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In einem venezianischen Palast, den der Baron bewohnt: das Vorzimmer, vielmehr ein hoher geräumiger Vorsaal. Im Hintergrund große Tür auf die Treppe, daneben rechts eine kleine Tür ins Dienerzimmer, links ein Fenster in den Hof. Die rechte Wand hat ein vergittertes Fenster auf den Kanal hinaus. An der linken Wand kleine Tür ins Schlafzimmer und noch eine Tür. Der Saal selbst hat Stuckdekoration in Barockgeschmack und kein Mobiliar als einige große Armstühle mit verblichener Vergoldung.
Es treten auf: der Baron und Lorenzo. Der Baron in Lila, mit blaßgelber Weste, Lorenzo ganz schwarz.
Der Baron tritt zuerst ein, mit den Geberden des Hausherrn.
Baron Nein, nein, Ihr müßt mir diese Ehre erweisen, ich tue es nicht anders. Ihr seid ein Edelmann, ich bin ein Edelmann. Ihr heißt Venier, ich heiße Weidenstamm. Ihr gehört zu den Familien, die diese Stadt regieren, ich liebe diese Stadt über alles. Wir finden uns in der Oper, ich will den Namen einer Sängerin wissen, ich sehe mich nach einer Person von Stand um, an die ich meine Frage richten könnte. Eure Haltung, eure Kleidung, euer gemessener Blick, eure wundervoll schönen adeligen Hände ziehen meine Aufmerksamkeit auf sich, und ich finde nichts wünschenswerter, als eine Unterhaltung fortzusetzen, die der Zufall angeknüpft hat.
Venier Sie sind sehr gütig, und ich bin umso beschämter als –
Baron Wir wollen uns du sagen, wie in der großen Welt in Wien und Neapel. Ich will dir erklären – verzeih –
(Klatscht in die Hände)
Venier (Stumme Bewegung)
Le Duc tritt von links auf
Baron Le Duc, ich komme an, Niemand ist da, mir aus der Gondel zu helfen. Auf der Treppe ist kein Licht. Im Vorhaus kann man den Hals brechen. Wo ist der Lakai, den du aufnehmen solltest? Wo ist der Diener, den der Wohnungsvermieter zu schicken versprochen hat? (Zu Venier) Du mußt mich entschuldigen, ich bin noch keine vierundzwanzig Stunden hier und, wie du siehst, schlecht bedient.
Le Duc Euer Gnaden, es waren drei da, aber mit solchen Galgengesichtern –
Baron Genug, du wirst morgen zusehen. Jetzt Lichter, ich habe Spiel! Tokaier, Kaffee! (Zu Venier) Darf ich dir sonst etwas anbieten?
(Pause, während Le Duc serviert)
Venier Sie sind nicht das erste Mal in Venedig, Baron?
Baron Wie kannst du das glauben? Aber du machst mich unglücklich, ich sehe, du fühlst dich nicht zu Hause. (Auf ihn zutretend) Venier, wir überlegen es uns keinen Augenblick, den zehnten Teil unseres Vermögens hinzulegen, wenn wir unter dem Kram eines Antiquitätenhändlers den Kopf eines sterbenden Adonis oder eine Gemme mit beflügelten Kindern finden. Wir fahren stundenweit ins Gebirge, um die Fresken zu sehen, die eine längstvermoderte Hand an die Wände einer halbverfallenen Kapelle gemalt hat. Wir begehen die größten Torheiten um einer Frau willen, die wir im Vorübergehen gesehen haben und um die Bänder eines Mieders aufzulösen, ehe wir wissen, was dieses Mieder verbirgt, setzen wir unser Leben ein und bedenken uns keinen Augenblick. Aber einen Mann, der uns gefällt, anzureden, einen Menschen zu suchen, ein Gespräch, das vielleicht Unendliches bietet, welche Schwerfälligkeit haben wir da, welche Mischung von Bauernstolz und Schüchternheit. Die Zurückhaltung, deren wir uns einer Statue, einem Gemälde, einer Frau gegenüber schämen würden, einem Manne gegenüber scheint sie uns am Platz.
Venier Und ist es vielleicht auch eben darum, weil wir Männer sind.
Baron (trinkt sein Glas aus)
Du bist ein Venezianer, ich bins zehnfach!
der Fischer hat sein Netz, und der Patricier
das rote Kleid und einen Stuhl im Rat,
der Bettler seinen Sitz am Rand der Säule,
die Tänzerin ihr Haus, der alte Doge
den Ehering des Meeres, der Gefangne
in seiner Zelle früh den salzigen Duft
und blassen Widerschein der Purpursonne:
ich schmecke alles dies mit einer Zunge!
Venier (für sich)
Wer ist der Mensch?
Baron Hoho, ich bin vergeßlich.
Wie geht's der schönen Frau des Prokurators
Manin?
Venier Die lebt nicht mehr.
Baron Die lebt nicht mehr?
Mit den meergrünen Augen!
Venier Die ist tot
seit sieben Jahren.
Baron Tot? Was du nicht sagst!
Venier So ist es lang, daß Sie den Aufenthalt . . .
Baron Recht lang. Drum atm' ich's ein mit solcher Lust.
(Er geht ans Fenster rechts)
Zu meiner Zeit saß auch der Alte noch
mit seiner roten Mütze auf der Treppe
der kleinen Löwen und erzählte Fabeln.
Venier Der Cigolotti?
Baron Wundervolle Fabeln!
von Serendib und von der Insel Pim-pim.
(Er macht das Fenster auf)
Welch eine Luft ist das! In solcher Nacht
ward diese Stadt gegründet. Ihre Augen
schwammen in Lust, er hing an ihrem Hals,
sie tranken nichts als aufgelöste Perlen.
Venier Wer?
Baron Weißt du's nicht, weißt du den Anfang nicht?
Ihr seid die Letzten nur von ihrem Blut.
Venier Wovon den Anfang?
Baron Von Venedig. Hier
war solch ein öder Wald am Rand des Meeres
wie bei Ravenna. Aber Fischer zogen
an Perlenschnüren und an ihrem langen
goldroten Haar Prinzessinnen ans Ufer.
Venier Prinzessinnen?
Baron Von Serendib, was weiß ich!
Sie waren nackt und leuchteten wie Perlen
und lebten mit den Fischern. Andre kamen
dann nach, auf Ungeheuern durch die Luft
und durch das Meer gefahren. Tra la la –
(Er sucht eine Melodie)
Wie war das, was sie sang? Tra la la la . . .
Venier (aufstehend)
Wer sang?
Baron Die Mandane! heut in der Oper.
Oder Zenobia, wie? Sehr schön. Sehr schön.
(Er fährt wieder in seiner Erzählung fort)
Doch später dann zerging die Zauberstadt –
nicht ganz! es blieb ein Etwas in der Luft,
im Blut! Mit rosenfarbnen Muschellippen
küßte das Meer und leckte mit smaragdnen Zungen
die Füße dieser Stadt! Die Kirchen stiegen
wie Häuser der verschwiegnen Lust empor –
Venier Sie haben die Beredsamkeit eines Dichters, mein Baron.
Baron O, eines Liebhabers, höchstens eines Liebhabers.
Venier Eines Liebhabers, der sich gerade hier . . .?
Baron Der glücklichsten Stunden erinnert, der unbeschreiblichsten, der unvergeßlichsten . . . .
Venier (Bewegung)
Baron Sie war ein Kind und wurde in meinen Armen zum Weib. Ihre ersten Küsse waren unerfahren wie aus dem Nest gefallene junge Tauben, ihre letzten Küsse sogen die Seele aus mir heraus! Wenn sie kam, abends oder in der Früh, schlanker als ein Knabe! sie war in den großen alten Mantel gewickelt, dann warf sie ihn hinter sich und trat hervor wie ein Reh aus dem Wald.
Venier So hinter sich . . . .
Baron Den Mantel, ja.
Venier Den Mantel, und trat hervor.
Baron Sie glühte unter meinen Küssen auf.
Sie hatte einen andern Mantel dann
von nacktem Glanz und ungreifbarem Gold.
Ihr Hals war angeschwollen und ihr Mund
gekrümmt vom Schluchzen grenzenloser Lust.
Beladen war ein jedes Augenlid
mit Küssen, jede Schulter, jede Hüfte!
Ich habe hundertmal im Arm von Andern
der Anderen vergessen, wie durch Dunst
durch ihren Leib hindurch den Perlenglanz:
von jenem Leib im Dunkeln schwimmen sehn
und zu mir glühen durch den Dunst goldfarben
ein erbsengroßes Mal an ihrer Brust –
Venier Ein Mal! hier! hier? (Zeigt an den Hals)
Baron Wie? Hier mich dünkt.
(Denkt nach) Nein, hier.
(An der Brust)
Was ficht dich an?
Venier Nicht, nichts, beinahe nichts. . .
(Geht nach rechts vorne)
Baron (geht zu Le Duc nach links rückwärts)
Venier (rechts vorne stehend) Ich bin wahnsinnig, meine ganze Angst und Erregung ist sinnlos und ich kann sie nicht bemeistern. Er hat mich in der Oper um ihren Namen gefragt, also kennt er sie nicht. Zwar er könnte sie doch früher gekannt haben und hätte nur wissen wollen, wie sie jetzt heißt. Das Muttermal! Jede zweite Frau hat eines. Und er hat ja die falsche Stelle bezeichnet. Warum fallen mir nur die Punkte auf, die meinen Verdacht bestätigen, nicht die, die ihn entkräften! Es war noch etwas (nachdenkend) noch etwas sehr Schlimmes! Das mit dem Mantel, das mit dem Mantel!
Baron (zu Le Duc) Der Brief an die Opernsängerin ist bestellt!
Le Duc Zu Befehl, Euer Gnaden, und es ist auch schon eine alte Frau draußen, welche die Antwort bringt.
Baron Wo? her mit dem Brief!
Le Duc Sie will nur Euer Gnaden selbst – sie wartet in der Kammer neben dem Vorsaal.
Baron Ich gehe sogleich. (Laut) Zwei Spieltische! Auf jeden vier Lichter! (Zu Venier) Du entschuldigst mich für eben Augenblick.
Venier (geht zu Le Duc) Wer ist dein Herr? (Will ihm Geld geben)
Le Duc (zurücktretend) Eure Excellenz werden wissen, daß ich die Ehre habe, dem Herrn Baron Weidenstamm aus Amsterdam zu dienen.
Venier Weidenstamm! Weidenstamm! es gibt keinen Holländer auf der Welt, der ein solches Venezianisch spricht.
Le Duc Ich habe sagen gehört, Verwandtschaften –
Venier Des Teufels Verwandtschaften!
Le Duc Zumindest habe ich aus dem Mund meines gnädigen Herrn selbst die wiederholte Versicherung, daß er sich seit mehr als fünfzehn Jahren niemals in Venedig aufgehalten hat.
Venier Die hast du, braver Mensch? die wiederholte Versicherung?
Le Duc Wiederholt und ausdrücklich.
Venier (gibt ihm Geld) Du bist ein sehr braver Mensch und verdienst, einem so ausgezeichneten Kavalier, wie der Baron ist, attachiert zu sein.
Le Duc Ich küsse Euer Excellenz die Hände.
Venier Vor fünfzehn Jahren war sie ein zwölfjähriges Kind. Und dann: er spricht nie von ihrem Singen; wie hab' ich solch ein Narr sein können, das zu übersehen. Er wäre tausendmal zu eitel, so etwas zu verschweigen.
Baron (kommt zurück, Venier ihm freundlich entgegen)
Venier Nun aber wirklich gute Nacht, und morgen
zum Frühstück, hoff ich, tust du mir die Ehre
Casa Venier, die jüngere, drei Schritte hinter San Zaccaria.
Baron Wie? Gute Nacht? jetzt wär' es Schlafenszeit?
du denkst nicht dran! und ich denk nicht daran,
dich fortzulassen! Nun kommt mein Banquier,
vielmehr sein Sohn und bringt, soviel er kann,
an lustiger Gesellschaft.
Venier Nun, ich kann
beinah erraten.
Baron Wie?
Venier Die Redegonda,
die Brizzi –
Baron Eine Andre nannte er.
Venier Die Corticelli, wie?
Baron Mir scheint.
Venier Dazu
zwei, drei Tagdiebe, einer, der Sonette
und einer, der Pasquille schreibt, der dümmste
Abbate und der zudringlichste Jude –
Baron Und du und ich,
Dann ist's die Arche Noah! Jeder Art
ein Tier. Und daß so viele Arten sind,
das macht die Welt so bunt. Wen möchtest du
entbehren? Ich den tollen Neger nicht,
der von der Riva taucht um einen Soldo
und mit den Hunden sich ums Essen beißt,
und nicht den goldnen Dogen, der an uns
vorüberschwebt auf einer Purpurwolke
und einem goldnen Schiff. In tausend Masken
läuft er um mich und zupft mich am Gewand,
der Dieb, der Schlüssel stahl zu meinem Glück,
(Lebhafter)
In einen Edelstein hineingebannt
ist unsres Geistes Geist, des Schicksals Schicksal.
Der hängt vielleicht zwischen den schönen Brüsten
der Redegonda, und er schläft vielleicht
bei Zwiebeln in der Tasche eines Juden,
was weiß ich! nicht?
Venier Du bist sehr aufgeräumt.
Baron (tritt nahe zu ihm)
Sei nicht zu stolz darauf, daß du nicht dreißig bist!
Was später kommt, ist auch nicht arm. Rückkehren
und nicht vergessen sein: der Mund wie Rosen
die offnen Arme da, hineinzufliegen!
Als wär man einen Tag nur fern gewesen –
Und den Ulyßes grüßte kaum sein Hund!
(Immer fröhlicher)
Ich will hier Feste geben. Schaff mir Löwen,
(zu Le Duc)
die Blumensträuße aus den Rachen werfen!
Vergoldete Delphine stell vor's Tor,
die roten Wein in's grüne Wasser spei'n!
Nicht drei, nicht fünf, zehn Diener nimm mir auf
und schaff Livreen. An den Treppen sollen
drei Gondeln hängen voller Musikanten
in meinen Farben.
Venier (lächelnd) Ihr beschämt uns alle.
Baron Wie? schon zuviel? zuviel? noch nicht genug!
Ich will den Campanile um und um
in Rosen und Narzissen wickeln. Droben
auf seiner höchsten Spitze sollen Flammen
von Sandelholz, genährt mit Rosenöl,
den Leib der Nacht mit Riesenarmen fassen.
Ich mach' aus dem Kanal ein fließend Feuer,
streu' so viel Blumen aus, daß alle Tauben
betäubt am Boden flattern, so viel Fackeln,
daß sich die Fische angstvoll in den Grund
des Meeres bohren, daß Europa sich
mit ihren nackten Nymphen aufgescheucht
in einem dunkleren Gemach versteckt
und daß ihr Stier geblendet laut aufbrüllt!
Mach Dichterträume wahr, stampf aus dem Grab
den Veronese und den Aretin,
spann Greife vor, bau eine Pyramide
aus Leibern junger Mädchen, welche singen!
Die Pferde von Sankt Markus sollen wiehern
und ihre eh'rnen Nüstern blähn vor Lust!
Die oben liegen in den bleiernen Kammern
und ihre Nägel bohren in die Wand,
die sollen innehalten und schon meinen,
der jüngste Tag ist da, und daß die Engel
mit rosenen Händen und dem wilden Duft
der Schwingen niederstürzend jetzt das Dach
von Blei hinweg, herein den Himmel reißen!
(Plötzlich innehaltend)
St! st! hör ich nicht singen? Kommts nicht näher?
Merk auf! Hörst du nicht eine süße Stimme?
Hierher! Noch nichts? Nein, früher war es stärker!
Du hörst gar nichts! So ist's in meinem Blut.
Venier (ist plötzlich wieder aufgestanden und hat sein Glas so heftig auf den kleinen Tisch gesetzt, daß es klirrend zerbricht)
Hier ist ein Glas entzwei. Verzeihen Sie.
Es gibt dergleichen Tage, wo ein tolles
und widerwärtiges Geschick den Kopf,
von Schlangenhaaren wimmelnd, uns entgegen
aus jeder Türe reckt und unterm Tisch
hervorkriecht, dran wir sitzen! Flecken hat
die Sonne selbst, am Mond hängt weißer Aussatz,
und unser ganzes Innre geht in Fetzen,
darein sich Diebe wickeln.
Baron Es ist ein Alp.
Venier Beinah, nur schläft man nicht!
Baron Komm, gehn wir auf
und ab, die Luft tut wohl. O hättest du
gelernt wie ich zu leben, dir wäre wohl.
Ich achte diese Welt nach ihrem Wert,
ein Ding, auf das ich mich mit sieben Sinnen
so lange werfen soll, als Tag und Nächte
mich wie ein ächzend Fahrzeug noch ertragen.
Leben! Gefangen liegen, schon den Tritt
des Henkers schlürfen hör'n im Morgengrauen
und sich zusammenziehen wie ein Igel,
gesträubt vor Angst und starrend noch von Leben!
Dann wieder frei sein! atmen! wie ein Schwamm
die Welt einsaugen, über Berge hin!
Die Städte drunten, funkelnd wie die Augen!
Die Segel draußen, vollgebläht wie Brüste!
Die weißen Arme! Die von Schluchzen dunklen
verführten Kehlen! Dann die Herzoginnen
im Spitzenbette weinen lassen und
den dumpfen Weg zur Magd, du glaubst mir nicht?
Venier Wie kannst du einen Blick so sehr mißdeuten?
Baron Ich sage dir, es gibt nichts Lustig'res
als hier im Zimmer auf und nieder gehn,
sich Wein einschenken, essen, schlafen, küssen
und draußen an der Tür den wilden Atem
von Einem gehen hören oder Einer,
die lauert und in der geballten Faust
den Tod hält, deinen oder ihren Tod!
Dein Leben, wie des kalydonischen Königs
an ein Scheit Holz, geknüpft an eine Kerze,
die wo vor einem höchst verschwiegnen Spiegel
in sich verglühend vor Erwartung flackert, –
und das, worauf der Wiederschein der Fackel,
indeß du fährst zur Nacht, mit Lust umhertanzt,
vielleicht dein nasses Grab! Hoho, sie kommen!
Es treten auf: Sassi, Marfisa Corticelli mit ihrer Mutter, der Abbate, zuletzt Salaino.
Sassi Wie gehts, Mynheer?
Baron Wie gehts, mein lieber Sassi?
Spielt Ihr den Hausherrn, mich laßt Diener sein
und Euren Gästen meine Dienste weih'n.
Sassi (die Marfisa an der Hand vor ihn führend)
Marfisa Corticelli, die Camargo
des Augenblicks, eine, nein die Tänzerin Venedigs!
Baron Marfisa! Euren Namen auszusprechen
heißt Duft einatmen einer seltsam süßen
und wilden Frucht: erlaubt den Lippen, sie zu brechen.
(Küßt sie)
Die Mutter Was lobt ihr ihre Lippen? ihre Lippen
sind so wie andrer Mädchen. Mit der Spitze
der Füße trillert sie und in den Kehlen
der Kniee hat sie hübschre Melodieen
als Andre, wenn sie sich den Hals ausschrei'n.
Baron (schaut verwundert)
Die Mutter (knixt)
Ich bin die Mutter.
Baron (mit Verbeugung) Lamia, die Mutter
der jüngsten Grazie!
Sassi (vorstellend) Der Abbate Gamba,
der Plinius, Cicero und Aretin
dieses Jahrhunderts.
Baron Viel in einem, viel!
Hier noch ein Freund? (Auf Salaino)
Die Corticelli O dies ist kaum ein Mensch,
gebt auf ihn nicht mehr Acht als wie auf einen Schatten!
Baron So ist es Deiner?
Die Corticelli Ja, ein Tollgewordner.
Sassi Dies ist ein junger Musiker, Salaino,
der für das übermütige Ding zuviel
Seufzer verschwendet –
Die Mutter Aber sonst auch nichts!
Die Corticelli Laß ihn doch, Mutter. Und ich bitt euch alle,
Tut so wie ich und gebt auf ihn nicht Acht.
Baron Hier der Patrizier Lorenzo Venier,
seit wenig Stunden meinem Herzen nah,
doch teuer wie ein alterprobter Freund.
Venier verbeugt sich unmerklich, sieht alle durch ein Lorgnon an. Le Duc mit Erfrischungen von links. Gamba zu Venier. Sassi, Marfisa, Mutter zu Le Duc. Baron rechts rückwärts bei Salaino.
Baron (zu Salaino)
Wie, junger Mensch, du hast nichts und du willst
dies weiter tragen? Armut, dies Gefängnis,
aus dem man nicht entspringt, weil's mit uns läuft.
Den Hohn und Speichel einer solchen Vettel!
Du hast nichts! dann hat jeder dicke Schuft
von Seifensieder ja dein Haus, dein Bett
und küßt deine Geliebte, spürst du's nicht so?
Vielmehr er hat ein Recht auf ein Stück Fleisch
aus deiner Brust und darf das Messer noch
an deinem Haar abputzen! spürst du's so!
(Greift ihm dabei in's Haar)
Wir werden spielen, wart', wir werden spielen,
und hier ist für den Anfang! (Gibt ihm Geld)
Nägel kauen,
an einem schmutzigen Kanal die Lacke
von Stockfisch atmen und auf feuchtem Stroh
von weißen Knie'n mit goldnem Strumpfband träumen,
bis das Geheul der Katzen auf den Dächern
dem Traum ein Ende macht. Verfluchtes Leben!
Salaino (mit erstickter Stimme, den Blick zur Seite)
Ich wäre grad' so gern der alte Grabstein
am Kirchentor, auf den die Weiber treten,
die halbverfaulte Alge im Kanal,
der Hund von einem Blinden! Manchen Tag,
mein' ich, mich schleift ein Pferd an seinem Schweif,
daß ich von unten mit verdrehten Augen
die ganze Welt ansehen muß, so starr
und so verhaßt ist mir des Lebens Anblick.
Ich kann den Fetzen goldgestickten Stoffs
nicht anschaun, den ein Heiliger von Stein
um seinen toten Leib hat, wie viel minder
ertrag' ichs, wenn ich die Lebendigen seh,
in lauter Lust gewickelt wie ein Wurm
im Granatapfel.
Baron Hast du keine Schwester?
Zur Kupplerin mit ihr! Was, keinen Bruder,
an den Kapellmeister, der Bubenstimmen
für Engelschöre braucht, ihn zu verkaufen?
Auch nicht? So ging' ich und verhandelte
das Leben eines Menschen, den ich nie
gesehn und liehe die Pistole mir
als einen Vorschuß von der Summe aus,
die ich mit ihr verdienen wollte. Was?
Genug davon. Auf später. (Geht zu den Anderen hinüber)
Baron (zu der Gruppe) Wir spielen gleich. Seid wie zu Hause, bitt' ich. (Führt Marfisa am Arm nach vorne) Was kann ich tun, Marfisa, um dir nicht ganz zu mißfallen?
Marfisa Viel, o eine Menge.
Baron (küßt sie auf den Arm. Sie sprechen leise)
Baron (will sie küssen)
Marfisa (reißt sich los, läuft nach rückwärts)
Baron (will ihr nach, auf einmal steht die Mutter vor ihm) Liebe Frau, Ihre Tochter ist das entzückendste kleine Ding, das ich je berührt habe – mit der Fingerspitze. Sie ist ein so von Leben starrendes wildes funkelndes Wesen wie ein kleiner Turmfalke.
Mutter Sie haben sie nur von ihrer unbedeutendsten Seite kennen gelernt.
Baron Ganz richtig, ich brenne darauf, sie besser kennen zu lernen. Ich sehe, sie versteht mich, sie versteht mich.
Mutter Ich hoffe, Euer Gnaden werden öfter das Ballet mit Ihrem Besuch beehren.
Baron Sie versteht mich nicht. Ich gedenke mich hier nur wenige Tage aufzuhalten und möchte keine Gelegenheit versäumen, Ihre Tochter kennen zu lernen. Ich werde morgen bei ihr vorsprechen.
Mutter O, das ist ganz unmöglich, gnädiger Herr, unsere Appartements sind absolut nicht präsentabel. Es ist absolut unmöglich.
Baron Was heißt unmöglich? (Giebt ihr Geld) Sie wird trachten, bis morgen die Appartements präsentabel zu gestalten.
Mutter O, es ist unmöglich, meine Tochter ist nicht im Besitz eines konvenablen Negligée, um so distinguierte Gäste zu empfangen.
Baron Ich werde die Ehre haben, ihr durch meine Gondel ein sehr konvenables Negligée zuzuschicken.
Mutter Ich weiß nicht, ob Euer Gnaden auswendig die Maße –
Baron Überlassen Sie das meinen Augen, gute Frau. Ich habe hier drinnen Maße genug, zehntausend verschiedene Frauen aus zehntausend blinden Marmorblöcken herauszumeißeln, aber ich habe nicht die Laune, mich mit totem Material abzugeben.
(Redegonda tritt auf, ihr Bruder, als Lakei, hinter ihr)
Redegonda Geh' vor und meld' mich an!
Sassi (ihr entgegen, mit einer großen Handbewegung)
Die Redegonda!
Baron (ihr entgegen)
So ruft, wer am Verdeck zuerst erwacht:
die Sonne! und die Andern rufen's nach.
Ich hört' Euch diesen Abend, Mademoiselle,
und neidete den körperlosen Tönen
den Weg auf Euren Lippen. Muß ich nun
ein niedrig Band beneiden, schlechte Spitzen,
die diesen Hals berühren? Welcher Gott
war dies, der starb vor Sehnsucht nach dem Anblick
des wundervollsten Nackens? Seinen Namen
hab' ich vergessen, doch ich teile, fürcht' ich,
sein Schicksal, wenn Ihr geht.
Redegonda (sich fächelnd) Sehr schön gesagt.
Baron (Indes Le Duc Erfrischungen serviert)
Erlaubt Ihr?
Redegonda (trinkt)
Baron Dieses Glas ist nun so wenig
mehr feil, da es an Euren Lippen lag,
als eine von den Kammern meines Herzens!
Redegonda O solche Gläser haben wir noch viele
zu Haus! Nicht wahr, Achilles? Wenn Ihr wollt,
könnt Ihr sie alle kaufen. (Lacht)
Baron Ihr spielt?
Redegonda Tut Ihr's für mich?
Baron Ich bin zu glücklich,
laßt Ihr mich nur den letzten Ruderer sein
an Eures Glückes Schiff.
Redegonda Was heißt das?
Achilles (leise) Geh!
Baron (mit Le Duc, ist beschäftigt, Sassi, Marfisa, die Mutter, den Abbate an den Spieltisch links rückwärts zu bringen.)
Redegonda (vorne zu Venier)
Ah, Herr Venier!
Venier (grüßt, legt die Hand auf den Mund)
Achilles (zu Redegonda) Er winkt Dir, du sollst schweigen.
Redegonda Wovon?
Achilles Nun, wahrscheinlich von seiner Frau.
Redegonda Ach so! Warum?
Achilles (immer halblaut) Was weiß ich? Schweig!
(Redegonda und Achilles ungefähr in der Mitte, Venier geht nach links vorne, Baron kommt von rückwärts zu Redegonda zurück, die durch ihr Lorgnon die Gesellschaft mustert)
Redegonda Wie? Die ist da? Die Tänzerin! Ich bin
nur gern beim Spiel mit meinesgleichen.
Baron Göttin
an Schönheit, müßtet Ihr dann Euren Spieltisch
aufschlagen lassen im Olymp.
Redegonda Wo ist das?
Baron (Führt sie zum Spieltisch, winkt Salaino herbei, der die ganze Zeit, im Hintergrund stehend, mit den Blicken der Marfisa folgte.)
Ein fremder älterer Mann tritt in die Türe, mit einer schüchternen Verbeugung, den Dreispitz unter dem Arm. Niemand bemerkt ihn)
Venier (links vorne allein) Ich bin hier lächerlich und kann nicht fort. Und doch, es war keine Täuschung: als dieser Mensch sich auf den Platz neben meiner Loge setzte und ihr Blick, der mich suchte, auf ihn fiel, wurde sie unter der Schminke blaß und der Ton, der schon auf ihrer Lippe schwebte, tauchte wieder unter wie ein erschreckter Wasservogel, und von dem Augenblick an sang nur mehr ihre Kunst, nicht mehr ihre Seele. Soll ich mich in solchen Dingen irren, ich, der ich aus ihren Schritten auf dem Teppich, aus einem Nichts, aus dem Schlagen ihrer Augenlider erraten kann, woran sie denkt? Und doch kann ich mich irren und diese ganze Qual kann um nichts sein! Hier ist niemand, den ich fragen könnte; die Redegonda ist zu dumm, Sassi zu boshaft. Und doch war mir, als hätte das ganze Haus gefühlt, daß in ihr etwas Ungeheures vorgegangen war. Und in ihrem Spiel war etwas wie Nachtwandeln, sie ging wie unter einem Schatten. Wer ist dieser Mensch? Mir ist, ich dürfte ihn nicht aus den Augen lassen, als wüßte ich, er ist auf geheimnisvolle Weise bestellt, in mein Leben hineinzugreifen.
Sassi (vorkommend zu Venier) Wie, kommt ihr nicht zum Spiel?
Venier Sassi, wer ist der Mensch?
Sassi Ich glaub, nicht viel
Nachdenkens wert. Ein Abenteurer glaub ich,
doch lustigre Gesellschaft als die Puppen,
von denen man Großvater und Großmutter
mit Namen nennen kann.
Venier Wie kommst du zu ihm?
Sassi Ich? vielmehr er zu mir: mit einem Brief,
der auf viertausend Golddublonen lautet.
Venier Und ausgestellt?
Sassi Von Arnstein Söhnen, Wien.
Baron (Geht rückwärts von Marfisas Seite weg, um den Tisch herum; er ruft nach vorne)
Ihr langweilt euch!
Sassi Im Gegenteil, Mynheer!
Baron (Rückwärts stehend, neben Salaino, dem er spielen zusieht)
Sassi (nach rückwärts gehend)
Ich nehm die Bank.
Baron Ich bitte, Sassi, nehmt sie.
Der Abbate (geht zu Venier nach vorne, sich vorstellend)
Abbate Gamba.
Venier Lorenzo Venier, wir sehen
uns nicht das erste Mal.
Abbate Ihr seid sehr gütig,
euch zu erinnern.
(Leises Gespräch, Abbate zeigt seine Uhr; gehen beide nach rechts vorne. Der alte Mann ist unbemerkt an den Tisch gegangen, steht hinter der Kerze und pointirt mit.)
Baron (über Salainos Schultern schauend)
Nimm rot und bleib! (Nach einer Pause)
Es wird! es wächst! es schwillt!
Schon bücken sich zwei, drei vor dir, indes du
aus deiner Gondel steigst, schon brennt ein Licht
auf einer Treppe, schon für dich bewegt sich
ein Vorhang, und ein Tisch mit schönen Speisen
steht da, für Zweie aufgedeckt, die Magd
schielt nur nach deiner Hand, um zu verschwinden.
Abbate (vorne, zu Venier)
Verlassen Sie sich drauf, ich faß ihn plötzlich
und drück ihn an die Wand.
Venier Wir werden sehn.
Baron (rückwärts, zu Salaino)
Nun gut und gut! Nun liegt schon mehr und mehr
gebundne Beute da, mit Zobelpelz
und goldenen Geweben halbverdeckt!
Dies ist die Larve schon, der Engerling
von einem großen Herrn! Jetzt sind schon hundert,
die um die Wette kriechen! Die Illustrissima,
die hochmütige schöne Bragadin
dreht schon den Kopf nun aus dem Dunkel vor!
Abbate (zu Venier)
Dies sind die Reden eines Taschenspielers
und eines armen Teufels, der groß prahlt.
Baron (zu ihnen vorkommend)
Ihr lacht! Den Teufel, ja, den spiel ich gern,
den meint ihr doch, Abbate, der den großen
Goldklumpen nachts ins Netz des armen Fischers warf?
Nein, sagt mir, Freunde wer ist dieser Mensch?
(Er zeigt auf den fremden alten Mann am Spieltisch)
Kennt ihr ihn nicht?
Abbate Ich nicht, fragt Sassi.
Baron Der kennt ihn nicht, er hat schon mich gefragt.
(Der alte Mann ist inzwischen vom Spieltisch weggegangen und verschwindet verstohlen durch die Tür im Hintergrunde.)
Nun geht er fort. Bei Gott, mir tut der Mensch
bis in die Seele leid. Er suchte immer lang
und legte noch ein Goldstück, jedes schien
zu zittern, wie er selbst, auf eine Karte
und immer gegen uns. Und jedesmal
zerschellte sein elendes Schifflein kläglich
an jenem dieses Burschen, dessen Segel
vom Wind des Glücks wild aufgeblasen waren.
(Er geht ans Fenster, sieht hinab, geht dann nach links an die Tür, winkt Le Duc zu sich.)
Abbate (zu Venier)
Es gibt dergleichen, die wie Raben Aas
die Häuser wittern, wo gespielt wird abends
und mit den Fledermäusen und Nachtfaltern
auf einmal da sind.
Venier Der sah traurig aus.
Baron (zu Le Duc)
Lauf diesem Menschen nach im braunen Rock,
er geht die zweite Brücke, lauf und gib ihm
soviel. Sag' nicht, von wem. Steh' ihm nicht Rede.
(Le Duc ab)
Baron (Bleibt einen Moment stehen, blickt ins Leere)
Dies war vielleicht mein Vater.
Zumindest hab' ich meinen nie gesehn
und möchte keinem von dem Alter weh tun
aus Angst, es wär' gerade der. Es gibt
Zufälle von der Art. Mir träumt's auch öfter.
Gott weiß, der tolle Krüppel in dem Dorf,
wo ich heut' durchkam und vor zwanzig Jahren
auch einmal schlief, der war vielleicht mein Sohn
und fletschte grad' auf mich so wild die Zähne.
(Er will zum Spieltisch zurückgehen, Abbau hält ihn auf)
Abbate Erlaubt, reizender Hausherr, einen Blick!
(Führt ihn unter ein Licht, betrachtet ihn sehr aufmerksam)
Wir sehn uns nicht das erste Mal! Allein
mich dünkt, Ihr habt Euch wunderbar verändert!
(Verdeckt mit seiner Hand einen Teil vom Gesicht des Andern)
Baron (Betrachtet ihn ebenso aufmerksam, wie eine Statue, von rechts, dann von links, dann von unten)
Wahrhaftig nicht das erste Mal! Wo aber
kann's nur gewesen sein?
Abbate (triumphierend) Das frage ich!
Baron Doch nicht in Haag? an jenem blutigen Abend? . .
Ich hielt den Kopf des sterbenden Oranien
in meinem Arm und ringsum drängte sich
unheimliches Gesindel durch die Fackeln:
da war auch einer da, ein alter Jude,
zudringlicher als andre, aber wie,
der? soll ich meinen Augen trau'n, war't Ihr?
Abbate (tritt zurück, beleidigt)
Baron (läßt ihn nicht los)
Nein, nein, jetzt hab' ich's! In Damaskus dort,
am Hof Yussuf Alis, der Oberste,
wie sag' ich schnell, der Stummen? wieder nicht!
Abbate (tritt noch einen Schritt zurück)
Baron Und doch gesehn, bestimmt gesehn! In Rom
bei Kardinal Albani –
Abbate Das kann sein.
Baron Ihr war't der Monsignore, (Fängt zu lachen an)
dem die Damen –
(Sagt ihm etwas ins Ohr)
und dem der Kardinal dann durch die Diener –
(Sagt ihm noch etwas ins Ohr, faßt ihn bei beiden Händen, schüttelt sie kräftig)
Wie! (Lacht) Das war't Ihr! und habt mich gleich erkannt!
Ich war's, der Euch . . . . (Ihm ins Ohr)
Abbate (wütend) Niemals und nimmermehr
war ich das, Herr, ich habe mich geirrt:
Ich hab' Euch nie gesehn.
Baron Wie schade, schade!
(Zu Venier)
Und du verachtest ganz das kleine Spiel?
Salaino (am Spieltisch, laut)
Ich hab' die Bank, wer legt dagegen?
Venier (nach rückwärts gehend) Ich!
Redegonda (geht vom Spieltisch nach links vorne, Achilles aufwartend hinter ihr)
Richt' mir die Schnall' am Schuh, sie ist verschoben.
Was willst du denn, du Garstiger, daß du
mich in den Arm so kneifst; ich hätt' beinah
laut aufgeschrien.
Achilles Was flüstert er mit dir?
Redegonda Er will, daß ich
heut abends bei ihm bleib', wenn alle fortgehn.
Achilles Und?
Redegonda Er mißfällt mir nicht. Er ist auch artig
mit Frauen. Du, ich glaub', er ist ein Fürst
und reist mit falschem Namen.
Achilles Hat er dir
schon was geschenkt?
Redegonda Noch nicht, allein ich seh' doch,
daß er freigebig ist.
Achilles Sag' ihm vor allem,
du willst, er soll mich zum Bedienten nehmen.
Dann mach' ich alles.
Redegonda Doch wie fang' ich's an?
Achilles Ganz frech.
Redegonda Sag' ich, daß du mein Bruder bist?
Achilles Nichts Dümmeres! kein Wort!
Redegonda Allein, mein Graf –
Achilles Was braucht der zu erfahren?
Redegonda Glaubst, es geht?
(Lacht)
O weh, die Corticelli, die ist boshaft,
vor ihrem Mundwerk hab' ich solche Angst,
die bringt's heraus! merk' dir, ich hab's gesagt!
Baron (zu ihnen tretend)
Wie, Reizendste? ich morde diesen Burschen vor Neid.
Redegonda So nehmt ihn lieber, statt so schwere Schuld
auf euch zu laden, schnell in eure Dienste,
dann dient er euch, und nichts gibt's zu beneiden.
Baron Ihr wollt mir euren Diener überlassen?
Redegonda Ihr sagtet doch, ihr wollt die Gläser kaufen,
daraus ich trank, nun hier ist ja der Mensch,
der täglich mir die Haare lockt und brennt,
das ist ja noch viel mehr!
Baron Beinah' so viel
als eine eurer Locken, also mehr
als Cypern und Brabant!
Redegonda Er ist nicht dumm, und war er ordentlicher,
so hätt' er's leicht zu Besserm bringen können:
er hat Geschwister, die was andres sind.
Achilles (schnell)
Wir sind aus einer Stadt und Nachbarskinder.
Baron So oft sie kommt, bedienst du sie allein,
sonst wirst du ihres Dieners Diener sein.