Paul Heyse
Colberg
Paul Heyse

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Zweiter Akt

Der Ratskeller, ein hoher, spitzbogiger Saal, auf einem Mittelpfeiler ruhend. In der Mitte ein langer Tisch mit Lichtern, Pfeifen und Fidibusbechern. Vorn rechts ein kleiner Schachtisch, links ein Kartentisch. Zwei andere kleine Tische im Hintergrund

Erste Szene

(Beim Aufgehen des Vorhangs ist ein Kellner beschäftigt, die Lichter anzuzünden.) Brünnow und Gneisenau (letzterer im Mantel, treten durch die Mitteltür ein)

Brünnow Wir noch die ersten? Umso besser! Gern
Fragt' ich Sie noch ein wenig aus. Denn spärlich
Und sehr veraltet hören wir das Neuste,
Seitdem der Seeweg nur uns offen blieb.
Ist's wahr, daß nach der Eylauschlacht der Kaiser
Sein sehr erschöpftes Heer längs der Passarge
Untätig aufgestellt?

Gneisenau                   Das Wirksamste,
Was ihm zu tun blieb. Denn sein linker Flügel
Stützt nun Lefebvre, der vor Danzig liegt,
Und wie er stets durch Sammlung aller Macht
Auf einen Punkt die großen Schläge führt,
So fürcht' ich auch für Danzig. Schweren Herzens
Folgt' ich der Order, die von dort mich abrief;
Doch gibt es allerdings auch hier zu tun.

Brünnow Und wo hat unser Schill sich hingewandt?

Gneisenau Die letzte Nachricht kam uns aus Stralsund.
Ich gäbe viel darum, den wackern Mann
Noch hier zu finden.

Brünnow                       Seine Stellung ward
Unhaltbar. Unverzeihlich schien's da oben,
Daß ihn die Bürgerschaft auf Händen trug,
Und daß er stets zu kräft'gem Handeln drängte.
Auch wir sind übel angesehn und müssen
Die Gunst erschleichen, unser Blut zu opfern!

Gneisenau Unselige Beschränktheit!

(Der Kellermeister ist eingetreten und hat Brünnow ein Wort gesagt)

Brünnow                                       Sie verzeihn,
Mein Herr Major: Dienstsachen rufen mich;
Ich muß zu meinen Leuten. Doch bald bin ich
Zurück, Sie zur Parole abzuholen.
(Leise) Dafern Sie wünschen, Ihr Inkognito
Zu wahren –

Gneisenau           Allerdings.

Brünnow                             So nennen Sie
Nur meinen Namen. Als der Freund des Schill
Ward ich sein Erbe in der Gunst der Bürger.
      (zum Kellermeister)
Der Fremde ist mein Gast. – Auf Wiedersehn! (Ab)

Zweite Szene

Gneisenau. Kellermeister. Kellner

Kellermeister (für sich, Gneisenau betrachtend)
Wer es nur sein mag?

Gneisenau                       Kann man ein Glas Bier
Bekommen, mein Herr Kellermeister?

Kellermeister                                           Freilich!
Lauf, Jakob! – Stadtbier, Herr Major? Wir haben
Sonst auch Stettiner.

Gneisenau                     Ganz nach Ihrer Wahl.

Kellermeister (zum Kellner)
Lauf! Einen Krug Colberger! – Das Stettiner
Liegt schon ein bißchen lang. (Kellner ab) Der Herr Major
Sind hier zum ersten Mal?

Gneisenau                             Zum ersten Mal.

Kellermeister Heut mit dem Adler einpassiert?

Gneisenau                                                     So ist es.

Kellermeister Und denken einige Zeit sich aufzuhalten?

Gneisenau Solang es nötig ist.

Kellermeister                         Hm! Ohne Zweifel
In höherm Auftrag?

Gneisenau (an den Mitteltisch tretend)   Diese Plätze sind besetzt?

Kellermeister Stammgäste, Herr Major. Doch möglich,
Daß die Gesellschaft nicht vollzählig wird.
's ist nicht wie sonsten. Jeder Bürger steckt
Voll Sorgen. Sind der Herr Major bereits
Bei unserm Kommandanten –?

Gneisenau (auf ein Tischchen im Hintergrunde deutend)
                                                Dieser Platz scheint
Frei zu sein.

Kellermeister     Hier – mit der gütigen
Erlaubnis – sitzt Herr Joachim Nettelbeck.
Doch der kommt schwerlich, weil er alle Hände
Voll Stadtgeschäfte hat. Ja, Herr Major,
Wenn der nicht wäre – (zum Kellner, der Bier bringt)
                                  Auf den Tisch da!
      (Der Kellner sieht ihn fragend an)             Weiß schon!
Doch wenn Herr Nettelbeck auch kommt, es wird
Ihm eine Ehre sein. – Ja, was ich sagen wollte:
Der Herr Major sind doch schon einquartiert?

Gneisenau Gewiß.

Kellermeister         Ich wollte nur –
      (während Gneisenau sich setzt) Der Henker bring'
Aus ihm heraus, was er nicht sagen will!
Doch was Vornehmes muß er sein; man sieht's
An seinem strammen Wesen. Und die Augen!
Die blitzen einen durch und durch. (Zum Kellner) Was hast du
Maulaffen feil? Man muß die Fremden nicht
Mit Neugier molestieren. Lauf! Ich höre
Die Gäste kommen.

Dritte Szene

Vorige. Die Bürger (treten nach und nach ein)

Kellermeister (zu Gneisenau)   Dies, mein Herr Major,
Ist Ratsherr Grüneberg. Der mit ihm spricht,
Ist Kaufmann Schröder, hatte ehedem
Sechs große Schiff' in See, ein schwerer Mann;
Spürt jetzo auch den Krieg. Dann kommt der Herr
Stadtzimmermeister Geertz, der vor sechs Jahren
Den neuen Dachstuhl der Marienkirche –
Mit gütiger Erlaubnis, Herr Major!

(Geht den Gästen bewillkommnend entgegen und wechselt Blicke und leise Reden mit ihnen, auf Gneisenau deutend, der sich in ein Zeitungsblatt zu vertiefen scheint. Die Bürger nehmen Platz an dem Mitteltische)

Grüneberg (zu Schröder, während sie sich setzen)
Ja, ja, Herr Nachbar, Ihr seid zu jung,
Wißt nichts von der grausamen Teuerung,
Die Anno dreiundvierzig die Stadt
Schlimmer als der Franzmann belagert hat.
Ich trug meine ersten Stiefel grade
Und weiß noch, wie ich erschrocken war,
Als die Mutter sagte: man wird noch gar
Das Schuhwerk kochen. Das däuchte mir schade.
Mehr um die Stiefel als um den Magen.
Der Scheffel Roggen ward, ungeprahlt,
Mit einem Taler acht Groschen bezahlt.

Schröder Und das Geld war teurer in jenen Tagen.
Jakob! (Der Kellner bringt Bier) Frischen Tabak! Nummer Drei.

Kellermeister (vortretend) Die Sorte ist leider ausgegangen.

Grüneberg Bitte, Herr Nachbar, nur zuzulangen;
Hier ist noch ein Restchen.

Schröder                                 Ich bin so frei.

Kellermeister Die Bremer Schiffer fürchten sich wohl,
Sie würden vom Feinde aufgefangen.

Grüneberg Wenn man nichts Schlimm'res entbehren soll,
Als seine gewohnte Sorte, da hat's
Noch keine Not um 'nen festen Platz.
Damals war freilich der Jammer groß,
Als ein Schiff mit Roggen dicht vor der Bucht
Zu scheitern kam und rettungslos
Die See einschluckte die liebe Frucht.
Ich sah's mit an von der Münder Vogtei,
Und meine, mir klingt noch in den Ohren
Der Weiber und Kinder Wehgeschrei,
Und die Männer hatten den Kopf verloren.
Und dennoch half uns der gnädige Gott.

Geertz Er wird auch helfen aus dieser Not.

(Rektor Zipfel tritt ein, mit langer Pfeife, ein Samtmützchen auf dem Kopf)

Zipfel Guten Abend, ihr Herrn!

Grüneberg                               Guten Abend! Wie steht's,
Herr Rektor?

(Zipfel geht langsam an das Schachtischchen vor, setzt sich und fängt an, das Spiel aufzustellen)

Zipfel                 Wie man's treibt, so geht's.
Aequam memento –!

Grüneberg                             Da habt Ihr Recht:
Memento mori, es kommt an uns alle,
Sagte die Katz' zur Maus in der Falle.
Die Frau doch munter?

Zipfel                               Nicht gut, nicht schlecht.
Ist immer mit Insomnie geplagt.

Grüneberg Das soll sehr weh tun, wie man sagt.
(Halblaut zu Schröder) Kurios! In so einem Rektorshaus
Bricht immer was Lateinisches aus.
(Laut) Sieh da, der Würges!

(Würges tritt ein, geht rasch auf das Tischchen zu, an welchem Gneisenau sitzt)

Würges                                     Da sitzt er ja!
Na, Alter, (Gneisenau auf die Schulter klopfend) der Arndt ist wieder da.
Was bringt die Rose? – – Wetter und Blitz!
Das ist ja gar nicht –(Setzt seine Brille auf) Bitt' um Exküse!
Das ist sonst Nettelbecken sein Sitz.
Meine Augen – kann ich mit einer Prise? –
      (Bietet ihm die Dose. Gneisenau lehnt ab)
Meine Augen sind nicht mehr die jüngsten.
Mit wem hab' ich –

Gneisenau                     Ich warte hier
Auf Leutnant Brünnow. Die Herren verzeihn,
Ich störe doch nicht?

Würges                           Nicht im geringsten.
Den Herrn Leutnant respektieren wir.
So wie der sollten alle sein,
Dem Bürgersmann auch seine Ehre geben,
Dann wär's in der Stadt ein andres Leben.
Ich, Herr, bin auch Soldat gewesen
Und jetzt ein lahmer Invalid.
Aber was man heutzutage sieht,
Das faule, gamaschenknöpfige Wesen –

Grüneberg (halblaut)
Pst, Würges! Den Finger auf den Mund!
Ihr wißt ja nicht –

Würges (mit einem prüfenden Blick auf Gneisenau)
                            Habt Recht, Gevatter!
Zwar recht was Resolutes hat er,
Doch die besten sind heut nicht ganz gesund.
      (Kommt in den Vordergrund)
Na, wie sieht's aus, Altmeister Geertz:
Machen wir ein Spielchen?

Geertz                                     Hab' nichts dagegen.
      (Steht auf und setzt sich zu Würges vorn an den Kartentisch)

Kellermeister Jakob, die Pfeifen! Wie lange währt's?

Würges Partie einen Sechser?

Geertz                                   Meinetwegen!

Grüneberg (zu Würges)
Bringt Ihr was Neues?

Würges (Karten mischend)     Nichts Gescheidts.
Das Ding will einschlafen beiderseits.
Auch für dem Feind seine neuen Approschen
Geb' ich keinen roten Silbergroschen.

Grüneberg Sie scheinen ein Plänchen auszuhecken,
Um uns im Schlaf in den Sack zu stecken.

Würges Aber ich war in der Vorstadt eben;
Da ist ein Gewimmel, ist ein Leben!

(Heinrich tritt ein, mustert rasch die Gesellschaft, spricht leise, auf Gneisenau deutend, mit dem Kellermeister und setzt sich dann, den Rektor begrüßend, stumm und finster an den Schachtisch)

Schröder Was hat's denn gegeben?
Liegt ja schon alles in Rauch und Asche.

Würges (während er eifrig spielt)
Ja, nun kommen die armen Narren,
Die der rote Hahn aus den Betten gekräht,
Um irgend ein altes Hausgerät,
Einen eisernen Topf, eine rußige Flasche
Aus den Trümmern herauszuscharren;
Schimpfen dabei auf den Gouverneur,
Daß dem Alten die Ohren klingen müssen.

Schröder Der hat für so was kein Gehör.

Geertz Sagt lieber: er hat kein Gewissen.
Konnt' er die Vorstadt nicht stehen lassen?

Grüneberg Der Feind sollte drin nicht Posto fassen.

Würges Ja, lassen wir ihn erst so weit kommen,
Wird uns doch Luft und Atem benommen.
Dann findet er Deckung auch hinterm Schutt
Und schießt uns totalemang kaput.

Grüneberg Das ist des Alten Taktik eben,
Wie die Spinne im Netz zu kleben,
Statt frisch aus dem Tor und drauf und drein
Dem Feind immer auf dem Nacken zu sein.
Im Siebenjährigen ward kein Haus
In der Lauenburger Vorstad niedergebrannt.

Schröder Da war auch der Heyden Stadtkommandant.
Ja damals!

Geertz             Ich steche mit Schellendaus.

Grüneberg Und wenn's durchaus gebrannt sein mußt' –
Denn, meine Herrn, nicht zu vergessen:
Die Kriegskunst hat verdammte Finessen –
Warum so halsüberkopf sie just
Anzünden, daß kaum aus ihren Betten
Die Eigentümer sich durften retten?
Man hat sie ja freilich untergebracht
In der innern Stadt; doch ihre Habe,
Ihr bißchen Wohlstand ging zu Grabe;
Sie sind Bettler!

Würges                   Daran wird nicht gedacht.
Fällt so einem Großhans mal was ein,
Dann meint er, er sei wunder wie klug,
Dann muß es im Hui geschehen sein.
Ich spiele Herzkönig.

Zipfel (zu Heinrich)           Was hast du heut,
Mein Sohn?

Heinrich (ausweichend)   O nichts!

Zipfel                                         Du bist so zerstreut.

Heinrich Schach Ihrem König! Sie sind am Zug.

Würges Eins möcht' ich nur wissen.

Grüneberg                                     Was wäre das?

Würges Wenn der alte Fritz aus dem Grabe stiege,
Was der wohl sagte zu diesem Kriege.

Geertz Ja, der verstünd' eben keinen Spaß;
Der wüßte die Feinde anders zu fassen,
Statt sich in die Klemme drängen zu lassen,
Vom Thron herunter bis auf den Schemel,
Von Berlin bis hinten hin nach Memel.

Grüneberg Ich muß sehr bitten –

Schröder                                   Der Geertz hat recht.
Ja, dann wär's anders!

Grüneberg                         Nachbar, Ihr sprecht,
Wie Ihr's versteht.

Geertz                       Das tut ein jeder,
Ich mit dem Maßstock, Ihr mit der Feder.

Würges Herzdame! – Bedient, statt euch zu zanken.
Darüber kann kein Streiten sein:
Führ' der alte Fritz mit dem Krückstock drein,
Wir würden all' unserm Herrgott danken.
Jetzt haben wir auch Generals die Menge,
Den Scharnhorst, den York und den alten Blüchern;
Die verstehn den Krieg in die Breit' und die Länge,
Aber wie man ihn lernt aus Büchern.
Ja, wenn wir nur noch den Ziethen hätten,
Der fackelte nicht, das wollt' ich wetten.
Der sprach vor der Torgauer Aktion:
»Meine Herren, heut haben wir Bataille.
Unter uns ist keine feige Kanaille;
Es muß gehn wie mit Butter geschmiert!« –
Nun, wenn man so wird geharanguiert,
Da ist's kein Wunder, wenn alles fliegt
Und die Viktoria beim Wickel kriegt.

Geertz Ja, ja!

Würges         Und der Herr Napoleon,
Der pfiffe schon längst aus anderm Ton.

Geertz Wollt's meinen!

Heinrich (aufspringend)  Ich kann's nicht länger hören,
Wenn ich auch weiß: was ich sagen muß,
Wird neuen Streit heraufbeschwören.

Zipfel (ihn festhaltend)
Mein Sohn, du machst dir nur Verdruß.

Heinrich Ich weiß, daß ich hier der Jüngste bin –

Würges Ist nicht der schlimmste von Euren Fehlern!

Heinrich Auch kommt's mir wahrlich nicht in den Sinn,
Dem großen König den Ruhm zu schmälern –

Würges Wär' auch ein Kunststück!

Heinrich                                       Wer aber sagt,
Daß ihn der Korse nicht überragt,
Der –

Würges     Donner und Wetter!
(Wirft die Karten hin, Geertz hält ihn zurück)

Geertz                                       Ausreden lassen!

Würges Wer das sagt – Kreuzhimmelschwerenot!
Ist ein miserabliger Patriot,
Ein –

(Die Bürger sind aufgestanden und haben sich nach vorn gedrängt. Nur der Rektor ist sitzen geblieben und Gneisenau im Hintergrunde)

Grüneberg   Still doch!

Heinrich (zu Würges)     Mit Euch red' ich nicht.
Ihr wollt Euch nicht mit Gründen befassen,
Und wären sie klar wie das Sonnenlicht,
Sondern schlechtweg nur lieben und hassen.
Ich sage nicht: es war kinderleicht,
Was unser großer König erreicht.
Aber er war auf dem Thron geboren,
Sein Vater ließ ihm ein starkes Heer,
Sein ganzes Volk hatt' ihm Treue geschworen,
Und wer da hat, gewinnt noch mehr.
Hingegen der Korse, der Bonapart',
Der nicht im Purpur erzogen ward –
Den Thron, auf dem er heute sitzt,
Hat er aus eignem Holz geschnitzt;
Vom Unterleutnant, von Sieg zu Siegen
Ist er zum Kaiser emporgestiegen
Und wird nicht ruhen, bis er die Welt
Unter seinem mächtigen Szepter hält.
Und darum –

(Würges will reden)

Grüneberg           Stille! die Nutzanwendung!

Heinrich Und darum nenn' ich es Verblendung,
Zu kleben am Überlebten und Alten,
Wenn rings die Welt sich will umgestalten;
Und wenn ein gottgesandter Geist –

Grüneberg Eine Gottesgeißel! – da habt Ihr Recht.

Heinrich (fortfahrend)
– die Schranken, die einst die Völker trennten,
In mächtigem Schwunge niederreißt,
Daß sich die Menschen verbrüdern könnten –

Grüneberg Fraternité zwischen Knecht und Knecht!

Heinrich – dann hinter dumpfen, wankenden Mauern
Auf den Schatten des alten Fritz zu lauern,
Daß der noch einmal durch ein Wunder
Zusammenkitte den bröckligen Plunder,
Der doch in kurzem –

Würges (von Geertz gehalten)   Laßt mich los!
Hinaus mit dem Vaterlandsverräter!
Sein Vater selig, der riefe Zeter,
Hört' er ihn pred'gen wie ein Franzos.
So hat man in Erfurt auch räsoniert,
In Hameln, Magdeburg und Stettin,
Und darum hundsföttisch kapituliert.
Hinaus mit dem Burschen!

Grüneberg                               Haltet ihn!

(Zipfel steht auf und streckt seine lange Pfeife zwischen die Streitenden)

Zipfel Ruh', liebe Nachbarn! Silentium!
Herr Würges, Ihr seid ein alter Mann;
Ihr wißt, daß der furor juvenum
Austoben will.

Würges                 Schlag' das Wetter drein!
Nun kommt noch der mit seinem Latein.
Ihr könnt mir –

Grüneberg             Still, hört den Rektor an!

Zipfel Mitbürger und Freunde! Ihr alle wißt,
Obwohl ich, wie meines Amtes ist,
Viele lateinische Bücher geschrieben,
Bin ich doch stets gut deutsch geblieben
Und treu bei meinen Bürgerpflichten.
Erlaubt mir darum, den Streit zu schlichten.

Die Bürger Ja! Ja!

Zipfel                   Ich sage: die alten Weisen
Warnten, den Menschen glücklich zu preisen
Vor seinem Ende. Nur füg' ich hinzu:
Man soll ihn auch nicht den Großen nennen;
Denn wer wird dafür bürgen können,
Ob er nicht noch was Schändliches tu',
Das ihn erniedrigt?
      (Zustimmung unter den Bürgern)
                            Von diesem Satz,
Den in abstracto wir zugegeben,
Wenden wir uns zum konkreten Leben.

Würges (sich unmutig abwendend, hustet)
Hm! Nachbar Geertz, wer ist am Geben?
      (Setzt sich wieder zu den Karten)

Zipfel Da sehen wir auf erhabenem Platz
Den korsischen Imperator stehen.
Denkwürdiges ist durch ihn geschehen;
Aber solang' er in Fleisch und Blut,
Wer hat ihn glücklich zu preisen den Mut,
Oder wer darf ihn nennen »groß«,
Wie unsern König, der in der Stille,
Procul negotiis – beatus ille! –
Ausruht in ewigen Ruhmes Schoß
Von seinen Mühen und Heldentaten?
Doch jenem – trotze seinem hitzigen Rennen –
Kann leicht sein kühnes Spiel mißraten,
Daß selbst, die heute er mit sich reißt,
Seinen Namen voll Mitleid nennen,
Da ja ein heiliger Mund uns heißt:
Ihr sollt sie an ihren Früchten erkennen!

Grüneberg Sehr richtig!

Schröder                       Die Früchte sind allermeist
Faul oder giftig, das sieht man schon.

Heinrich Ich bitte, Herr Rektor –

Zipfel                                         Gleich, mein Sohn.
Also, wo bin ich stehn geblieben?
Ich hab' einmal eine Dissertation
Über einen andern Kaiser geschrieben,
Nämlich de Julio Caesare.

Grüneberg Nun kommt er ins Schwögen, gebt acht!

Schröder                                                               O weh!

Würges (heftig spielend)
Da kann ich drüber!

Zipfel                           Dem tieferen Blick
Zeigt sich in beider Männer Geschick
Viel Ähnlichkeit und viel Unterschied.

Würges (beiseite)
Wie man's bei den meisten Menschen sieht.

Zipfel So hier wie dort der kühne Geist,
Der die Welt erobernd mit sich reißt,
Die Feldherrngaben, das Staatsgenie,
Kurz: das große acumen ingenii.
Doch kann der Forscher sich nicht verhehlen,
Trotz dieser schlagenden Parallelen –

Würges (aufspringend)
Wer will uns schlagen? Was Parallelen?
Herr, wollt Ihr uns hier bange machen?
Was wißt denn Ihr von Festungssachen?
Dem Feind seine Parallelen sind
Nicht der Rede wert, das begreift ein Kind.
Sie machen sie nur zum Zeitvertreib.
Die erste rückt vom Bullenwinkel aus
Kaum hundert Schritt dem Wolfsberg aus den Leib;
Die zweite –

Schröder             Da werd' einer klug daraus!

Zipfel Ihr mißversteht mich offenbar,
Und die Sache ist doch so leicht verständlich.

Grüneberg Da kommt der Nettelbeck! Nun wird's klar!

Vierte Szene

Vorige. Nettelbeck (tritt ein und kommt rasch in den Vordergrund)

Nettelbeck Guten Abend! Ja, da bin ich endlich.

Würges Wo habt Ihr nur gesteckt?

Kellermeister (einen Sessel bringend)   He, Jakob!

Nettelbeck (ohne sich zu sehen)                             Kinder,
Ich war in Sellnow, hab' revidiert,
Scheuern und Ställe visitiert,
Den Bauern die Hölle heiß gemacht,
Proviant zu schicken noch diese Nacht.
Zu Anfang machen sie saure Mienen;
Sie wissen, daß es hier am Baren fehlt.
Nun gut, so wartet, sagt' ich ihnen,
Bis der französische Parlewuh
Den Marktpreis euch auf den Rücken zählt
Und gibt euch noch sein foutre dazu!
Da sind sie denn zu Kreuz gekrochen
Und haben Holland und Brabant versprochen.

Grüneberg Ihr denkt an alles!

Nettelbeck (sich setzend)         Ein Glas Bier!

Kellermeister Jakob!

Würges (Nettelbeck ins Ohr)   Der Adler ist wieder hier!

Nettelbeck (aufspringend)
Herr meines Lebens! Schon zurück?
Und die Rose –

Würges                   Wollte mir nichts verraten,
Hat Euch gesucht in der ganzen Stadt,
Macht ein Gesicht wie ein Diplomat.

Nettelbeck So muß ich gleich –

(Der Kellermeister tritt ein)

Kellermeister                           Herr Nettelbeck,
Man fragt nach Ihnen.

Nettelbeck                       Wer?

Kellermeister                           Hier draußen steht
Frau Blank und Jungfer Rose.

Nettelbeck                                   Desto besser!
Was laßt Ihr sie nicht gleich –

Fünfte Szene

Vorige. (Der Wirt öffnet die Türe, man sieht) die Mutter und Rose (draußen im Flur stehen)

Nettelbeck                                   Nur immer näher,
Gevatterin! Hier sind lauter gute Freunde.
Nur näher, Kind!

Mutter (eintretend)       Die Herrn verzeihn, wir haben
Herrn Nettelbeck gesucht. Die Rose ließ
Mir keine Ruhe.

Grüneberg               Schönen guten Abend,
Frau Blank. Was bringt Ihr uns?

(Die Bürger lassen die Frauen in den Vordergrund treten)

Nettelbeck (Rose bei den Händen fassend)   Kind, bist du da?
Ich hab' auf dich geharrt, wie Vater Noah
Auf seine Taube. Rede: bringst du uns
Ein grünes Blatt? Komm, sag mir's hier beiseite.
Doch nein! es geht ja doch uns alle an.
Wißt ihr, woher sie kommt? Von Memel kommt sie,
Von unserm Herrn und König!

Grüneberg                                   Herr, du mein –!

(Bewegung unter den Bürgern)

Nettelbeck Du hast ihn doch gesprochen?

Rose (nickt)                                             Lieber Pate,
Laßt es mich alles in der Ordnung sagen,
Wie ich's erlebt. (Die Bürger drängen sich um sie)
                        Als wir nach Memel kamen,
Bat ich den Arndt, mich gleich zum Schloß zu führen,
Denn kostbar schien mir jeder Augenblick.
Das tat er denn und ließ mich unten stehn,
Indessen er hinaufging, anzufragen.
Wie klopfte mir das Herz, als ich so stand
Und mich besann! Ach, alles, was ich mir
Dem Herrn zu sagen tausendmal bedacht,
Aus meinem Kopf war's wie weggeweht!

Mutter Das arme Kind!

Rose                             Dann kam der Arndt zurück,
Ein Offizier mit ihm, der fragte mich
Sehr höflich, was ich an den König hätte.
Und ich: dies könn' ich nur ihm selbst vertraun.
Da hieß er mich ihm folgen, und ich stieg
Getrost die Treppen neben ihm hinauf
Und hatte keine Furcht mehr. Wie ich aber
Eintrete droben, und mein Führer sagt:
Dort steht der König! – und ich ihn nun wirklich
Umringt von seinen Generalen sah,
Er ganz allein in schlichter Uniform –
Es schien, ein wicht'ger Rat ward abgehalten –
Da stockte mir der Atem in der Brust.
Der König aber, freundlich wie ein Vater,
Bot mir die Hand und sprach mir gütig zu!
Von Colberg käm' ich; was ich Gutes brächte
Aus seiner treuen Stadt? – Und plötzlich fühlt' ich
Das Band, das meine Zunge hielt, gelöst,
Daß ich die Worte nicht zu suchen brauchte;
Sie strömten frei und leicht. Ich sagt' ihm alles,
Wie sich die Stadt des Traurigsten versehe,
Wenn er nicht Hilfe sende, einen Mann,
Der Kopf und Herz hab' auf dem rechten Fleck
Und gleich der Bürgerschaft entschlossen sei,
Die Stadt zu halten bis zum letzten Hauch.
Ganz still war's, wie ich sprach. Der König nickte
Nur dann und wann sehr ernsthaft vor sich hin;
Und, Pate, als ich Euren Namen nannte,
Sagt' er: Ein wackrer Mann, der Nettelbeck!
Sein Vater schon war Bürgeradjutant
Beim alten Heyden. Er muß auch schon alt sein.
Sehr brave Bürger das und gute Preußen!

Nettelbeck (ergriffen)
Mein König!

Rose                   Dennoch, Majestät, versetzt' ich,
Hat ihm der Kommandant Arrest gegeben.

Nettelbeck (eifrig) Das hättest du nicht sagen sollen, Kind!
Ich war ja auch schon andern Tages frei.

Rose Es kam mir so. Der König aber sagte
Kopfschüttelnd etwas, das ich nicht verstand.
Da schwieg ich, und er sprach: Ich muß dich noch
Zur Kön'gin bringen; wird ihr Freude machen.
Komm mit! – Und so an seiner eignen Hand,
Hindurch durch all die blanken Uniformen,
Führt' er mich in ein kleineres Gemach.
Da saß –

Nettelbeck     Die Kön'gin?

Mutter                               Du glücksel'ges Kind!

Rose Jawohl, beseligt für mein ganzes Leben
Durch diese Stunde. Könnt' ich's euch nur schildern,
Wie mir die hohe Frau, die einzige,
Erschienen ist. Was man von Engeln spricht,
Bleibt hinter ihrem Anblick weit zurück.
Denn die sind kummerlos. Es muß ein Abglanz
Der Himmelsfreuden ihre Stirn umspielen.
Doch diese Stirn! Mir war, ich sähe dran
Die dunkle Spur von einer Leidenskrone,
Und diese Augen hatten viel geweint.
Mich aber lächelten sie an – so edel,
Wie ich kein irdisches Auge lächeln sah.
Hier bring' ich dir, Luise, sprach der König,
Ein braves Mädchen, ein Colberger Kind.
Sie wird dir sagen, was du gerne hörst;
Ich lasse sie dir hier, hab' noch zu tun.
Du aber, Rose Blank, grüß' mir mein Colberg.
Sie sollen treu ausharren, wie's auch komme;
Der Treue wird der Sieg. – Dann gab er mir
Die Hand, er war sehr ernst und feierlich,
Und in der Tür blieb er noch einmal stehn
Und sagte: Grüß mir auch den Nettelbeck,
Hörst du? und Gott mit dir! – So ließ er uns.
Da mußt' ich der Frau Kön'gin viel erzählen,
Und leicht und freudig ward mir's um die Brust,
Wie wenn man all sein Leid dem Himmel klagt.
Als dann die Kammfrau ins Zimmer trat,
Merkt' ich, wie lang' ich schon geblieben, stand
Erschrocken auf und bat, mich zu entlassen.
Da streifte die erhab'ne Frau vom Finger
Sich einen Ring – hier diesen –, küßte mich
Und sprach: »Trag ihn zu meinem Angedenken.
Es ist kein reicher Schmuck; denn, liebes Kind,
Ich selbst bin eine arme Frau geworden.
Doch hab' ich noch Juwelen, köstlicher
Als manche Fürstin: meiner Landeskinder
Unschätzbar echte Lieb' und goldne Treue.
Grüß mir die teure Stadt, grüß deine Mutter,
Und gebe Gott, daß wir in froh'rer Zeit
Uns wiedersehn!« – Da stürzten mir die Tränen,
Als ich mich neigte, ihre Hand zu küssen,
Und so in Schmerz und Glück verließ ich sie.

(Pause)

Nettelbeck Und dann?

Rose                           Vier Tag' im Gasthof wartet' ich,
Und keinen Heller ließ man mich bezahlen.
Es hieß: das sei besorgt vom Hofkassier.
Auch kam ein Hoffräulein der Königin,
Nach mir zu fragen. Doch sie selber sah ich
Kein zweites Mal, den König nur von fern,
Und als der Adler unter Segel ging,
Mußt' ich nach Hause kehren, schweren Herzens,
Unwissend, ob ich Hoffnung mit mir brächte!

Nettelbeck (wirft sich in plötzlicher Niedergeschlagenheit auf den Sessel und läßt den Kopf sinken)
Es ist am Tag: zu helfen ist nicht mehr;
Colberg ist eine aufgegebene Stadt!
Nichts bleibt, als ehrenvoller Untergang,
Wo jede Hoffnung hin ist.

Gneisenau (der sich indessen mehr und mehr genähert hat, plötzlich vortretend, mit ruhigem Ton)
                                        Wahr gesprochen,
Herr Nettelbeck! Wo nicht zu helfen ist,
Bleibt nur ein ehrenvoller Untergang.

Nettelbeck (betroffen aufblickend)
Nicht mehr zu helfen? Ha, wer sagt das, Herr?

Gneisenau Ihr selbst in diesem Augenblick.

Nettelbeck                                               Das hätt' ich
Gesagt? ich selbst? So hab' ich – Gott verzeih' mir's! –
Gefafelt wie ein Schwachkopf und ein Schurk'.
Nicht mehr zu helfen? Stehn nicht Wall und Mauern
Noch unversehrt? Sind nicht von Korn die Speicher,
Von Munition die Magazine voll? (Aufstehend)
Wer ist denn überhaupt der kluge Mann,
Der hier dreinredet?

Würges (zuckt die Achseln, halblaut)   Brünnow führt' ihn ein.
Er hat mir gleich nicht recht gefallen wollen.

Rose (rasch zu Nettelbeck)
Pate, der Offizier kam mit dem Adler.
Ein Boot aus Danzig bracht' ihn uns an Bord.

Nettelbeck Aus Danzig? Hm! – Nun, mein sehr werter Herr,
Wenn Ihr so klug seid, sagt doch, wo es fehlt,
Daß sich die Stadt, wie gegen Schwed' und Russen,
Nicht gegen die Franzosen halten sollt'?

Gneisenau Damals geschah der Hauptangriff zur See.
Da ward die Schwäche der Befestigungen
Natürlich minder fühlbar. Jetzt – ich habe
Die Werke heut bei einem raschen Rundgang
Geprüft und muß nach Überzeugung sagen:
Sie widerstehen keinem ernsten Sturm.
Es fehlt an Schanzen, an bedeckten Wegen,
An Werken außerhalb. Was an Geschützen
Vorhanden, ist gering, schwach das Kaliber,
Die Eisenröhren, fürcht' ich, springen uns
Beim zehnten Schuß, verfault sind die Lafetten,
Und somit – (zuckt die Achseln)

Heinrich (rasch einfallend)   Sagt' ich's nicht? Ein Tollwahn ist's,
Die Stadt zu halten!

Nettelbeck                     Schweig! Das fehlte noch,
Daß solch ein grüner Junge Recht behielte.
Ihr aber, mein Herr Fremder, könntet auch
Was Klüg'res tun –

Gneisenau                   Wahrheit muß Wahrheit bleiben:
Die Festung, wie sie ist, steht keinem Sturm.

Nettelbeck (sich erhitzend)
Hört nicht auf ihn, ich bitt' euch, Freund' und Nachbarn,
Laßt nicht so jämmerlich die Flügel hängen!
Das ist so einer von den Alleswissern,
Die, kaum die Nase wo hineingesteckt,
Drauf los orakeln: dies ist so und so,
Und so wird's bleiben. – Herr, ich bin ein Seemann,
Das aber, mit Verlaub, muß ich Euch sagen:
Was Ihr da redet, hat nicht Hand noch Fuß.
Zu Wasser wie zu Lande gibt den Ausschlag
Das Herz, das hinter Bord und Mauer klopft,
Das Herz im bunten wie im schwarzen Rock,
Das Herz, mein Herr Major, das dreimal schon
Die Stadt vor Feindesübermacht gerettet,
Und das Ihr nie gekannt habt, wenn Ihr meint,
Es sei nicht mehr das alte Preußenherz
Und Colberg müsse fallen?

Gneisenau                               Sagt' ich das?
Verhüte Gott, daß ich so Schnödes dächte!
Das aber mein' ich und behaupt' es fest:
Nicht hinter Wall und Mauern, wackrer Freund,
Ist diese Festung zu verteid'gen. Nein:
Das Herz, das hoch schlägt für sein Vaterland,
Muß Colbergs Tore sprengen, vor den Wällen
Den Feind in Atem halten, bis wir Zeit
Gewonnen, unsre Stadt so auszurüsten,
Daß sie dem Sturme kann die Zähne weisen.

Nettelbeck Herr meines Lebens! Das sind Mannesworte!
Verzeiht, daß ich vorhin – o seht, wie mir
Der freud'ge Schrecken, daß ich mich in Euch
Getäuscht, in alle Glieder fuhr. Wer seid Ihr?
Wär's möglich? Ihr – von Danzig – auf Befehl
Des Königs –?

Sechste Szene

Vorige. Brünnow (der inzwischen eingetreten, tritt plötzlich vor)

Brünnow               Mein Herr Kommandant, ich komme
Zu melden, daß Ihr ganzes Offizierkorps
Gewärtig ist, den neuen Chef zu grüßen.
Erlauben Sie, den Bürgern Ihren Namen
Zu nennen: Herr Major von Gneisenau,
Dem Seine Majestät die Kommandantschaft
Von Colberg anvertraut.

(Bewegung unter den Bürgern)

Gneisenau                           Ja, meine Freunde,
Mein Herr und König hat mich hergesandt,
Sein treues Colberg, neben Danzig jetzt
Das letzte Bollwerk, das die Küste schirmt,
Mit aller Macht zu halten. Sag' ich's nur:
Ich kam nicht leichten Herzens, und der Anblick
Der lang' versäumten Werke war kein froher.
Doch dieser Mann hier (auf Nettelbeck zeigend)
                                  sprach das rechte Wort:
Das Herz gibt hier den Ausschlag, und dies Herz
Fand ich so wacker, daß ich freudig hoffe,
Das Zutrau'n meines Königs nicht zu täuschen,
Die Stadt zu retten, oder, wenn der Drang
Der Übermacht zu furchtbar um uns schwillt,
Mich unter Colbergs Trümmern zu begraben.
Und so, nicht nur als Kommandant, als Bürger
Und Freund der Bürger tret' ich unter euch,
Und bitte: steht zu mir, wie ich zu euch,
Vertraut mir, helft mir, harret aus mit mir;
Der Ausgang steht bei Gott. Darauf schlagt ein!

Nettelbeck Amen! (Gneisenaus Hand fassend)
                      Mit diesem Handschlag, Herr Major,
Gelob' ich Ihnen Treue bis zum Tod
Im Namen Colbergs.

Die Bürger (lebhaft einfallend)   Treue bis zum Tod!

Gneisenau Wohlan! Noch diese Nacht fordr' ich von euch
Den ersten Dienst. Denn merken soll der Feind,
Daß andres Regiment hier eingekehrt.
Ich will die Nacht zu einem Ausfall nützen,
Sein Schanzenwerk zu stören. Euch vertrau' ich
Den Wall- und Postendienst. In einer Stunde
Erwart' ich euch in Waffen auf dem Markt.
Bis dahin – Gott befohlen! Ihr, mein Freund,
      (zu Nettelbeck)
Begleitet mich; denn Eu'r erprobter Rat
Soll mir vor allem jetzt zur Seite stehen.

Nettelbeck Zuviel der Ehre! Doch mein Schöpfer weiß,
Ich suche nur die Ehre meiner Stadt
Und meines Vaterlands. Es lebe der König
Und unser neuer Kommandant!

Bürger                                           Hoch! Hoch!

(Gneisenau und Nettelbeck gehen hinauf, ihnen nach die Bürger. Würges mit triumphierender Miene auf Gneisenau zeigend)

(Der Vorhang fällt)


 << zurück weiter >>