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Endlich war die letzte Plattform der Terrasse erreicht, und wir ritten außerhalb der Mauer herum, die die mittelste Gruppe der Marmorhütten umgab – denn so muß ich sie bezeichnen, weil ich keinen besseren Namen dafür finde. Unser Näherkommen war von einer Menge von Eingeborenen bemerkt worden, deren Rasse ich niemals habe ganz deutlich ausfindig machen können; sie gehörten eher zu den Basutos, der friedlichen Abteilung der Bantu-Völker, als zu den Sulus, der kriegerischen. Einige von ihnen eilten herbei, um die Pferde zu nehmen, und starrten uns mit Verwunderung, die mit Ehrfurcht gemischt war, an. Wir stiegen ab – ich für meinen Teil nicht ohne Mühe –, und hätte nicht Stella mich unterstützt, so wäre ich hingefallen.
»Nun müssen Sie kommen und meinen Vater sehen«, sagte sie, »ich bin begierig, was er von dem allen denken wird, es ist gar zu seltsam. Hendrika, nimm das Kind mit nach meiner Hütte und gib ihm Milch, dann bring es zu Bett; ich komme gleich.«
Hendriks ging mit einem etwas häßlichen Grinsen fort, um dem Befehle ihrer Herrin nachzukommen, und Stella führte uns durch das enge Tor in der Marmormauer, die ungefähr dreiviertel Morgen Land umschloß. Es war herrlich als Garten bepflanzt, viele europäische Gemüse und Blumen wuchsen darin, außer andern, die ich nicht kannte. Gleich darauf gelangten wir an die Mittelhütte, und dabei bemerkte ich die außerordentliche Schönheit und Vollendung des Marmorbauwerks. In der Hütte, dem Tor gegenüber, war eine moderne Tür, die ziemlich roh aus Holz gearbeitet war, einem wundervollen roten Holze, das aussah, als wäre es sorgfältig mit der Nadel gesprenkelt. Stella öffnete sie, und wir traten ein. Das Innere der Hütte hatte die Form eines großen luftigen Zimmers, und die Wände waren von schlichtem polierten Marmor. Es war etwas schwach, aber höchst effektvoll, durch sonderbare Öffnungen im Dach erleuchtet, von denen der Regen durch überhängende Rinnen abgehalten wurde. Der Marmorfußboden war mit den landesüblichen Matten und Tierfellen belegt. Bücherschränke voller Bücher standen an den Wänden, in der Mitte war ein Tisch, Stühle, die mit Fellstreifen bekleidet waren, standen umher, und hinter dem Tische stand ein Sofa, auf dem ein Mann lag und las. »Bist du es, Stella?« sagte eine Stimme, die mir selbst nach so langen Jahren merkwürdig vertraut klang. »Wo warst du denn, mein Liebling? Ich dachte schon, du hättest dich wieder verirrt.«
»Nein, lieber Vater, ich habe mich nicht verirrt, aber ich habe jemand gefunden.«
In diesem Augenblicke trat ich vor, so daß das Licht auf mich fiel. Der alte Herr auf dem Sofa erhob sich mit einiger Mühe und verbeugte sich sehr höflich. Es war ein fein aussehender Mann, mit tiefliegenden dunklen Augen, einem bleichen Gesichte, das viele Spuren geistigen und körperlichen Leidens trug, und einem langen weißen Barte.
»Seien Sie willkommen, Herr«, sagte er. »Es ist lange her, daß ich in dieser Wildnis ein weißes Gesicht gesehen habe, und Ihres ist, wenn mich nicht alles täuscht, das eines Engländers. Seit zehn Jahren ist kein Engländer hier gewesen, und jener, es tut mir leid zu sagen, war ein Ausgestoßener, der der Gerechtigkeit entflohen war«, und er verbeugte sich wieder und streckte mir seine Hand entgegen.
Ich sah ihn an, und plötzlich kam mir sein Name ins Gedächtnis zurück. Ich ergriff seine Hand.
»Wie geht es Ihnen, Herr Carson?« sagte ich.
Er fuhr zurück, als wenn ihm jemand einen Schlag versetzt hätte.
»Wer hat Ihnen den Namen gesagt?« rief er. »Es ist ein toter Name. Stella, warst du es? Ich verbot dir, ihn über die Lippen zu bringen.«
»Ich nannte ihn nicht, Vater. Ich habe ihn noch nie genannt«, antwortete sie.
»Mein Herr«, unterbrach ich sie, »wenn Sie gestatten, will ich Ihnen sagen, woher ich Ihren Namen weiß. Entsinnen Sie sich, daß Sie vor vielen Jahren in das Studierzimmer eines Geistlichen in Oxfordshire traten und ihm sagten, daß Sie England für immer verlassen wollten?«
Er bewegte den Kopf beistimmend.
»Und entsinnen Sie sich eines kleinen Knaben, der auf dem Teppich vor dem Kamine saß und mit einem Bleistift schrieb?«
»Das tue ich«, sagte er.
»Herr, der Knabe war ich, und mein Name ist Allan Quatermain. Jene Kinder, die damals krank lagen, sind alle tot, ihre Mutter ist tot, und mein Vater, Ihr alter Freund, ist ebenfalls tot. Wie Sie wanderte er aus und starb letztes Jahr im Kaplande. Aber das ist nicht die ganze Geschichte. Nach vielen Abenteuern gelangten ich, ein Kaffer und ein kleines Mädchen nach dem schlechten Lande, wo wir tagelang ohne Wasser gewandert waren, und dort wären wir umgekommen, aber Ihre Tochter, Fräulein –«
»Nennen Sie sie Stella«, unterbrach er mich hastig. »Ich kann es nicht ertragen, den Namen zu hören. Ich habe ihn abgeschworen.«
»Fräulein Stella fand uns durch Zufall und rettete unser Leben.«
»Durch Zufall, sagen Sie, Allan Quatermain?« antwortete er. »Dabei ist wenig Zufall; solche Zufalle entspringen einem andern Willen als dem unsrigen. Willkommen Allan, Sohn meines alten Freundes. Hier leben wir wie in einer Einsiedelei, mit der Natur als unserer einzigen Freundin; aber was wir besitzen, gehört Ihnen und so lange Sie es nehmen wollen. Aber Sie müssen ganz verhungert sein; reden Sie nicht mehr. Stella, es ist Zeit zum Essen. Morgen wollen wir reden.«
Um die Wahrheit zu gestehen, kann ich mich auf wenig andere Vorkommnisse dieses Abends besinnen. Eine Art schwindliger Müdigkeit überfiel mich. Ich entsinne mich, daß ich an einem Tische neben Stella saß und es mir wacker munden ließ, und dann besinne ich mich auf nichts weiter.
Als ich erwachte, lag ich in einem bequemen Bette in einer Hütte, die genau nach dem Muster der mittleren gebaut war. Während ich überlegte, welche Zeit es wohl sein möchte, kam ein Eingeborener und brachte einige saubere Kleider auf dem Arme, und Luxus über Luxus, auch eine Badewanne, die aus ausgehöhltem Holze bestand.
Ich erhob mich und fühlte mich als ein ganz anderer Mensch. Meine Kräfte waren zurückgekehrt; ich kleidete mich an, dann ging ich durch einen überdeckten Gang und gelangte in die mittlere Hütte. Hier war der Tisch für das Frühstück gedeckt und mit allerhand guten Sachen besetzt, wie ich solche seit Monaten nicht gesehen hatte, und ich betrachtete sie mit gesunder Befriedigung. Dann blickte ich auf, und ein entzückender Anblick bot sich mir dar, denn in einem der Torwege, die zu den Schlafhütten führten, stand Stella und führte die kleine Tota an der Hand.
Sie war sehr einfach gekleidet und trug ein loses blaues Kleid mit breitem Kragen und um die Taille von einem schmalen Ledergürtel zusammengehalten. An ihrer Brust steckte ein Zweig von Orangeblüten, und ihr krauses Haar war zu einem Knoten an ihrem schöngeformten Kopfe verschlungen. Sie grüßte mich mit einem süßen Lächeln und fragte, wie ich geschlafen hätte, dann hielt sie Tota in die Höhe, damit ich sie küssen sollte. Unter ihrer liebenden Sorgfalt war das Kind ganz verwandelt. Es trug ein sauberes Kleid von demselben Stoffe wie Stella, ihr blondes Haar war gebürstet, und wenn man nicht die Sonnenbläschen auf ihrem Gesichte gesehen hätte, so hätte man kaum geglaubt, daß dies dasselbe Kind war, das Indaba-Zimbi und ich Stunde für Stunde durch die brennende, wasserlose Wüste geschleppt hatten.
»Wir müssen allein frühstücken, Herr Allan«, sagte sie; »mein Vater ist von Ihrer Ankunft so aufgeregt, daß er noch nicht aufstehen will. Oh, Sie können sich nicht vorstellen, wie dankbar ich bin, daß Sie gekommen sind. Ich bin in letzter Zeit so besorgt um ihn gewesen. Er wird schwächer und schwächer; mir scheint es, als ob seine Kräfte nach und nach verschwänden. Jetzt verläßt er kaum je den Kral, ich habe alles in der Farm anzuordnen, und er tut nichts, als lesen und denken.«
In dem Augenblicke trat Hendrika ein, sie trug einen Krug mit Kaffee in der einen und einen Krug mit Milch in der andern Hand und setzte es auf den Tisch, während sie mir einen wenig liebevollen Blick zuwarf.
»Nimm dich in acht, Hendrika; du schüttest den Kaffee vorbei«, sagte Stella. »Wundern Sie sich nicht, wie wir hier zu Kaffee kommen, Herr Allan? Ich will es Ihnen sagen, wir ziehen ihn selbst. Sie können sich gar nicht vorstellen, was wir alles zuwege gebracht haben, seit wir hier sind. Sie sehen, wir haben Arbeiter im Überfluß, denn die Leute hier herum betrachten meinen Vater als ihren Häuptling.«
»Ja«, sagte ich, »aber wie erlangen Sie all diese Luxusgegenstände der Zivilisation?«, und ich zeigte auf die Bücher, das Porzellan, die Messer und Gabeln.
»Sehr einfach. Die meisten Bücher brachte mein Vater gleich mit, als er zuerst in diese Wildnis zog. Aber alle drei Jahre haben wir eine Expedition verschiedener Wagen geradewegs nach Port Natal geschickt. Die Wagen sind mit Elfenbein und andern Gütern beladen und kehren mit allerhand Dingen zurück, die aus England für uns geschickt worden sind. Sie sehen, daß wir, obgleich wir in der Wildnis leben, nicht ganz abgeschnitten sind. Wir können Reiter nach Natal hin und her in drei Monaten schicken, und die Wagen gehen im Laufe eines Jahres hin und her. Die letzte Sendung kam vor ungefähr drei Monaten ganz wohlbehalten hier an. Unsere Diener sind sehr treu, und einige von ihnen sprechen gut Holländisch.«
»Sind Sie je mit dem Wagen mitgewesen?« fragte ich.
»Seit meiner Kinderzeit bin ich niemals mehr als dreißig Meilen von Babyans-Peak weggewesen«, antwortete sie. »Wissen Sie, Herr Allan, daß Sie, mit einer Ausnahme, der einzige Engländer sind, den ich, außer in Büchern, gekannt habe. Vermutlich komme ich Ihnen sehr wild und ungebärdig vor, aber ich habe einen Vorzug genossen, eine gute Erziehung. Mein Vater hat mich alles gelehrt; und vielleicht weiß ich einige Dinge, die Sie nicht wissen. Ich kann zum Beispiel Französisch und Deutsch lesen. Ich glaube, mein Vater hatte zuerst den Gedanken, mich ganz wild aufwachsen zu lassen, aber er gab es auf.«
»Und möchten Sie nicht in die Welt gehen?« fragte ich.
»Manchmal wohl«, sagte sie, »wenn ich mich einsam fühle. Aber vielleicht hat mein Vater recht – vielleicht würde es mich erschrecken und ängstigen. Er wenigstens würde keinesfalls zur Zivilisation zurückkehren; er hat den Entschluß gefaßt, das weiß ich; obgleich ich mir nicht denken kann, warum er ihn hat oder warum er es nicht ertragen kann, daß unser Name genannt wird. Kurzum, Herr Quatermain, wir machen unser Leben nicht selbst, wir müssen es nehmen, wie wir es finden. Sind Sie mit Frühstücken fertig? Lassen Sie uns gehen, damit ich Ihnen unser Reich zeige.«
Ich erhob mich und ging nach meiner Schlafstelle zurück, um meinen Hut zu holen. Als ich zurückkehrte, war Mr. Carson – denn das war ja doch einmal sein Name, obgleich er nicht erlauben wollte, daß er genannt werde – in die Hütte gekommen. Er fühle sich nun wohler, sagte er, und wolle uns begleiten, wenn Stella ihm den Arm geben wolle.
So brachen wir auf, und hinter uns kam Hendrika mit Tota und dem alten Indaba-Zimbi, den ich im Freien frisch wie der Morgen sitzen sah. Den alten Mann konnte nichts ermüden. Die Aussicht von der Plattform war fast ebenso schön wie die vom Untergrunde, wenn man nach dem Peak sah. Die Marmorkrale blickten, wie ich schon gesagt habe, gen Westen, folglich lag die ganze obere Terrasse bis gegen elf Uhr im Schatten des großen Berges, was unter diesem geographischen Breitengrade ein großer Vorteil war. Erst gingen wir durch den Garten, der wundervoll gepflegt war und einer der ertragreichsten war, die ich je gesehen habe. Drei oder vier Eingeborene arbeiteten darin, und sie alle begrüßten meinen Wirt als »Baba« oder Vater. Dann besuchten wir die beiden andern Gruppen von Marmorhütten. Eine davon war zu Ställen und Außengebäuden benutzt, die andern als Vorratshäuser, die mittlere Hütte jedoch war zu einer Kapelle verwandelt. Herr Carson war nicht ordiniert, aber er versuchte ernstlich, die Eingeborenen zu bekehren; die meisten von ihnen waren flüchtig und schutzsuchend zu ihm gekommen, und er hatte die hauptsächlichsten kirchlichen Handlungen seit so langen Jahren ausgeführt, daß ich glaube, er hielt sich schließlich selbst für einen Geistlichen. Zum Beispiel traute er immer diejenigen seiner Leute, die sich zur Monogamie verstanden, und taufte ihre Kinder.
Als wir die wundervollen Überbleibsel des Altertums besichtigt, die Orangenbäume, Weinstöcke und Fruchtbäume bewundert hatten, die alle wie Unkraut in diesem wundervollen Boden und Klima wucherten, stiegen wir zur nächsten Plattform hinab und sahen den Landbetrieb in vollem Gange. Ich glaube, es war die beste Farm, die ich in Afrika gesehen habe. Da war reichlich Wasser zur Bewässerung, das Wiesenland unten gab Weide für Hunderte von Pferden und Vieh, und die Eingeborenen waren sehr fleißig. Außerdem war der ganze Platz von Herrn Carson in korporativem System bewirtschaftet: er nahm nur den Zehnten des Ertrages – und in diesem Lande des unendlichen Überflusses, was hätte er da auch mit mehr anfangen sollen? Infolgedessen waren die Stammesleute, die sich übrigens »Kinder des Thomas« nannten, imstande, beträchtliche Reichtümer anzusammeln. Alle ihre Streitigkeiten wurden vor ihren ›Vater‹ gebracht, und er war auch bei Beleidigungen und Verbrechen der Richter. Einige wurden mit Einsperrung bestraft, mit Peitschenhieben, mit Verlust an Gütern, andere und ernstere Übertretungen mit Ausweisung aus der Gemeinschaft, ein Akt, der für einen dieser begünstigten Eingeborenen ebenso schwer gewesen sein muß, wie der Spruch, der Adam aus dem Garten Eden vertrieb.
Der alte Herr Carson lehnte sich auf seiner Tochter Arm und betrachtete die Szene mit Stolz.
»All dies habe ich zuwege gebracht, Allan Quatermain«, sagte er. »Als ich zuerst der Zivilisation entsagte, wanderte ich durch Zufall hierher; indem ich ein Heim an dem verborgensten Platze der Erde suchte, fand ich diesen einsamen Fleck in der Wildnis. Man konnte nichts sehen, als die Lage des Ganzen, die Kuppeln der Marmorhütten und die Wasserfälle. Ich nahm die Hütten in Besitz. Ich reinigte das Stück Gartenland und pflanzte den Orangenhain. Nur sechs Eingeborene hatte ich damals bei mir, aber nach und nach fanden sich andere hinzu, und nun besteht mein Stamm aus tausend. Hier leben wir in vollständigem Frieden und Überfluß. Ich habe alles, was ich brauche, und mehr verlange ich nicht. Der Himmel hat mich so weit gesegnet – möchte es so bis zum Ende sein, das für mich schon herannaht. Und nun bin ich müde und will zurückkehren. Wenn Sie den alten Marmorbruch sehen wollen und den Eingang zu den alten Minen, so wird Stella es Ihnen zeigen. Nein, mein Liebling, du brauchst mich nicht zu begleiten. Ich kann ganz allein fertig werden. Sieh, einige von den obersten Leuten warten auf mich.«
So ging er, und wir wandten uns ab, noch gefolgt von Hendrika und Indaba-Zimbi, und indem wir an dem Ufer des einen Flusses entlanggingen, kamen wir hinter den Marmorkralen vorbei zu dem Marmorbruche, wo das Material vor längst vergangenen Zeiten hergenommen worden war.
Die Schnittfläche zeigte eine sehr dicke Lage des weißesten und schönsten Marmors. Ich kenne einen ähnlichen Bruch in Port Natal. Aber wer ihn bearbeitet hat, kann ich nicht sagen. Keinenfalls Eingeborene, das ist gewiß, obgleich die Erbauer des Krals sich herabgelassen hatten, die Form der dort üblichen Hütten zum Modell zu nehmen. Die einzige Reliquie dieser Erbauer, die ich gesehen habe, war eine höchst vollendete bronzene Spitzhacke, die Stella eines Tages in dem Bruche fand. Nachdem wir ihn untersucht hatten, kletterten wir an dem Abhänge des Hügels hinauf, bis wir zu der Öffnung der alten Minen kamen, die in einer Art von Schlucht lagen. Ich glaube, daß es Silberminen gewesen sind. Die Schlucht war lang und eng, und in dem Augenblicke, wo wir sie betraten, erhob sich von jeder Seite ein grunzender, bellender Ton, der fast ausreichte, um einen taub zu machen. Ich wußte sofort, was es war; der ganze Ort war mit Pavianen gefüllt, die aus jeder Richtung an den Felsen herab und auf uns zu kletterten, in einer Weise, die mir merkwürdig furchtlos vorkam. Stella wurde ein wenig blaß und hing sich an meinen Arm.
»Es ist sehr töricht von mir«, flüsterte sie. »Ich bin nicht die Spur nervös, aber ich kann den Anblick dieser Tiere gar nicht ertragen, seitdem sie Hendrik töteten. Ich denke immer, es ist etwas Menschliches an ihnen.«
Mittlerweile kamen die Paviane näher heran und sprachen dabei miteinander. Tota fing zu schreien an und hing sich an Stella. Stella hing an mir, während Indaba-Zimbi und ich uns der Sache gegenüber so kühn, als wir konnten, benahmen. Nur Hendrika stand da und blickte auf die Ungeheuer mit einem gleichgültigen Lächeln auf ihrem Affengesichte. Als die großen Affen ganz nahe heran waren, rief sie plötzlich ganz laut. Sofort hörten sie mit ihrem fürchterlichen Geschrei auf, als ob sie einem Befehle gehorchten. Dann redete Hendrika sie an. Ich kann es nicht anders beschreiben, als sie machte einen Lärm so wie die Paviane, wenn sie sich unterhalten. Ich habe Hottentotten und Buschmänner gekannt, die mir sagten, daß sie mit den Pavianen sprechen könnten und deren Sprache verstünden, aber ich gestehe, daß ich es nie vor- oder nachher gehört habe.
Aus Hendrikas Munde kam eine Folge von Grunzen, Stöhnen, Schnalzen und jedem andern abscheulichen Geräusche, das man sich vorstellen kann. Mir kam das Ganze wie eine Art Strafrede vor. Auf jeden Fall hörten die Paviane zu. Einer von ihnen grunzte eine Antwort zurück, und dann zog sich die ganze Herde wieder nach den Bergen. Ich stand erstaunt, und wir wandten uns ohne ein Wort zu sprechen nach dem Kral zurück, denn Hendrika war mir gegenüber zu verschlossen, als daß ich mit ihr hätte reden können. Als wir die erste Hütte erreichten, ging Stella hinein, von Hendrika gefolgt. Aber Indaba-Zimbi zupfte mich am Ärmel, und ich blieb draußen.
»Macumazahn«, sagte er, »Pavianfrau – Teufelsfrau, sei vorsichtig, Macumazahn. Sie liebt jenen ›Stern‹ (die Eingeborenen nannten Stella treffenderweise den Stern), und ist eifersüchtig. Sei vorsichtig, Macumazahn, oder der Stern wird untergehen!«