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Der Bär Basilius Mummelpelz stand vor der Wohnung seines Vetters, des Kragenbären.
»Hieronymus Kragenpeter, bist du zu Hause?« fragte er und klopfte mit der Tatze an die Höhlenwandung.
Drinnen regte sich nichts. Nur ein schwaches Brummen war hörbar. Basilius Mummelpelz klopfte energischer. »Kragenpeter, bist du zu Hause? Hi-e-ronymus!« »Nein, ich bin nicht zu Hause«, sagte Hieronymus Kragenpeter aus der Tiefe der Höhle und grunzte unwillig, »du weißt doch, daß ich mich nach Tisch immer hinlege.«
»Hieronymus«, sagte Basilius Mummelpelz, »wenn ich dir sage, warum ich gekommen bin, wirst du gleich zu Hause sein.« Hieronymus Kragenpeter erschien in der Höhlenöffnung und verneigte sich viele Male. Das tun die Kragenbären, und es sieht sehr verbindlich aus. Hieronymus war aber gar nicht verbindlich; denn er murmelte was über die Störung und rieb sich mit den Tatzen den Schlaf aus den Augen. »Du – Hieronymus, ich habe ein Honignest entdeckt, ein süßes, heimliches Honignest.«
»Wo?« sagte Hieronymus Kragenpeter und trottete auf allen vieren los.
»Warte, warte, ich zeige es dir«, sagte Basilius Mummelpelz und beeilte sich nachzukommen. »Du läufst ja in die falsche Richtung. Du mußt woanders hinlaufen!« »Wo?« sagte Hieronymus Kragenpeter und kehrte eiligst wieder um.
»Du könntest statt ›Wo‹ auch mal ›Danke‹ sagen«, meinte Basilius Mummelpelz.«Siehst du, wie du zu Hause gewesen bist!« Basilius Mummelpelz und Hieronymus Kragenpeter trotteten nebeneinander her, emsig und mit einwärts gekehrten Füßen, wie fette Herren, die gern zu Tisch gehen.
Das Honignest war in einem hohlen Baum, der zwei kleine Astlöcher hatte. Es duftete ungemein lieblich darin. Basilius Mummelpelz grunzte vor Vergnügen. Hieronymus Kragenpeter gurgelte vor Wonne.
»Hier sind die beiden Löcher. Dies hier scheint größer zu sein«, sagte Basilius Mummelpelz.
»Wo?« sagte Hieronymus Kragenpeter und versuchte den Kopf hindurchzustecken. »Es geht nicht. Das Loch ist zu eng. Ich habe Kragenweite 113. Basilius, du mußt es versuchen. Aber iß den Honig nicht allein auf!«
Basilius Mummelpelz schüttelte den Kopf und brummte. »Ich habe Kragenweite 119«, sagte er ergeben.
Hieronymus Kragenpeter krabbelte mit der Tatze im Loch herum.
»Auch das geht nicht«, sagte er enttäuscht. »Ich habe Tatzennummer 14. Basilius, du mußt es versuchen.« »Ich habe Tatzennummer 16«, sagte Basilius Mummelpelz und sah erbost auf seine großen Pfoten.
»Basilius, man wird die Nase hineinstecken müssen«, sagte Hieronymus Kragenpeter. »Aber du mußt es zuerst versuchen. Du bist der Ältere.«
Basilius Mummelpelz stopfte seine Nase tief in das Astloch. Es duftete ungemein lieblich.
»Basilius«, sagte Hieronymus Kragenpeter, »was machst du für ein Gesicht? Du siehst nicht aus, als ob du Honig lecktest.«
Er bekam keine Antwort. Wie ein Geschoß fuhr die Nase des Basilius aus dem Astloch heraus. Ein Schwarm von wütenden Bienen umkreiste die beiden Vettern.
»Mein schöner Kragen«, jammerte Hieronymus Kragenpeter und schlug verzweifelt mit den Tatzen um sich. Basilius Mummelpelz nieste buchstäblich Bienen. Es war ungeheuer störend. Denn eine Biene im Nasenloch ist kein Gegenstand der Ruhe.
Zu Hause leckte Hieronymus Kragenpeter seinen Kragen und kämmte ihn mit den Krallen.
»Nun kann ich heute abend nicht zum Rendezvous gehen«, sagte er. »Die Sonne muß erst meinen Kragen bügeln. Meine Kleine gibt so viel auf gute Toilette.«
Basilius Mummelpelz kühlte seine Nase unaufhörlich in einer Wasserpfütze. Es waren zwingende innere Gründe dafür vorhanden.
»Ich wollte heute in den Biologischen Verein für Höhlenbärenforschung«, sagte er böse.
Beide ärgerten sich sehr. Einer ärgerte sich über den anderen.
Astlöcher sind nicht für fette Herren«, sagte Basilius Mummelpelz und sah Hieronymus Kragenpeter hämisch an. »Für die süßen heimlichen Honignester darf man keine plumpen Tatzen haben. Sonst geht's einem an den Kragen. Meinst du das nicht auch, Hieronymus?«
Andern geht es noch viel schlimmer«, sagte Hieronymus Kragenpeter. »Mancher steckt bloß die Nase in den Honig – und schon niest er Bienen!«