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Es giebt ein wunderbares Fenster, durch welches derjenige, der hindurchblickt, die Dinge nicht sieht, die außer ihm Hunderte und Tausende sehen. Dieses verzauberte Fenster ist das – Auge des Gatten. – Und es ist dies sehr weise eingerichtet. – Wir erkannten es stets an, daß der Mensch die Vollkommenheit der Schöpfung sei; aber in nichts zeigt sich die Weisheit der Vorsehung in dem Maße, als darin, daß sie den Ehemännern keinen Januskopf gab, damit sie mit dem einen Gesichte stets in die Vergangenheit zu blicken vermöchten.
Als Herzog Radziwill verschieden war, erheischte es der Anstand, daß Uladislaus eigenhändig ein Kondolenzschreiben an den trauernden Schwiegervater d'Arquien richte.
Uladislaus sprach das Französische sehr gut, nur war er in der Orthographie desselben nicht ganz sattelfest. Als er sich nun mit der Aufschrift des an d'Arquien gerichteten Briefes abmühte, fragte er bei Wawra an, wie bei d'Arquien's Titel das Wort Pair geschrieben werde.
Anstatt, daß ihm nun der Narr, wie es sich gebührt hätte, »Paire« sagte, diktirte er ihm »père« in die Feder. Dann wollte der König auch wissen, ob das dem Herzogstitel entsprechende Wort im Französischen groß oder klein geschrieben werde? Natürlich, sagte Wawra, mit kleinen Anfangsbuchstaben.
Der gute Marquis d'Arquien erhielt demnach ein Kondolenzschreiben von der höchsteigenen Kalligraphie des Königs, auf dessen Umschlag vor seinem Namen die Worte paradirten: » père et duc«; was mit kleinen Anfangsbuchstaben soviel heißt, als »Vater und Ohreule«.
Ein schlechter Scherz ist jedoch wie das Quecksilber, welches durchrinnt und verdunstet, wenn es in einem porösen Behälter aufbewahrt wird.
Nicht nur der Marquis gewahrte die orthographische Sottise, sondern auch sämmtliche Höflinge, durch deren Hände der Brief ging. D'Arquien ward wütend, wie ein wilder Eber. Er ging zur Königin und klagte ihr weinend, welcher Spott ihm widerfahren; von nun an werde ihn Jedermann als komische Person betrachten. Die Königin könne sich das vorstellen. Er werde zum Könige gehen und ihm sagen, daß er weder »Vater« noch »Eule« heiße, sondern Marquis. Man solle ihm seinen rechtlichen Titel zukommen lassen.
Mit schwerer Mühe beruhigte die Königin den Wütenden und ließ sofort durch Bethune an den König von Frankreich schreiben und ihn an sein gegebenes Versprechen erinnern, daß er nämlich ihr zu Liebe den Marquis d'Arquien zum Herzog und Pair ernennen werde, und bat ihn, die Ernennungsdiplome eilends zu übersenden.
Aber Ludwig XIV. hatte damals noch andere Sorgen außer dieser, oder hatte er darauf vergessen, oder sei es, daß er sich dachte, daß die Damen Blanca und Leonore nicht mehr den Herzogstitel benötigen, nachdem sie bereits verheiratet seien, genug, d'Arquien's Ernennungsdiplom kam nicht an, und unterdessen musste es der wütende Marquis stillschweigend dulden, daß ihn Jedermann lächelnd grüßte.
Dies war die eine Ursache, weshalb einer der bedeutendsten Wendepunkte in der Weltgeschichte eintreten musste.
Der Narr war kein solcher Narr, um nicht zu bemerken, daß die französischen Eingewanderten, die Königin, die verwittwete Herzogin Radziwill, deren Schwester, Marquise Bethune, und die ganze Familie d'Arquien dem französischen Könige zürnten.
Dieses »Zürnen« ist ein gewichtiges Wort.
Gerade zu dieser Zeit gab ein berühmter ungarischer General auf die Frage seines Fürsten: »Giebt es auf der Welt einen solchen Schatz oder eine solche Macht, für die Du mich verraten könntest?« die denkwürdige Antwort: »Nein, mein Fürst, es giebt keinen solchen Schatz, keine solche Macht auf Erden, für die ich Dich verraten würde; – ob ich Dich aber für ein klein wenig Zürnen nicht verraten würde, das weiß ich nicht.«
Dieses klein wenig Zürnen gewahrte der Hofnarr und seit dieser Zeit bemühte er sich, auch der Narr – der Königin zu sein.