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»Ich will in meiner Heimat begraben sein«, sagte mir der Herr Generaldirektor. »Ich liebe meine Heimat«, fuhr er fort, »meine Mutter ist vor zwanzig Jahren gestorben, ich ließ ihr bereits vor sechs Jahren ein großes Familiengrab errichten. Dort will ich liegen. Die Heimat gibt uns Kraft zum Wirken für das Vaterland. Ich hab auch das Kriegerdenkmal gestiftet.«
So plauderten wir noch weiter. Der Herr Generaldirektor war ein großer starker erfolgreicher angenehmer, moralisch verkommener Mann, der gebildet war. Er habe sich auch mit Kulturgeschichte beschäftigt, so sei, zum Beispiel, er ein Renaissancemensch. Ein Selfmademan.
Ich sollte ihn im Auftrag meiner Zeitung befragen, da wir einen kleinen Artikel zu seinem sechzigsten Geburtstage bringen wollten, weil er die Hälfte des Aktienkapitals unserer Zeitung hatte. Unsere Zeitung war in einem Trust. Wir hatten vor allem Provinzblätter und logen fürchterlich.
Ich kannte des Herrn Generaldirektors Heimat Altenau, denn es wurden mir dort mal zehn Mark gestohlen.
»Ich bleib meiner Heimat treu«, sagte der Generaldirektor und verabschiedete sich. Schwere Sorgen umwölkten seine Stirne, enttäuschender Abschluß von nur fünf Prozent Dividende.
Er sagte, er habe sich selbst emporgearbeitet, das sei eben der gesunde Schlag des Mittelstandes. Jeder kann sich emporarbeiten, schrieben wir in den Zeitungen und wußten, daß es nicht stimmt. Wir logen. Wir sagten, die Regierung verbiete die Arbeit, wenn es die Arbeitszeit regeln wollte.
Der Marktflecken Altenau liegt in Mitteleuropa, unweit der nördlichen Kalkalpen, 840 Meter hoch über fernem Meere. Man ist sich nicht klar darüber, wann er gegründet worden war, es steht nur fest, daß sich ein rachsüchtiger Kaiser des heiligen römischen Reiches deutscher Nation mit einem hinterlistigen päpstlichen Hausprälaten um das Eigentumsrecht an den Wäldern und Wiesen und Häusern, nicht zu vergessen der Einwohner, einige Jahrzehnte lang gestritten haben. Infolgedessen wurden acht Altenauer verbrannt, drei gerädert, sieben sind verkommen im Gefängnis und einmal wurde sogar der halbe Markt eingeäschert. Aber dann kamen ruhigere Zeiten und der Dreißigjährige Krieg war nur ein Kinderspiel, aber der Westfälische Frieden das war schon sehr schlimm. Da wurden nämlich in Altenau vier Ketzer verbrannt, weil sie Protestanten wurden, weil der Pfarrer ihren Frauen nachstellte. Die Frauen blieben katholisch und die Männer wurden gefesselt in den Teich geworfen und Gott wurde gefragt, ob er ihre Fesseln lösen wollte, aber Gott sagte: Nein, fällt mir nicht ein!
Noch heute lebt in Altenau eine alteingesessene Familie, die ihr Geschlecht auf einen der vier Ketzer zurückführt. Sie sind aber katholisch, der eine ist sogar ein Pfarrer und protestiert gegen die Verschmutzung der Öffentlichkeit durch das Anschauen nackter jugendlicher Personen im Alter von drei Jahren. Er ist ein großer Nationalist, Monarchist und verleumdete schon des öfteren die Linke. Er hält fest an der Tradition.
Der Stolz Altenaus ist der Herr Generaldirektor. Die Einwohner sind kleine Handwerker und große Bauern. Der Sohn Altenaus, der Generaldirektor, wurde in einem kleinen einstöckigen Hause geboren.
Sein Vater war Schuhmachermeister und als er geboren wurde, hatte er gerade Prozeß, er war nämlich sehr feig, gewalttätig. Er hatte seinem Lehrling immer die Finger zusammengebunden und dann drauf geschlagen, die Folge war, daß sich der Lehrling den Finger gebrochen hatte und dann später mit steifem Finger für das Vaterland fiel.
Die Mutter war eine boshafte, religiöse, romantische Frau, die Tochter des Metzgermeisters Sauer. Sie war häßlicher als ihre Schwester und infolgedessen zurückgedrängt. Alles was sie in sich hatte, trieb sie in den Jungen, die ganze Energie explodierte in dem Jungen. Beim Spiel mußte er immer siegen, sonst weinte er oder verprügelte den anderen rücksichtslos. Er war ein sympathischer Junge.