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Ich rufe dich, den Geist des Vielgekannten:
Entflieh aus Allem, was ich bin!
Ich gebe mich, den aus sich selbst Verbannten,
Der Ferne und dem Schicksal hin.
Nie lernte ich in dir mich überwinden;
Ein Gleiches ließ mich immer wiederfinden.
Doch wenn ich schäumend stürz aus dem Gesange,
Und kein Gewicht mehr weiß, an dem ich hange.
Bin ich vielleicht ein Größrer als ich selbst.
Ich hab die Welt genossen; war ihr Meister.
So brenne in mir, Glut, bis ich zerfalle!
Ich Matador im Spiel der Geister:
Daß ich entschwebe von dem dunklen Balle!
Daß ich entschwebe: Mond, bist du noch Bruder?
Liegt irgendwo die Ferne angekettet?
Taucht in die tränenlose Flucht das Ruder,
Bis ihr die Seele vor der Welt errettet.
Ich kenne dich! O nenne keinen Namen!
Du lebst ja nicht. Bist doch mir zugesellt!
Noch ist mein Herz verliebt in deinen Samen,
Schwach wie ein Rehbock in den Wäldern bellt.
Herbsttag, der meine heißen Sinne kühlte,
Sommer und Winter, Frühling wird nun enden.
Und alles, was ich lebte, was ich fühlte.
Brennt mir zu Asche in den Händen.
Wähne nicht, die Erde sei vergebens.
Weil die Ferne dir im Antlitz steht.
Denkend lernst du das Gesetz des Lebens:
Jeder Tag ist reicher, der vergeht.
Herrn im Frack und Damen, welche rasen.
Und der Streichholzmann, der nachts dich rührt
Alle diese sind zur Macht verführt,
Ihres Daseins schwärmende Ekstasen.
Wer sich selbst im Gleichnis unterscheidet.
Wird vom Rausch der Bilder nicht entstellt;
Wird des Truges klar, an dem er leidet.
Und sein Auge überholt die Welt.
Dieses Lebens Gunst und Tücke
Scheint ein Ausgleich nur zu sein;
Strömt bei jedem Leid und Glücke
Jeder in sein Maß hinein.
Kehrt zurück, was ihn begeistert.
Fühlt er wachsen sein Geschick;
Wenn er auch nicht alles meistert.
Vieles glänzt in seinem Blick.
Was er ahnt und sich bereitet,
Ist ihm nah und ist ihm fern.
Und von seiner Fahrt begleitet.
Folgt er sich und seinem Stern.
O Fleischgeruch der ewigen Hetäre:
Du Schaukelpferd, zu dem ich wiederkehre:
Weib, das an mir vergeht, Weib, das ertrinkt:
Sei mir willkommen! Dein Gesicht versinkt.
Ein andres schwebt aus dieses Bluts Verhüllung –
Du bist mir nah, erhabene Erfüllung!
Dich zeug ich, Kindlein, noch dem Schlaf verschwistert;
Horch, was mein Herz dir aus den Wolken flüstert:
Du wirst, wie alle Menschen, dir enteilen;
Du wirst die Sehnsucht aller Menschen teilen.
Hinaus, zu ungeheurem Drang entflieh!
Und was einst Chaos war, wird Harmonie.
Stürzt in eure Katarakte
Lose, anvertraute Schatten!
In dem Gaukelspiel der Akte
Laßt euch mischen und begatten.
Tiere sterben an der Räude,
Alles Haben muß verwesen.
Aus der Fäulnis zum Genesen
Singt euch wieder in die Freude!
Städte, Meer und Paradiese
Und ihr Himmel, schnell gerötet:
Lebt in dieses Herzens Krise,
Seid begehrt – und seid getötet!
Fliegt auf, ihr flüchtigen Elemente! Ihr Wesen und ihr Gestalten!
Ich will nicht mehr in eurer Mitte mich wärmen oder erkalten.
Ich will einsam werden im Leid. Will einsam werden im Glücke.
Über meines Lebens Strom will ich stehn auf gebogener Brücke.
Wenn ich vielleicht auf einer Insel im australischen Küstenmeer raste.
Bin ich in einer Oper, im Hotel, in einem Hause bei euch zu Gaste;
Ich will mich auf Piratenschiffe und venetianische Gondeln ergießen.
Und junge und blonde Königinnen auf Kostümfesten genießen.
Ihr Freunde und ihr Geliebten! Ihr sollt mir alle wieder erscheinen!
Ich will an jedem Grabhügel sitzen. Ich will euch trösten. Ich will mit euch weinen.
Reklamesäulen und Tänze und Umarmungen auf verbotenen Bänken –
Steige mir auf in der Nacht! Du Herzklopfen! Du Gedenken!
Die Fülle der schönen Gewalten lockt nicht mehr zur Liebe, zum Hasse.
Wer alles besitzt, dessen Blut hat alles gemein mit der Masse.
Doch wem die Seele erfüllt ist von der Welt und ihren Genüssen,
Dem wird die Macht offenbar: er wird sie verwandeln müssen.
Die Fraun, mit denen er Sekt trinkt, die in Automobilen ihn fassen.
Können ihn nicht mehr entführen. Er wird ihre Wirklichkeit hassen.
Für ihn nur lebt die Erscheinung, an seinesgleichen entzündet –
Strom unirdischer Lust, der in ewige Sphären mündet.
Eines Hundes trauriger Blick im Café wird zu Tränen ihn rühren;
Eines Schreibers krüpplige Hand wird ihn wieder zu Christus führen.
Was das Leben ihm schenkt, war Traum in seinem Innern –
Abenteuer und Schicksal lustwandeln durch fernes Erinnern.
Ich Schreckgespenst in letzter Nächtlichkeit,
Verflüchtigt kaum aus einer Schwedin Schoß!
(Sie trennt sich ihre Sonntagsbluse los.
Und aufgedunsen spült mich hin die Zeit.)
An einer Straße wird ein Mensch verprügelt.
Man stößt ihn fort ins All. Er stirbt vielleicht.
Komm, sei mein Freund! Dein Kummer ist beflügelt!
Eine Träne von dir hat mich Einsamen erreicht.
Geh mit mir schlafen, arme Gestalt von gestern!
Einst hattest du Glück in der Welt. Jetzt bist du in Not.
Sind wir nicht alle Menschen, Brüder und Schwestern!
Wer rettet den andern im Leben! Wer hilft ihm im Tod!
Du Geist, der mich verließ, den ich gewinne.
Der tausendfältig meines Werkes harrt:
Erkämpf mich bis zum letzten meiner Sinne,
Auf einem andern Stern beginn, o Fahrt!
Ich bin von neuem in die Welt geboren.
Die meinem Leid und meinen Freuden quillt.
Was ich besaß, das hab ich nicht verloren,
Nur größer und nur klarer ward mein Bild.
Ich sah den Bruder, wenn ich die Erscheinung
Des eignen Herzens mich verklären sah;
Doch bin ich mehr als Sehnsucht und Beweinung:
Ich bin Verheißung! Ich bin ewig da!