Johann Wolfgang Goethe
Italienische Reise
Johann Wolfgang Goethe

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April

Korrespondenz

Rom, den 10. April.

Noch bin ich in Rom mit dem Leibe, nicht mit der Seele. Sobald der Entschluß fest war, abzugehen, hatte ich auch kein Interesse mehr, und ich wäre lieber schon vierzehn Tage fort. Eigentlich bleibe ich noch um Kaysers willen und um Burys willen. Ersterer muß noch einige Studien absolvieren, die er nur hier in Rom machen kann, noch einige Musikalien sammeln; der andere muß noch die Zeichnung zu einem Gemälde nach meiner Erfindung ins reine bringen, dabei er meines Rats bedarf.

Doch hab' ich den 21. oder 22. April zur Abreise festgesetzt.

 
Rom den 11. April.

Die Tage vergehn, und ich kann nichts mehr tun. Kaum mag ich noch etwas sehen; mein ehrlicher Meyer steht mir noch bei, und ich genieße noch zuletzt seines unterrichtenden Umgangs. Hätte ich Kaysern nicht bei mir, so hätte ich jenen mitgebracht. Wenn wir ihn nur ein Jahr gehabt hätten, so wären wir weit genug gekommen. Besonders hätte er bald über alle Skrupel im Köpfezeichnen hinausgeholfen.

Ich war mit meinem guten Meyer diesen Morgen in der französischen Akademie, wo die Abgüsse der besten Statuen des Altertums beisammenstehn. Wie könnt' ich ausdrücken, was ich hier wie zum Abschied empfand? In solcher Gegenwart wird man mehr, als man ist; man fühlt, das Würdigste, womit man sich beschäftigen sollte, sei die menschliche Gestalt, die man hier in aller mannigfaltigen Herrlichkeit gewahr wird. Doch wer fühlt bei einem solchen Anblick nicht alsobald, wie unzulänglich er sei; selbst vorbereitet steht man wie vernichtet. Hatte ich doch Proportion, Anatomie, Regelmäßigkeit der Bewegung mir einigermaßen zu verdeutlichen gesucht, hier aber fiel mir nur zu sehr auf, daß die Form zuletzt alles einschließe, der Glieder Zweckmäßigkeit, Verhältnis, Charakter und Schönheit.

 
Rom, den 14. April.

Die Verwirrung kann wohl nicht größer werden! Indem ich nicht abließ, an jenem Fuß fortzumodellieren, ging mir auf, daß ich nunmehr »Tasso« unmittelbar angreifen müßte, zu dem sich denn auch meine Gedanken hinwendeten, ein willkommener Gefährte zur bevorstehenden Reise. Dazwischen wird eingepackt, und man sieht in solchem Augenblicke erst, was man alles um sich versammelt und zusammengeschleppt hat.


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