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Wenn in früheren Zeiten böhmische Wallfahrer ins Bayerische kamen, da lief in Stadt und Dorf alles herbei. Der Betvater suchte schnell seine Sänger zusammen, und die Pilger gaben den Zuhörern ein Lied zum Besten; die bayerischen Kreuzscharen konnten nämlich nicht singen, die schrien ein ums andere Mal: »Heilig, heilig, heilig ist der Herr Gott Sabaoth, Himmel und Erde sind seiner Herrlichkeit voll.« Sonst aber wünschte man die böhmischen Wallfahrer überall zum Teufel, denn in Böhmen – der bayerische Kardinal Faulhaber hat vor einigen Jahren auf dem Münchener Katholikentag die Geschichte erzählt – steht in einer Kirche der Moses auf dem Altar und hat seine zwei Gesetztafeln in der Hand und deutet mit dem Finger auf Nummer sieben der Gesetztafel.
Als »Böhm« bezeichneten die Bayern nicht nur die tschechischen Wallfahrer, die oft weit aus dem inneren Böhmen zur Passauer Muttergottes »Maria Hilf« pilgerten, sondern auch die »Passaugänger« aus den deutschen Grenzdörfern Böhmens, welche besonders zu Pfingsten scharenweise nach Passau zur Firmung zogen, wobei nach alter Sitte die Paten ihren Firmlingen vorlogen, dass sie vor der Firmung die dicke Eisenkette auf dem Domplatze durchbeißen müssten. Wo also solche »Böhm« erschienen, da erfreuten sich die Bayern an dem schönen Gesang und riegelten Tür und Tor zu.
»Jetzt kommen die gelbhoseten Böhm', jetzt wird's regnend werden!« sagten die Passauer immer, wenn eine böhmische Kreuzschar singend und mit wehenden Fahnen in ihrer Stadt einzog. In dürren Jahren pilgerten nämlich Regenprozessionen aus Böhmen mit Vorliebe zur Passauer Muttergottes. Und wenn sich trotz den Bitten das Wetter nicht änderte, so schimpften die Pilger auf der Heimreise über die bayerischen Heiligen, die sie nicht verstanden hätten. Einmal soll eine heimkehrende Wallfahrerschar beim Sonnenschein gesungen haben:
»Heilige Mutter Anna,
du hast uns nit verstanna,
du hast uns ja überhört,
wir haben einen Regen begehrt!«
Ein anderes Mal wiederum überraschte statt des Regens gar schon der Schnee die Wallfahrer, die damals gesungen haben sollen:
»Heilig Mutter Anna,
du hast uns wieder nit verstanna,
wir haben dich bitt' um einen Regen
und du schickst uns ein Schneib entgegen!«
Mit Behagen erzählen die Passauer, dass böhmische Pilger einmal über ihren Domplatz zogen, vor dem Standbilde Max Josephs, der schirmend seine Hand hält, halt machten, auf die Knie niederfielen und wie die Zigeuner laut eine tschechische Litanei herunter gebetet hätten, da sie den bayerischen König für einen Heiligen hielten. Große Angst hatten vor böhmischen Kreuzscharen immer die Passauer Betbüchelkrämer, wie mir der liebe Bieringer aus seiner Lehrzeit beim alten Waldbauer einmal erzählt hat: wenn »Böhm« bei einem Stande eine Zeitlang stehen geblieben waren, so konnten die Lehrburschen nachher immer einen Haufen Schachteln zusammen tragen; die Betbücher waren nirgends mehr aufzufinden.
Der bayerische Volkswitz erzählt auch gerne, wie die böhmischen Wallfahrer in Gesprächen die Heiligennamen verdrehen: für Mariahimmelfahrt, Mariaheimsuchung oder Fronleichnam sagen sie angeblich »Mariasteigafhimmel« oder »Mariaforzafhimmel«, »Mariasuchsmihom« und »Frauleichmisafdnocht«.
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