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Am 24. Juni morgens um acht Uhr von Neapel weg. Durch herrliche Felder, die eben jetzt mit glänzend grünem Mais und Hanf bedeckt sind, nach Aversa. Ein fortgesetzter Garten bis Capua. Das Getreide liegt bereits geschnitten auf dem Felde.
Capua, eine Festung, aber mit so niedrigen Mauern, daß man sie ohne große Beschwerlichkeit überspringen könnte. An dem Fuß kahler Berge liegt es in der reizendsten Ebene da. Mehrere Kirchen, worunter drei mit Kuppeln, machen sie schon aus der Ferne bemerkt. Die Wälle umgibt der Fluß Volturno. Das Tor gegen Neapel ist mit offenbar antiker Skulptur geziert, Waffen und Trophäen mit Viktorien vorstellend. Am Ausgang der Stadt sitzt in seiner Nische ein alter Römer ohne Kopf. Die Inschrift konnte ich nicht lesen. Die Gegend ist ein Paradies.
Die Berge, welche das Tal von Capua umgeben, sind durchaus kahl und haben stellenweise schwarze Flecken, als ob sie einmal Vulkane gewesen wären.
Zwischen Sparanise und St. Agatha. Die Gegend nimmt an Reiz zu. Die kahlen Hügel verwandeln sich in bewachsene, die, terrassenartig mit Bäumen erhoben, den Gesichtskreis begrenzen. Rechts am Wege liegt ein Ort mit einem alten Schloß in der Mitte. Schöner kann man nichts sehen.
An der Straße ein niedliches Körbchen von Eisen auf einer Stange und darin der Schädel eines hingerichteten Räubers, der hier auf dieser Stelle einen Mord begangen. Auch jetzt scheinen diese Hohlwege noch nicht recht sicher zu sein, denn nebst mehreren Wachposten ist hier ein berittener Gensdarme aufgestellt, der die Wägen begleitet.
Von dem Gipfel der Anhöhen vor St. Agatha erblickt man wieder das Meer. Willkommener Anblick, um so mehr, als man sich dem Augenblicke nähert, wo man ihn auf immer verlieren soll.
Herrlich sind die Kastanienbäume mit ihren sonderbaren spindelförmigen Blüten.
Hinter St. Agatha fängt eine außerordentlich schöne Reihe hügelartiger Berge an, reich mit Bäumen und hier und dort mit malerischen Ortschaften gekrönt. Hinter denselben, schroff und steil, sie wohl dreimal überragend, ziehen die Apenninen ans Meer hin, bis wo die Feste Gaeta, weitumschauend vom luftigen Fels, die Reihe schließt.
Beinahe blendend ist das Grün des Mais, von der Sonne beschienen.
Bei Garigliano, dem Minturnum der Alten, passiert man den gelben Liris auf einer Schiffbrücke. Mehrere Ruinen, zu einer Wasserleitung und einem Amphitheater gehörig, verschönen die reizende Gegend. Rechts von Garigliano liegt ein unbeschreiblich schöner Hügel und hierauf Teto oder Treto, eben da, wo einst der Falerner gewachsen haben soll.
Endlich Gaeta, vom Glanz der untergehenden Sonne beleuchtet, mitten in der See, wie eine Meeresbraut daliegend.
Die Nacht in Molo di Gaeta zugebracht. Es war Johannisfest und alles im Sonntagsstaat. Tamburins schwirrten von allen Seiten, selbst von den Schiffen her, auf denen mutwillige, geputzte Mädchen die Tarantella tanzten, indes ebenfalls bunt geschmückte Bursche ruderten. Die Hauptergötzlichkeit war, wie man mir sagte, dem Völkchen verdorben; das sonst an diesem Tage übliche Wettfahren auf der See nämlich. Der Pfarrer hatte es für dieses Mal verboten. Warum? wußte man nicht. Wenn man das wirklich nicht weiß, so ist das schlimm für den Herrn Pfarrer.
Die Reize der Bucht von Gaeta samt den Umgebungen und der Stadt Gaeta selbst sind unbeschreiblich. Nicht leicht sah ich irgendwo so viele Pomeranzen- und Zitronenbäume. Äneas hat hier seiner alten Amme einen hübschen Gedächtnisort ausgesucht.
Am 25. Um fünf Uhr morgens von Molo di Gaeta fort. Herrlicher Tag. Die Festung Gaeta, von der aufgehenden Sonne in Gold verwandelt, sieht aus wie ein ungeheures Feenschloß.
Molo, kleiner enger Ort. Hat aber den schönsten Weiberschlag, den ich noch im südlichen Italien gesehen. Beinahe keine von den vielen Mädchen und Weibern, die herausgelaufen waren, unsern respektabeln Zug zu sehen, die nicht hübsch, großenteils sehr hübsch gewesen wäre. Klare Gesichter, häufig blondes Haar, mitunter auch blaue Augen. Läßt sich vielleicht hier ein eingewanderter fremder Menschenschlag nachweisen? besonders, da sich diese Besonderheit außer der Gegend um Gaeta bald wieder verliert. An den Männern bemerkte ich diese große Verschiedenheit weniger.
Außer Molo nähert sich links der Apennin der Straße, und die Gegend wird weniger üppig, aber darum nicht weniger schön. Die hohen Berge ringsherum sind bewachsen und haben ein grandioses Ansehen.
In Itri dauert der hübsche Menschenschlag fort. Überall blonde Mädchen, und selbst der Junge, der die Stangenpferde an meinem Wagen reitet, sieht aus wie ein bildhübscher, blonder deutscher Junge. Aber, o weh! Diese so keltisch aussehenden Menschen sind gerade als die größten Spitzbuben verschrien, und nirgends geschehen so viele Räubereien als gerade auf der Straße zwischen Molo, Fondi und Itri, so zwar, daß man selbst in Neapel versicherte, besonders die letzten zwei Orte seien durchaus von Räubern bewohnt, von solchen nämlich, die die Wegelagerung nur als Nebenbeschäftigung bei ihrer Wirtschaftsarbeit treiben. Arm genug sieht das Völklein dazu aus. Man hat uns deshalb auch von Molo aus vier Gensdarmes zur Begleitung mitgegeben, die sich mit Patrouillieren und Spionieren wichtig machen und höchst gefährliche Gesichter schneiden.
Der Weg ist aber auch wie zu Hinterhalten gemacht; durchaus bergicht, bildet er einen Engpaß, der am Rande eines Absturzes zwischen zwei Reihen der Apenninen fortläuft.
Von der Höhe herabgekommen, breitet sich ein weites herrliches Tal aus, dessen üppiger Reichtum durch die Nacktheit der Berge, die es umgeben, noch mehr gehoben wird.
Fondi, eine kleine Stadt mit einem sehr gut erhaltenen festen Schloß aus dem Mittelalter mit Zinnen und Türmen. Derlei Festen sind überhaupt in dieser Gegend ziemlich häufig.
Es begegnen einem sehr häufig Leute zu Fuß und zu Pferde mit Flinten bewaffnet. Ob sie das sind, sich selbst zu schützen oder andere anzufallen, weiß ich nicht. Wenn sie übrigens ehrliche Leute sind, so haben sie vollgültige Ursache, sich über die Natur zu beklagen, denn sie sehen aufs Haar aus wie Spitzbuben. Die Gensdarmen ritten jedesmal gegen sie vor, wie zum Schutze; nie fiel ihnen aber ein, die Kerls zu fragen, wer sie seien und warum sie diese Waffen trügen.
Torre di Confine bezeichnet die Grenze zwischen Neapel und dem Kirchenstaate. Wie mit einem Zauberschlage ist nun das Land verändert, fast ganz ohne Anbau und Frucht liegt es da und bereitet auf die Pontinischen Sümpfe vor.
Am Wege weidet eine Herde Büffel. Wie roh, dumm und grausam die Tiere aussehen!
Es ist nicht Einbildung, man spürt deutlich die aria cattiva, wie man sich mehr und mehr Terracina, dem Anxur der Volsker, nähert.
In Terracina zum letztenmal auf dieser Reise den Anblick des Meeres. Es hatte sich noch recht schön gemacht und lag da in himmelblauer Herrlichkeit, als ob es mir das Herz recht schwer machen wollte. Ich nahm traurig Abschied von dem poetischen Element, das Furchtbarkeit und Milde so zauberisch vereint.
Hinter Terracina fangen sogleich die Pontinischen Sümpfe an. Man denkt sich bei diesem Namen wohl allerdings ein viel greulicheres Bild, als man in der Wirklichkeit findet; denn durch diese Sümpfe bekommt man eigentlichen Sumpf nur sehr selten zu Gesichte, auch läuft ein herrlicher Straßendamm durch, zu beiden Seiten mit grünen Ulmenreihen und mannigfaltigem Gebüsch besetzt; aber diese Einförmigkeit selbst, auf einer Strecke von sechs Posten, ohne Dorf, ohne Haus, ohne Menschen; und dann, wo die maskierenden Bäume den Blick durchlassen, die Aussicht auf eine unübersehbare moorige Steppe mit einem von schädlichen Dünsten blauen Gesichtskreise, wer könnte sich da anders als unbehaglich fühlen.
Station Ponte Maggiore, ein einzelnes Haus, ebenso Mesa.
Vier Geier zur Rechten des Weges. Das ist wohl ein glückliches Augurium.
Bocca di Fiume. Kurze Posten, gute Pferde. Aber wie die Menschen aussehen! Geisterbleich und Krankheit im Gesichte, scheint es ihnen an der Kraft zu fehlen, die Spitzbübereien auszuführen, die in ihren verschmitzten, lauernden Zügen und spähenden Augen sich nur zu deutlich malen.
Torre de' tre ponti.
Endlich vor Cisterna aus den Sümpfen heraus und wieder bebautes Land.
In Velletri übernachtet, das herrlich auf einem Hügel daliegt und hinabschaut ins alte Land der Volsker. Eine reichere Aussicht, als man von den hintern Zimmern des großen Wirtshauses hat, läßt sich kaum denken. Vor sich den Apennin, doppelt übereinandergetürmt, kahl in seinen Gipfeln, aber mit Feld und Wald bedeckt auf der untern Hälfte, bis dahin, wo Cori unter Gärten sich gelagert. Zwischen beiden Hügeln ein lustiges Tal, das jeden entzücken müßte, der nicht aus Kampaniens Wunderfluren kömmt. Mit diesen verglichen aber, wie matt, wie farblos, geradeso, wie mir Deutschlands Ebenen vorkommen werden gegen die von Rom. Der Mais, dessen Glanz bei Capua fast dem Auge wehe tut, ist hier – nun eben grün und nichts weiter. Die dunkeln, saftiggrünen Bäume und der tiefblaue Himmel, die in Neapel sich so bestimmt abschneiden, verflößen sich hier schon wieder leidlich, nachdem sie wechselseitig jedes etwas von der unsozialen Schärfe ihres Charakters abgelegt haben. Aber das Ding ist doch noch immer recht hübsch. Rechts bezeichnet ein langer Strich die Baumreihen, die längst der Straße durch die Pontinischen Sümpfe führen. Ganz rechts in weitester Ferne kündigt ein leiser Silberduft das Meer an, das glänzend die Küste umgürtet und den äußersten Gesichtspunkt, Cap Circeji, bespült, der alten Circe fabelhaften Sitz. Links begrenzen die Aussicht die sabinischen Berge.
Genzano, eine Stadt mit deutschen Dächern. Ich wollte schon in ein künstlerisches Entsetzen über diese barbarische Bedeckung ausbrechen, als ich gewahr wurde, daß mir das Ding nicht übel gefiel. Ob es an sich nicht so schlimm ist oder die Ähnlichkeit mit meinem Vaterlande das ihrige dazu beitrug, weiß ich nicht. Gewiß ist, daß derlei Giebeldächer einen eigenen, wohltätigen Eindruck von Häuslichkeit und Sicherheit vor Wind und Wetter machen.
An der Straße bei einem Quellbrunnen ein Rudel Engländerinnen in all ihrer natürlichen Steifheit. Wahrscheinlich aus einer Villa in der Nachbarschaft.
Auf der Anhöhe außer dem Tore von Riccia, dem alten Aricia, weite Aussicht auf die kahlen Umgebungen von Rom.
Rechts vom Wege das Grab der Horatier und Kuriatier.
Albano, eine hübsche Stadt. Hier sieht man zum ersten Male wieder bei den Weibern die großen silbernen Nadeln nach der Art der Römerinnen quer durch die Haare gesteckt, auch die sonderbaren Schleier, tüchtig gesteift, sodann viereckt und flach, in Form eines Brettchens oben zusammengelegt. Das Häßlichste aber ist ein Mieder, steif wie ein Panzer, mit einem von der Brust weit vorstehenden Rande.
Außer Albano sieht man wieder die ewige Weltstadt, in der aria cattiva wie auf Nebelwolken schwimmend.
Zur Seite des Weges überall Villen und Ruinen alter Zeit.
Ein Wagen mit Militärbegleitung und drei gebundenen Räubern darauf. Die Hauptperson, eine verfluchte Physiognomie.
Heiden und Steppen, Steppen und Heiden, dazu noch eine fühlbar immer schlechter werdende Luft, wie man von den albanischen Bergen herabsteigt und sich Rom nähert.
Torre di mezza via, letzter Postenwechsel. Ungeheure Ruinen mehrerer Wasserleitungen.
Endlich Rom!
Der Heilige Vater hatte den Grafen schon in Neapel einladen lassen, auf seiner Rückreise im Quirinal einzukehren, und er hat uns denn auch jetzt empfangen, wie sich's gehört. Mein Zimmer, das ich statt eines mir angetragenen ganzen apartementino wählte, ist freundlich und hell, nur beinahe zu hübsch mit seinen rosenroten Tapeten und goldenen Leisten, eine schöne Aussicht über Rom nach den albanischen Bergen, die nur dadurch gestört wird, daß gerade unter mir der Garten der Jesuiten liegt und ich die Herren, die ich nicht recht wohl leiden mag, vor meinen Augen herumgehen sehen muß. Eine eigene Equipage samt einem Bedienten zur Disposition, kurz, prosaisches Wohlergehen ohne Ende!
Gleich nach dem Essen fuhren wir nach St. Peter, das der Arzt noch nicht gesehen hatte. Die Kirche machte heut zum zehntenmal gerade den Eindruck auf mich wie das erste Mal. In der Entfernung scheint sie nicht groß, und ganz nahe fehlt ein Totaleindruck. Die Kuppel wird zur Hälfte von der Attika verdeckt. Das Innere zu voll und doch wieder leer, hohl. Man kann sie klein finden und – hat man die Verhältnisse gefaßt und einen Maßstab gefunden – ungeheuer; groß wohl nie. Zu all den Zieraten und Schnörkeln, die da wie Schwalbennester an allen Wänden kleben, hat während meiner Abwesenheit in Neapel nun auch Canova neuerdings sein Scherflein hinzugetan, ein Grabmal des letzten Kardinals von York nämlich. Etwas Kleinlicheres kann man nicht mehr sehen. Erstens ist das ganze Ding schon physisch klein und wird von den großenteils kolossalen Denkmalen ringsherum ganz erdrückt, dann aber auch Idee und Anordnung des Ganzen. Eine Pyramide von weißem Marmor auf graulichem Grund. Eine solche Farbengebung des Grundes scheint mir schon an sich verwerflich, nebstdem sieht es aber hier in der Peterskirche, deren übrige Wände hell weiß sind, höchst grell und häßlich aus. In der Pyramide ist eine verschlossene Tür, anzeigend, daß es mit dem Geschlecht des Kardinals aus ist. Daneben stehen zu beiden Seiten zwei Genien mit umgestürzten Fackeln – wie neu! Diesen Genien scheint der Schmerz das Bewußtsein geraubt zu haben, so gedankenlos und leer sind ihre Milchgesichter. Die Körper und Arme sind, wie von Canova zu erwarten, hübsch genug, an tüchtigen, durch die Beugung des Körpers herausgepreßten Hinterbacken fehlt es nicht, und von den Schenkeln wünschte ich, daß die Buben dem Perseus ihres Meisters etwas abgeben könnten; sie behielten noch immer genug, und der arme Heros käme ein wenig zu Fleisch. Das Schönste am Ganzen aber sind drei hohe Verwandte des Kardinals, die auf einer Art Fenstergesims wie Perückenstöcke stehen und sich wundern, daß man die Türe schon zugemacht, indes sie noch heraußen sind.
Man sagt, Canova habe bei dieser Arbeit eine Zeichnung zugrunde legen müssen, die man ihm aus England zugeschickt. – Müssen? Wer konnte ihn zwingen, wenn er sie für albern erkannte!
27. Vormittags im Vatikan die Statuen, die Bibliothek und die Teppiche nach Raffael besehen. Nachmittags die Stanzen und die Bildergalerie.
28. Vormittags das kapitolinische Museum nebst den Sälen der Konservatoren. Nachmittags, als dem Vorabend des Petersfestes, der Vesper beigewohnt, die der Papst selbst hielt. Abends Beleuchtung der Peterskuppel und Girandola auf der Engelsburg.
Am 29. war der Arzt krank, weshalb wir keine Exkursion machen konnten. Ich schlug ab, der Pontifikalmesse zu St. Peter beizuwohnen, da ich mir das leere Possenspiel schon oft genug angesehen hatte und nicht drei Stunden langweilig hinbringen wollte. Dafür besah ich mir Santa Maria degli Angeli, eine der schönsten Kirchen Roms, von Michelangelo aus zwei Sälen der Bäder Diokletians gebildet. Auch trat ich in die S. Maria Maggiore ein, die darin herrschende feuchte Kälte trieb mich aber bald wieder heraus, da ich etwas unpaß war und das römische Fieber fürchtete. Nachmittags ließ ich mich ins Trastevere nach der Longara fahren und besah die Farnesina. Welche Bilder! welcher Reichtum, welche Formen in der Geschichte der Psyche; welche Mannigfaltigkeit in den herrlichen Amorinen; welches Leben, welcher üppige Reiz in der Galatea! Schade nur, ich mochte anstellen, was ich wollte, ich konnte das Gesicht der Galatea selbst nicht recht ausnehmen. Aber diese Nymphe, die, indem sie sich dem Rücken des derben Halbmenschen anvertraut, zu sagen scheint: Wohlan, ich vertraue mich dir, mais soyez sage! Dann der andere Seemensch, mit welchen liebeverzehrenden Blicken er die Gelegenheit auf seinem Rücken (so übersetze ich das lange Vorhaar des Mädchens, das er trägt) anblickt. Etwas Reizvolleres als den Körper und die Stellung der Galatea selbst kann man sich nicht denken. Ebenso die mutwilligen Buben, die sich die überflüssige Mühe geben, mit Ihren Pfeilen da zünden zu wollen, wo es schon die Blicke getan haben.
Sodann nach St. Onofrio, wo Tasso begraben ist. Hinter der Kirchentüre ruht er. Ein kleiner Stein deckt sein Grab, ober dem sein Bildnis hängt, das ich nicht recht ausnehmen konnte, obschon ich Lichter herbeibringen ließ. Auf der Anhöhe hinter der Kirche steht eine Eiche, Tassos Eiche genannt, von wo aus man die reichste Aussicht über Rom und die Umgegend hat. Hier soll der Unglückliche gern gesessen und gedacht haben.
3. Juli. Ich habe dem Papst den Pantoffel geküßt. Der Wunsch, ihn recht nah zu sehen, führte mich in die Galerie, die er passiert, wenn er ausfährt, was er alle Tage um sechs Uhr tut; auch wollte ich einige Rosenkränze von ihm segnen lassen, die zu Geschenken für andächtige Seelen bestimmt waren. Der Papst kam, wir fielen auf die Knie. Vor ihm traten vier Gardisten, er selbst wurde von zwei Prälaten geführt. Klein und hager, wie er ist, nahm er sich in einer Art von Pilgerkleide aus weißem Seidenstoff mit einem runden, zu beiden Seiten aufgeschlagenen Hütchen aus purpurroter Seide, mit schmalen Treßchen verbrämt, äußerst sonderbar aus. Hätte ich die hündische Art gekannt, wie der Fußkuß geschieht, ich wäre weggeblieben. Man muß sich dazu, da der schwache Alte den Fuß nicht heben kann, fast auf den Bauch niederlegen. Ins Himmelsnamen! Man tut wohl viel ärgere Dinge!
In der Galerie des Kardinal Fesch gewesen. Eine fürstliche Sammlung, aber in einem schlechten Lokal, schlecht geordnet. Wo mag der heilige Mann all die herrlichen Dinge zusammengekauft haben. Eine Heilige Familie, von Raffael in seinem zwölften Jahre gemalt; mit weniger Sinn für Farbe, als man denken sollte. Ein Christus am Kreuz mit mehreren Heiligen aus Raffaels erster Manier. Göttlich trotz ziemlicher Trockenheit. Es ist wirklich etwas daran, daß Raffael den Ausdruck des Heiligen in seinen spätern Jahren etwas verlernt, aber er hat es reichlich durch andere Vorzüge ersetzt. Diese Figuren und Gesichter haben eine Reinheit, einen Nimbus, der den Beschauer außer sich selbst setzt. Deutlich ist in diesem Bilde noch die Manier seines Meisters, Peter Perugino. Eine strenge, aber schöne Madonna von Francia. Ein paar Peruginos, ein herrlicher Paul Veronese, eine Madonna von Guido, die mir nicht recht gefällt. Die vier Doktoren der Kirche von Tizian, herrlich, usw. Der Hauptreichtum besteht aber in den Bildern aus der niederländischen Schule. Herrliche Rubens, ein van Dyck, Wouvermans und Teniers zum Entzücken; eine Reihe von Rembrandt, wie man sie wohl selten findet. Potter, Breughel, kurz, Schätze ohne Zahl. Vor dem Bett Seiner Eminenz steht die Büste Napoleons mit Lorbeer gekrönt.
Die Räuber überfielen vor einigen Tagen in der Gegend von Albano ein Landhaus in der Hoffnung, den reichen Besitzer desselben zu erhaschen. Statt dessen fanden sie aber einen armen Maler, den jener bei sich hatte, und nahmen ihn aus Verwechslung mit. Drei Tage schleppten sie ihn mit sich, wobei sie ihm oft mit Dolch und Flinte drohten, wenn er einen Versuch machte, zu entfliehen oder um Hilfe zu rufen.
Endlich entdeckte sich der Irrtum. Der junge Mensch, ein Schweizer, der sich etwas auf die Artillerie verstand, hatte inzwischen dadurch ihre Gunst gewonnen, daß er ihnen manches von seiner Feuerwerkskunst mitteilte und durch Zeichnungen versinnlichte. Die Räuber hörten ihm mit großem Vergnügen zu und meinten, wenn sie nur erst einmal Kanonen hätten, dann sollte es ganz anders hergehen. Endlich ließen sie ihn los, indem sie ihn einluden, sie zu besuchen, wenn er wollte. Der Sohn des Wirtes aus demselben Orte, der mit ihm zugleich gefangen wurde, blieb in ihren Händen. Sie wollten ihn nur für sechstausend Scudi losgeben. Zur Zeit, als der Maler, der jetzt in Rom ist, sie verließ, lag der arme Mensch in lebensgefährlichen Krämpfen.
Am 5. Juli um sechs Uhr morgens von Rom fort. So verlaß ich dich denn vielleicht auf immer, du stolze Weltgebieterin, zu der es mich von meiner Kindheit mit so magischem Zuge hertrieb, das ich mir so überirdisch herrlich ausgemalt hatte, daß ich jetzt, da die Wirklichkeit mich abgekühlt, kaum noch das Phantasiebild in der Erinnerung hervorrufen kann, das mich lockend umschwebte. Nicht, als ob ich Rom nicht bewunderungswürdig gefunden hätte, aber wann hat die Wirklichkeit noch gehalten, was die Phantasie versprochen?
Mit schwerem Herzen fahre ich durch die lautschallenden Gassen, noch sparsam von Menschen belebt, und suche mit den Augen die großen Punkte, die die Gegenwart oder die Vergangenheit verklären. Vom Quirinal herab über den Spanischen Platz, zur Porta del Popolo hinaus und fort.
Ponte Milvio passiert, wo die Schlacht zwischen Konstantin und Maxentius geschlagen ward, die Raffaels Griffel in den Stanzen verherrlicht.
Links die Hügelkette, die mit Monte Mario und andern sich an den Janiculus anschließt, rechts die sabinischen Berge.
Öde Heide ohne Menschen – außer denen, die zerstückt und gedörrt auf den Pfählen zur Seite der Straße baumeln.
Alla Storta. Postwechsel, einzelner Hof.
Was man uns auf diesen beiden Stationen für prosaische Postillons gegeben hat. Vierschrötig und plump, wie böhmische Fuhrleute, baumeln sie auf den Pferden, daß die Schatten aller römischen Ritter sich im Grabe umkehren möchten. »Die Römer wurden ja nicht begraben, sondern auf einen Holzstoß (rogo) –«; ich danke, Herr Hofrat Böttiger.
Baccano, Postenwechsel, einzelner Hof. Der Weg noch immer zwischen Hügeln zu beiden Seiten durch größtenteils wüstes Land, wo nichts freundlich als der reine tiefblaue Himmel.
Von der Anhöhe hinter Baccano die Aussicht in das flache Land hinab, das, obschon auch ziemlich dürr, doch von größeren und kleineren Baumpartien artig durchschnitten, nicht übel aussieht. Hier zeigt sich wieder von ferne der Apennin mit seinen grandiosen Formen, der vorher nur in einzelnen blauen Spitzen durch die Öffnungen der kleinlichen dürftigen Hügel durchblickte.
So viele Raubvögel als in der Gegend von Rom sah ich noch nirgends. Natürlich fallen einem dabei die Augurien samt Romulus und Remus mit ihren Geiern wie auch des altern Tarquins Adler ein.
Vor Monterosi sehr schönes Tal mit Anbau.
Monterosi, ein recht hübscher Ort, liegt an dem sanften Abhange eines ungemein schön bewachsenen Hügels und beherrscht ein recht malerisches, wenngleich nicht allzu fruchtbares Tal.
Zwischen Monterosi und Nepi ein sehr schöner Eichenwald, der dem entwöhnten deutschen Auge wohltut. Wie man sich jetzt von der Campagna ab und den Gebirgen zuwendet, wird die Gegend frisch und grün.
Nepi, eine altertümliche, befestigte Stadt, mit einem malerischen festen Turm aus dem Mittelalter. Der Feste gegenüber steht ein kleines Schloß und vor diesem ein noch kleineres Schloß en miniature, das einen Springbrunnen bildet.
Hinter Nepi geht der Weg durch Eichenwälder, die von Stelle zu Stelle ausgerodet sind, so daß Korn zwischen den Bäumen steht und wieder Bäume mitten im Korn, was sehr gut aussieht.
Endlich wird die Gegend baumfrei, und man sieht vor sich den mächtigen Apennin, zu dem ein malerisches Tal hinführt.
Man ist jetzt im Lande der alten Falisker.
Gräßlicher Staub, unerträgliche Hitze.
Ölbäume bedecken die Gegend. Es ist unbeschreiblich, wie zart und duftig diese Bäume mit ihrem weichen, grauverfließenden Blätterschlag eine Landschaft machen. In der Ferne sind sie ganz violett getuscht.
Civita Castellana, eine hübsche Stadt, auf einem steilen, aber nicht hohen Felsen gebaut, mit einem schönen Fort. Auf den felsichten Anhöhen hinter der Stadt links Ruinen von der alten Stadt Falerii, wie man sagt. Eine sehr schöne Brücke über eine Kluft führt dahin.
Man spannt Reisenden, die mit vier Pferden fahren, hier herum fast durchaus ganz ungebändigte Pferde vor, wie man sie von der Weide hereinholt, wodurch man manchmal in schlimme Verlegenheit kommen kann. Hier hätten zwei solcher Tiere bald den Postillon totgeschlagen.
Längst der den Horizont begrenzenden Apenninenreihe läuft eine Kette von reichbewachsenen Hügeln fort, auf deren einem Magliano liegt, so schön, als es die Phantasie kaum ausdenken könnte.
Borghetto, einige Häuser. Daneben auf einem Hügel eine alte, große Feste, sehr schön gelegen.
Außer Borghetto passiert man die Tiber, über die eine schöne steinerne Brücke führt.
Rechts an der Straße auf einer Anhöhe ein vortrefflich erhaltenes Schloß aus dem Mittelalter. Hier mögen recht die Condottieri ihr Wesen getrieben haben.
Vor Otricoli links auf einem Berge, an dem die Tiber vorbeifließt, gleichfalls ein verfallenes Nest.
Otricoli, eine vormals befestigte Stadt auf dem Gipfel eines ziemlich hohen Berges mit Mauern und Türmen. Herrliche Apenninenlandschaft, die sanft abhängigen, obschon hohen Berge durch weite, frische Täler verbunden.
Eine schönere Berggegend als die von Venturi kann es nicht mehr geben. Man ist jetzt schon so hoch, daß, obschon auf der rechten Seite des Weges die Berge noch weiter hinaufsteigen, man links eine ungeheure Aussicht in die lachendsten Täler hat, die mit Öl- und Feigenbäumen, wie ein Garten, besetzt sind.
Schöne Brücke, wobei der Überrest einer andern, die, wie man sagt, August bauen ließ.
Keine Sprache der Welt reicht hin, die Schönheit der Gegend zu beschreiben, in der Narni liegt. Zwei Reihen ungeheurer, schön bewachsener Berge schließen eine Talschlucht ein, wo in einer schwindlichten Tiefe die gelbe Tiber dahinzieht. Über die Berge rechts an schroffen Abstürzen läuft die Straße und liegt, in das tiefe Tal hinabschauend, Narni, eine beträchtliche Stadt, von einer festen Burg gekrönt, die noch höher, ganz auf dem Gipfel des Berges liegt.
Hier ist man im Land der Sabiner.
Ebenso schön ist das darauffolgende Tal, voll Anbau und Frucht. Waren die Berge bis hier bewachsen, so sind sie jetzt nackt und ragen als graue Felsen gegen den tiefblauen Himmel.
Ich weiß nicht, wie ich meine Ausdrücke steigern soll, wenn ich von der Schönheit des Tales von Terni zu reden komme. Ein fortgesetzter Garten im strengsten Verstande, von Öl- und Feigenbäumen gebildet, die durch Weingehänge verbunden sind. Rings von majestätischen Felsen umgeben, die, vom Strahl der Sonne beleuchtet, auf eine eigene Art alle Farben spielen und Jaspis, Achat und Opale zu sein scheinen. Mitten drin die artige Stadt, an Schönheit ein Eden und an Frieden. Da möcht ich leben und sterben!
Um fünf Uhr kamen wir an, halb tot von der Hitze, die wirklich einen fürchterlichen Grad zwischen diesen Felsen erreicht hatte.
Gleich nach dem Essen, um halb sieben Uhr, setzte ich mich mit dem Sohn des gräflichen Hauses, in dem wir abgestiegen waren, neuerdings in den Wagen, um den berühmten Fall des Velino zu sehen.
Eine Stunde fährt man dahin durch die herrliche Gegend, die die sinkende Sonne mit Gold bestrahlte. Immer aufwärts geht's eine Stunde auf einer guten Straße. Wenn auch nichts anders zu sehen wäre als die herrliche Gegend, so verlohnte sich dieser Gang. Endlich langt man beim Falle an, der sich wohl [600] Fuß hoch über eine steilrechte Höhe in einem Sprunge herabstürzt, daß der Schaum wie eine Wölbung fast bis auf ein Vierteil seiner Höhe wieder emporsteigt. Abend, wie es war, konnten wir eine seiner Hauptschönheiten, die vielen Regenbogen, die er, von der Sonne beleuchtet, zeigt, nicht sehen, aber was wir sahen, war genug. Hätte ich Salzburgs Wasserfälle nicht gesehen gehabt, ich wäre außer mir gewesen.
6. Juli. Morgens um sechs Uhr aus dem gastfreundlichen Hause der Gräfin (Manasse heißt sie, wenn ich nicht irre), wo, damit des Glückes nicht allzuviel sei, die schöne sechzehnjährige Tochter, das Opfer einer unglücklichen Leidenschaft, an einer Brustkrankheit dem Tode nahe war.
Gleich hinter Terni steigt man einen Berg hinab und gelangt in ein äußerst schönes, enges Bergtal, das der Lauf eines in der jetzigen Jahreszeit größtenteils vertrockneten Waldstromes durchzieht.
Bei Strettura hat man rechts auf dem Berge eine Feste angelegt, den Paß zu verteidigen, der sich recht hübsch ausnimmt.
Hinter Strettura erklimmt man im Monte di Somma einen äußerst steilen Berg, den höchsten Punkt der Apenninen in dieser ganzen Gegend. So hoch er ist, gewährt er doch keine Aussicht, da er in einem Meer von anderen Bergen eingehüllt ist. Nur auf der Spitze sieht man durch einen kleinen Ausschnitt in die Täler der Menschen hinab.
Weitläuftige Maulbeerbaumpflanzungen deuten auf die Nähe einer beträchtlicher bewohnten Stelle. Jetzt öffnen sich die hohen Berge zu beiden Seiten des Weges und machen, wie ungeheure Kulissen, einem herrlichen Hintergrunde Platz, der aus mehreren einander terrassenförmig überragenden Höhen besteht. In dieser Öffnung liegt Spoleto amphitheatralisch da, von einem rechts daneben höher liegenden Schlosse geschirmt.
Hinter Spoleto erweitert sich das Tal immer mehr und mehr. Rechts und links weite Felder, wo eben jetzt Ernte ist.
Eine Hauptschönheit dieser Apenninen besteht darin, daß ihre kahlen Gipfel, wenn sie von der Sonne beschienen werden, ganz glühend scheinen und dunkelrot gegen den blauen Himmel leuchten.
Le Vene, Postenwechsel, einige Häuser.
Ein hoher Berg rechts an der Straße, eine Stunde außer Le Vene, bis zum Gipfel ganz mit Häusern bedeckt, die die Stadt Trevi bilden.
Foligno, eine große Stadt. Von hier aus wird die Gegend flacher und gemeiner, obgleich auch fruchtbarer: Das prosaische Korn steht allerwärts, daß einem Wirtschaftsverwalter das Herz im Leibe lachen müßte.
Gleich außer Foligno passiert man Spello, einen wenig bedeutenden Ort.
Degli Angeli, Postenwechsel. Kurz bevor man hinkommt, liegt rechts auf dem Berge Assisi, der Geburtsort des heiligen Franz, der den Beinamen von ihr führt. Herrliche Lage. Dem Anschein nach ist die Stadt recht artig.
In Degli Angeli prächtige Kirche, hart an der Straße, unsinnigerweise nebst der Kuppel zugleich mit einem Glockenturm verziert, oder vielmehr verunziert.
Schöne Brücke über die Tiber, besonders steil und hoch gewölbt. Üppige Fruchtbarkeit der Gegend.
Der Weg steigt nun wieder aufwärts, und von der Spitze eines äußerst malerischen Berges winkt Perugia dem Wanderer entgegen.
Die Stadt selbst ist sehr hübsch und sehr altertümlich. Vortreffliches Pflaster, reinliche Straßen, die jedoch alle starken Abhang haben. Von Gebäuden ist die Domkirche und der Gouvernementspalast merkwürdig. Letzterer soll nach der Angabe des Pietro Perugino gebaut sein. Das Ganze ist durchaus gotisch; die Fenster, in dem ersten Geschoß viereckt, in den obern mit spitzigen Bogen, haben jedes in der Öffnung drei Säulchen als Gitter. Trefflich ist das Portal mit Laubwerk und kleinen Bildern in Stein verziert. Die kleinen Säulen an diesem Portal ruhen, statt der Basen, sonderbar genug auf liegenden Löwen. Auf der Spitze dieser Säulen stehen wieder Löwen, und zwar geflügelte Löwen. Dieses letztere trägt noch mehr bei, die Erinnerung an den Markuspalast in Venedig hervorzurufen, dem das Gebäude auch sonst noch in manchem gleicht. Es ist übrigens dieses schöne Werk durch Vermauerung, Erweiterung, Verkleinerung mehrerer Fenster sehr verunstaltet worden.
Zur gotischen Domkirche steigt man auf mehreren Stufen empor, die ganz um die Kirche herumlaufen. An der Hauptfassade ist die Wand ungefähr zwei Klafter hoch mit kleinen Vierecken bedeckt, in denen sternförmige Felder, rot bemalt, eingeschlossen sind. Die Türe hat zu beiden Seiten Wandpilaster, in denen gutgearbeitete bärtige Menschenköpfe eingehauen sind. Die Kirche hat ein gutes Bild von Baroccio, die Kreuzabnehmung. Man zeigte uns auch noch einen heiligen Sebastian und zwei andre kleine Bilder, angeblich von Perugino, aber die Dinger waren so schwarz und der Abend schon so nah, daß man kaum noch etwas erkennen konnte.
Sehr merkwürdig ist das sogenannte Collegio di cambio samt der daranstoßenden Kapelle, ersteres von Peter Perugino selbst, letztere nach seiner Angabe von seinen Schülern gemalt. Im ersten Saale ist eine schöne Transfiguration, wovon man behauptet, daß Christus samt den beiden Patriarchen von Raffael gemalt sein soll. Zwei Bilder, wovon eines mehrere Helden, Leonidas, . . ., dann das zweite biblische Personen samt den verschiedenen Sibyllen vorstellt, konnte ich wegen der Dunkelheit nicht recht ausnehmen.
In der Kapelle ist eine Zusammenkunft Marias und der Elisabeth: sehr schöne Zeichnung und Zusammenstellung, auch sonst noch andere größere und kleinere Bilder, aber, wie gesagt, die Dunkelheit hinderte, alles zu sehen.
Auf dem Markt vor der Kirche ist noch ein hübscher Brunnen in altdeutschem Geschmacke. Zwei Becken sind übereinandergestellt, wovon das obere auf dünnen Säulen ruht. Bildwerke, größtenteils biblisch; doch auch die Fabel vom Wolf und Kranich, ferner Romulus und Remus mit ihrer Wölfin zieren, in Felder abgeteilt und durch mancherlei gotische Säulen getrennt, den Umfang.
Die Weiber sind hier sehr hübsch, gut gebaut und haben vorzüglich schöne und volle Brüste. Auch an Lustigkeit scheint's ihnen nicht zu fehlen, denn eben jetzt, um vier Uhr, sage: vier Uhr morgens, tanzen mehrere Paare zu Tamburin, Violine und Pfeife auf dem Markte eine Art von Tarantella.
Die Sonne hier über diesem Meer von Burgen, über dieser ungeheuern, blühenden Aussicht aufgehen zu sehen, welch einziger Genuß!
7. Juli. Abreise von Perugia morgens um fünf Uhr. Das Tal, durch welches der Weg führt, minder schön als bisher, aber doch noch immer hübsch genug.
Es ist keine Einbildung, die Gesichter der Bauernmädchen hier herum erinnern auf die Bilder des Peter Perugino.
Magione, erster Postenwechsel.
Links am Wege auf der Höhe außer dem Orte ein fester Turm aus dem Mittelalter.
Es scheint hier herum ein hübscher Weiberschlag zu sein.
Eine halbe Stunde außer Magione läuft der Weg am Trasimenischen See vorüber, heutzutage Lago di Perugia. Schöne Berge schließen von allen Seiten diesen großen, herrlich blauen See ein. Wo hier das Treffen zwischen Hannibal und den Römern vorfiel, läßt sich nicht erraten, da die vielen Berge und Hügel nirgends beinahe ein Schlachtfeld darbieten. Doch nein, die Entfernung täuscht das Auge. Die Berge sind jenseits weit genug vom Ufer entfernt und nähern sich demselben in sanften Abdachungen. Wenn die Römer am See aufgestellt waren, so begreift sich wohl, wie sie von den Karthaginensern geschlagen werden mußten, deren Stoß von der Höhe herab wirkte. Auch ist hier, zwischen zwei Reihen von Bergen eingeschlossen, kein Ausweg für den Flüchtigen, als, dem Abhang folgend, in den See hinein.
Im See watend ein hübsches, etwa vierzehnjähriges Mädchen mit lang herabhängenden gelben nassen Haaren. Eine Seenixe wohl gar.
Was sind die Mädchen hier herum hübsch! Hier fangen sie auch schon an, nach Art der Florentinerinnen schwarze runde Männerhüte zu tragen, aber noch lange nicht so elegant, ohne Band und Federstrauß.
Care del piano, Postwechsel. Obschon man hier noch im Kirchenstaate ist, merkt man doch schon an den Postillons, daß man sich dem Toskanischen nähert. Voll leerer Komplimente, ein unendliches Geschwätz, wobei aber nichts zustande kommt.
In Lurzano ist die Grenze gegen Toskana. Ein herrliches Tal bezeichnet den Eingang des schönen Landes.
Rechts auf einem Berge Cortona.
Camucia, erste toskanische Post. Ein wunderschönes Mädchen, Tochter des Postmeisters, schien zu versprechen, was wohl ihre Schwestern am Arno halten werden.
Das Tal, das man nun passiert, heißt Chiana und ist als die Kornkammer von Toskana berühmt. Einst war es ein sumpfiger See.
In Castiglione fiorentino bekamen wir keine Pferde, weil alle für die Reise des Kaisers genommen waren. Wir mußten daher mit denselben Pferden weiter fortfahren.
Obgleich Arezzo auf einer nicht unbeträchtlichen Anhöhe liegt, so sieht man es doch erst, wenn man schon dicht davor ist, weil ein vorliegender Hügel es verdeckt.
Die Stadt war vormals befestigt. Sie hat noch Mauern; die Gräben sind aber ausgefüllt. Breite Gassen, gut gepflastert, aber sehr abhängig.
Merkwürdig ist die Domkirche, in einem ähnlichen Stil gebaut wie die von Perugia, aber minder von außen verziert. Ein Deutscher, den sie Jacobo nennen, soll der Baumeister gewesen sein. Man steigt auf zehn bis zwölf Stufen in zwei Abteilungen zu dem gotischen Portal, dessen Verzierungen von gewalttätiger Hand höchst beschädigt sind. Inwendig macht die Kirche einen sehr guten Eindruck. Herrlich sind die gemalten Fenster. So schön habe ich sie nirgends als auf dem Nonnberge in Salzburg gesehen. Den Maler nennt man Marcillat, einen französischen Geistlichen. An Gemälden sind noch zwei des Aretiners Benvenuti merkwürdig: St. Donato und die bekannte Judith, die von Stufen herab den Kopf des Holofernes dem Volke zeigt; ein schönes Bild.
Wichtig ist St. Maria della Pieve mit drei Reihen gotischer Säulen übereinander, was einen eigenen Eindruck macht. Der Turm ist geschoßweise jedesmal mit zwei Bogen durchbrochen.
Es soll einst ein römischer Tempel gewesen sein. Wenigstens befinden sich im Innern nebst mehreren gotischen auch einige offenbar antike Säulen. Es sind darin gute Gemälde von Giotto und besonders von Vasari, hauptsächlich von letzterm ein heiliger Georg. Es war schon zu dunkel, um das recht zu genießen.
Der Palazzo publico, ein altertümliches Gebäude, übrigens weniger schön als der in Perugia.
Sehr schön ist hier das weibliche Geschlecht. Herrlicher Wuchs, schöne Gesichtsbildungen. Eine Unzahl hübscher Mädchen; aus jedem Fenster guckte eine.
Hier ist Petrarca geboren und Guido, der das Solfeggieren erfand; auch der Maler Vasari.
8. Juli. Morgens um fünf Uhr von Arezzo fort.
Ich muß den Aretinern als Spaziergängern vor den übrigen Italienern alles Lob erteilen. So früh es war, als wir die Stadt verließen, fanden wir doch schon mehrere Gruppen, die sich in der schönen Gegend ergingen und also wohl schon vor vier Uhr aufgestanden sein mußten.
Bald hinter Arezzo passiert man die Chiana, die dem ganzen Tal den Namen gibt.
Die Gegend fängt an, gemein zu werden.
Levana, Postenwechsel.
Ich kann heute nicht schreiben, denn ich befinde mich recht übel. Die Hitze ist diese letzten Tage so fürchterlich gestiegen, daß man sich kaum mehr zu helfen weiß. Vor bloßer Hitze war einige Male sogar das Erbrechen nahe.
Endlich Florenz von weitem – näher und näher – nun fahren wir in die Stadt ein. Das Schloß ist schon voll, uns wird unsere Wohnung im englischen Gasthof »Al Pelicano« angewiesen.
Nach dem Essen sogleich die Stadt besehen. Florenz hat das mit Venedig gemein, daß der Anblick der Stadt die ganze Vergangenheit derselben lebhaft in die Erinnerung bringt. Überall, wo man in der Stadt geht, kommen einem die Mediceer und ihr edler, großer, grandioser Geist entgegen. Man hat Florenz das italienische Athen genannt; ich finde nichts Passenderes; wenigstens was die zuerst auffallende Oberfläche betrifft.
Wenn man vor dem alten Palazzo ducale steht mit seinen Denkmalen und Bildwerken, in der davorliegenden Halle, in dem ehrwürdigen Umfang der Akademie, so fühlt man recht das Treffende dieser Vergleichung.
Abends im Theater della Pergola. Man gab Rossinis »Cenerentola«. Eine Madame Mombelli sang, zwar manieriert, aber sonst brav. Das übrige so unbedeutend als die Komposition. Das Ballett sehr schlecht. Das Theater ist weder besonders groß noch schön. Dagegen aber nimmt sich Gesang und Musik recht gut darin aus.
Ich hatte gestern zuviel Wein getrunken, und Kopf und Magen war in Unordnung. Spät eingeschlafen, träumte mir, ich wäre zu Schiffe und hätte die Seekrankheit mit allen ihren Unbequemlichkeiten. Wenn das nicht Poesie ist, so gibt es keine.
Am 10. Juli abends nach sechs Uhr von Florenz fort. Am Tore, durch das man hinausfährt, steht eine Art von Triumphbogen.
Vom Berge außer der Stadt warf ich noch einmal den Blick zurück nach der herrlichen Stadt, die, im Strahl der Abendsonne glühend, zauberhaft in ihrem Tale, einem der schönsten, die es geben kann, dalag.