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90. Collybius.
Gewiß ist es / wann zwey arme junge Menschen zusammen in die Ehe tretten / daß ihnen solche ihre Armut die gantze Zeit ihres wehrenden Ehestands weh thut: vornehmlich wann sie gleich anfangs mit vielen Kindern beladen werden / und keine Freunde vorhanden / die ihnen mit Hilff / Rath und That zu einer oder anderer Auffkunfft und Befürderung under die Arm greiffen; bin derowegen gäntzlich Herrn Simplici Meynung: doch mit dem geding und vorbehalt / daß ein Armer: doch wol qualificirter Jüngling auch eine junge reiche (wann er anders eine bekommen kan) heurathen möge / So fern er so viel Gedult bey sich weiß / ihre Herrschafft zu übertragen; Er muß auff solchen Fall gedencken / als wann er an statt solcher Gedult mit bitterer Arbeit erst ihr zugebrachtes erarnete / warzu man nicht allzeit Gelegenheit hat / wann man gleich gern etwas saurlich erarbeiten wolte.
91. Knan.
Jhr Herren sagt wol viel wie man sich im Heurathen verhalten soll / aber nunmehr erst auff solche Anschläg zugedencken bin ich vor mein theil viel zu früh aufgestanden / oder hab zu spaht nachgedacht / was mir dißfahls zuthun gewesen were: und ich glaub / daß meinen Herren Sohn auch der Schuh daselbst trucken möchte / weil er so gar nichts mehr vom Weiber nemmen wissen wil: Aber wiederumb auff unser prosecution zukommen / so sage ich / ihr Herren solt die Kleider nicht mehr wie bisher mit guldenen und silbernen Pusilenien verprenniren / wie ihr bisher gethan habt; worfür ist solch Narrenwerck? Man gibt so ein Hauffen Gelt darvor auß / daß es ein Schand ist: wil einer ja ein bundtes Kleid haben / so lasse ers ihm kuttiniren / wie unsere nechste Nachbarn auff dem Schwartzwald / da nimt der Schneider / wann er in seines Kunden-Hauß gehet / ein Geschirrle voll schwartz Schmer / samt seinem Bürstgen mit / seinen Taglohn zahlt man ihm besonder / und gibt ihm von jeder Ehlen Zwilch so viel man zum Kleid braucht / einen Pfenning zu kuttiniren / das stehet ja so feyn und ehrbarlich / daß man wol einen geringen liederlichen Schlingel in einem solchen newen Kleid vor den Vogt selbst ansehen möchte / und kostet endlich nicht halber so viel / alß wann es über und über mit lauter Gold verkuttinirt were.
(Secundatus.
Alter Vatter das were ein trefflicher Vorschlag Gelt zusparen / und wann es müglich were / diese Mode bey der Welt beliebt zumachen / so wolte ich mich befleissen solches ins Werck helffen zusetzen: darumb berichtet mich doch ein wenig besser / was kuttiniren sey.
Knan.
Wann der Herr jemahls einen schönen newen Sack von weissem Zwilch mit einem hüpschen Zeichen verkuttinirt gesehen hat / so hat er auch einen verkuttinirten Mutzen gesehen / und kan ihm schon selbst imagiliren / was kuttiniren sey / wie schön es stehe / und wie wenig es koste? Diese Arbeit ist geschwind geschehen / die der Schneider verrichtet / so bald das Kleid geschnitten / und dauret so lang alß ein Stücken am gantzen Kleid ist.
Secundatus.)
Jch will der Sach weiter nachdencken / wiewol ich schon gefunden / daß die Dames diese Gattung allbereit nachähnen / in dem sie ihre Vnterröck mit schönen Spitzen verkuttiniren / so ihnen auch theils Manns-Leuth auff ihren leinenen Wetterhosen / nachmachen / aber ihr Monsieur Erich was sagt ihr darzu.
92. Erich.
Jch halte es allerdings mit diesem guten Altvatter / und setze noch darzu / daß man hinfort alle seidene / guldene und silberne Band (mit welchen sich mancher Phantast so voll hencket alß ein alter Stall voll Spinnwepen / also daß man ihn vor einen Bendelkrämer-Krom / oder wol gar vor den Creatorem der Bendeln selbst ansehen möchte) gäntzlich verbannet und abgeschaffet werden sollen.
93. Laborinus.
Recht so! und ich finde auch / daß es eine grosse Thorheit seye / Gelt umb Spiegel auszugeben / will einer je wissen wie er sihet / so beschaue er sich ins Wasser / oder gehe zum Barbirer / dem Handwercks halber ein gemeiner Spiegel zuhaben erlaubt sey.
94. Meuder.
Jhr habt wol geredt / dann ich finde doch / daß jetziger Zeit bey weitem nicht mehr so gute Spiegel gemacht werden / alß vor viertzig und fünftzig Jahren / und also wil ich auch / daß man kein Gelt mehr umb Venedische Gläser außgeben soll / alß welche einem so augenblicklich zerbrechen: Wer Wein hat / der kan ihn ja wol auß der Kanden / oder wie ich / auß einem Häffelein trincken / es lauffet einem ja starck genug / man kan nach Belieben kleine oder grosse Züg thun / und siehet nicht gleich jeder Schnauber / ob man viel oder wenig trinckt.
95. Coryphæa.
Wer je Stands halber wie ich / gehalten zuseyn vermeint / ein Flor-Hauben / Spitzen / Bendel und dergleichen Galantereyen zutragen / der mag es entweder am Maul erspahren / oder wanns eins von jungen Kerln nicht gekramet bekommen kan / mit einer andern leichten Arbeit à part erobern.
96. Aron.
Jch rahte abzuschaffen den Vberfluß deß gewöhnlichen Gewürtz-Gebrauchs / so da ist Pfeffer / Ingwer / Negelin / Saffran / Zimmet / Muscatnuß und Blüht: darunder ich auch verstanden haben wil allerley Schleckwerck von Cantirten und andern Zucker / grossen und kleinen Rosinen / Mandeln / Oliven / Capres und dergleichen: man kan ja die Speysen mit Saltz / Coriander / Kümel / Majoran / Timion / Salbey / Meerretig / Knoblauch / Zwibeln und solchen Sachen genugsam schmackhafft machen / die uns nichts / oder wenig kosten / alß welche wir in unsern Gärten erziehen können: an statt der Capern brauche man eyngemachte Cucumern / rote Rahnen / Rettigsamen / Pfrimen-Blüht etc.
97. Secundatus.
Hierzu rechne ich allerhand kostbare Rauchwerck / alß Mastix / Weyrauch / beyderley Storax / asa dulcis &c. Jtem die auß solchen Sachen gemachte Rauchkertzen und Täffelein / alß welchen todten Rauch die Kindbettherinnen auch nicht leyden können: hingegen mache ihm der Soldat ein Rauch von Taback oder angezündtem Pulver: der Student mit angezündtem altem Papier / und die so eigner Wohnung besitzen / auß Weckholder-Beern / deren Holtz und Stauden.
98. Alcmaæon.
So komme dann auch hierzu und sey verworfen allerhand Marzaban / mit Zucker überzogener Coriander / Zimmet / Enis / Mandeln / und in Summa Summarum alles was von dergleichen Schleckerey beydes dem Zuckerbecker und Apotecker under die Hand gehet.
99. Cidona.
Potz! Warumb sagt ihr nicht auch vom Citronat und den Pfeffer- oder Leppkuchen / auch anderm Genäsch / damit ihr Männer den Durst zuerwecken: und euch unter einandern den Wein Kübel-mässiger weis einzuschütten und unnutziglich zuverschwenden / zu nöhtigen und anzureitzen pflegt? solcher Dinge Gebrauch wil ich hinfort abgeschafft wissen.
100. Spes.
Der Gebrauch deß Gewürtzes sey nicht ehender erlaubt / man wolle dann einem alten Brahten oder sonst Fleisch / das schon vor acht Tagen von der Tafel wieder abgetragen worden / in ein newes klein-zerschnittenes oder gehacktes Beyessen / oder in eine Darte verendern / umb ihme / wann ältelet / den Geruch und Geschmackt zuverbessern.
101. Simplicissimus.
Also erspahre man auch den Spick-Speck / welchen man nicht ehender brauchen soll / alß einen alten Brahten damit zuspicken / und beym Feur zu beträuffen; dann so muß der Gast ja glauben / er komme erst frisch vom Spieß / gleicht er keinem frischen Brahten im Geschmack / so gleicht er ihm doch im Gesicht.
102. Collybius.
Wil und muß man ja Wein trincken / so werde er wol gewässert / dann er ist auff solche weis nicht so hitzig / sondern viel gesünder / löschet den Durst besser / und wann er die Gäst nicht ehender sättiget / so macht er sie doch ehender vom Tisch auffstehen / daran sie sonst sitzen blieben / bis sie alle ihre vernunfft versöffen.
103. Knan.
Man kan sich auß einem kleinen Brünlein satt trincken / so wol alß auß einem grossen / und also kan man sich auch an einer Wassersuppen genugsam erkröpffen: wil man aber auch Leibs-Stärcke haben / so esse man etwan ein weichgesotten Ey / dann ich hab vom Doctor hören sagen / ein Ey gebe dem Menschen so viel Nahrung / und mache so viel gesund Geblüt alß ein Pfund Fleisch.
104. Erich.
Man halte Pythagorische Mahlzeiten / Symposia Platonis, convivia Attica, cœnæ Arcadum und prandia Laconum, dabey alles häußlich und gesparsam hergehet / wie bey den Celten und Thraciern: oder mache es wie die Aegyptische Priester / die sich bisweilen deß Essens drey Tag enthielten; kan mans Fasten so lang nicht erschwingen / so mache mans wie die Magi in Persia / die nichts anders als Mehl oder Brodt und Kräuter assen / oder wie die Gymnosophistæ in Jndia / die nur Apfel speyseten. oder man brauche deß Anacharsis Scytiæ pulpament, oder Pfäffer mit dem rohen Fleisch Zenonis; oder man behelffe sich mit deß Themelaci Bohnen / mit Prothogenis Wolffsschotten / mit der Arcadier Eichlen / mit der Meoticorum Hiersen / mit der Tyrinthier Holtzbirn / mit der Amazonum Heydexen / mit der Parther Heuschrecken / mit deß Diogene cinuæ Rüben / oder wann man ja gern was warms hätte / so lasse man den Pferden zur Ader / und labe sich mit dem Blut wie die Tartarn.
105. Meuder.
Mein man sagt von den Wassersuppen / alß wann sie nichts kosteten / zu denen man doch / wann man eine nur auffs schlechteste kochen und geniessen wil / 26. Stück haben muß / alß 1. Ein Fewerstein. 2. ein Stahel oder Fewer-Eysen. 3. Zundel. 4. Schwefel. 5. Stroh das Fewer mit anzuzünden. 6. Holtz. 7. ein Geschirr Wasser zuholen. 8. ein Haffen solches darinn zusieden. 9. ein Herdt / darauff zukochen. 10. Brodt. / 11. ein Messer / damit einzuschneyden. / 12. ein Schüssel. 13. Saltz. 14. das Saltzfaß. 15. Schmaltz. 16. ein Geschirr solches darinn aufzuhalten. 17. ein Schanck oder Känsterlein / selbiges darinn zuverwahren. 18. ein Schmaltzpfänlein. / 19. Leffel. 20. ein Tisch darauff zuessen. 21. ein Tischduch. 22. die Saltzbüchse. 23. ein Stul / darauff zusitzen. 24. ein Spühlkübel. 25. ein Kuchenlumpen / und potz tausend! Ich hätts schier vergessen / auch einen Besen / das Fewer und die Aesch damit zusammen zufegen; Was er vom Eyeressen daher lallet / wil auch zu köstlich seyn / meiner Meuder Großmeuder hat auff eine Zeit einer andern Frauen ein Kind gehebt / und ihr zum Göttel-Gelt eine stattliche Leghenne (die doch nur auß einem Ey herkommen) verehrt / welche aber gleichwol von der Gevatter Kindbettherin verschmehet / und wieder zuruck geschickt worden; was thet aber meiner Meuder Großmeuder? Sie hub die Eyer von der Henne fleissig zusammen / und alß die Hänne brütig wurde / setzet sie dieselbige / was sie ihr von ihren Eyern nicht underlegte / das verkauffte sie / und hub das Gelt auff / also thet sie auch mit den außgebrütelten jungen Hünern / und lößte mehr darauß alß einen harten Thaler: umb dasselbig Gelt erhandelte sie ein junges Mutterkalb / das zog sie bis jung und alt beyeinder stuhnd: in solcher Zeit hatte sie das Gelt / so sie in dessen auß Eyern gelößt / in eine Sparbixe zusammen gelegt / und da es Zeit war das Kalb abzustossen / brachte sie Kuh / Kalb / Hänne und die Sparbüxe mit dem Gelt ihrer Jungen Göttel / und verwiese ihrer Gevatterin / mit dem Werck selbsten / wie unweißlich sie die Hänne verworffen / und was vor eine schlechte Haußhälterin sie were: darumb soll man die Eyer so schlechtlich nicht verschlaudern wie mein Mann vermeint / ein Stück Saltz und Brodt / mit ein Par Zwibeln / Knoblich oder Rettichen ist auch noch genug / und wann man kein Gelt auß den Kesen lösen kan / so sey erlaubt auch ein Stückel zum Brod zuessen / aber nur bisweilen / dann man sagt der Keß seye ein Brodtfresser.
106. Laborinus.
Man befleisse sich kein Gelt umb Fleisch under die Metzig zuschicken / sondern wer dessen essen wil / der mag ihm selbsten so viel ins Hauß ziehen / metzgen / einsaltzen / und dörren.
107. Coryphæa.
Man soll durchauß keine Gäst zu sich laden umb keinerley Ursachen willen / vielweniger selbst-kommende Schmarotzer gedulden.
108. Aron.
Wann sich je Gäste bey dir eynfinden / so werff dich ihrentwegen in keinen Kosten / sondern tractiere sie mit deinen gewöhnlichen alltäglichen Speysen / oder auch wol schlechter: dann du möchtest ihnen sonst so gut kochen / und sie verleckern / daß sie öffter kemen / und daß du deßwegen bey ihm entschuldiget seyest / so lasse dir diesen alten Reimen an die Wand schreiben oder mahlen mit gar grossen Buchstaben.
Komt dir zu Hauß ein Freund oder Gast / So setz ihm nur vor was du hast / Jst er dein Freund und wol gemuht / Er nimt mit Keß und Brodt vorgut: Jst aber er ein Rülp geborn / Jst Keß und Brodt an ihm verlohrn. |
109. Secundatus.
Wann die Großmuter nicht so eine artliche Geschicht hette vorgebracht / so hette sie wahrhaftig ein Täpgen halten müssen / darumb daß sie vor Laborino geredt: sintemal ihre Histori aber so schicklich vorgebracht / und von jedem mit gutem contento angehöret und aufgenommen worden / so wil ich einem jeden auß den Beysitzern und Beysitzerinnen Amptswegen auferlegt haben / daß er eine Histori anzehlen soll / was massen eine und andere Person in der jenigen profession, in deren er vermeinet / daß man am besten darinn prosperiren könte reich werden; und demnach ich dem Krieg zugestimt / so wil ich auch den Anfang mit eines Kriegers Exempel machen / und euch den tapffern / zu seiner Zeit beynahe unvergleichlichen und in gantz Europa hochberümbten Johann von Werdt vorstellen.