Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

XXI

KETZERVERFOLGUNG · DAS DONATISTISCHE SCHISMA · DIE ARIANISCHE KONTROVERSE ATHANASIOS · ZUSTAND DER KIRCHE UND DES REICHES UNTER CONSTANTIN UND SEINEN SÖHNEN · ÜBERSICHT ÜBER DIE CHRISTLICHEN SEKTEN · DULDUNG DES HEIDENTUMS

 

ERSTE SEKTEN UND KETZERVERFOLGUNG

Durch dankbaren Beifall der Klerisei ward das Andenken an einen Herrscher gesegnet, der ihren Leidenschaften nachsah und ihren Vorteil beförderte. Constantin gewährte ihnen Sicherheit, Wohlstand, Ehrenstellungen und endlich auch Rache. Und der Schutz des orthodoxen Glaubens zählte fortan zu der heiligsten und vornehmsten Pflicht der zivilen Magistrate. Das Edikt von Mailand, die Magna Charta der Toleranz, hatte jedem Individuum der römischen Welt das Recht zugesichert, eine Religion der eigenen Wahl zu bekennen. Aber schon bald wurde dieses unschätzbare Privileg verletzt: zusammen mit der Erkenntnis der Wahrheit nahm der Herrscher auch den Geist der Verfolgung in sich auf; die Sekten, welche sich von der katholischen Kirche abtrennten, wurden heimgesucht und unterdrückt, sobald das Christentum obsiegt hatte. Gerne glaubte Constantin, dass Häretiker, welche seine Auffassung zu diskutieren sich erkühnten und oder sich seinen Anordnungen widersetzten, der kranksinnigsten und verwerflichsten Halsstarrigkeit schuldig seien; und dass nur eine rechtzeitige, wohlkalkulierte und zugleich auch nachdrückliche Erziehungsmaßnahme jene Unglücklichen vor immerwährender Verdammnis bewahren könne. So zögerte man denn keinen Augenblick, den Priestern und Lehrern jener abgespaltenen Glaubenskongregationen jede Teilhabe an den Vergünstigungen und der Straffreiheit abzuerkennen, die der Herrscher so freigebig unter die rechtgläubigen Kleriker gestreut hatte. Da aber solche Sekten auch noch ohne die kaiserliche Gnadensonne fortdauern mochten, folgte unmittelbar auf den Sieg im Osten ein Edikt, welches ihre vollständige Auflösung anordnete. Eusebios 3, 63-66. Nach einleitenden Worten des Zornes und Vorwurfes verbot Constantin strengstens die Versammlungen der Ketzer und beschlagnahmte zugleich ihr öffentliches Eigentum für den Fiskus oder die katholische Kirche. Die Sekten, gegen die sich die kaiserliche Ungnade richtete, scheinen die Anhänger des Paul von Samosata gewesen zu sein; die Montanisten von Phrygien, die fanatisch auf einer Nachfolge der Prophetie beharrten; die Novatianer, welche die weltliche Kraft der Buße mit Nachdruck verneinten; die Marcioniten und Valentinianer, unter deren Fahne sich die verschiedenen asiatischen und ägyptischen Gnostiker versammelten; und wohl auch die Manichäer, welche erst kürzlich eine ansprechendere orientalisch-christliche Theologie aus Persien importiert hatten. Nach eingehendem Studium der unterschiedlichen Auffassungen von Tillemont, Beausobre, Lardner u.a. bin ich zu dem Standpunkt gelangt, dass Manes diese Sekte auch in Persien nicht vor dem Jahre 270 ins Leben rief. Es klingt merkwürdig, dass eine philosophische und dazu noch ausländische Ketzerei sich so schnell in den afrikanischen Provinzen sollte ausgebreitet haben; aber andererseits kann ich das Edikt des Diocletian gegen die Manichäer, welches man bei Baronius nachlesen kann, nicht so ohne weiteres in Abrede stellen. Annales Ecclesiastici A.D. 287.

Die Absicht, den Namen dieser Verhassten zu tilgen oder doch wenigstens ihre Verbreitung zu erschweren, verfolgte man mit Eifer und Erfolg. Einige Strafvorschriften übernahm man aus den Edikten Diokletians; und diese Bekehrungsmethoden erhielten den Beifall ausgerechnet jener Bischöfe, die vordem selbst die Hand der Verfolgung gespürt und die Rechte der Menschlichkeit beschworen hatten. Zwei Begleitumstände immaterieller Art können jedoch den Nachweis erbringen, dass Constantin noch nicht vollständig von Glaubensfanatismus und Bigotterie umdunkelt war. Bevor er nämlich die Manichäer und ihre gleichgesinnten Sekten verdammte, beschloss er, ihre religiösen Grundsätze genau zu untersuchen. Und als ob er gegen die Unbefangenheit seiner kirchlichen Ratgeber einigen Argwohn hegte, vertraute er diese heikle Mission einem zivilen Magistrat an, dessen Gelehrsamkeit und Sachlichkeit er zu Recht schätzte und von dem er vermutlich nicht wusste, dass er käuflich war. ›Constantinus enim, cum limatius superstitionum quaereret sectas, Mannichaeorum et similium,‹ etc. [Als nämlich Constantin den irrgläubigen Sekten, den Manichäern und ähnlichen, genauer nachfahndete usw.] Ammianus, 15,13. Strategius, der auf Grund dieses Auftrages das cognomen ›Musonianus‹ erhielt, war Christ der arianischen Richtung. Auf dem Konzil von Serdica trat er als kaiserlicher Abgesandter (comes) auf. Libanius rühmt seine Milde und Klugheit. (Siehe Valesius zu Ammianus ad locum.) Schon bald hatte sich der Kaiser davon überzeugt, dass er den orthodoxen Glauben und die vorbildliche Moral der Novatianer vorschnell verurteilt hatte, da sie mit der Kirche nur in einigen Fragen der Disziplin nicht konform gingen, welche aber zur Erlangung der Seligkeit vielleicht gar nicht erforderlich waren. So nahm er sie denn in einem besonderem Erlass von den gesetzlich vorgeschriebenen Strafen aus; Codex Thodosianus 16,5,2. Da das allgemeine Gesetz nicht im Codex Theodosianus aufgenommen ist, so ist es wahrscheinlich, dass im Jahr 438 die Sekten, welche das Gesetz verbot, bereits nicht mehr existierten. gestattete ihnen den Bau einer Kirche in Konstantinopel, bestaunte die Wunder ihrer Heiligen, lud ihren Bischof Akesios in das Konzil zu Nicaea und machte über die Glaubenssätze seiner Sekte einen unschuldigen Scherz, welcher, da er aus dem Munde eines Herrschers kam, mit Beifall und Dankbarkeit aufgenommen worden sein muss. Sozomenos 1,22; Sokrates 1,10. Die Kirchenhistoriker wurden, nach meiner Auffassung allerdings grundlos, der Sympathie mit der novatianischen Sekte verdächtigt. Der Kaiser sagte zu dem Bischof: ›Acesius, nimm eine Leiter und steige selbst zum Himmel.‹ Die meisten christlichen Sekten haben sich der Reihe nach die Leiter des Ascesius geborgt.

 

DIE KIRCHENVERSAMMLUNGEN ZU ROM UND ARLES

Die Klagen und gegenseitigen Anfeindungen, welche den Thron des Constantin umtobten, sobald Afrika nach dem Tod des Maxentius seinen siegreichen Armeen unterlegen war, taugten nur bedingt dazu, einen Proselyten zu erbauen. So erfuhr er denn mit Staunen, dass die Provinzen jenes riesigen Landes von den Grenzen Cyrenes bis zu den Säulen des Herkules durch religiösen Hader zerrissen waren. Die besten Materialien zu dieser Epoche der Kirchengeschichte kann man in den Schriften des Optatius von Mileve finden, (ediert von Herrn Dupin Paris, 1700) der sie mit kritischen Anmerkungen, geographischen Erläuterungen, Originaltexten und einer präzisen Kurzdarstellung der ganzen Auseinandersetzung bereichert hat. Herr de Tillemont hat den Größten Teil eines Banden (6, Teil 1) den Donatisten gewidmet: ich stehe in seiner Dankesschuld für eine umfangreiche Sammlung aller Passagen aus seinem Lieblingsautoren Augustinus, die sich auf diese Häretiker beziehen. Die Quelle der Glaubensspaltung war eine zwiefache Wahl in der Kirche von Karthago, der nach Einfluss und Reichtum zweiten Kirche des Westens. Caecilian und Maiorinus waren die beiden rivalisierenden Primasse Afrikas; und der Tod des letzteren schaffte Raum für Donatus, für den seine überlegene Begabung und seine sichtbaren Tugenden sprachen. Die zeitlich frühere Ordination, mit denen Caecilian seine Ansprüche begründen mochte, zerstörte er durch die ungesetzliche oder mindestens doch ungehörige Hast, mit der er sie selbst vollzog, ohne die Ankunft der numidischen Bischöfe auch nur abzuwarten. Das Ansehen dieser Bischofsversammlung wiederum, – es waren ihrer siebzig zusammen gekommen – die Caecilian verdammten und Maiorinus heilig sprachen, erlitt Einbuße infolge der charakterlichen Verkommenheit einiger Mitglieder; und infolge der weiblichen Ränke, des schandbaren Schachers und der tumultuarischen Sitzungen, die diesem numidischen Konzil nachgesagt werden. ›Schisma igitur illo tempore confusae mulieris iracundia peperit; ambitus nutrivit; avaritia roboravit.‹ [Die Kirchenspaltung wurde zu jener Zeit vorangetrieben von einer Frau mit übersprudelndem Temperament; sie befeuerte den Ehrgeiz und verstärkte die Habsucht]. Optatus, 1,19. Die Sprache des Purpurius ist die eines Wahnsinnigen: ›Dicitur te necasse filios sororis tuae duos. Purpurius respondit: Putas me terreri a te ... occidi, et occido eos qui contra me faciunt.‹ [Es heißt, du habest die beiden Söhne deiner Schwester getötet. Darauf Purpurius: Du glaubst, ich ließe mich von dir einschüchtern...weil ich getötet habe; ich töte alle die, die gegen mich vorgehen]. Acta Concilii Cirtensis, bei Optatus, Anhang, p. 274. Als Caecilian vor eine Bischofsversammlung geladen wurde, sagte Purpurius zu seinen Glaubensbrüdern bzw. Komplizen: ›Man lasse ihn kommen, unsere Handauflegungen zu empfangen, und wir werden ihm als Bußübung seinen Schädel einschlagen.‹ Optatus 1,19.

Die Bischöfe der hadernden Faktionen beharrten darauf, in ihrem Zorn und ihrer Verbissenheit in etwa vergleichbar, dass ihre Gegner ihrer Ämter enthoben oder doch wenigstens unwürdig seien, da sie den Bütteln Diokletians die Heiligen Schriften ausgehändigt hätten, was ein ruchloses Verbrechen bedeutete. Aus ihrer gegenseitigen Abneigung und aus den Berichten dieser trüben Verhandlung lässt sich zwanglos folgern, dass die letzte Verfolgung den Glaubenseifer der afrikanischen Christen gemehrt hatte, ohne zugleich ihre Aufführungen zu verfeinern. Diese gespaltene Kirche war außerstande, eine unparteiische Rechtsprechung auf die Beine zu stellen; in fünf aufeinander folgenden Verhandlungen, die der Kaiser einberufen hatte, wurde die Kontroverse ernsthaft verhandelt; und die ganze Angelegenheit erstreckte sich, von der ersten Anrufung bis zum letzten Urteilsspruch, über drei Jahre. Eine strenge Untersuchung durch den Prätorianerpräfekten und Prokonsul Afrikas, der Bericht zweier nach Karthago entsandter bischöflicher Visitatoren, die Beschlüsse der Konzilien zu Rom und Arles, das letztinstanzliche Urteil des Kaisers selbst: alle sprachen sich für Caecilianus aus; und einstimmig wurde er von den kirchlichen und weltlichen Mächten als der wahre und gesetzmäßige Primas von Afrika anerkannt. Die Ehrenstellungen und die Besitztümer der Kirche wurden seinen Suffraganbischöfen zugesprochen, und nur widerstrebend gab sich Constantin damit zufrieden, die führenden Köpfe der donatistischen Faktion mit dem Exil zu belegen. Da man ihren Fall mit Genauigkeit untersucht hatte, war das Urteil vielleicht sogar gerecht. Vielleicht waren ihre Klagen auch nicht grundlos, dass nämlich die Arglosigkeit des Herrschers durch die durchtriebenen Künste seines Favoriten Osius missbraucht worden sei. Der Einfluss von Lüge und Bestechung kann durchaus zur Verurteilung eines Schuldlosen führen, oder das Urteil über einen Schuldigen noch verschärfen. Einen solchen Akt der Ungerechtigkeit am Ende einer schweren Auseinandersetzung sollte man unter die vorübergehenden Übel einer allmächtigen Verwaltung rechnen, unter der die Nachwelt nicht zu leiden hat und die sie bald vergisst.

 

DER DONATISTENSTREIT

Indessen hat dieser Vorfall, so wenig er auch einen Platz in der Geschichte verdient hat, ein durchaus erinnerungswürdiges Schisma verursacht, welches den Provinzen Afrikas über drei Jahrhunderte zusetzte und erst durch die Christen selbst aufgehoben wurde. Unbeugsamer Freiheitssinn und Fanatismus trieb die Donatisten zum Ungehorsam gegenüber den Usurpatoren, deren Wahl sie bestritten und deren geistliche Autorität sie nicht anerkannten. Ausgeschlossen aus der bürgerlichen und religiösen Gemeinschaft der Menschen, exkommunizierten sie ihrerseits mit frischem Mut den Rest der Menschheit, welcher sich der gottlosen Partei des Caecilian angeschlossen hatte und der Partei der traditores, von denen er sein angemaßte Bischofsweihe empfangen hatte. Mit Bestimmtheit, fast schon mit Frohlocken, erklärten sie, dass die Nachfolge der Apostel unterbrochen sei; dass alle Bischöfe Europens und Asiens mit dem Gift der Schuld und des Schismas verseucht seien; und dass die Prärogative der katholischen Kirche nur noch für die erlesene Schar der afrikanischen Gläubigen Bestand habe, da sie allein Glauben und Zucht unversehrt bewahrt hätten. Diese gestrenge Theorie bestätigten sie mit ihrem unbarmherziges Auftreten. Wann immer sich ein Proselyt ihnen anschließen wollte, und käme er auch aus dem fernen Osten, wiederholten sie mit viel Pedanterie die heiligen Tauf- und Weiherituale; Die Konzile zu Arles, Nicaea und Trient bekräftigten die weise und gemäßigte Praxis der römischen Kirche. Die Donatisten jedoch nahmen für sich in Anspruch, die Auffassung des Cyprian und des größeren Teiles der Urkirche für sich zu haben. Vincentius Lirinensis (bei Tillemont, Mémoires ecclésiastiques, Band 6, p. 138) hat dargetan, weshalb die Donatisten für ewig, zusammen mit dem Teufel, in der Hölle schmoren werden, während der heilige Cyprian zusammen mit Jesus Christus im Himmel regiert. denn sie bestritten deren Gültigkeit, falls er sie aus den Händen von Häretikern oder Schismatikern empfangen hatte. Bischöfe, Jungfrauen, ja selbst unschuldige Kleinkinder mussten sich einer schmachvollen öffentlichen Buße unterziehen, bevor sie Aufnahme in die Gemeinschaft der Donatisten fanden. Waren sie im Besitz eines Kirchengebäudes, das vordem ihre katholischen Feinde benutzt hatten, dann reinigten sie das gottlose Haus mit dem gleichen verbissenen Eifer, den ein Götzentempel erfordert haben mochte. Sie wuschen den Boden, schabten die Wände sauber, verbrannten den Altar, der für gewöhnlich aus Holz bestand, schmolzen das heilige Geschirr ein und warfen die geweihten Brote den Hunden vor; dies alles geschah mit demjenigen Ausmaß an Verachtung, das geeignet ist, die Feindseligkeit zwischen religiösen Splittergruppen zu vertiefen und zu verewigen. Siehe das 6. Buch des Optatus von Mileve, p- 91-100.

Ungeachtet dieser unversöhnlichen Abneigung besaßen die beiden Parteien, die in allen Städten Afrikas sich gemeinsam und getrennt aufhielten, die gleiche Sprache, die gleichen Sitten und Bräuche, den gleichen Glaubenseifer, die gleiche Bildung, das gleiche Bekenntnis. Obwohl die Donatisten durch die weltlichen Obrigkeiten in Acht und Bann getan waren, bildeten sie in vielen Provinzen – namentlich in Numidien – die mächtigste Gruppe; und immerhin vierhundert Bischöfe erkannten die oberste Rechtsprechung ihres Primas an. Aber der unbezwingliche Sektengeist richtete sich bisweilen gegen die eigene Lebenskräfte: Im Inneren ihrer schismatischen Kirche wütete bittere Glaubensspaltung. So folgte dann ein Viertel der Donatisten dem unabhängigen Banner der Maximianisten. Der schmale und einsame Pfad, auf dem die Begründer gewandelt waren, verlief auch weiterhin abseits der großen Straße der Menschheit. Selbst die kaum auffindbare Sekte der Rogatianer errötete nicht darüber, zu behaupten, dass Christus, sollte er auf die Erde zurückkehren, seine wahre Religion nur in einer Handvoll namenloser mauretanischer Dörfer bewahrt finden werde. Tillemont, Mémoires ecclésiastiques, Band 6, p. 253. Er macht sich lustig über ihre unsachliche Grausamkeit und verehrt Augustinus, den großen Lehrer der Prädestinationslehre.

 

DER DREIFALTIGKEITSSTREIT

Das donatistische Schisma beschränkte sich auf Afrika: umso ausgedehnter war die fatale trinitarische Kontroverse, die im Laufe der Zeit in jeden Winkel der christlichen Welt vordrang. Das erstgenannte war ein Gelegenheitszank, hervorgerufen durch den Missbrauch der Religionsfreiheit; das zweite betraf einen geheimnisvollen und erhabenen Gegenstand, hervorgerufen durch den Missbrauch der Philosophie. Von Konstantins Zeiten bis in die des Chlodwig und Theoderich waren die weltlichen Interessen der Römer und Barbaren tief in den arianischen Streit verwickelt. Es sei daher dem Historiker gestattet, mit allem Respekt den Schleier von dem Heiligsten zu lüften und den Entwicklungsgang von Vernunft und Glauben nachzuzeichnen, beginnend mit dem Irrtum und den Konflikten aus den Tagen der platonischen Schule bis zum Verfall und Untergang des römischen Reiches.

 

DAS SYSTEM PLATOS (360 v. Chr.)

Platos Genius, der nur vom eigenen Nachsinnen oder von den überlieferten Weisheiten der ägyptischen ›Plato Aegyptum peregravit ut a sacerdotibus barbaris numeros et 'caelestia' acciperet.‹ [Plato durchwanderte Ägypten, um von den ausländischen Prietern Zahlen- und Himmelslehre zu übernehmen]. Cicero de finibus 5,25. Die Ägypter mochten immer noch dem traditionellen Glauben ihrer Patriarchen anhängen. Josephus hatte viele christliche Kirchenväter davon überzeugt, dass Plato einen Teil seiner Einsichten den Juden zu danken habe; aber diese irrige Meinung steht im Widerspruch mit dem untergeordneten Status und dem abweisenden Auftreten des jüdischen Volkes, deren Schriften mehr als hundert Jahre nach Platos Tod der griechischen Neugier nicht zugänglich waren. Siehe Marsham, Canon Chronicus. p. 144; Le Clerc, Epistolae Criticae. 7, p. 177-194. Priester zehrte, hatte es unternommen, die geheimnisvolle Natur der Gottheit zu ergründen. Nachdem er sich bis zu der erhabenen Betrachtung der aus sich selbst existierenden, notwendigen Ursache des Universums durchgerungen hatte, war der athenische Denker außerstande sich vorzustellen, wie denn diese gleichbleibende Einheit ihres Wesens mit der unendlichen Vielfalt verschiedener aufeinander folgender Ideen, dem Urbild der Ideenwelt, zusammenstimmen könne; wie ein durchaus unkörperliches Sein diese vollkommene Idee umbilden und mit bildungskräftiger Hand das rohe und ungebändigte Chaos solle formen können. Die eitle Hoffnung, mit diesen Schwierigkeiten, denen die schwachen Kräfte des Menschengeistes niemals gewachsen sind, jemals zu einem Ende zu kommen, hat Plato dann vermutlich veranlasst, die göttliche Natur in dreifacher Weise aufzufassen: als die erste Ursache, als den Verstand oder logos und als die Seele oder den Geist des Universums. Seine dichterischen Konzeptionen gaben diesen metaphysischen Abstraktionen greifbare Gestalt; die drei ursprünglichen Prinzipien wurden in dem platonischen System als drei Götter vorgestellt, die miteinander durch eine geheimnisvolle und unaussprechbare Zeugung verbunden seien; insbesondere stellte man sich unter dem Logos den Sohn eines ewigen Vaters vor, des Schöpfers und Beherrschers der Welt. Dies scheinen die Geheimnisse gewesen zu sein, die man sich in den Gärten der Akademie zuraunte; und welche, folgt man den neueren Schülern Platos, vor Ablauf eines dreißigjährigen, intensiven Studiums überhaupt nicht zu begreifen sind. Die neueren Autoren, die mich zum Verständnis des platonischen Systems geführt haben, sind Cudworth (Intellectual System, p. 568-620), Basnage (Histoire des juifs, 4,4, p. 53-86), Le Clerc, (Epistulae criticae 7, p.194-209) und Brucker, (Historia Philosophiae Band 1, p. 675-706). Da die Gelehrsamkeit dieser Verfasser gleich und ihre Intentionen verschieden waren, kann ein lernbegieriger Adept aus ihren Erörterungen einige Belehrung und aus ihren Übereinstimmungen Gewissheit erlangen.

 

DER LOGOS IN ALEXANDRIA (300. v.Chr.)

Die Armeen Makedoniens verbreiteten die griechische Sprache und Wissenschaft über Asien und Ägypten; und das theologische System Platos wurde mit geringer Andacht und vermutlich mehreren Zusätzen in der berühmten Schule von Alexandria gelehrt. Brucker, Historia philosophiae, Band 1, p. 1349-57. Strabo und Ammianus rühmen die Schule von Alexandria. Zahlreiche Juden hatten sich auf freundliche Einladung der Ptolemäer in deren neuen Hauptstadt niedergelassen. Iosephus, Antiquitates Iudaicae 12,1 und 12,3. Basnage, Histoire des Juifs, Buch7, c.7. Während sie in ihrer Mehrheit legal ihre Zeremonien beobachteten und sich ansonsten dem lukrativen Geschäftsleben zuwandten, widmeten einige kühnere Hebräer ihr Leben religiösen und philosophischen Betrachtungen. Zum Ursprung der jüdischen Philosophie s. Eusebios, Praeparatio evangelica 8,9,f. Philo zufolge studierten die Therapeuten Philosophie, und Brucker (Historia Philosophiae Band 2, p.787) hat gezeigt, dass sie der des Plato den Vorzug gaben. Sie nahmen sich mit Eifer des theologischen Systems des athenischen Weisen an und entwickelten es sorgfältig weiter. Aber ihr nationaler Stolz hätte sich an einem Eingeständnis ihrer früheren Unkenntnis geärgert: und dreist reklamierten sie das Gold und die Juwelen, welche sie erst unlängst ihren ägyptischen Lehrmeistern entwunden hatten, als heiliges Erbteil ihrer Vorfahren. Einhundert Jahre vor Christi Geburt wurde eine philosophische Abhandlung mit deutlichen stilistischen und gedanklichen Anleihen bei Platos Schule von alexandrinischen Juden verfasst und allgemein als echtes und schätzbares Fragment der inspirierten Weisheit Salomons aufgefasst. Siehe Calmet, Dissertations sur la Bible, Band 2, p. 277. Das Buch der Weisheit Salomons wurde von vielen Kirchenvätern als Schrift dieses Königs aufgefasst; und obwohl die Protestanten es wegen des Fehlens eines hebräischen Originaltextes zurückwiesen, hat das Konzil zu Trient es zusammen mit der übrigen Vulgata gutgeheißen. Eine vergleichbare Verbindung von mosaischem Glauben mit griechischer Philosophie kennzeichnet auch die Schriften des Philo, welche zum größten Teil unter Augustus verfasst wurden. Der sprichwörtliche Platonismus des Philo wird von Le Clerc (Epistolae Criticae 8. p. 211-228). zweifelsfrei erwiesen. Basnage (Histoire des Juifs, 4,5) hat zuverlässig festgestellt, dass das theologische Schrifttum des Philo vor dem Tode und wohl auch vor der Geburt Christi abgefasst wurde. In dieser Zeit der Dunkelheit sind Philos Kenntnisse erstaunlicher als seine Irrtümer. Bull, Defensio fidei Nicaenae, Sectio 1, c.1, p.12. Die materiell gedachte Weltseele ›Mens agitat molem, et magno se corpore 'miscet'.‹ Der Geist bewegt die Materie und ›vermählt‹ sich dem mächtigen Körper. Neben dieser ›materiellen Seele‹ hat Cudworth (in seinem Intellektuellen System, p. 562) bei Amelios, Porphyrios, Plotin und, wie er glaubt, selbst bei Plato eine höhere, geistige, überkosmische Weltall-Seele zu entdecken gemeint. Aber diese Doppelseele wird von Brucker, Basnage und le Clerc als eine müßige spätplatonische Phantasterei verworfen. mochte wohl der Frömmigkeit der Hebräer anstößig sein: aber die Eigenschaften des LOGOS schrieben sie dem Jehova des Moses und der Patriarchen zu; und der Sohn Gottes stieg auf die Erde unter sichtbarer, ja sogar menschlicher Gestalt, um jene bekannten Dienste zu verrichten, welche mit der Natur und den Eigenschaften der ersten Ursache unvereinbar scheinen. Petavius, Dogmata Theologica, Band 2, p.791; Bull, Defensio Fidei Nicaenae Sectio 1, c. 1, p. 8, 13. Dieser Gedanke wurde vor seinem Missbrauch durch die Arianer oft von der christlichen Theologie aufgegriffen. Bei Tertullian (Adversus Praxeam 16) gibt es eine bemerkenswerte und heikle Stelle. Nachdem er mit unbedachten Albernheiten die Natur Gottes und Jehovas gegenüber gestellt hatte, schließt er: ›Scilicet ut haec de filio Dei non credenda fuisse si non scripta essent; fortasse non credenda de Patre licet scripta.‹ [Natürlich dürfe man so etwas über den Gottessohn nicht glauben, wenn es nicht geschrieben stehe; über den Vater vermutlich auch dann nicht, wenn es geschrieben sei].

 

ST. JOHANNES OFFENBART DEN LOGOS (A.D. 97)

Die Beredsamkeit eines Plato, Salomons Name, das Ansehen der Schule von Alexandria, die Übereinstimmung der jüdischen und griechischen Denker reichten nicht hin, um die Wahrheit einer geheimnisvolle Lehre darzutun, die einem rational veranlagten Gemüt möglicherweise zusagen, gewiss aber nicht genügen konnte. Allein ein Prophet oder ein Apostel, des Gottes voll, kann auf rechtmäßige Weise den Glauben der Menschheit lenken; und leicht und für alle Zeiten hätte man die Theologie Platos mit den Visionen der Akademie, der Stoa und des Lyceums vermengt, wenn nicht die inspirierte Feder des letzten und erhabensten aller Evangelisten, St. Johannes, den Namen und die göttlichen Eigenschaften des Logos genau bestätigt hätte. Die Platoniker bewunderten den Anfang des Johannes-Evangeliums, da er eine präzise Umschreibung ihrer eigenen Prinzipien darstellte. (Augustinus, de Civitate Dei 10,29; Amelios, bei Kyrillos, Adversus libros athei Iuliani 8, p283). Aber im III und IV Jh. konnten die Platoniker von Alexandria ihre Trinitätsvorstellung durch heimliches Studium der christlichen Theologie sicherlich ausbauen. Die christliche Offenbarung, die unter Nervas Regierung ihre Vollendung erhielt, entdeckte der Welt das erstaunliche Geheimnis, dass der LOGOS, der vom Anfang an mit Gott war und der Gott war, welcher alle Dinge geschaffen hatte und für den alle Dinge geschaffen waren, in der Person des Jesus von Nazareth Mensch geworden war, der, von einer Jungfrau geboren, den Tod am Kreuze erlitten hatte. Neben der allgemeinen Absicht, die göttlichen Ehren Christi auf eine immerwährende Grundlage zu stellen, haben die ältesten und ehrwürdigsten Kirchenschriftsteller den Verfassern der Evangelien noch das spezielle Bestreben beigelegt, zwei entgegengesetzte Häresien zum Schweigen zu bringen, welche den Frieden der Urkirche störten. Siehe Beausobre, Histoire Critique du Manicheisme, Band 1, p. 377. Das Evangelium nach Johannes soll etwa siebzig Jahre nach dem Tode Christi veröffentlicht worden sein.

 

DIE EBIONITEN UND DOKETEN

I. Der Glaube der Ebioniten Die Auffassungen der Eboniten werden von Mosheim (p.331) und le Clerc (Historia Ecclesiae, p. 535) übersichtlich auseinander gesetzt. Die Clemensbriefe, die sich bei den apostolischen Vätern finden, sind nach dem Urteil von Fachleuten das Werk eines Ebioniten. und wohl auch der Nazarener Obstinate Polemiker wie etwa Bull (in seinem Iudicium Ecclesiae catholicae, c.2) beharren auf der Rechtgläubigkeit der Nazarener; die aber nach Mosheims Auffassung (De rebus Christianorum, p.330) minder reinlich und abgesichert erscheint. war roh und unvollkommen. Sie verehrten Jesus, der mit übernatürlichen Tugenden und Fähigkeiten begabt war, als den größten der Propheten. In seiner Person und künftigen Herrschaft waren nach ihrer Auffassung alle die Vorhersagen der hebräischen Orakel erfüllt, welche Bezug auf die geistige und ewigwährende Herrschaft des verheißenen Messias hatten. Die kümmerlichen Lebensumstände und das Leiden Jesu waren für die Juden stets ein Stein des Anstoßes. ›Deus ... contrariis coloribus Messiam depinxerat; futurus erat Rex, Judex, Pastor.‹ [Gott hat den Messias in unterschiedlichen Farben ausgemalt; der kommende war König, Richter, Hirte]. Siehe Limborch et Orobio Amica Collatio p. 8, 19, 53-76, 192-234. Aber eben dieser Vorwurf hat die gläubigen Christen vermocht, zu dem geistigen und ewigen Königreich aufzublicken. Einige von ihnen glaubten wohl auch, dass er von einer Jungfrau geboren sei: aber durchaus leugneten sie die vorausgegangene Existenz und göttliche Vollkommenheit des Logos oder Gottessohnes, die doch im Johannesevangelium so deutlich dargetan werden. Etwa fünfzig Jahre später bildeten die Ebioniten, deren Irrtümer von Justinus mit nicht ganz angemessener Milde behandelt wurden, Iustinus Martyr, Dialogus cum Tryphonte, p. 143, 144. Siehe Le Clerc, Historia Ecclesiae, p. 615. Bull und sein Herausgeber Grabe (Iudicium Ecclesiae Catholicae. c. 7, and Appendix), versuchen Sinn oder Meinung des Iustinus zu verdrehen; aber ihr gewaltsamer Texteingriff wird selbst von den Benediktinern in ihren Ausgaben zurückgewiesen. eine verschwindend kleine christliche Sekte.

II. Die Gnostiker, welche man durch das Epitheton Doketen kennzeichnete, verfielen in das andere Extrem und leugneten die menschliche Natur Christi, während sie die göttliche hervorhoben. Auferzogen in der Schule Platos, vertraut mit der erhabenen Idee des Logos, freundeten sie sich auch rasch mit der Vorstellung an, dass die strahlendste Emanation der Gottheit die äußerliche Gestalt und Erscheinung eines Sterblichen annehmen könne; Die Arianer werfen der orthodoxen Partei vor, sie habe ihre Trinitätsvorstellung von den Valentinianern und Marcioniten entlehnt. Siehe Beausobre, Histoire du Manichéisme, Buch 3, c. 5 und 7. aber vergeblich gaben sie vor, dass die Unzulänglichkeiten der irdischen Körper mit der Reinheit einer himmlischen Substanz unvereinbar sei; während am Kalvarienberge noch Christi Blut floss, erdachten die Doceten die gottlose und überspannte Theorie, dass er keineswegs aus dem Schoße einer Jungfrau geboren, ›Non dignum est ex utero credere Deum, et Deum Christum ... non dignum est ut tanta majestas per sordes et squalores mulieris transire credatur.‹ [Es ist nicht würdig zu glauben, Gott sei aus dem Schoße,...und es ist nicht würdig zu glauben, Christus der Gott sei durch den Schmutz und Unflat eines Weibes gekommen]. Die Gnostiker waren von der Unreinheit der Materie und der Ehe überzeugt, und sie nahmen Anstoß an den grobschlächtigen Auslegungen der Kirchenväter und selbst noch des Augustinus. Siehe Beauobre, Band 2, p. 523. sondern am Ufer des Jordan als vollendeter Mensch herabgestiegen sei; dass er sich seinen Feinden und Jüngern trügerisch aufgedrungen habe; und dass die Kriegsknechte des Pilatus ihren ohnmächtigen Zorn an einem Luftgebilde ausgelassen hätten, welches nur scheinbar am Kreuze gestorben und nach drei Tagen von den Toten auferstanden sei. ›Apostolis adhuc in saeculo superstitibus apud Judaeam Christi sanguine recente, et 'phantasma' corpus Domini asserebatur.‹ [Als die Apostel noch auf Erden gegenwärtig waren und Christi Blut noch frisch war, wurde der Leib des Herrn als ›Phantasma‹ angesehen]. Cotelerius (Patres Apostoloci, Band 2, p.24) meint, dass diejenigen, die das Hervortreten der ›Doceten‹ in der Zeit der Apostel nicht zugeben wollen, ebenso gut leugnen könnten, dass am Mittag die Sonne nicht scheine. Diese ›Doketen', die den größtenAnteil unter den Gnostikern ausmachten, wurden so genannt, weil sie Christus einen nur ›scheinbaren‹ Leib zubilligten.

 

DAS STUDIUM DER SCHRIFTEN PLATOS DIE TRINITÄT

Die göttliche Weihe, welche der Apostel dem Grundprinzip der platonischen Theologie erteilt hatte, ermutigte die gelehrten Proselyten des II. und III. Jahrhunderts zum vertieften Studium der Schriften des athenischen Weisen, hatte er doch eine der erstaunlichsten Entdeckungen der christlichen Offenbarung auf wunderbare Weise vorweggenommen. Platos respektgebietender Name wurde von den Rechtgläubigen Einige Belege für den Respekt, den die Christen für die Persönlichkeit und die Lehre Platos hegten, finden sich bei De la Mothe le Vayer, Band 5, p.135ff; Basnage, Histoire des Juifs, Band 4, p.29, und 79ff. ge- und von den Häretikern ›Doleo bona fide Platonem omnium haereticorum condimentarium factum.‹ [Es schmerzt mich, dass Plato guten Glaubens zum Gewürzhöker für alle Häretiker gemacht wurde]. Tertullianus de Anima, c. 23. Petavius (Dogmata Theologica Band 3, proleg. 2) zeigt, dass diese Klage allgemein verbreitet war. Beausobre (Band 1, 3, c.9 und 10) hat die gnostischen Irrlehren auf platonische Lehrmeinungen zurückgeführt; und da in der Schule von Alexandria diese Lehrmeinungen mit orientalischer Philosophie durchmengt wurden (Brucker, Historia philosophiae, Band 1, p. 1356), kann man die Auffassung von Beausobre mit der Mosheims (General History of the Church, Band1, p.37) in Einklang bringen. missbraucht, um Wahrheit und Irrtum in gleicher Weise zu unterstützen: die Autorität seiner gelehrten Kommentatoren und die Methoden der Dialektik wurden aufgeboten, um noch die abgelegensten Konsequenzen seiner Lehre zu rechtfertigen und um dem wohlbedachten Stillschweigen der heiligen Schreiber abzuhelfen.

Die gleichen subtilen und grundlegenden Fragen über die Natur, die Entstehung, die Unterschiede und die Gleichheit der drei göttlichen Personen der geheimnisvollen Triade oder Trinität Falls der Bischof von Antiochia, Theophilos, (Siehe Dupin, Bibliotheque Ecclesiastique, Band 1, p. 66) der erste war, der den Terminus Triade oder Trinität benutzte, dann muss dieser abstrakte Begriff, der den Philosophenschulen bereits geläufig war, nach der Mitte des zweiten Jahrhunderts in die christliche Theologie eingeführt worden sein. wurden in den christlichen und in den Philosophenschulen Alexandrias verhandelt. Bohrende Neugier drängte sie, die Geheimnisse der Tiefe zu erforschen; und der Stolz der Professoren und ihrer Schüler beschied sich mit der Wissenschaft von den Worten. Aber der scharfsinnigste aller christlichen Theologen, der große Athanasius persönlich, bekannte frei heraus, Athanasius, Opera, Band 1, p.808. Seine Ausdrucksweise ist ungewöhnlich derbe; und da er an Mönche schrieb, gab es auch keine Veranlassung für ihn, eine vernunftgeleitete Sprache zu erheucheln. dass, wann immer er seine Verstandesgaben anstrengte, die göttliche Natur des Logos zu reflektieren, die mühseligen und fruchtlosen Bemühungen in sich selbst zusammenfielen; dass er umso weniger begriff, je stärker er nachdachte; und dass er umso weniger imstande war, seine Gedanken angemessen auszudrücken, je mehr er sie zu Papier brachte. An jeder Stelle seiner Untersuchung fühlen wir und gestehen notgedrungen das gigantische Missverhältnis zwischen der Größe des Gegenstandes und den begrenzten Möglichkeiten des menschlichen Verstandes. Wir können uns bemühen, die Begriffe vom Raum, Zeit und Materie zu abstrahieren, die den Erkenntnissen der Erfahrungswissenschaften notwendig anhaften. Sobald wir uns jedoch erkühnen, über die Unendlichkeit der Materie zu vernünfteln oder über spirituelle Zeugung; sobald wir aus einem negativen Begriff zu einer positiven Folgerung gelangen wollen, sind uns Dunkelheit, Verwirrung und unauflösbare Widersprüche gewiss. Da diese Schwierigkeiten aus der Natur des Gegenstandes selbst erwachsen, bieten sie auch dem philosophischen und dem theologischen Disputanten die gleichen unüberwindlichen Probleme; gleichwohl wollen wir hier auf zwei grundlegende Besonderheiten hinweisen, welche die Glaubenssätze der katholischen Kirche von den Auffassungen der platonischen Schule unterschieden.

 

DER GLAUBENSEIFER DER CHRISTEN

I. Einer auserlesenen Gesellschaft von Philosophen, Männern mit liberaler Erziehung und ausgeprägter Neugier mag es gestattet sein, im Garten der Akademie oder der Bibliothek von Alexandria schwer verständliche Fragen der Metaphysik schweigend zu meditieren oder in aller Ruhe zu diskutieren. Der müßige, der arbeitsame und selbst noch der gelehrte Teil der Menschheit In einer Abhandlung, welche die Meinungen der alten Philosophen über die Natur der Götter zu erklären sich anheischig machte, können wir Platos Meinung über die theologische Trinität zu Recht erwarten. Aber Cicero bekennt offen heraus, dass er zwar den Dialog Timaeos übersetzt habe, aber zu keinem Zeitpunkt imstande gewesen sei, diesen geheimnisvollen Dialog zu begreifen. Siehe Hieronymus, Praefatio ad liber XII in Isaiam. Opera, Band 5, p.154. indessen ging über diese hochfliegenden Spekulationen unbeschwert hinweg, da sie weder die Vernunft der Platoniker zu überzeugen noch irgendwelche Wallungen in ihnen hervorzurufen geeignet waren. Nachdem aber der Logos als der heilige Gegenstand des christlichen Glaubens, der Hoffnung und der Anbetung geoffenbart worden war, nahm sich eine zahlreiche und immer größer werdende Menge in allen Provinzen der römischen Welt dieses Geheimnisses an. Wer auf Grund seines Alters, seines Geschlechtes oder seiner Beschäftigung am wenigsten geschickt war, hierzu ein Urteil abzugeben, wer mit der Praxis des abstrakten Denkens am wenigsten vertraut war, der bemühte sich besonders, über die Einrichtung der göttlichen Natur nachzusinnen; und es erfüllt Tertullian Tertullian, Apologeticum 46. Siehe Bayle, Dictionnaire unter dem Eintrag ›Simonide‹. Seine Anmerkungen zu Tertullians Anmaßungen sind tiefsinnig wie unterhaltsam. mit Stolz, dass ein christlicher Handwerker spielend die Fragen beantworten könne, die einen griechischen Weisen überfordert hätten. Doch wo der Gegenstand so weit außerhalb unseres Verständnisses liegt, wird der Unterschied zwischen dem tiefsten und oberflächlichsten menschlichen Verständnis unmessbar klein; vielleicht lässt sich das Ausmaß unserer Ohnmacht bemessen an dem Grade von Verbissenheit und dogmatischer Zuversicht.

Anstelle dass man nun diese Spekulationen als das Spiel einer müßigen Stunde aufgefasst hätte, galten sie als eine überaus wichtige Beschäftigung für das gegenwärtige und eine äußerst nützliche Vorbereitung auf ein zukünftiges Leben. So wurde eine Theologie, an die zu glauben Pflicht und an der zu zweifeln gottlos war und in der fehlzugehen gefährlich oder sogar tödlich werden konnte, zum populären Thema privaten Meditierens oder öffentlicher Erörterung. Die Herzenskälte der Philosophie wurde durch den Geist der Andacht erwärmt; und selbst noch die Metaphern der Umgangssprache deuteten auf die irreführenden Vorurteile unserer Gefühle und Erfahrung hin. Die Christen, denen die groben und unreinlichen Familienverhältnisse der griechischen Mythologie ein Schrecknis waren, Lactantius, Divinae Institutiones 4,8. Die ›Probole‹ oder ›Prolatio', welche die orthodoxen Gottesgelahrten ohne Skrupel von den Valentinianern übernommen hatten, und die sie durch Vergleiche mit einer Quelle, mit einem Fluss, mit der Sonne und ihren Strahlen veranschaulichten, besagten entweder überhaupt nichts oder unterstützten eine materielle Vorstellung der göttlichen Zeugung. Siehe Beausobre, Band 1, 2,7, p. 548. sahen sich gleichwohl versucht, aus der vertrauten Analogie der Vater-Sohn-Beziehung Schlussfolgerungen zu ziehen. Aus der Eigenschaft des Sohnes schien eine dauerhafte Unterordnung unter den willentlichen Verursacher seiner Existenz zu folgen; Zahlreiche frühe Kirchenschriftsteller haben bekannt, dass der Sohn sein Dasein dem Willen des Vaters schulde. Andererseits scheinen Athanasius und sein Anhänger nur ungern einzugestehen, was in Abrede zu stellen sie Bedenken tragen. Diese Schulgelehrten weichen diesen Schwierigkeiten aus, indem sie zwischen einem ›vorausgehenden‹ und einem ›gleichzeitigen‹ Willen unterscheiden. Petavius, Dogmata Theologica, Band 2, p. 587-603. da aber vom Akt der Zeugung – im geistigsten und abstraktesten Sinne verstanden – angenommen werden kann, dass er eine Weitergabe von gemeinsamen Eigenschaften bedeute, Siehe Petavius, Dogmata Theologica, Band 2, p. 159. wagten sie nicht, der Macht und Dauer des Sohnes eines ewigen und allmächtigen Vaters Grenzen zu setzen. Achtzig Jahre nach dem Tode Christi erklärten die Christen Bithyniens vor dem Richterstuhl des Plinius, dass sie ihn als einen Gott verehrten; und göttliche Ehrung wurde ihm zu allen Zeiten und in allen Ländern zuteil von denen, die sich seine Jünger nannten. ›Carmenque Christo quasi Deo dicere secum invicem.‹ [...und Christus als wie ihrem Gott einen Wechselgesang anhuben]. Plinius Epistulae, 10,97. Die Bedeutungen von Deus, Theos, elohim in den antiken Sprachen hat le Clerc (Ars Critica, p. 150-156) kritisch untersucht, und die Angemessenheit der Verehrung eines vortrefflichen Geschöpfes wird von dem Socinianer Emlyn (Tracts, p. 29-35 und 51-145) sehr geschickt verteidigt. Die zärtliche Liebe der Christen für das Andenken ihres Stifters und ihre Abscheu vor der profanen Verehrung irgendeines erschaffenen Wesens hätte sie dazu gebracht, die unwiderrufliche Göttlichkeit des Logos zu bekennen, wenn ihrer raschen Auffahrt zum Himmelsthron nicht unmerklich Einhalt geboten worden wäre durch ihre Besorgnis, die Einheit und alleinige Herrschaft des Großen Vaters Christi und des Universums zu verletzen. Die Spannung und die Unsicherheit, die diese entgegengesetzten Tendenzen in den Gemütern der Christenmenschen hervorriefen, können aus den Schriften der Theologen herausgelesen werden, welche ihre Schaffensperioden nach dem Ende des apostolischen Zeitalters und vor dem arianischen Streit hatten. Auch die orthodoxen und die häretischen Gruppierungen beriefen sich mit gleichem Zuversicht auf sie; und noch die eifrigsten Forscher haben unumwunden zugestanden, dass, wenn jene Autoren denn glücklicherweise im Besitz der katholischen Wahrheit seien, sie ihre Auffassungen in lockeren, unpräzisen und bisweilen sogar widersprüchlichen Ausdrücken von sich gegeben hätten Siehe Daille, de Usu Patrum, and Le Clerc Bibliotheque Universelle, Band 10, p. 409. Den Glauben der anti-nikäischen Kirchenväter zu zerschmettern war das Ziel oder zumindest das Ergebnis von Petavius' beeindruckendem Werk zur Trinität. (Dogmata Theologica, Band 2); auch hat Bischof Bulls gelehrte Erwiderung diesen tiefen Eindruck nicht getilgt..

 

KIRCHLICHE AUTORITÄT BESTIMMT DAS DENKEN

II. Die individuelle Andacht war der erste Punkt, welcher die Christen von den Platonikern unterschied; der zweite war die Autorität der Kirche. Die Adepten der Philosophie reklamierten für sich das Recht auf geistige Freiheit, und ihr Respekt vor den Ansichten ihrer Lehrer war ein Zoll, der als Anerkennung ihrer höheren Geisteskraft gerne und freiwillig entrichtet wurde. Die Christen jedoch waren eine zahlreiche und wohlgeordnete Gruppe; und über die Gemüter der Gläubigen übten Gesetze und Magistrate strenges Regiment. Das freie Schweifen der Gedanken wurde schon bald durch Glaubens- und Sündenbekenntnisse eingeengt; Die ältesten Glaubensbekenntnisse waren noch äußerst weitläufig abgefasst, sodass sie weiten Spielraum zuließen. Siehe Bull (Iudicium Ecclesiae Catholicae), der Episcopios davon abbringen möchte, hieraus einen Vorteil zu ziehen. die Freiheit der persönlichen Urteilsbildung trat vor der Weisheit der Synoden zurück; die Autorität eines Theologen entsprach seinem kirchlichen Rang; und die Nachfolger der Apostel, die Bischöfe, verhängten Kirchenstrafen über die, welche vom rechten Glauben abwichen. Aber in einem Zeitalter religiöser Auseinandersetzungen belebt jede Form der Unterdrückung die schmiegsamen Geisteskräfte aufs Neue, und bisweilen wurden der Eifer oder die Hartnäckigkeit eines geistigen Empörers durch unterschwelligen Ehrgeiz noch zusätzlich befeuert. Ein metaphysischer Streitpunkt gab den Anlass oder den Vorwand für einen politischen Zwist; die Feinheiten der platonischen Schule gaben das Kampfbanner der Faktionen ab, und der Abstand, der ihre jeweiligen Lehrmeinungen trennte, vergrößerte die Heftigkeit des Disputes nur noch. Solange die finstere Ketzerei eines Praxeas oder Sabellius sich anstrengten, den Vater mit dem Sohn zu vermengen, Die Häresien von Praxeas, Sabellius u.a. sind von Mosheim (De rebus Christianorum, p. 425 und 680-714) genau auseinander gelegt worden. Praxeas, der gegen Ende des III. Jahrhunderts nach Rom kam, täuschte eine Weile die Schlichtheit des dortigen Bischofs, wurde aber dann durch Tertullians erzürnte Feder widerlegt. mochte die rechtgläubige Partei entschuldigt sein, wenn sie mit mehr Nachdruck und Ernst die Unterschiede und weniger die Gleichheit der göttlichen Personen betonte. Sobald sich aber die Hitze des Gefechtes abgekühlt hatte und das Umsichgreifen der Sabellianer den Kirchen Roms, Afrikas und Ägyptens nicht länger entsetzlich war, begann der Strom der theologischen Lehrmeinungen unaufhaltsam in die entgegengesetzte Richtung zu fließen; und die strenggläubigsten Gelehrten erlaubten sich Ausdrücke und Begriffsbestimmungen, die – im Munde der Sektierer – zuvor noch verurteilt worden waren. Sokrates bemerkt, dass die Häresie des Arius sich aus seinem starken Verlangen entwickelt habe, eine zu Sabellius möglichst entgegengesetzte Meinung zu vertreten.

 

ARIUS

Als das Toleranzedikt den Christen Frieden und Ruhe beschert hatte, lebte der Streit um die Trinität im alten Zentrum des Platonismus wieder auf, in der gelehrten, üppigen und streitsüchtigen Stadt Alexandria; und rasch wurde die Flamme des religiösen Zwistes von den Gelehrtenschulen an den Klerus weitergereicht, an das Volk, die Provinz, den ganzen Osten. Die schwer verständliche Frage nach der Ewigkeit des Logos wurde auf Kirchenkonferenzen ebenso behandelt wie in volkstümlichen Predigten; und der irrgläubige Standpunkt des Arius Die Person und der Charakter des Arius, das Auftreten und die Zahl seiner ersten Proselyten werden von Epiphanius (Panarion 69,3) in den lebhaftesten Farben gezeichnet; und wir können es nur bedauern, dass er bald darauf den Historiker verleugnete und in dem Streit Partei bezog. ward schon bald durch seinen eigenen und seiner Gegner Kampfeseifer publik gemacht. Selbst seine bittersten Gegner hoben die hohe Bildung und den tadellosen Wandel dieses berühmten Presbyters hervor, der bei einer früheren Wahl seine Anwartschaft auf den Bischofsstuhl Siehe Philostorgios 1,3) und Gothofeds weitreichenden Kommentar. Doch die Glaubwürdigkeit des Philostorgios wird in den Augen der Orthodoxen durch seinen Arianismus gemindert; in denen der Fachgelehrten durch seine Parteinahme, seine Voreingenommenheit und seine Unwissenheit. erklärt hatte und möglicherweise großmütig davon zurückgetreten war.

Sein Gegner Alexander warf sich zum Richter über seine Glaubensmeinung auf. Der wichtige Gegenstand wurde vor ihm verhandelt; und wenn er zunächst noch zu zögern schien, so sprach er schließlich doch ein endgültiges Urteil wie eine unabänderliche Glaubensregel aus. Sozomenos (1,15) stellt Alexander zu Beginn der Kontroverse als gleichgültig und sogar unwissend dar; während Sokrates (1,5) den Ursprung der Kontroverse der sinnlosen Neugierde seiner theologischen Spekulationen zuschreibt. Dr. Jortin (Remarks on Ecclesiastical History, Band 2, p.178) hat mit der ihm eigenen Direktheit Alexanders Auftritt getadelt: (Ü.a.d.Griech.: er hängt dem Zorne an...und befahl zugleich vernünftig zu sein). Der unerschrockene Presbyter, der wider die Autorität seines erzürnten Bischofs zu löcken sich erkühnt hatte, wurde aus der Gemeinschaft der Kirche ausgeschlossen. Aber der Beifall seiner starken Anhängerschaft hob Arius den Mut. So rechnete er unter seine engsten Gefolgsleute zwei Bischöfe Ägyptens, sieben Presbyter, zwölf Diakone und (was wohl am unwahrscheinlichsten klingt) siebenhundert Jungfrauen. Die Bischöfe Asiens unterstützten und förderten offen und mehrheitlich seine Sache; und ihre Maßregeln wurden koordiniert von Eusebius von Caesarea, den gelehrtesten unter den christlichen Prälaten und Eusebius von Nicomedia, welcher die Reputation eines Staatsmannes besaß, ohne dabei die eines Heiligen zu verwirken. Synoden zu Palaestina und Bithynien arbeiteten denen in Ägypten entgegen. Herrscher und Volk wurden auf diesen theologischen Zank aufmerksam; und nach sechs Jahren wurde die letztinstanzliche Entscheidung einem allgemeinen Konzil in Nicaea übertragen. Das Feuer des Arianismus hat wohl einige Jahre im Verborgenen gebrannt; aber es gibt Gründe für die Annahme, dass es im Jahre 319 mit Heftigkeit zum Ausbruch kam. (Tillemont, Mémoires ecclesiastiques, Band 6, p. 774-80).

 

DIE DREI SYSTEME DER DREIFALTIGKEIT

Nun, da die Geheimnisse des christlichen Glaubens in bedenklicher Weise Gegenstand der öffentlichen Erörterung geworden waren, mag darauf hingwiesen sein, dass das menschliche Verständnis in der Lage war, drei verschiedene, wenngleich unvollkommene Systeme über die Natur der göttlichen Trinität zu bilden; und die Meinung ging dahin, dass keines dieser Systeme von Ketzerei und Irrtum völlig und mit Gewissheit frei war. Quid credidit? Certe, 'aut' tria nomina audiens tres Deos esse credidit, et idololatra effectus est; 'aut' in tribus vocabulis trinominem credens Deum, in Sabellii haeresim incurrit; 'aut' edoctus ab Arianis unum esse verum Deum Patrem, filium et Spiritum sanctum credidit creaturas. Aut extra haec quid credere potuerit nescio. [Was hat er denn geglaubt? Sicherlich glaubte er, wenn er drei Namen hörte, dass es drei Götter gebe, und das wäre Götzenverehrung gewesen; oder er glaubte an einen dreinamigen Gott in drei Bezeichnungen, wodurch er in die Häresie des Sabellus geriet; oder, von den Arianern unterrichtet, dass der einzige wahre Gott der Vater sei, hielt er den Sohn und den heiligen Geist für erschaffen. Was er darüber hinaus noch geglaubt haben könnte, weiß ich nicht]. Hieronymos adversus Luciferianos, Band 2, p.184. Hieronymos spart das orthodoxe System, welches schwieriger und komplizierter ist, bis zuletzt auf.

I. Gemäß der ersten Hypothese, die von Arius und seinen Schülern aufgestellt wurde, war der Logos eine abhängige und spontane Hervorbringung, geschaffen von nichts anderem als dem Willen des Vaters. Der Sohn, durch den alle Dinge erschaffen waren, Da sich die Doktrin von der absoluten Schöpfung aus dem Nichts unter den Christen ausbreitete (Beausobre, Band 2, p. 165-215), kam naturgemäß zusammen mit dem Werk auch die Vorstellung vom Werkmeister auf. war erzeugt vor der Welt, und noch die längste astronomische Periode war nur ein flüchtiger Augenblick, gemessen an seiner Dauer; doch unendlich war diese Dauer nicht, Dr. Clarkes Metaphysik (Siehe seine Schrift Trinity, p. 276-80) war imstande, eine ewige Zeugung aus einer unendlichen Ursache zu verkraften. und es hatte eine Zeit gegeben, welche der unaussprechlichen Hervorbringung des Logos vorausgegangen war. Diesem eingeborenen Sohn hatte der allmächtige Vater seinen Geist übertragen und den Abglanz seiner Herrlichkeit aufgedrückt. Sichtbares Abbild einer unsichtbaren Vollkommenheit, sah er in unermesslicher Ferne unter seinen Füßen die Throne der strahlendsten Erzengel: doch er glänzte nur mit gebrochenem Licht, und so, wie die Söhne der römischen Kaiser mit dem Caesaren- oder Augustustitel Dieser frivole und abwegige Vergleich wird von diversen frühen Vätern bemüht, insonders von Athenagoras in seiner Verteidigungsrede vor Kaiser Marcus und dessen Sohn; und er wird sogar von Bull ohne Vorbehalt verwendet. Siehe Defensio fidei Nicaenae, Sectio 3, c.5, 4. ausgestattet wurden, so regierte er die Welt im Gehorsam gegenüber dem Willen seines Vaters und Königs.

 

TRITHEISMUS

II. Nach der zweiten Hypothese über die Trinität besitzt der Logos alle inhärenten und unausprechbaren Vollkommenheiten, welche Religion und Philosophie dem höchsten Gott zuschreiben. Drei verschiedene und gleich ewige Substanzen, drei nach Rang und Ewigkeit gleiche Wesen bildeten die göttliche Essenz; Siehe Cudworth, Intellectual System, p.559 und 579. Diese gefährliche Hypothese fand Unterstützung durch die beiden Gregors, von Nyssa und Nazianz, durch Cyrillos von Alexandria, Johannes von Damaskos, etc. Siehe Cudworth, p. 603. Le Clerc, Bibliotheque Universelle, Band 18, p. 97-105. und es wäre ein Widerspruch in sich gewesen, dass eines von ihnen nicht existiert haben sollte oder dass sie jemals aufhören sollten zu existieren. Augustinus neidet den Philosophen offenkundig ihre Freiheit: ›Liberis verbis loquuntur philosophi ... Nos autem non dicimus duo vel tria principia, duos vel tres Deos.‹ [Die Philosophen sprechen in freier Rede...Wir indessen reden nicht von drei Prinzipien, von zwei oder drei Göttern]. Der Gottesstaat, 10,23-24.. Die Vertreter dieses Systems, welches drei unabhängige Gottheiten einzusetzen schien, bemühten sich, die Einheit der Ersten Ursache zu retten, die doch so ersichtlich im Plan und der Ordnung der Welt zum Ausdruck gelangte, indem sie auf die dauernde Harmonie ihres Handelns und die wesenhafte Übereinstimmung ihres Willens hinwiesen. Einen schwachen Widerschein dieser Einheit des Handelns könne man in menschlichen, ja selbst noch tierischen Gesellschaftsformen entdecken. Ursachen, deren Harmonie zu stören, könnten höchstens aus der Unvollständigkeit und Ungleichheit ihrer Möglichkeiten entstehen: aber die Allmacht, die von unendlicher Weisheit und Güte geleitet ist, kann nicht fehlgehen, zum gleichen Ende die gleichen Mittel zu wählen.

 

SABELLIANISMUS

III. Drei Wesenheiten, welche durch die ursprüngliche und innere Notwendigkeit ihres Daseins alle göttlichen Attribute in größter Vollkommenheit besitzen; welche von ewiger Dauer sind, von unendlicher Ausdehnung und sich selbst und dem ganzen Universum aufs innigste gegenwärtig: diese nun nötigten sich dem erstaunten Gemüt unwiderstehlich als ein und dasselbe Wesen auf, Boethius, der in Platos und Aristoteles' Philosophie bestens zu Hause war, erklärt die Einheit der Dreifaltigkeit mit der ›Indifferenz‹ [Nichtverschiedenheit] der drei Personen. Siehe hierzu die scharfsinnigen Bemerkungen von le Clerc, Bibliotheque Choisie, Band 16. p. 225ff. welches sich in der Ordnung der Gnaden und in der Ordnung der Welt in unterschiedlicher Erscheinungsform manifestieren und wohl auch unter verschiedenen Ansichten betrachtet werden mag. Durch diese Hypothesen verflüchtigt sich die wahre und echte Trinität zu einer Trinität der Namen und der abstrakten Modifikationen, die nur noch in dem Gemüt dessen vorkommt, der sie sich vorstellt. Der Logos ist dann keine Person mehr, sondern eine Eigenschaft; und es kann auch nur im übertragenen Sinne gemeint sein, dass die Bezeichnung des Sohnes der ewigen Vernunft zugesprochen wird, welche von Anfang an bei Gott war und mittelst der, nicht aber von der alle Dinge erschaffen worden sind. Die Inkarnation des Logos wird zu einer reinen Inspiration der Göttlichen Weisheit, die die Seele des Menschen Jesus erfüllte und sein Handeln leitete. Nachdem wir so den theologischen Kreislauf beschlossen haben, finden wir zu unserer Überraschung, dass die Sabellianer dort aufhören, wo die Eboniten angefangen haben; und dass das unbegreifliche Geheimnis, welches unsere Anbetung wachruft, unserer Nachforschungen spottet. Wenn die Sabellianer bei dieser Schlussfolgerung stutzten, so stürzten sie einen weiteren Abgrund hinunter bei dem Glaubenssatz, dass der Vater von einer Jungfrau geboren war und dass er am Kreuze gelitten hatte. Dadurch handelten sie sich den Schmähnamen der Patri-Passianer ein, den ihnen ihre Feinde anhängten. Siehe hierzu die heftigen Invektiven des Tertullian gegen Praxeas und die gemäßigten Bemerkungen des Mosheim, General History of the Church, p. 423 und 684 sowie Beausobre, Manichéisme, Band 1, c. 6, p. 533..

 

DIE WESENSEINHEIT DAS KONZIL ZU NICAIA A.D. 325

Hätte man den Bischöfen auf dem Konzil zu Nicaea Die Verhandlungen des Konzils zu Nicaea sind von den Alten nicht nur einseitig, sondern auch unvollständig beschrieben worden. Ein Gemälde wie das des Fra Paolo ist schlechterdings unersetzlich; aber grobe Skizzen, wie sie ein Pinsel der Andächtelei oder der Vernunft entworfen wurden, kann man de Tillemont (Mémoires ecclesiastiques Band 6, p. 669-759) und le Clerc (Bibliotheque Universelle, Band 10, p. 435-454). gestattet, alleine den Eingebungen ihres Gewissens zu folgen, so hätten Arius und seine Anhänger kaum hoffen dürfen, die Mehrheit für eine Trinitätsvorstellung zu gewinnen, die den beiden volkstümlichsten Auffassungen der katholischen Welt so entgegengesetzt war. Die Arianer wurden sich schon bald der Gefahr bewusst, in der sie schwebten, und klüglich übten sie sich in den beiden ehrsamen Tugenden, welche im Tumult religiöser oder innerstaatlicher Auseinandersetzungen nur selten geübt oder auch nur anempfohlen werden, von der unterlegenen Partei abgesehen: Sie empfahlen christliche Langmut und Demut; betonten, dass vor dem Gegenstand Menschenwitz letztlich abdanken müsse; widerrieten, irgendwelche Ausdrücke oder Definitionen zu gebrauchen, die sich nicht in der Heiligen Schrift fände; und erboten sich, ihren Gegnern durch äußerst weitherziges Entgegenkommen Genugtuung zu leisten, solange sie nur ihre eigenen Prinzipien nicht aufgeben müssten. Die siegreiche Fraktion nahm alle ihre Vorschläge mit höhnischem Missvertrauen auf; und fahndete zugleich besorgt nach einigen unterschiedlichen und unvereinbaren Standpunkten, deren Zurückweisung die Arianer mit der Schuld und den Folgen der Ketzerei beladen hätte.

 

DIE HOMOUSIE

So ward denn ein Brief öffentlich verlesen und in schimpflicher Weise zerrissen, in welchem ihr Oberhaupt Eusebius von Nicomedia sich wohldurchdacht dazu bekannte, dass die Zulassung der HOMOUSIE oder Wesensgleichheit (Konsubstantialität) – ein den Platonikern bereits geläufiges Wort – unvereinbar sei mit den Grundsätzen ihres theologischen Systems. Die Bischöfe, die die Entschließungen der Synode leiteten, griffen begierig nach diesem Himmelsgeschenk; um ein anschauliches Bild des Ambrosius Wir verdanken Ambrosius (De Fide, 3. Buch, letztes Kapitel, 125) die Kenntnis dieser bemerkenswerten Umständey. ›Hoc verbum in tractatu Fidei posuerunt Patres, quod viderunt adversariis esse formidini; ut tanquam evaginato ab ipsis gladio, ipsum nefandae caput haereseos amputarent.‹ [Dieses Wort fügten die Väter der Glaubenserklärung bei, weil es ihre Gegner zu überwältigen geeignet schien: indem sie nämlich das von jenen selbst gezückte Schwert ergreifen konnten, um damit dem verruchten Ungeheuer der gotteslästerlichen Häresie den Kopf abzuschlagen]. zu benutzen, sie benutzten das Schwert, welches die Häresie aus der Scheide gezogen hatte, um dem verhassten Ungeheuer das Haupt abzuschlagen. Die Wesensgleichheit von Vater und Sohn wurde auf dem Konzil zu Nicaea als Glaubenssatz aufgestellt und ist übereinstimmend von der griechischen, römischen, orientalischen und protestantischen Kirche als der Fundamentalsatz des christlichen Glaubens angenommen. Hätte nun dieses eine Wort nicht dazu gedient, die Häretiker zu stigmatisieren und zugleich die Katholiken zu einen, so hätte es auch nicht die Ziele der Mehrheit der Bischöfe befördert, die es in das Glaubensbekenntnis eingeführt hatten. Diese Mehrheit zerfiel nun in zwei Parteiungen, die sich in ihrer Einstellung gegenüber den Überzeugungen der Tritheisten und der Sabellianer unterschieden.

Da nun aber diese äußersten Extreme die Grundlagen entweder der natürlichen oder der Offenbarungsreligion zu sprengen drohten, kam man dahingehend überein, die Unverrückbarkeit ihrer Prinzipien abzumildern und die zwangsläufigen, wiewohl unerwünschten Folgen zu leugnen, auf welchen ihre Gegner dann bestehen könnten. Das Interesse an der gemeinsamen Sache ließ sie zusammenrücken und ihre Gegensätze vergessen; ihre Animositäten kühlten ein wenig ab infolge der heilsamen Wirkung einiger Duldungsapelle, und ihr Gezänk ward ausgesetzt infolge des Gebrauchs der geheimnisvollen Homousie, welche jede Partei nach ihrer jeweils besonderen Auffassung zu deuten sich die Freiheit nahm. Die sabellianische Schule, welche etwa fünfzig Jahre zuvor das Konzil zu Antiochia Siehe Bull, Defensio fidei Nicaenae, Sectio 2, c.1, p. 25-36. Er hält es für seine Pflicht, die Beschlüsse zweier orthodoxer Synoden miteinander zu harmonisieren. zum Verbot dieses berühmten Terminus' genötigt hatte, hatte ihn jenen Theologen lieb gemacht, welche heimlich, aber einseitig mit der nominalen Trinität sympathisierten.

Doch die populären Heiligen aus der Zeit des Arius, etwa der furchtlose Athanasius, der gottesgelehrte Gregor von Nazianz sowie fernere Säulen der Kirche, die mit Umsicht und Erfolg die nicaeische Doktrin verfochten, interpretierten den Substanzbegriff so, als sei er synonym mit dem Naturbegriff; und sie besaßen den Mut, ihre Auffassung durch die Feststellung zu illustrieren, dass drei Menschen, da sie nun einmal zu der gleichen Art gehörten, wesensgleich oder homousisch miteinander seien. Nach Aristoteles waren Sterne einander ›homousisch‹ (wesensgleich). ›Dass homousisch von artgleicher Substanz bedeutet, haben Petavius, Curcellaeus, Cudworth, Le Clerc, etc. gezeigt, und es nochmals zu beweise hieße ›actum agere‹ [Getanes erneut tun]. Ganz zutreffend bemerkt dies Dr. Jortin (Band 2, p. 212), der die Kontroverse um Arius mit Gelehrsamkeit, Unparteilichkeit und Scharfsinn untersucht. Diese reine, strenge Gleichheit wurde nun einerseits aufgehoben durch innere Verbundenheit und geistige Durchdringung, welche die göttlichen Wesen unauflöslich vereint; Siehe Petavius (Dogmata Theologica, Sectio 4, 453ff), Cudworth (p. 559), Bull (sect. iv. p. 285-290). Perichoresis oder circumincessio ist möglicherweise die tiefste und dunkelste Nische des ganzen theologischen Abyssus. und andererseits durch den Vorrang des Vaters, welcher solange anerkannt wurde, wie er sich mit der Unabhängigkeit des Sohnes vertrug. Die dritte Abteilung von Bulls Verteidigung des nicaeischen Bekenntnisses, welche einige seiner Gegner Unfug und andere Ketzerei nennen, ist der Suprematie des Vaters gewidmet. Innerhalb dieser Grenzen durfte die Orthodoxie ungefährdet ihren Ball abhalten. Auf beiden Seiten jedoch und außerhalb dieses geweihten Bodens lauerten Häretiker und Dämonen im Hinterhalt und sahen, welchen unglücklichen Wanderer sie packten und verschlängen. Da nun aber das Ausmaß des theologischen Hasses von dem Geist abhängt, in welchem der Krieg geführt wird und nur wenig von der Bedeutung der Sache an sich, so wurden auch die Ketzer, die die Person des Sohnes herabsetzten, unnachsichtiger verfolgt als die, welche sie ganz abschaffen wollten. Das Leben des Athanasius verzehrte sich in unverwelklicher Abneigung gegen den gottlosen Wahnsinn der Arianer; Die übliche Kennzeichnung, die Athanasios und seine Gefährten den Arianern widmeten, war Ariomaniten. aber mehr als zwanzig Jahre lang verteidigte er den Sabellianismus des Marcellus von Ancyra; und als er schließlich genötigt wurde, sich des Verkehrs mit ihm zu entschlagen, fuhr er doch fort, mit zweideutigem Lächeln der lässlichen Irrtümer seines geschätzten Freundes Erwähnung zu tun. Epiphanios, Panarion 72,4. Vgl. auch die Abenteuer des Marcellus bei Tillemont (Mémoires ecclésiastiques, Band 7, p.881-890). Sein Werk über die Einheit Gottes in einem Buch wurde von Eusebios in drei noch existierenden Büchern beantwortet. Nach langer und sorgfältiger Prüfung hat Petavius (Band 2, p.78) widerstrebend die Verdammung des Marcellus ausgesprochen.

 

DES ARIUS VERHASSTER NAME WIRD MIT FLUCH BELEGT

Die Autorität eines allgemeinen Konzils, der sich auch die Arianer gezwungenermaßen beugten, malte auf das Banner der Rechtgläubigen die geheimnisvollen Buchstaben des Wortes Homousion, welches wesentlich dazu beitrug – einige merkwürdigen Kontroversen und Nachgefechte abgerechnet– die Einheit des Glaubens oder doch wenigstens des Sprachgebrauchs zu bewahren und zu verewigen. Die Konsubstantialisten, welche sich infolge ihres Sieges den Namen Katholiken verdient und behauptet hatten, waren stolz auf die Schlichtheit und Festigkeit ihres eigenen Bekenntnisses, und schalten zugleich das beständige Schwanken ihrer Gegner, denen jedwede gesicherte Glaubensregel abging. Die Aufrichtigkeit oder die Hinterlist der arianischen Erzpriester, ihre Furcht vor dem Gesetz oder dem Volk, ihre Christusverehrung und ihr Hass auf Athanasius, alle irdischen oder himmlischen Ursachen mithin, die die Beratungen einer theologischen Faktion aufzustören geeignet sind, säten unter den Sektierern den Geist der Zwietracht und des Wankelmutes, welcher in wenigen Jahren achtzehn verschieden religiöse Schulen hervorbrachte Athanasios hat in seinem Brief über die Synoden zu Seleucia und Rimini (Band 1, p.886-905) eine lange Liste arianischer Glaubenssätze zusammengestellt, welche der unermüdliche Fleiß des Tillemont (Mémoires ecclésistiques Band 6, p477) noch erweitert und verbessert hat. und so die gekränkte Würde der Kirche ahndete. Der glaubenseifrige Hilarius, Erasmus hat mit bewundernswerter Einfühlung und Freiheit ein zutreffendes Charakterbild von Hilarius entworfen. Die Revision seines Textes, die Beschreibung seines Lebens und die Rechtfertigung seiner Meinungen und seines Verhaltens ist Aufgabe der Herausgeber aus dem Benediktinerorden. welcher infolge seiner besonders heiklen Position eher dazu neigte, die Irrtümer des östlichen Klerus abzuschwächen als zu betonen, erklärt, dass in der Weite der zehn asiatischen Provinzen, in welche er verbannt worden sei, sich nur sehr wenige Prälaten fänden, die noch die Kenntnis des wahren Gottes bewahrt hätten. ›Absque episcopo Eleusio et paucis cum eo, ex maiore parte Asianae decem provinciae, inter quas consisto, vere Deum nesciunt. Atque utinam penitus nescirent ! cum procliviore enim venia ignorarent quam obtrectarent‹. [Vom Bischof Eleusios und einigen aus seiner Umgebung abgesehen kennt der größere Teil der zehn asiatischen Provinzen, in denen ich lebe, den wahren Gott nicht. Dass sie doch nur vollkommen unwissend wären! Sie wären dann eher bereit zur Unwissenheit als zum Widerstand]. Hilarius de Synodis, sive de Fide Orientalium, c. 63, p. 1186. Bei der berühmten Gegenüberstellung von Atheismus und Aberglauben hätte sich der Bischof von Poitiers zu seiner eigenen Überraschung in der theologischen Nachbarschaft von Plutarch und Bayle wiedergefunden. Die Unterdrückung, die er durchlitten hatte, die Zwistigkeiten, deren Beobachter und Opfer er gewesen war, beschwichtigte für ein Weilchen die zornigen Leidenschaften seiner Seele; und in der folgenden Passage, aus der ich ein paar Zeilen übersetzen möchte, verfällt der Bischof von Poitiers unmerklich in den Sprachduktus eines christlichen Philosophen. ›Es ist insgleichen zu beweinen, wie es gefährlich ist,‹ schreibt Hilarius, ›dass es unter den Menschen ebenso viele Glaubensbekenntnisse gibt wie Meinungen, ebenso viele Glaubenssätze wie Vorlieben und ebenso viele Quellen der Blasphemie wie der Laster; denn so machen wir Glaubensbekenntnisse beliebig, und erklären sie für beliebig. Die Homousie ist durch eine Reihe von Synoden verworfen, wieder angenommen und schließlich forterklärt worden. Die teilweise oder vollständige Ähnlichkeit von Vater und Sohn ist in diesen schlimmen Zeiten Gegenstand der Diskussion. Jedes Jahr, nein, jeden Monat ersinnen wir neuerlich Glaubenssätze, die unsichtbaren Mysterien zu beschreiben. Wir bereuen, was wir getan haben, wir verteidigen, welche bereuen und verdammen, welche wir zuvor verteidigten. Wir verfluchen entweder die Lehren der anderen in uns selbst oder unsere eigenen in Lehren anderer; und indem wir uns gegenseitig in Stücke reißen, haben wir uns gegenseitig ins Verderben gestürzt.‹ Hilarius ad Constantium, Opera p.1227, 1228. Die beachtenswerte Stelle erregte Herrn Lockes Aufmerksamkeit (Works, Band 3, p. 470), der sie in dem Entwurf seines neuen Exzerpten-Buches aufnahm.

 

ARIANISCHE SEKTEN

Es wird wohl niemand erwarten und es sich vermutlich noch nicht einmal gefallen lassen, dass ich jetzt diesen theologischen Exkurs durch eine detailfreudige Schilderung der achtzehn verschiedenen Glaubensschulen ausweite, deren Gründer überwiegend den verruchten Namen ihres geistigen Vaters Arius verleugneten. Es ist unterhaltsam genug, Morphologie und Vegetationsperiode einer einzigen Pflanze zu skizzieren; aber die ermüdenden Einzelheiten der Blätter ohne Blüte und der Äste ohne Frucht würde rasch die Geduld auch eines gutwilligen Adepten erschöpfen und seine Wissbegier enttäuschen. Eine Frage im Zusammenhang mit der arianischen Kontroverse soll jedoch festgehalten werden, da sie bei der Entstehung dreier verschiedener Sekten Pate stand, die einzig durch ihre Abneigung gegen die Homousie der nicaeischen Synode geeint waren.

1. Wenn man sie gefragt hätte, ob der Sohn dem Vater gleich (like unto the Father) sei, dann hätten die Häretiker, die der arianischen Häresie oder der Philosophie zuneigten, diese Frage entschieden verneint, da diese einen unendlichen Unterschied zwischen dem Schöpfer und dem vornehmsten seiner Geschöpfe zu begründen schienen. Diese offensichtliche Schlussfolgerung zog Aëtius, Bei Philostorgios (3,15) erscheinen Charakter und Lebensumstände des Aetios von Antiochia noch immer in einem sonderbaren Licht, obwohl sie bereits von Freundeshand geschönt wurden. Der Herausgeber Gothofred (p. 153), der sich seinen Prinzipien stärker verpflichtet fühlte als seinem Autoren, hat die gehässigen Nachrichten zusammengetragen, die seine Gegner aufbewahrt oder ausgedacht hatten, so dass der Glaubenseifer seiner Gegner ihn denn auch den Ekelnamen des Atheisten beilegte. Sein rastloses und ehrgeiziges Gemüt ließ ihn nahezu jedes menschliche Gewerbe ergreifen. So war er nacheinander Sklave oder doch wenigstens Landmann, wandernder Rastelbinder, Goldschmied, Bader, Schulmeister, Theologe und endlich Apostel einer neuen Kirche, für die sein begabter Schüler Eunomius Werbung betrieb. Folgt man dem Urteil eines Manns, welcher beiden Sektierern zugetan war, dann besaß Aëtius ein tieferes Verständnis, Eunomius hingegen mehr Geschick und Kenntnis (Philostorgios 8,18). Das Glaubensbekenntnis und die Apologie des Eunomius (Fabricius, Bibliotheka Graeca, Band 8, p.285-305) ist eine der wenigen Ketzerschriften, die auf uns gekommen sind. Gewappnet mit Zitaten aus heiligem Schrifttum und spitzfindigen Syllogismen aus der Logik des Aristoteles, hatte sich der listenreiche Aëtius den Ruf eines unbesieglichen Streiters aufgebaut, den man unmöglich zum Schweigen bringen und schon gar nicht widerlegen konnte. Solcherart Talent erwarb sich rasch die Freundschaft arianischer Bischöfe, bis sie sich schließlich von diesem heiklen Alliierten loszusagen oder ihn gar zu verfolgen genötigt sahen, hatte er doch durch sein übergenaues Argumentieren ihrer Sache in weiten Kreisen Abbruch getan und ausgerechnet die Frömmigkeit ihrer eifrigsten Anhänger gekränkt.

2. Aus der Allmacht des Schöpfers ergab sich eine annehmbare und ehrbare Lösung der Streitfrage um die Ähnlichkeit von Vater und Sohn; und so mochte der Glaube demütig anerkennen, was der Verstand abzustreiten sich nicht vermessen durfte, dass nämlich der oberste Gott seine unendlichen Vollkommenheit weitergeben und ein Wesen erschaffen konnte, ähnlich nur ihm selbst. Jedoch gibt es nach Auffassung von Estius und Bull eine Kraft, die Kraft zur Schöpfung, die Gott einer Kreatur nicht verleihen kann. Estius, der die Grenzen der Allmacht so exakt bestimmt hat, war von Geburt Holländer und von Gewerbe ein scholastischer Gottesgelehrter. Dupin, Bibliothéque ecclésiastique, Band 17, p.45). Diese Arianer erhielten machtvollen Rückhalt durch das Ansehen und das Talent ihrer Anführer, welche inzwischen die eusebianischen Interessen vertraten und die wichtigsten Bischofsstühle des Ostens besetzt hielten. Mit möglicherweise erheucheltem Ekel wiesen sie die Gottlosigkeiten des Aëtius zurück; sie bekannten sich zu dem Glauben, rückhaltlos oder auch unter Bezug auf die Schriften, dass der Sohn verschieden sei von allen anderen Geschöpfen und nur dem Vater ähnlich. Aber sie bestritten, dass er von gleicher oder ähnlicher Substanz war; zuweilen verkündeten sie stolz ihre andere Auffassung und zuweilen verwarfen sie den Gebrauch des Substanzbegriffes, da er einen angemessenen oder doch zumindest deutlichen Begriff von der Natur der Gottheit andeutete.

3. Diejenige Sekte, die die Doktrin von der ähnlichen Substanz vertrat, war die zahlenstärkste, wenigstens in den asiatischen Provinzen; und als sich die Anführer beider Parteien im Konzil zu Seleukia Sabinus (Sokrates 2,39) hat die Akten kopiert; Athanasius und Hilarius haben die einzelnen Gruppierungen dieser arianischen Synode erläutert, während Baronius und Tillemont die anderen Begleitumstände sorgfältig verzeichnet haben. versammelten, hätte ihrer Meinung eine Mehrheit von einhundertundfünf gegen dreiundvierzig erreicht. Das griechische Wort, welches man damals wählte, die geheimnisvolle Beziehung auszudrücken, hatte so viel Ähnlichkeit mit dem Ausdruck der Rechtgläubigen, dass die Nichteingeweihten aller Zeiten ein Gelächter anschlugen wegen der wütenden Rauferei, den ein einziger Dipthong zwischen den Homousianern und Homöusianern hervorrief. Da es sich nun des Öfteren fügt, dass Klang und Buchstaben, welche sich ähnlich sind, zufällig die stärksten Gegensätze signalisieren, wäre diese Feststellung als solche albern, wenn sich sonst irgendein echter und fassbarer Unterschied zwischen der Doktrin der Semiarianer, wie sie unpassenderweise genannt wurden, und der der Katholiken selbst ausmachen ließe. Der Bischof von Poitiers, der in seinem phrygischen Exil klugerweise auf eine Koalition der Parteien hinarbeitete, unternahm es, durch fromme und glaubensnahe Auslegung ›Fideli et pia intelligentia...‹ In seinen kurzen apologetischen Anmerkungen (zuerst veröffentlicht von den Benediktinern nach einem Manuskript von Chartres) stellt er fest, dass er diesen vorsichtigen Ausdruck benutzt habe, qui intelligerim et impiam [welcher vernünftiger und unfromm]. Opera p.1206. Philostorgios, der diese Gegenstände auf andere Weise sah, scheint den Unterschied des wichtigen Diphthongs zu übersehen. Siehe v.a. 8,17 und Gothofredus, p. 352. zu erweisen, dass sich das Homöusion auch in konsubstantiellem Sinne begreifen ließe. Allerdings räumt er ein, dass dem Worte ein dunkles und argwohnerregendes Element innewohne; und als ob Umdunkelung und theologischer Disput geistesverwandt seien, haben die Semiarianer, die gegen die Pforten der Kirche vorstürmten, ihre Gegner nunmehr mit unerbittlichem Ingrimm bekämpft.

 

DIE WESTLICHE ODER RÖMISCH-KATHOLISCHE KIRCHE

Die Provinzen Ägyptens und Asiens, in welchen Sprache und Kultur der Griechen noch lebendig waren, hatten vom Gifte der arianischen Kontroverse im Überfluss gekostet. Das verbreitete Studium der Philosophie Platos, eine Neigung zu müßiger Streitsucht, eine funkelnde und schmiegsame Sprache: dies alles war dem Klerus und dem Volk des Ostens ein unausschöpflicher Quell für Wortprägungen und Distinktionen; und inmitten ihrer Zänkereien vergaßen sie leicht die Selbstzweifel, die die Philosophie anempfiehlt, und die Demut, die die Religion nahelegt. Die Bewohner des Westens waren da zurückhaltender; ihre Leidenschaften entzündeten sich nicht so bald an dem Unsichtbaren; ihr Verstand schärfte sich seltener im Wortduell, und so ausgeprägt war die paradiesische Arglosigkeit der gallischen Kirche, dass selbst Hilarius nach dem ersten allgemeinen Konzil sich mehr als dreißig Jahren lang Ahnungslosigkeit über das nicaeische Glaubensbekenntnis bewahren konnte. ›Testor Deum coeli atque terrae me cum neutrum audissem, semper tamen utrumque sensisse.... Regeneratus pridem et in episcopatu aliquantisper manens fidem Nicenam nunquam nisi exsulaturus audivi.‹ [Ich rufe den Gott des Himmels und der Erde zum Zeugenan, dass ich von beiden nichts gehört habe, aber dennoch beides immer gefühlt habe...Getauft vor langer und im Bischofsamt seit einiger Zeit, habe ich außer im Exil vom Nicäischen Glaubensbekenntnis nichts gehört]. Hilarius de Synodis, c.91, p. 1205. Die Benedictiner sind überzeugt, dass er die Diözese von Poitiers einige Jahre vor seinem Exil geleitet habe. Die lateinischsprachigen Völker hatten das Licht der Gotteskunde durch das trübe und unzuverlässige Medium der Übersetzung empfangen. Die Dürftigkeit und Schwerfälligkeit ihres einheimischen Idioms lieferte oft genug keine geeigneten Entsprechungen für jene griechischen Begriffe und Fachausdrücke der platonischen Philosophie, Seneca (Epistulae 58) beklagt, dass selbst das to on der Platoniker (das ›ens‹ der furchtlosen Scholastiker) sich nicht durch ein lateinisches Substantiv ausdrücken lasse. die von den Evangelien oder der Kirche geheiligt waren, die Geheimnisse des christlichen Glaubens auszudrücken; und leicht wurden Vokabelfehler für die römische Theologie eine Quelle des Irrtums und der Verwirrung. Der Vorzug, den das vierte Laterankonzil schließlich einer numerischen vor einer Einheit der Gattung gab (Siehe Petavius, Dogmata theologica, Band 2, p.424), wurde durch die lateinische Sprache begünstigt; trias ruft die Vorstellung der Substanz, trinitas die der Qualität wach. Da aber den westlichen Provinzen das gute Glück zuteil wurde, ihre Religion aus rechtgläubiger Quelle zu schöpfen, blieben sie standhaft in der Doktrin, die sie mit so viel Gelehrigkeit angenommen hatten; und als die arianische Pestilenz an ihren Grenzen auftauchte, eilte ihnen die väterliche Fürsorge des römischen Pontifex zur rechten Zeit mit dem Schutzmittel des Homousie zur Hilfe.

 

KONZIL VON RIMINI A.D. 360

Ihre Gesinnung und Neigung legten sie in der berühmten Synode von Rimini an den Tag, welche noch größer als die von Nicaea war, hatten sich doch mehr als vierhundert Bischöfe aus Italien, Afrika, Spanien, Gallien, Britannien und Illyrien eingefunden. Von den ersten Debatten an zeigte sich, dass nur vierzig Prälaten der Partei des Arius anhingen, obgleich gerade sie seinen Namen und sein Gedächtnis zu bannen sich den Anschein gaben. Aber ihre zahlenmäßige Unterlegenheit machten sie wett durch Kenntnisse, Erfahrung und Disziplin; angeführt wurde die Minderheit durch die beiden illyrischen Bischöfe Valens und Ursacus, die ihr Leben mit den Machenschaft von Palästen und Rathäusern zugebracht und unter der Fahne des Eusebius in den Religionskriegen des Ostens ihren letzten Schliff erhalten hatten. Durch ihre Debattierkunst und ihr Verhandlungsgeschick beschämten, verwirrten und täuschten sie endlich die ehrbare Einfalt der römischen Bischöfe; welche erleben mussten, dass der Schild des Glaubens ihren Händen entwunden ward durch Trickerei und beharrliches Drängen und nicht so sehr durch offene Gewaltanwendung. Das Konzil von Rimini durfte nicht auseinander gehen, bis seine Mitglieder unklugerweise ein verfängliches Glaubensbekenntnis unterschrieben hatten, in welchem einige Ausdrücke, denen ein ketzerischer Nebensinn innewohnte, in der Nachbarschaft der Homousie eingefügt waren. Es war, wie Hieronymus sich ausdrückte, bei dieser Gelegenheit, dass die Welt zu ihrer Überraschung sich arianisch fand Ingemuit totus orbis, et Arianum se esse miratus est (Es stöhnte der gesamte Erdenkreis und verwunderte sich, dass er arianisch sei.). Hieronymos, Opera Band 2, p.145.. Aber die Bischöfe des Westens waren noch nicht ganz in ihre jeweiligen Bistümer zurückgekehrt, als sie ihres Irrtums auch schon inne wurden und ihre Schwäche sie reute. Die schmachvolle Unterwerfung ward mit Ekel und Entsetzen widerrufen; und das Banner der Homousie, welches geschwankt hatte, aber nicht untergegangen war, wurde in allen Kirchen des Westens neuerlich aufgepflanzt, fester denn je Die Geschichte des Konzils von Rimini heben Sulpicius Severus (Historia Sacra 2,41) und Hieronymos in seinem Dialog gegen die Luciferianer mit vieler Anmut dargestellt. Die Absicht des letzteren geht dahin, die lateinischen Bischöfe zu verteidigen, welche man betrogen hatte und die nun ihre Handlungsweise bereuten..

 

DER KAISER IN DER ARIANISCHEN KONTOVERSE

Dies also waren die Entstehung und Verlauf, dies war das natürliche Auf und Ab jener theologischen Streitigkeiten, welchen den Frieden der Christenheit unter der Regierung Constantins und seiner Söhne aufstörte. Da sich jene Herrscher aber anmaßten, ihre Herrschaftsbefugnisse auch auf Glaubensfragen auszudehnen, als handele es sich um Leben und Vermögen ihrer Untertanen, gab das Gewicht ihrer Stimme in Kirchenfragen zuweilen den Ausschlag: und also wurden die Gerechtsame des Himmelskönigs im Kabinett eines irdischen Königs festgesetzt, abgeändert oder aufgehoben.

 

CONSTANTINS INDIFFERENZ A.D. 324

Der Geist der Zwietracht, der in so unglücklicher Weise die Provinzen des Ostens durchsetzte, tat Constantins Triumph Abbruch. Der Kaiser fuhr zunächst noch fort, den Streitgegenstand mit Herzenskühle und Gleichmut zu betrachten. Da er noch ahnungslos war, wie schwer ein Streit unter Theologen beizulegen war, schrieb er an die Anführer der rivalisierenden Parteien, Alexander und Arius, jeweils einen Brief beschwichtigenden Inhaltes; Eusebios, Vita Constantini 2, 64-72. Die Grundsätze der Toleranz und religiösen Gleichgültigkeit, die in diesem Brief enthalten sind, waren für Baronius, Tillemont und andere ein großes Ärgernis, welche vermuteten, der Herrscher müsse arge Ratgeber zur Seite gehabt haben, den Teufel etwa oder sogar Eusebios. Siehe Jortin, Remarks, Band 2, p.183. dies wollen wir mit besten Gründen dem arglosen Gemüte des Soldaten und Staatsmannes zuschreiben und nicht den Einflüsterungen eines seiner bischöflichen Ratgeber. Er führt hierin den Ursprung der ganzen Auseinandersetzung auf eine spitzfindige und eigentlich doch nebensächliche Frage zurück, die einen unverständlichen Punkt der Schrift betraf und welche der Bischof törichterweise aufgeworfen und der Presbyter unklugerweise beantwortet hatte. Er führt nun Klage darüber, dass die Christenmenschen mit ihrem einen Gott, mit ihrer einen Religion und ihrem einen Ritus durch solcherlei belanglose Haarspaltereien sich entzweien sollten; ernstlich führt er dem Klerus von Alexandria das Beispiel der griechischen Philosophen vor Augen; welche nämlich ihre Meinung verträten, ohne sich dabei zu erregen; und die auf ihrer Meinungsfreiheit beharrten, ohne ihre Freundschaft zu beschädigen. Die geringschätzige Gleichgültigkeit des Herrschers wäre womöglich das wirksamste Mittel gewesen, den Streit beizulegen, wenn denn die öffentliche Erregung weniger heftig und ungestüm gewesen wäre und Constantin, genau in der Mitte zwischen den Faktionen und ihrem Fanatismus angesiedelt, auch fernerhin kühle Gemütsruhe hätte beobachten können. Aber schon bald brachten seine kirchlichen Berater die Unparteilichkeit des Magistrates ins Schwanken und spornten zugleich den Glaubenseifer des Proselyten.

 

SEIN GLAUBENSEIFER A.D. 325

So wurde er durch mutwillige Beschädigung seiner Statuen provoziert; wurde durch die eingebildete oder tatsächliche Größe des Unheils in Alarmstimmung versetzt; und ließ alle Hoffnung auf Frieden und Toleranz fahren von dem Moment an, als er dreihundert Bischöfe in einem einzigen Palast versammelte. Die Anwesenheit des Herrschers verlieh der Debatte zusätzliche Bedeutung; seine Aufmerksamkeit vervielfachte die vorgetragenen Gründe; und er selbst legte viel Langmut und Unerschrockenheit an den Tag, was aber den Kombattanten nur den Mut hob. Ungeachtet des Beifalles, welcher der Beredsamkeit und Weisheit des Constantin zuteil ward: Eusebios, Vita Constantini 3,13. ein römischer Feldherr, dessen Religion immer noch bezweifelt werden konnte und dessen Denken noch nicht durch Studien oder Eingebung erleuchtet war, war nur wenig berufen, in griechischer Sprache eine metaphysische Frage oder einen Glaubensartikel zu erörtern. Aber das Zeugnis seines Günstlings Osius, welcher offenbar den Vorsitz über das Konzil von Nicaea führte, stimmte den Herrscher für die orthodoxe Partei günstig; und eine hingeworfene Bemerkung zu passender Stunde – dass nämlich derselbe Eusebius von Nikomedia, der jetzt die Häretiker unter seine Fittiche nahm, ehemals dem Tyrannen Theodoret (1,20) hat uns einen Brief von Constantin an das Volk von Nikomedia überliefert, in welchem sich der Herrscher selbst zum öffentlichen Ankläger gegen einen seiner Untertanen ernennt. Er nennt den Eusebios [Ü.a.d.Griech.: Den Miteingeweihten tyrannischer Grausamkeiten) und beklagt das feindselige Verhalten des Eusebius während des Bürgerkrieges. zur Seite gestanden habe – mochte ihn wohl gegen ihre Gegner aufbringen. Das Glaubensbekenntnis von Nicaea wurde jedenfalls von Constantin unterzeichnet; und seine strenge Erklärung, es müssten diejenigen, die wider den göttlichen synodalen Beschluss löckten, sich auf ein postwendendes Exil einstellen, brachte das Murmeln der ohnehin schwächelnden Opposition ganz zum Schweigen; welche von siebzehn protestierenden Bischöfen alsgleich auf zwei zusammenschmolz. Eusebius von Caesarea veröffentlichte eine Zustimmung zur Homousie, Vergleiche hierzu bei Sokrates (1,8) oder besser noch bei Theodoret (1,12) den Originalbrief des Eusebios von Caesarea, in welchem er seine Unterschrift unter die Homousie zu rechtfertigen versucht. Eusebios' Charakter war immer problematisch gewesen; wer aber den zweiten kritischen Brief des Le Clerc gelesen hat (Ars critica, Band 3, p.30-69), muss über die Rechtgläubigkeit und Aufrichtigkeit des Bischofs von Caesarea eine sehr ungünstige Meinung haben. widerwillig und in dunkler Sprache; und das unbestimmbare Verhalten des nikomedischen Eusebius diente lediglich, seinen Fall und sein Exil drei Monate hinaus zu zögern. Athanasius, Band 1, p. 727; Philostorgius, 1,10; und Gothofreds Kommentar, p. 41. Der gottlose Arius selbst ward in eine entlegen Provinz im Illyrischen verbannt; er und seine Jünger wurden von Gesetzes wegen mit dem Schmachnamen der Porphyrianer gebrandmarkt, seine Schriften den Flammen überantwortet: und Leibesstrafe ward denen angedroht, in dessen Händen sie sich etwa finden mochten. Der Herrscher hatte nunmehr den Geist des Haders in sich aufgenommen, und seinen zornig-bissigen Edikten war es vorbehalten, seinen Untertanen den Hass einzuträufeln, den er selbst empfunden hatte bei seinem Kampfe gegen die Widersacher Christi. Sokrates1,9. In seinem Rundschreiben an verschiedene Städte bedient sich Constantin der Waffen des Spottes und Hohns.

 

CONSTANTIN BEGÜNSTIGT DIE ARIANER (A.D. 328-337)

Da nun aber des Kaisers Aufführungen mehr von Leidenschaften als von Staatsklugheit bestimmt gewesen waren, gewahrte er, kaum dass drei Jahre nach dem Konzil zu Nicaea vergangen waren, Anzeichen von Gnade und sogar Nachsicht in sich gegenüber jener verbotenen Sekte, die darüber hinaus noch unter dem heimlichen Schutz seiner Lieblingsschwester stand. Die Verbannung wurde aufgehoben; und Eusebius, der allgemach seinen Einfluss über Constantins Gemüt wieder erlangte, nahm neuerlich den Bischofsstuhl ein, dessen er so schimpflich entsetzt worden war. Arius selbst wurde vom gesamten Hofstaat mit jenem Respekt behandelt, der einem unschuldig verfolgten Manne wohl zugestanden hätte. Die Synode in Jerusalem bestätigte seine Glaubensauffassung; und der Kaiser selbst, ungeduldig, sein Unrecht wieder gut zu machen, ordnete von höchster Stelle an, dass Arius in der Kathedrale von Konstantinopel feierlich am Abendmahl teilnehmen dürfe. An dem Tage aber, an welchem Arius seine Triumph erleben sollte, starb er; und die merkwürdigen und ekelhaften Begleitumstände seines Todes konnten durchaus den Verdacht erwecken, dass die orthodoxen Heiligen sich wirkungsvoller als nur durch ihre Gebete dafür eingesetzt hatten, die Kirche von einem ihrer furchtbarsten Feinde zu befreien. Wir entnehmen die ursprüngliche Fassung der Geschichte dem Athanasius (Band 1, p.670); welcher sich schwer tut, das Gedächtnis des Toten zu besudeln. Vermutlich übertreibt er; aber der beständige Austausch zwischen Alexandria und Konstantinopel hätte es gefährlich gemacht, Begleitumstände hinzu zu erfinden. Diejenigen, die die Erzählung vom Tode des Arius wortwörtlich nehmen (seine Eingeweide platzten plötzlich aus ihm heraus, als er auf einem Abort saß), müssen sich zwischen Gift oder Wunder entscheiden.

Die drei bedeutendsten Häupter des Katholizismus, Athanasius von Alexandria, Eustatius von Antiochia und Paul von Konstantinopel wurden wegen verschiedener Anklagepunkte durch die Entschließungen zahlreicher Kirchenversammlungen abgesetzt und anschließend in diverse entlegene Reichsprovinzen verbannt durch den ersten christlichen Herrscher, welcher in der letzten Stunde seines Lebens das Sakrament der Taufe empfing aus des Hand des arianischen Bischofs von Nikomedia. Die Kirchenpolitik des Constantin kann nicht von dem Vorwurf der Unbeständigkeit und Schwäche freigestellt werden. Aber der naive Monarch, unkundig der Künste theologischer Kriegsführung, ließ sich wohl täuschen von der Glaubensschlichtheit der Häretiker, deren Anliegen er nie richtig begriffen hatte; und während er den Arius schützte und Athanasius verfolgte, ästimierte er das Konzil von Nicaea als Bollwerk des christlichen Glaubens und als ein ganz besonderes Ruhmesblatt seiner Regierung. Den Wechsel von Constantins Gesinnung oder wenigstens seiner Haltung kann man verfolgen bei Eusebios (Vita Constantini 3, 23, 4,41), Socrates (1,23-39), Sozomenos (2,16-34), Theodoret (1,14-34) und Philostorgius (2,1-17).Indessen war der erste dieser Autoren dem Ort des Geschehens zu nahe, die übrigen zu fern. Es ist merkwürdig genug, dass die wichtige Aufgabe der Fortschreibung der Kirchengeschichte zwei Laien und einem Ketzer sollte überlassen bleiben.

 

CONSTANTIUS UND DIE ARIANER A.D. 337-361

Die Söhne Constantins müssen bereits als Kinder den Stand von Katechumenen innegehabt haben, aber bei der Annahme der Taufe ahmten sie das Vorbild ihres Vaters nach. So wie er maßten auch sie sich ein Urteil zu Mysterien an, in die sie niemals ernsthaft eingeführt worden waren: ›Quia etiam tum catechumenus sacramentum fidei merito videretur potuisse nescire.‹ [Weil damals sogar ein Katechumene das Glaubenssakrament mit guten Gründen nicht hat kennen können]. Sulpicius Severus, Historia Sacra, 2,39. und so hing das Schicksal der Trinität entschieden von der Auffassung des Constantius ab, welcher die Provinzen des Ostens geerbt hatte und die Herrschaft über das ganze Reich anstrebte. Der arianische Presbyter oder Bischof, welcher das Testament des verstorbenen Herrschers zu Constantius' Vorteil zurück gehalten hatte, nutzte den glücklichen Umstand, der ihn in die Nähe eines Prinzen verschlagen hatte, und dessen Beschlüsse unter dem Einfluss seiner jeweiligen Favoriten ständig hin- und herschwankten. Die Eunuchen und Sklaven schwängerten den Palast mit geistigem Gift, die üble Ausdünstung wurde durch die weibliche Dienerschaft auf die Leibwache übertragen, und die Kaiserin selbst infizierte ihren arglosen Gatten. Socrates 2, 2; Sozomenos, 3,18; Athanasios, Band 1, p. 813 und 834. Dieser konstatiert, dass die Eunuchen die natürlichen Feinde des ›Sohnes‹ seien. Vergleiche Dr. Jortin, Remarks Band 4, p.3 mit einer gewissen Genealogy im Candid c. 4, welche bei einem der ersten Gefährten des Columbus endet. Die Vorliebe, die Constantius ersichtlich für die Partei des Eusebius hegte, wurde durch die geschickten Kunstgriffe ihrer Anführer allmählich noch vertieft; und sein Sieg über den Tyrannen Magnentius machte ihn geneigter und auch geschickter, die weltliche Gewalt für die Sache des Arianismus einzusetzen.

Während nämlich die beiden Armeen auf der Ebene zu Mursa miteinander fochten und das Schicksal der zwei Feinde vom Verlauf dieser Schlacht abhing, brachte der Sohn Constantins diese ängstlichen Stunde in einer Märtyrerkirche unterhalb der Stadtmauern zu. Sein geistlicher Trostspender, Valens, welcher arianischer Bischof des Bezirkes war, hatte die umsichtigsten Maßregeln getroffen, so früh wie irgend möglich die Nachrichten zu erhalten, welche seine Rettung oder seine Flucht bedeutet hätten. Eine geheime Staffel von schnellen und zuverlässigen Boten informierten ihn von dem wechselnden Schlachtenverlauf; und während die Höflinge noch bebend um ihren beunruhigten Herren standen, versicherte Valens ihm, dass die gallischen Legionen zurückwichen; und mit einiger Geistesgegenwart machte er ihm weis, dass ein Engel ihm diese glorreiche Wende entdeckt habe. Voller Dankbarkeit schrieb der Herrscher seinen Erfolg den Verdiensten und der Fürsprache des Bischofs von Mursa zu, dessen Glauben die sichtliche, wunderbare Billigung durch den Himmel erfahren habe. Siehe Sulpicius Severus, Historia Sacra 2,38. Die Arianer, die den Sieg des Constantius als den ihren feierten, stellten seinen Ruhm noch über den seines Vaters Kyrillos (bei Baronius A.D. 353, Nr. 26) merkt ausdrücklich an, dass unter der Herrschaft des Constantin in der Tiefe der Erde das Kreuz aufgefunden worden, unter Constantius' Regierung aber mitten am Himmel erschienen sei. Dieser Widerspruch erweist, dass Kyrillos das Wunder unbekannt war, welches die Bekehrung des Constantin bewirkte; und diese Unkenntnis ist umso überraschender, da Kyrillos doch schon zwölf Jahre nach dessen Tod durch den direkten Amtsnachfolger des Eusebios von Caesarea zum Bischof von Jerusalem geweiht wurde. Tillemont, Mémoires Ecclésiastiques Bd. 8, p. 715. Cyril, Bischof von Jerusalem, entwarf unverzüglich die Beschreibung eines Himmelskreuzes, umkreist von einem glanzvollen Regenbogen, Es ist schwierig zu entscheiden, wieweit die Erfindungsgabe des Cyril von der natürlichen Erscheinung einer Sonnenhalo befeuert worden sein mag. welches Zeichen während des Pfingstfestes zur dritten Stunde des Tages zur Erbauung der frommen Pilger und des Volkes der Heiligen Stadt über dem Ölberg erschienen war. Diese Lufterscheinung wurde allmählich immer mehr vergrößert; und der arianische Historiker hatte sogar die Stirn zu behaupten, dass es selbst den beiden Armeen in Pannonien erschienen war; und dass der Tyrann, der uns mit Vorbedacht als Götzenanbeter dargestellt wird, vor diesem strahlenden Zeichen des rechtgläubigen Christentums enteilte. Philostorgos 3,26. Der Verfasser der Alexandrinischen Chronik, Kedrenos sowie Nikephoros (vgl Gothofred p.188) folgen dieser Darstellung. Sie konnten dieses Wunder nicht verwerfen, und kam es auch aus der Hand ihres Feindes.

 

ARIANISCHE KONZILE

Die Meinung eines unbefangenen Fremden, der den Verlauf von Bürger- oder Glaubenskrieg unparteiisch beobachtet hat, kann unsere Aufmerksamkeit allemal für sich in Anspruch nehmen: und ein kurzer Abschnitt aus Ammianus, der in der Armee diente und Constantin aus der Nähe kennen lernte, ist möglicherweise von größerem Wert als viele Seiten mit theologischen Schmähreden. ›Den christlichen Glauben, welcher, für sich genommen,‹ so schreibt unser Historiker mit Zurückhaltung, ›einfach und schlicht ist, hat er durch kindischen Aberglauben zu Schanden gemacht. Anstelle die Parteien durch das Gewicht seiner Autorität zusammenzuführen, kultivierte und vertiefte er durch Wortstreit die Gegensätze, die seine müßige Neugier verursacht hatte. Die Fernstraßen waren angefüllt mit bischöflichen Streitern, die von überallher zu den Versammlungen galoppierten, welche sie Synoden nennen; und während sie selbst bestrebt waren, alle anderen Sekten auf ihre Seite zu ziehen, wurden die öffentlichen Rasthäuser durch ihre hastigen und häufigen Fahrten nachgerade ruiniert.‹ Eine derart sonderliche Geschichte verdient eine urschriftliche Wiedergabe: Christianam religionem absolutam et simplicem, anili superstitione confundens; in qua scrutanda perplexius, quam componenda gravius excitaret discidia plurima; quae progressa fusius aluit concertatione verborum, ut catervis antistitum jumentis publicis ultro citroque discurrentibus, per synodos (quas appellant) dum ritum omnem ad suum trahere conantur (Valesius liest hier 'conatur') rei vehiculariae concideret nervos. Ammianus, 21,16. Unsere genaueren Kenntnisse der Kirchengeschichte unter Constantius würden uns einen ausführlichen Kommentar zu dieser bemerkenswerten Passage gestatten; sie rechtfertigt auch die begründete Besorgnis des Athanasius, dass der ruhelose Aktionismus des Klerus, der auf der Suche nach dem wahren Glauben das Reich durchhastete, in der Welt der Ungläubigen nur Verachtung und Gelächter veranlasse. Athanasios, Opera Band 1, p. 870.

Sobald der Herrscher der Mühen des Bürgerkrieges überhoben war, widmete er die Mußestunden der Winterquartiere in Arles, Mailand, Sirmium und Konstantinopel unterhaltsamen oder sauren Wortgefechten; das Schwert der Magistrate und selbst noch des Tyrannen fuhr aus der Scheide, den theologischen Gründen Nachdruck zu verleihen; und als er dem orthodoxen Glaubensbekenntnis von Nicaea entgegen arbeitete, so wird freimütig bekannt, harmonierten seine Ahnungslosigkeit und Unfähigkeit trefflich mit seinem Dünkel. Sokrates 2, 35-47; Sozomenos 4,12-30; Theodoret, 2,18-32; Philostorgios 4, 4-12,1; 5,1-4; 6,1-5. Die Eunuchen, Weiber und Bischöfe, die den eitlen und schwachen Verstand des Herrschers lenkten, hatten ihm eine unüberwindliche Abneigung gegen die Homousie eingeträufelt; aber die Gottlosigkeit des Aëtius weckte sein ängstliches Gewissen. Die Schuld dieses Atheisten wurde noch vermehrt durch die verdächtige Begünstigung, in der er bei dem unglückseligen Gallus stand; und selbst der Tod der kaiserlichen Minister, die in Antiochia ermordet worden waren, stellte man den Eingebungen dieses gefährlichen Sophisten in Rechnung. Constantius' Gemüt, das sich weder durch Vernunftgründe mäßigen noch durch Glaubensgründe beruhigen ließ, wurde durch sein Grauen vor jedem Extrem beständig von einer Seite des gähnenden, schwarzen Abgrundes zur anderen getrieben: abwechselnd ließ er Meinungen gelten und verdammte sie und ebenso verbannte er nacheinander die Häupter der arianischen und semiarianischen Faktionen und begnadigte sie des anderen Tages. Sozomenos 4,23; Athanasios Band 1, p. 831.-Tillemont (Mémoires Ecclésiastiques Band 7, p. 947) hat diverse Beispiele für den hochfahrenden Fanatismus des Constantius aus den verstreuten Schmähschriften des Lucifer von Cacliari zusammen getragen. Allein die Titel dieser Traktate entfachen Kampfeseifer und Entsetzen: ›Moriendum pro Dei Filio.‹ [Sterben für den Gottessohn]. ›De Regibus Apostaticis.‹ [Über abgefallene Könige]. ›De non conveniendo cum Haretico.‹ [Wie man mit Häretikern keinen Umgang hat]. ›De non parcendo in Deum delinquentibus.‹ [Keinen Frieden mit den Verbrechern gegen Gott!]. Während der Arbeits- oder der öffentlichen Festtage brachte er ganze Tage und Nächte damit zu, die Worte zu analysieren und die Silben zu zählen, welche sein je und je aktuelles Glaubensbekenntnis enthielt. Diese Meditationen verfolgten ihn bis in den Schlaf; und als Offenbarungen des Himmels wurden diese unsortierten Träumereien des Königs ausgegeben; mit Wohlgefallen ließ er sich als Bischof der Bischöfe titulieren, und zwar von Klerikern, die über die Befriedigung ihrer Leidenschaften die Interessen ihres Berufsstandes vergaßen.

Den Plan für eine einheitliche Doktrin, für den er so viele Synoden in Gallien, Italien, Illyrien und Asien hatte zusammen treten lassen, machte er wiederholt durch seine eigene Unentschlossenheit und die Katholiken durch ihren Widerstand zunichte; schließlich raffte er sich zu einer letzten und entscheidenden Anstrengung auf und beschloss, die Entscheidungen eines allgemeinen Konzils zu diktieren. Das verheerende Erdbeben von Nikomedia, die Schwierigkeit, einen geeigneten Ort aufzufinden und wohl auch einige geheime politische Gründe verursachten einige Änderungen in den Konzilsausschreibungen. Die Bischöfe des Ostens wurden nach Seleucia in Isaurien beordert, während die des Westens ihre Beratungen zu Rimini an der Adriaküste abhielten; und nicht nur zwei oder drei Delegierte aus jeder Provinz, sondern der ganze Bischofskörper wurden in Marsch gesetzt. Das östliche Konzil ging ohne irgendeine Beschlussfassung auseinander, nachdem es vier Tage bei groben und fruchtlosen Debatten zugebracht hatte. Das Konzil des Westens zog sich sieben Monate hin. Der Prätorianerpräfekt Taurus hatte Weisung, die Prälaten nicht auseinander gehen zu lassen, bevor sie sich nicht einstimmig zu ein und derselben Meinung verstanden hätten; und seine Anstrengungen wurden entschieden belebt durch die Aussicht auf das Konsulat nach bestandenem Abenteuer sowie durch die Befugnis, den fünfzehn der Renitentesten die Verbannung anzudrohen. Sein Flehen und sein Drohen, der Respekt vor dem Herrscher, die Sophistik eines Valens und Ursacius, der quälende Hunger und die Kälte und die herzzerbrechende Trostlosigkeit eines endlosen Exils nötigten endlich den Bischöfen zu Rimini widerwillige Einstimmigkeit ab. Danach machten die Vertreter des Ostens und Westens den Kaiser in seinem Palast zu Konstantinopel ihre Aufwartung, und er nun hatte die Genugtuung, der Welt ein Glaubensbekenntnis vorzulegen, welches die Ähnlichkeit des Gottessohnes festlegte, ohne aber die Wesenseinheit zu erwähnen [A.D. 360]. Sulpicius Severus, Historia sacra 2,41-44. Aber dem Sieg des Arianismus war die Abreise des orthodoxen Klerus vorausgegangen, der sich weder hatte drohen noch kaufen lassen; und die Herrschaft des Constantius selbst wurde noch zusätzlich verdunkelt durch die ungerechtfertigte und wirkungslose Verfolgung des großen Athanasios.

 

PERSÖNLICHKEIT DES ATHANASIOS

Wir haben nur selten die Gelegenheit zu beobachten, was ein einzelner Willen in einem tätigen oder kontemplativen Leben an Wirkungen hervorzurufen und an Hindernissen zu überwinden imstande ist, wenn er sich unabänderlich ein einziges Ziel gesetzt hat. Der unsterbliche Name des Athanasios Es ist schade, dass Gregor von Nazianz eine Jubelrede und keine Lebensbeschreibung über Athanasius abgefasst hat; aber immerhin sind wir imstande und sollten diesen Vorteil auch nutzen, dass wir in dem reichen Fundus seiner Reden und Briefe die zuverlässigste Quelle besitzen (Band 1, p. 670-951). Ich möchte mich hier nicht dem Beispiel des Sokrates (2,1) anschließen, welcher die erste Ausgabe seiner Geschichte veröffentlichte und sich nicht der Mühe unterzog, die Schriften des Athanasios zu Rate zu ziehen. Aber selbst Sokrates sowie der etwas neugierigere Sozomenos und der gelehrte Theodoretos stellen zwischen dem Leben des Athanasios und der Kirchengeschichte einen Zusammenhang her. Die Sorgfalt eines Tillemont und der benediktinischen Herausgeber hat jeden Umstand berücksichtigt und alle Schwierigkeiten überprüft. wird niemals von der katholischen Trintätsdokrin zu trennen sein, deren Verteidigung er jeden Atemzug seines Lebens und seine gesamte geistige Energie gewidmet hatte. Aufgewachsen in der Familie des Alexander, hatte er sich von Anbeginn der arianischen Häresie entgegengestemmt: er versah das wichtige Amt eines Sekretärs unter dem betagten Prälaten; und mit Erstaunen und Anerkennung gewahrten die Väter des nicaeischen Konzils die aufblühenden Talente des jungen Diakons. In Zeiten öffentlicher Gefahr werden die kraftlosen Vorrechte des Alters und der Rangstufe aufgehoben; und binnen fünf Monaten nach seiner Rückkehr von Nicaea war der Diakon Athanasius auf dem Stuhl des Erzbischofs von Ägypten erhoben. Sechsundvierzig Jahre hatte er diese hervorragende Stellung inne, und seine lange Amtszeit war ein dauernder Krieg gegen die Mächte des Arianismus [A.D. 326-373]:

Fünf Mal wurde Athanasios abgesetzt; zwanzig Jahre war er im Exil oder auf der Flucht; und nahezu jede Provinz des römischen Reiches wurde nacheinander Zeuge seiner Verdienste und seiner Kämpfe für die Sache der Homousie, welches er als die einzige Freude und Aufgabe, Pflicht und Krönung seines Lebens ansah. Inmitten der Stürme der Verfolgung ertrug der Erzbischof von Alexandria die Mühen der Arbeit, war wohl auch ruhmbegierig und unbekümmert um seine persönliche Sicherheit; und obwohl sein Gemüt durch das Gift des Fanatismus verdunkelt war, legte Athanasius Charakterstärke und Fähigkeiten an den Tag, die ihn mit weit mehr Recht als etwa die verkommenen Söhne des Constantin für die Regierung einer großen Monarchie empfohlen hätten. Seine Bildung war entschieden weniger fundiert und umfassend als etwa die des Eusebius von Caesarea, und seine holperige Beredsamkeit hielt niemals einen Vergleich mit der geschliffenen Eloquenz eines Gregor oder Basilius aus; aber wann immer der Primas von Ägypten aufgerufen ward, seine Glaubensmeinung oder sein Verhalten zu rechtfertigen, dann war seine improvisierte Art zu reden oder zu schreiben klar, kräftig und überzeugend. In der Schule der Rechtgläubigen stand er stets als Meister der christlichen Theologie in hohem Ansehen; auch ging von ihm das Gerücht, dass er zwei weitere weltliche, für einen Bischof eigentlich unschickliche Wissenschaften betreibe, die Rechtsgelehrsamkeit Sulpicius Severus (Historia Sacra 2, p. 396) nennt ihn einen Juristen und Rechtsberater. Dies lässt sich aber nicht nachweisen, weder aus Athanasios' Biographie noch aus seinen Schriften. und die Kunst der Wahrsagung. ›Dicebatur enim fatidicarum sortium fidem, quaeve augurales portenderent alites scientissime callens aliquoties praeedixisse futura. [Es hieß von ihm, er habe sich trefflich auf die Auslegung von Sprüchen und Vogelflug verstanden und er soll immer mal wieder die Zukunft vorausgesagt haben]. Ammianus, 15,7. Eine Prophetie oder vielmehr ein Scherz wird von Sozomenos (4,10) erzählt, welcher schlagend beweist, dass Athanasios, sofern die Krähen Lateinisch sprächen, die Sprache der Krähen verstehen könne. Ein paar zutreffende Konjekturen auf zukünftige Ereignisse, die ein nüchterner Rationalist wohl eher der Erfahrung und Urteilskraft des Athanasius in Rechnung gestellt hätte, wurden von seinen Freunden himmlischer Eingebung zugeschrieben und von seinen Gegnern als Blendwerk der Hölle verschrien.

 

ATHANASIUS WIRD VERFOLGT

Aber da Athanasius es fortwährend mit Vorurteilen und Leidenschaften der Menschen jeden Standes, vom Mönch bis zum Kaiser zu tun hatte, war die Kenntnis der menschlichen Natur seine vornehmste Wissenschaft. Er bewahrte sich einen klaren und ungebrochenen Blick über eine Szenerie, die sich in jedem Moment änderte; und niemals verfehlte er, jene entscheidenden Augenblicke für sich zu nutzen, die unwiederbringlich vorbei sind, bevor der Normalbürger sie überhaupt erfasst hat. Der Erzbischof von Alexandria wusste genau, wie weit er mit barschen Befehlen gehen konnte und wo er zu kunstvollen Einflüsterungen greifen musste; wie lange er Gewalt anwenden durfte und ab wann er von der Verfolgung ablassen musste; und während er die Blitze der Kirche gegen Ketzerei und Rebellion schleuderte, konnte er im Schoße seiner eigenen Partei die nachgiebige und milde Rolle eines besonnenen Oberhauptes einnehmen. Man hat den Vorwurf erhoben, die Wahl des Athanasius sei überstürzt und irregulär gewesen; Die gesetzeswidrige Weihe des Athanasios wurde auch auf den gegen ihn eingesetzten Kirchenversammlungen mit leiser Betonung erwähnt (Philostorgios 2,11 und Gothofredus, p.71); aber es kann ja wohl kaum angenommen werden, dass eine Versammlung der ägyptischen Bischöfe einen öffentlichen Fehler eingestehen würde. Athanasios Band 1, p. 726. aber sein ehrbares Auftreten besänftigte die Wellen der Erregung bei Klerus und Bürger. Das Volk von Alexandria lechzte darnach, in Waffen ihren beredten und liberalen Hirten zu verteidigen. In Nöten erhielt er zuverlässig Unterstützung oder doch wenigstens Trost aus der gläubigen Zuneigung seiner niederen Kirchenbeamten; und auch die einhundert Bischöfe Ägyptens blieben, im Glauben fest, an der Seite des Athanasius. In bescheidenem Wagen, wie ihn Stolz und Politik nahelegten, kam er häufig in seinen Provinzen auf bischöfliche Visitation, von der Mündung des Nil bis zu den Grenzen Äthiopiens; hatte leutseligen Umgang noch mit den Einfachsten des Volkes, und demutsvoll grüßte er die Heiligen und Einsiedler der Wüste. Siehe die Geschichte der Wüstenväter von Rosweide. Auch Tillemont, Mémoires Ecclésiastiques Band 7, in den Viten des Antonius, des Pachomios u.a. Athanasios selbst, der sich nicht zu schade war, eine Lebensbeschreibung seines Freundes Antonius zu verfassen, hat mit Genauigkeit festgehalten, wie oft der Heilige den Schaden der arianischen Ketzerei beweint und vorhergesagt habe. Athanasios, Band 2, p. 492, 498ff. Und keineswegs nur in Kirchenversammlungen, wenn er unter Männern mit vergleichbarer Erziehung und Bildung war, geschah es, dass Athanasius Proben von Geist ablegte. Auch an Königshöfen trat er respektvoll-ungezwungen auf; und in den verschiedenen Wechselfällen eines freundlichen oder abgünstigen Geschickes besaß er noch stets das Vertrauen seiner Freunde und den Respekt seiner Gegner.

 

VOR DER SYNODE IN TYROS

Schon in seiner Jugend hatte der Primas von Ägypten dem großen Constantin getrotzt, welcher des Öfteren seinen Willen bekundet hatte, Arius wieder in die Gemeinschaft der katholischen Gläubigen aufzunehmen Zunächst nötigte Constantin nur mündlich, und drängte dann schriftlich. Seine Briefe nahmen allmählich einen drohenden Ton an; aber während er noch meinte, die Pforten der Kirche ständen jedermann offen, vermied er denn doch den ominösen Namen Arius. Athanasius hat in der Art eines durchtriebenen Politikers diesen Unterschied hervorgehoben (Opera 1, p.788), wodurch sich ihm einiger Spielraum für Ausflüchte und Hinhalten bot. Der Kaiser verneigte sich vor dieser trotzigen Entschlossenheit und vergab sie wohl auch; und die Faktion, welche Athanasius als ihren bittersten Feind ansah, war genötigt, ihren Hass zu verbergen und heimlich und aus anderer Richtung einen indirekten Angriff vorzubereiten. So streuten sie Gerüchte und Verdächtigungen, stellten den Erzbischof als einen hochfahrenden und herrischen Tyrannen dar, und verwegen ziehen sie ihn der Verletzung des Vertrages, den man zu Nicaea mit den schismatischen Anhängern des Meletius Die Meletianer waren in Ägypten ähnlich wie die Donatisten aus einem Streit mit dem Bischof um die Verfolgung hervorgegangen. Mir fehlt die Muße, diesen obskuren Zank zu verfolgen, der zudem falsch dargestellt wurde infolge der Parteilichkeit des Athanasios und der Ignoranz des Epiphanios. Siehe Mosheim, General History of the Church, Band 1, p.201. geschlossen hatte. Athanasios hatte in der Tat in aller Öffentlichkeit diesen Schmachfrieden missbilligt, und man ließ den Kaiser des Glaubens, er habe seine kirchlichen und zivilen Machtbefugnisse überschritten, als er jenen verhassten Sektierern nachstellte; dass er außerdem in einer ihrer Kirchen zu Mareotis einen heiligen Kelch zerbrochen habe; dass er sechs ihrer Bischöfe habe einsperren oder auspeitschen lassen; und dass Arsenius, ein siebenter Bischof jener Partei, von der grausamen Hand jenes Primas Die Behandlung jener sechs Bischöfe wird bei Sozomenes (2,25) genauer dargestellt; aber Athanasios selbst, so mitteilsam im Zusammenhang mit Arsenius und dem Kelch er auch ist, übergeht diese schwerwiegenden Anschuldigungen mit Stillschweigen. ermordet oder doch wenigstens verstümmelt worden sei.

Diese Anklagen, die ihm direkt an die Ehre und das Leben gingen, wurden von Constantin an seinen Bruder Dalmatius, den Censor, übergeben, welcher in Antiochia residierte; nacheinander wurden die Synoden von Caesarea und Tyrus einberufen; und den Bischöfen wurde aufgegeben, den Fall des Athanasios abzuurteilen, bevor sie sich anschickten, die neue Auferstehungskirche in Jerusalem zu weihen. Der Primas war sich seiner Unschuld durchaus bewusst; aber ebenso war er sich bewusst, dass die gleiche feindselige Gesinnung, welche die Anklage diktiert hatte, auch den Fortgang der Verhandlung und das abschließende Urteil mitgestalten würde. Also lehnte er das Tribunal seiner Gegner ab, missachtete die Vorladungen zu der Synode von Caesarea und beugte sich erst nach langem und kunstvollem Zögern den entschiedenen Anweisungen seines Kaisers, der seine nachgerade kriminelle Verstocktheit zu ahnden androhte, würde sich jener nicht vor dem Konzil von Tyros einfinden. Athanasios, Band 1, p. 788; Sokrates, 1,28; Sozomenos 2,25; Der Kaiser scheint in seinem Einladungsbrief (Eusebios, Vita Constantini 4,42) einige Mitglieder des Klerus ohne Anhörung zu verurteilen, und es war mehr als wahrscheinlich, dass die Synode diese Vorwürfe auf Athanasios bezog.

Bevor Athanasius an der Spitze von fünfzig ägyptischen Prälaten von Alexandria absegelte [A.D. 335], hatte er sich klugbedacht der Allianz der Meletianer versichert; und Arsenius selbst, sein angebliches Opfer und in Wahrheit sein heimlicher Freund, fuhr inoffiziell und unerkannt mit. Die Synode zu Tyrus wurde von Eusebius von Caesarea geleitet, allerdings mit mehr Kampfeseifer und weniger Geschick, als sich von seiner hohen Bildung und Erfahrung erwarten ließ; sein zahlenstarke Faktion wiederholte die Worte Mörder und Tyrann; und zu fernerem Geräusch ermutigte sie die geschickt inszenierte Geduld des Athanasios; dieser nämlich wartete nur auf den entscheidenden Augenblick, in welchem er Arsenius der Versammlung lebend und unversehrt würde präsentieren können. Die Natur der anderen Anklagepunkte erlaubte eine so klare und überzeugende Widerlegung nicht; immerhin aber konnte der Erzbischof darlegen, dass in dem Dorf, in welchem er laut Anklage einen heiligen Kelch sollte zerbrochen haben, weder Kirche noch Altar noch Kelch wirklich vorhanden gewesen seien. Die Arianer, die unter sich die Schuld und die Verurteilung ihres Feindes bereits abgesprochen hatten, versuchten jedoch ihr Unrecht hinter dem Schein einer formalen Rechtstechnik zu verbergen: die Synode beauftragte eine Kommission von sechs Bischöfen, jenen Ort persönlich in Augenschein zu nehmen; und diese Maßnahme, der sich die ägyptischen Bischöfe mit Nachdruck widersetzten, gab neuen Anlass zu Gewalttat und Meineid. Siehe insbesondere die zweite Apologie des Athanasios (Band 1, p. 763-808) und seine Briefe an die Mönche (p. 808-866). Sie sind durch echte Originaldokumente bestätigt, wären indessen noch glaubwürdiger, wenn er darin weniger arglos und seine Feinde weniger albern erscheinen würden. Nach der Rückkehr jener Delegation aus Alexandria sprach die Mehrheit der Versammlung ihr endgültiges Urteil, durch das der Primas von Ägypten abgesetzt und verbannt wurde. Diese Entschließung, deren Sprache übrigens vor Bosheit und Rache überfließt, wurde dem Kaiser und der katholischen Kirche zugestellt; die Bischöfe selbst gaben sich wieder sanft und andächtig, wie es sich für die heilige Pilgerfahrt zum Grabe Christi gehörte. Eusebios, Vita Constantini 4,41-47.

 

VERURTEILT A.D. 336 IN KONSTANTINOPEL

Athanasios indessen tat diesem kirchenamtlichen Unrecht nicht die Ehre an, dass er sich ihm unterworfen hätte oder doch wenigstens bei seiner Verkündung zugegen gewesen wäre. Vielmehr beschloss er, auf kühne und gefahrenvolle Weise herauszufinden, ob der Thron noch zugänglich sei für die Stimme der Wahrheit; und bevor zu Tyrus das Urteil gesprochen war, sprang der furchtlose Primas an Bord eines Schiffes, welches bereit lag, die Segel mit Kurs auf die Kaiserstadt zu setzen. Das Ersuchen nach einer offiziellen Audienz hätte man wohl hintertrieben oder zu vereiteln getrachtet; aber Athanasios landete unbemerkt, wartete den Moment von Constantins Rückkehr aus dem unfernen Landsitz ab und trat seinem zürnenden Herrscher kühn entgegen, als er zu Pferde durch Konstantinopels Hauptstraße ritt. Dieser befremdliche Anblick überraschte und verärgerte ihn denn doch; schon hieß man die Wachen, den lästigen Bittsteller zu entfernen; aber rasch siegte das natürliche Gefühl des Respektes über seinen Ärger; und des Kaisers hochfahrender Sinn ward von Bewunderung erfasst vor dem Mute und der Beredsamkeit eines Bischofs, der an seine Gerechtigkeit appellierte und sein Gewissen wachrüttelte; Athansios, Opera Band 1, p. 804. In einer Kirche, die dem Hl. Athanasios geweiht ist, würde sich ein Bild mit dieser Szene bedeutend besser ausnehmen als die meisten seiner Wunder- und Märtyrerlegenden. mit überparteilicher und sogar freundlicher Aufmerksamkeit lauschte Constantin den Beschwerden des Athanasios; die Teilnehmer der Synode von Tyrus wurden zusammen gerufen, ihr Vorgehen zu rechtfertigen; und die Ränke der eusebianischen Faktion wären wohl zu Nichts zerfallen, wenn diese nicht die Schuld des Primas vergrößert hätte durch die Unterstellung eines unentschuldbaren Vergehens; des Planes nämlich, die Getreideflotte, die die neue Hauptstadt versorgte, in Alexandria aufzuhalten und an die Kette zu legen. Athansios, Opera Band 1, p. 729. Eunapius (Vita Sophistarum p. 36) hat ein befremdendes Beispiel für die Grausamkeit und Naivität des Constantin beigebracht, die er bei vergleichbarer Gelegenheit entwickelte. Der beredte Sopater, ein syrischer Philosoph, besaß seine Freundschaft und rief dadurch die Abgunst des Prätorianerpräfekten Ablavius hervor. Die Getreideflotte war wegen des ausbleibenden Südwindes überfällig; das Volk Konstantinopels murrte; und Sopater wurde enthauptet, weil man ihn beschuldigte, durch Zauberkräfte die Südwinde gebannt zu haben. Die Suidas fügt noch hinzu, dass Constantin durch diese Hinrichtung beweisen wollte, dass er den Aberglauben der Heiden vollständig überwunden habe.

Der Kaiser beruhigte sich damit, dass der Frieden in Ägypten durch die Abwesenheit eines volkstümliche Oberhauptes sichergestellt war; aber er weigerte sich, den verwaisten Stuhl des Erzbischofs neu zu besetzen; und das Urteil, zu dem er sich nach langem Zögern entschloss, war eher ein neiderfülltes Scherbengericht als ein demütigendes Exil. In Galliens entlegener Provinz, wenn auch zu Triers gastlichem Kaiserhof, blieb Athanasios achtundzwanzig Monate. Der Tod des Kaisers änderte die politische Lage; und zu all den Amnestie-Erlassen der jungen Regierung gehört auch die Wiedereinsetzung des Primas infolge einer ehrenvollen Verfügung des jüngeren Constantinus, welcher damit seinem geschätzten Gast andeutete, wie sehr er von dessen Unschuld überzeugt war und seine Verdienste zu würdigen wisse. Auf seiner Rückreise sah er Constantius zweimal, in Viminiacum und in Caesarea in Kappadokien (Athanasios, Opera, Band 1, p.676) Tillemont vermutet, dass Constantin ihn zum Treffen der drei Königsbrüder in Pannonien mitgenommen habe. (Mémoires ecclésiastiques, Band 8, p. 69).

 

BEGNADIGT A.D. 338 UND NEUERLICH EXILIERT A.D. 341

Der Tod jenes Herrschers war Ursache für eine zweite Verfolgung des Athanasius; und schon bald wurde der Herrscher des Ostens, der schwache Constantius, heimlicher Gefolgsmann der Eusebianer. Neunzig Bischöfe jener Sekte oder Faktion versammelten sich zu Antiochia unter dem durchsichtigen Vorwand, die Kathedrale zu weihen. Sie setzten ein mehrdeutiges Glaubensbekenntnis auf, welches mit den blassen Farben des Semi-Arianismus eingefärbt war und verfassten fünfundzwanzig Kanons, welche bei den orthodoxen Griechen noch heute gültig sind. Siehe Beveridge, Pandectae, Band 1, p. 429-452 und Band 2, p. 182, Fußnote; Tillemont, Mémoires ecclésiastiques, Band 6, p. 310-324. Der Heilige Hilarius von Poitiers hat diese Synode zu Antiochia mit zu viel Parteilichkeit und Ehrerbietung erwähnt. Er zählte siebenundneunzig Bischöfe. Man beschloss nicht ganz unbillig, dass ein Bischof, welcher von einer Synode seiner Stellung enthoben worden war, nicht wieder in seine bischöfliches Amt dürfe eingesetzt werden, solange ihn nicht der Spruch einer gleichwertigen Kirchenversammlung begnadigt habe; dieses Gesetz wurde unverzüglich auf den Fall des Athanasius angewandt, und der Rat zu Antiochia sprach seine Absetzung aus, oder besser: bestätigte sie; ein Fremder namens Gregor nahm seinen Sitz ein; und der Präfekt von Ägypten, Philagrios, Dieser für Athanasius so verhasste Beamte wird von Gregor von Nazianz höchlich gelobt (Orationes 21. Opera, Band 1, p.390). ›Saepe premente Deo fert Deus alter opem.‹ [Sucht ein Gott heim, hilft oft ein anderer]. Da ich an das Gute im Menschen glaube, freue ich mich immer, einige günstige Züge in solchen Menschen zu entdecken, die der Parteienhass als Tyrannen und Monster dargestellt hat. erhielt Weisung, dem neuen Primas mit aller zivilen und militärischen Gewalt beizuspringen. Unter dem Eindruck der Verschwörung der asiatischen Prälaten entwich Athanasius aus Alexandria und harrte drei Jahre Die Probleme mit der Chronologie, welche den Aufenthalt des Athanasius in Rom verdunkeln, haben Valesius (Historiae ecclesiasticae, Band 2, 1,1-5, Observationes in calcem) und Tillemont (Mémoires ecclésiastiques, Band 8, p. 674ff) gründlich diskutiert. Ich folge der schlichten Hypothese des Valesius, welcher infolge der Einlassungen des Gregor nur eine einzige Reise annimmt. an der heiligen Schwelle des Vatikans aus, Ich kann es mir nicht versagen, eine wohldurchdachte Bemerkung Anmerkung von Wetstein (Prologomena ad Novum Testamentum, p.19) einzufügen: ›Si tamen Historiam Ecclesiasticam velimus consulere, patebit iam inde a seculo quarto, cum, ortis controversiis, ecclesiae Graeciae doctores in duas partes scinderentur, ingenio, eloquentia, numero, tantum non aequales, eam partem quae vincere cupiebat Romam confugisse, majestatemque pontificis comiter coluisse, eoque pacto oppressis per pontificem et episcopos Latinos adversariis praevaluisse, atque orthodoxiam in conciliis stabilivisse. Eam ob causam Athanasius, non sine comitatu Romam petiit, pluresque annos ibi haesit.‹ [Wenn wir aber die Kirchengeschichte konsultieren wollen, dann ist schon vom IV Jh. an ersichtlich, dass nach Ausbruch der Kontroversen die griechischen Kirchenlehrer in zwei Parteien zerfielen, die nach Geist, Eloquenz und Zahl nahezu gleichwertig waren: diejenige, die die Flucht nach Rom durchsetzen und der Majestät des Pontifex in Ergebenheit verbunden bleiben wollte, um mit Hilfe dieses Bündnisses, des Pontifex und des lateinischen Episkopates ihre Gegner niederzuhalten und ferner die Orthodoxie auf den Konzilien zu unterstützen. Deshalb will dieses Lager Rom auch Athanasius nicht ungeleitet nach Rom bringen lassen und dortselbst für mehrere Jahre festhalten]. ein Flüchtling und Bittflehender.

Durch intensives Studium der lateinischen Sprache setzte er sich schon bald in die Lage, mit dem Klerus des Westens zu verhandeln; mit seiner bescheiden-schmeichelhaften Art wusste er den eitlen Julius zu steuern: der römische Pontifex hielt sich überzeugt, dass der Fall des Athanasios ein Fall für den Apostolischen Sitz sei; und so wurde denn seine Unschuld von fünfzig italienischen Bischöfen einstimmig auf einem Konzil verkündet. Am Ende der drei Jahre wurde der Primas nach Mailand an den kaiserlichen Hof vor Kaiser Constans zitiert, welcher trotz seines Hanges zu verbotenen Vergnügungen immer noch eine lebhafte Neigung für den orthodoxen Glauben bezeigte. Die Sache der Wahrheit und Gerechtigkeit wurde durch die Wirkmächtigkeit des Goldes befördert, Philostorgos 3,12. Wenn irgendeine Form der Bestechung geübt wurde, die Interessen der Religion voran zu treiben, dann möchte ein Verteidiger des Athanasios wohl, um dieses fragwürdige Vorgehen zu entschuldigen oder zu verteidigen, das Beispiel des Cato oder des Sidney bemühen; des Ersteren, von dem behauptet wird, dass er Bestechungsgelder im Interesse der Freiheit gegeben, und des Letzteren, dass er sie genommen habe. und die Minister des Constans rieten ihrem Herrscher, eine Kirchenversammlung zu veranlassen, welche die katholische Kirche repräsentieren sollte [A.D. 346]. Vierundneunzig Bischöfe des Westens und sechsundsiebzig des Ostens trafen sich in Sardica an der Grenze beider Reiche, allerdings auf dem Gebiete von Athanasius' kaiserlichem Freunde. Ihre Debatten verkamen schon bald zu feindlichem Gezänke; die um ihre persönliche Sicherheit besorgten asiatischen Bischöfe zogen sich nach Philipolis in Thrakien zurück; und die rivalisierenden Synoden schleuderten nun geistliche Bannstrahlen wider ihre Gegner, welche sie mit frommer Wut als die Feinde des wahren Gottes verdammten. Ihre Entschließungen wurden in ihren jeweiligen Kirchenprovinzen ratifiziert und veröffentlicht; und Athanasios, Der Kanon, der die Anrufung des römischen Pontifex erlaubt, hat die Versammlung von Sardica fast in den Rang eines allgemeinen Konzils erhoben; und die Konzilsakten wurden aus Dummheit -oder mit kluger Berechnung- mit den nikäischen vermengt. Siehe Tillemont, Mémoires ecclésiastiques, Band 8, p. 689 und Geddes, Tracts, Band 2, p. 419-460., der im Westen fast den Rang eines Heiligen innehatte, ward, ein Schrecknis des Ostens, dort als Verbrecher entdeckt. Das Konzil zu Sardica enthüllt somit die ersten Anzeichen der Zwietracht und der Glaubensspaltung zwischen der griechischen und römischen Kirche, welche sich infolge einiger zufälliger Unterschiede in Einzelfragen sowie der dauerhaften Unterschiede der Sprache voneinander entfernten.

 

DER TOD SEINES BESCHÜTZERS

Während des zweiten Exils im Westen hatte Athanasios häufigen Zugang zu der kaiserlichen Gegenwart in Capua, Lodi, Mailand, Verona, Padua, Aquileia und Trier. Der jeweilige Diezösanbischof war bei den Unterredungen zugegen; der magister officium stand vor dem Vorhang des heiligen Audienzzimmers; und die gleichbleibende Bescheidenheit des Primas mochte bezeugt werden durch diese honorigen Zeugen, auf deren Bekundungen er sich nachdrücklich beruft. Da Athanasios geheime Beschuldigungen gegen Constantius in Umlauf brachte (vgl. den Brief der Mönche) und zu gleicher Zeit ihm tiefen Respekt bekundete, dürfen wir den Versicherungen des Erzbischofs misstrauen. Band 1, p. 677. Klugheit mochte ihm dann den sanften und respektvollen Ton anempfehlen, der einen Untertanen und auch einen Bischof kleidet. In diesen vertraulichen Unterredungen mit dem Herrscher des Westens hat Athanasius dann wohl auch die Glaubensirrtümer des Constantius beklagt; und kühn behauptete er die Schuld von dessen Eunuchen und arianischen Prälaten; beweinte die üble Lage und Not der katholischen Kirche; und ermunterte Constans, mit seinem Vater an Ruhm und Glaubenskraft zu wetteifern. Der Kaiser kündete von seiner Bereitschaft, Truppen und Gold für die Sache des rechten Glaubens zu mobilisieren; und ließ seinen Bruder Constantius in einem knappgefassten und ziemlich deutlichen Brief wissen, dass er selbst mit See- und Heeresmacht den Erzbischof auf dem Bischofsstuhl Alexandrias einsetzen werde, wenn er nicht von sich aus der unverzüglichen Wiedereinsetzung des Athanasios beistimme. Ungeachtet des vornehmen Schweigens von Athanasios und der eindeutigen Fälschung eines von Sokrates eingeschobenen Briefes werden diese Drohgebärden durch das unbestrittene Zeugnis des Lucifer von Cagliari und sogar des Constantius hinlänglich belegt. Tillemont, Mémoires ecclésiastiques, Band 8 p. 693.

Aber dieser Religionskrieg, der der Natur so fürchterlich ist, wurde vermieden, indem Constantius noch rechtzeitig nachgab; und der Herrscher des Ostens bequemte sich sogar zu einer Versöhnung mit einem Untertanen, welchem er Unrecht getan. Athanasius spielte noch eine Zeitlang den Spröden, bis er drei Briefe erhalten hatte, voll mit den bestimmtesten Versicherungen der Gunst, Sicherheit und Wertschätzung seines Herrschers, der ihn darüber hinaus einlud, seinen Bischofssitz erneut zu besetzen und der schließlich die demütigende Vorkehrung traf, auch noch seine wichtigsten Minister die Lauterkeit seiner Gesinnung bekräftigen zu lassen. Sie offenbarte sich in einer mehr auf die Wirksamkeit in der Öffentlichkeit berechneten Maßnahme, als für ganz Ägypten strenge Weisung erging, die Anhänger des Athanasius zurück zu rufen, ihre Vorrechte wieder herzustellen, ihre Unschuld öffentlich bekannt zu machen und aus den öffentlichen Archiven die Akten aller ungesetzmäßigen Gerichtsverfahren zu entfernen, welche während der Vorherrschaft der eusebianischen Faktion stattgefunden hatten. Nachdem nun jede Form von Genugtuung und Sicherheit gewährt worden war, die das Rechts- oder auch nur das Feingefühl reklamieren konnte, zog der Primas in langsamen Tagesmärschen durch die Provinzen Thrakiens, Asiens, Syriens; und die Streckenführung seiner Reise wurde markiert durch die elende Unterwürfigkeit der orientalischen Bischöfe, die nur seine Verachtung hervorriefen, ohne zugleich seinen Scharfsinn zu trüben. Ich habe immer einige Zweifel gehegt, was den Widerruf des Ursacius und Valens betraf. (Athanasios, Opera, Band 1, p.776). Ihre Briefe an den römischen Bischof Iulius und an Athanasios selbst unterscheiden sich so sehr voneinander, dass sie unmöglich beide echt sein können. Der eine spricht die Sprache von Verbrechern, welche ihre Schuld und Schande eingestehen; der andere die von Gegnern, welche als Gleichberechtigte eine ehrenhafte Aussöhnung anstreben. In Antiochia traf er den Kaiser Constantius; ertrug unterwürfig-standhaft seine Umarmungen und Beteuerungen und hintertrieb mit List den Vorschlag, den Arianern den Bau einer einzigen Kirche in Alexandria zu erlauben, indem er für seine eigene Partei die gleiche Erlaubnis für andere Städte des Reiches beanspruchte; welche Erwiderung im Munde eines unabhängigen Herrschers den Anschein von Billigkeit und Gerechtigkeit angenommen hätte. Der Einzug des Erzbischofs in seine Hauptstadt geriet zu einem Triumphzug; seine Abwesenheit und seine Verfolgung hatten ihn den Bewohnern Alexandrias lieb gemacht; seine Amtsgewalt, die er mit Strenge handhabte, ward wiederhergestellt, fester denn je; und sein Ruhm breitete sich aus von Äthiopien bis nach Britannien, über die ganze christliche Ökumene. Die näheren Begleitumstände dieser zweiten Rückkehr sind bei Athanasios selbst einzusehen, Opera, Band 1, p. 769, 822 und 843; Sokrates 2,18; Sozomenos 3,19; Theodoretos 2,11f; Philostorgios 3,12.

 

DIE RACHE DES CONSTANTIUS A.D. 351

Aber ein Untertan, welcher seinen Herrscher zur Heuchelei genötigt hat, kann von ihm keine aufrichtige und dauerhafte Vergebung erwarten; und das tragische Schicksal des Constans nahm dem Athanasius schon bald seinen einflussreichen und hochherzigen Beschützer. Der Bürgerkrieg zwischen dem Mörder des Constans und seinem einzigen überlebenden Bruder, der das Imperium über drei Jahre in Atem hielt, sicherte der katholischen Kirche vorübergehend Ruhe; und die feindlichen Parteien strebten beide nach der Freundschaft eines Bischofs, welcher allein durch sein persönliches Ansehen die schwankenden Beschlüsse einer wichtigen Provinz hätte beeinflussen können. So erteilte er den Gesandtschaften des Tyrannen Audienzen, mit denen heimlich korrespondiert zu haben er hernach beschuldigt wurde; Athanasius verteidigt seine Unschuld durch beleidigtes Pathos, ernsthafte Versicherungen und plumpe Ausflüchte. Er gibt zu, dass in seinem Namen Briefe gefälscht worden seien, aber er verlangt, dass seine und des Tyrannen Sekretäre befragt werden sollten, ob jene Briefe von ersteren geschrieben und von letzteren erhalten worden seien. und der Kaiser Constantius versicherte zu wiederholten Malen seinem liebsten Vater, dem zutiefst verehrtem Athanasios, dass ungeachtet der bösartigen Gerüchte, die ihr gemeinsamer Feind streue, er von seinem dahingeschiedenen Bruder die Gesinnung genauso wie den Thron geerbt habe. Athanasios, Opera Band 1, p. 825-844. Herzenstakt und menschliches Rühren hätten nun den Primas von Ägypten bestimmen sollen, den unzeitgemäßen Tod des Constans zu beweinen und das Verbrechen des Magnentius zu verfluchen; aber sobald ihm klar wurde, dass die Furcht des Constantius vor Magnentius die einzige Gewähr für seine eigene Sicherheit waren, dürfte sich die Glut seiner Gebete um den Sieg der gerechten Sache einigermaßen abgekühlt haben. Das Verhängnis des Athanasios wurde nicht länger nur durch die Bösartigkeit von ein paar bigotten oder rachesüchtigen Bischöfen ausgebrütet, die die Macht eines einfältigen Monarchen missbrauchten. Der Herrscher selbst fasste den Entschluss, die erlittene private Kränkung zu rächen, Athanasios, Opera Band 1, p. 861; Theodoretos 2,16. Der Kaiser erklärte, dass er mehr danach dürste, Athanasios zu dämpfen als Magnentius oder Sylvanus zu vernichten. was er sich bis dahin versagen musste; und den ersten Winter nach seinem Sieg, den er übrigens in Arles zubrachte, nutzte er gegen einen Feind, der ihm noch furchtbarer war als vordem der zermalmte Tyrann Galliens.

 

DIE KONZILIEN ZU ARLES UND MAILAND A.D. 353 – 355

Wenn der Kaiser den Tod des bedeutendsten und vortrefflichsten Bürgers der Republik mutwillig beschlossen hätte, dann wäre dieser grausame Befehl ohne Zögern durch die Diener der Gewalt oder durch einen Justizmord erfüllt worden. Die Vorsicht, das Zögern und die Bedenken, mit der er vorging, den populären Bischof zu verurteilen und zu strafen, entdeckten der Welt, dass die Macht der Kirche in der römischen Regierung das Gefühl für Ordnung und Freiheit wieder belebt hatte. Das Urteil, welches in der Synode zu Tyrus ausgesprochen und von der großen Mehrheit der östlichen Bischöfe unterzeichnet wurde, ist niemals ausdrücklich widerrufen worden; und da Athanasius nun einmal seiner Bischofswürde entsetzt war durch seiner Brüder Befinden, durfte man alle nachfolgende Tätigkeit als illegal, ja sogar kriminell ansehen. Aber die Erinnerung an die feste und wirkungsstarke Unterstützung, die dem Primas Ägyptens infolge der Anhänglichkeit der westlichen Kirche zuteil geworden war, machte, dass Constantius die Exekution des Urteils so lange aussetzte, bis er der Zustimmung der lateinischen Bischöfe sicher war. Zwei Jahre wurden verwandt auf Verhandlungen mit der Kirche; und der bedeutende Konflikt, der sich zwischen dem Herrscher und einem seiner Untertanen abspielte, wurde mit allem Ernst zunächst auf der Synode von Arles und danach auf dem großen Konzil von Mailand debattiert, Die Berichte der griechischen Autoren über den Verlauf des Mailänder Konzils sind derart unvollständig und widersprüchlich, dass wir froh sein müssen, als Ersatz einige Briefe des Eusebios zu besitzen, welche Baronius im Archiv der Kirche von Vercellae excerpert hat, und eine alte Lebensbeschreibung des Dionysios von Mailand, die Bollandus herausgegeben hat. Baronius, A.D. 355 und Tillemont, Mémoires ecclésiastiques, Band 7, p. 1415. zu welchem sich mehr als dreihundert Bischöfe eingefunden hatten. Ihre Redlichkeit kam im Laufe der Zeit in leises Schwanken durch die Beweisgründe der Arianer, die Ränke der Eunuchen und die drängenden Einflussnahmen eines Herrschers, welcher seinem Rachedurst nachkam auf Kosten seiner Würde und der seine Leidenschaften offenbarte, indem er die des Klerus beeinflusste. Bestechung, das zuverlässigste Anzeichen für konstitutionelle Freiheit, wurde mit gutem Erfolg geübt: Auszeichnungen, Geschenke und Steuerfreiheit wurden angeboten und als Preis für die Stimme eines Bischofs genommen; Die Ehrungen, Geschenke, Festessen, die so viele Bischöfe verführt hatten, werden mit Empörung von denen erwähnt, welche ihrerseits zu treuherzig oder zu stolz waren, sie anzunehmen. ›Wir kämpfen (sagt Hilarius von Poitiers) gegen Constantius den Antichristen,…qui non dorsa caedit, sed ventrem palpat [welcher sich den Bauch tätschelt, aber nicht den Rücken geißelt]. Hilarius contra Constantium c. 5, p. 1240. und die Verurteilung des Primas von Alexandria wurde geschickt präsentiert als das einzige Mittel, den Frieden und die Einheit der katholischen Kirche zu erneuern.

Die Weggefährten des Athanasius wurden ihrem Anführer und ihrer Sache jedoch nicht untreu. Mit männlichem Mute, der sich infolge ihrer Gottesfurcht nicht weniger gefährlich anließ, vertraten sie in öffentlicher Diskussion und in nichtöffentlichen Gesprächen mit dem Kaiser die ewigen Verpflichtungen für Religion und Gerechtigkeit. Sie erklärten, dass weder die Hoffnung auf seine Gnadensonne noch die Furcht vor seinem Zorn sie bestimmen könnten, der Verurteilung eines abwesenden, eines unschuldigen, eines honorigen Bruders zuzustimmen. Einiges von diesem Widerstand erwähnt auch Ammianus (15,7), der indessen von Kirchengeschichte nur sehr unklare und oberflächliche Kenntnise besaß: ›Liberius ... perseveranter renitebatur, nec visum hominem, nec auditum damnare, nefas ultimum saepe exclamans; aperte scilicet recalcitrans Imperatoris arbitrio. Id enim ille Athanasio semper infestus,‹ etc. [Liberius weigerte sich indessen hartnäckig und rief mehrmals aus, einen Menschen zu verurteilen, den man vorher nicht angehört oder gesehen habe, sei allergrößtes Unrecht; dem Urteil des Kaiser widersetzte er sich damit ganz offen, denn dieser war seit jeher dem Athanasios abgeneigt...] Nicht ohne Grund wiesen sie darauf hin, dass die ungesetzlichen und veralteten Beschlüsse der Versammlung von Tyros schon längst stillschweigend beerdigt seien durch kaiserliche Erlasse, durch die ehrenhafte Wiedereinsetzung des Erzbischofs von Alexandria und durch das Verstummen oder den Widerruf namentlich seiner geräuschvollsten Gegner. Sie berichteten weiter, dass durch einstimmigen Beschluss der Bischöfe Ägyptens seine Unschuld festgestellt sei und ebenso durch überparteiliches Befinden der römischen Kirche auf den Synoden von Rom und Sardica. Noch deutlicher durch die orthodoxe Partei auf der Versammlung von Sardica. Hätten die Bischöfe beider Fraktionen ordnungsgemäß abgestimmt, hätte man ein Verhältnis von 94 zu 76 erhalten. Herr Tillemont (Mémoires ecclésiastiques, Band 8, p. 1147-58) ist zu Recht überrascht, dass eine so knappe Mehrheit so heftig gegen ihre Gegner sollte vorgegangen sein, deren Anführer sie sofort absetzten. Auch beklagten sie das bittere Los des Athanasios, welcher sich neuerlich mit den bodenlosesten und verrücktesten Anklagen auseinander setzen musste, nachdem er so viel Jahre sich seines Amtes, seines Ansehens und des vordergründigen Vertrauens seines Kaisers erfreuen durfte. Ihre Argumentation war bestechend, ihr Auftritt respektabel: aber bei diesem langen und zähen Ringen, bei dem die Augen der Welt auf einen einzigen Bischof gerichtet waren, zeigte sich die geistlichen Seiten vorbereitet, die Wahrheit und die Gerechtigkeit zu opfern im Interesse der Verteidigung –oder der Absetzung– des furchtlosen Helden des nikäischen Glaubensbekenntnisses. Die Arianer nannten es weiterhin klug, durch zweideutige Rede ihre eigentlichen Empfindungen und Entwürfe zu verhehlen: aber die orthodoxen Bischöfe, getragen von der Gunst des Volkes und den Beschlüssen eines allgemeinen Konzils, bestanden bei jeder Gelegenheit und ganz besonders zu Mailand darauf, dass ihre Gegner sich erst einmal selbst vom Verdacht der Häresie reinigen möchten, bevor sie sich erkühnten, die Aufführungen des großen Athanasios auch nur zu bekritteln. Sulpicius Severus, Historia sacra 2,39.

 

VERURTEILUNG DES ATHANASIOS A.D. 355

Aber die Stimme der Vernunft (wenn denn die Vernunft auf Seiten des Athanasios war) wurde zum Schweigen gebracht durch das Randalieren einer händelsüchtigen oder käuflichen Mehrheit; und nicht eher gingen die Versammlungen zu Arles und Mailand auseinander, bevor nicht Alexandrias Erzbischof feierlich verurteilt und abgesetzt ward durch den Urteilsspruch der westlichen wie der östlichen Kirche. Die oppositionellen Bischöfe zwang man zur Unterschrift unter den Erlass; und man zwang sie auch, erneut religiöse Gemeinschaft mit den verrufenen Anführern der Gegenpartei aufzunehmen. Boten des Reiches überbrachten den abwesenden Bischöfen eine persönliche Zustimmungserklärung: und wer sich immer noch weigerte, seine private Meinung der öffentlichen und inspirierten Weisheit der Konzilien von Mailand und Arles zu unterwerfen, wurde unverzüglich durch den Kaiser in Bann getan, welcher schließlich nur die Beschlüsse der katholischen Kirche exekutierte. Unter den Prälaten, die die ehrbare Schar der Bekenner und Verbannten anführten, verdienen besonders hervorgehoben zu werden Liberius von Rom, Osius von Cordoba, Paulinus von Trier, Dionysius von Mailand, Eusebius von Vercellae und Hilarius von Poitiers. Die überragende Stellung des Liberius, der die alte Hauptstadt des Imperiums regierte, die persönlichen Verdienste und langen Erfahrungen des verehrungswürdigen Osius, der als Favorit des großen Constantin und Vater des nikäischen Glaubensbekenntnisses sich eines besonderen Ansehens erfreute: dies stellte die beiden Prälaten an die Spitze der römischen Kirche; und die Masse des Klerus würde ihrem Beispiel, sei es nun Unterwerfung oder Widerstand, zu folgen wissen. Aber die wiederholten Versuche des Kaisers, den Bischof von Rom und Cordoba zu kaufen oder einzuschüchtern, blieben lange Zeit erfolglos. Der Spanier zeigte sich bereit, unter Constantius zu leiden, wie er schon sechzig Jahre zuvor unter seinem Großvater Maximinianus gelitten hatte. Der Römer trat in Gegenwart des Kaisers für die Unschuld des Athanasios und seine eigene Freiheit ein. Als er nach Beroea in Thrakien verbannt wurde, schickte er eine große Summe Geldes zurück, die man ihm zur Verfügung gestellt hatte, seine Reise bequemer zu gestalten; und zusätzlich stieß er den Hof zu Mailand vor den Kopf mit der höhnischen Bemerkung, dass der Kaiser und seine Eunuchen das Geld sicher dringender benötigten, um ihre Soldaten und ihre Bischöfe auszuzahlen. Das Exil findet bei Ammianus (15,7) Erwähnung. Siehe Theodoretos 2,16; Athanasios, Opera, Band 1, p. 834-37; Hilarius, Fragmente 1.

Allmählich aber zermürbten die Widrigkeiten des Exils und der Gefangenschaft die Entschlossenheit des Liberius und Ossius. Der römische Pontifex erwirkte seine Rückkehr durch einige peinliche Zugeständnisse; und bereute es hinterher bitterlich. Überredungsarbeit und Gewaltanwendung waren nötig, um dem altersschwachen Bischof von Cordoba seine widerwillige Unterschrift abzutrotzen; seine Kraft war gebrochen und seine Geistesstärke vermutlich unter der Last von beinahe einhundert Jahren geschwunden; und das dreiste Triumphgeheul der Arianer reizte einige Rechtgläubige auf, mit dem Charakter – oder besser: dem Andenken – eines unglücklichen alten Mannes übermenschlich streng abzurechnen, dessen frühen Jahren die Christenheit selbst so viel zu danken hatte. Das Leben des Osius ist bei Tillemont, Mémoires ecclésiastiques, Band 7, p. 524-562, dargestellt, wo er in den lebhaftetsten Ausdrücken den Bischof von Cordoba zunächst bewundert und anschließend herabsetzt. Noch in der Klage über ihren Fall kann man die Besonnenheit des Athanasius merklich von dem blinden und maßlosen Glaubenseifer des Hilarius unterscheiden.

 

BISCHÖFE DES WESTENS IN DIE WÜSTE GESCHICKT

Die Ereignisse um Liberius und Ossius werfen ein noch helleres Licht auf die Standhaftigkeit jener Bischöfe, welche immer noch, in Treue und Glauben fest, der Sache des Athanasius und der wahren Religion anhingen. Die erfinderische Niedertracht ihrer Feinde hatte sie von den Segnungen des gegenseitigen Trostes und Rates abgeschnitten, hatte jene hohen Exilierten in abgelegene Provinzen verschlagen und mit berechneter Bosheit nach den unwirtlichsten Flecken des großen Imperiums Ausschau gehalten. Die Bekenner des Westens wurden verbannt in die Wüste Arabiens, ins einsame Taurusgebirge, Phrygien, wo es am wildesten ist und die gottlosen Montanisten ihr Unwesen trieben &c. Als es dem Häretiker Aëtius in Mopsuestia in Kilikien zu wohl erging, ward sein Exilort auf Geheiß des Akakios nach Amblada verlegt, wo Wilde hausten und Krieg und Pestilenz wüteten. Philostorgos 5,2.

Doch schon bald erfuhren sie, dass die Wüsten von Lybien und die barbarischsten Striche von Kappadokien weniger ungastlich waren als der Aufenthalt in jenen Städten, in welchen sich ein arianischer Bischof ungeniert der Pflege seines theologischen Hasses widmen konnte. Die grausame Behandlung und die unheimliche Hartnäckigkeit des Eusebios geht aus seinen eigenen Briefen hervor, die Baronius in den Annales ecclesiastici A.D. 356, Nr 92-102 veröffentlich hat.

Ihren Trost schöpften sie aus dem Bewusstsein ihrer Redlichkeit und Unabhängigkeit, aus dem Beifall, den Besuchen, den Briefen und den großherzigen Spenden ihrer Anhänger Caeterum exules satis constat, totius orbis studiis celebratos, pecuniasque eis in sumptum affatim congestas, legationibus quoque eos plebis catholicae ex omnibus fere provinciis frequentatos. [Darüberhinaus steht es hinlänglich fest, dass die Exilierten die Zuneigung des ganzen Erdkreises genossen haben, ausreichend Geld zum Verbrauch für sie gespendet wurde und Abgesandte des katholischen Volkes aus beinahe allen Provinzen sie besuchten]. Sulpicius Severus, Historia Sacra 2,39; Athanasios Opera, Band 1, p. 836, 840. und schließlich aus der Genugtuung, mit der sie die schon bald aufkeimenden inneren Zerwürfnisse der Feinde des nikäischen Bekenntnisses beobachteten. So heikel und kapriziös war der Kaiser Constantius in Glaubensfragen und so leicht empörte er sich bei der geringsten Abweichung von dem, was er für den wahren christlichen Glauben hielt, dass er mit unterschiedlosem Wüten die verfolgte, welche die Wesensgleichheit verteidigten, die, welche sich zur ähnlichen Substanz bekannten und solche, die die Ähnlichkeit Gottes mit dem Sohn verneinten. Drei Bischöfe, abgetan und verbannt wegen dieser drei unvereinbaren Meinungen, mochten sich sogar an gleichem Ort im Exil wieder treffen; und entsprechend ihrer unterschiedlichen Veranlagung mochten sie den blinden Eifer ihres jeweiligen Gegenüber beklagen oder verhöhnen: ihre gegenwärtige üble Lage konnte niemals das Entgelt für künftiges Wohlergehen sein.

 

ATHANASIOS' DRITTES EXIL A.D. 356 ENTWEIHUNG DER STÄDTISCHEN KIRCHEN

Absetzung und Verbannung der Bischöfe des Westens dienten wie viele andere vorbereitende Maßnahmen dem einen Ziel, Athanasius selbst zu vernichten. Ausgedehntes Material zur Geschichte dieser dritten Verfolgung des Athanasios kann man in seinen eigenen Schriften finden. Siehe besonders seine äußerst geschickte Verteidigungsschrift an Constantius (Opera Band 1, p. 673), seine erste Apologie wegen seiner Flucht (p. 701), seinen ausufernden Brief an die Eremiten (p. 808) und die urkundliche Protestation des Volkes von Alexandria gegen die von Syrianos verbrochenen Gewalttaten (p. 866). Sozomenes (4,9) hat in die Erzählung zwei oder drei erhellende und wesentliche Tatsachen eingefügt. Sechsundzwanzig Monate lang arbeitete sich der kaiserliche Hof daran ab, ihn heimlich und mit den schäbigsten Trickereien aus Alexandria zu entfernen und die finanzielle Unterstützung zu verkürzen, die ihm erst seine volkstümliche Freigebigkeit ermöglichte. Als dann aber der Primas von Ägypten, verlassen und von der westlichen Kirche in Bann getan, von allen fremdländischen Hilfsmitteln abgeschnitten war, schickte Constantius ihm zwei Abgesandte mit dem Auftrag, ihm sein Verbannungsurteil mündlich mitzuteilen und es unverzüglich zu exekutieren. Da nun seine ganze Partei die Rechtmäßigkeit dieses Urteilsspruches öffentlich bekannt hatte, können die einzigen Gründe, die Constantius von der Abfassung eines schriftlichen Urteils abgehalten haben, nur seinem Zweifel über den Ausgang der ganzen Affäre entsprungen sein; und zugleich seinem Gespür für die Gefahr, der die zweitgrößte Stadt und die fruchtbarste Provinz des ganzen Reiches ausgesetzt wäre, wenn denn die Bevölkerung darauf beharren sollte, gegebenenfalles mit Waffengewalt die Unschuld ihres geistlichen Vaters zu verteidigen. Solche Übervorsicht gab nun dem Athanasius einen Scheingrund in die Hand, seinerseits mit allem Respekt die Echtheit eines Befehles anzuzweifeln, welchen er so gar nicht mit dem Gerechtigkeitssinn oder den früheren Verlautbarungen seines gütigen Herren in Einklang bringen konnte. Die zivilen Mächte Ägyptens sahen sich ihrerseits außerstande, den Primas zu überreden oder zu zwingen, sich seines Amtes zu begeben; und so wurden sie denn genötigt, mit den Volksvertretern Alexandrias ein Abkommen zu schließen, durch welches alle Maßnahmen und Feindseligkeiten solange ausgesetzt sein sollten, bis des Kaisers Wille unmissverständlich festgestellt sei. Durch diese scheinbare Mäßigung wurden die Katholiken auf trügerische und verhängnisvolle Weise in Sicherheit gewogen; denn in der Zwischenzeit näherten sich die Legionen von Oberägypten und Lybien, in Eilmärschen und durch geheime Order angewiesen, eine Hauptstadt zu belagern oder genauer: zu überrumpeln, die schon immer aufsässig gewesen war und nunmehr in religiöser Empörung loderte. Athanasius hatte nach Antonius und einigen ausgewählten Mönchen geschickt. Sie stiegen von ihren Bergen hernieder, verkündeten Alexandrias Bewohnern die Heiligkeit des Athanasius und wurden vom Erzbischof in Ehren bis an die Stadttore geleitet. Athansios, Opera Band 2, p. 491f; siehe auch Rufinus 3,164 in den Vitae Patrum, p.524.

Die Lage Alexandrias zwischen dem Mittelmeer und dem Mäotischen See erleichterte den Truppen Anmarsch und Landung; welche denn auch mitten in die Stadt gelangten, bevor irgendwelche wirkungsvollen Maßnahmen ergriffen werden konnten, die Stadttore zu schließen und die wichtigsten Verteidigungsstellungen zu beziehen. Dreiundzwanzig Tage nach Vertragsunterzeichnung begann zu mitternächtlicher Stunde Syrianus, der Statthalter Ägyptens, an der Spitze von fünftausend schwerbewaffneten Soldaten einen Überraschungsangriff auf die Kirche von St. Theonas, wo der Erzbischof mit Klerus und Volk seinen nächtlichen Gottesdienst abhielt. Die Pforten des heiligen Hauses barsten unter dem Ungestüm des Angriffs, welcher von allen schrecklichen Umständen des Tumultes und des Blutvergießens begleitet war; da aber am nächsten Morgen die Körper der Erschlagenen und die zerbrochenen Waffen sich als ein vollgültiger Beweis in den Händen der Katholiken befanden, da durfte man das Unternehmen des Syrianus als einen vollendeten Überfall und nicht so sehr als eigentliche Eroberung ansehen. Die übrigen Kirchen der Stadt wurden durch ähnliche Übergriffe entweiht; und mindestens vier Monate lang war Alexandria der Willkür einer entfesselten Soldateska ausgeliefert, die zusätzlich noch von den Geistlichen einer feindlichen Faktion aufgehetzt wurde. Viele Gläubige wurden ermordet; sie mögen den Namen Märtyrer verdienen, starben sie doch unschuldig und ungerächt; Bischöfe und Presbyter wurden mit grausamer Niedertracht misshandelt; heilige Jungfrauen nackt ausgezogen, gepeitscht und vergewaltigt; Häuser von wohlhabenden Bürgern geplündert; und unter der Maske von Glaubenseifer durften sich Lust, Habgier und private Rachegelüste straflos, ja sogar unter Billigung austoben.

Die Heiden Alexandrias, die immer noch eine zahlenstarke und missvergnügte Gruppe bildeten, waren leicht überredet, einem Bischof die Gefolgschaft aufzukündigen, den sie fürchteten und achteten. Hoffnung auf besondere Vergünstigungen und Angst vor der allgemeinen Strafe nach den Unruhen brachten sie dazu, dem designierten Nachfolger des Athanasius, dem berühmten Gregor von Kappadokien, ihre Unterstützung zu versprechen. Nachdem der Usurpator durch eine arianische Synode die Weihe empfangen hatte, wurde er auf dem bischöflichen Stuhl platziert unter dem bewaffneten Schutz des Sebastian, der eigens aus diesem bedeutenden Anlass zum comes von Ägypten ernannt worden war. Im Umgang mit der Macht missachtete Georg, wie schon bei ihrem Erwerb, jedes religiöse oder menschliche Recht; und in wenigstens neunzig Bischofsstädten Ägyptens wiederholten sich die gleichen Gewalt- und Unrechtszenen, wie sie vorher in der Hauptstadt zu sehen gewesen waren. Durch den Erfolg verwegen gemacht, traute sich Constantius, das Verhalten seiner Minister zu billigen. In einem öffentlichen Brief voller Leidenschaft gratulierte Constantius zu der Befreiung Alexandrias von einem Tyrannen des Volkes, welcher seine Anhänger durch die Zauberkraft seiner Beredsamkeit in die Irre geführt habe; ließ sich weitläufig über die Tugenden und die Frömmigkeit des hochverehrten Gregor aus, des gewählten Bischofs; und macht sich anheischig, als Patron und Wohltäter der Stadt selbst Alexandern noch in den Schatten zu stellen. Aber mit Ernst kündet er von seiner unerschütterten Entschlossenheit, mit Feuer und Schwert den sektiererischen Anhängern des verruchten Athanasius nachzustellen, welcher, vor der Gerechtigkeit fliehend, durch ebendieses Fliehen seine Schuld eingestanden und sich nunmehr einem schmachvollen Ende entzogen habe, das er vielfach verdient habe. Athanasios, Opera 1, p. 694. Der Kaiser oder seine arianischen Sekretäre verraten durch diese Äußerungen des Hasses ihre Furcht und ihren Respekt vor Athanasios.

 

DER PRIMAS VON ÄGYPTEN IN SICHERHEIT

Athanasios war in der Tat unmittelbarer Lebensgefahr entkommen; und so verdienen und fesseln denn die Abenteuer dieses außerordentlichen Mannes auch weiterhin unsere Aufmerksamkeit. In jener unvergessenen Nacht, als die Truppen des Syrianus die Kirche des St. Theonas stürmten, saß er auf seinem Thron und erwartete mit gottergebener Würde sein Ende. Während der Gottesdienst von Wut- und Entsetzensschreien unterbrochen wurde, mahnte er die bebende Versammlung, gläubige Zuversicht zu bewahren und einen Psalm Davis zu singen, welcher den Triumph des Gottes Israel über den hochmütigen und gottlosen Pharao Ägyptens feierte. Schließen brachen die Türen auf; eine Wolke von Pfeilen ergoss sich über das Volk; die Soldaten stürmten mit gezücktem Schwert in das Heiligtum; und in dem furchtbaren Schimmern ihrer Waffen spiegelte sich die heilige Illumination, welche rings um den Altar aufgestellt war. Diese winzigen Begleitumstände sind merkwürdig, da sie wörtlich übernommen sind aus dem Protestschreiben, welches drei Tage später von Alexandrias Katholiken öffentlich präsentiert wurde. Siehe Athanasios, Opera 1, p. 867. Athanasios wies immer noch den fromme Eifer der Mönche und Presbyter zurück, welche dicht bei ihm standen; und weigerte sich mit hoher Gesinnung, seinen Bischofsstuhl zu verlassen, bis er nicht den letzten Gläubigen in Sicherheit entlassen habe. Die Dunkelheit der Nacht und der Aufruhr begünstigten die Flucht des Erzbischofs; und obwohl er von der aufgebrachten Menschenmasse beinahe zerquetscht wurde, obwohl er niedergerissen wurde und ohne Bewusstsein oder Bewegung liegen blieb, erlangte er schon bald seinen guten Mut wieder und überlistete die eifrige Suche der Soldaten, welchen ihre arianischen Anführer eingeschärft hatten, dass der Kopf des Athanasius dem Kaiser das liebste Geschenk sei. Von diesem Moment an war der Primas von Ägypten seinen Feinden aus den Augen entschwunden und blieb beinahe sechs Jahre in undurchdringlicher Verborgenheit. Die Jansenisten haben oftmals Athanasius und Arnauld miteinander verglichen und sich ausführlich und mit Hingabe über Glauben und Glaubenseifer, Verdienst und Exil dieser berühmten Gelehrten ausgelassen. Der Abbé de la Bléterie hat diese verborgene Parallele sehr geschickt behandelt (Vie de la Jovien, Band 1, p. 130).

 

WIRD IN DER WÜSTE UMSORGT A.D. 356-362

Die Despotengewalt seines unversöhnlichen Feindes erstreckte sich über die ganze römische Welt; und der verbitterte Monarch schickte sich an, durch einen höchst dringlichen Brief an die christlichen Herrscher Äthiopiens Athanasius noch aus den entlegensten und verlassensten Schlupfwinkeln der Erde aufzuscheuchen. Statthalter, Präfekten, Militärtribunen, ganze Armeen wurden nacheinander einem Bischof und Flüchtling auf die Spur gesetzt. Die Wachsamkeit der militärischen und zivilen Einrichtungen wurde durch kaiserlichen Erlass geschärft; üppigste Belohnung winkte dem Manne, der Athanasius beizubringen vermöchte, lebend oder tot; und die schwersten Strafen drohten dem, der sich etwa unterfinge, den Staatsfeind zu schützen. ›Hinc iam toto orbe profugus [agitur] Athanasius, nec ullus ei tutus ad latendum supererat locus. Tribuni, Praefecti, Comites, exercitus quoque, ad pervestigandum eum moventur ed

ictis Imperialibus; praemia delatoribus proponuntur, si quis eum vivum, si id minus, caput certe Athanasii detulisset.‹ Rufinus 1,18. Aber in der Wüste Thebais lebte jetzt ein Volk von wilden und doch gehorsamen Fanatikern, welchen den Anordnungen ihres Abtes den Vorrang gaben vor dem ohnmächtigen Gefuchtel ihres Kaisers. Die zahlreichen Jünger des Antonius und Pachomius empfingen den flüchtigen Primas als ihren Vater, bewunderten die Geduld und die Demut, mit welcher er sich noch ihren strengsten Einrichtungen unterwarf und saugten jedes Wort auf, welches von seinen Lippen tropfte, war es doch der unverfälschte Ausfluss gottgeschenkter Weisheit; und sie hielten sich überzeugt, dass ihre Gebete, ihre Fasten und ihre Nachtwachen weniger verdienstlich seien als der Glaubenseifer, den sie lebten, und die Gefahren, die sie bestanden, wenn sie Wahrheit und Unschuld verteidigten. Gregor von Nazianz Band1, Orationes 21, p. 384, 385. Siehe Tillemont, Mémoires Ecclésiastiques. Band 7, p.176-410, und 820-880.

Die Klöster Ägyptens lagen einsam und verlassen, auf Bergeshöhen und auf Nilinseln; und das heilige Horn oder die Trompete von Tabenne gab das wohlbekannte Signal, welches einige tausend kräftige und entschlossene Mönche versammelte, die zum größten Teil Bauern in den umliegenden Ländereien gewesen waren. Wenn ihre verborgenen Schlupfwinkel von militärischer Macht heimgesucht wurden, gegen die Widerstand unmöglich war, dann streckten sie schweigend dem Henker den Nacken entgegen und bestätigten ihre nationale Eigenart, dass Foltern einem Ägypter niemals ein Geheimnis entreißen werde, welches preiszugeben er nicht gesonnen war. ›Et nulla tormentorum vis inveniri adhuc potuit, quae obdurato illius tractus latroni invito elicere potuit, ut nomen proprium dicat.‹ [Und keine noch so brutale Folter war bis dahin ersonnen, welche dem verstocktesten Räuber jenes Landstriches gegen seinen Willen einen Namen abgepresst hätte]. Ammianus 22,16, und Valesius ad locum. Der Erzbischof von Antiochia, für dessen Sicherheit sie ihr Leben mit Freuden in die Schanze geschlagen hätten, verlor sich inmitten einer gleichförmigen und wohldisziplinierten Menschenmasse; und beim Nahen der Gefahr wurde er rasch fortgeschafft durch dienstfertige Hände, von einem Versteck in das nächste, bis er schließlich in der fürchterlichen Wüste anlangte, die das trübe und leichtgläubige Gemüt des Aberglaubens mit Dämonen und wilden Monstern bevölkert hatte. Athanasius brachte sein Exil, welches erst mit dem Leben des Constantius zu Ende ging, überwiegend in der Gesellschaft von Mönchen zu, welche ihm anhänglich als Wache, Schreiber und Boten dienten; da es aber auch wichtig war, in engerer Beziehung zu der katholischen Sache zu stehen, konnte er nicht widerstehen, immer dann, wenn der Verfolgungseifer schläfrig wurde, die Wüste zu verlassen, sich in Alexandria einzuschleichen und sein Leben der Verschwiegenheit seiner Freunde und Anhänger anzuvertrauen.

Seine verschiedenen Abenteuer würden wohl den Stoff für einen höchst unterhaltsamen Roman abgeben. Einst hielt er sich in einer trockenen Zisterne verborgen, die er kaum verlassen hatte, als er von einer Sklavin verraten wurde; Rufinus 1,18; Sozomenos 4,10. Diese und die nachfolgende Episode kann unmöglich stattgefunden haben, wenn wir annehmen wollen, dass Athanasios stets nur das Asyl bewohnte, das er zufällig oder gelegentlich benutzt hatte. und einmal hielt er sich an einem noch ungewöhnlicheren Zufluchtsort verborgen, dem Haus einer Jungfrau, zwanzig Jahre alt und stadtbekannt für ihre ausgesuchte Schönheit. Zu mitternächtlicher Stunde, so erzählte sie viele Jahre später, wurde sie überrascht durch den Anblick des Erzbischofs in leichtem Nachtkleid, welcher hastig auf sie zu kam und sie anflehte, ihm den Schutz zu gewähren, den ihm eine himmlische Erscheinung unter ihrem gastlichen Dach zu suchen angeraten hatte. Die fromme Jungfrau nahm und bewahrte das heilige Unterpfand, das ihrer Klugheit und ihrem Mute anvertraut war. Ohne irgendjemandem etwas zu erzählen, führte sie Athanasios in ihre geheimste Kammer und wachte über seine Sicherheit, zärtlich wie eine Freundin und unverdrossen wie eine Sklavin. Solange noch Gefahr bestand, versorgte sie ihn regelmäßig mit Büchern und Nahrung, wusch seine Füße, erledigte seinen Briefwechsel und verbarg mit großem Geschick vor dem Auge des Misstrauens diese vertrauliche und heimliche Zweisamkeit mit einem Heiligen, zu dessen Charakter die makelloseste Keuschheit gehörte, mit einer Frau, deren Anmut die heikelsten Emotionen wachzurufen imstande war. Palladius (Historia Lausiaca 136, in Vitae patrum, p.776), auf den diese Anekdote zurückgeht, hatte mit dem Fräulein ein Gespräch, in welchem sie sich noch im hohen Alter mit Vergnügen an diese gottgefällige und ehrbare Verbindung erinnerte. Ich kann unmöglich der Zimperlichkeit von Baronius, Valesius, Tillemont &c beitreten, welche diese nach ihrem Dafürhalten mit der Würde einer Kirchengeschichte unvereinbare Geschichte am liebsten streichen würden. Während der sechs Jahre der Verfolgung und des Exils wiederholte Athanasius seine Besuche bei seiner schönen und glaubensstarken Gefährtin; und die offizielle Erklärung, dass sie die Konzilien von Rimini und Seleucia sah, Athanasios, Opera Band 1, p. 869. Ich stimme Tillemont zu (Mémoires Ecclésiastiques. Band 8, p.1197), dass diese Ausdrucksweise einen persönlichen, wenn wohl auch heimlichen Besuch der Synode verraten., zwingt uns zu der Annahme, dass sie zur Zeit und am Ort der Versammlung heimlich zugegen war.

Der Vorteil, sich mit seinen Freunden persönlich unterreden zu können und die Konflikte seiner Gegner zu beobachten und zu schüren, mag für einen kühnen Staatsmann Grund genug für ein so verwegenes und gefährliches Unterfangen sein; außerdem war Alexandria durch Handel und Verkehr mit jedem Hafen des Mittelmeeres verbunden. Aus der Tiefe seiner unauffindbaren Verstecke führte der furchtlose Primas einen unablässigen Kleinkrieg gegen den Beschützer der Arianer; und seine zur rechten Zeit abgefassten Briefe, die heimlich herumgereicht und sorgsam studiert wurden, trugen dazu bei, die rechtgläubige Partei zusammenzuschmieden und zu stärken. In seinen offenen Verteidigungsbriefen, die er bisweilen an den Kaiser persönlich adressierte, war er um Mäßigung bemüht; während er zu gleicher Zeit in geheimen und heftigen Attacken den Kaiser als unfähigen und verruchten Herrscher darstellte, den Mörder an seiner eigenen Familie, den Tyrannen der Republik und den Antichristen der Kirche. Auf der Höhe seiner Macht erhielt dieser siegreiche Monarch Schläge von unsichtbarer Hand, die er weder ausheilen lassen noch rächen konnte, er, der den Vorwitz des Gallus gezüchtigt, die Revolte des Sylvanus gedämpft, das Diadem vom Haupte des Vetranio herunter geschlagen und auf dem Schlachtfeld die Legionen des Magnentius besiegt hatte; und so war denn der Sohn des Constantin der erste christliche Herrscher, der am eigenen Leibe die Macht jener Prinzipien erfuhr, welche um der Religion willen noch den stärksten staatlichen Gewaltanwendungen die Stirn bieten konnten. Der Brief des Athanasius an die Mönche ist voll mit Anschuldigungen, welche die die Öffentlichkeit für wahr halten musste; (Opera Band 1, p. 834 und 856) und als Artigkeit an die Adresse der Leser hatte er Vergleiche mit Pharao, Ahab, Belizar u.a. gezogen. Die Kühnheit des Hilarius war dagegen minder riskant, da er seine Invektiven in Gallien nach der Revolte des Iulian veröffentlichte; Lucifer jedoch schickte seine Schriften direkt an Constantius und wurde auf diese Weise fast zum Märtyrer. Siehe Tillemont, Mémoires Ecclésiastiques. Band 7, p.905.

 

ARIANISCHE PARTEI DER ORTHODOXIE BLEIBT UNBESCHÄDIGT

Die Verfolgung des Athanasius und so vieler honoriger Bischöfe, die für der Wahrheit ihrer Meinung oder doch wenigstens für die Unversehrtheit ihres Gewissens litten, verursachte zu Recht Empörung und Murren bei allen Christen, ausgenommen die, welche der arianischen Sache blind ergeben waren. Das Volk seufzte um ihren gläubigen Hirten, nach dessen Verbannung ein Fremdling Athanasius (Opera Band 1, p.811 )beklagt diese Praxis ganz allgemein und erläutert es später (p. 861) an dem Beispiel der angeblichen Wahl des Felix. Drei Eunuchen vertraten das Volk Roms, und drei Prälaten von Hofes Gnaden zogen die Funktion der Bischöfe der suburbicarischen Provinzen an sich. den Bischofsthron besetzt hielt; und lauthals führte man Klage, dass nunmehr das Wahlrecht verletzt und man selbst verurteilt sei, einem gekauften Thronräuber zu gehorchen, der niemandem von Person bekannt sei und dessen Prinzipien man beargwöhnte. Die Katholiken konnten nun der Welt beweisen, dass sie mit der Schuld und Ketzerei ihres kirchlichen Gouverneurs nichts zu tun hatten, indem sie öffentlich ihren Dissens bekundeten oder indem sie jede Gemeinschaft mit ihm verweigerten.

 

TRENNUNGEN

Die erstgenannte Methode kam zunächst in Antiochia auf und wurde dort mit solchem Erfolg ausgeübt, dass sie sich schon bald über die christliche Welt verbreitete. Die Doxologie (oder der heilige Lobgesang), die den Ruhm der Trinität besingt, ist sehr feiner, aber entscheidender Modulationen fähig; und der Inhalt eines rechtgläubigen oder eben eines häretischen Glaubensbekenntnisses lässt sich ausdrücken allein durch eine disjunktive oder kopulative Partikel. Andere Responsorien und eine gleichmäßigere Psalmodie wurden von Flavianus und Diodorus in die Gottesdienste eingeführt; dies waren zwei ergebene und emsige Laien, welche dem nikäischen Bekenntnis nahestanden. Thomassin (Discipline de l'église, Band 1, p. 966-84) hat viele interessante Einzelheiten zu Ursprung und Entwicklung des Kirchengesanges im Osten und Westen gesammelt. Unter ihrer Leitung wurden aus Mönchen der umliegenden Wüsten Chöre von vorzüglichen Sängern gebildet, welche sich in der Kathedrale von Antiochia hören ließen; und das Lob des Vaters UND des Sohnes UND des Heiligen Geistes Philostorgos 3,12. Gothofredus hat dieses Vorkommnis mit einzigartiger Gründlichkeit untersucht. Es gab drei heterodoxe Varianten: ›(Lob) dem Vater durch den Sohn und im Heiligen Geist‹, ›Dem Vater und dem Sohn im Heiligen Geist‹ und schließlich ›Dem Vater im Sohn und dem Heiligen Geist.‹ wurde im Triumph von einem klanggewaltigen Chor gesungen; und so kränkten die Katholiken durch die Reine ihrer Doktrin ihren arianischen Prälaten, welche den Sitz des angesehenen Athanasios an sich gerissen hatte.

Der gleiche Glaubenseifer, der ihren Gesang belebte, ließ die ängstlicheren Mitglieder der rechtgläubigen Partei eigene Versammlungen bilden, welche von den Presbytern geleitet wurden, bis schließlich der Tod ihres exilierten Bischofs den Weg für die Wahl und Weihe eines neuen Oberhirten frei machte. Nach dem Exil des Eustathius unter der Regentschaft des Constantin trennte sich die strenge Fraktion der Orthodoxen ab, so dass es zu einem fast achtigjährigen Schisma kam. Siehe Tillemont, Mémoires Ecclésiastiques, Band 7, p.35-54 und p.1197; Band 8, p. 573-632 und 1314-32. In vielen Kirchen sprachen Arianer und Homousianer, die die Kommunion der anderen verweigerten, noch lange Zeit die gleichen Gebete. Philostorgios 3,14. Durch die Wirren am Hofe vermehrte sich die Zahl der Anwärter; und unter Constantius' Herrschaft wurde ein und dieselbe Kirche von zwei, drei, ja sogar vier Bischöfen beansprucht, welche denn auch ihre Jurisdiktion über ihre jeweiligen Anhängerschaft ausübten und abwechselnd die vorübergehende Herrschaft über die Kirche verloren und anschließend wieder gewannen. Dieser Missbrauch des Christentums führte in der Regierung des römischen Reiches zu neuen Fällen von Tyrannei und Abfall; die Bande der bürgerlichen Gesellschaft zerrissen unter der Wut religiösen Parteienhaders; und dem unbekannten Bürgersmann, der Wahl und Untergang der verschiedenen Herrscher in aller Ruhe mit angesehen haben mochte, dämmerte es und wurde zur Erfahrung, dass sein eigenes Leben und Vermögen innig mit den Interessen eines volkstümlichen Klerikers verbunden waren. Die Beispiele der beiden Hauptstädte Rom und Konstantinopel mögen dazu dienen, den Zustand des Reiches und die Gesittung der Menschheit unter der Herrschaft der Söhne Constantins skizzieren.

 

LIBERIUS ZUSTÄNDE IN ROM

I. Der römische Pontifex war, solange er denn seine Stellung ausfüllte und seine Grundsätze beobachtete, in der treuen Ergebenheit der Volksmehrheit geborgen; und mit Geringschätzung durfte er die Gebete, Flüche und Zudringlichkeiten eines häretischen Monarchen zurückweisen. Nachdem die Eunuchen heimlich die Verbannung des Liberius beschlossen hatten, veranlasste sie die wohlbegründete Sorge vor einem Volksaufstand, bei der Exekution dieses Urteils die äußersten Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Die Hauptstadt wurde allenthalben besetzt, und der Präfekt erhielt Weisung, den Bischof zu verhaften, sei es mit List oder mit nackter Gewalt. Er gehorchte; und Liberius wurde um Mitternacht in Eile und unter den größten Schwierigkeiten aus dem Umkreis des römischen Volkes entfernt, bevor noch ihre Verblüffung in Wut umschlagen konnte. Sobald sie von seiner Verbannung nach Thrakien erfahren hatten, fand eine allgemeine Kirchenversammlung statt, und der Klerus Roms verpflichtete sich selbst durch einen öffentlichen, feierlichen Eid, niemals ihren Bischof zu verlassen und den nachfolgenden Thronräuber anzuerkennen; welcher durch die Machenschaften der Eunuchen auf gesetzeswidrige Weise gewählt und in den Mauern eines weltlichen Palastes geweiht worden sei.

Zwei Jahre lang blieb ihr frommer Trotz ungebrochen und unerschüttert; und als dann Constantius Rom besuchte, bestürmte ihn die Bevölkerung eindringlich, hatten sie doch als eines der letzten Überbleibsel ihrer früheren Freiheit sich das Recht bewahrt, ihren Herrschern mit harmloser Ungebühr zuzusetzen. Die Ehefrauen der Senatoren und anderer städtischer Honoratioren, die ihren Männern angelegen hatten, sich für Liberius zu verwenden, erhielten den Rat, selbst einen Bittgang zu wagen, welches Unterfangen in ihren Händen weniger riskant und dafür umso erfolgreicher sein mochte. Der Herrscher empfing diese weiblichen Deputierten mit Artigkeit, zumal sich ihr Reichtum und ihr Stand in aufwändiger Kleidung und Schmuckwerk zu erkennen gab: er bewunderte ihre unbeugsame Entschlossenheit, ihrem geliebten Hirten noch in die entlegensten Ödeneien dieser Welt zu folgen, und erklärte sich einverstanden damit, dass die beiden Bischöfe Liberius und Felix ihren jeweiligen Glaubensgemeinschaften vorstehen dürften.

Aber die Idee der Toleranz stand mit der Praxis und der allgemeinen Gemütslage jener Zeiten derart im Widerspruch, dass bei der öffentlichen Verlesung von Constantius' Antwort im Circus von Rom dieser verständige Schlichtungsvorschlag in Verachtung und Hohngelächter unterging. Die fieberhafte Erregung, die die Zuschauer sonst in den entscheidenden Momenten eines Pferderennens packte, hatte sich nun ein anderes Objekt ausgesucht; und der Circus erdröhnte unter dem Gebrüll von Tausenden, welche immer wieder skandierten. ›Ein Gott, ein Christ, ein Bischof.‹ Der Zorn der Römer im Falle des Liberius beließ es nicht bei Worten; und die gefährlichen und blutigen Unruhen, welche kurz nach der Abreise des Constantius losbrachen, bestimmten diesen Herrscher, den exilierten Prälaten wieder in die ungeteilte Herrschaft über die Hauptstadt einzusetzen. Nach kurzem, ergebnislosem Widerstand wurde sein Rivale mit dem Einverständnis des Herrschers und infolge von Gewaltanwendung der gegnerischen Partei aus der Stadt vertrieben; die Anhänger des Felix wurden auf offener Straße gnadenlos ermordet, auf den Plätzen, in den Bädern und selbst in den Kirchen; und so erneuerten sich nach der Wiederkehr eines christlichen Bischofs in Rom erneut die hässlichen Schreckensbilder der Massaker eines Marius und der Proskriptionen eines Sulla. Zu diesen kirchlichen Umwälzungen in Rom siehe: Ammianus, 15,7; Athanasios, Opera Band 1, p. 834, 861; Sozomenos 4,15; Theodoretos 2,17. Sulpicius Severus, Historia Sacra 2,39; Hieronymos, Chronicum Marcellini et Faustini Libellus adversus Damasum p. 3 und 4; sowie Tillemont, Mémoires Ecclésiastiques, Band 6, p. 336.

 

BLUTVERGIESSEN IN KONSTANTINOPEL

II. Ungeachtet der raschen Zunahme der Christen unter den Flaviern gab es in Rom, Alexandria und den anderen großen Städten des Reiches starke und einflussreiche Faktionen von Ungläubigen, welche der Kirche ihre Reichtümer neideten und sogar auf ihren Theateraufführungen deren theologische Dispute veralberten. Allein Constantinopel durfte sich rühmen, im Schoße des Glaubens geboren und erzogen worden zu sein. Die Hauptstadt des Ostens ist niemals durch Götzenanbetung besudelt worden; und die Bevölkerung in ihrer Gesamtheit hatte die Meinungen, Tugenden und Leidenschaften tief verinnerlicht, welche die Christen jener Zeit vom Rest der Menschheit unterschieden. Nach dem Tode Alexanders beanspruchten Paulus und Macedonius den Bischofssitz; und wenn auch der moralische Charakter des Macedonius weniger anfechtbar war, so hatte sein Mitbewerber den Vorteil einer früheren Wahl und einer orthodoxeren Glaubensrichtung. Sein festes Eintreten für das nikäische Glaubensbekenntnis sicherte Paulus zwar einen Platz im Heiligen- und Märtyrerkalender, setzte ihn aber zugleich den Nachstellungen der Arianer aus. Im Verlauf von vierzehn Jahren wurde er fünfmal von seinem Throne herabgestoßen; den er weit öfter infolge von Gewaltanwendung des Volkes als auf besonderen Permiss seines Kaisers wieder erklomm; und nur wegen des Todes seines Rivalen konnte schließlich Macedonius seine Macht behaupten. Der unglückselige Paulus wurde in Ketten von den Sandwüsten Mesopotamiens zu den einsamsten Stellen des Taurusgebirges geschleppt, Cucusus war die letzte Station seines Lebens und Leidens. Die genaue Lage dieser Ortschaft im Grenzgebiet von Kappadokien, Kilikien und Armenien hat einiges geographische Kopfzerbrechen verursacht; uns führt die Römerstraße von Caesarea nach Anazarbus zu dem richtigen Ort. Siehe Cellarius, Geographia, Band 2, p.213; Wesseling, Itineraria p. 179 und 703. in einen engen und lichtlosen Kerker eingesperrt, sechs Tage ohne Essen gelassen und schließlich auf Befehl des Philippus erdrosselt, der einer der einflussreichsten Minister des Constantius war. Athanasius (Opera Band 1, p. 703 und 813f) versichert mit aller Bestimmtheit, dass Paulus ermordet wurde; und beruft sich hierbei nicht nur auf die gängige Meinung, sondern auch auf das unverdächtige Zeugnis des Philagrius, eines seiner arianischen Feinde. Allerdings merkt er an, dass die Häretiker versuchten, den Tod des Bischofs von Konstantinopel zu verkleinern. Athanasius wird sklavisch von Sokrates (2,26) abgeschrieben; während Sozomenos, welcher freier mit seiner Vorlage verfährt, hier einen leisen Zweifel vorzieht.

Das erste Blut, welches die neue Hauptstadt befleckte, wurde in Folge einer kirchlichen Auseinandersetzung vergossen; und viele Menschen auf beiden Seiten wurden während der blindwütigen Straßenkämpfe erschlagen. Den Auftrag, das Verbannungsurteil gegen Paulus durchzusetzen, hatte man Hermogenes übertragen, welcher Oberbefehlshaber der Reiterei war; aber die Exekution des Urteils war auch für ihn verhängnisvoll. Die Katholiken erhoben sich, ihren Bischof zu verteidigen, Hermogenes' Palast ging in Flammen auf, der oberste Militär des Reiches wurde an den Fersen durch die Straßen von Konstantinopel gezerrt und sein Leichnam der Schändung durch die Mörder preisgegeben. Ammianus 14,10 verweist auf seine eigene Darstellung dieses tragischen Vorganges, aber der betreffende Teil seiner Historie ist für uns verloren.

Das Schicksal des Hermogenes bestimmte den Prätorianerpräfekten Philipp, bei ähnlicher Gelegenheit vorsichtiger zu Werke zu gehen. In den höflichsten und ehrenhaftesten Wendungen ersuchte er um die Aufmerksamkeit des Paulus im Zeuxippusbad, welches eine geheime Verbindung mit dem Palast und dem Meer hatte. Auf einem Schiff, welches an den Stufen zum Garten bereit lag, wurden unverzüglich Segel gesetzt; und während das Volk noch völlig im Unklaren über das geplante Verbrechen war, befand sich ihr Bischof bereits auf der Fahrt nach Thessaloniki. Schon bald gewahrten sie mit Überraschung und Empörung, dass die Palasttore geöffnet standen und der Usurpator Macedonius an der Seite des Präfekten auf hohem Throne saß, welcher allerdings von Gardetruppen mit gezücktem Schwert umstellt war. Unter militärischem Schutze zog er zur Kathedrale; die Arianer und Katholiken eilten, den strategisch wichtigen Platz zu gewinnen; und in dem anschließenden Tumult verloren dreitausendeinhundertfünfzig Menschen ihr Leben. Da Mecedonius von regulären Streitkräften unterstützt wurde, war sein Sieg vollständig; aber seine Amtszeit war ausgefüllt mit Krawall und Aufruhr; und die Anlässe, die noch am wenigsten mit den Streitgegenständen zu tun hatten, reichten hin, die Flamme des Bürgerkrieges zu entzünden und zu nähren.

Da etwa die Kapelle, in welcher der große Constantin beigesetzt lag, in baufälligem Zustand war, überführten die Bischöfe die heiligen Reste in die Kirche des St. Acacius. Diese wohlbedachte und eigentlich sogar gottgefällige Maßnahme stellte sich allen Anhängern der Homousie als ruchloses Sakrileg dar. Die Parteien eilten zu den Waffen, der heilige Boden diente ihnen als Schlachtfeld; und ein Kirchenhistoriker hat uns als Tatsache und nicht etwa als rhetorischen Topos überliefert, dass der Brunnen vor der Kirche mit Strömen Blutes überlief, welche dann die Porticos und umliegenden Höfe überfluteten. Der Schriftsteller, welcher diese Metzeleien lediglich religiösen Ursachen zuschreiben würde, verriete eine höchst unvollständige Kenntnis der menschlichen Natur; doch muss man eingestehen, dass die Motive, die diesen Religionseifer auf Nebenwege führten und die Vorwände, die den Fanatismus beschönigten, keine Reue aufkeimen ließen, welche sich im christlichen Konstantinopel regelmäßig im Anschluss an derlei Wüten einstellte. Siehe Sokrates 2,6f, 12f, 15f, 26f und 38 sowie Sozomenos 3,3f, 7 und 9; 4,21. Die Acta des Heiligen Paul von Konstantinopel, von dem Photios ein Excerpt verfertigt hat (Myriobiblon, p. 1419-30), sind eine beliebige Abschrift dieser Autoren; aber ein moderner Grieche, der eine Heiligenbiographie ohne Wunder und Fabeln fertigbrächte, verdiente sich schon einige Empfehlung.

 

ARIANER TEILEN SAKRAMENTE AUS

Die grausame und launische Veranlagung des Constantius, die keineswegs immer des Anstoßes durch ein Fremdvergehen oder eine Widersetzlichkeit bedurfte, wurde nicht ganz zu Unrecht durch die Zustände in seiner Stadt aufgereizt sowie durch das gesetzlose Treiben einer Faktion, welche dem Ansehen und der Religion ihres Herrschers abgünstig war. Die üblichen Maßnahmen wie Hinrichtung, Exil und Vermögenseinzug wurden mit aller Strenge durchgeführt; und noch heute ehren die Griechen das Andenken an zwei kirchliche Bedienstete, einen Vorleser und einen Subdiakon, welche des Mordes an Hermogenes angeklagt waren und nahe den Toren Konstantinopels enthauptet wurden. Infolge eines Erlasses des Constantius gegen die Katholiken (welcher noch nicht einmal für wert befunden wurde, im Codex Theodosianus einen Platz zu erhalten) gingen die, die zusammen mit arianischen Bischöfen und ganz besonders mit Macedonius das Abendmahl zu nehmen sich weigerten, ihrer kirchlichen Immunität und ihrer Rechte als Christen verlustig; sie wurden gezwungen, Kirchenbesitz abzutreten; dann man verbot ihnen strengstens, innerhalb der Stadt ihre Versammlungen einzuberufen. Mit der Durchführung dieses unbilligen Gesetzes in Thrakien und Kleinasien wurde der Glaubenseifer des Macedonius beauftragt; zivile und militärische Stellen wurden seiner Befehlsgewalt unterstellt; und die Grausamkeiten, die dieser Semi-Arianer zur Förderung der Homöusie veranstaltete, gingen denn auch weit über den Auftrag des Constantius hinaus und bilden einen Schandfleck seiner Regierung. Die Sakramente der Kirche wurden den Widerstrebenden aufgezwungen, welche die Berufung des Macedonius nicht anerkannten und sich vor seinen Glaubensprinzipien entsetzten. Die Frauen und Kinder erhielten eine Zwangstaufe, nachdem man sie zu diesem Zwecke ihren Freunden und Eltern aus den Armen gewunden hatte; den Teilnehmern des Abendmahls wurde durch ein hölzernes Gerät der Mund aufgesperrt, während ihnen das heilige Brot in die Kehle gestopft wurde; die Brüste zarter Jungfrauen wurden mit rotglühenden Eierschalen versengt oder auf unmenschliche Weise mit scharfkantigen und schweren Holzbrettern gequetscht. Sokrates 2,27 und 38; Sozomenos 4,21. Die beiden wichtigsten Helfer des Macedonius bei seinem Verfolgungswerk waren die beiden Bischöfe von Nikomedia und Kyzikos, die wegen ihrer Tugenden und besonders für ihre Mildtätigkeit bekannt waren. Ich kann nicht umhin, den Leser daran zu erinnern, dass der Unterschied zwischen Homo-ousion und Homö-ousion selbst dem schärfsten theologischen Auge so gut wie unsichtbar ist.

Die Novatianer Konstantinopels und der umliegenden Ländereien verdienten es, wegen ihres Eintretens für die homousische Regel mit den Katholiken gleichgesetzt zu werden. Macedonius erfuhr davon, dass ein großer Bezirk in Paphalagonien Die genaue Lage von Mantinium ist uns unbekannt. Sokrates, Sozomenos und der Autor des hl. Paul benutzen, wenn sie von die ›vier Banden‹ von Legionären sprechen, die unbestimmten Ausdrücke [Ü.a.d.Griech.: Einheiten, Phalangen, Abteilungen], was Nikephoros sehr gekonnt mit ›Tausende‹ überträgt. Valesius zu Sokrates 2,38. fast vollständig von diesen Sektierern bewohnt sei. Er entschloss sich, sie zu vertilgen oder zu bekehren; und da er, zumindest bei dieser Gelegenheit, kein rechtes Zutrauen zu der Wirkmächtigkeit kirchlicher Mission besaß, ließ er ein Corps von viertausend Legionären gegen die Rebellen marschieren, um das Land von Mantinium unter seine geistliche Herrschaft zu zwingen. Die novatianischen Bauern stellten sich den Eindringlingen kühn entgegen, beseelt durch ihre verzweifelte Lage und ihren religiösen Fanatismus; und obgleich viele der ihren erschlagen wurden, wurden doch die römischen Legionen vernichtet von einem ungeübten Haufen, der nur mit Sensen und Äxten bewaffnet war; und mit Ausnahme einiger, die sich durch schnöde Flucht retten konnten, bleiben viertausend Soldaten tot auf dem Schlachtfeld. Der Nachfolger des Constantius hat knapp und bildhaft einige der theologischen Kriege beschrieben, welche das Reich und ganz besonders den Osten heimgesucht haben, als ein König herrschte, welcher der Sklave seiner und seiner Eunuchen Leidenschaften war. ›Viele wurden eingekerkert, verfolgt und exiliert. Ganze Truppenkontingente von solchen, die man Ketzer nannte, wurden massakriert, besonders in Kyzikos und Samosata. In Paphlagonien, Bithynien, Galatien und vielen anderen Provinzen lagen Städte und Dörfer leer und zerstört.‹ Iulian, Epistulae 52.

 

DIE DONATISTISCHEN CIRCUMCELLIONEN

Während so die Flammen der arianischen Kontroverse das Reich verzehrten, setzten den Provinzen Afrikas ihre speziellen Feinde zu, wüste Fanatiker, welche unter dem Namen der Circumcellionen die Stärke und zugleich das Ärgernis der donatistischen Sekte waren. Siehe Optatatus Milevitanus (zumal 3,4), daneben die Geschichte des Donatismus von Hern Dupin und die beigefügten Originalurkundn. Die zahlreichen Einzelheiten, die Augustinus von der Wut gegen die Circumcellionen gegen andere und gegen ihresgleichen erwähnt, hat Tillemont, Mémoires Ecclésiastiques, Band 6, p. 147-165 mühsam genug zusammengetragen. Und oftmals und wohl ohne Absicht hat er das Unrecht angeführt, durch welches diese Fanatiker aufgebracht wurden. Die rücksichtslose Umsetzung der Gesetze des Constantin hatte Unzufriedenheit und Widerspruch ausgelöst; die rastlosen Bemühungen seines Sohnes Constans um die Wiedervereinigung der Kirche vertieften nur noch die gegenseitigen Hassgefühle, welche den ursprünglichen Anlass zur Spaltung gegeben hatten; und die von Paul und Macarius, den beiden kaiserlichen Kommissären, eingesetzten Mittel der Erpressung und Bestechung machten den Schismatikern aufs lebhafteste den Gegensatz anschaulich, der zwischen den Prinzipien der Apostel und dem Verhalten ihrer sogenannten Nachfolger bestand. Es hat einen gewissen Unterhaltungswert, die Sprache gegnerischer Parteien anzuhören, wenn sie von identischen Menschen und Sachen reden. Der Bischof von Karthago, Gratus, beginnt die Anrufung einer Synode wie folgt: ›Gratias Deo omnipotenti et Christo Jesu...qui imperavit religiosissimo Constanti Imperatori, ut votum gereret unitatis, et mitteret ministros sancti operis 'famulos Dei' Paulum et Macariurn.‹ [Dank sei dem allmächtigen Gotte und Jesus Christus, der dem allerfrömmsten Kaiser Constans aufgetragen hat, ein Einheitsgelübde abzulegen, und als Diener zu diesem Heiligen Werke die Gottesknechte Paulus und Macarius gesandt hat]. Monumenta Vetera ad Calcem Optati, p. 313. Dagegen heißt es bei dem Donatistischen Autoren der Passio Marculi: ›Ecce subito, de Constantis regis tyrannica domo ... pollutum Macarianae persecutionis murmur increpuit, et 'duabus bestiis' ad Africam missis, eodem scilicet Macario et Paulo, execrandum prorsus ac dirum ecclesiae certamen indictum est; ut populus Christianus ad unionem cum traditoribus faciendam, nudatis militum gladiis et draconum praesentibus signis, et tubarum vocibus cogeretur.‹ [Und siehe da, plötzlich erhob sich aus den Tyrannenhaus des Constans ein abscheuliches macarianisches Verfolgungsgerücht, und als die zwei Bestien nach Afrika geschickt waren, natürlich dieselben Macarius und Paulus, wurde der Kirche ein Kampf angesagt, grässlich und ganz und gar verabscheuungswürdig; so dass die Christenmenschen gezwungen waren, mit Verrätern die Einheit herzustellen, mit bloßen Schwertern der Krieger, mit drohenden Drachenzeichen und mit Trompetenlärm]. Monumenta vetera, p. 394.

Die Bauern aus den Dörfern Numidiens und Mauretaniens waren ein kriegerischer Menschenschlag, welcher sich Roms Gesetzen niemals vollständig unterworfen hatte; welcher nur oberflächlich zum Christentum bekehrt war; welcher sich aber zu blindwütiger Begeisterung für die Sache ihrer donatistischen Lehrer hinreißen ließ. Nur widerwillig erduldeten sie das Exil ihrer Bischöfe, die Verwüstung ihrer Kirchen und die gewaltsame Auflösung ihrer heimlichen Zusammenkünfte. Bisweilen war die Antwort auf die staatliche Gewalt von Justizbeamten, die stets mit militärischem Begleitschutz auftraten, Gegengewalt; und das Blut einiger populärer Kirchenmänner, das bei solchen Zusammenstößen vergossen wurde, war für deren kampfbegierige Anhänger Veranlassung, mit heißem Verlangen den Tod ihrer heiligen Märtyrer zu rächen. Manchmal provozierten die Büttel der Verfolgung durch ihre Brutalität und Übereilung ihr Schicksal; und die Verwicklung in einen zufälligen Zusammenstoß trieb die Schuldigen in Kriminalität und Aufstand. Da sie aus ihren Heimatdörfern vertrieben waren, sammelten sich die donatistischen Bauern in den Winkeln der gaetulischen Wüste zu furchterregenden Banden; und bereitwillig vertauschten sie die Mühen des Arbeitslebens mit einem müßigen und zugleich räuberischen Dasein, welches durch religiöse Zutaten achtbar wurde und von den Lehrern ihrer Sekte nur matte Rügen empfing. Die Anführer dieser Circumcellionen erhielten den Titel ›Häuptlinge der Heiligen‹; sie waren zwar jeder mit Schwert und Speeren bewaffnet, ihre Hauptwaffe aber war eine riesige, gewichtige Keule, welche sie Israeliten nannten; und das wohlbekannte ›Ehre dem Herren‹, das sie als ihren Schlachtengesang benutzten, verbreitete in Afrikas unbewaffneten Provinzen viel Bestürzung.

Zunächst beriefen sie sich bei ihren Plünderungen noch auf wirtschaftliche Not; bald aber gingen sie weit über das Maß des Notwendigen hinaus, lebten nur noch ihrer Raublust und Habgier, verbrannten die Dörfer, die sie vorher geplündert hatten und waren die Tyrannen des platten Landes. Landwirtschaft oder Rechtssprechung lagen danieder; und da sich die Circumcellionen den Anschein gaben, die ursprüngliche Gleichheit aller Menschen wieder herzustellen, wurden sie auch zur Wahlheimat von entlaufenen Sklaven und Schuldnern, welche sich in Massen unter ihre heilige Standarte flüchteten. Wenn man ihnen keinen Widerstand leistete, begnügten sie sich mit Plünderungen, aber schon der geringste Widerstand reizte sie auf zu Feuer und Mord. Und einige katholische Priester, die sich gegen sie auszusprechen unklug genug gewesen waren, wurden von diesen Fanatikern mit ausgesuchter Grausamkeit gefoltert. Nicht immer jedoch wandten sich die Circumcellionen nur gegen ihre wehrlosen Feinde; sie griffen wohl auch die regulären Truppen der Provinz an und bleiben Sieger; und in der blutigen Schlacht von Bagai griffen sie auf offenem Feld tapfer, wenn auch erfolglos, die kaiserliche Kavallerie an.

Die kriegsgefangenen Donatisten erhielten und verdienten sich wohl auch die gleiche Behandlung, die man sonst nur für die wilden Tiere der Wüste aufgespart hätte. Die Gefangenen starben ohne ein Wort der Klage durch das Schwert, die Axt oder das Feuer; und die Maßnahmen der Wiedervergeltung gingen dann über jedes Maß hinaus, wodurch sich der allgemeine Kriegsschrecken noch steigerte und jede Hoffnung auf gegenseitiges Vergeben erstickt wurde. Zu beginn unseres Jahrhunderts lebte das Beispiel der Circumcellionen wieder auf in den Verfolgungen, der Kühnheit, den Verbrechen und dem Fanatismus der Kamisarden; und wenn die Glaubenskrieger von Languedoc die aus Numidien durch ihre militärische Tüchtigkeit auch übertrafen, so verteidigten die Afrikaner ihre Unabhängigkeit mit größerer Entschlossenheit und Hartnäckigkeit. Die ›Histoire des Camisards‹ kann als ein zuverlässiges und unparteiisches Werk empfohlen werden: Man benötigt einigen Spürsinn, die Religion des Verfassers zu ermitteln.

 

SIE WÜNSCHEN SICH DEN MÄRTYRERTOD

Solche Unruhen waren die naturgemäße Folge religiöser Tyrannei; aber die Wut der Donatisten hatte sich an einem Wahnsinn der besonderen Art entzündet; welcher, wenn er denn tatsächlich so bestimmend unter ihnen gewesen ist, seinesgleichen sucht in allen Ländern und allen Zeiten. Viele dieser Fanatiker waren nämlich des Lebens überdrüssig und suchten den Tod des Märtyrers; und es galt ihnen gleich, auf welche Weise oder von wessen Hand sie verdarben, wenn nur ihre Tat geheiligt war durch den Wunsch, sie der Ehre des wahren Glaubens und der Hoffnung auf ein ewiges Leben zu weihen. Die Donatisten beziehen sich zur Rechtfertigung ihrer Suicide auf das Beispiel des Razias, welches im vierzehnten Buch Kapitel des zweiten Buches der Makkabäer erzählt wird. Bisweilen störten sie auf rüpelhafte Weise die Feiern der Heiden und besudelten ihre Tempel in der Absicht, wenigstens die glaubensstärksten Götzenanbeter dazu aufzustacheln, ihre beleidigten Götter zu rächen. Bisweilen erzwangen sie sich den Einlass in die Justizgebäude und nötigten die verschüchterten Richter, sie unverzüglich verhaften zu lassen. Dann wieder hielten sie Reisende auf öffentlichen Straßen an und bestimmten sie, ihnen das Martyrium zuteil werden zu lassen, versprachen ihnen sogar Belohnungen, wenn sie willfahren, und drohten mit ihrer sofortigen Tötung, wenn sie eine so einmalige Gefälligkeit verweigern sollten. Waren ihnen nun alle diese Möglichkeiten versperrt, dann kündigten sie den Tag an, an welchem sie sich in Gegenwart ihrer Freunde und Glaubensbrüder kopfüber von einem hohen Felsen herabstürzen wollten; und viele solcher Abgründe wurden gezeigt, die durch eine Vielzahl solcher religiöser Selbsttötungen Ruhm erlangt hatten. In den Handlungen dieser desperaten Enthusiasten, die die einen als Märtyrer Gottes und andere als Opfer Satans ansahen, wird ein neutral denkender Beobachter den Einfluss und den letzten Auswuchs jenes unbeugsamen Geistes erblicken, welcher sich ursprünglich aus dem Charakter und den Grundsätzen der jüdischen Nation herleitet.

 

ALLGEMEINE CHARAKTERISIERUNG DER CHRISTLICHEN SEKTEN A.D. 312-361

Der schlichte Bericht dieser internen Auseinandersetzungen, welche den Frieden der Kirche störte und ihren Triumph verdunkelte, bekräftigt die Bemerkung eines heidnischen Schriftstellers und stimmt auch zu der Klage eines honorigen Bischofs. Seine persönliche Erfahrung überzeugte Ammianus davon, dass die Feindschaft der Christen untereinander schlimmer sei als die Mordlust wilder Raubtiere gegenüber den Mensche;. Nullas infestas hominibus bestias, ut sunt sibi ferales plerique Christianorum, expertus. Ammianus 22,5. und Gregor von Nazianz beklagt in bewegter Rede, dass das Himmelskönigreich wegen der Zwietracht zum Abbild des Chaos, nächtlicher Unwetter, ja der Hölle selbst geworden sei. Gregor von Nazianz, Orationes 1, p. 33. Siehe Tillemont, Mémoires Ecclésiastiques, Band 6, p. 501 der Quartausgabe. Die scharfzüngigen, aber parteiischen Autoren jener Zeit, die alle Tugenden dieser Welt sich selbst und alle Verbrechen ihren Gegner zuschreiben, haben diese Schlacht der Engel mit den Mächten der Finsternus ausgemalt. Unsere abgeklärte Vernunft glaubt an solche rein ausgeprägten Gestalten des Lasters oder der Heiligkeit nicht und wird den feindlichen Sekten einen gleich großen oder doch wenigstens kaum unterscheidbaren Anteil an Gutem und Bösem zumessen, auch wenn diese Sekten selbst die Etiketten der Rechtgläubigen oder Häretiker beanspruchten bzw. vergaben. Sie waren im Sinne derselben Religion und unter vergleichbaren gesellschaftlichen Bedingungen erzogen. Beide hatten sie ähnliche Hoffnungen und Ängste für die Gegenwart und für ihr künftiges Leben. Auf beiden Seiten mochte der Glaubensirrtum ohne Arg sein, der Glauben aufrichtig und die Lebensführung verdienstlich oder auch verderbt. Ihre Leidenschaften waren für ähnliche Gegenständen empfänglich; und abwechselnd mochten sie die Gunst des Hofs oder des Volkes missbrauchen. Die metaphysischen Höhenflüge der Anhänger des Athanasius bzw. des Arius hatten auf ihr moralische Erscheinungsbild keinerlei Einfluss; aber in gleicher Weise waren sie vom Geist der Intoleranz belebt, welchen man aus den reinen und schlichten Grundsätzen der Evangelien herausgelesen haben wollte.

 

DULDUNG DES HEIDENTUMS DURCH CONSTANTIN

Ein Autor unserer Tage, welcher mit gutem Mut seiner eigenen Darstellung die ehrbaren Epitheta ›politisch‹ und ›philosophisch‹ aufgeklebt hat, Histoire politique et philosophique des établissements des Européens dans les deux Indes, Band 1, p.9., ärgert sich an der furchtsamen Bedachtsamkeit eines Montesquieu, welcher unter die Gründe für den Untergang des römischen Reiches ein Gesetz des Constantin zu zählen unterlässt, durch welches den Heiden ihre Gottesdienste ohne Ausnahme verboten und so viele seiner Untertanen ohne Priester, Tempel und Staatsreligion belassen wurden. Der Eifer dieses Geschichtsphilosophen für die Menschenrechte hat ihn bestimmt, sich mit dem zweifelhaften Zeugnis jener Kirchenmänner zufrieden zu geben, welche ihrem Lieblingshelden unbekümmert das Verdienst einer allgemeinen Verfolgung zugeschrieben haben. Eusebios zufolge (Vita Constantini 2,45) untersagte der Kaiser in Stadt und Land [Ü.a.d.Griech.: des Götzendienstes abscheuliche Praktiken]. Sokrates (1,17) und Sozomenos (2,4f) haben über Constantins Verhalten unter geziemender Beachtung der Wahrheit und der Tatsachen berichtet, was Theodoretos (5,21) und Orosios (7,28) unterlassen haben: Tum deinde (so der Letztere) primus Constantinus 'iusto' ordine et 'pio' vicem vertit edicto; siquidem statuit citra ullam hominum caedem, paganorum templa claudi. [Damals hat Constantinus als erster in ›gerechter‹ und ›frommer‹ Ordnung mittels eines Erlasses eine Wende herbeigeführt; er verfügte, ohne irgendeine Gewaltanwendung die Schließung heidnischer Tempel]. Anstelle nun dieses ominöse Gesetz zu zitieren, welches allen kaiserlichen Codices vorangeleuchtet haben würde, halten wir uns lieber an den Originalbrief, welchen Constantin an die Bekenner der alten Religion adressierte; zu einer Zeit übrigens, als er seine Konversion nicht länger verhehlte und von Thronrivalen auch nichts mehr zu fürchten hatte.

Er bestürmt und nötigt die Untertanen des römischen Reiches in den dringlichsten Ausdrücken, ihrem Herren nachzueifern; dann aber erklärt er, dass alle diejenigen, die ihre Augen auch fernerhin vor dem himmlischen Lichte verschlossen halten wollten, sich unbehindert ihrer Tempel und ihrer albernen Götzen erfreuen möchten. Einem Gerücht, dass die heidnischen Zeremonien verboten seien, widerspricht der Kaiser ausdrücklich, und weise gibt er als Ursache für seine Mäßigung an, dass Gewohnheit, Vorurteil und Aberglauben unüberwindbare Mächte seien. Siehe Eusebios, Vita Constantini 2,56 und 60. In seiner Predigt an die Versammlung der Heiligen, die der Herrscher hielt, da er an Jahren und Frömmigkeit herangereift war, verkündet er den Götzendienern (11), dass es ihnen gestattet sei, Opfer darzubringen sowie jede Form ihrer religiösen Rituale abzuhalten. Ohne sein heiliges Versprechen zu verletzen, ohne die Besorgnisse der Heiden aufzurufen, fuhr der einsichtige Monarch mit berechneter Vorsicht und tastenden Schritten fort, das regellose und zerfallende Gefüge des Polytheismus endgültig zu zerstören. Die parteilich-strengen Maßnahmen, die er gelegentlich durchführen ließ, zierte selbst dann, wenn sie durch christlichen Eifer eingegeben waren, immer noch der Anschein von Recht und Staatswohl; und während Constantin mit Plänen schwanger ging, die Fundamente der alten Religion aufzulösen, erweckte er den Anschein, er stelle nur ihre Missbräuche ab.

Nach dem Vorbild der weisesten seiner Vorgänger verbot er unter Androhung der härtesten Strafen die trübe und gottlose Kunst der Wahrsagung; welche doch nur bei denen, die mit ihrem gegenwärtigen Los unzufrieden waren, eitle Hoffnungen und bisweilen sogar kriminelle Energie erweckte. Schmachvolles Schweigegebot ward über die Orakel verhängt, welche man in aller Öffentlichkeit des Trugs und der Unwahrheit überführt hatte; die verzärtelte Priesterschaft vom Nil wurden aufgelöst; und Constantin übernahm die Pflichten eines römischen Zensors, indem er Befehl gab, die verschiedenen phönizischen Tempel zu zerstören, in welchen am hellen Tage zu Ehren der Venus die unterschiedlichsten Formen der Prostitution ausgeübt wurde. Siehe Eusebios, Vita Constantini 3,54-58 und 4,23 und 25. Die hoheitlichen Verfügungen lassen sich vergleichen mit dem Verbot der Bacchanalen und der Zerstörung des Isis-tempels durch Roms heidnische Magistrate. Das kaiserliche Konstantinopel war im gewissen Umfang auf Kosten und mit Beutestücken griechischer und asiatischer Tempel errichtet worden; der Tempelschatz wurde konfisziert; Götter- und Heroenstatuen wurde unter unwürdigen Bedingungen abtransportiert und dienten dem Volk als Objekt nicht der Verehrung, sondern des Gaffens: Gold und Silber wurden wieder in Umlauf gebracht; und auch die Magistrate, die Bischöfe und die Eunuchen ließen die günstige Gelegenheit nicht aus, um mit einem Schlage ihren Glaubenseifer, ihre Habgier und ihre Rachegelüste zu bedienen. Aber diese Plünderungen beschränkten sich auf einen kleinen Teil der römischen Welt; und die Provinzen waren schon seit Alters daran gewöhnt, dass Herrscher oder Prokonsuln diese Form des Tempelraubes übten, ohne dabei im Verdacht zu stehen, die etablierte Religion abschaffen zu wollen. Eusebius,Vita Constantini 3,54 und Libanios, Oratio pro Templis p.9 ed. Gothofredus erwähnen beide Constantins fromme Tempelschändung, wenn auch unter verschiedenem Blickwinkel. Letzterer erklärt ausdrücklich, dass ›er dass heilige Geld verwendete, aber an der gesetzlichen Form des Dienstes nichts änderte; die Tempel wurden ausgeplündert, aber die heiligen Riten wurden dort dennoch durchgeführt.‹ Lardner, Jewish and heathen testimonies, Band 4, p.140.

 

TEMPEL DER HEIDEN RESPEKTIERT

Die Söhne Constantins traten mit viel Eifer und wenig Klugheit in ihres Vaters Nachfolge. Die Vorwände für Tempelraub und Unterdrückung nahmen unmerklich zu; Ammianus (22,4) spricht von einigen Hof-Eunuchen, welche ›spoliis templorum pasti‹ [Vom Tempelraub fett] waren. Libanius (Oratio pro Templis p.23) erzählt, wie der Kaiser oftmals einen Tempel verschenkte, so wie man einen Hund, ein Pferd, einen Sklaven oder einen Goldpokal verschenkt: aber der ernsthafte Philosoph verfehlt nicht darauf zu verweisen, dass dies den frevelhaften Günstlingen sehr selten zu ihrem Guten ausschlug. illegalen Handlungen der Christen wurde jede Nachsicht zuteil; alle Zweifelsfälle wurden zu Lasten des Heidentums ausgelegt; und die Zerstörung der Tempel wurden als die glücklichsten Momente der Regierung des Constans und Constantius gefeiert. Siehe Gothofredus zum Codex Theodosianus Band 6 p. 262; Libanios, Oratio Parentalis, c.10, in Fabricius, Bibliotheca Graeca, Band 7, p. 235. Der Name des Constantius steht vor einem knappgefassten Gesetz, welches alle künftigen Verbote hätte entbehrlich machen können. ›Es ist unser Wille,‹ so ist da zu lesen, ›dass an allen Orten und in allen Städten, die Tempel unverzüglich geschlossen sein sollen, und sorgsam darauf geachtet werde, dass niemand zuwider handeln könne. Es ist insgleichen unser Wille, dass alle unsere Untertanen vom Opfer abstehen. Sollte einer schuldig erfunden werden eines solchen Tuns, fühle er das Schwert der Strafe, und nach vollendeter Tötung soll all sein Besitz zu öffentlichem Gebrauch konfisziert werden. Dergleichen Strafen drohen wir allen unseren Provinzgouverneuren an, die etwa die Bestrafung solcher Verbrecher unterlassen.‹ ›Placuit omnibus locis atque urbibus universis claudi protinus templa, et accessu vetitis omnibus licentiam delinquendi perditis abnegari. Volumus etiam cunctos a sacrificiis abstinere. Quod siquis aliquid forte hujusmodi perpetraverit, gladio [ultore] sternatur: facultitates etiam perempti fisco decernimus vindicari: et similiter adfligi rectores provinciarum si facinora vindicare neglexerint.‹ Codex Theodosianus 16, 10, 4. Die Chronologie hat einige Widersprüche im Datum dieses abwegigen Gesetzes ausgemacht, wohl des einzigen, in welchem die Nachlässigkeit der Obrigkeit mit dem Tode und der Gütereinziehung bestraft wird. M. de la Bastie (Mémoires de l'Academie des Inscriptions, Band 15, p.98) vermutet mit einigem Grund, dass dieses lediglich der Entwurf und kurzgefasste Inhalt zu einem Gesetz war, welches in den Scriniis Memoriae (Urkundenschränke) unter den Papieren des Constantius gefunden und hernach als zukommendes Muster in den Codex Theodosianus eingerückt worden ist.

Aber wir haben guten Grund zu der Annahme, dass dieser bedrohliche Erlass entweder abgefasst, aber nicht verkündet, oder verkündet, aber niemals exekutiert wurde. Die nachweisbaren Tatsachen, die erhaltenen Inschriften auf Stein und Erz beweisen, dass während der gesamten Herrschaft der Constantin-Söhne die heidnischen Götter öffentlich verehrt wurden. Im Osten und Westen, in den Städten genauso wie auf dem Lande wurde eine große Anzahl Tempel heilig gehalten oder zumindest verschont; und die Masse der Gläubigen erfreute sich der Opfer, Feiern und Prozessionen, die mit Genehmigung oder wenigstens mit der stillschweigenden Duldung der Obrigkeit stattfanden. Etwa vier Jahre nach seinem Bluterlass besuchte Constantius die Tempel Roms; und sein angemessenes Betragen wird von einem heidnischen Redner als beispielgebend für die späteren Herrscher gerühmt: ›Dieser Herrscher,‹ sagt Symmachus, ›hielt es aus, dass die Vorrechte der Vestalischen Jungfrauen unangetastet blieben; er verlieh dem Adel Roms Priesterwürden, sicherte die gewohnte Bezahlung der öffentlich abgehaltenen Riten und Opfer zu: und obgleich er eine andere Religion angenommen hatte, versuchte er doch niemals, dem Imperium den geheiligten Kultus der Väter zu entwinden.‹ Symmachuos, Epistulae 10, 54.

Der Senat gab weiterhin vor, durch feierliche Erlasse das göttliche Andenken an seine Herrscher zu heiligen; und Constantin selbst wurde nach seinem Tode unter genau die Götter gezählt, welche er zu Lebzeiten abgelehnt und geschmäht hatte. Der Titel, die Insignien und die Vorrechte eines KÖNIGSPRIESTERS, die Numa Pompilius eingeführt und Augustus wieder aufgenommen hatten, nahmen auch sieben christliche Herrscher ohne Zögern an; welche dann mit unbeschränkterer Macht über die Religion ausgestattet waren, die sie aufgegeben hatten, als über die, die sie nunmehr bekannten. Die vierte Abhandlung von Herrn de la Bastie, ›Sur le Souverain Pontificat des Empereurs Romains‹ (in the Mémoires de l'Acadademie, Band 15, p. 75-144) ist eine sehr gelehrte und eerkenntnisreiche Studie, in welcher die Lage des Heidentums von Constantins bis zu Gratians Zeiten beschrieben und seine Duldung nachgewiesen wird. Zosimos' Behauptung (4,36), Gratian habe als erster das Gewand des Oberpriesters ausgeschlagen, hat Beweise für sich, an denen kein Zweifel erlaubt ist; und das bigotte Protest-Murren darüber ist nahezu verstummt.

Die Spaltung des Christentums verzögerte den Untergang des Paganismus; Da ich ›paganus‹ (Heide) und ›Paganismus‹ (Heidentum) recht unbedenklich benützt habe, will ich jetzt den verschiedenen Bedeutungen dieses berühmten Wortes nachspüren. 1. paga bedeutet im Dorischen Dialekt, der den Italikern so vertraut ist, Quelle; und ebenso erhielt die ländliche Umgebung dieser Quelle die gleiche Bezeichnung pagus und pagani. (Festus, unter diesem Begriff und Servius zu Vergil, Georgica 2,382). 2. Durch einfache Bedeutungserweiterung wurden pagan und ländlich nachgerade synonym (Plinius, Naturalis Historia 28,5); und das schlichte Landvolk übernahm diese Bezeichnung, die in einigen modernen europäischen Sprachen zu peasants (paysans) verderbt wurde. 3. Das unvorhergesehene Anwachsen des militärischen Standes machte es notwendig, einen entsprechenden Begriff einzuführen (Hume, Essays, Band 1, p.555); und so wurden alle, die nicht im Dienste der Herrscher eingetragen waren, mit dem verächtlichen Adjektiv pagani versehen (Tacitus, Historiae 3,24, 43 und 77; Iuvenal, Satirae 16; Tertullian, de Pallio 4). 4 Die Christen waren die Soldaten Christi; ihre Gegner, die sein Sakrament oder den militärischen Eid – die Taufe – verweigerten, hatten sich so den metaphorischen Namen pagani verdient: und diese allgemeine Verachtung wurde unter der Herrschaft des Valentinian (A.D. 365) in die kaiserliche Gesetzgebung (Codex Theodosianus 16,2,18) und in das theologische Schrifttum eingeführt. 5. Allmählich drang das Christentum in die Städte des Imperiums vor; die alte Religion zog sich in der Zeit des Prudentius (Adversus Symmachum 1 ad finem) und Orosius (Historiae, Praefatio) in abgelegene Dörfer zurück; und so kehrte auch das Wort pagani mit seiner neuen Bedeutung in sein altes Herkunftsgebiet zurück. 6. Seit die Verehrung Jupiters und seines Geschlechtes erloschen war, wurde der vakante Titel pagani allmählich auf alle Götzendiener und Polytheisten der Alten und Neuen Welt ausgedehnt. 7.Die Christen des Westens verliehen diesen Namen ohne Bedenken auch ihren Todfeinden, den Mohammedanern; und die frömmsten Unitarier zieh man – zu Unrecht – der Idolatrie und des Paganismus. Siehe Gerard Vossius, Etymologicon linguae latinae, Works, Band 1, p.420, Gothofreds Kommentar zu Codex Theodosianus Band 6, p. 250 und du Cange, Glossarium ad scriptores mediae et infimae Latinitatis. und den heiligen Krieg gegen die Ungläubigen führten Bischöfe und Herrscher weniger heftig, als sie sich mehr durch die Gefahren einer Rebellion im Inneren aufschrecken ließen. Die Austilgung der Idolatrie In der reinen Sprache Ioniens und Attikas waren eidolon und latreia alte und vertraute Wörter. Ersteres kennzeichnet eine Ähnlichkeit, eine Erscheinung (Homer, Odyssee 11, 601), eine Darstellung, ein Bild der Phantasie oder der Kunst. Letzteres meint jede Art von Dienst oder Sklaverei. Die Juden Ägyptens, welche die hebräischen Schriften übersetzten, beschränkten den Gebrauch dieses Wortes auf die Anbetung eines Bildes. Das besondere Idiom der hellenistischen oder griechischen Juden wurde von den Kirchenschriftstellern übernommen; und die Ablehnung der Idolatrie hat jene sichtbare Form des Aberglaubens gebrandmarkt, welchen einige christliche Sekten dem griechisch-römischen Polytheismus nicht zu vorschnell zuschieben sollten. hätte Anlass für vergleichbare Akte von Intoleranz sein können: aber die feindlichen Sekten, welche nacheinander am Kaiserhof regierten, trugen Bedenken, sich den Gemütern einer mächtigen, wenn auch untergehenden Faktion zu entfremden oder gar gegen sich aufzubringen. Jetzt wappnete sich die christliche Seite mit allen Motiven wie Autorität und Gewohnheit, Staatsinteresse und Vernunft; und nur zwei oder drei Generationen vergingen, bis ihr Einfluss sich siegreich bemerkbar machte. Die Religion, welche unlängst eingeführt war im römischen Reiche, wurde von vielen Menschen bekannt, nicht so sehr jedoch aus spekulativen Gründen als aus alter Gewohnheit. Ehrenstellen erhielten die Untertanen des Constantin und Constantius ohne Ansehen ihrer Religion; und in den Dienst am Polytheismus floss nach wie vor viel Wissen und Geld ein. Senator und Bauer, Dichter und Philosoph waren aus ganz unterschiedlichen Gründen abergläubisch, aber im Tempel ihrer Götter trafen sie sich mit gleicher Andacht. Ihr Eifer entflammte sich unmerklich infolge des empörenden Triumphes einer verbotenen Sekte; und ihre Hoffnungen belebten sich durch die wohlbegründete und vertrauliche Mitteilung, dass der vorgesehene Erbe des Reiches, ein jugendkühner Held, der Gallien aus der Umklammerung der Barbaren befreit hatte, heimlich wieder zu der Religion seiner Väter zurückgefunden habe.


 << zurück weiter >>