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Alle diese hier angeführten Versuche und Erscheinungen bei Frau H. sprechen von einem bei ihr in der größten Intensität gewesenen und in dieser frei gewordenen Nervengeiste, dem sich auch alle die Eigenschaften und Kräfte, die in den Natursubstanzen liegen und unserm gewöhnlichen gebundenen Nervengeiste insensibel sind, öffneten, und durch ihr ganzes organisches System die den Eigenschaften korrespondierenden Erschütterungen hervorbrachten.
Der Zug gegen das Gefühlsleben, der bei frommen Seelen ohnedies die Richtung nach innen nimmt, war bei Frau H. aufs höchste gesteigert; der Geist strebte nach den inneren Kreisen, und daran mußte auch der Leib, vermöge des Nervengeistes, der auch mehr nach innen strebte, teilnehmen. Dadurch entstanden nun (was später aber noch dargetan werden wird) alle jene anscheinenden Wunder, die in obigen Abschnitten bezeichnet sind. Dabei mußte sich aber notwendig eine Unordnung im Nervensysteme erzeugen und eine Armut an organischer Kraft, welche Kraft sich durch stärkern Verbrauch im Gefühlsleben vermindert, was nun die eigentliche Krankheit der Frau H. war. Es entstand ein instinktartiges Bedürfnis, von andern zu borgen, was nicht selbst ersetzt werden konnte.
Die Bestrebungen dieses gleichsam nicht mehr dieser Erde und ihrer Atmosphäre angehörenden Geschöpfes, sich noch in diesem Erdenraume zu erhalten, die Heilversuche, konnten nur auf Auffinden von Bindemitteln des so lose gewordenen Nervengeistes und auf Ansichziehen eines aus den Dingen entlehnten Lebensstoffes gehen. »Luft- und Nervengeist andrer«, sagte Frau H., »bringen mir noch das Leben, von denen muß ich leben.« Hauptsächlich sog sie aus Augen und Fingerspitzen andrer, stärkerer Menschen, von diesen oft nicht gefühlt, auch oft sehr gefühlt, ein Pabulum vitae in sich. Gleiches erhielt sie durch magnetisches Einwirken, Handauflegen, wirkliches Magnetisieren usw.
Wie jedes Magnetische überhaupt, wurde aber auch sie in ihrem Innersten zur Anschauung der Naturverbindung und von Urtypen geführt, aus denen ihre Verordnungen hervorgingen.
Sie erkannte die Zahl Sieben als die für ihr Individuum gesetzte Zahl, und aus dieser gingen alle ihre Berechnungen, auch für das Heilverfahren, das sie für sich anordnete, hervor. Immer war die siebente Stunde des Tages für sie die bedeutungsvollste, daher fand auch in dieser nur ihr Schauen ins Innere, ihr magnetischer Schlaf statt. Die erfühlten Heilmittel, besonders Pflanzenstoffe, ließ sie sich immer in der Siebenzahl reichen. »Alles«, sagte sie, »ist für mich die Siebenzahl. Diese Zahl liegt in mir wie jene Sprache. Hätte ich die Zahl Drei, würde ich wohl eher gesund werden.«
Unter den Pflanzenstoffen spielten bei ihr eine hauptsächliche Rolle: die China, die Kamille, der Kalmus, der Thymian, die Calendula, die Pomeranze, der Lorbeer und vor allem das Johanniskraut (hypericum perforatum), als Amulett und als Aufguß, aber nur, wie alle diese Stoffe, in wenigen Tropfen, meistens in der Siebenzahl und zu ungeraden Stunden gereicht.
Schon im hohen Altertume war der Glaube an eine besonders magisch wirkende Kraft des Johanniskrautes bekannt. Paracelsus sagt von ihm: »Dieses Kraut und seine Tugend ist nicht zu beschreiben, wie hoch sie ist. Keine Arznei ist in allen Rezepten, die alle Zufälle so gut und ganz heilet, als diese Perforata.«
Auch Paracelsus wandte sie nicht nur innerlich, sondern auch zu Amuletten an, hauptsächlich gegen dämonische Einflüsse. Bei einem jungen Manne, der zur Melancholie geneigt war, und dem Frau H. im Schlafe dieses Kraut als Amulett und in starkem Aufgusse verordnete, erzeugte es einen besonderen Ausschlag, auf welchen völlige Genesung erfolgte.
Sehr oft waren die Heilansichten ihres Innern auch homöopathischer Art. Sie verordnete sich oft gegen Leiden in äußerst kleinen Dosen solche Mittel, die in stärkerer Gabe gerade diese Leiden bei ihr hervorgebracht hätten. Noch öfter waren ihre Mittel rein magisch, Wirkung des lebendigen Wortes, des Gebetes und der Amulette.
So verordnete sie sich einmal gegen heftiges Kopfweh im Schlafe folgendes:
»Drei Tage lang mußt du«, sprach sie zu mir, »jeden Morgen sieben Uhr und abends sieben Uhr, im Fall du es gern und im vollen Glauben tun kannst, das Vaterunser, ohne daß ich es weiß, vor mir stehend beten, und wenn du an die Worte kommst: ›sondern erlöse uns von dem Übel‹, so mußt du die Hand auf meine Stirne legen und dann langsam über sie herunterfahren. Ich liege alsdann halbwachend, und weiß es, bin ich erwacht, nicht mehr. Solche Mittel in vollem Glauben anwenden, das hat unendliche Kraft! Aber niemand soll es wissen. Unser Heiland sagte nicht, was er dachte, was er wollte, bis es vorüber war.«
Als ich zur bestimmten Stunde zu ihr kam, um das Gebet über ihr zu sprechen, lag sie schon mit zusammengefalteten Händen im magnetischen Halbschlaf. Als einmal die Stunde beinahe vergessen wurde, sagte sie halbwach: »Wäre dies geschehen, so hätte ich Krämpfe erhalten, die bis zur Wiedererscheinung jener Stunde gedauert hätten.« Ihre Schmerzen wichen aber hierauf gänzlich.
Nicht sowohl zu ihrer als hauptsächlich auch zur Heilung andrer bediente sich die Seherin sehr oft der magischen Einwirkung von Amuletten.
Sie gebrauchte hierzu zwar auch hie und da vegetabilische Substanzen, namentlich das Johanniskraut, den Asant usw., gemeiniglich aber das geschriebene Wort, und das hauptsächlich in ihrer Sprache des Innern.
Dafür gingen ihr auch im Innern schwer näher zu bezeichnende magische Formeln auf, die dann durchaus nicht mehr in ihrem äußern Willen, ihrer Intelligenz, lagen, sondern mit einer tiefen Sympathie der Dinge und magischen Naturverbindung zusammenhingen, die nur in innerer magnetischer Anschauung liegt, und für die sich keine Worte finden.
»Der Mensch«, sagt Poiret, »hat das Wort nicht bloß zu dem Ende empfangen, um seinesgleichen seine Gedanken mitzuteilen. Er konnte ursprünglich die ganze sichtbare Welt durch die geheimnisreiche Kraft und Wirkung des Wortes beherrschen, als Wort und Sache noch eins und dasselbe waren. Es war bloß eine Erneuerung dieser ersten Natur der Menschen, wenn die Heiligen der alten Zeit so große Dinge taten, wenn, nachdem Adam anfänglich den Tieren die Namen gegeben hatte, die mit ihrem Wesen einerlei waren, Noah solche in die Arche zu sich rief, oder Mose dem Roten Meer gebot, sich voneinander zu teilen.«
Diese magischen Formeln der Seherin bestanden aus noch viel tiefer liegenden Wort- und Zahlzeichen, als ihre gewöhnliche Sprache des Innern, und kamen wahrscheinlich denjenigen, auch magischen Zahlzeichen nah, mit denen sie einmal den Tag ihres Todes unwillkürlich berechnete.
Diese magischen Wort- und Zahlzeichen nach eigenem Gutdünken zu geben, war ihr nicht möglich, sie enthielten Krankheiten und Heilung zugleich, und zu ihnen wurde ihr, gleichsam wie von einer inneren Mechanik, der sie nicht widerstehen konnte, nach innern Gesetzen, die Hand geführt.
Diesen ähnliche magische Zeichen finden wir auch in der alten Magie, wo sie wahrscheinlich aus gleichem innern Schauen hervorging. Man vergleiche die Pneumatologia occulta von Salamanca und Fausts Höllenzwang.
Die Seherin machte bei der Wahl der Amulette einen Unterschied zwischen Rücken und Herzgrube. Andre Zahl- und Schriftzeichen gebrauchte sie zu den Amuletten, die sie auf den Rücken, andre zu denen, die sie auf die Herzgrube hängen ließ. Bei Krankheiten, die mehr vom Gehirn und dem Rückenmark ausgingen, und wenn der Kranke mehr Gehirn- als Gefühlsleben hatte, ließ sie das Amulett auf den Rücken, ging die Krankheit mehr vom sympathischen System aus, so ließ sie das Amulett auf die Herzgrube hängen. Es könnte damit auch zusammenhängen, daß die Rückenseite des menschlichen Körpers wirklich mehr die solare (antimagnetische), die Vorderseite die tellurische (magnetische) Fläche des Menschen ist.
Wir sehen den Ursprung der Amulette und Talismane (letzteres ist selbst ein arabischer Name) wieder im Orient, der Wiege des Menschengeschlechtes.
Noch jetzt werden dort und auch bei uns unter dem Volke zu den sogenannten sympathischen (oder magischen, auch magnetischen) Heilungen, Kräuter und Wurzeln, mit oder ohne beschriebene Zettel, genommen, wo jene Vegetabilien gemeiniglich bei besonderem Stande der Gestirne und Zusammenkunft gewisser Planeten gesammelt werden; auch ist nicht gleichgültig, wer sie wählt und welche Hand das Amulett bereitet. Voller Glaube und kindliche Hingebung ist auch hier Bedingung, wie bei jedem magisch oder magnetisch wirkenden Mittel.
»Um magisch wirken zu können«, sagte Frau H., »dazu gehört der vollkommenste Glaube an das Unsichtbare. Diese Einwirkung ist eine Seelenkraft, die durch den Geist unterstützt wird. Es gibt aber auch ein andres magisches Einwirken, das nicht von dem Geist unterstützt wird, von dem ich schweige.«
Das letztere ist das Entgegengesetzte böser Art und kommt bei solchen Menschen vor, die sich, wie die Seherin sagt, den bösen Geistern unterwerfen. Das Evangelium redet vielfältig davon, aber die Vernünftlinge lachen darüber.
Was nun die Tatsachen betrifft, so sprechen sie alle für die Wirksamkeit der Amulette, welche die Seherin verordnete. Am auffallendsten sind aber die Tatsachen, welche in der zweiten Abteilung erzählt sind. Wenn ihr zweifelt, so gehet hin und prüfet; die Örter, die Personen, die es betrifft, und die Zeugen sind dort alle genannt.
Glaubet ihr aber nicht, wenn es von allen bezeugt ist, so würdet ihr auch nicht glauben, wenn ein Toter auferstünde und euch die Wahrheit bekräftigte.
Die magnetische Manipulation, die durch Frau H. wenigstens eine Zeitlang wieder so gehoben wurde, daß es schien, als sei durch diesen Einfluß wirklich stärkere Bindung ihres Nervengeistes bewirkt worden, gab dieselbe gemeiniglich selbst so an: zuerst sieben Striche mit den ausgereckten Fingern beider Hände, von der Stirngegend an rückwärts nach den Ohren und über die Seiten des Halses hinab (wodurch, wie sie sagte, auch auf das kleine Gehirn eingewirkt werde) über die Seiten der Brust bis an das Sonnengeflecht. Dann drei Striche von der Stirne über den Hals und die Arme bis an das Ende der Mittelfinger, und drei ebenso bis an die Knie. Alle mußten ohne Berührung des Körpers geschehen. Nach Umständen änderte sie Zahl und Weise der Striche, und meistens fanden sie nur bis ans Sonnengeflecht statt. Gegenstriche erweckten sie immer und waren ihr widrig. Ganz verkehrt und ihre Nerven wie verschränkend wirkten auf sie die Striche, die man mit gekreuzten Händen oder Fingern über sie machte, so daß die rechte Seite des Magnetisierenden auch ihre rechte, seine links auch ihre linke berührte, was auch für eine bestimmte Polarität der zwei verschiedenen Körperseiten spricht. Jedesmal, wenn sie in wirklichen magnetischen Schlaf verfiel, hatte sie ihre Arme auf der Bettdecke ausgestreckt und gekreuzt. Dann brachte sie dieselben gekreuzt über die Brust und betete leise. So auch betete sie am Ende des Schlafes mit auf der Brust gekreuzten Armen, wie man im Oriente betet. So viele magnetische Striche ihr anfangs des magnetischen Schlafes (der jedesmal abends sieben Uhr stattfand) gegeben wurden, so viele einzelne Schüttelungen gab es ihr vor dem Erwachen durch den ganzen Körper. Sie ließ sich immer durch einen Bergkrystall, den man ihr in die Hand gab, erwecken. Diesen legte sie, war sie im ganz schlafwachen Zustände, auf die Herzgrube; war sie nur im halbwachen Zustande, so ließ sie ihn nur in der Hand liegen, bis er ihr jene Erschütterungen gab.
Den gleichen magnetischen Einfluß, wie ich, hatte auch meine Frau auf sie, die in meiner Abwesenheit oft meine Stelle als Magnetiseur bei ihr vertrat. Sie schrieb diese gleiche Wirkung dem zu, daß meine Frau die gleiche Kraft, die von mir auf sie wirke, durch mich an sich habe.
Hielten sich mehrere Menschen an den Händen, von denen ich, ihr unbewußt, der letzte war, so mußten ihre Hände, Arme und dann der ganze Körper der Hand folgen, die sie als erste in der Reihe berührte. Trat ich aus der Verbindung, oder berührte sie diese Person allein, so war dies nicht der Fall.
Gleiche Folge aber mußte sie der ersten Hand leisten, wenn statt meiner meine Frau als letztes Glied, auch von ihr nicht gesehen, in die Kette trat.
Allein vermochte sowohl ich, als meine Frau, sie, wie gegen alle Gesetze der Schwerkraft, hielten wir unsre Finger an die ihrigen und war sie vorher sich nicht aufzurichten fähig, weit in die Höhe zu ziehen.
Als sie nach Verfluß des regelmäßigen Magnetisierens nicht mehr abends sieben Uhr für gewöhnlich schlief, dachte sie, wenn diese Stunde schlug, doch viel heller, obgleich, wie sie sagte, mit der Seele, und sprach auch leichter und besser als sonst.
Sie sagte in einer solchen Stunde: »Es ist mir nun ganz leicht, ich fühle von meinem Kopfe nichts, nur etwas von der Magengrube fühle ich, das aber nicht unangenehm ist. Periodisch fühle ich von Händen und Füßen gar nichts. Ich sehe mit geschlossenen Augen meine Finger und meine Hand, und würde ich nachdenken, so würde ich sehen, was ich wollte, aber ich fühle dieses Denken auf der Herzgrube und muß es gehen lassen. Es ist mir, als müsse ich zu jedem du sagen.« Sie aß Suppe mit geschlossenen Augen und sagte: »Ich finde mit dem Löffel alles auf dem Teller, was ich will, weiß wo es liegt, weiß aber nicht, ob ich es sehe oder ob ich es fühle, auch alle die andern Gegenstände weiß ich nicht, ob ich sie sehe oder fühle.« Sie beklagte sich oft, daß wenn sie außer dem Bette sei, sie auf einmal das Gefühl erhalte, als schlafe ihr Gehirn ein; sie fühle von dem Gehirn und dann bald auch vom ganzen Leibe nichts mehr, und es bleibe ihr nur noch ein Bewußtsein wie von der Herzgrube aus, sie könne deswegen nie lange auf sein.
Öffnete ich ihr im halbwachen Zustande durch ein paar Gegenstriche die Augenlider, so sah sie durchaus keinen Gegenstand als mich. Ihre Pupillen blieben ganz unbeweglich. Es war ihr ganz beängstigend, daß sie sonst keinen Gegenstand sah, sie sagte aber, sie wisse nicht, ob sie mich sehe oder fühle.
Erwachte sie aus magnetischem Schlaf und man sagte ihr sogleich, was sie in demselben gesprochen, so wirkte es auf sie sehr schädlich, und oft fiel sie dadurch wieder in magnetischen Schlaf. Als ich dies einmal getan hatte, wurde sie halbwach und schrieb auf ein Blatt:
»Mein Arzt, ich bitte dich,
Daß du, wenn ich erwache,
Mit mir doch nimmer also sprichst.
Die Ahnung meines Geistes
Ist wach in mir.
Dann denk' ich nach so lange,
Bis es mir gänzlich bange,
Ich such' etwas und find' es nicht,
Weil ich's nur hab' im halbschlafwachen Licht.«
Man sagte mir, daß ihr Bruder, mit dem sie in früherer Periode durch Handauflegen bei Krämpfen in magnetischen Rapport kam, sie durch das Wort: »Optinipoga«, das in ihrer innern Sprache »du mußt schlafen«, heißt, war sie wach, schlafend machen konnte. Ich versuchte es von da an öfters, und sie mußte darauf immer sogleich einschlafen. Dieses Wort, von jemand anderm zu ihr gesprochen, hatte nicht diese Wirkung. Auch mußte sie nicht schlafen, sagte ich dieses Wort zu ihr in gewöhnlicher Sprache. Sie sagte darüber: es wirke in jener Sprache magisch.
Um die Anziehung der magnetischen Kraft zu vermehren, trank Frau H. öfters einen Trank von Haselnußstaude.
Das Hauptbestreben des Innern der Frau H., um ihren Zustand zu bessern, ging immer, besonders sooft ein Gefäßleiden, ein fieberhafter Zustand sich einstellte, auf Hervorrufung heftiger Krämpfe, die dann immer eine wohltätige Krise verursachten und das Gefäßleiden hoben.
Dazu bediente sie sich oft heftiger Mittel. So verordnete sie sich einmal, als ein fieberhafter Zustand bei ihr eingetreten war, man solle ihr, sobald sie eine Stunde lang ohne Krampf sei, ihre Finger in einen halben Schoppen Essig tauchen, in dem drei Lorbeerblätter und ein Stahl sei, worauf jedesmal sich ein eine halbe Stunde langer Krampf einstellte. Dies mußte von morgens sieben Uhr bis abends sieben Uhr fortgesetzt werden. Sobald sie eine Minute lang den Finger in diesem Essig hatte, fühlte sie zuerst Krämpfe im Unterleib und Kreuz, nachher kam ein Druck im Kopf und dann Schlaf, und hierauf brachen jedesmal die fürchterlichsten allgemeinen Krämpfe aus. Das Fieber wich, aber der durch die Fingerspitzen eingesogene Essig teilte sich auch dem ganzen Körper mit, sie bekam Durchfall. Der Essig, sagte sie, wirkt auf mein Blut, der Stahl auf meine Nerven, und die Lorbeerblätter erhalten das Hellsehen.
Durch ein Versehen wurde am andern Tage mit dem Essig, in den sie die Finger gehalten hatte, geräuchert, ohne daß sie es wußte, und die allerfürchterlichsten Krämpfe brachen wieder an ihr aus.
Die Krämpfe brachen an ihr zu jeder Tageszeit, hauptsächlich aber vor der Stunde des magnetischen Schlafes aus, und dann waren sie magnetischer Art, sie hörte in ihnen nur mich sprechen. So fürchterlich sie auch oft waren, so daß sie gar keine Beschreibung zulassen (ihre Gesichtszüge wechselten oft in ihnen von denen der tiefsten Verzweiflung der Hölle bis zum höchsten Entzücken der Seligkeit), so dienten sie ihr immer zur Erleichterung. Je heftiger die Krämpfe vor dem magnetischen Schlafe waren, desto hellsehender wurde sie in ihm. Hauptsächlich in den magnetischen Krämpfen lag ein sichtbarer Rhythmus.
»Ein jeder Krampf«, sagte sie (und dies wird man weiter unten besser verstehen lernen), »hat seine eigene Berechnung, eine jede Bewegung hat ihre Zahl. Zieht sich der Krampf auf die Brust, so darf ich nur sieben Bewegungen machen, und der Krampf muß aufhören, oder ich muß mich selbst magnetisieren. Hab' ich ihn in dem Kopf, so darf ich dreimal sieben Bewegungen machen, und ist er im Arme, Fuß oder sonst geteilt in dem Körper, so darf ich siebenmal sieben Bewegungen machen. Sind aber die Bewegungen gemacht und der Krampf wird nicht gestillt, so muß ich mich selbst magnetisieren, bei einem Halskrampf fünfmal, bei einem Brustkrampf ebenso oft, bei einem Kopfkrampf dreimal. Es liegt in mir, ich muß es tun, ich weiß, daß ich es tue, halte es aber nur wie eine andre Bewegung im Krampfe für den Krampf.«
Gab sie sich, besonders in den Halskrämpfen, die sie sehr fürchtete, im halbwachen Zustand selbst magnetische Striche, was sie immer schwächte, so mußte ich ihr meistens so viel Striche, als sie sich gab, nachgeben.
»Auch die Krämpfe, die von meinem Kreuz ausgehen, muß man stillen«, sagte sie. »Sie durchlaufen vom Kreuze aus den Unterleib und kommen dann den Hals herauf in den Kopf, wo sie die Gehirnnerven schwächen. Die Krämpfe, die vom Magen ausgehen, schaden mir weniger, sie toben auch mehr aus. Die Nerven in meinem Kreuz, wo die Krämpfe stecken, sehe ich wie zusammengeschnürt. Sie werden immer mehr zusammengezogen, so entsteht Spannung, und dann kommt ein Krampf; es ist in diesen Nerven etwas, das sich auf ein Plätzchen hinzieht, es ist die Nervenkraft, aber nicht der Nervengeist. Wie kann sich diese auf einmal so auf ein Plätzchen absondern? Nur dieses Plätzchen ist noch im Nerven lebend, das übrige des Nerven ist wie abgestorben. Dieses Plätzchen ist zusammengeschrumpft und dicker als der übrige abgestorbene Nerv.«
Die Krämpfe wurden ihr gemeiniglich durch Auflegung der Hand auf Kopf und Herzgrube gestillt, entweder von mir oder meiner Frau, in unserer Abwesenheit durch ein magnetisiertes Tuch oder durch magnetisierten gelben Schwamm (Zunder). Durch einen Ton mit meiner Mundharmonika war ich auch fähig, ihr augenblicklich die furchtbarsten Krämpfe zu stillen, aber sie kam hierauf in halbwachen Zustand, aus dem sie dann erst durch Bergkrystall erweckt werden mußte. Dies konnte auch vermittelst Berührung mit einer Haselnußstaude geschehen, sie verfiel aber auch hier aus dem Krampf in halbwachen Zustand. Auch mit Schwerspat konnte man ihr, wenigstens partiell, krampfhafte Verkrümmungen der Glieder heben.