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Betrachtung über das Weltgebäude.

Der Mond.

Der geneigte Leser wird nun recht begierig sein, auch etwas Neues von dem Monde zu erfahren, der ihm des Nachts so oft aus der Stadt nach Hause leuchtet, oder aus dem Wirtshaus.

Erstlich der Mond ist auch eine große Kugel, die im unermeßlichen Weltraum schwebt, nicht anders als die Erde und die Sonne, aber in seiner körperlichen Masse ist er fünfzigmal kleiner als die Erde und nicht viel über 50 000 Meilen von ihr entfernt. Man sieht hieraus, daß der Hausfreund nicht darauf ausgeht, mit großen Zahlen um sich zu werfen, wenn's nicht sein muß, und den gutmütigen Leser im Numerieren zu üben, sondern daß er gerne bei der Wahrheit bleibt.

Zweitens, daß der Mond, wie die Sonne, je in 24 Stunden um die Erde herum zu gehen scheint, will nicht viel sagen. Gesetzt, er stehe unbeweglich still an seinem Ort, so dreht sich ja die Erde um ihre Achse, daraus erfolgen in Rücksicht auf den Mond die nämlichen Erscheinungen, wie bei der Sonne, und wenn von ihm ein langer gelber Faden ohne Ende auf die Erde herabreichte und auch an dem Kruzifix im Felde angeknüpft würde, so müßte sich der gelbe Faden ebenfalls in 24 Stunden um die Erde herumlegen. Aber der Mond ist deswegen nicht um die Erde herumgegangen, sondern die Erde durch die Umdrehung um ihre Achse hat den Faden selber an sich aufgewunden.

Drittens, der Mond muß auch sein Licht und sein Gedeihen von der Sonne empfangen. Eine Hälfte seiner Kugel ist erhellt, die gegen die Sonne gekehrt ist, die andere ist finster. Damit nun nicht immer die nämliche Hälfte hell und die nämliche finster bleibe, so dreht sich der Mond wie die Erde ebenfalls um sich selber oder um seine Achse, und dem Hausfreund thut die Wahl weh, will er sagen in 27 Tagen und 8 Stunden, oder in 29 und einem halben Tag. Denn beides ist richtig, je nachdem man's ansieht. Wir wollen aber sagen in 29 und einem halben Tag, weil's die Kalendermacher so ansehen. Daraus folgt, daß in dieser langen Zeit der Tag und die Nacht nur einmal um den Mond herumwandeln. Der Tag dauert dort an einem Ort so lange als ungefähr zwei von unseren Wochen und ebensolang die Nacht, und ein Nachtwächter muß sich schon sehr in acht nehmen, daß er in den Stunden nicht irre wird, wenn es einmal anfängt 223 zu schlagen oder 309. – Aber,

Viertens, der Mond bewegt sich in der nämlichen Zeit auch um die Erde. Dies sieht man abermal an den Sternen. Wenn man einen langsam gehenden Postwagen aus weiter Ferne beobachtet, meint man, er stehe still. Wenn man aber bemerkt, wie er doch nicht immer neben dem nämlichen Baum an der Straße sich befindet, sondern nach ein paar Minuten neben einem anderen, so erkennt man, daß er nicht still steht, sondern auf die Station geht. Wenn er aber in einem großen Kreis um den geneigten Leser herumführe, so müßte er doch zuletzt wieder zu dem nämlichen Baum kommen, bei welchem er zuerst stand, und daran müßte man erkennen, daß er jetzt seinen Kreislauf vollendet hat; also auch der Mond. Er hält sich nicht jede Nacht bei dem nämlichen Sternlein auf, wenn's noch so schön ist, sondern er rückt weiter von einem zum anderen. Am anderen Abend um die nämliche Zeit ist er schon um ein beträchtliches vorgerückt, aber ungefähr in oben benannter Zeit, etwas früher, kommt er wieder zu dem nämlichen Stern, bei dem er zuerst stand, und hat seinen Kreislauf um die Erde vollendet.

Fünftens, da sich der Mond also um die Erde bewegt, so ist daraus leicht abzunehmen, was es mit dem Mondwechsel für eine Bewandtnis hat. Der Neumond ist, wenn der Mond zwischen der Sonne und Erde steht, aber etwas höher oder tiefer. Alsdann ist seine ganze erleuchtete Hälfte oder sein Tag gegen die Sonne gekehrt, und seine Nacht schaut herab gegen uns. Von Neumond an, wenn der Mond auf seinem Umlauf zwischen der Sonne und Erde heraustritt und sich gleichsam mit ihnen in den Triangel stellt, erblicken wir zuerst einen schmalen Streif von der erhellten Mondkugel, der immer größer wird bis zum ersten Viertel.

Das erste Viertel ist, wenn der Mond so steht, daß gerade die Hälfte von der erleuchteten Halbkugel, oder der vierte Teil von dem Mond gegen uns im Licht ist, und die Hälfte von der verfinsterten Halbkugel im Schatten. Da kann man recht sehen, wie Gott das Licht von der Finsternis scheidet, und wie auf den Weltkörpern der Tag neben der Nacht wohnt, und wie die Nacht von dem Tag bis zum Vollmond allmählich besiegt wird.

Der Vollmond ist, wenn der Mond auf seinem Kreislauf um die Erde hinter der Erde steht, also daß die Erde zwischen ihm und der Sonne schwebt, aber etwas tiefer oder höher. Alsdann können wir seine ganze erleuchtete Hälfte sehen, wie sie von der Sonne erleuchtet wird, und aus unserer Nacht hinaufschauen in seinen Tag. Vom Vollmond an, wenn der Mond sich wieder auf der anderen Seite herumbiegt um die Erde, kommt wieder etwas von seiner finsteren Hälfte zum Vorschein, und immer mehr bis zum letzten Viertel.

Das letzte Viertel ist, wenn wieder die eine Hälfte der Halbkugel, die gegen uns steht, erleuchtet und die andere verfinstert ist, und jetzt kann man sehen, wie die Nacht den Tag besiegt, bis sie ihn im Neumond wieder verschlungen hat. Dies ist der Mondwechsel.

Sechstens aber, und wenn der Mond und die Erde einmal in schnurgerader Linie vor der Sonne stehen, so geschehen noch ganz andere Sachen, die man nicht alle Tage sehen kann: nämlich die Finsternisse. Wenn der dunkle Neumond je zuweilen in seinem Lauf gerade zwischen die Erde und die Sonne hineinrückt, nicht höher und nicht tiefer, so können wir vor ihm am hellen Tage die Sonne nimmer sehen, oder doch nicht ganz, und das ist alsdann eine Sonnenfinsternis. Die Sonnenfinsternis kann nur im Neumond stattfinden. Wenn aber im Vollmond die Erde gerade zwischen die Sonne und zwischen den Mond hineintritt, nicht höher und nicht tiefer, so kann die Sonne nicht ganz an den Vollmond scheinen, weil die Erde ihren Strahlen im Wege steht. Dies ist alsdann die Mondsfinsternis. Die Dunkelheit, die wir am Mond erblicken, ist nichts anderes als der Schatten von unserer eigenen Erde, und ein solches Exempel am Mond kann nur im Volllicht statuiert werden. Alle diese Finsternisse nun, die einzig von der Bewegung des Mondes und der Erde herrühren, wissen wir Sternseher und Kalendermacher ein ganzes Jahr und, wer's verlangt, auf weiter hinaus vorherzusagen, und der Hausfreund gibt jetzt wenig gute Worte mehr, wenn einer kommt, der nicht glauben will, was bisher von den Himmelslichtern gesagt worden ist und ferner soll gesagt werden. »Woher wißt ihr,« fragt der vorsichtige Leser, »daß die Sonne und der Mond so groß ist oder so, so weit oder so nahe, und daß sich die Erde und der Mond auch ganz gewiß so bewegen, wie's euch vorkommt? Wer ist dort gewesen und hat's gemessen?« Antwort: Wenn wir das nicht gewiß wüßten und auf das Haar, so könnten wir nicht auf ein ganzes Jahr und, wer's verlangt, auf weiter hinaus eine Finsternis voraussagen, auf welchen Tag, ja auf welche Minute sie anfängt, und wie tief sie sich in den Mond oder in die Sonne hineinfrißt. Oder sagt's auch voraus, wenn ihr könnt, und warum sucht ihr es im Kalender, wenn ihr meint, wir fallieren.

Siebentens, und wenn der Mond in seinem vollen Lichte am Himmel erscheint, sieht er bei allem dem kurios aus mit seinem trüben Gesicht und mit seinen helleren und blässeren Flecken. Denn bekanntlich ist die Helle nicht gleichmäßig über ihn verbreitet, sondern ungleichmäßig. Damit hat er die Gelehrten lange Zeit vexiert und ihnen weisgemacht, die helleren Teile seien Land, von welchem die Lichtstrahlen wieder zurückprallen, und die dunkleren seien Wasser, welches die Lichtstrahlen verschluckt. Allein mit einem kapablen Perspektiv, wie es in vorigen Zeiten keine gab, hat ein rechtschaffener Sternseher, Namens Schröter, ganz andere Dinge auf dem Monde entdeckt als Land und Wasser, nämlich auch Land, aber kein Wasser, sondern weite Ebenen, hohe Berge und tiefe Abgründe von wunderbarer Gestalt und Verbindung. Hat er nicht ihren Schatten sogar beobachtet, und wie er sich von Abend gegen Morgen bewegt, verkürzt und verlängert? Hat er nicht zuletzt sogar aus dem Schatten der Berge ihre Höhe ausgerechnet, gleichsam wie ein Exempel aus der Regel de tri? Die höchsten Berge auf dem Monde sind höher als die höchsten auf der Erde, nämlich 25 000 Fuß. Der Hausfreund hat Respekt vor dem Sternseher und vor der göttlichen Allmacht, die einem schwachen Menschenkinde den Verstand und die Geschicklichkeit geben kann, auf 50 000 Meilen weit Berge auszumessen, die unsereiner (der geneigte Leser ist gemeint) gar nicht sieht. Fragt man nun noch

Achtens und letztens, was denn eigentlich der Mond am Himmel zu verrichten hat? – Antwort: Was die Erde. So viel ist gewiß, er erhellt durch sein mildes Licht, welches der Widerschein von seinem Sonnenschein ist, unsere Nächte und sieht zu, wie die Knaben die Mägdlein küssen. Er ist der eigentliche Hausfreund und erste Kalendermacher unserer Erde und der oberste Generalnachtwächter, wenn die anderen schlafen. Hinwiederum scheint die Erde mit ihrem Sonnenglanze, in wechselndem Lichte, an die finstere Halbkugel des Monds und erhellt ihre lange, lange Nacht. Was will der geneigte Leser sagen! Sieht man nicht in den ersten Tagen des Neulichts, wenn der Mond noch wie eine krumme Sichel am Himmel steht, sieht man nicht auch den übrigen dunkeln Teil seiner Scheibe, oder seine Nacht durch einen schwachen grünlichen Schimmer erhellt? Das ist eine Wirkung des Sonnenscheins, der von der erleuchteten Halbkugel unserer Erde auf den Mond fällt, oder ist der Erdschein im Monde.

Zudem ist es gar wohl möglich, daß auch jener Weltkörper allerlei vernünftige und unvernünftige Geschöpfe von kuriosen Gestalten und Eigenschaften beherbergt, die uns alles besser sagen könnten, und die sich in ihrer Nacht auch über den milden Erdenschein freuen. Vielleicht glauben die einfältigen Leute dort auch lange her, die Erde gehe um den Mond herum und sei bloß wegen ihnen da, und wir könnten's ihnen auch besser sagen.

(Die Fortsetzung folgt.)


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