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Naalköping hatte zwei Restaurants, in denen sich bessere Leute satt essen konnten, wenn sie nicht allzu verwöhnt waren, nämlich das »Rathhaus« und das »Goldne Roß«, beides Lokale, in denen ein feiner Herr sich unbedenklich niederlassen durfte.
Das »Rathhaus« lag, wie es der Fall zu sein pflegt, am großen Markte der Stadt, und wenn man dort saß, so hatte man Aussicht auf das fashionabelste Trottoir von Naalköping, wo man alles, was die Gesellschaft von Naalköping an eleganten und schönen Frauen und an ritterlichen Männern besaß, theils zwischen 11 und 2 Uhr, theils nach 4 Uhr sehen konnte.
Das »Goldne Roß« lag an einem Ende der Stadt hinter einer Anpflanzung auf einem kleinen Hügel, zwischen alten ehrwürdigen Eichen und Kastanien versteckt.
Es war im alten Landhausstil gebaut, ein langes, zweistöckiges Gebäude ohne alle überflüssigen Verzierungen, aber mit zwei großen prächtigen Veranden übereinander, die an der ganzen Vorderseite des Hauses entlangliefen. Von diesen Veranden aus hatte man die herrlichste Aussicht, nicht nur über alle Paläste und Minarets von Naalköping, sondern auch über den Naalköpingsee und den Herrlinger Wald, der amphitheatralisch auf der anderen Seite des Sees emporstieg, und von dem schöne, frische, terpentinerfüllte Düfte ganz unvermischt bis in die Mitte von Naalköping hinüberströmten.
Das »Rathhaus« hatte seine Stammgäste und Speiseabonnenten, nämlich den jungen unverheiratheten Rathsherrn, den Notar, den Bezirkskanzlisten, den Registrator und den Stadtkämmerer von Naalköping und noch einige andere Herren, die es als ihre Pflicht betrachteten, da sie mehr offizielle Persönlichkeiten aus der Bureaukratie und Plutokratie waren, ihre Nahrung aus dem eigenen, sozusagen offiziellen Hause der Stadt zu beziehen, wo Frau Justitia ihren Sitzungssaal hatte, und wo die Gipsbüste des regierenden Königs seit mehr denn siebzig Jahren ständig ihren Platz auf dem Kachelofenfriese an dem einen Ende des Festsaales, gehabt hatte.
Im »Goldnen Roß« dagegen verkehrten gelehrte Männer und Freigeister, muthige Jünglinge und Naturen, die Sonne und Licht und Luft liebten, knospende Bäume im Frühling, Blumendüfte im Sommer und herrliche Aussicht über Berg und See; dort saßen zwei Oberlehrer, von denen der eine in der Muttersprache unterrichtete und auch vorkommenden Falles Verse machte, ferner der Redaktionssekretär der »Naalköping-Post«, der fast ein Genie war und ebenfalls Verse verfaßte, dann Lieutenant Averling, der ein Monopol darauf hatte, alle neuen Kotillontouren am Platz zu erfinden und die Einakter für alle Gesellschafts-Theateraufführungen auszuwählen, ferner der Hilfslehrer mit ästhetischen und erotischen Neigungen und einige andere, die sich an dieses Restaurant gewöhnt hatten, sich in dieser Gesellschaft behaglich fühlten, und denen es nicht zu viel war, den drei Minuten langen Weg vom Centrum der Stadt bis zu dem Hügel zu gehen, wo das »Goldne Roß« lag; dieses Bekenntniß über die Entfernung zu machen, fällt mir sehr schwer, denn damit habe ich ja auch unfreiwillig verrathen, daß Naalköping ein kleines Nest war.
Dies waren die Stammgäste und Speiseabonnenten. Der lose Haufe der Wirthshausbesucher kam am liebsten im Winter zum »Rathhause« und im Frühling und Sommer zum »Goldnen Roß«, abgesehen davon, daß es geschehen konnte, daß ein Streit mit der Kassirerin an dem einen Platze, oder eine unwiderstehliche Neigung zu einem kleinen Mädel in dem Café des anderen, einige zu Ueberläufern und Deserteuren machte. So kam es vor, daß der Bezirkskanzlist an hellen Sonnen- und Sommertagen seine Schüssel saure Milch in der oberen Veranda des »Goldnen Rosses« verzehrte und verstohlen hinter der Thüre beim Büffett geküßt wurde, während der Hilfslehrer mitten im November hinter einem Zeitungsblatt im Café des »Rathhauses« in lebhaftem Gespräch mit einer »Neuangekommenen« ertappt werden konnte.
Und während an der Fassade des Rathhauses eine Uhr angebracht war, die seit elf Jahren ¾ auf 4 zeigte, befand sich in der Mitte der oberen Veranda des »Goldnen Rosses« ein phantastisches, aus Holz geschnitztes Roß, das jedesmal vergoldet wurde, wenn das Haus den Besitzer wechselte, was das letzte Mal vor sieben Jahren geschehen war.
Es war ein herrlicher Tag im Anfang Juli, um welche Zeit sich noch die Schullehrer in der Stadt befanden und der Sommer doch bereits gekommen war; eine appetiterregende Symphonie von Messern, Gabeln und Gläsern – meistens Biergläser, denn die Bewohner von Naalköping sind sparsame und verständige Leute – ertönte von den Veranden des »Goldnen Rosses«, die Vögel sangen in den alten Bäumen, alles Wachsthum schwoll in Frühlingslust, und Lina und Charlotte hatten ihre hellsten Kleider angezogen und gebärdeten sich, wie sie da niedlich und freundlich, Lina sogar beinahe schön, mit den Flaschen, Tellern und Schüsseln hin und her schwebten, mehr wie ein paar junge Damen von Naalköping, die im Hause ihres Herrn Vaters ein paar liebe Gäste empfingen, als wie die dienstbaren Geister, die den Speiseabonnenten die karg zugemessenen Gerichte zu dem Durchschnittspreise von 75 Oere für die Portion brachten.
Aber weder Lina noch Charlotte wurden heute von zärtlichen Händen oder witzigen Bemerkungen aufgehalten; weder Oberlehrer Berg, noch Redaktionssekretär Malmen hatten eine lustige Geschichte zu erzählen; über dem ganzen »Goldnen Roß« lag etwas von dieser gespannten Erwartung, die über jeder Volksversammlung ruht, wenn eine Bildsäule enthüllt werden, ein Henkerbeil fallen oder eine Verlobung bekannt gegeben werden soll.
An einem Tisch in der einen Ecke der Veranda saßen einige hergereiste Fremde. Sie aßen und tranken, wie man es zu thun pflegt, aber alle Bewohner von Naalköping waren nervös; sie machten hier und da eine Bemerkung, sie bestellten ihr Essen und ihr Bier, aber es wollte kein Gespräch in Gang kommen, fortwährend blickte jeder zur Stadt hinunter, und Herr Malmen zog seine Ankeruhr hervor, die schon den Zeitpunkt für so viele merkwürdige Ereignisse von Naalköping in der Zeitung des Ortes angegeben hatte, und sagte nervös, aber kategorisch:
»Der Zug kommt um 3 Uhr 45 Minuten.«
Jeder zog seine Uhr vor, prüfte sie genau, nickte bestätigend und wiederholte:
»Der Zug kommt um 3 Uhr 45 Minuten.«
Plötzlich streckten sich alle Hälse über die Balustrade der Veranda hinaus und Hilfslehrer Hansson flüsterte eifrig: »Da!«
Ein junges, schlankes Mädchen stieg mit müden, gleichsam zögernden Schritten die Treppe hinauf. Sie war sorgfältig und ordentlich, aber einfach, sehr einfach gekleidet.
Lina schätzte in der Eile ihren geradezu ärmlichen Hut auf höchstens vier Kronen. Von ihr selbst sah man nur die schlanke Figur und reiches blondes Haar und ein Gesicht, das bleich erschien.
Die Gäste ließen sich gute Zeit, mehr als sonst, und einige bestellten sich noch ein Extradessert. Eine Weile später erschien das bleiche Gesicht und das blonde Haar hinter dem Büffett, alle Blicke wandten sich dorthin und von allen Lippen ließ sich ein überraschtes, gedämpftes »Ah!« vernehmen.
Sie sah durchaus nicht danach aus, als wenn sie in diesen Raum von Flaschen und Gläsern hingehörte; sie hatte ein schüchternes, verlegenes und trauriges Aussehen und stützte ihre weißen Händchen gegen das Büffett, gerade, als wollte sie sich dadurch aufrecht erhalten. Uebrigens war es ein hübsches Gesicht mit seinem Oval, mit großen dunkelblauen Augen, die gleichsam um Mitleid baten, mit einer kleinen, feingeschnittenen Nase, einem üppigen Munde und vollen Wangen, und dann war das ganze Gesicht von diesem reichen goldenen Haar umrahmt, das man bereits aus der Ferne bewundert hatte.
Die Kleidung war so ungleich derjenigen, die man gewöhnt ist, an einem solchen Platze zu sehen. Aengstlich ordentlich, aber ernst, nicht recht modern, äußerst einfach und nicht sonderlich gut gemacht, und von schwarzer Farbe, als wenn sie Trauer hätte.
Man steckte die Köpfe über den Tischen zusammen und flüsterte, diskutirte über dieses für die Anwesenden so wichtige und interessante Faktum, daß das »Goldne Roß« eine neue Kassirerin bekommen habe, – eine Thatsache, die in all ihrer Unbedeutendheit in dem stillen, geräuschlosen Leben Naalköpings mit seiner unveränderlichen, ermüdenden, einförmigen Physiognomie doch aufsehenerregend genug gewesen war, um für eine ganze Stunde die Aufmerksamkeit all der Herren Abonnenten in Anspruch zu nehmen.
Der Gastwirth kam, übergab ihr die Kasse, sprach eifrig und zeigte auf die verschiedenen Flaschen hin. Sie hörte äußerst aufmerksam zu und neigte demüthig den Kopf, als er zu Ende war. Dann ging sie zu einem der Eßtische hin, nahm die Speisekarte, setzte sich auf den kleinen Stuhl hinter dem Büffett nieder und las darin eifrig und nervös, wie ein eingeschüchtertes Schulkind seine Lektion überliest.
Nun war ein Handlungsreisender mit seinem Mittagessen fertig.
»Eine Pilsener, Filet à la Naalköping, saure Milch und Crême-Tütchen, – was macht das? Aber bedenken Sie, daß uns der Herr droben sieht, Fräulein!« sagte der lustige Handlungsreisende und lehnte sich cavaliermäßig gegen das Büffett.
Das alabastergleiche Gesicht wurde purpurroth, aber sie antwortete mit einer Stimme, der sie vergebens einen festen Ton zu geben suchte, schnell genug:
»2 Kronen 25.«
»Seien Sie so gut, Ew. Gnaden, und sehen Sie, da haben Sie zu einem neuen seidenen Kleide«, sagte der flotte Geschäftsreisende und legte 2 Kronen und 50 auf das Büffett.
Sie fuhr zusammen, als hätte sie einen Schlag bekommen. Dann neigte sie sich und ließ das 25 Oere-Stück in der Kleidertasche verschwinden, während sie das übrige Geld in die Kassenschublade warf.
Oberlehrer Anker (der, welcher in Mathematik unterrichtete) rechnete ein Weilchen nach, nickte zufrieden und sagte: »Ganz richtig! Ein Teufelsmädchen! Sie rechnet wirklich rasch!«
»Ha ha ha! Sie rechnet vielleicht ebenso sicher wie Deine Jungen in der Siebenten. Aber Gott weiß, ob sie schon früher hinter einem Büffett gestanden hat«, sagte sein Kollege.
Es sah wirklich nicht so aus. Nicht, daß sie etwas falsch machte, oder einen Rechenfehler, aber sie sah so ängstlich und verschüchtert aus, und jeden Augenblick, den sie vom Einkassiren frei war, sank sie auf ihren kleinen Stuhl nieder und las im Sturm die Speisekarte und die Weinkarte durch, offenbar fest entschlossen, sie auswendig zu lernen.
Gegen 5 Uhr, als alle gegessen, die Dableibenden ihren Kaffee bekommen hatten und nur hier und da nach einem neuen Glase Punsch, einem Glase Wasser oder einer Cigarre geklingelt wurde, hatten die Mädchen ein wenig freie Zeit nach dem Serviren. Da stieß Lina Charlotte in die Seite und blinzelte nach dem Büffett hin, daß sie dorthin gehen sollten und sich mit der Kameradin bekannt machen, da sie ja keine Lust zu haben schien, sich ihnen, die schon länger am Platze waren, vorzustellen. Na ja, die »Kassirerin«, auch wenn sie bisweilen mit beim Serviren helfen muß, wie es wohl im »Goldnen Roß« vorkam, ist ja in jedem Fall ein wenig mehr, als die andern Mädchen.
Sie blickte verlegen zu ihnen empor, als sie zu ihr hinkamen. Sie sahen so munter und selbstbewußt sicher aus und waren so elegant gekleidet. Es kam ihr vor, als wenn sie ihren einfachen Anzug ein wenig überlegen betrachteten.
»Nun kann man vielleicht ein wenig verschnaufen, während man sich begrüßt! Also willkommen hier! Wo kommen Sie denn her, Fräulein?« sagte Lina.
»Herzlichen Dank. Ich komme von zu Hause und bin noch niemals in einem Wirthshause gewesen. Wollen Sie nicht so gut sein und mich Marie nennen, da wir ja Kameradinnen sind?«
Der Ton und Blick, der die Worte begleitete, entwaffnete für immer sowohl Lina als Charlotte. Es war ihnen sofort klar, daß sie von dieser Kassirerin niemals irgend eine Ueberlegenheit zu fürchten hätten und eben so wenig eine Konkurrenz bei den Herren, unter denen jede von ihnen ihre Günstlinge hatte.
»Willkommen Marie! wir wollen versuchen, gut mit einander auszukommen«, sagte nun auch Charlotte und streckte ihr freundlich die Hand entgegen, deren Form und harte Haut wenig mit ihrem feinen Anzug harmonirten.
Draußen im Café zog man den Wirth am Rockzipfel zu jedem Tisch heran.
»Hören Sie, Lindberg, was ist denn das für eine schüchterne Taube?« – »Wo haben Sie dieses schamhafte Blümchen her?« – »Hören Sie nun, sagen Sie einmal, das ist doch wohl keine Dame, die uns die Heilsarmee auf den Hals geschickt hat, um uns in Raison zu halten?«
So hagelten die Fragen auf den Wirth herab, und der alte, feiste, weißhaarige, asthmatische Gastwirth nahm eine feierliche und mystische Miene an und keuchte:
»Die Herren – puh, puh – müssen schon so freundlich sein – kurz und gut – puh – zu dem Mädchen ein bischen nett zu sein – puh – denn sie ist noch niemals früher draußen gewesen. Sie ist nämlich – puh – ja kurz und gut – sie ist ein feines anständiges Mädchen – obgleich ihr Vater – puh – Konkurs machte – ja kurz und gut –«
»Herr Gott, wir werden sie nicht auffressen. Aber wie heißt denn das kleine süße Mäulchen, und wo ist sie her?«
»Puh – sie ist aus Karlstad – puh – Marie Wibom – puh – und ihr Vater war mein Schulkamerad – ja kurz und gut –«
»Na, na, Sie alter Gauner, koquettiren Sie nur nicht! Sind Sie denn überhaupt jemals in eine Schule gegangen, Lindberg?«
»Na, versteht sich, blieb ich nicht auf der vierten Klasse sitzen. –«
»Na, prost, Lindberg! Es lebe der Märtyrer der Wissenschaft, der schützend seine Arme über die kleine Unschuld der Büffettblume ausbreitet«, spottete Oberlehrer Berg (der in der Muttersprache unterrichtete).
Mit belegter Brust und schmerzenden Knieen suchte Marie um 12 nachts dicht unter'm Dach, hinter dem gemeinsamen Schlafraume der anderen Mädchen, ihre kleine Kammer auf, die im »Goldenen Roß« das »Zimmer der Kassirerin« hieß. Ach, es war doch schlimmer, als sie geglaubt hatte. Noch war nichts von alledem geschehen, was die Lieben daheim prophezeiht hatten, um sie von ihrem Entschluß abzubringen. Keine Aufdringlichkeit, keine unpassende Vertraulichkeit hatte sie verletzt, kein roher Scherz ihr Ohr getroffen; und dennoch – aber es galt, nur muthig auszuhalten.
Was hätte sie, die Tochter des Fahnenjunkers, sonst wohl in ihrem zerstörten Heim anfangen sollen, ohne genügende Kenntnisse, um einen Platz, der ihr einiges Ansehen gab, ausfüllen zu können? Ein paar ebenso geringe Stellen, wie diese, die aber weniger verletzend für ihr Ehrgefühl gewesen wären, hätte sie vielleicht bekommen können; aber fast ohne Lohn, mit einem so dürftigen Gehalt, der kaum für die Kleider ausreichte und keine Möglichkeit bot, ihre Mutter mit ein paar Schillingen zu unterstützen – nein, sie wollte zeigen, daß man sein eigener Herr ist und selbst über seine Ehre bestimmt, wohin das Leben einen auch stellt – und übrigens – hier kannte sie ja niemand.
Aber wie fest auch ihr Wille war, welche verständigen Trostgründe sie selbst ausfindig machte, dennoch rannen ihr die Thränen heiß über die jungen Wangen herab, während sie in ihrem durchaus nicht zu bequemen Bett zusammengekauert lag.
Nein, sie brauchte einen besseren Trost! Und dann dachte sie an die kleinen weißen Silbermünzen, die im Laufe des Nachmittags in ihre Tasche hinabgeglitten waren. Sie mußte dieselben wohl mit Lina und Charlotte theilen, aber sie machten doch, wie sie beim Nachrechnen soeben gefunden hatte, über 4 Kronen aus!
Und das nur in einem halben Tage! Das war ja förmlicher Reichthum, und in diesem Gedanken an ihre zukünftigen Schätze, schlief sie endlich ein, und die Wangen, die noch feucht waren von Thränen, erhielten im Schlaf Grübchen von einem kleinen Lächeln, als sie davon träumte, wie sie eine Postanweisung an ihre Mutter nach Hause schickte und sie mit Buchstaben und Ziffern ausfüllte. – »Trinkgelder!« Pfui, pfui! Aber es ist doch ehrlich verdient, und wenn man so arm ist – »Marie Wibom, Büffettmamsell!« Ach, wenn ihre einstigen »Freundinnen« das erführen, mit denen sie zusammen die Schule besucht hatte, bis die Mittel ihres Vaters nicht mehr hinreichten – na und wenn auch! Es war wohl nicht schlimmer, als Ladenfräulein zu sein in einem Geschäft, in dem Herren verkehrten und kauften? Ja, vielleicht doch; man wurde von den Waaren des alten Lindberg immer etwas lustig! – Wie war doch das, was sie sagen sollte, wenn jemand unangenehm würde? » Wie meinen Sie?« – » Verzeihen Sie, aber Sie wenden sich wohl an die unrichtige Adresse!« – » Daß Sie nicht selbst darüber roth werden!« – » Da sollten Sie sich doch wirklich schämen!« –
Aber die seelische und körperliche Müdigkeit nahm immer mehr überhand; die Gaukelbilder verschwammen allmählig, der Schlaf wurde schwer und traumfrei, und das Letzte, was der schlummernde Gedanke umspielte, war ein kolossales »Goldnes Roß,« das sie weit, weit fortführte, wo es gemeinsamen Lebensunterhalt für sie, ihre Mutter und ihre Geschwister gab.