|
Auf der Elfenwiese, duftig,
An dem Hügel, erlengrün,
Wo das Bächlein plaudert lieblich,
Lacht und scherzt das heimlich muntre
Fest der zarten, goldnen Fee.
Denn heut ist Johannisnacht,
Wo der Gnom aus seinem Stollen
Schlüpfet und von Kapp' und Leder
Ab den Katzenglimmer bürstet,
Auszuruhn vom sauren Pochwerk,
Sitzet auf der Felsenkante.
Wo hinunter steigt der Mondmann
Zu der Erd' und auf dem Dach tanzt
Mit Nachtwandlerinnen lustig,
Wo der Salamander buhlet
Feurig um das Fräulein Irrlicht
In dem Torf- und Mooresgrund,
Wo an jeder Lindenblume
Fröhlich sich ein Sylphchen schaukelt,
Wo den schilf'gen Strom hinabwärts
Schwimmt der Nix mit Floss' und Schuppe,
Base Meerweib zu besuchen.
An dem Hügel, erlengrün,
Auf der Elfenwiese, duftig,
In dem Kelch der roten Tulpe
Saß die zarte Fee Libelle,
Saß das goldbeschwingte Wunder.
Äußerst glänzend war das Fest!
Zu der Tulpe Füßen spielte
Der tonkundigen Zikaden
Auserwählteste Kapelle
Stücke von den besten Meistern.
Ernsthaft standen Exzellenzen
Feuerwürmer mit den glühnden
Ordenssternen in der Runde,
Flogen dann und wann galant
Zu den Damen, die in Lüften
Schwebten strahlend, reichgeputzet,
Zu den lieblichen Libellen.
Diese sind des Tages nur,
Nachstellungen zu entgehen
Von des Menschen ew'ger Tücke,
Arg verzaubert in die Leiber,
Die wir sehn um Wässer flattern.
Nachts, wenn anbrach Geistertag,
Werden Jungfräulein sie alle,
Schön und rosig, glanzgeauget,
Leichte, bunte Flügelelfen.
Kleine Päglein präsentierten,
Gnomenknäblein guter Herkunft,
Blütenpunsch in Maienglöcklein;
Alles lacht und scherzt und tändelt,
Alles glüht und funkelt, schwirret
Um den Thron der zarten Kön'gin,
Um den roten Tulpenthron.
Heiter sprach das goldne Wunder:
«Nun beginnt der Nacht geweihten
Reigen, euren Tauperltanz!»
Alsobald in Ordnung stellten
Sich die lieblichen Libellen,
Faßten sich im Kreis geschlungen,
Tanzten nach dem frohen Takte
Der tonkundigen Zikaden
Auf des Taues Perlen munter
Ringelreigen um die Kön'gin,
Um den roten Tulpenthron.
Sicher, ohne je zu fehlen,
Hüpften sie von Perl' zu Perle.
Keine Perl' zerfloß erschüttert,
Nicht einmal erbebt' ein Perlchen
Von dem Druck der Lilienfüße.
Seht, so leicht sind die Libellen!
Doch die glühnden Exzellenzen
Feuerwürmer gingen ernsthaft
Rund in dieses Reigens Mitte,
Fackelträgerdienst versehend.
Aber als der Reigen kreiste
Nun zum dritten Mal mit Jubel
Auf den mondbeblinkten Perlen,
Kam geritten hoch am Himmel
Auf dem Wind, dem schnellen Roß,
Jetzt die silberblühnde Wolke.
Also rasch war sie geritten,
Daß der Wind selbst außer Atem
War gekommen und zur Erde
Sank ins Gras mit kranker Lunge.
In den Kreis des Festes trat sie,
Und zur Fee, der goldbeschwingten,
Sprach die silberblühnde Wolke:
«Wie? Du feierst frohe Feste?
Wie? du schaust den Tauperltanz?
Und dein Held, Don Tulifäntchen,
Steckt im Vogel-Messing-Käfig,
Eingesperrt von der Gemahlin,
Der lavendelduft'gen Fürstin!
Auf und eile! Rett ihn! Fliege!
Er beschloß im tapfern Herzen:
Stürzen will er in den Abgrund
Seinen Leib. Ich hört' es selber.»
Sprach's. Da klagten alle Geister;
Denn beliebt ob seiner Tugend,
Hochbeliebt ob seiner milden
Adeligen, feinen Sitten,
In dem ganzen Dschinnistan
War der Held, Don Tulifäntchen.
Dunkel wurden vor Betrübnis
Alle glühnde Exzellenzen.
Die Zikaden machten Pause,
Zagend standen die Libellen.
Doch die jüngste fiel erbleichend
Und mit leisem Schrei in Ohnmacht
Rosalindchen hieß das weiche
Schöne Kind voll Sympathie.
Nur die zarte Fee Libelle
Blieb gefaßt. Emporgerichtet
In der Tulpe, sprach sie also:
«Von dem Fest etwas ermüdet,
Flög' ich wohl nicht rasch genug
Zu der Rettung meines Helden.
Auf, ihr Pagen, sagt dem Kutscher,
Sagt dem rauhen Bärenvogel,
Er soll gleich die Equipage
Mit den sechs Hirschkäfern schirren!»
Sprach's. Es rannten fort die Pagen
Nach der Fee gewölbtem Marstall,
Der im Wurzelwerk der Erle
War erbaut zu ebner Erde.
Aus dem Kelch der Tulpe hob sich
Jetzt die Fee, bedient von wieder
Glühnd gewordnen Exzellenzen,
Wand ein grünes Kränzlein, schwebte
Zu dem Ort, wo Rosalindchen
Lag in Ohnmacht, weckte sie,
Sprach süß lächelnd: «Unsern Helden
Retten wir heut aus dem Kerker
Und auch aus dem Arm der Gattin,
Der lavendelduft'gen Fürstin.
Nun, so gilt's, ein andres Bräutlein
Ihm zu geben, das wohl besser
Stimmt zu seiner Art und Größe.»
Sprach's. Das Kränzelein, das grüne,
Drückte sie dem weichen Kinde
In die blonden Ringellöckchen,
Flüstert' ihr zwei Wort' ins Ohr.
Rosenröt' im Angesichte,
Blickte zu der güt'gen Fee
Auf die kleine Rosalinde.
Lang schon ihre stille Liebe
War der Held, Don Tulifäntchen.
Aber alle Gnomenpäglein
Kamen sehr bestürzt und riefen:
«Fürstin, ach, der alte Kutscher,
Ach, der rauhe Bärenvogel
Hat sich gänzlich übernommen
In gestohlnem Blütenpunsche,
Liegt und schnarcht im Stall, er ist,
Fürstin, zum Exzeß betrunken.»
Rief die zarte Fee Libelle:
«Er ist morgen aus dem Dienste!
Tausendmal warnt' ich den Schlemmer;
Endlich muß ich stiften Ordnung.»
Und zur silberblühnden Wolke
Sprach das goldbeschwingte Wunder:
«Sieh, so geht es mir, Cousine,
Hättest du vielleicht die Güte,
Diesesmal mich zu befördern?»
«Meine teuerste Cousine»,
Sprach die silberblühnde Wolke,
«Dir zu dienen, mich entzückt es.
Komm mit deinem ganzen Hofstaat,
Platz für alle hat mein Roß.»
Wind, dem schnellen Rosse, rief sie.
Wind sprang hergestellt empor,
Drehte sich nach Westen schleunig.
Auf den Rücken sprang die Wolke,
Alle glühnden Exzellenzen
Klammerten sich an den Schweif,
Alle lieblichen Libellen
Schwangen sich empor zum Halse,
Gnomenpägelein, Zikaden
Saßen bei den schönen Fräulein;
Doch im Schoße der Cousine
Saß die zarte Fee Libelle
Und das mitleidsvolle Bräutlein.
Also wie ein Pfeil nach Westen,
Nach der prächt'gen Mikromona,
Ritt die silberblühnde Wolke. |