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An den Leser

Wer jetzt in einem Pullmannschen Luxuswagen die ungeheure Strecke von New York nach San Franzisko, vom Atlantischen zum Stillen Ozean in wenigen Tagen und Nächten durchmißt, kann sich von den Mühseligkeiten, Gefahren für Gesundheit, Eigentum und Leben keine rechte Vorstellung machen, die eine Reise vor etwa fünfundsiebzig Jahren mit sich brachte. Damals, als die beiden Weltmeere noch durch keinen Schienenstrang verbunden waren, als die Auswanderer mit Ochsengespannen durch die Prärie ziehen, über Flüsse setzen, Wälder auf ungebahnten Wegen passieren, die steilen Gebirge auf beschwerlichste Art überklettern mußten, dauerte eine solche durchaus gefährliche Reise mindestens sechs Monate! Dabei hatte jeder sich mit Nahrungsmitteln zu versorgen, für sich selbst und oft genug auch noch für andere mit den Waffen einzustehen. Besonders hatten die Einwanderer durch Überfälle der Indianer zu leiden. Aber Hunger, und im Felsengebirge, wo es an Trinkwasser fehlte, auch Durst, Krankheiten, wilde Tiere, Hitze, Kälte, Regen, Schneefälle und der Mangel jeglicher Hilfsmittel, dezimierten oft die Zahl dieser Pioniere.

In diesem Buche wird von einer solchen Reise mit Ochsengespannen erzählt. Die Darstellung beruht auf wahren Tatsachen, die Erlebnisse sind historisch treu geschildert, und insoweit ich Eigenes hinzufügte, geschah es, um den kulturhistorischen Wert des Ganzen hervorzuheben und lebendig zu erhalten. Das wird besonders klar bei der Veranschaulichung der bedeutenden Geschehnisse in Kalifornien, als dort von Einwanderern das erste Gold gefunden wurde. Wie das glänzende Metall alle Sinne verwirrte und Unheil anrichtete, wie die Menschen aus aller Welt ins neu entdeckte Goldland strömten und entarteten, das konnte hier nur in großen Umrissen gezeichnet werden. Das ziemlich leicht gegrabene Gold wurde für die Menschen, ja für ganz Kalifornien zum Fluch. Recht und Gesetz hatten aufgehört zu bestehen, die Zuchtlosigkeit, die Demoralisation war allgemein und herrschte lange vor.

Aus diesem vielfarbigen Gemälde heben sich von dunklem Untergrund lichte Gestalten ab, edle Menschen, die sich in allen Fährnissen des rechten Weges wohl bewußt blieben und sieghaft aus den Kämpfen hervorgehen. Die Teilnahme und Liebe des Lesers ist ihnen sicher. Auch die damaligen Sitten, Gebräuche und die Lebensart der Rothäute kennenzulernen, dürfte den Leser interessieren, weil sie wahr geschildert sind und ein umfassenderes Urteil über das zugrunde gegangene Volk gestatten, als es durch gewisse sogenannte Indianergeschichten bisher möglich war.

Georg Gellert.


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