zum Schlag aus.«

»Das war sehr falsch gehandelt, mein Sohn. Wir hatten dir gesagt, daß du schießen solltest!«

»Er war mir so nahe, daß ich die Kugel sparen wollte; außerdem konnte ich mir denken, daß auch der Mestize in der Nähe sei. Dieser war auf der anderen Seite emporgestiegen und hatte sich hinter mir angeschlichen. Als ich zum Hiebe ausholte, faßte er meinen Arm, die Büchse entflog meiner Hand, und ich wurde von den beiden Schurken umschlungen.«

»Teufel! Ich sagte mir, daß es zwei gewesen sein mußten; denn einen hättest du wohl zu überwältigen vermocht. Was deine Büchse betrifft, mein Sohn, so ist sie nicht verlorengegangen; dort hängt sie am Sattel meines Pferdes. Doch erzähle weiter!«

»Mano-Sangriento wollte nach mir stechen, ich aber entwand ihm das Messer. Wir kamen im Ringen quer über die Plattform hinüber und stürzten über den Rand hinab. Ich verlor die Besinnung, und als ich erwachte, war es dunkel und feuchtkalt um mich. Ich lag gebunden in einem Boot, das von ihnen durch einen unterirdischen Kanal gerudert wurde, der in den Rio Gila mündete.«

»Und dann? Was taten sie dir?«

»Nichts. Außer Schimpfreden, Hunger und Durst hatte ich mich über nichts zu beklagen. Sie beabsichtigten, mich Schwarzvogel auszuliefern, der mit seinen Kriegern nach dem Büffelsee unterwegs ist, und freuten sich schon darauf, auch euch zu fangen; denn sie waren ebenso überzeugt als ich, daß ihr unsere Spur finden und uns folgen würdet.«

»Gut, mein Sohn; sie haben sich nicht getäuscht, aber dieser Fang soll nicht uns in ihre Hände, sondern sie in die unsrigen bringen! Hier ist dein Messer und auch dein Hut; wir fanden beides an der Pyramide. Jetzt aber sollst du essen und deine Kleider trocknen. Wir werden ein Feuer anbrennen.«

Auch drüben am Ufer brannten einige Flammen, an denen die Komantschen das Harz zerlaufen ließen, mit dem sie die Rindenkähne dichten mußten.

Während dieser Arbeit, die schnell vonstatten ging, trat Falkenauge zu Fabian.

»Mein tapferer Bruder kennt die Tochter des weißen Mannes, der sich Pena nennt?«

Fabian, der am Feuer saß, blickte überrascht auf.

»Hat mein roter Bruder von Rosarita gehört?« Eine verräterische Röte überzog seine Wangen.

»Falkenauge hat von ihr gesprochen mit einem Cibolero, der nach dem Büffelsee ging, wo Señor Pena mit seiner Tochter erscheinen wird, um die Herden der Pferde zu fangen!«

Fabian sprang erschrocken empor.

»Sie wird mit am Büffelsee sein? Falkenauge, Vater, Pepe, auf, schnell, wir müssen fort!«

Der Komantsche lächelte.

»Mein Bruder kann warten, bis die Kanus im Wasser sind. Falkenauge hat die schöne Tochter der Weißen warnen lassen!«

»Und trotzdem müssen wir eilen, damit wir vorwärts kommen!«

Es bedurfte dieses Antriebs nicht, denn es lag den Komantschen selbst viel daran, den Apatschen so schnell wie möglich folgen zu können. Schon nach kurzer Zeit brachte Bisonmähne das erste Kanu zur Insel herüber. Falkenauge empfing ihn mit ernstem Blick.

»Bisonmähne hat eine Hand, die niemals fehlt, aber seine Kugel rostet in der Büchse.«

»Die Kugel des Komantschen trifft, wenn sie treffen soll!«

»Warum ist sie nicht in das Herz der ›Teufel der Savanne‹ gegangen?«

»El Mestizo?« fragte der Getadelte verwundert.

»El Mestizo und Mano-Sangriento hatten den großen Pfadfinder gefangen; er ist ihnen im Wasser des Flusses entkommen, und, die Büchsen der Komantschen haben dazu geschwiegen.«

Bisonmähne senkte das Auge. Er erfuhr erst jetzt, welche Feinde er ungehindert vorübergelassen hatte, obgleich sie in seine Hand gegeben waren.

»Bisonmähne kannte die Räuber nicht!« entschuldigte er sich.

»Aber er sah, daß sie ein Bleichgesicht gefangenhielten; es konnten keine guten Männer sein! Mein Bruder hat einen großen Fehler begangen, aber der Mund Falkenauges wird ihn verschweigen im Wigwam des ›klugen Fuchses‹, denn Bisonmähne wird sein Auge öffnen, um die Räuber in die Hände der Komantschen zu bringen! War an der Büffelinsel ein Bleichgesicht mit vier Augen?«

»Es war hier, und das andere Bleichgesicht sagte, daß Falkenauge kommen werde.«

Erst jetzt fiel Falkenauge etwas ein, was er bisher fast vergessen hatte. Er trat zu den drei Jägern.

»Kennt der ›große Adler‹ Wilson, den Montanamann?«

»Ich kenne seinen Namen. Wir sind im Gebiet des grauen Bären gewesen, ohne uns zu treffen. Er ist ein großer Jäger. Hat mein Bruder von ihm gehört?«

»Er hat ihn gesehen und mit ihm gesprochen. Er soll einen Gruß sagen an den ›großen Adler‹ und den ›zündenden Blitz‹. Der Montanamann wird nach dem Büffelsee gehen, um auf ihn zu warten. Er war an der Büffelinsel und hat gesprochen mit den Komantschen, die auf Falkenauge warteten. Es ist ein Bleichgesicht mit vier Augen bei ihm, das einen großen Zauber hat. Meine Brüder mögen sehen!«

Er löste den Sattel seines Pferdes und zog zwischen den beiden Pantherfellen der Decke das Bild hervor, das er mit unendlichem Stolz den Jägern zeigte.

»Santa Lauretta, das ist Falkenauge, wie er leibt und lebt!« rief Pepe. »Es ist ein Maler bei Wilson, der eine Brille trägt, die der Komantsche Augen nennt.«

Das Bild wurde bewundert und Falkenauge mußte von seinem Zusammentreffen mit dem Montanamann erzählen.

Unterdessen waren die Kanus sämtlich fertig geworden, und man schickte sich zum Aufbruch an.

»Meine weißen Brüder werden im Kanu sitzen, Falkenauge aber und Bisonmähne werden am Ufer reiten, der eine hüben und der andere drüben, um über sie zu wachen und die Spuren zu suchen, die die Apatschen und Räuber zurückgelassen haben.«

Dieser Gedanke war nur zu billigen. Bisonmähne setzte sich auf das Pferd des Kanadiers, während er das des Miquelete am Zügel nahm, und Falkenauge ritt ans andere Ufer zurück. Bald setzten sich Reiter und Boote in Bewegung.

Bois-rosé saß mit Fabian zwischen den Ruderern, die das Fahrzeug mit außerordentlicher Schnelligkeit vorwärts trieben.

Er war unendlich glücklich, seinen Liebling wieder bei sich zu haben, und auch Pepe Dormilón freute sich königlich, den jungen Grafen de Mediana so schnell und unerwartet wieder in Sicherheit zu wissen. Alle aber brannten vor Begier, die Feinde zu erreichen, um mit ihnen abrechnen zu können. –

Es war am frühen Morgen, und die Vaqueros saßen außer zweien, die auf Kundschaft ausgeritten waren, an den Ufern des Büffelsees. Auch die beiden Ciboleros waren bei ihnen.

Die Gesellschaft sprach von dem sonderbaren Engländer und seiner Leidenschaft für den ›Renner der Prärie‹.

»Gibt es denn wirklich einen solchen Renner?« fragte Francisco, der junge Vaquero. »Ich habe ihn noch nie gesehen.«

»Natürlich gibt es einen«, antwortete Encinas; »aber es ist gar nicht zu verwundern, daß Ihr ihn noch nicht gesehen habt, Señor Francisco, denn wie weit seid Ihr wohl in die Welt hinausgekommen?«

»Von der Hacienda del Venado bis hierher zum Büffelsee. Ist das vielleicht noch nicht weit genug?«

»Die Welt soll noch ein wenig weiter sein, wie man zu sagen pflegt, mein kleiner Don Vaquero, und ich glaube, der weiße ›Renner der Prärie‹ rennt nicht nur immer zwischen der Hacienda und dem Büffelsee hin und her.«

»Ist es denn ein gar so außerordentliches Tier?«

»Das will ich meinen! Es ist ganz unvergleichlich schön und ein Läufer – nun, ich sage Euch, es kommt im Trab weiter, als der beste Renner in vollem Lauf!«

»Habt Ihr es schon einmal gesehen, Señor Encinas?«

»Ja; aber nur von weitem, doch ist auch das ein großes Glück zu nennen, da es nur wenige gibt, die näher an das Tier herangekommen sind.«

»Es ist ein Schimmel?«

»Allerdings.«

»So sind auch seine Ahnen Schimmel gewesen?«

»Wo denkt Ihr hin! Es ist gar nicht geboren worden, es hat weder Eltern noch Stammbaum.«

»Wie ist das möglich?«

»Ich weiß es auch nicht, nur ist soviel gewiß, daß es bereits vor sechshundert Jahren gesehen wurde.«

Encinas war wie alle einfachen Prärie- und Savannenmänner nicht frei von Aberglauben.

»Aber wißt Ihr wohl, daß die Pferde erst vor dreihundert Jahren von Spanien herüber nach Amerika gekommen sind?«

»Por Dios, seid Ihr ein kluger Mann, Señor Francisco! Seid Ihr vielleicht dabeigewesen, als sie herüberkamen? Und habe ich nicht soeben gesagt, daß es von keinem Pferd abstammt? Wozu brauchen wir also hier Eure spanischen Klepper? Es ist sechshundert Jahre alt, vielleicht sogar schon tausend, und niemals ist es gefangen worden!«

»Ich möchte aber doch beinahe sagen, daß ich es fangen würde«, behauptete Francisco, der angehende Held.

»Ich glaube selbst, daß Ihr der einzige wäret, dem dies gelingen würde, nach allem, was Ihr bereits geleistet habt. Wieviel wilde Mustangs habt Ihr wohl schon mit dem Lasso eingefangen und gezähmt?«

»Bisher leider noch keinen.«

»So fangt bei dem ›weißen Renner‹ an; desto größer wird die Ehre sein, wenn Ihr ihn fangt. Aber ich muß Euch sagen, daß dies noch keinem Vaquero gelungen ist. Die Hufe dieses Tieres sind härter noch als Feuerstein, und wer ihm zu weit folgt, den bekommt kein Mensch wieder zu sehen.«

»Hat es denn schon einer so weit verfolgt?«

»Ein Jäger aus Texas, der es mir erzählt hat.«

»Und Ihr müßt es uns auch erzählen. He, Sanchez, gib doch einmal dem Señor Encinas einige Schlucke Mescal; es gibt kein besseres Mittel, das Gedächtnis aufzufrischen, als diesen Trunk!«

»Was Ihr schon klug und weise seid, Señor Francisco! Aber Ihr sollt meine Geschichte hören.«

»So macht, daß sie beginnt!«

»Vor einigen Jahren kam ein merkwürdiger Kauz von Engländer – geradeso wie dieser Don William – nach Texas und bot dem berühmtesten Jäger dort tausend Goldstücke, wenn er ihm den weißen ›Renner der Prärie‹ bringe. Der Jäger ging auf den Vorschlag ein. Er verschaffte sich ein Pferd von außerordentlicher Schnelligkeit, den besten Läufer, den man kannte, und ritt hinaus in die Savanne.«

»Fand er den ›Renner‹?«

»Er fand ihn, sage ich Euch, und das war nicht nur ein Zufall, sondern geradezu ein ganz unerhörtes Glück.«

»Und er verfolgte ihn?«

»Das versteht sich! Er verfolgte ihn mit hochgeschwungenem Lasso, setzte über Abgründe, sprang über Felsen, schwamm über Ströme, flog durch weite Ebenen, sein Pferd war schnell wie der Wind, und der ›weiße Renner‹ verlor jeden Augenblick ein wenig von seinem Vorsprung.«

»Hallo, das höre ich gern! Er wird ihm die Schlinge um den Hals werfen!«

»Wartet ein wenig, Señor Francisco! Wenn ich sage, daß der ›Renner‹ von seinem Vorsprung verlor, so soll das nicht heißen, daß er sich fangen ließ. Er blieb nur deshalb zurück, weil er sich immer wieder umschaute, um seinem Verfolger einen Blick zuzuschleudern, aus dem Tod und Verderben sprühte. Und dennoch folgte ihm der Texaner, obgleich er gehört hatte, daß der Renner kein Pferd, sondern der Geist der Savanne sei, der nur über die Steppe jage, um die Menschen in die Irre zu führen. Er dachte an die tausend Goldstücke und ritt weiter. So ging es von früh bis zum Mittag, vom Mittag bis zum Abend. Der Vorsprung wurde kleiner, dennoch aber kam der Jäger nicht so nahe, daß er seinen Lasso hätte gebrauchen können. Es wurde Nacht und sein Pferd begann jetzt zu ermüden.«

»Aber wie konnte er in dunkler Nacht dem ›Renner‹ folgen?«

»Erstens ist der ›Renner‹ ein Schimmel, weiß wie Milch, der auch in der Finsternis für ein gutes Auge noch zu erkennen ist, und zweitens zogen seine Hufe, die im Galopp den steinigen Boden schlugen, vier feuersprühende Furchen durch die Nacht.«

»Por Dios, ich habe noch nie gehört, daß Horn auf Stein Feuer hervorbringt!«

»Ich auch nicht; dafür aber ist der Renner auch der Geist der Savanne! Es mochte wohl um Mitternacht sein, als der Jäger ihn endlich erreichte. Er schwang den Lasso, und als er ihn werfen wollte, hatte er – nichts in der Hand, sogar der Knoten am Sattelknopfe war aufgelöst und weg. Und zu gleicher Zeit versetzte der Renner dem Pferd des Texaners mit den Hinterhufen einen Schlag vor die Brust, daß es tot zusammenbrach. Dann hörte er das Geistertier weit unter sich in die Nacht hineinjagen. Er blieb bei der Leiche seines Pferdes, bis es Morgen war, und sah nun zu seinem Schrecken, daß er sich am Rand eines Abgrundes von vielen hundert Fuß befand. Der Renner war hinabgesprungen, ohne Schaden zu nehmen, und weidete weit draußen am Horizont im hohen Gras. Das ist die Geschichte, die mir der Texaner erzählt hat, als er von dieser Jagd zu Fuß und zu Tode erschöpft zurückkehrte.«

Jetzt öffnete sich das Zelt des Engländers; der seltsame Lord trat heraus und ging nach dem Waldesrand, wo die drei Pferde weideten. Dort lag auch Wilson.

»Master Wilson!«

»Sir William!«

»Ich möchte die Umgebung absuchen, ob nicht die Spuren des ›weißen Renners‹ zu finden sind; sattelt mein Pferd!«

»Euer Pferd satteln? Davon steht nichts im Kontrakt. Ich bin nicht Euer Reitknecht!«

»Well, so sattle ich es mir selbst!«

Er tat es, stieg auf und ritt, geführt von dem wohlbewaffneten Wilson, ohne jede weitere Vorsicht in den Wald hinein. Sie kamen an einen Kanal, durch den der Büffelsee seine Wasser dem Rio Gila zuführte. Hier stand eine Riesenzeder, die der Engländer lange und von allen Seiten betrachtete.

»Master Wilson!«

»Sir William!«

»Errichten wir den Feldstuhl hier an dieser Stelle! Ich will den Baum in meine Mappe zeichnen!«

»Tut es! Ich werde einstweilen die Umgebung absuchen, ob Ihr auch sicher seid!«

Nach einiger Zeit kehrte er zurück und legte sich neben der aufgeschlagenen Staffelei ins Gras. Der Engländer zeichnete, und der Amerikaner träumte. Dabei entging dem Westmann aber nicht das geringste Geräusch, das auf das Nahen eines feindlichen Wesens hätte schließen lassen.

Plötzlich sprang er auf und stellte sich mit schußfertiger Büchse vor den Zeichner, um diesen mit seinem Leib zu decken.

»Sir William!«

»Master Wilson!«

»Es kommt ein Reiter!«

»Geht mich nichts an!«

»Es ist ein Weißer!«

»Das ist Eure Sache. So steht es im Kontrakt!«

»Halt, wer seid Ihr?« rief Wilson, die Finger am Drücker.

Der Nahende blieb halten und Heß seine Büchse gesenkt.

»Gut Freund. Nehmt Euer Gewehr weg. Ich bin allein!«

Wilson ließ das Gewehr sinken. Der Fremde kam näher.

»Wer seid Ihr?« wiederholte der erstere seine Frage.

»Mein Name ist Pedro Diaz. Könnt Ihr mir sagen, ob Don Agustín Pena sich am Büffelsee befindet?«

»Er ist dort. Wo kommt Ihr her?«

»Aus den Nebelbergen.«

»Ah! Sir William, dieser Señor kommt auch aus den Nebelbergen!«

»Geht mich nichts an!«

»Was tatet Ihr dort, Señor?«

»Wir hatten eine Expedition, die aber von den Apatschen vernichtet wurde. Ich bin der einzige, der entkam.«

»Außer drei weißen Jägern, die sich noch dort befinden.«

»Saht Ihr sie?«

»Nein, aber ich hörte von ihnen. Ihr habt die Berge also früher verlassen als wir!«

»Wahrscheinlich. Ich wurde aufgehalten, weil mein Pferd hinkte und ich mir ein besseres fangen mußte. Was hörtet Ihr von den drei Jägern? Sind sie den Apatschen entkommen?«

»Ich weiß es nicht. Ein Komantsche, Falkenauge, wollte zu ihnen.«

»›Falkenauge‹? Dann sind sie gerettet! War er allein?«

»Ja, doch hatte er an der Büffelinsel einen Trupp seiner Leute stehen, die auf ihn und die drei Jäger warten sollten.«

»Gott sei Dank, dann sind wir vielleicht geborgen! Señor, wagt Euch nicht zu weit von hier fort! Die Apatschen sind hinter mir, um den Büffelsee zu überfallen!«

Er lenkte sein Pferd zum Kanal, um daran entlang an den See zu kommen.

»Sir William!«

»Master Wilson!«

»Die Apatschen wollen uns überfallen!«

»Geht mich nichts an!«

»Aber wir müssen uns nach dem See zurückziehen!«

»Goddam, ich muß hier zeichnen! Ich bleibe hier, und Ihr sorgt für meine Sicherheit!«

»Steht davon, daß Ihr diese Zeder zeichnen sollt, etwas im Kontrakt?«

»No. Ich muß Euch folgen!«

Er klappte Stuhl und Staffelei zusammen und bestieg sein Pferd, um zum See zurückzukehren.

Diaz hatte diesen vor ihm erreicht. Pena stand unter dem Eingang seines Zeltes und erblickte ihn, als er unter den Bäumen auftauchte.

»Señor Diaz! Bei allen Heiligen, seid Ihr es oder ist es Euer Geist?« rief er erschrocken, denn die Rückkehr dieses einzelnen sagte ihm sofort alles.

»Ich bin es selbst. Darf ich bei Euch absteigen?«

»Ja, kommt, kommt! Rosarita, Rosarita«, rief er, den Vorhang ihres seidenen Zeltes öffnend, »komm heraus, Señor Pedro Diaz ist von der Expedition zurück!«

Sie erschien, und auch sie erschrak, als sie den Indianertöter sah.

»Kommt und tretet ein, denn Ihr müßt erzählen, Señor Diaz!« bat Pena, während er ihn in das Zelt schob, wo die drei Platz nahmen. »Wie steht es mit der Expedition?«

»Vernichtet!«

Vater und Tochter erbleichten.

»Und Don Esteban?«

»Tot!«

»Cuchillo, Baraja, Oroche, Benito?«

»Alle tot. Ich bin der einzige, der entkam.«

»Santa Madonna!«

Rosarita stieß einen Schrei aus und schlug ihre Hände Tor das Gesicht.

»Und Tiburcio Arellano?«

»Gehörte nicht zur Expedition, vielmehr verfolgte er sie als Feind. Der junge Graf de Mediana lebte noch, als ich die Nebelberge verließ, und soeben erfuhr ich von einem Jäger, der hier bei euch ist, daß er wahrscheinlich die Heimat glücklich erreichen wird.«

»Der Graf de Mediana? Ihr sagtet doch, Don Esteban sei tot!«

»Allerdings! Don Esteban de Arechiza, der, wie nur Ihr wußtet, Graf de Mediana und Herzog war, ist tot, gestorben durch ein Savannengericht als Mörder und Menschenräuber. Aber sein Neffe, der junge Graf de Mediana, lebt. Ich verließ ihn in einer schlimmen Lage; die Räuber der Savanne hielten ihn mit den Apatschen belagert. Aber er hat den ›großen Adler‹ und den ›zündenden Blitz‹ bei sich; auch Falkenauge, der tapferste der Komantschen, wird ihm beistehen. Ich soll Euch von ihm grüßen, Señor Agustín, und auch Euch, Señorita!«

»Sein Neffe, der junge Graf de Mediana? Den kenne ich nicht; ich weiß gar nichts von ihm!«

»Ihr kennt ihn sehr gut! Es ist Tiburcio Arellano.«

»Tiburcio?« fragte Don Agustín erstaunt.

»Tiburcio?« rief auch Rosarita, während sie ihre Hände sinken ließ. »Er lebt also noch. Er ist nicht tot?«

Neue Röte war auf ihre Wangen zurückgekehrt, und ihre Augen begannen wieder zu glänzen.

»Ich sagte es ja!«

»Erzählt, erzählt!« rief der Haciendero. »Es muß Furchtbares geschehen sein!«

»So hört!«

Er begann.

Sie lauschten atemlos seinen Worten, mit denen er alle seine Erlebnisse ausführlich schilderte. Mit keinem Wort wurde er unterbrochen, und selbst als er geendet hatte, blieb es noch lange Zeit still in dem kleinen, luftigen Raum.

Endlich holte der Haciendero tief Atem.

»Die Wege Gottes sind wunderbar. Rosarita, der arme Rastreador ist jetzt mein und auch dein Herr!«

Da ertönte draußen ein vielstimmiger Ruf des Schreckens, der von sämtlichen Vaqueros ausgestoßen wurde. Don Agustin und Diaz eilten hinaus. Alle anwesenden Männer hatten die Waffen ergriffen und blickten nach dem unteren Ufer des Sees, an dem ein bis an die Zähne bewaffneter Indianer heraufgesprengt kam. Sein Pferd war ganz mit den Skalpen getöteter Feinde behangen; durch sein turbanähnliches, malerisches Stirnband schlang sich die Haut einer Klapperschlange; in seinem Gürtel glänzten Tomahawk und Skalpmesser, und in seiner Rechten hielt er eine mit silbernen Nägeln beschlagene Büchse.

»Indianer! Zu den Waffen, zu den Waffen!« rief es rundum.

Sir William wurde durch diesen Ruf aus seinem Zelt gelockt.

»Ein Roter kommt. Wir werden wohl kämpfen müssen!«

»Geht mich nichts an!«

Er kehrte in sein Zelt zurück.

Der Indianer kam näher, so daß man die Malereien seines Gesichts erkennen konnte.

»Es ist ein Komantsche, Señor Pena!« beruhigte nun Wilson.

»Ja, ein Komantsche«, stimmte Diaz bei. »Ihr könnt ohne Sorge sein, Señorita!«

Der Haciendero gebot den Vaqueros, sich ruhig zu verhalten.

»Falkenauge, por Dios, das ist kein anderer als Falkenauge!« rief da eine Stimme.

Sie gehörte Encinas, der sich hervordrängte und seinem roten Bekannten entgegeneilte.

»Der Cibolero!« rief dieser. »Will mein weißer Bruder mir sagen, wo das Bleichgesicht steht, das Agustín Pena heißt?«

»Dort der schwarzbärtige Mann am großen Zelt!«

Der Indianer kam herangesprengt, brachte sein Pferd zum Stehen und senkte die Büchse.

»Falkenauge, der Komantsche, kommt, seine weißen Freunde zu grüßen. Dieser weiße Señor heißt Agustín Pena?«

»Ja«, antwortete der Haciendero.

»Ist nicht Pedro Diaz zum Büffelsee gekommen, der Indianertöter? «

»Ich bin es!«

»Und ein Mann mit vier Augen, der –«

Er hielt inne, denn er erblickte Wilson, dessen Anwesenheit seine Frage beantwortete. Dann sah er Rosarita, die sich scheu unter den Eingang ihres Zeltes zurückgezogen hatte. Schnell war er von seinem Pferd und stand vor ihr.

»Falkenauge, der Komantsche«, fuhr er fort, »soll der schönen Tochter des Weißen diesen Ring geben zum Zeichen, daß noch lebt Tiburcio, der große Pfadfinder!«

Es war der Ring von Fabians Mutter, den dieser von Arechiza erhalten hatte. Sie nahm ihn mit zitternden Fingern aus Falkenauges Hand.

Dann wandte sich der Komantsche zu dem Haciendero.

»Don Agustín, der Apatschentöter und der Montanamann mögen mit Falkenauge zur Beratung kommen!«

Ohne erst eine Einladung abzuwarten, trat er ihnen voran in das Zelt. Dort aber zog er vor, stehen zu bleiben, statt sich zu setzen.

»Ist der Indianertöter auf eine Spur der Apatschen am Rio Gila gekommen?«

»Nein.«

»Hat der Montanamann die Kriegskanus der Schakale gesehen im Wasser?«

»Nein.«

»Die Räuber der Savanne sind zu den Hunden der Apatschen gestoßen. Sie liegen im Rio Gila, da, wo dieser die Flut des Büffelsees trinkt. Aber hinter ihnen halten die Krieger der Komantschen mit dem ›großen Adler‹, dem ›zündenden Blitz‹ und dem großen Pfadfinder. Tiburcio wollte gehen zu den Bleichgesichtern, um sie zu warnen, aber der ›große Adler‹ läßt ihn nicht wieder von sich.«

Don Agustín erschrak um seiner Tochter willen. So nahe hatte er die Gefahr nicht geglaubt.

»Was sagt mein roter Bruder, was wir tun sollen?«

»Er sagt nichts. Er will hören die Stimmen der Bleichgesichter.«

»Wir dürfen sie nicht herankommen lassen. Wir müssen ihnen zuvorkommen«, meinte der Haciendero. »Wir sind mit meinen Vaqueros achtzehn Männer –«

»Lord Wallerstone dürft Ihr nicht zählen«, fiel Wilson ein.

»Nun gut, dann sind wir siebzehn. Wie viele Komantschen hat mein roter Bruder bei sich?«

»Zehn.«

»So sind wir insgesamt dreißig Männer; wie hoch aber zählen die Apatschen?«

»Falkenauge hat ihre Zahl nicht sehen können, da er nicht zum Feind, sondern zu den Weißen gegangen ist, als er die Spuren der Apatschen sah.«

»Wenn wir sie unerwartet überfallen, können wir wohl mehrere Feinde auf einen Weißen rechnen. Wieviele nimmt Falkenauge auf seine Hand?«

Der Gefragte schlug den Eingang des Zeltes zurück und deutete auf sein Pferd.

»Diese Skalpe holte sich der Komantsche allein in einer halben Sonne!« antwortete er stolz.

Der Haciendero blickte ihn ungläubig an.

»Es ist wahr, was er sagt«, bestätigte Wilson.

»So werden wir sie heute nacht überfallen. Falkenauge mag dies den Seinen sagen und uns einen Boten senden, der uns zum Feind führt. Wenn wir ihn zwischen zwei Feuer nehmen, so wird er sicher vernichtet.«

Die beiden anderen gaben ihre Zustimmung. Falkenauge aber trat hinaus auf den offenen Platz und musterte die Umgebung.

»Der Komantsche wird dies nicht tun«, antwortete er zurückkehrend.

»Warum nicht?«

»Er wird fangen die Schakale, wie die Bleichgesichter fangen die Pferde der Savanne«, erklärte er, nach dem Corral deutend. »Die Apatschen werden Wachen ausstellen, die die Bleichgesichter kommen sehen. Der Kampf wird sie nicht überraschen, und sie werden sich so verstecken, daß sie viele der Weißen töten.«

»Das ist richtig«, stimmte Diaz bei. »Ein Indianerlager ist schwer unbemerkt zu überfallen.«

»Auch werden, wenn die Sonne sinkt, die Apatschen Kundschafter an den Büffelsee senden, denen die Bleichgesichter begegnen würden.«

»So sage uns mein roter Bruder, was wir tun sollen!«

»Der Komantsche denkt, daß El Mestizo noch während der Sonne kommen wird, um das Lager der Weißen am Büffelsee zu sehen. Er wird es dort in dem Platz finden der vom Zaun umgeben ist.«

»Ah, warum?«

»Mein Bruder lasse den Komantschen sprechen. Er darf nicht sehen den Indianertöter, den Montanamann und den Mann mit den vier Augen. Er wird beschließen, den Platz zu überfallen zur Zeit des Morgenhauchs –«

»Dann wird er uns vernichten«, meinte Diaz. »Er wird nicht durch den Eingang in den Corral dringen, sondern seinen Angriff von den Bäumen vornehmen, deren Gipfel den Platz ringsum beherrschen. Dann schießt er uns in Grund und Boden.«

»Der Indianertöter ist ein tapferer Krieger; er wird tun. was er will, aber er höre vorher die Stimme des Komantschen! El Mestizo will rauben die schöne Tochter der weißen Krieger; er wird nicht zugeben, daß die Kugel spricht, die sie treffen könnte, sondern eindringen durch die Pforte des Platzes. Aber er wird nicht finden die Bleichgesichter, sondern nur ihre Wigwams, und wenn er zurückkehren will, ist der Platz geschlossen und von den Bäumen donnern die Büchsen der Bleichgesichter und der Komantschen. Wenn er sieht, daß die Weißen sich sicher glauben, so wird er nicht herbeischleichen auf den Füßen der Katze, sondern kommen mit seinen Kanus bis an den Büffelsee. Meine weißen Brüder mögen ihre Wigwam; schnell nach dem Platz tragen, den sie Corral nennen, und die schöne Tochter des Lagers mag vor der Hütte sitzen, damit der Räuber sie erblickt und seine Gedanken verliert!«

Es war ein schlauer und scharfsinniger Plan, den er hie: entwickelte, und sie konnten ihm ihre Zustimmung nicht versagen. Er wurde noch in allen Einzelheiten besprochen; dann sprengte der Komantsche davon. Nach Verlauf einer halben Stunde befanden sich die Zelte mit allen Lagergegenständen im Corral; eine Anzahl der Vaqueros aber verschwand, – mit ihnen Diaz.

Schwerer war es, den Engländer zu seiner Rolle zu bewegen. Wilson trat in sein Zelt.

»Sir William!«

»Master Wilson!«

»Wir werden nächste Nacht von den Wilden überfallen werden!«

»Geht mich nichts an!«

»Sie werden uns vielleicht töten!«

»Geht mich nichts an!«

»Auch Euch, Sir William!«

»Mich?« Er ergriff die Brille mit Daumen und Zeigefinger der Rechten und sah mit weit geöffnetem Mund und allen Zeichen des höchsten Erstaunens den Sprecher an. »Goddam, mich nicht! Wozu seid Ihr denn da, he?«

Er griff in die Tasche und zog ein beschmutztes und abgegriffenes Papier hervor.

»Hier steht es im Kontrakt: ›Gegen die genannte Entschädigung hat der oben angegebene Master Wilson die Pflicht, Sir William Wallerstone zu schützen und zu bewahren vor allen Gefährlichkeiten der Reise, als da sind: Indianer, Panther, Jaguare, Tiger, Bären von allen Arten und Größen, Klapper- und andere Schlangen, Alligatoren, Durst, Hunger, Überschwemmung, Wald- und Savannenbrand.‹ – Habt Ihr es gehört, Master Wilson?«

»Ja. Steht auch von Weißen und Mestizen etwas da?«

»No. Diese habe ich nicht notiert, weil sie mir keine Gefahr bringen werden.«

»Aber der Angriff wird trotzdem von einem Weißen und einem Mestizen geleitet werden!«

»Well, so nehmen wir diese Leute nachträglich im Kontrakt auf!«

»Unter keiner Bedingung.«

»So sattle ich und gehe fort!«

»Dann werdet Ihr den ›Renner der Prärie‹ nicht bekommen!«

»Goddam, das ist richtig! Master Wilson!«

»Sir William!«

»Werdet Ihr bleiben, wenn ich Euch für diese Nacht aus unserem Vertrag entlasse?«

»Ah, ich merke, was Ihr wollt!«

»Was?«

»Ihr habt schon längst ein Indianergefecht zeichnen wollen!«

Der schlaue Amerikaner wußte seinen Mann gut zu behandeln.

»Ah, das ist wahr! Also, werdet Ihr bleiben, wenn ich Euch freigebe?«

»Wenn Ihr mitkämpft wie die anderen!«

»Well, das werde ich tun!«

»So schreibt die Vereinbarung in mein Exemplar!«

Er brachte ein gleiches Papier zum Vorschein, auf das der Engländer die verlangte Bemerkung machte.

Einige Zeit später schlichen zwei Männer in Richtung vom Rio Gila nach dem Büffelsee durch die dichtesten Teile des Waldes. Der ältere trug einen Federstutz, während der jüngere seinen Knoten nur mit ledernen Riemen befestigt hatte. Sie erreichten ungesehen, wie sie meinten, den Rand des Waldes und untersuchten die Umgebung des Sees.

»Alle Teufel, ist dieser Pena unvorsichtig! Hast du schon einmal erlebt, Alter, daß man im Corral sein Lager aufschlägt?«

»Warum nicht? Er denkt da sicherer zu sein, als dort am freien Ufer. Die Pferdejagd hat noch nicht begonnen, und so kann er dort bequemer im Zelt liegen als anderswo!«

»Eigentlich gebe ich ihm recht, aber – hm, wir müssen sehen, wie viele Leute er hat. Komm!«

Sie schlichen sich mit großer Vorsicht bis an die Umzäunung des Corrals und stiegen hier auf eine dichtlaubige Eiche, durch deren Zweige sie den Platz genau zu übersehen vermochten.

»Dort sitzt sie und windet Sträuße! Alter, ich werde sie holen, und wenn von meinem Leben nur zwei Tage übrigbleiben. El Mestizo braucht eine Frau, und sie muß es werden!«

»El Mestizo ist verrückt!« eiferte Mano-Sangriento giftig.

»Still, alter Sünder, wenn ich dich nicht mein Messer kosten lassen soll! Deinen Teil am Raub bekommst du auch, ohne daß du in Gefahr kommen wirst. Zehn Vaqueros, Pena und seine Tochter; wir brauchen nur einzutreten, – das andere ist eine Leichtigkeit.«

»Das ist wahr! Dann sind wir Herren des Büffelsees, fangen die Pferde des Haciendero und warten, bis diese ›Herren der Wälder‹ kommen. Leichter ist uns wirklich keine Sache gelungen!«

Sie kletterten wieder herab und verschwanden in der Richtung, aus der sie gekommen waren.

Kurze Zeit später trat Falkenauge in das Zelt des Haciendero, der überrascht war, den Komantschen bereits wieder zu erblicken.

»Falkenauge!«

»Der Komantsche hat die ›Teufel der Savanne‹ beobachtet, sie saßen auf dem Baum und sahen die Tochter des Bleichgesichts. Sie werden durch die Pforte kommen, wie der Komantsche gesagt hat. Howgh!« –

Der Tag verging; die Nacht brach an. Tiefe Dunkelheit herrschte auf dem See und seiner Umgebung. Die Wachtfeuer, die die Zelte der Vaqueros erleuchteten, erloschen nach und nach, und der Savannenfrosch, der erst nach Mitternacht laut wird, erhob seine tiefe, kräftige Stimme.

Da klang ein leises, kaum hörbares Plätschern auf dem Wasser des Kanals, und vier dunkle Kanus hielten, eins hinter dem anderen, unter den Bäumen des Waldes. Es waren die Apatschen.

Dunkle Gestalten stiegen aus und schlichen sich, voran der Mestize und sein Vater, am Rand des Waldes hin bis zum Eingang des Corrals. Auf jedem Kriegskahn blieb ein Krieger als Wache zurück. Die anderen verschwanden unhörbar hinter den Palisaden.

»O – hiii, o – hiii!« klang da der Schlachtruf der Komantschen.

Vier wilde Gestalten sprangen in die Kähne – nach wenigen Minuten eilten sie nach dem Corral, die Skalpe der Wächter im Gürtel.

Kaum war der Ruf erklungen, so wurde es jenseits der Palisaden hell, und große Bündel brennender Zweige flogen über die Umzäunung herein auf den Platz, wo die Apatschen standen, bestürzt über die leeren Zelte und den plötzlichen Ruf der Feinde.

Die Feuer erleuchteten den Corral, und sofort folgte eine Salve von allen Seiten, die große Verwirrung unter den überraschten Apatschen anrichtete. Noch zweimal krachte es rundum, so daß alles durcheinander und nach dem Eingang stürzte. Dieser aber war jetzt von außen verschlossen.

»Drauf!« donnerte da die mächtige Stimme des Kanadiers, und rings sprangen die dunklen Gestalten der Weißen und Komantschen über die Umzäunung hinein.

Nur wenige Büchsen richteten sich gegen sie. Einige Augenblicke hatten genügt, die ahnungslosen Feinde bis auf eine kleine, eng zusammenhaltende Gruppe zu Boden zu strecken.

»Wo ist der Mestize?« rief der Kanadier, auf die noch Stehenden eindringend.

»Und Main-rouge, der Schurke?« fügte Pepe hinzu, an seiner Seite vorwärts stürmend.

An ihnen vorüber flog Falkenauge. Sein scharfes Auge zeigte ihm den, den er suchte.

»Der ›kluge Fuchs‹ sendet Falkenauge, zu holen den Skalp Schwarzvogels, der heulenden Memme.«

Sein Tomahawk sauste von unten an das Kinn des Häuptlings, der zur Erde flog. Neben um hielten sich Fabian und der Mestize umschlungen.

»Die Geier sollen das Herz des Räubers fressen!«

Der Komantsche stieß dem Verbrecher das Messer zwischen die Schultern, daß seine Arme sich lösten und er mit einem gurgelnden Laut zusammenbrach.

»Falkenauge!« rief da die Stimme des Kanadiers. »Hier ist der Alte! Ich schenke sein Fell dem ›klugen Fuchs‹, dem es mein Bruder bringen mag!«

Dort, wo die Stimme erklang, lag Mano-Sangriento gefesselt am Boden.

Hier und da krachte noch ein Schuß, erklang noch ein Todesschrei; dann wurden die brennenden Büschel vereinigt, daß sie einen hoch auflodernden Brand bildeten, bei dessen Schein selbst der kleinste Gegenstand zu erkennen war.

Nicht einer der Apatschen war entkommen; von den Angreifern lebte nur noch Main-rouge, für den es keine Rettung gab. Der Plan des Komantschen hatte sich als vortrefflich erwiesen und zur gänzlichen Vernichtung der Feinde geführt.

Nun folgte beim flackernden Licht des Feuers eine Szene der Begrüßung, wie sie lebhafter nicht gedacht werden kann. Die Komantschen waren mit ihren drei weißen Anführern nachgeschlichen, und darum hatte Fabian Don Agustín noch nicht sprechen können. Jetzt trat er zu ihm.

»Don Agustín!«

»Tibur – por Dios, verzeiht, Excelencia, ich konnte mich –«

»Wo ist Señorita Rosarita?« unterbrach er die Entschuldigung.

»Im Wald.«

»Allein?«

»Unter der Obhut Encinas.«

»Kennen die Vaqueros den Ort?«

»Francisco war mit dort.«

»Dann entschuldigt, Don Agustín!«

Er lief zu den Vaqueros, die beschäftigt waren, einander zu verbinden.

»Señor Francisco, Ihr wißt, wo Señorita Rosarita ist?«

»Ja.«

»Führt mich zu ihr!«

Der angehende Held, der sich so tapfer gehalten hatte, daß er sogar einige leichte Wunden davontragen mußte, schritt voran. Tief im Wald gab es eine kleine Lichtung, wo für Rosarita eine Hütte errichtet worden war, in der sie unter dem Schutz des bewährten Cibolero auf den Ausgang des Kampfes wartete. Sie hatte das Schießen und das Geschrei des Kampfes vernommen; sie war voll Angst und Sorge; sie konnte nicht ruhen und stand unter dem Eingang der Hütte, um aus den durch den Wald zu ihr dringenden Rufen auf das Ergebnis des Kampfes zu schließen.

Die Schüsse waren verhallt. Es herrschte tiefe Ruhe in der Einsamkeit.

»Señor Encinas, werden wir gesiegt haben?«

»Sicher, denn das Geheul der Apatschen war ein Geheul der Wut und nicht des Sieges.«

»Aber wir werden Tote und Verwundete haben«, sorgte sie sich; »ich muß fort, muß zum Vater, um zu sehen, ob ihm etwas geschehen ist. Führt mich zu ihm, Encinas!«

»Das darf ich nicht, Señorita! Ihr Vater hat den Befehl gegeben zu warten, bis er kommt oder einen Boten sendet. Horcht, das sind Schritte!«

Ein Mann drang durch die Büsche. Hinter ihm ein anderer.

»Francisco! Wie steht es?«

»Wir haben gesiegt, Señor Encinas!«

»Und der Vater?«

»Ist wohl und munter, Señorita!«

»Gott sei Dank! Sind die Weißen da, die sich bei den Komantschen befanden?«

»Alle.«

»Auch Tiburcio Arellano?«

»Auch er ist da«, antwortete es da aus dem Dunkel, und die zweite Gestalt trat heran. »Darf er dies Euch beweisen?«

»Tiburcio!« rief sie, vom Augenblick überwältigt, die Arme nach ihm ausstreckend.

Er umfing sie und zog sie leise an sich.

»Rosarita, habt Ihr meiner gedacht, so wie ich an Euch dachte an jedem Tag, zu jeder Stunde, in jedem Augenblick?«

»Ja!« hauchte sie. Dann aber schob sie sanft seine Arme von sich. »Kommt, führt mich zum Vater!«

Er nahm sie bei der Hand und schritt mit ihr dem Corral zu. Der Cibolero und Francisco folgten.

Als sie an den See kamen, krachte noch ein Schuß, der letzte. Man hatte Gericht gehalten über Mano-Sangriento; die Kugel Falkenauges war ihm in das tückische Herz gedrungen.

»Der Komantsche wird seine Haut zu den Skalpen des Mestizen und Schwarzvogels fügen!« meinte er, während er den Skalp löste. »Die Hunde der Apatschen werden ihr Fleisch den Wölfen und Schakalen geben; die Krieger der Komantschen aber kehren heim in ihre Wigwams mit den Waffen und Fellen ihrer Feinde!«

Einige der Vaqueros waren bereits beschäftigt, die Zelte wieder an ihrem früheren Ort aufzurichten; dann kehrten sie in den Corral zurück, um die Spuren des Kampfes zu entfernen. Die Weißen aber saßen mit Falkenauge am Lagerfeuer, das die Kühle des Morgens erwärmte, und lauschten den Erzählungen der Helden der Savanne, bis jeder alle Ereignisse kannte, die hier am Büffelsee einen so schnellen Abschluß gefunden hatten. Nur von der Bonanza wurde nicht gesprochen. Sie blieb für jetzt Geheimnis. –

Es war am anderen Tag. Der Engländer stand unter seinem Zelt; er trug den linken Arm in einer Binde. Der Sonderling hatte sich während des Kampfes ganz wacker gezeigt und eine tiefe aber ungefährliche Stichwunde erhalten.

»Master Wilson!«

»Sir William!«

»Es kommt kein Apatsche mehr!«

»Nein.«

»Well, so werden wir unsere gestrige Vertragsklausel wieder aufheben!«

»Einverstanden!«

»Ihr habt also wieder wie vorher für meine Sicherheit zu sorgen! Wie steht es mit dem ›weißen Renner‹?«

»Don Agustín veranstaltet heute zu Ehren seiner Gäste die längst vorgenommene Pferdejagd.«

»Geht mich nichts an!«

»Und wenn nun der ›Renner‹ gefangen würde?«

»Damned, das ist wahr! Wem gehört er dann?«

»Don Agustín oder dem, der ihn fängt.«

»So werde ich ihn kaufen.«

»Ihr habt in Texas schon einmal tausend Goldstücke für ihn geboten. Werdet Ihr ihn hier dafür erhalten? Ich glaube nicht!«

»Well, so biete ich zweitausend!«

»Und wenn das auch nicht zieht? Vielleicht dreitausend oder fünftausend, nicht?«

»Goddam, so werden wir ihn stehlen!«

»Davon steht nichts in unserem Kontrakt. Aber seht, dort kommt Señor Arellano mit den beiden Jägern! Ist dieser Bois-rosé nicht ein Mann, der zwanzig Indianer niedertritt?«

»Geht mich nichts an!«

Der Kanadier und Pepe schritten auf den Corral zu, Fabian aber trat zu dem Engländer.

»Sir William, Don Agustín läßt Euch bitten, Platz auf der Tribüne zu nehmen. Es ist bereits die Nachricht angelangt, daß ein zahlreicher Pferdetrupp im Anrücken ist.«

»Geht mich nichts an!«

Er wollte in sein Zelt zurückkehren, Wilson aber hielt ihn ab.

»Wenn nun aber der ›Renner‹ dabei ist! Wollt Ihr auf ihn verzichten?«

»No; ich gehe mit!«

Am Rand des Waldes, da, wo dieser an den Corral grenzte, war in den Zweigen der Bäume, die über die Umzäunung ragten, eine Art Balkon gebaut, der bestimmt war, die Zuschauer aufzunehmen, die das fesselnde Schauspiel eines Pferdetreibens genießen wollten.

Zelte, Pferde und alles, was der Pferdeherde im Wege sein konnte, war entfernt worden. Don Agustín hatte bereits mit Rosarita und den anderen Platz genommen, als die drei zur Tribüne emporstiegen.

Die Vaqueros hatten schon während des vorigen Tages die Savanne abgetrieben und in der Nacht den Kreis um die wilden Pferde immer enger gezogen. In Erwartung des Kommenden wurde jede Unterhaltung abgebrochen. Der Schrei einer Weihe, die über die Lichtung flog, hatte die Vögel des Waldes zum Schweigen gebracht, und so herrschte tiefe Ruhe ringsumher.

Da erscholl mitten durch die Stille das schrille Pfeifen der Vaqueros aus der Tiefe des Waldes. Dann ertönte ein lautes, durchdringendes Geschrei, das sich von allen Seiten näherte. Kurze Zeit darauf ließ sich ein Wiehern vernehmen, das schnell näher kam und auf eine beträchtliche Anzahl wilder Pferde schließen ließ. Das Getöse vermehrte und vergrößerte sich; der Pferdetrupp war schon so nahe, daß man ängstliches Schnauben vernehmen konnte. Alle Bewohner des Waldes wurden unruhig vor Schrecken; Scharen von Vögeln flogen kreischend auf; Eulen flatterten verstört im Licht des Tages, und Hirsche entflohen schreiend aus ihren verborgenen Zufluchtsorten.

Da krachten die Sträucher; junge Bäume ächzten unter dem Anprall der Pferde; das Pfeifen, Schreien und Heulen der Treiber wurde beinahe dämonisch. Dann öffnete sich der grüne Vorhang, der die Lichtung einschloß, um ein ganzes Meer von wogenden Köpfen und Körpern hindurchzulassen, die mit flammenden Augen, dampfenden Nüstern, flatternden Mähnen und fliegenden Schweifen, vor den Vaqueros fliehend, zwischen Wald und See geradewegs auf den Corral zusprengten.

Vor diesem staute sich das vielfarbige Meer einen Augenblick lang, die blitzenden Augen der vordersten Tiere richteten sich argwöhnisch auf das mit Zweigen verhüllte Pfahlwerk; aber die Treiber ließen ihnen keinen Ausweg.

Ein herrlicher, prachtvoller Schimmelhengst führte die Herde; er konnte dem Drängen hinter sich nicht widerstehen und stürzte mit gesenktem Kopf in den Corral –, die ganze, wohl dreihundert Stück zählende Herde hinter ihm drein.

»Hallo, wir haben sie!« rief es rundum von den Tribünen und aus dem Munde der Vaqueros, die sich beeilten, die starken Riegelbalken vorzuschieben.

In dieses Siegesgeschrei mischte sich eine Stimme, die alle anderen übertönte:

»Er ist's, er ist's, heigh-ho, er ist's!«

»Wer denn, Sir William?« fragte Don Agustín.

»Goddam, seht Ihr ihn denn nicht, den weißen ›Renner der Prärie‹? Dort den Schimmelhengst, dem die anderen folgten!«

Einige Sekunden verstrichen, ohne daß die stolzen Kinder der Savanne und des Waldes etwas merkten; als sie aber spürten, daß sie von einer festen Mauer von Baumstämmen umgeben waren, erscholl ein Wiehern rasenden Schmerzes, ähnlich dem Schmettern von tausend Trompeten. Die Pferde suchten einen Ausweg, ohne ihn zu finden. Ihre Augen sprühten; die erschreckten Köpfe warfen ganze Wogen weißen Schaums von sich, und in einem wirren Durcheinander sprengten sie hin und her.

Das schnellste und aufgeregteste von allen war der Schimmel, ein Tier von fleckenlosem Weiß, wie das der Blüte einer Wasserlilie. Das stolze Tier stürzte von einem Ende des Corrals zum anderen und warf diejenigen seiner Unglücksgefährten, die dem Stoß seiner Brust nicht auszuweichen vermochten, in seinem Zorn zu Boden. Ein weiter Raum bildete sich um das umherfliegende Tier, das seine weiße Mähne schüttelte und mit seinem wütenden Gewieher die Luft erfüllte.

Diaz sprang auf und beugte sich weit vor. Er war einer der kühnsten Reiter und genoß den Anblick des Pferdes mit wahrhaftiger Begeisterung.

»Dieses Tier wird frei oder es stirbt«, rief er. »Es ist nicht zu bändigen!«

»Nicht?« rief Fabian.

Seine Augen blitzten; seine Wangen röteten sich.

»Paßt auf, Señores, was Tiburcio Arellano tut!«

Im selben Augenblick war er von der Tribüne herab und im Wald verschwunden.

Die Mustangs rannten gegen das Pfahlwerk; es war zu stark und widerstand dem fürchterlichen Anprall; es stöhnte und krachte, aber es gab nicht nach. Ein feuchter Dunst schwebte über den keuchenden Tieren. Die einen verbissen sich wütend in den unerschütterlichen Palisaden, andere scharrten die Erde mit den Hufen auf; noch andere stürzten, von ihrer leidenschaftlichen Wut übermannt, wie vom Blitz getroffen und ohne sich wieder zu erheben, zu Boden, und die grimmigsten schlugen und bissen nach ihren Gefährten. Dann hörte die Herde, wie ein Meer erkaltender Lava, nach und nach auf zu wüten; der Wut folgte die Bestürzung und dieser eine düstere Regungslosigkeit –; die wilden Bewohner des Waldes waren einstweilen besiegt.

Da erscholl der Trab eines Pferdes zwischen den Bäumen. Fabian nahte auf dem Roß des Komantschen, nur mit dem Lasso bewaffnet.

»Öffnet!« gebot er den Vaqueros.

»Santa Lauretta, was wollt Ihr tun, Señor Fabian!« rief Pepe. »Ihr seid ja verloren in der Herde dieser wütenden Bestien.«

Auch die anderen riefen ihm Einhalt zu, aber schon waren die Riegel entfernt, und er sprengte in den Corral, mitten unter die Tiere hinein.

Noch tobte der Schimmel hin und her. Als er den Reiter bemerkte, floh er entsetzt von dannen. Fabian stürmte hinter ihm drein. Der wilde Lauf ging einigemal rund um den Corral; die Tiere, die im Wege standen, wurden zur Seite gerannt oder umgeworfen. Da schlug Fabian eine Sehne quer über dem Raum –, der Lasso wirbelte um seinen Kopf, zischte sausend durch die Luft und schlang sich um den Hals des Schimmels. Dieser flog davon, der kühne Reiter hinter ihm her, wobei er den Lauf seines Pferdes hemmte, so daß der Lasso sich straff anspannen mußte. Da plötzlich riß er sein Tier herum, ein fürchterlicher Ruck –: das Pferd des Komantschen war auf die Knie gerissen, der Schimmel aber wälzte sich am Boden, schlug mit den Hufen um sich und bemühte sich vergebens, wieder emporzukommen.

Eigentlich spannt der Pferdebändiger den Lasso sofort nach dem Wurf an, diesem wilden, kraftvollen Tiere gegenüber aber hätte dies unbedingt zu einem Mißerfolg geführt. Fabian riß sein Pferd wieder auf –, ein zweiter Ruck, und die Schlinge legte sich so fest um den Hals des Mustangs, daß ihm der Atem verging. Jetzt sprang Fabian vom Pferd, das den Lasso straff angespannt erhielt. Einen zweiten Lasso von seinen Hüften loswindend, befestigte er diesen an Kopf und Maul des Schimmels, stellte sich mit ausgespreizten Beinen über seinen Leib und durchschnitt den angespannten Riemen. Sofort sprang der Schimmel auf. Zum erstenmal in seinem Leben fühlte er eine Last auf seinem Rücken; er stand wie erstarrt vor Überraschung. Dann aber ging er abwechselnd vorn und hinten in die Höhe, bockte zur Seite, wälzte sich am Boden –, der unerschütterliche Reiter jedoch blieb über ihm. Da stürmte er in wilder, blinder Wut rund um den Corral.

»Paßt auf, Señores!« rief Fabian.

Ein kräftiger Druck seiner Schenkel, eine Anspannung des Lassos – der Schimmel flog quer über den Raum und mit einem kaum glaublichen Satz über die Palisaden hinweg. In zwei Augenblicken war er über die Lichtung dahingeschnellt, dann spritzten die Wogen des Sees über Roß und Reiter zusammen. Noch eine Minute, dann verbarg eine in das Wasser vorspringende Ecke des Waldes beide den nachblickenden Augen der bewundernden Zuschauer.

Diese verließen die Tribünen, um seiner Rückkehr unten entgegenzusehen. Die Herde mußte nun noch durch Hunger und Durst gefügig gemacht werden.

Wohl gegen zwei Stunden waren vergangen, als sich endlich der kühne Rastreador wieder zeigte. Er kam in langsamem Schritt am See herabgeritten. Der Schimmel war gebändigt. Alle empfingen ihn mit aufrichtiger Bewunderung.

»Santa Lauretta, das mag ich Euch nicht nachtun!« meinte Pepe.

»Der Graf von Mediana ist der kühnste Grande von Spanien«, lachte Bois-rosé.

»Ihr seid der beste Reiter von Sonora, Señor Fabian!« beteuerte Diaz.

Rosarita lächelte glücklich bei der Anerkennung, die der Geliebte von allen Seiten fand.

»Don Fabian«, erkundigte sich der Engländer, während er seine Brille mit Daumen und Zeigefinger der Rechten faßte und den dampfenden Schimmel durch die großen Gläser mit gierigem Blick betrachtete. »Wem gehört dieses Tier?«

»Don Agustín natürlich!«

»Geht mich nichts an!«

»Nein, Don Fabian gehört es«, widersprach der Haciendero. »Es gehört Euch, Excelencia; Ihr wißt ja wohl, warum, und überdies habt Ihr es gezähmt!«

»Geht mich nichts an! Ich muß es haben! Es ist der ›Renner der Prärie‹.«

»Ich glaube nicht, daß ihn Don Agustín verkaufen wird«, meinte Fabian.

»Geht mich nichts an! Ich gebe tausend Goldstücke!«

»Und ich glaube nicht, daß ihn Don Fabian dafür hergeben wird«, widersprach Pena.

»Well, ich gebe zweitausend!«

»Er wird nicht verkauft!« entschieden beide.

»Dreitausend!«

»Nicht für fünftausend!« beteuerte Fabian.

»Nicht für zehntausend«, stimmte auch der Haciendero bei.

»Goddam, ich gebe Euch, soviel Ihr immer wollt!«

»Das Pferd ist ein Geschenk für Señorita Rosarita. Sie wird es reiten!« entschied Fabian.

»Well, mit einer Miß kann ich nicht handeln! Aber da ich den ›Renner‹ nicht erlange, so werde ich sie auch nicht malen. Master Wilson!«

»Sir William!«

»Macht Euch fertig. Wir kehren nach London zurück.«

»Ihr, aber nicht ich! Davon steht nichts in unserem Kontrakt. Ich bringe Euch nach Galveston, Texas; dann könnt Ihr tun, was Euch beliebt! Doch sagt, habt Ihr Euer Schlachtbild schon fertig!«

»Geht mich nun auch nichts an!«

Er trat verstimmt in sein Zelt.

Nach einiger Zeit nahmen die beiden Männer Abschied, der Engländer höchst frostig, Wilson aber mit freundschaftlichen Gefühlen für die tapferen und berühmten Leute, mit denen er einige Tage zusammengelebt hatte.

Am anderen Morgen saßen auch die Komantschen zu Pferde, um zu ihren Wigwams zurückzukehren.

Falkenauge hatte seine Aufgabe erfüllt; er brachte dem ›klugen Fuchs‹ die Skalpe Schwarzvogels und der beiden Savannenräuber und Mo-la die ›große Medizin‹, die der Engländer gezeichnet hatte. Er war sicher, Häuptling zu werden und die ›Blume der Savanne‹ als Squaw in seine Hütte führen zu können.

»Der große Geist sagt zu Falkenauge, daß er heimkehren soll. Er wird seinen Brüdern von den ›Häuptlingen der Wälder‹ und dem großen Pfadfinder erzählen, der den ›Renner der Prärie‹ gebändigt hat, von Diaz, dem Apatschentöter, von dem guten Haciendero und seiner schönen Tochter. Der gute Geist gebe ihnen lange Tage und einen starken Arm, der nie ermüdet gegen ihre Feinde. Howgh!«

Über und über mit Skalpen behängt, ritt er davon, gefolgt von den Seinen.

Auch die anderen blieben nicht länger am Büffelsee. Sie kehrten alle zurück zur Hacienda del Venado, wo sie ausruhen konnten von den Mühen und Entbehrungen. –


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