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Eine fruchtbare Landschaft. Vorn rechts zwischen Feldern auf einem dreieckigen, etwas vertieften Rasenplatz ein alter Birnbaum, darunter eine klare Quelle in primitiver Steinfassung. Der Mittelgrund besteht aus Wiesen. Im Hintergrund liegt, umgeben von Erlen, Haselnuß-, Weiden- und Buchengebüsch, ein seeartiger Teich mit Schilfrändern und Wasserpflanzen. Wiesen schließen sich daran und im Halbkreis umher uralte Eichen, Rüstern, Buchen und Birken. Durch Lücken zwischen Gebüsch und Bäumen werden die Türme und Dächer ferner Kirchdörfer sichtbar, links hinter Büschen die Strohdächer eines Vorwerks. Heißer Sommernachmittag zu Anfang August. Man hört aus der Ferne das Summen der Dreschmaschine. Von rechts kommen, mit dem Ausdruck der Arbeitsermüdung und der Erschlaffung durch Hitze, der alte Bernd und August Keil. Beide Männer sind nur mit Hemd, Hose, Stiefeln und Mütze bekleidet; jeder trägt die Hacke über der Schulter, in der Hand eine Sense und am Ledergurte das Kuhhorn mit Wetzstein.
Bernd. 's is reechlich heeß heute! – Ma muß amal ausruhn! – Aber's macht Freede uf so an eegnen Grundstick.
August. Ma is'n das Grashaun gar ni gewehnt.
Bernd. Du hast dich sehr proper hast du dich gehalt'n.
August. O jee nee! Wie lange wird'n das gehn! Mir zuckt's und reißt's schonn in allen Gliedmaßen.
Bernd. Du magst zufrieden sein, Schwiegersohn. Gewehnt will aso ane Arbeit sein. Und bei dir is ja ieberhaupt bloß ane Ausnahme. Aber wie gesagt, du kennst glei mit a Gärtnern gehn.
August. Een Tag. A zweeten klapp' ich zusammen, 's kränkt een! 's is eemal a Leiden mit mir. Ich bin o wieder beim Kreisphisikusse gewesen. Wie immer. A hat bloß mit a Achseln gezuckt.
Bernd. Du bist gesund und ei Gotteshänden. A paar rostige Nägel heechstens ei Wasser tun und zwee-, dreimal die Woche an Abguß trinken. Das reenigt's Geblitte und stärkt's Herz. Wenn ock 's Wetter aushalten mechte dahier.
August. 's is zu sehr ane brittnige Hitze. Mir warsch undern Haun, 's donnerte schonn.
Bernd, am Rand der Quelle niedergekniet, hat mit dem Munde vom Spiegel weg getrunken. Wasser is doch der beste Trunk!
August. Wie spät is'n?
Bernd. Viere wird's sein. Mich wundert's, wo Rose bleibt mit der Vesper. Er erhebt sich und betrachtet die Schneide der aufgestellten Sense, gleichwie August tut. Mußt du tengeln? Meine geht noch a wing.
August. Ich kann's o noch amal so versuchen.
Bernd läßt sich unter den Birnbaum ins Gras fallen. Komm lieber und setz dich neber mich. Und wenn de dei Testament tätst bei dir haben, da kennt'n mer uns glei a bissel erbaun.
August, sich erschöpft und befreit ebenfalls niederlassend. Ich sage bloß: Gott sei Lob und Dank.
Bernd. Siehste, August, ich hab' dir das gleich gesagt: laß se! Das Mädel find sich zurechte! Nu is se o zur Vernunft gekomm. In frieheren Zeiten ... vor deiner Zeit, da hab' ich mir manchmal a Kopp schon zerbrochen! Da kam manchmal schonn so a Eigensinn! Am besten geruhig laufen lassen! – Manchmal war das wirklichen Gott aso, wie wenn se tät' gegen an Mauer anloofen: ane unsichtbare, die niemand ni sah, und da mußt' se sich erscht reen wie richtig drumrum tappen.
August. Was de dazumal in se gefahren is ... jetze will ich ja Gott uff a Knien danken ... aber dazumal wußt' ich mir nich Bescheed! – Daß se plötzlich ... mit was das zusammenhing: da kann ich mir heute noch keen Versch nich druff machen.
Bernd. Wie war se dasmal gegen vorichtes Mal, da mir nunderging'n zum Standesbeamten.
August. 's is mer lieb, daß's ni mehr der Flamm-Schulze is.
Bernd. Dasmal hat se ooch nich keene Miene verzogen, und ei vier, fünf Minuten war alles glatt. Asu is se manchmal! Wie de Weiber halt sein.
August. Ehb das mit Streckmann zusammenhing? A hatte Euch doch was nachgeruffen und vorher o in se neingered't.
Bernd. Koan sein, koan o ni sein! Doas weeß ich d'r ni. Man kann ebens manchmal von er nischt rauskriegen. 's is ni hibsch! Grade deshalb o freut ma sich, daß se an an Mann kommt, der de kann uff se einwirken und kann er das sterrische Wesen benehm. Ihr beede seid zueinander bestimmt. Se is gutt! Se braucht ock ane richtige Leitung, lind du hast ane gude und sanfte Hand.
August. Wenn ich a Maschinist Streckmann seh', da is mersch, als sähg ich a Gottseibeiuns ...
Bernd. Dacht' se, der Kerl wär an Unfug stiften ... a is ja von Kind uff verderbt genug! Manch liebes Mal hat seine Mutter geklagt drieber! ... Kann immer sein! 's is'n ja zuzutraun.
August. Wenn ich den Mann seh', kenn' ich mich ni. Kalt und heeß looft mir's da ieber a Ricken, und ich mechte a himmlischen Vater verklagen ... ich mechte, a hätt' mich zum Simson gemacht! Da, verzeih' mersch ock Gott, hab' ich beese Gedanken. Man hört den Pfiff der Lokomobile. Da is a!
Bernd. Kimmer dich nich um den!
August. Nu gutt! Wenn all's erscht vorieber is, da tu' ich mich in unsere vier Wände einschließen, und da wolln mer a stilles Leben fiehren.
Bernd. A scheenes stilles Leben, Gott geb's.
August. Und von der Welt will ich nischt ni meh wissen. – Mich widert das ganze Gemächte an! Ich hab' so an Ekel vor Welt und Menscha, doaß ich orndtlich ... ja, Vater, wie sool ich glei soan? ... Wenn mir oll's asu bitter bis hierhar stieht, da lach' ich! Da hab' ich an Freede, zu sterba! Do freu' ich mich orndtlich wie kindsch dadruff.
Eine Anzahl durstender Feldarbeiter, ein altes Weib und zwei junge Mädchen, alle vom Gute des Erbscholzen Flamm, kommen eilig über die Felder heran. Es sind Hahn, Heinzel, Golisch, die alte Golischen, seine Frau, der alte Kleinert, die Großmagd und die Kleinmagd. Die Männer tragen nur Hose und Hemd, die Frauenzimmer geraffte Röcke, Brusttücher und bunte Tücher überm Kopf.
Hahn, dreißigjährig, braun, frisch. Ich biin ebens doch d'r irschte am Born! Ihr miegt immer hetza! Ihr kinnt mir nee nachkumma! Er kniet und beugt sich über den Brunnen. Am liebsta spräng' ich gleich mittanei.
Kleinmagd. Nu untersteh dich! Mir hoan o Durscht. Zur Großmagd. Hust du a Tippla miete zum Scheppa?
Großmagd. Harr ock! Irscht kimmt de Grußemagd.
Heinzel zieht beide Weiber an den Schultern zurück und drängt sich zwischen ihnen durch vor den Brunnen. Irscht kumma de Manne, hernochert de Weibsbilder.
Kleinert. Mir han hie olle mitnander Platz! – Gelt ja, Vater Bernd? Prost Vasper.
Bernd. Ja, ja – mir hab'n bloß ebens noch keene Vesper. Mir wart'n noch immer vergebens druff.
Golisch. Ich ... ich ... ich ... zum Auswinda bin ich! Meine Zunge leit wie a Stick Hulz ei men Maule.
Die alte Golischen. Woasser!!
Kleinert. Hie hat's 'n fer alle genung.
Alle trinken gierig, teils direkt vom Wasserspiegel, teils aus hohlen Händen, teils aus dem Hut, teils aus Töpfen oder Flaschen. Dabei vernimmt man nichts als das Geräusch des Schluckens und wohligen Aufatmens.
Heinzel, im Aufstehen. Woasser is gutt, aber Bier wär' besser.
Hahn. O a Gläsla Branntwein kennde jetz sein.
Golisch. Au ... August, kennst ju a Quart zum besta gahn.
Die alte Golischen. A sol uns lieber zur Huchzeit eilada.
Golisch. Mir kumma alle zur Huxt. Se soll doch bale sein.
Heinzel. Ich kumm' ni, a gibbt ins bloß Woasser zu saufa. Doas koan ich o hie am Borne hoan. Oder wegen a bißla Koffeloppern ...
Hahn. Und bata und singa ubanei. – War weeß, vielleicht kimmt gar dar Jenkauer Pfarr und tutt een die zahn Gebote abhiern.
Heinzel. Oder die sieba Bitta gor! Das wär ni gutt ausfalln. Ich hab' all's vergassa.
Kleinert. Leute, laßt mir da August zu Ruh'. Doas sag' ich, wenn ich suster a Madel hätte, a bessern Schwiegersohn winscht' ich mir ni: a verstieht seine Sache! A is uff'n Pust'n.
Die Arbeiter und Arbeiterinnen haben sich im Halbkreis gelagert und verzehren ihre Vesper: Kaffee aus Blechkannen und große Keile Brot, von denen sie mit Taschenmessern Bissen abschneiden.
Die alte Golischen. Do kimmt Bernd Rusla hinga ims Vorwerk rum.
Golisch. Nu saht bloß oa, wie die springa koan.
Kleinert. Die hebt sich an Weizasaak salber uf und schleppt a biis uf a Oberboden. Heute morga hab' ich se schonn gesahn, da hatt' se an Kleederschrank uff d'r Radwer, den karrt' se nieber eis neue Haus. Das Madel hat Saft und Kraft dohie, die werd ihre Wertschaft zusammenhalten.
Hahn. Wenn mir das sonste wie Augusten gäng', meiner Seele, ihr Leute, ich tät' m'r nischt draus mach'n: ich versucht's amal mit d'r Heiligkeet.
Golisch. Ma muß druff zu laufa verstehn, da geht's.
Hahn. Wenn ma denkt, wie a erscht mit d'r Tasche ging und ei a Derfern Schriftla verkoofte, hernoert, wie a a Leuta Briefe schrieb ... Heut hoat a ei Wandriß 's schienste Anwesen und koan's schienste Madel eim Kreese heirota.
Rose Bernd kommt. Sie bringt in einem Korbe die Vesper für August und den alten Bernd.
Rose. Prost Vesper!
Die Leute. Prost Vesper! Prost Vesper! Schien Dank!
Golisch. Du läßt ja a Liebsta verhungern, Rusla!
Rose, heiter auspackend. Ach wo ock! Aso leichte verhungert sich's ni!
Heinzel. Ock gutt fittern, Rusla, suster legt a ni aus.
Golisch. Ja, ja, suster bleibt er d'r gar zu derre!
Bernd. Wo bleibste denn so lange, hä? Mir worten ja schon ane halbe Stunde.
August, halblaut, ärgerlich. Nu is wieder de ganze Menschheet da! Sonste wern mir wer weeß wie lange schon fertig.
Die alte Golischen. Luß a brumma, Madel, mach der nischt draus.
Rose. Wer brummt denn, Golischen? Wer sol denn hie brumma? August brummt doch eim Leben nich.
Die alte Golischen. Und wenn o! Ich sag' ja: du sollst d'r nischt draus mach'n.
Heinzel. Wenn a jitz noch nich brummt, das kimmt schonn noch.
Rose. Da is mir ni Angst, daß das seld' amal komm.
Golisch. Ihr seid ja uff eemal so betulich dahie.
Rose. Gelt, mir waren immer schon einig, August!? Sie küßt August. Gelächter unter den Leuten. Was lacht ihr denn? Anderscher is das nich.
Golisch. Nee ... nu hatt' ich mir das doch eingebild't, iich ... iich kennde amal eis Fenster steiga ...
Kleinert. Da trägste de Knoch'n eim Schnupptiechla heem.
Die Großmagd, anzüglich. O jeemersch! O jeemersch! O jeemersch nee nee! Derweg'n versucht' ich's! Wer will das wiss'n.
Bernd, verfinstert, ruhig. Halt a wing an dich, Großemagd.
Kleinert. Heerscht's: a sagt d'rsch. Halt a wing an dich! D'r ale Bernd, der versteht manchmal keen Spoß.
Rose. Se sagt ja nischt weiter! Laßt se ock.
Kleinert, sich die Tabakspfeife anbrennend. A sitt meinswegen schafgutt jitze aus, oader wenn a luslät, das werd't ihr nit glooba. – Iich wiß, wie a dieba noch Wirtschafter war, da hotta de Frauvelker nischt ni zu lacha. Dar wurd' mit zahn sulcha fertig wie du, do goab's nischte miit a Kerl'n sich rimtreiba.
Großmagd. War treibt sich d'nn mit a Kerl'n rum?
Kleinert. Da mißt m'r a Maschinist Streckmann frag'n.
Großmagd, blutrot. O fragt ihr meinsweg'n a Herrgott salber!
Gelächter unter den Leuten. Der Maschinist Streckmann erscheint, bestaubt, so wie er von der Dreschmaschine kommt, und außerdem durch Schnaps leicht angeheitert.
Streckmann. Wer red't was vo Maschinist Streckmann dahie? Hie iis a! Hie stieht a! War will mit mir anbinda? – Guda Mittag! Prost Vasper, alle mitsamm.
Die alte Golischen. Wenn ma vom Teifel red't, iis a schon do.
Streckmann. Und dich estimier' ich fer Teifels Großmutter. Er nimmt die Kokardenmütze ab und wischt den Schweiß von der Stirne. Ihr Leute, ihr Leute, ich mach' ni meh miit: bei dar Schinderei läßt ma ja Haut und Knucha! – Tag, August! Tag, Rusla! Tag, Vater Bernd! – – Herr Jesus Christus, kinnt ihr ni antworta? –
Heinzel. Luß se! Da Leuta gieht's zu gutt.
Streckmann. A Seinen gibt's ebens der Herr im Schlaf. Unsereens schind't sich und kann's zu nischt bringa. Er hat sich zwischen Heinzel und Kleinert niedergelassen und eingequetscht und gibt seine Schnapsflasche an Heinzel. Luß se amal in d'r Runde gehn.
Die alte Golischen. Du labst doch's schienste Laba, Streckmann! Was hätts du um's Himmels wille zu klag'n. A getuppelt und dreifaches Geld verdient a und brauch bloß a wing bei d'r Maschine stehn.
Streckmann. Kopparbeet! Nochmacher! Ma hot ebens Kopp! Do kinn sulche Strohschadel freilich ni mitkumma! Macht's ock! Woas weeß a alt Weib d'rvon! – Aber suster: was iich o fer Kummer ha ...
Golisch. Jees's, Streckmann hat Kummer.
Streckmann. Mehr wie genung! – – Mir iis im a Steppel, kann ich euch sag'n ... meinswegen ooch um Bauch oder ums Herze! ... Mir is aso kotzärschlich zumutt: ich mechte was recht was Verwerrtes verrichta. – Kleenemagd, soll ich mich zu d'r leg'n?
Kleinmagd. Ich schlag' dir a Wetzsteen ieber a Schadel.
Golisch. Das iis ebens sei ales Leiden dahier: 's wird'n schwarz vor a Aug'n, a sitt nischt mehr, und uff eemal liegt a bei am Madel im Bette. Lautes Gelächter.
Streckmann. Lacht ock, ihr Kruppzeug! Lacht euch aus! Bei mir, das sag' ich, gibt's nischt ni zum Lach'n. Bramarbasierend. Ich luss' mir a Arm ei de Maschine drähn! Ich luss' mich meinswegen vom Kolb'n d'rstuß'n! Meinsweg'n, Kleenemagd, schlag mich tut.
Hahn. Da kannste ja o ane Scheuer oazinda.
Streckmann, abwehrend. Beileibe! Feuer iis ei mir genung. August, doas is a glicklicher Mann ...
August. Ehb ich glicklich biin oder ich biin unglicklich – das gieht keen'n andern eim Leben was an. –
Streckmann. Was tu' ich d'r denn? Da sei doch du umgänglich.
August. Iich such' mer mein Umgang woanderscher aus.
Streckmann betrachtet ihn lange, gehässig und dumpf, verschluckt dann seine Wut und greift nach der ihm zurückgereichten Schnapsflasche. Gebt her! Ma muß sich a Kummer versaufa! Zu Rose. Du brauchst mich nich ansehn, 's is abgemacht! Er steht auf. Ich geh'! – Ich will nich dazwischentreten.
Rose. For mir kannste gehn, for mir magste bleib'n.
Die alte Golischen. Streckmann zurückrufend. Streckmann, wie is denn das neulich geworn? – Vor drei Woch'n aso bei d'r Dreschmaschine! Da mir a Raps rausmacht'n dohier? – Mägde und Arbeiter platzen heraus.
Streckmann. Das iis vorbei! Davon weeß ich nischt.
Die alte Golischen. Da hast du dich doch hoch und teuer vermess'n ...
Kleinert. Ihr Leute, heert uff mit der Rederei.
Die alte Golischen. A soll bloß 's Maul ni immer aso vollnehma.
Streckmann kommt zurück. Was ich gesagt ha, das tu' ich o durchdrick'n. Ich will sunst ni seelenselig sein. – Und nu is gutt! Mehr red' ich nich. Geht.
Die alte Golischen. A tutt sich ebens leichte mit Schweig'n.
Streckmann kommt zurück, will reden, überwindet sich dann. Nischte! – Uff da Leim kriech' ich d'r nich! – Aber wenn de willst an'n genauen Bescheid wiss'n: frag August'n dorte und ooch Vater Bernd. –
Bernd. Was is das dahier? Was solln mir wiss'n?
Die alte Golischen. Ehb ihr dazumal uff'n Standesamt ... da ihr dazumal doch voriebergingt und Streckmann tat euch'n Sache nachbrilln ...
Kleinert. Hust Zeit, doaß de uffhierscht!
Die alte Golischen. Warum denn ni? Doas sein doch bloßig gespoßige Sach'n ... Ehb ihr dazumol seid eis reene gekumm? Oder ob Rusla no ni wollte miitmach'n? – – –
Bernd. Gott verzeih' euch de Sind'n allen mitsamm! – Iich will euch nu aber doch amal fragen, weshalb ihr uns nich kennt mit Fried'n lass'n? – Oder hätt'n mir irgendwem hier was getan?
Golisch. Mir tun doch au wetter kenn Mensch'n nischt.
Rose. Ehb ich dazumal wullde oder nich: lußt euch darieber kei graues Haar ni mehr wachsen. Heute will ich, und damit is abgemacht.
Kleinert. Asu is recht, Rusla! Gutt gegeb'n!
August hat bisher scheinbar vertieft in einem Neuen Testamente gelesen, nun klappt er es zu und steht auf. Komm, Vater, mir wolln an de Arbeit gehn.
Hahn. Das kust andersch Brust wie Gebatbichla leima und a Mahlkleister durcheinanderriehrn.
Heinzel. Und nu erscht nach d'r Huchzeit, das werd erscht recht Brust kusta. A Madel wie Rusla beoasprucht woas. Gelächter.
Streckmann, ebenfalls loslachend. O jee!! Iich hätte beinahe woas gesoat. Er tritt wieder in die Reihe. Iich war euch amol a Ratsel uffgahn! – Sool ich? – Stille Woasser sein tief! –'s iis biese: Ma sool ieberhaupt ni erscht Blutt lecka! A werd doch bloß immer schlimmer, d'r Durscht.
Die alte Golischen. Woas denn? Wo hast du denn Blutt geleckt?
Bernd. Er meent wahrscheinlich's Branntweintrinken.
Streckmann. Ich geh' meiner Wege! – Hadje! – Ich biin gutt! Hadjee, Vater Bernd! Hadjee, August! Hadjee, Rusla! Zu August. Was iis denn? – August, spiel dich ni uff! – 's iis gutt! Ich soa's ju! Ihr saht mich ni wieder! – Aber du ... du hust Grund, mir dankbar zu sein. Du hust immer a hinterticksch Wesen gehabt! – Ich hoa dir die Sache doch bewilligt! – Ich hoa's bewilligt, und da ging's glatt. Streckmann ab.
Rose, heftig und energisch. Luß a red'n, August, kimmer dich ni.
Kleinert. Flamm kummt! Er sieht nach der Uhr. 's is ieber an halbe Stunde! – Man hört den Pfiff der Lokomobile.
Hahn, im allgemeinen Aufbruch. Vorwärts, Preißen! 's Elend pfeift!
Die Arbeiter mit ihren Sensen und die Mägde eilig ab. Gegenwärtig sind nur noch Rose, der alte Bernd und August.
Bernd. Sodom und Gomorra dahier! – Was hat bloß d'r Streckmann fier a Geschwatze! Sag amal, Rose, verstehst du das?
Rose. Nee! Denn ich hab' an was Besseres zu denk'n! Gibt August ein Kopfstück. Gelt, August? Mir han fer den Unsinn nich Zeit! Mir miss'n uns federn in da sechs Wuch'n! Sie räumt die Vesperüberreste in den Korb.
August. Komm ock hernach a wing rieber zu uns.
Rose. Ich muß waschen, biegein und Knopplecher mach'n. Wenn's eemal und is nu bald aso weit.
Bernd. Mir kumma nach sieb'n zum Abendess'n. Bernd ab.
August, bevor er geht, ernst. Bist du mir gutt, Rosla?
Rose. Ich bin d'r gutt!
August ab.
Rose ist allein. Man hört das Brummen der Dreschmaschine und Gewittermurren am Horizont. Nachdem Rose Brot, Butter, Vesperkannen und Tassen in den Korb zurückgelegt hat, richtet sie sich, den Korb am Arm, auf und scheint in der Ferne etwas zu gewahren, was sie anzieht und bannt. Mit plötzlichem Entschluß rafft sie das ihr entglittene Kopftuch auf und eilt davon. Bevor sie jedoch dem Gesichtskreise entschwunden ist, erscheint Flamm, das Gewehr auf der Schulter, und ruft sie an.
Flamm. Rose! Stillgestanden! Donnerwetter noch mal! – Rose steht, das Gesicht abgekehrt. Du sollst mir amal zu trinken geben – bin ich etwa nich'n Trunk Wasser wert?
Rose. Da hat's ja Wasser.
Flamm. Ich bin ja nich blind! Ich will aber nich wie de Kälber saufen. – Hast du nich Tassen im Korbe, was? Rose schiebt den Deckel beiseite. Na also! Sogar einen Bunzeltopp! Aus Bunzlauer Teppen trinkt sich's am best'n. Sie reicht ihm den Kaffeetopf, wiederum mit abgekehrtem Gesicht. Sei so gutt! – Etwas mehr Höflichkeit! du wirst dich woll noch mal bequemen miss'n! Rose geht zum Brunnen, spült den Topf aus, füllt ihn mit Wasser, stellt ihn neben den Brunnen, begibt sich zu ihrem Korbe, nimmt ihn auf und wartet, mit dem Rücken gegen Flamm. Nee, Rose, so geht das noch immer nich! – So läßt sich vielleicht'n Pennbruder abfind'n: mit Pennbrüdern weiß ich nich so Bescheid! Einstweilen bin ich noch immer der Flamm-Schulze! – Krieg' ich'n Trunk, oder krieg' ich'n nich? – Nanu eins! Nanu zwei! Nanu drei und – Schluß! Jetzt bitte mit Anstand! Nich weiter gefackelt! Rose ist nun wieder an den Quell getreten, hat den Krug aufgenommen und hält ihn Flamm hin; wieder mit abgekehrtem Gesicht. So! Heeher! – Heeher! – Geht immer noch nich.
Rose. Nee, Sie missen's doch halten.
Flamm. Wer soll denn so trinken?
Rose, wider Willen erheitert, muß den Kopf herumwenden. Nee ...
Flamm. So is schon besser! – So is gutt! Gleichsam absichtslos und nur um den Krug zu halten, legt er seine Hände auf Roses Hände und läßt sich, den Mund am Krug, immer tiefer herab, bis er sich auf ein Knie stützen muß. So! – Dank' scheen, Rose! – Nu kannste mich loslass'n.
Rose macht gelinde Versuche, sich zu lösen. Ach nee! Lass'n Sie mich ock los, Herr Flamm.
Flamm. So? – Meenste? – Du meenst also, ich sollte dich loslassen? Jetzt, wo ich dich endlich jetz hab' amal?! Nee, Mädel, so leichte geht das nich! – Es geht ni! – Verlang das nich erscht von mir! – Mach erscht keene Versuche! Du kannst mir nich auswischen! – Erschtlich sieh mich amal wieder richtig an! – Ich bin noch derselbe! – Auge in Auge! – Ich weeß! Ich weeß ieber alles Bescheid! – ieber alles! – Ich hab' mit Rendant Steckel gesprochen., wo ihr euch ja nu geeinigt habt. Gott sei Dank bin ja ich nich mehr Kuppelbeamter! An der Fuchsfalle steht jetz'n andrer Mann. Ich weeß ooch, wenn das Begräbnis is ... Donnerwetter! die Hochzeit, wollt' ich ja sagen! Und außerdem hab' ich mit mir selber gered't. Rose, 's is 'ne sehr harte Nuß! Hoffentlich wird man sich nich die Zähne dran ausbeißen.
Rose. Ich darf aso ni mit Ihn hier stehn, Herr Flamm.
Flamm. Du mußt. Ob du darfst, is mir vollkommen gleichgiltig! Ganz ungeheuer Wurscht is mir das! – Wenn das wirklich bestimmt is in Gottes Rat, verlangt'n Soldat den geheerigen Abschied: so kalt vor die Tier setzen läßt man sich nich. – Rose, hab' ich dir irgendwas abzubitt'n?
Rose, heftig den Kopf schüttelnd, weich. Sie hab'n mir nischt abzubitt'n, Herr Flamm.
Flamm. Nich? – Is das ehrlich? Rose nickt heftig bejahend. Das freut mich wenigstens! So hab' ich mir das auch immer gedacht! Man kann da doch an was Ganzes; zurickdenk'n! – Ach, Rose, das war eine scheene Zeit! ...
Rose. Und Sie miss'n zurückgehn zu Ihrer Frau ...
Flamm. Wenn so was bloß nich so vorieberflitzte! Eine scheene Zeit! Was hat man davon?
Rose. Sie solln gutt sein zu Ihrer Frau, Herr Flamm! – Ihre Frau is a Engel, die hat mich gerettet.
Flamm. Komm! Wir wolln mal unter den Birnbaum gehn! – Scheen! – Was denn? Ich bin immer gutt zu der Frau. Wir stehen auf dem besten Fuß miteinander. – Komm, Rose! Erzähl mir das mal genau. Also: wie is das? – Gerettet? Was? – Vor was hat sie dich denn gerettet, Rose? Natierlich doch interessiert mich das. Was war damals eigentlich los mit dir? Mutter macht allerlei Anspielungen: draus klug geworden bin ich noch nich.
Rose. Herr Christoph! ... Herr Flamm! Ich kann mich nich hinsetz'n! – Das schad't ja doch nischt! ... Das fiehrt ja zu nischt: 's is nu alles vorbei – gutt! 's is alles erledigt. Ich weeß: Gott wird mir de Sinde verzeihn. A wird's ooch an unschuldig'n Kindl ni anrechnen. Dazu is a ja viel zu barmherzig dazu.
Flamm, mit Bezug auf das lauter vernehmliche Summen der Dreschmaschine. Das verfluchte Gesumme in einem fort! – Was? – Rose, du sollst dich'n Augenblick hinsetz'n! Ich tu' dir nichts! Ich beriehre dich nicht! Ehrenwort, Rose! Du sollst dich mal aussprech'n! – Hab doch'n bißchen Vertrauen zu mir!
Rose. Nu ja ... 's is ebens ... ich weeß weiter nischt! – Wenn ich amal erscht verheiratet bin, da kenn Se amal de Frau Leutnant frag'n, vielleicht tutt se Ihn sagen, was jetz mit mir is. Ich hab' Augusten o noch nischt gesagt! – Ich weeß, a is gutt! Deshalb is mir ni bange! Weil a weechherzig is und o christlich is. Und nu hadje, Christoph! Hadje, lebt gesund! – Ma hat a Lebenlang vor sich jetz, da kann eens recht treu sein, sich kastein, recht arbeit'n, Schuld bezahln und abverdien.
Flamm hält Rosens Hand fest. Rose, bleib noch'n Augenblick! Meinswegen bin ich ja einverstand'n! – Zu deiner Hochzeit komm' ich weeß Gott nich! – Aber wenn ich auch nich zur Hochzeit komme, so seh' ich doch ein, daß du recht hast jetz. – Mädel, ich hab' dich so gerne gehabt ... so ehrlich ... ich kann dir's nicht sagen, wie gerne! ... Weiß der Teufel, seit ... seit ich denken kann. – Schon dazumal hast du mir's angetan, wie du als Kind schon immer so ehrlich warst ... so offen in tausend kleinen Sachen ... wenn man dich fragte ... so treuherzig raus! ... Niemals irgendwie Schwindeleien und Finten, und wenn flugs'n Spiegel in Scherben ging. Ich hab' ja Weiber genug gekannt in Tharandt und hernach auch in Eberswalde auf der Akademie und beim Militär, wo ich fast meistens'n blödsinniges Glick hatte, und doch weiß ich von Glick erst jetzt was durch dich.
Rose. Ach, Christel, ich hab' Sie auch gerne gehabt.
Flamm. Du warst ja von klein auf verliebt in mich! Du hast mich ja schon manchmal angefunkelt ... Wirst du noch manchmal denken dran? An den alten verdrehten Sinder Flamm?
Rose. Das wer ich! Ich hab' ja a Unterpfand.
Flamm. Ach so: das Ringelchen mit dem Steine. Wirst du denn manchmal zu uns kommen?
Rose. Das geht nich. Das schneid't een zu sehr ins Herze. Das wär' bloß gedoppelte Marter und Leed! 's muß aus sein! Ich vergrab' mich eis Haus! Ich will fer zwee rackern und arbeiten! 's fängt amal a neues Leben an, und da darf man uffs alte ooch ni mehr zurickblicken. Uff Erden is halt bloß Jammer und Not, und mir miss'n halt uff a Himmel wart'n.
Flamm. Soll das nun der letzte Abschied sein, Rose?
Rose. Vater und August verwundern sich schonn!
Flamm. Und wenn sich die Fische im Wasser verwundern und die Rohrdommeln aufm Kopfe stehn, deshalb wer ich jetzt keine Sekunde wegschmeißen. – Es soll also ganz und gar alle sein? – Auch Mutter willst du nich mehr besuchen?
Rose, kopfschüttelnd. Ich kann ihr nich mehr ins Gesichte sehn! – Vielleicht o später amal! Nach zehn Jahren amal! – Vielleicht hat man's dann doch noch amal ieberwunden. Hadje, Herr Christoph! Hadje, Herr Flamm!
Flamm. Schön! – Mädel, ich sag' dir, wenn Mutter nich wär' ... noch jetz ... ich wirde erscht gar nich fackeln ... da machte ich sehr kurzen Prozeß mit dir.
Rose. Ja, wenn ock das Wörtel »wenn« nich wär'! – Ohne August und Vater, wer weeß, was ich machte! Am liebsten fleeg' ich ei alle Welt.
Flamm. Ich mit, Rose! – Also! – So wär' also das! – Und da kannste mer halt noch amal deine Hand geben ... Er drückt ihre Hand, sie blicken einander heiß zum Abschied in die Augen. 's is so: was sein muß, muß eemal sein! – Und da wolln mir halt jetzt auseinandergehn! Er wendet sich entschlossen und geht mit festen Schritten, ohne sich umzublicken.
Rose, ihm nachblickend, sich überwindend, mit äußerster Willenskraft. Was sein muß, muß sein! – Und nu is gutt! – Sie tut den Krug wieder in den Korb und ist im Begriff, nach der anderen Richtung davonzugehen. Streckmann erscheint.
Streckmann, blaß, verzerrt, kriechend, scheu. Rose! – Bernd Rusla! – Heerschte nich? – Das war doch wieder der nischnitzige Flamm-Schulze?! – Wo der mir amal ei de Finger kommt ... dem tu' ich de Rippa eim Leibe zerbrecha! – Was hat's denn? Was wollt' a denn wieder von dir? Das sag' ich dir aber: das geht nich aso, ich leid's ni! Eener is aso gutt wie d'r andere! Ich luss' mir da ooch ni a Laufpaß geb'n.
Rose. Was sag'n Sie? Wer sein Sie denn ieberhaupt?
Streckmann. Wer ich bin? Verflucht ja: das werscht du schonn wiss'n.
Rose. Wer sein Sie? Wo hätt' ich Ihn denn schonn gesehn?
Streckmann. Du? Miich? Wo du mich gesahn hätt'st, Madel? – Fer an Aff'n such du d'r an andern aus.
Rose. Was wolln Sie? Wer sein Sie? Was wulln Sie vo mir?
Streckmann. An Dreck wiil ich! Nischte! Huste verstand'n! In Gottes Nam'n ... prill ni aso!
Rose. Ich ruffe die ganze Welt zusammen, wenn Sie mer jetz ni von a Fers'n giehn.
Streckmann. Denk an a Kerschbaum! Denk du ans Kruzifix ...
Rose. Wer sein Sie? Liege! Was wolln Sie vo mir? Entweder Sie sehn, doaß Sie weiterkumma ... ich schrei', was ich kann, um Hilfe dahier.
Streckmann. Madel, du hast a Verstand verloren!
Rose. Da brauch' ich a wengsten nimmeh zu schleppa! Wer sein Sie? Liege! Sie hoa nischt gesahn! Ich schrei'! Ich prill', was d'r Odem hält, wenn Sie itze ni uff d'r Stelle lang machen.
Streckmann, erschrocken. Rusla, ich geh'! Bis stille, 's is gutt.
Rose. Aber glei! Glei uff d'r Stelle! Verstanda?
Streckmann. Glei, glei! Meinswegen! Warum ooch ni! Er macht eine faxenhafte Bewegung, als ob er sich vor einem Regenschauer flüchtete.
Rose, mit wahnsinnigem Ingrimm. Da leeft a! Aso a nichtswerdiger Schuft! Wenn ma da Kerl von hinga sitt, da hat ma noch immer de beste Seite, und doch muß ma sich vor dam Kerle verfiehrn! – Pfui, sag' ich! Auswendig is a geschniegelt, inwendig is a von Mad'n zerfress'n: d'r Ekel kommt een zum Halse raus.
Streckmann wendet sich, bleich, unheimlich. Ach –! – 's is woll ni meeglich!? – Was du ni sagst! – Das iis kee sehr app'titliches Fress'n! Weshalb warscht d'nn du da asu hitzig druf?
Rose. lich? Hitzig uff dich?
Streckmann. Du hust's wull vergess'n?
Rose. Schuft!
Streckmann. Ich biin au enner.
Rose. Schubiack! Schuft! Was hust du jetzt noch um mich rumzuschnuppern? Wer bist du? Wer sein Sie? Was hätt' ich gemacht? – Du hust dich an meine Fersen gehängt! Du hust mich gehetzt ... ei de Heechsen gebissa ... Schuft! ... Schlimmer als wie a Fleescherhund.
Streckmann. Du bist <g>mir</g> nachgelauf'n dahie!
Rose. Was ...?
Streckmann. Bist in meine Wohnung gekomm'n und hast mir de Helle heeß gemacht.
Rose. Und du ...
Streckmann. Nu was denn?
Rose. Und du? Und du?
Streckmann. A Kostverächter biin ich halt ni.
Rose. Streckmann! Du mußt amal sterben dahier! Hierscht es! Denk an dei letztes Stindla! Du mußt amal o vor am Richter stehn! Ich biin zu dir gelaufa in Himmelsangst! Ich hoa dich um's Himmels wille gebattelt ... du sullst m'r mit August'n a Weg freigahn. Ich biin uff a Knien gekruchen vor dir und du sagst itz, ich wär' dir nachgelaufa? Asu is: du hust a Verbrecha geton!! Du hust an mir a Verbrecha beganga!! Das is mehr als an Niederträchtigkeet! Getuppelt, gedreifacht a Verbrecha! D'r Herrgott wird dich bestrofa d'rfier.
Streckmann. Nu hiert ock! Da lassen mirsch ebens druf akumma.
Rose. Das sagst du? Das willst du druff akumma loon? Teifel!! Do spuck' ich dir ins Gesichte.
Streckmann. Denk an a Kerschbaum! Denk ock ans Kruzifix!
Rose. Du hust mir geschworen, du wulld'st ni davon red'n! Du hust mir heilige Eide geschworen! Du hust deine Hand uffs Kreuze gelegt und hust mir an Eid uffs Kreuze geleistet, und itze fängst die Hetzjagd von frischen an! Was willst du?
Streckmann. Ich bin aso gutt wie Flamm. Und du sollst dich mit dem ebens o ni mehr einlass'n.
Rose. Ich spring' ei sei Bette, Karnallje du! Das tat' dich ooch noch nich keen Pfifferling angehn.
Streckmann. Das werd sich ja rausstelln, wie das kommt.
Rose. Was? Du hust mir Gewalt agetan! Du hast mich verwerrt! Hust mich niedergebrocha! Wie a Raubvogel bist du gestußa uff mich! Ich wiß! Ich wullde zum Tierla rauskumma! Du hust mir Jacke und Rock zerzaust! Ich hoa geblutt! Ich wullde no rauskumma! Do hatt'st du a Riegel virgelegt! Das iis a Verbrecha! Ich bring's zur Oanzeige ... Bernd und August treten hintereinander auf. Nach ihnen Kleinert und Golisch und die anderen Arbeiter.
Bernd, dicht vor Streckmann. Was iis hier? Was hast du mein Mädel getan?
August zieht Bernd zurück, er drängt sich vor. Ich, Vater! – A fragt, was du Roslan getan hast.
Streckmann. Nischte!
Bernd, sich wieder vordrängend. Was hast du dem Mädel getan?
Streckmann. Nischte!
August, sich vordrängend. Itz sagst du, was du er getan hast!
Streckmann. Nischte! An Teifel hab' ich er getan!
August. Entweder du sagst itze, was du er getan hust – oder ...
Streckmann. Oder? Na, was denn, hä, »oder« dohie? – Hände weg ... Hand von d'r Gurgel!
Kleinert versucht zu trennen. Halt!
Streckmann. Hand von d'r Gurgel!
Bernd. Jetze muß du droa gleeba. Entweder ...
August. Was hast du dem Mädel getan?!
Streckmann, in plötzlicher Angst, an den Birnbaum sich retirierend, schreit. Hilfe!
August. Was hast du dem Madel getan? Antwort! Antwort! lich will das wiss'n. Er hat sich losgemacht und stellt Streckmann.
Streckmann holt aus, schlägt ihm mit der Faust ins Gesicht. Das is meine Antwort! – Das hab' iich getan!
Kleinert. Streckma –
Die alte Golischen. Halt August'n uff! A fällt.
Großmagd fängt den taumelnden August auf. August!
Bernd, ohne auf August zu achten, zu Streckmann. Du werscht Rechenschaft geb'n! Jetze muß dir das heemkumma!
Streckmann. Die Schweinerei! Wegen dem Frovolke da, die mit all'r Welt a Gestecke hat ... Er geht ab.
Bernd. Was war das for a Wort?
Kleinert, der mit Golisch und der Großmagd, Hahn und der alten Golischen zusammen den fast besinnungslosen August aufrecht erhält. 's Auge is raus!
Die alte Golischen. Vater Bernd! Augusten is ni sehr gutt gegangen.
Kleinert. Der Mensch hat an beese Brautschaft dahier.
Bernd. Was? Wie denn? Du lieber Heiland eim Himmel! Bei ihm. August?!
August. Mir tut's linke Auge aso weh.
Bernd. Rose, bring Wasser!
Die alte Golischen. Doas iis a Unglicke.
Bernd. Rose, bring Wasser, heerschte denn nich?
Golisch. Doas werd wull a Jährla Gefängnis kust'n.
Rose, gleichsam jetzt erst aufwachend. A soat ... A soat ... Ja, was heeßt denn nu das? ... Ich hoa doch ... an Puppe gekriegt zu Weihnachta.
Kleinmagd, zu Rose. Du schläfst woll?
Rose ... Ma koan das niemanda soan! ... Nee, Kleenemagd: 's gieht ni! 's läßt sich ni mach'n! – Ma sellde vielleicht ... doch ane Mutter han ...