Friedrich Wilhelm Hackländer
Reise in den Orient. Zweiter Band
Friedrich Wilhelm Hackländer

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Sechstes Kapitel. Fahrt von Alexandrien nach Malta.

Das Dampfboot: Der Orientale. – Postverbindung zwischen Bombay und Liverpool. Einrichtung des Orientalen. – Seekrankheit – Malta. – Die Quarantäne. – Fort Immanuel. – Ein Geburtstag. – Emir Beschir. – Abreise von Malta.

Das englische Dampfboot, der Orientale, der die regelmäßige Post zwischen Liverpool und Alexandrien besorgt, war vorgestern angekommen. Dieselbe Gesellschaft, welche dieses Dampfschiff, sowie das andere mit dem Namen Liverpool, das denselben Dienst versieht, besitzt, besorgt die Postverbindung auf eine etwas theure, aber ungemein schnelle Art zwischen England und Bombay. Passagiere und Briefe werden gleich bei ihrer Ankunft in Alexandrien auf den Kanal gebracht und in Barken, die mit einer Menge von Pferden gezogen werden, in zwei und einem halben Tag nach Kairo gebracht, wo in dem Hôtel, das auch wir bewohnten, eine Karawane, bestehend aus Reitkameelen, Pferden und Maulthieren, die zum Gebrauch für die Damen bequem eingerichtete Sänften tragen, für sie bereit steht, die den Weg von Kairo nach Suez in sechsunddreißig Stunden zurücklegt, wobei die Passagiere obendrein noch einige Stunden der Nacht in einem Hause zubringen können, das die Gesellschaft mitten in der Wüste erbaute und mit den nöthigen Bequemlichkeiten versehen ließ. Bei Suez erwartet ein indisches Dampfboot die Reisenden und führt sie in fünf Tagen nach Bombay. Da das Schiff von Alexandrien nach Liverpool gegen vierzehn Tage gebraucht, so legt man also die ganze Tour von Bombay dorthin in dreiundzwanzig bis vierundzwanzig Tagen zurück, für diese Strecke eine ungeheuer schnelle Reise, die aber auch mit schwerem Gelde bezahlt werden muß.

Da der Orientale am folgenden Tage wieder zurück nach Liverpool fuhr, wobei er Malta berührte, so nahmen wir unsere Plätze bis dahin, wo wir unsere Quarantäne abhalten wollten.

Am folgenden Morgen wurden die Pferde in ihren Kästen eingeschifft, was trotz der Höhe des Schiffs bei den schönen und praktischen Einrichtungen der Engländer sehr leicht von Statten ging. Wir verließen unsern Gasthof Nachmittags mit dem angenehmen Gefühl, in jeder Hinsicht dort gut behandelt worden zu sein. Unserer Gesellschaft hatte sich ein Kaufmann aus der Schweiz angeschlossen, Herr Imhof, der uns in der Folge ein lieber Reisegefährte wurde. Wir verdankten seine Bekanntschaft, wie so vieles Andere, dem Herrn von Dumreicher, der uns, sowie der bekannte Reisende Baron von Katte, den wir auch in den letzten Tagen kennen zu lernen das Vergnügen hatten, an Bord des Orientalen begleitete. Wir mußten, da das Dampfboot draußen vor dem alten Hafen lag, denselben seiner ganzen Länge nach auf unserer Barke durchfahren, wodurch wir Gelegenheit hatten, die schönen Linienschiffe und Fregatten der ägyptischen Marine, wenn auch nur von außen, doch in der Nähe besehen zu können. Wenn man auch von diesen Schiffen sagt, daß sie, obgleich mit ungeheurem Gelde bezahlt, doch nicht viel werth seien, so fanden wir dagegen den äußern Anblick derselben so schön und majestätisch, wie den der englischen Schiffe, die wir gesehen. Doch will dieses Lob, bei unserer Unkenntniß der Sache, nicht viel sagen.

Das Dampfboot, das wir nun bestiegen, war das größte, das ich je gesehen. Gegen dieses Gebäude mußten unsere Rhein- und Donaudampfschiffe, sowie der Seri Pervas und Crescent, auf denen wir gefahren, wie kleine Nachen aussehen. Wir blickten aus unserem Boote an den riesenhaften Wänden empor, wie an einem großen Hause, und ebenso erschienen uns die zwei Reihen Fenster der beiden Decke, die über einander lagen; gegen die ungeheure Größe des Schiffs und der beiden Masten war der Schornstein sehr klein. Nachdem wir unsere Sachen untergebracht und die schönen Kajüten gesehen, in denen wir einige Tage wohnen sollten, betrat ich das obere Deck, und warf noch einen Blick zurück auf die Stadt und auf den Welttheil, welchen wir so eben verlassen, wahrscheinlich für immer.

Da lag die Stadt ausgebreitet vor unsern Blicken, und die breiten und schönen Gebäude, die man hie und da sah, schienen, der flachen Ufer halber, wie aus den Wellen emporzusteigen. An mehreren Punkten sieht man feste Schlösser, dort auf dem Hügel das Schloß Napoleons, und was das Auge von der Landseite so sehr vermißt, das Grün der Bäume, in einzelnen Palmengruppen, die hie und da in Gärten zu kleinen Wäldchen vereinigt stehen. Der Palast des Pascha mit seinen großen Fenstern ragt über dem Mastenwald des Hafens empor. Die kahlen Dünen, welche letzteren einfassen, verschwimmen allmälig in den grünen Wellen der gewaltigen See, auf welcher unser Schiff schaukelte und von dem wir die letzten Grüße nach jenen Ländern schickten, wo wir so viel Schönes und Großes gesehen.

Kurz nach unserer Ankunft auf dem Schiff wurde den Matrosen mit der Pfeife ein Signal gegeben, die darauf sogleich von den Masten und Raaen, an welchen sie beschäftigt waren, herabkamen und unter dem Deck verschwanden. Wie wir nachher hörten, wurde ihnen dadurch der Befehl ertheilt, sich vor der Abfahrt zu waschen und zu rasiren, und sie kamen auch bald hernach wieder auf's Deck mit wohl dressirten Backenbärten und wie es mir schien, viel sauberer als vorher. Das Schiff sollte erst mit dem Anbruch des nächsten Tages seinen Lauf beginnen, und wir verbrachten den Abend mit Besichtigung des Schiffs und mit Spaziergängen auf dem obern großen schönen Deck, wobei wir die außerordentliche Reinlichkeit und zweckmäßige Einrichtung dieses Kolosses in allen seinen Theilen bewundern mußten. Es war, wie schon gesagt, ein Zweidecker. Auf dem untern Deck befand sich am Hintertheil die achtzig Fuß lange Kajüte mit einer Einrichtung prächtiger, als ich sie je gesehen. Außer dem bequemsten Divan, Ruhebetten, war hier eine Bibliothek von den besten englischen und französischen Reisewerken. Um diesen Saal lag ein Theil der Schlafkabinette für die Herrn des ersten Platzes, jedes mit zwei Betten versehen, die über einander lagen, hatte einen Waschtisch, eine Komode und einen bronzenen Hängleuchter, dessen Licht, da er wie der Kompaß in doppelten Kreisen hängt, auch bei der stärksten Bewegung des Schiffs stets oben bleibt. Thüren, Wände und Getäfel des Speisesaals sowie dieser Kabinette bestehen aus dem feinsten Holze, das vergoldet und eingelegt ist. Von diesem Deck führte rechts eine Treppe in den untern Stock, wo sich andere Schlafgemächer befanden, die ebenso schön eingerichtet sind, wie die obern, und links eine zweite in die Kabinette der Damen, deren drei und drei jedesmal mit einem Vorzimmer versehen sind. Auch befindet sich hier an dieser Seite noch ein kleiner Saal, in welchem die Damen vor dem Schlafengehen den Thee nehmen können. Vom Speisesaal aus laufen um das ganze untere Deck herum kleine Zimmer für die Schiffsoffiziere und Steuerleute, sowie zur Aufbewahrung von Vorräthen aller Art. Zu beiden Seiten sind die Radkasten und an der Spitze des Schiffs auf demselben Deck befinden sich Ställe, wo neben einer Unmasse von Federvieh, ein paar Schweine und eine Milch gebende Kuh eingestellt ist. Dies untere Deck, wo in der Mitte sich die Treppen befinden, auf welchen man zum kellerartigen Gewölbe der Maschine hinabsteigt, dient bei Regenwetter den Passagieren zum Spazierengehen. Dicht neben dem Speisesaal ist eine andere Treppe, die auf das obere Deck führt, das nicht, wie bei den kleinen Schiffen, mit Kajütenhäuschen und Geschichten aller Art beengt ist, sondern eine große Fläche darbietet, auf welcher sich, außer dem Schornstein und den Masten zu beiden Seiten, nur ein kleiner Theil der bis hier hinaufreichenden Radkasten und am Hintertheil ein kleines Haus befindet, das in drei Zimmer eingetheilt ist. Das mittlere ist vorne offen und in demselben befindet sich das Rad des Steuerruders, hinter welchem der Steuermann auf einer kleinen Erhöhung steht, von wo er das ganze Schiff übersehen kann. Rechts neben demselben ist ein Rauchzimmer für die Herren, und links ein Kabinet für die Damen, wo sie bei Regenwetter frische Luft schöpfen können. Ebenso zweckmäßig wie das Schiff an sich eingerichtet ist, sind auch alle Anstalten zur Verköstigung der Passagiere, die in der ziemlich bedeutenden Summe, welche man für den Platz bezahlt, mit einbegriffen ist. Dafür kann man sich aber auch fast den ganzen Tag mit Essen und Trinken beschäftigen. Den Morgen zwischen Sieben und Acht wird Kaffee getrunken, um eilf Uhr gefrühstückt, um fünf Uhr das Diner servirt, Abends um Acht ist die Theestunde und gegen zehn Uhr wird noch einmal Wein, Butter, Brod und Käse für solche aufgesetzt, die für die Dauer der Nacht ihren Magen auf kräftige Art verschließen wollen.

Außer diesen zahlreichen Mahlzeiten steht es dem Passagiere zu jeder Stunde des Tages frei, sich von dem gewöhnlichen Tischwein, Porter, Butter und Brod mit Käse geben zu lassen, so viel er mag, ohne daß ihm dafür etwas angerechnet wird. Die gewöhnliche englische Küche an sich ist schon außerordentlich gut und war es außerdem noch mehr durch die Sachen, die das Schiff auf den verschiedenen Landungsplätzen mitnahm. So hatten wir z. B. außer allen möglichen Südfrüchten auch zwei große Schildkröten an Bord, wovon die eine schon auf der Reise bis Malta geschlachtet und Turtlesoup daraus gekocht wurde.

Ich hatte nirgends so sehr Gelegenheit, die tragikomischen Wirkungen der Seekrankheit zu beobachten, wie auf dieser Fahrt. Bei unserem trefflichen Diner auf dem Dampfboote am Tage der Einschiffung, als es noch ruhig im Hafen vor Anker lag, fehlten von den neunzig Passagieren des ersten Platzes, wovon ein Drittheil Damen waren, Niemand an der Tafel und Alles war lustig und guter Dinge. Eben so waren Abends beim Thee fast alle Tische besetzt. Doch schon während der zweiten Hälfte der Nacht, als sich unser Schiff in Bewegung setzte, hörte ich zuweilen durch die dünnen Kajütenwände ein tiefes Seufzen von dem einen oder dem andern meiner Nachbarn, und als wir am andern Morgen das Verdeck betraten, kam freilich fast die ganze Gesellschaft noch herauf, doch war schon bei Manchem die gesunde Gesichtsfarbe verschwunden und eine verdächtige Blässe an ihre Stelle getreten. Auch ging Mancher, der gestern noch keck und munter auf dem Verdecke gewandelt war, jetzt schwankenden Schrittes längs den Gallerien und wagte es nicht mehr, das Geländer oder das Tau loszulassen, das er einmal ergriffen. Das Gefühl, nicht mehr allein gehen zu können, und die Angst, ohne Anhaltspunkt hinfallen zu müssen, verbunden mit einem gewissen unangenehmen Druck in der Magengegend sind die sichersten Vorboten der Seekrankheit, die auch heute auf unserem Schiffe bei der ziemlich hohen See während dem Frühstück mit gierigen Händen um sich griff. Nur wenige waren schon am Morgen so krank geworden, daß sie sich legen mußten und nicht um eilf Uhr in der Kajüte erscheinen konnten. Die meisten hatten alle ihre Kraft zusammen genommen und sich mit an die Tafel gesetzt, wo dann das plötzliche Eintreten des Unwohlseins zu den komischsten Scenen Veranlassung gab. Hier suchte einer die unangenehmen Vorwürfe, die ihm sein Magen machte, durch eine Masse Speisen zu beschwichtigen, die er hastig verzehrte, aber trotzdem wurde er immer blässer und mußte sich, an den Wänden hintappend, bald entfernen. Zwei Andere unterhalten sich von der Seekrankheit, wobei Einer über das Aussehen des Andern lacht und Beide machen sich gegenseitig über die aufsteigende Röthe des Gesichts lustig. Doch wird unterdessen die Unterhaltung immer schwerfälliger, das Lachen immer gezwungener und endlich steht einer hastig auf, drückt die Serviette vor den Mund und entfernt sich; der Andere scheint ihm einen Augenblick spottend nachzusehen, doch werden seine Blicke unsicherer, die Nase spitzer und er kann sich kaum vom Tische erheben, um, während ihm dicke Schweißtropfen auf die Stirne treten, seinen Nachbarn mit zitternder Stimme zu sagen, er wolle nur sehen, was sein kranker Freund droben mache.

Von Allen, die heute Morgen zum Frühstück erschienen, hielt höchstens noch ein Drittheil bis zu Ende aus, wozu auch unsere Gesellschaft gehörte. Ich muß gestehen, daß auch ich einige verdächtige Regungen in meinem Innern spürte, doch nahm ich mich zusammen und eilte nach Beendigung des Dejeuner oben auf's Deck an die frische Luft, wo mir gleich wieder ganz wohl wurde. Außer diesem kleinen Anfall der Seekrankheit hatte ich, wie auf den frühem Fahrten, auch auf dieser das Glück, beständig bei gutem Appetit zu bleiben, was mir besonders in Betracht der herrlichen Schildkrötensuppe, die es jetzt täglich gab, äußerst lieb war. Die Pferde standen auf dem unteren Deck in ihren Kästen, hatten da, fast im Mittelpunkt des Schiffes, wo die Schwankungen am wenigsten bemerkt werden, einen guten Platz und befanden sich recht wohl. Auch Friedrich, der edle Reitknecht, amüsirte sich an der englischen Küche ganz vortrefflich und war glücklich, das Bischen Englisch, was er in London gelernt, hier mit Anstand von sich geben zu können. Obendrein hatte er einen kleinen Markt etablirt und verkaufte seine aus Jerusalem mitgebrachten Rosenkränze und Kreuze mit bedeutendem Gewinn an die Matrosen.

Am folgenden Tag war unsere Mittagstafel bis auf wenige Personen reducirt; auch von unserer Gesellschaft hatten ein paar die frische Luft droben dem guten Diner unten vorgezogen, so daß an der langen Tafel nur ungefähr zehn Personen sich befanden, worunter noch der Kapitän mit den Offizieren und der Konducteur des Schiffes. Letzterer war ein merkwürdiges kleines Männchen. Er hatte schon denselben Posten, den er jetzt versah, auf dem Admiralsschiffe Nelson's in der Schlacht bei Abukir bekleidet, hatte vier Frauen gehabt und war, obgleich er sich fast immer auf der See befand, Vater von fünfundzwanzig lebendigen Kindern, von denen das erstgeborne vierzig Jahre älter war, als das jüngste. Von den wenigen Passagieren, die außer mir an der Seekrankheit gar nicht litten, unterhielt ich mich häufig mit einem alten Engländer, mit dem ich auf dem Verdeck an den Tauen und Segelstangen diverse gymnastische Uebungen ausführte. So steif und gebrechlich der Mann auch aussah, so übertraf er mich doch, was das Klettern anlangte, beständig, was ich mir erst erklären konnte, nachdem er mir gesagt, daß er früher Marineoffizier gewesen.

Obgleich zuweilen die See recht hoch ging, so daß beim Diner die Tafel mit hölzernen Rahmen von verschiedenen Größen versehen wurde, worein man während dem Essen Teller, Flaschen und Gläser stellte, so ging doch unsere Fahrt so rasch und glücklich von Statten, daß wir schon bei Anbruch des vierten Tages Malta vor uns liegen sahen. Da diese Insel keine bedeutende Berge hat, sondern nur kleine Erhöhungen, so gewährt sie dem Auge von Weitem keinen so imposanten Anblick, wie viele andere Inseln. Selbst die Festungswerke scheinen in der Ferne nicht so großartig, wie sie wirklich sind, und erst als wir bei dem großen Hafen dicht unter den Mauern der Stadt Valetta vorbeifuhren, erkannte man die ungeheuren Werke, die hier Menschenhände aufgeführt haben. Diese riesenhaft hervortretenden Bollwerke mit ihren dicken Mauern scheinen mit dem Fels, auf dem sie fußen, nicht aus zusammengefügten Steinen, sondern aus einem einzigen Gusse zu bestehen. Wir fuhren in den Quarantänehafen, den rechts das Fort Immanuel, links die Stadt Valetta mit dem Fort St. Elmo, an dessen Spitze der prachtvolle Leuchtthurm steht, begrenzen. Ersteres enthält die Quarantäneanstalt, in der wir nun ein paar Wochen verweilen mußten, und bildet mit seinen weit ausgedehnten Bastionen und Wällen, sowie mit den palastähnlichen Gebäuden, eine kleine Stadt für sich. Valetta macht mit seinen stattlichen Häusern einen noch prachtvolleren Anblick. Da diese Stadt an den Felsen hinangebaut ist, so kann man von unten in seine geraden, steil hinangehenden Gassen schauen.

Bei unserer Ankunft in dem Hafen begrüßte uns ein Glöckchen von der Mauer der Stadt und warnte zugleich alle andern Schiffe, mit uns in Verbindung zu treten. Zugleich wurde auf unserem Schiffe die gelb und weiße Quarantäneflagge aufgezogen und unterhalb dem Fort Immanuel warfen wir Anker. Sobald das Schiff ruhig stand, waren alle Seekranken, wie immer, völlig genesen, und erschienen, wenn auch noch etwas bleichen Angesichts, bei dem letzten Frühstück, das wir auf dem Schiffe genossen.

Von dem Fort stieß eine Barke ab, in der sich einige Sanitätsbeamte befanden, die sich nach der Anzahl der Passagiere erkundigten, die hier in Malta zurückblieben, um die Anzahl der Zimmer darnach zu bestimmen.

Bei dem Ausschiffen der Pferde in ein großes plattes Fahrzeug hätte es um ein Haar Unglück gegeben. Die Stute wurde in Gurten gehängt und ohne Kasten auf das Boot hinabgelassen, wogegen der Hengst, dem nicht zu trauen war, in dem Kasten ausgeschifft wurde; doch mochte ihm das Schweben in der Luft nicht behagen und obgleich er an den Füßen gefesselt war, fing er an, sich mit dem Leib gegen die schwachen Wände des Kastens zu werfen und so toll zu schlagen und zu drücken, daß wir jeden Augenblick befürchteten, die Bretter würden auseinander gehen und das Thier in's Meer stürzen. Doch fiel er glücklicherweise bei den Anstrengungen, die er machte, in dem Kasten zusammen, ohne sich wieder aufrichten zu können. Die Quarantäne für die Thiere befindet sich unterhalb dem Fort am Ufer des Hafens, wohin wir den Friedrich und die beiden Pferde begleiteten und dann mit unsern Effekten eine andere Barke besteigen mußten, die von der, worin sich die Sanitätsbeamten befanden, in's Schlepptau genommen und bis vor die große steinerne Treppe des Forts Immanuel gebracht wurde. Dort warf man uns das Schlepptau zu, die vordere Barke mit den Beamten legte etwas weiter oberhalb an und überließ uns unserem Schicksale, d. h. einer der Aufseher mit großem Stock rief uns zu, wir sollten unsere Sachen auf den Rücken nehmen und ihm in die Gebäude folgen. Was war zu thun? Daß Jemand unsere Koffer angreifen und sich so dem aussetzen sollte, wie wir, dreiundzwanzig Tage Quarantäne zu halten, daran war nicht zu denken, doch waren die Leute so gefällig, uns eine Tragbahre herabzubringen, vermittelst welcher wir unsere Effekten nach und nach die hohen Treppen hinauf in den Hof des Schlosses brachten.

Alles, was wir bisher über Quarantäne gelesen und was wir in Adrianopel selbst erfahren, ließ uns mit einem gewissen Schrecken daran denken, noch einmal die Bekanntschaft einer solchen Anstalt machen zu müssen; doch wurde das unangenehme Gefühl, das uns beschlich, wenn wir an die Tage dachten, welche auch wir am Eingang zur Heimath wie eingesperrte wilde Thiere zubringen sollten, dadurch gemildert, daß man uns allgemein versicherte, die Quarantäne in Malta sei die beste von allen: und das muß wahr sein. Wenigstens zähle ich die Tage, die wir dort zubrachten, obgleich im Allgemeinen der Freiheit beraubt, nicht zu den unangenehmsten unserer Reise.

Der Hof des Forts Immanuel lag, wie die Gebäude selbst, an fünfzig Fuß über dem Meere und war mit stattlichen massiven Häusern umgeben. In der Mitte desselben stand die aus Erz gegossene Bildsäule des Großmeisters, der das Fort angelegt und nach seinem Namen benannt. Die Gebäude zu beiden Seiten waren etwas kleiner als das, welches neben der Kirche dem großen Thore gegenüber lag. Eine Tafel über dem Eingange sagte uns, es sei der palazzo di grand maestro, und in demselben wurde uns eine Wohnung angewiesen, und ich glaube wohl die beste, die im ganzen Fort war. Sie bestand aus einem Salon, an dem zur rechten Seite das Zimmer lag, in welchem der Baron und ich wohnten. Links war ein kleineres für den Maler F., und diese drei Piecen hatten nach vorne große Glasthüren, die auf einen breiten Bogengang führten, der gegen Hafen und Stadt geöffnet, uns eine prächtige Aussicht gewährte. Hinter unserem Salon waren noch zwei andere Zimmer, wo der Dr. B. und Herr Imhof wohnten. Giovanni bekam ein Kämmerchen im untern Stock. Wir mußten unsere Sachen auch hier wieder höchst eigenhändig die Treppen hinaufschleppen, und fanden die Zimmer ohne alle Einrichtung. Doch hatten wir kaum die kahlen Wände etwas überrascht betrachtet, als einer der Sanitätsbeamten eintrat, uns anzukündigen, daß er für die Dauer unserer Quarantäne bei uns bleiben würde, und uns als Wache bestimmt sei. Zugleich übergab er uns einige Papiere, in welchen Möbel und Geräthschaften aller Art verzeichnet waren und die Preise derselben für die Dauer der Quarantäne, sowie ein anderes vom Restaurateur der Anstalt, bei dem wir Frühstück, Mittag- und Abendessen zu verschiedenen Preisen und zu jeder beliebigen Stunde haben konnten. Wir suchten uns auf ersterem die nöthigen Sachen aus und bestimmten dem zweiten die Stunden, in welchen wir unsere Mahlzeiten halten wollten, und waren noch vor Abend mit Allem versehen, was zu einer bequemen Einrichtung gehört. Obgleich die Preise auf englische Art in Guineen und Schillingen angesetzt waren, fanden wir sie doch nicht übermäßig groß, besonders wenn man bedenkt, daß die armen Gefangenen in andern Quarantänen gern für dergleichen Sachen das Drei- und Vierfache bezahlen würden. Um frische Luft zu schöpfen und kleine Spaziergänge zu machen, war uns hinter dem Palaste eine Bastion angewiesen worden, von wo wir eine weite Aussicht auf das Meer und einen großen Theil der Insel hatten. So lagen dreiundzwanzig Tage vor uns, eine ziemliche Zeit, die, wenn wir auch unter uns genug Unterhaltung hatten, doch zuweilen hätte langweilig werden können, wenn wir die Stunden des Tages nicht zwischen Arbeiten, Spazierengehen, Essen und Trinken eingetheilt hätten.

Am Morgen gegen acht Uhr wurde in dem Saal gemeinschaftlich gefrühstückt und dann zog sich jeder in sein Zimmer zurück, wo Tagebücher geordnet und Briefe geschrieben wurden. Unser Maler sammelte für seine Mappe und führte kleine Zeichnungen aus, die er an Ort und Stelle angefangen. Der Doktor B. stellte seine kleinen Sammlungen an Muscheln, Steinen, Alterthümern etc., die er, so viel es die Schnelligkeit unserer Reise erlaubt, hie und da aufgesucht und mitgenommen hatte, zusammen und verpackte sie aufs Sorgfältigste für die Weiterreise. Im Laufe des Morgens trat auch gewöhnlich noch eine kleine Pause ein, wenn einer oder der andere, der gerade des Arbeitens müde war, in den Saal ging und durch das Anklopfen seiner Pfeife oder ein sonstiges Geräusch uns andere ebenfalls herbeilockte, wo alsdann gewöhnlich einige Flaschen Porter getrunken wurden, die wir Tags vorher durch Wetten gegenseitig verloren hatten, denn, mochte es der Aufenthalt auf dem englischen Schiffe sein, oder daß wir uns gerade auf einer englischen Besitzung befanden, genug, wir hatten die Leidenschaft des Wettens von den Söhnen Albions angenommen und wetteten über alles Mögliche, über das Wetter, über die Bewegung der Schiffe auf der See, hauptsächlich über die Zahl der Kugeln, die in verschiedenen Haufen auf unserer Bastion lagen, wobei einer die Uebrigen nicht selten scherzweise anführte. So hatte unser pfiffiger kleiner Doktor eines Morgens die Bastion nach allen Seiten gemessen und gewann den Nachmittag, in Bezug auf die Maße, natürlich alle Wetten. Um drei Uhr wurde zu Mittag gespeist und alsdann spazierten wir eine Stunde auf der Bastion herum, wobei uns das Wetter noch so ziemlich günstig war; denn obgleich es zuweilen stürmte, regnete es doch wenig, und wir hatten die letzte Zeit sehr gutes Wetter. Gegen sieben Uhr wurde Thee getrunken und dann war, wie auch meistens auf unserer Tour in Syrien, wie der Baron es nannte, große Oper, das heißt, jeder sang, was ihm gerade einfiel und was er konnte. Herr Imhof, welcher Bekannte in der Stadt Valetta hatte, ließ von dorther eine Guitarre kommen, wodurch diese Abendunterhaltungen ziemlich glänzend ausfielen.

So verging uns die Zeit ziemlich schnell und wir waren schon über die Hälfte unserer dreiundzwanzig Tage, als der Geburtstag unseres Barons kam, den wir mit allem möglichen Pomp feierten. Die ganze Länge des Bogengangs vor dem Palaste wurde mit kleinen Lichtchen illuminirt und in dem mittleren Bogen sogar ein Transparent aufgestellt, auf dem ein Johanniterkreuz prangte, da der Baron Ritter dieses Ordens ist. Unsere Festlichkeiten machten den Sanitätsbeamten in der Anstalt viel zu thun; denn alle unsere Mitgefangenen wollten die glänzende Illumination sehen und drängten sich auf dem Hofe zusammen, ja sogar auf dem Quai der Stadt, am andern Ende des Hafens, bewegten sich viele Menschen hin und her, denen so etwas in einer Quarantäne noch nicht mochte vorgekommen sein. An den beiden Enden des Bogenganges hatten wir Feuerkörbe aufgestellt und das Material zu den Bränden war äußerst originell. Wir hatten von Kairo große Stücke verschiedener Mumien mitgenommen, die in eine Kiste gepackt waren, welche unglücklicherweise beim Einschiffen in den Orientalen in's Wasser fiel, wodurch die Mumien, wie wir beim Auspacken in Malta sahen, in kleine Stücke zerfallen und gänzlich unbrauchbar geworden waren. Desto schöner aber brannte und roch das Erdpech und die Spezerei, als wir sie in die Feuerkörbe thaten.

Die Zeit unserer Quarantäne, die uns, wie schon gesagt, sehr schnell vorbei ging, schien nur in den letzten Tagen viel langsamer zu werden, was aber gewöhnlich der Fall ist. Jetzt spähten wir stündlich auf das Meer hinaus und dachten bei jedem Dampfschiff, das wir kommen sahen, ob es nicht das sei, was uns von hier weiter führen sollte, denn man wußte in Malta noch nicht, welches Schiff gerade in den Tagen, wo unsere Quarantäne beendigt sei, abgehen würde, ob ein französisches oder italienisches. Auch trübte die Erzählung von einem unangenehmen Vorfall in dem Quarantänehafen sehr die letzten Tage unseres Aufenthaltes. Von einem türkischen Schiff nämlich, das hier Quarantäne hielt, waren, wie man sagte, fünf Matrosen entsprungen, die man freilich am andern Tag wieder einbrachte, doch hatte sich diese Nachricht sehr schnell verbreitet und man fürchtete nun, die italienischen Staaten möchten sich durch diesen Fall veranlaßt sehen, die von Malta kommenden Schiffe in ihren verschiedenen Häfen mit einer neuen Quarantäne zu belegen, was für uns äußerst unangenehm gewesen wäre.

Mehrere von den großen Schiffen der englischen Flotte, die wir in Marmarizza gesehen, fanden wir ebenfalls hier. Die meisten hatten schon ihre Quarantäne abgehalten und lagen im großen Hafen, von wo aus wir sie während unseres Aufenthaltes mehrere Male nach Sicilien segeln sahen, wo sie, bei dem Mangel an gutem Wasser auf Malta selbst, ihre Tonnen füllten. Gegen Mitte April kam auch das andere große Dampfboot, der Liverpool, auf seiner Tour nach Alexandrien hier an, und einige Stunden nach ihm ein kleines neues Dampfboot, der Lotus, das Mehemed Ali für die Fahrten auf dem Nil in England hatte bauen lassen. Dem kleinen Schiff war kurz vor Malta etwas an der Maschine gebrochen, weßhalb ihn der Liverpool von hier aus ins Schlepptau nahm, was äußerst komisch aussah; denn der Lotus erschien hinter dem Riesen so unbedeutend, wie bei unsern Rheindampfbooten der angehängte Nachen. Mein alter Engländer, mit dem ich auf dem Orientalen die Kletterübungen ausgeführt und der sich ebenfalls hier befand, sagte mir: man könne den Lotus ganz bequem wie eine große Schaluppe auf das Deck des Liverpools stellen.

Endlich brach der Tag unserer Erlösung an. Die Tagebücher waren ziemlich geordnet und wir hatten schon den Abend vorher unsere Sachen gepackt, so daß wir beim ersten Zeichen zur Freiheit die Anstalt verlassen und nach Valetta überschiffen konnten. Doch dämpfte eben jener Engländer am letzten Morgen unsere Freude für einige Augenblicke wieder, denn es fiel ihm plötzlich ein, er sei unwohl geworden, was uns Allen, wenn es der Quarantänearzt erfahren hätte, wahrscheinlich eine Zulage von einigen Tagen zu Wege bringen mußte. Glücklicherweise gelang es jedoch unserem Zureden, ihm verständlich zu machen, daß er nicht krank sei, und ihn nur die Freude, sich jetzt bald nach Alt-England einschiffen zu können, so angegriffen habe. Auch malten wir ihm mit sehr schwarzen Farben unser Aller Zustand, wenn die Behörde von seinem Unwohlsein Kenntniß bekäme, weßhalb er denn allen diesen Gründen nachgab, sich von seinem Sopha erhob und seine Nachtmütze, die er tief über die Ohren gezogen hatte, wieder ablegte. Ich glaube, die zärtlichste Mutter kann auf die Gesundheit ihres Kindes nicht mit größerer Sorgfalt Achtung geben, als wir in der Quarantäne einer auf den andern. Doch sollte unsere Gefangenschaft geendigt sein. Der Quarantänearzt erschien, erkundigte sich nach unserem Befinden, wobei Herr Imhof scherzweise meinte, wir sollten den Herrn statt aller Antwort in die Küche schicken, dort würde man für unsere Gesundheit das glänzendste Zeugniß ablegen können; dann reichte der Arzt jedem von uns die Hand, und wir konnten in die Gesellschaft anderer ehrlicher Leute zurückkehren.

Es war gerade ein Sonntag, als wir unserm Fort Immanuel Lebewohl sagten und nach Valetta überschifften. Auf den Straßen dieser Stadt war ein regsames Leben, und daß Alle, die wir sahen, europäisch gekleidet waren, war unsern Augen ein neuer Anblick; besonders befremdete es uns Anfangs, die schönen Malteserinnen ohne Schleier auf den Straßen umher wandeln zu sehen, etwas, woran wir uns jedoch sehr bald wieder gewöhnten, doch haben die hiesigen Damen auch für ein Auge, das direkt aus Deutschland kommt, in ihrer Kleidung etwas Fremdartiges, denn keine Malteserin geht auf die Straße, ohne einen Rock von schwarzer Seide oder anderem Zeug und eine eben solche Mantille, die sie jedoch wie die Türkinnen über den Kopf werfen, so daß man von der ganzen Figur nichts sieht, als die schlanke Taille und ein frisches lebhaftes Gesicht, das den hiesigen Damen eigen ist, und aus welchem die dunkeln Augen eine sehr lebhafte Sprache führen.

Zu unserer großen Freude kam heute ein italienisches Dampfschiff in den Hafen, das morgen wieder abfahren sollte. Es brachte die Nachricht mit, daß kein italienischer Hafen wegen des erwähnten Vorfalls auf dem türkischen Schiff gesperrt sei oder die ankommenden Fahrzeuge Quarantäne halten lasse. Wir besahen heute und den folgenden Tag von der Stadt und Umgegend so viel wie möglich; für letzteres nahmen wir eine der eigenthümlichen hier gebräuchlichen Carossen, einen großen viersitzigen Kasten, der auf zwei Rädern ruht und von einem Pferd gezogen wird. Wir fuhren nach Civita vecchia, der ältern und früher bedeutenderen Stadt der Insel. Obgleich es schon sehr warm war, blühte und grünte noch nicht viel auf den Feldern und da fast überall der nackte Fels hervorblickte, aus dem die Insel besteht, so kann ich gerade nicht sagen, daß der Anblick von der Höhe der alten Stadt dem Auge ein sehr freundlicher und angenehmer gewesen wäre.

Auf dem Heimwege lernten wir einen sehr interessanten merkwürdigen Mann kennen. Wir besuchten nämlich das von einem Engländer mit schönen Parkanlagen versehene Landhaus, wo sich Emir Beschir, der alte Fürst der Drusen, damals gerade befand. Es war unsere Absicht eigentlich nur gewesen, den schön angelegten Garten zu sehen, in welchem wir zufällig unsern Giovanni trafen, der von Valetta aus einen Spaziergang hieher gemacht hatte, um einen Bekannten aufzusuchen, der sich in Diensten des Emir befand. Giovanni, der eine Gelegenheit, sich als Dolmetscher zu zeigen, nicht gern vorbeigehen ließ, bat den Baron, er möge sich doch bei Emir Beschir melden lassen, was den alten Fürsten gewiß erfreuen würde. Da es uns Allen sehr lieb war, diesen merkwürdigen Mann kennen zu lernen, so ließ sich der Baron melden, und wir wurden gleich vorgelassen.

In einem großen Zimmer des ersten Stockwerkes war eine Ecke mit Teppichen belegt und durch große Sophakissen abgetheilt, woran der alte Fürst auf dem Teppich sitzend lehnte und aus einem arabischen Nargileh rauchte. Giovanni kniete vor ihm nieder und nachdem er ihm den Saum des Kaftan geküßt, nannte er dem Emir unsere Namen, worauf dieser Stühle herbei bringen ließ und wir mußten uns im Kreis um ihn herum setzen.

Emir Beschir ist ein Mann von mittlerer Größe; seine Figur, die trotz seinem hohen Alter noch ziemlich kräftig erscheint, und besonders sein ausdrucksvolles Gesicht mit dem noch sehr lebhaften Auge, lassen den mächtigen Fürsten der Berge erkennen, der das wilde freie Volk des Libanons zu zügeln verstand. Er trug einen hellbraunen Kaftan, einen bauschigen Turban, und sein schneeweißer Bart hing ihm fast bis auf den Gürtel. Es machte einen unangenehmen Eindruck auf mich, den Mann hier zu sehen in seiner Umgebung, wo er sich nicht heimisch fühlen kann. Aus seinem schönen Schlosse, mitten im Libanon gelegen, hieher versetzt in ein europäisches Haus, dessen Einrichtung seiner ganzen früheren Lebensweise widerspricht, kam er mir vor, wie ein gefangener Löwe. Nach einem kurzen Gespräch, das wir durch Giovanni mit ihm hielten, verließen wir das Landhaus und kehrten nach der Stadt zurück.

Am folgenden Morgen besuchten wir unter Anderm die Kirche des heiligen Johannes, in der die Großmeister des Ordens und viele Ritter begraben liegen. Sie ist auf das Prächtigste ausgeschmückt und besonders schön und interessant ist der Boden des Schiffes, der aus den Leichensteinen der hier begrabenen Ritter besteht. Sie sind von weißem Marmor, und die Wappen und Namen derselben sehr schön mit bunten Steinen eingelegt. In den untern Gewölben sahen wir neben mehrern Andern das Grabmal des tapfern Großmeisters von Rhodus Villiers de l'Isle Adams, den Sultan Soliman durch Eroberung jener Insel vertrieb und der sich hieher zurückzog.

Gegen Mittag kehrten wir noch einmal nach unserer Quarantäne zurück und holten die Pferde ab, die bis jetzt da geblieben. Um den Quarantänehafen herum brachten wir sie nach dem großen Hafen auf das italienische Dampfboot Francesco I., stiegen dann wieder zur Stadt hinauf, um unsere Sachen zusammen zu packen und uns selbst einzuschiffen, da das Boot gegen Abend abfuhr. Unser theurer Giovanni, der Anfangs große Lust bezeugt hatte, mit nach Deutschland zu gehen, hatte sich hier in Malta eines Andern besonnen und bat den Baron, ihn von hier nach Beirut zurückkehren zu lassen. Man mußte unsere liebe Heimath sehr bei ihm verschwärzt haben; denn seinen geänderten Entschluß motivirte er durch die über Deutschland eingezogenen Erkundigungen, daß es ein unsicheres Land sei, wo sich die Leute auf der Straße todtschlügen und Alles Soldat werden müßte. Gegen so triftige Gründe war nun freilich nichts einzuwenden und der Baron entließ ihn in Gnaden mit einem reichlichen Geschenk für die Dienste, die er gethan und nicht gethan hatte. Als wir das Schiff betraten, und er auf der Barke, die uns hingebracht, wieder zurückkehren sollte, wankte sein Entschluß auf's Neue und er versicherte schluchzend, daß er einen so guten Herrn, wie den Baron, ungern verlasse, er würde einen solchen nicht wiederfinden, und Gott wisse, mit welchen Leuten er künftig durch das Land ziehen müsse. Noch in der Barke rief er uns mehrmals sein Addio! Addio! zu und setzte weinend hinzu: Il pauvre Giovanni! Il pauvre Giovanni! Das Schiff war ziemlich besetzt und obgleich die Stunde der Abfahrt schon da war. kamen noch immer Boote, die Passagiere und Wagen brachten. Neben diesen umschwärmte uns eine Menge Nachen, in denen Knaben saßen, die kleine Geldstücke vom Grund des Meeres heraufholten, die wir ihnen hinabwarfen. Jetzt wurden die Treppen des Schiffs auch hinaufgezogen, der Kapitän bestieg den Radkasten, der letzte Kanonenschuß zum Zeichen der Abfahrt donnerte gegen die Stadt und im gleichen Augenblick, wo die sicilianische Flagge an dem Mast hinaufflog, begannen die Räder ihre Bewegung, das Schiff schoß dahin und wir verließen Malta, wo wir eine so angenehme Gefangenschaft verlebt hatten.


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