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Schauplatz: Elisabeths möbliertes Zimmer. Der Schupo (Alfons Klostermeyer) liegt in Unterhosen im Bett und döst vor sich hin. Elisabeth kocht Kaffee und betrachtet ab und zu die weißen Herbstastern, die in einer Vase neben dem Spirituskocher stehen. Draußen scheint die Oktobersonne, aber die Gardinen sind halb heruntergelassen und das Ganze ist ein Bild des glücklichen Friedens zweier liebender Herzen.
Elisabeth riecht an den weißen Herbstastern: Wie lang, daß die sich halten. Schon fünf Tage. Das hätt ich jetzt aber ursprünglich nicht gedacht, daß du mir weiße Herbstastern kaufen wirst.
Schupo Mir hat das sofort eine innere Stimme gesagt.
Elisabeth Trotzdem.
Schupo Hast gedacht, so ein schneidiger Schupo, das ist ein leichtlebiger Falter? Der möchte nur eine mit viel Geld? Weit gefehlt! Ich schätze eine Frau höher ein, die von mir abhängt, als wie umgekehrt. Krieg ich noch ein Küßchen?
Elisabeth Ja.
Schupo Ist der Kaffee bald fertig?
Elisabeth Sofort.
Schupo nimmt die Kopfhörer vom Nachtkastl und legt sie sich an: Stramm! Schneidig – Er summt den Radetzkymarsch mit, den die Militärmusik im Radio gerade spielt.
Elisabeth Du Alfons – gestern abend war das eine wunderbare Opernübertragung. Aida.
Schupo legt die Kopfhörer wieder auf das Nachtkastl: Hast mich also garnicht vermißt?
Elisabeth Aber Alfons!
Schupo Krieg ich noch ein Küßchen?
Elisabeth Hier hast den Kaffee – Sie bringt ihm eine Tasse. – und hier hast das Küßchen – Sie gibt es ihm und setzt sich auf den Bettrand.
Schupo genießt den Kaffee: Ich bin ja nur froh, daß es schon heute ist. Ständig erhöhte Alarmbereitschaft – gut, daß die blöden Wahlen vorbei sind! Erst vorgestern nacht habens wieder einen Kameraden von mir erschossen.
Elisabeth Es müssen halt immer viele Unschuldige dran glauben.
Schupo Das läßt sich nicht umgehen in einem geordneten Staatswesen.
Elisabeth Das seh ich schon ein, daß es ungerecht zugehen muß, weil halt die Menschen keine Menschen sind – aber es könnt doch auch ein bißchen weniger ungerecht zugehen.
Schupo Also das ist Philosophie. Was gefällt dir eigentlich an mir?
Elisabeth Alles.
Schupo Aber welches Wort würde denn am besten zu mir passen?
Elisabeth Ich weiß es nicht.
Schupo Geh das wirst du doch wissen!
Elisabeth Du hast dich etwas verändert, Alfons. Früher warst du trauriger.
Schupo Wie das?
Elisabeth Halt melancholischer.
Schupo Oh das bin ich jetzt auch noch! Das wäre ja gelacht!
Elisabeth Entschuldige – Sie erhebt sich.
Schupo Wohin? Ach so. Tu deinen Gefühlen nur kein Korsett an.
Elisabeth schrickt etwas zusammen, scharf: Wieso Korsett?
Schupo überrascht: Warum?
Stille.
Elisabeth lächelt: Entschuldige bitte, aber ich bin heut halt etwas nervös – Sie verschwindet.
Schupo allein: – melancholisch? Noch melancholischer? – Wieso noch melancholischer?
Elisabeth erscheint wieder.
Schupo Das hat aber lang gedauert.
Elisabeth Lang?
Schupo Doch nichts besonderes?
Elisabeth Bitte werde deutlicher.
Schupo Ich hab nämlich immer achtgegeben.
Elisabeth Achso.
Jetzt klopft es an der Türe. Die zwei liebenden Herzen lauschen – abermals klopft es, und zwar entschiedener.
Schupo Pst! Niemand zuhause.
Elisabeth Wer kann das sein?
Stimme Kriminalpolizei!
Schupo Polizei? Und ich lieg da. Ausgerechnet Bananen! Er packt rasch seine Kleidungsstücke und versteckt sich im Schrank.
Es klopft nun noch entschiedener an die Türe. Elisabeth öffnet und ein Herr betritt ihr möbliertes Zimmer. Es ist ein Oberinspektor der Sittenpolizei.
Oberinspektor Geduld bringt Rosen. Er sieht sich um und deutet auf das unordentliche Bett. Ich habe Sie wohl im Schlaf gestört?
Elisabeth Warum?
Oberinspektor Sie wissen genau warum.
Elisabeth Ich bin heut nicht ganz auf dem Damm.
Oberinspektor Es gibt allerdings Leute, die haben Nachtdienst und sind deshalb untertags ruhebedürftig.
Elisabeth Wie meinen Sie das?
Oberinspektor hält einen Sockenhalter hoch, den er auf dem Stuhle gefunden hat: Fräulein pflegen wohl Sockenhalter zu tragen? Stille.
Elisabeth Was will man denn von mir?
Oberinspektor Sie haben von der Polizei einen Unterkommensauftrag gekriegt, darauf steht, daß Sie sich innerhalb dreier Wochen um ein einwandfreies Unterkommen umsehen sollen. Aber Sie haben weder Arbeit noch haben Sie nachgewiesen, daß Sie sich um eine solche bemüht haben.
Elisabeth Kümmern Sie sich doch um die Leut, die kein Unterkommen haben!
Oberinspektor Keine Hetzreden bitte! Polizeiwidrig ist nicht, wer kein Unterkommen hat, polizeiwidrig ist nur, wer dadurch die öffentliche Ordnung gefährdet.
Elisabeth Aber ich gefährde doch nicht die öffentliche Ordnung!
Oberinspektor Solange Sie sich nicht über Ihre Einkünfte ausweisen können, ist dies fraglich.
Elisabeth Für mich wird schon gesorgt.
Oberinspektor Eben diese freundliche Fürsorge interessiert uns.
Elisabeth Das habe ich doch schon früher angegeben. Ich erhalte von meinem Bräutigam zwanzig Mark in der Woche. Davon lebe ich.
Oberinspektor Wer ist denn dieser Bräutigam? Stille. Sie nennen also den Namen nicht?
Elisabeth Nein.
Oberinspektor Und warum nicht?
Elisabeth Weil ich meinem Bräutigam kraft seiner Position eventuell schaden täte.
Oberinspektor grinst: Hübsch! Sehr hübsch – Eventuell sind bei diesen zwanzig Mark mehrere Bräutigams beteiligt.
Elisabeth Das ist eine Unverschämtheit –
Oberinspektor unterbricht sie: Immer nur schön ruhig, Fräulein! Sie entschuldigen, wenn ich indiskret werde – Er öffnet plötzlich den Kleiderschrank und ist nicht überrascht, einen Mann darin zu finden, aber daß dieser Mann ein Schupo in Unterhosen ist, der von seiner Uniform nur den Rock und die Mütze anhat, scheint ihn etwas peinlich zu berühren.
Schupo steht stramm im Kleiderschrank.
Schupo Es ist alles wahr, was das Fräulein gesagt hat, Herr Oberinspektor. Stille.
Oberinspektor zu Elisabeth: Bitte, lassen Sie uns mal etwas allein – Elisabeth zögert.
Schupo zu Elisabeth: Sei so gut.
Elisabeth Bitte – Ab.
Oberinspektor Hier verbringen Sie also Ihre freien Stunden.
Schupo ist aus dem Kleiderschrank heraus und zieht sich nun hastig an: Wenn ich eine Aufklärung geben darf, Herr Oberinspektor – hier liegt bestimmt ein Irrtum vor.
Oberinspektor Irrtum?! Mensch, wie kommen Sie zu dieser Frau?! Wir haben sie doch im Auge, daß sie zu einer bestimmten Damenkategorie gehört!
Schupo Damenkategorie?
Oberinspektor Wahrscheinlich! Stille.
Schupo lächelt: Aber nein, Herr Oberinspektor –
Oberinspektor Kennen Sie sie denn überhaupt?
Schupo Kennen jawohl.
Oberinspektor Und wollen sie heiraten.
Schupo Ich habe es vor, Herr Oberinspektor.
Oberinspektor Wie alt sind Sie denn?
Schupo Vierundzwanzig! Herr Oberinspektor.
Oberinspektor Das alte Lied!
Schupo ist nun wieder angezogen: Aber das mit den zwanzig Mark stimmt genau, Herr Oberinspektor.
Oberinspektor Monatlich achtzig Mark! Sie sind doch auch nicht fürstlich bezahlt!
Schupo Meine Eltern unterstützen mich.
Oberinspekor Was ist denn Ihr Vater?
Schupo Schreinermeister.
Oberinspekor Dann hätten Sie lieber Schreiner werden sollen.
Schupo Wie verstehen das Herr Oberinspektor?
Stille.
Oberinspekor Bedaure, aber Sie scheinen es nicht zu ahnen, wen Sie da an den Traualtar führen wollen – Ihre Braut hat doch wegen Betrug bereits vierzehn Tage Gefängnis hinter sich.
Schupo Gefängnis?
Oberinspekor Betrug. Abgesehen von einer Geldstrafe, die sie sich auch schon mal geholt hat. Daß diesen Damen derlei Verbindungen mit der Polizei ganz erwünscht sind, ist ja menschlich verständlich. Aber ob das Ihrer Karriere sehr förderlich ist –
Schupo Keine Ahnung –
Oberinspekor Na also! Er öffnet die Türe und ruft hinaus. Kommen Sie herein!
Elisabeth kommt wieder herein. Sie denkt es sich schon, daß jetzt alles aus ist.
Stille.
Schupo Betrug? Stimmts?
Elisabeth Ich weiß, es ist aus.
Schupo Gefängnis?
Elisabeth Ja.
Stille.
Schupo Du Elisabeth. Warum hast du mir das alles verschwiegen?
Elisabeth So frag mich doch nicht so saudumm.
Schupo steht stramm: Besten Dank, Herr Oberinspektor!
Oberinspektor Bitte bitte!
Schupo schlägt die Hacken zusammen und will ab.
Elisabeth Halt!
Stille.
Schupo Du hast mich belogen und das ist für mich der entscheidende Punkt.
Elisabeth Nein, deine Karriere, das ist er, dein entscheidender Punkt.
Schupo Nein! Aber zuerst kommt die Pflicht und dann kommt noch Ewigkeiten nichts! Radikal nichts!
Stille. Elisabeth Du Alfons. Zuvor – wie du da drinnen im Schrank warst, da habe ich dich beschützen wollen.
Schupo Mich?
Elisabeth Uns.
Schupo Dich! Dich gegen mich! Ich kenn mich schon aus, Fräulein! Stille.
Elisabeth grinst: Ich hab dich halt nicht verlieren wollen, lieber Alfons –
Schupo schlägt wieder die Hacken zusammen: Herr Oberinspektor! Rasch ab.
Oberinspektor Also das war wirklich nicht notwendig von Ihnen, dem Mann seine Karriere so leichtfertig zu gefährden –
Elisabeth Notwendig? Und meine Karriere?
Oberinspektor Sie wollen doch nicht behaupten, daß Sie unschuldig sind?
Elisabeth Oh nein, das habe ich mir schon längst abgewöhnt. Entschuldigens, aber jetzt muß ich lachen – Sie setzt sich auf den Bettrand und lacht lautlos.
Oberinspektor Lachens Ihnen nur ruhig aus. Ab.