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Bemerkungen und Schlußfolgerungen.

Die kommunistischen Versuche in den Vereinigten Staaten erstrecken sich über einen langen Zeitraum und liefern eine solche Fülle von Material für eine zergliedernde und zu interessanten Schlüssen führende Untersuchung, daß es kaum angemessen sein würde, diesen Bericht ohne einige allgemeine Bemerkungen zu schließen.

Am auffälligsten bei diesen Experimenten ist das ungleiche Maß von Erfolg, den die verschiedenen Gruppen erzielten.

Die sektiererischen oder religiösen Gemeinden sind hinsichtlich ihrer durchschnittlichen Lebensdauer wie des Grades ihres materiellen Wohlstandes zweifellos am erfolgreichsten gewesen. Die meisten der als sektiererisch klassifizierten Gesellschaften haben mehr als ein halbes Jahrhundert bestanden, einige wenige bestehen noch und haben ein ganzes Jahrhundert hinter sich. Einige von ihnen, wie die Shakers, Economy, Oneida und die Amanagemeinden haben große Vermögen aufgehäuft, alle übrigen leben oder lebten nach der kurzen Periode ihrer Pioniertage in verhältnismäßig großer Behaglichkeit und Wohlhabenheit.

Die Laufbahn der »nichtreligiösen« Gemeinden war dagegen in der Regel kurz und voll Mühsal. Die durchschnittliche Lebensdauer der Gemeinden der Owenschen Gruppe war kaum länger als zwei Jahre, die der fourieristischen Phalangen, mit den drei bemerkenswerten Ausnahmen der Nordamerikanischen Phalanx, Brook Farm und der Wisconsin-Phalanx, war nicht länger, und die ikarischen Gemeinden befanden sich stets im Zustande der Auflösung und Reorganisation. Ferner brachten es diese Gemeinden niemals auch nur zu dem bescheidensten Wohlstand; mit wenig Ausnahmen lebten sie in tiefer Armut.

Diese auffallende Ungleichheit an Glück und Erfolg bei scheinbar ähnlichen Unternehmungen mußte zahlreiche Erklärungen von Forschern veranlassen, die das Leben in den Gemeinschaften studierten. Nordhoff und andere suchten die Erscheinung durch den Umstand zu erklären, daß die religiösen Gesellschaften starke Führer hatten, und kamen zu dem Schluß, daß keine Gemeinde ohne die Führung einer energischen und intelligenten Persönlichkeit gedeihen könnte, welche das Vertrauen aller Mitglieder zu gewinnen verstände. Noyes und Greeley anderseits stellten die Theorie auf, daß die Religion als solche die erhaltende Kraft der Gemeinschaften und für den Erfolg aller kommunistischen Experimente unentbehrlich sei.

Bei genauerer Untersuchung erscheinen jedoch beide Theorien als ziemlich oberflächlich und stehen nicht in Übereinstimmung mit den Tatsachen. Die Shakers hatten kaum jemals einen einzigen Führer von allgemein anerkannter Autorität seit den Tagen Ann Lees, und trotzdem bestand ihr Wohlstand ungemindert fast ein ganzes Jahrhundert nach dem Tode der Prophetin fort, während Neu-Harmony ein schreiender Mißerfolg war trotz der Führerschaft eines Mannes von der Intelligenz und dem Verwaltungsgenie eines Robert Owen. In ähnlicher Weise waren die fourieristischen Phalangen sehr kurzlebig, obzwar sie, in der Mehrzahl der Fälle, tief religiös waren; während die eingestandenermaßen agnostischen Ikarier es fertig brachten, sich nahezu zwei Generationen lang zu behaupten.

Der wahre Grund für den verhältnismäßig großen Erfolg der religiösen Gemeinden liegt indeß auf der Hand.

In erster Linie setzten sich diese Gemeinden hauptsächlich aus deutschen Bauern zusammen, Männern, die in der Bewirtschaftung des Bodens bewandert und deren Bedürfnisse mehr als bescheiden waren; wogegen die Mitgliedschaften der »nichtreligiösen« Gemeinden zumeist aus einer ungleichartigen Menge von Idealisten aller möglichen Berufe bestand, die an eine höhere Lebenshaltung gewöhnt und in der Regel ohne alle Kenntnis der Landwirtschaft war. Was ist natürlicher, als daß jene einen besseren Erfolg mit ihren »Domänen« oder Farmen hatten, als diese?

Ferner wurden die religiösen Gemeinden zur Befriedigung religiöser Bedürfnisse, nicht aber für die Propaganda des Kommunismus gegründet. Ihr Kommunismus war nur ein sekundäres Moment für ihr Bestehen; sobald ihre materiellen Interessen es forderten, opferten sie ihn ohne Gewissensbisse. Die Shakers, Harmonisten, Amaniten, Perfektionisten und andere religiöse Gemeinden beschäftigten Lohnarbeiter auf ihren Feldern und in ihren Werkstätten, und hörten gegen Ende ihres Bestehens tatsächlich auf, Gemeinden zu sein und wurden Gesellschaften, die Landwirtschaft und Gewerbe betrieben. So war ihr materieller Erfolg zum guten Teile nicht ihrem Kommunismus, sondern ihrem Abfall vom Kommunismus zuzuschreiben. Mit anderen Worten, die sektiererischen oder religiösen Gemeinden gaben am Ende ihren Kommunismus auf und wurden in vielen Fällen profitable Geschäftsunternehmungen; während die nichtreligiösen Gemeinden an dem kommunistischen Regime bis zum letzten Augenblick festhielten und fast ausnahmslos von kurzer Dauer und erfolglos waren.

Die amerikanischen Gemeinden waren daher, wie man zugeben muß, als Experimente in praktischem Kommunismus vollständige Mißerfolge. Und es wäre müßig, nach dem besonderen Grunde für den Mißerfolg jeder einzelnen Gemeinde zu forschen, wie es Mac Donald und andere Geschichtschreiber seiner Art versucht haben. Die Ursache des Mißlingens aller kommunistischen Versuche ist ein und dieselbe, der utopische Charakter der Grundidee, auf der ihre Existenz sich aufbaute.

Die Gründer aller Gemeinden gingen von der Theorie aus, daß sie eine eigene kleine Gesellschaft für sich aufbauen, von ihr alle ihnen verwerflich erscheinenden Züge der modernen Zivilisation ausschließen, sie ganz nach ihren besonderen Ansichten von der Angemessenheit sozialer Beziehungen gestalten und sich von der umgebenden Welt und ihren verderblichen Einflüssen isolieren könnten.

Die Zeiten der Robinson Crusoes, mögen es Individuen oder Gesellschaften sein, sind aber vorbei. Die industrielle Entwicklung der letzten Jahrhunderte hat eine große gegenseitige Abhängigkeit der Menschen und Nationen voneinander geschaffen, und hat die Menschheit tatsächlich zu einem einzigen organischen Körper gemacht. In der Tat sind alle die bewundernswerten Werke unserer heutigen Zivilisation ein Produkt der bewußten oder unbewußten Zusammenarbeit der Arbeiter auf dem Felde, in den Gruben, auf den Eisenbahnen und den Dampfschiffen, in den Fabriken und Laboratorien der ganzen Welt; das einzelne Glied der Gesellschaft leitet seine Macht einzig und allein von der Teilnahme an dieser großen kooperativen Arbeit oder ihren Resultaten ab, und kein Mensch, so wenig wie eine Gruppe von Menschen, kann sich von ihr trennen, ohne in die Barbarei zurückzusinken.

Diese Unteilbarkeit des gesellschaftlichen Organismus war der Fels, an dem alle kommunistischen Experimente scheiterten. Man konnte unmöglich eine sich selbst in jeder Hinsicht genügende Gesellschaft schaffen; man war zu beständigem Verkehr mit der Außenwelt gezwungen und war als Produzent wie als Konsument den Gesetzen des Systems der freien Konkurrenz unterworfen. Diejenigen von ihnen, die mit dem Strom zu schwimmen lernten, wie die religiösen Gemeinden, nahmen schrittweise alle Züge der konkurrierenden Industrie an und gediehen, während die Gemeinden untergingen, die ihrem utopischen Ideal treu blieben.

Die modernen Sozialisten haben längst die Idee aufgegeben, das gegenwärtige soziale und industrielle System des Kapitalismus durch einzelne kommunistische Lappen zu flicken. Sie sehen ein, daß die Gesellschaft nicht aus einer Anzahl unabhängiger und zusammenhangsloser Gruppen besteht, sondern ein einziger organischer Körper ist, und gründen ihre Hoffnungen und Bemühungen auf den Fortschritt des gesamten gesellschaftlichen Organismus.

Eine andere Frage für den Erforscher sozialer Probleme, vielleicht die interessantere, ist der Einfluß des kommunistischen Lebens auf die Bildung des menschlichen Charakters.

Die Gemeinden der Owenschen Periode waren zu kurzlebig, um den Charakter und die Sitten ihrer Mitglieder irgendwie merklich zu ändern. Das gleiche gilt von den fourieristischen Experimenten, die nordamerikanische Phalanx, die von Wisconsin und Brook Farm vielleicht ausgenommen. Die ikarischen Gemeinden aber und vor allen die sektiererischen oder religiösen Gemeinden haben mehrere Generationen hindurch bestanden. Und obwohl Leben und Laufbahn der Ikarier durch inneren Hader und materielles Mißgeschick stark beunruhigt wurden, der sektiererische Kommunismus aber nicht immer rein und ohne Zusatz war, mußten doch diese beiden Gruppen einen Typus von Männern und Frauen mit charakteristischen Zügen hervorbringen, die von denen der übrigen Menschheit in gewissem Grade verschieden waren.

Gegenüber der oft wiederholten Versicherung, daß die Konkurrenz den einzigen Antrieb für Erfindung und Gewerbefleiß bilde, ist es interessant, festzustellen, daß die Kommunisten diese Eigenschaften in der Regel in hohem Grade besaßen. Nordhoff, der keineswegs ein parteilicher Beobachter war, bemerkt in dieser Hinsicht: »Jeder, der eine kommunistische Gesellschaft besucht, die schon einige Zeit bestanden hat, wird unfehlbar überrascht sein, eine Fülle von Scharfsinn, erfinderischer Geschicklichkeit und Geschäftstalent unter Leuten zu finden, bei denen in der Außenwelt niemand solche Eigenschaften erwarten würde.« Und weiter: »Nichts überraschte mich mehr, als die Fülle und Verschiedenartigkeit der geschäftlichen und technischen Begabung, die man in jeder Gemeinde finden kann, wie immer auch der Charakter und die Intelligenz ihrer Mitglieder beschaffen sein mag.«

Ebenso geht das einmütige Zeugnis aller Beobachter dahin, daß die Kommunisten in der Regel sehr fleißig waren, obwohl von seiten der Gemeinden keinerlei Zwang ausgeübt wurde. »Die Freude an der genossenschaftlichen Arbeit ist ein bemerkenswerter Zug des Lebens in den Gemeinschaften, wo es sich von seiner besten Seite zeigt«, bemerkt Ely; Hinds kommt bei der Besprechung seiner persönlichen, in vielen Gemeinden gemachten Beobachtungen zu dem Schlusse, daß der individuelle Besitz des Eigentums für die Industrie und die energische Betreibung eines verwickelten Geschäftes nicht wesentlich ist, und Nordhoff bekräftigt ihr Zeugnis in der folgenden Stelle:

»Wie behandeln Sie ihre faulen Leute? fragte ich an vielen Orten; es gibt aber keine Faulenzer in der Gemeinde. Ich ziehe daraus den Schluß, daß die Menschen von Natur nicht faul sind. Selbst die »Winter-Shakers« – die unanstelligen Gesellen, die beim Herannahen des kalten Wetters in Shaker- und anderen Gemeinden Zuflucht suchen, wobei sie den Wunsch vorgeben, Mitglieder zu werden; die am Anfang des Winters, wie mir ein Ältester der Shakers erzählte, »mit leerem Magen und leerem Ranzen kommen, und nachdem sie beide gefüllt, fortziehen, sobald die Rosen zu blühen beginnen« – selbst diese armen Geschöpfe fügen sich der systematischen und geordneten Regel des Platzes und verrichten, ohne sich zu drücken, ihr Teil Arbeit, bis die milde Frühlingssonne sie in ein freieres Leben lockt.«

Während aber die Mitglieder der kommunistischen Gesellschaften nicht träge sind und ihre Arbeit stetig und gut verrichten, verraten sie keine Anzeichen jenes entnervenden Drängens und Eilens, das alle Arbeitslust in der modernen Zivilisation zunichte macht. Sie nehmen das Leben leicht.

»Viele Hände machen die Arbeit leicht«, sagen die Shakers, und fügen hinzu, sie brauchten die Arbeit nicht mühselig zu machen, um ihren Unterhalt zu gewinnen.

Die Kommunisten von Oneida hatten eine kurze Arbeitszeit und widmeten der Ruhe und Erholung viel Zeit; die Kommunisten von Amana räumten ein, daß ein Lohnarbeiter so viel Arbeit in einem Tage verrichtete, wie ein Mitglied der Gemeinde in zweien.

Die Kommunisten beobachteten auch in der Regel die rationellen Vorschriften der Hygiene sehr genau, waren Muster von Reinlichkeit und fast ohne Ausnahme von sehr mäßiger Lebensweise, obwohl die deutschen Kommunisten gutes Bier und Wein, besonders zur Erntezeit, nicht verschmähten.

Entgegen der allgemeinen Anschauung war das Leben in den kommunistischen Gesellschaften im großen und ganzen nicht eintönig. Die Kommunisten bemühten sich, soviel Abwechslung als möglich in ihre Gewohnheiten und Beschäftigungen zu bringen. Die Harmonisten, Perfektionisten, Ikarier und Shakers wechselten alle ihren Wohnsitz zu wiederholtenmalen. Nordhoff sagt von der Oneidagemeinde: »Sie scheinen eine geradezu fanatische Furcht vor der Schablone zu haben. Daher wechseln sie häufig ihre Beschäftigung, ändern mit großer Sorgfalt die Ordnung bei ihren abendlichen Versammlungen und Vergnügungen und haben sogar die Stunden ihrer Mahlzeiten verschoben.« Bei den fourieristischen Phalangen war der Wechsel in der Beschäftigung ein Hauptgrundsatz, und dasselbe gilt von fast allen anderen Gemeinden.

Sie waren heiter und fröhlich in ihrer eigenen stillen Art. Krankheit war selten unter ihnen, und soviel man weiß, ist kein einziger Fall von Wahnsinn oder Selbstmord unter ihnen vorgekommen.

Unter solchen Umständen ist es nicht weiter verwunderlich, daß die Kommunisten die langlebigsten Leute in den Vereinigten Staaten waren.

Unter den Mitgliedern der Amanagemeinde gab es vor kurzem zwei Personen über neunzig Jahre und ungefähr fünfundzwanzig zwischen achtzig und neunzig. Die meisten Harmonisten lebten in die Siebenzig und länger. Bei den Shakers ist neunzig kein ungewöhnliches Alter. Die Zoariten hatten im Jahre 1877 in ihren Reihen ein Mitglied im Alter von fünfundneunzig Jahren und eine Frau von dreiundneunzig, die beide freiwillig weiter arbeiteten, und viele Mitglieder über fünfundsiebzig; und in Oneida lebten viele Mitglieder mehr als achtzig Jahre. Von den Gründern und Führern der Gemeinden erreichte Rapp ein Alter von neunzig Jahren; Bäumeler und Noyes fünfundsiebzig Jahre und Marchand, einer der Führer der Ikarier, ist noch jetzt im Alter von siebenundachtzig Jahren in voller Kraft und tätig.

Das Leben in der Gemeinde scheint von ebenso wohltätigem Einfluß auf die moralische und geistige wie auf die physische Entwicklung der Kommunisten gewesen zu sein. Die Gemeinde von Amana, die aus sieben verschiedenen Dörfern mit einer zeitweiligen Bevölkerung von mehr als 2000 Personen bestand, hatte niemals einen Advokaten in ihrer Mitte. Diese Gemeinde, wie auch Bethel, Aurora, die Phalanx von Wisconsin, Brook Farm und viele andere Gemeinden erklärten voll Stolz, daß nie ein Prozeß gegen ihre Gemeinden oder unter ihren Mitgliedern angestrengt worden sei.

Ihre Buchhaltung war in der Regel von sehr primitiver Art. Sie forderten keine Kaution von ihren Verwaltungsbeamten, und doch gab es keine Fälle von Unterschleif oder unehrlicher Verwaltung im Amte.

»Die Kommunisten sind ehrlich«, sagt Nordhoff, »sie legen Wert auf gründliche und gute Arbeit, und tun sich etwas auf den Ruf zugute, den sie wegen ihrer Ehrlichkeit und Redlichkeit im Geschäftsverkehr genießen. Ihre Nachbarn sprechen in dieser Beziehung nur Gutes von ihnen.«

Sie waren auch bekannt wegen ihrer Gastfreundschaft, Gutherzigkeit und Hilfsbereitschaft gegen alle, die sie um Beistand ansprachen.

Schließlich muß hervorgehoben werden, daß die Kommunisten ohne Ausnahme auf die Erziehung ihrer Kinder und ihre eigene Ausbildung viel Aufmerksamkeit verwandten. Ihre Schulen waren in der Regel besser als die der Städte und Dörfer in der Nachbarschaft. Meist unterhielten sie Bibliotheken und Lesezimmer, hielten regelmäßig öffentliche Diskussionen ab, und waren höher gebildet und von feinerer Lebensart als andere Männer und Frauen in gleicher Lebensstellung.

Im ganzen hat sich die kommunistische Lebensweise für die körperliche, sittliche und geistige Entwicklung der Menschen geeigneter erwiesen als das individualistische Regime.


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