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Die drei Lieblingstöchter des Emirs von Afghanistan heißen Schalôme, Singâle, Lilâme. Ihre Gesichter sind wie Milch; Sklaven verscheuchen die Sonne vom Dach der Frauen wie einen lästigen Vogel. Um die Abendstunde wandeln die drei Emirstöchter unter Tamarisken und Maulbeerbäumen, oder sie werden in geschnitzten Sänften zum Zeitvertreib an Goldbasaren vorübergetragen; der Emir könnte reiche Schwiegersöhne gebrauchen. Er ist ein Vetter meiner Mutter, aber ich bin zum ersten Male an seinen Hof geladen. Wir Träumerinnen aus Bagdad haben von altersher schlimmen Einfluß gehabt auf die Töchter fremder Paläste. Wir schleifen einen bösen Stern hinter uns, meint mein Großoheim, und seine Edeltöchter weisen die gläsernen Spielereien zurück, die ich ihnen mitbrachte. Aber ich weiß mich zu rächen. »Wo ist euer Oheim, Schalômesingâlelilâme?« Denn sie schämen sich seiner Verkommenheit; ein Flecken klebt er auf dem milchweißen Hals ihrer Mutter, der Emirsgattin. Die alte Sklavin meldet ihr vertraulich, daß der Fakir wieder auf dem Hofe stehe; ob sie ihren Bruder dudeln höre? Aus seinem Schlangensack kriecht eine junge Viper, schleichender Schleim um seinen schmutzigen Oberkörper. Aber Singâle wirft ihm einen Königinnentropfen, ein kleines Ehrengoldstück, mit dem Kopfe ihrer Mutter geprägt, in den Schuh, den sich der bettelnde Oheim von seinem eitrigen Fuß gezogen hat. Singâle ärgert gerne ihre Mutter, sie hat ihre altsyrische Nase geerbt, die schon einen der jüdischen Stämme verunglimpfte. Beschnüffeltes, übergelassenes Futter, setzt man dem dudelnden Fakir in einem irdenen Becken der Hunde vor. Manchmal übernachtet er gesättigt zwischen den Säulen des Haremshofes auf seinem lebendigen Sack, dessen Schlangen aufständig werden, sich zu einem Hügel bäumen, um von der Last ihres Schläfers wieder einzusinken in nachgiebiges Dehnen. Schalôme steht am Fenster im Mond, wie auf rundem Goldgrund. Und ihre Schwestern fallen: angerufene Schlafwandlerinnen in ihre Kissen zurück. Der Geruch, der aus den Poren des Fakirs dringt, weckt das Blut auf, wie die pochende Beere, das verbotene Getränk des Korans. Die Eingeweide der Jünglinge quälen sich und die Töchter der Stadt nippen heimlich an seinem Geruch; ihre Leiber gehen auf wie braune und gelbe Rosen. Lilâme, die zweite Tochter des Emirs von Afghanistan, trägt seit Monden in ihrem Schoß ein atmendes Spielzeug, der türkische Prinz vergaß heute seinen Turban unter dem Lebensbaum im Frauengarten. Und Singâle liebt Hascha-Nid, der ist der Sohn des Chân, des Weißbarts eines wilden Stammes; seine Haut schimmert in süßerlei Farben. Aber seine Tracht ist herb, er vergißt jeden Schmuck anzulegen, wie es sonst Sitte ist beim Kriegstanz oder bei den Zeremonien ihrer Götzenfeste. Ich habe meine Augen, seitdem Singâle ihn mir gezeigt hat, noch nicht geschlossen. Immer starren sie herüber über die Zuckerfelder weiter nach der Richtung der wilden Waffengesänge. Und ich erschrak, als ich beim Schminken in meinem Spiegel den Fakir sah; er saß auf der Mauer des Hofes und küßte seine Schlangen. Die eine, die sich ihm wild ergab, steckte er zur Hälfte in seinen grauen, kriechenden Mund. Seitdem blicke ich mich in der Nacht ängstlich zu den drei Schwestern um, ob sie mein Brüllen nicht erschrecke. Manchmal schreit Schalôme auf; Lilâme tändelt mit ihrem Kissen, das ist silbern, wie der Turban des Prinzen. Und Singâle blickt eifersüchtig auf meine Lippen, sie stehen krampfhaft geöffnet. Ich höre die wilden Kriegsweiber heulen – Hascha-Nid, der Sohn des Chân, liegt im Sterben. Über die Abendwege der lächelnden Pflanzungen schlängelt sich der Fakir, er soll ein Wunder verrichten an des Weißbarts Sohn. Schalôme steht am Fenster im Mond, sie streichelt sanft meine Haare, der Wind reißt sie aus ihren Händen und weht sie über die süßen Äcker. Ich möchte ihre Hände küssen, aber meine Lippen färbt noch ein Tropfen Blut meiner nächtlichen Speise. Immer warte ich zwischen den hohen Rohren und halte seine Glieder in meinem Rachen versteckt, und bald feiert Schalôme Hochzeit; eine Karawane von indischen Elefanten bringt ihre Geschenke, und auf dem Rüssel des Riesen sitzt der Gekrönte, der sie holen wird in sein Haus. »Schalôme, wie träumst du von ihm in der Nacht?« »Immer kommen die Schlangen meines Oheims und erwürgen meinen Traum.« Und wenn Lilâme den Oheim gewahrt, versteckt sie ängstlich ihr weißes, aufgeblühtes Paradies unter den Lebensbäumen. Nur Singâlens wolkige Seide hebt sich von ihren weißen Hängen, der sterbende Häuptlingssohn aber verschmäht ihre gesprenkelten rosa Nelken. Ich darf nicht mehr im selben Gemach mit Schalôme, Singâle, Lilâme schlafen; meine Großtante, die Emirsgattin, hat mein Freudengebrüll gehört. Schalômes sanfte Hände zittern, sie lassen alles auf den Teppich fallen, was sie ergreifen, sie hat den Veitstanz. Jeden Abend dudelt der Fakir auf dem Hof. Schalômens Mienen tanzen nach seinen Tönen. Ich irre, nur von Spinnengeweben der alten Wände behangen, durch die Erdgewölbe des Palastes. Von dort, erzählt mir Singâle, entkommt ihr Prinz. Und ich habe über mein Kinn einen glühenden Streif gezogen, mein Spiegel dudelte dazu Hochzeitsmusik. Auch trage ich die langen goldenen Ohrgehänge, die mir Schalôme geschenkt hat. Die Schwestern sagen, ich habe einen goldenen Körper, und sie wollen die verschüchterte Sonne wieder anlocken. Hascha-Nid hat auch einen goldenen Körper, wenn wir uns kreuzten, würden wir ein goldener Palmenbaum sein. Ich bin müde, ich möchte mich begraben lassen, wie der verkommene Oheim es tut, einige Male im Jahre. Der Vater der Würmer sehnt sich nach seiner Erde zurück. Dann atmet die Emirsgattin bis zum anderen Ende der Ufer auf, und ihr Atem hält das Flüstern der jungen Lippen an, und bringt Nüchternheit über die Söhne und Töchter der Stadt. Ich stolpere über aufgeworfene Erde und greife in ein bereitgehaltenes Grab. Kleine, blitzende Gerätschaften liegen auf dem geöffneten Erddeckel, die dienen zur Ablösung des Häutchens, das die Zunge mit dem Unterkiefer verbindet. Ich sah es im Spiegel: man steckte sie ihm zum Luftabschluß wie einen Pfropfen in den Schlund. Ich muß so traurig summen: Schalôme kriecht ihm nach ins Grab. Und kann mich gar nicht mehr finden. Der Streif über meinem Kinn zieht sich durch meinen ganzen Körper, teilt ihn in zwei Hälften. Hascha-Nid ist tot? Ich höre die wilden Weiber wie Besessene toben, ihre Stimmen vermehren sich ungeheuerlich, im wuchernden Widerhall des Gewölbes. Ich wollte, mein Vater wäre da, ich schwebte auf seinem langen Bart in den Palast zurück in Schalômes Schoß, der wiegt sich wie eine tanzende Schlange. Und ihre ruhelosen, sanften Hände kriechen über den Staub der Böden. Unser Gemach mit den vier seidenen Kissen dudelt und ist angefüllt von lockenden Narden des Fakirs. Schalôme erhebt sich eine Stunde vor Mitternacht und lächelt wieder im Mond. Dann sah die alte Sklavin sie über die letzten Stufen der Haremstreppe schnellen. Ich schneide meine Adern auf mit meinen gläsernen Spielereien. Der Palast ist taubstumm, Lilâme und Singâle sind zwei alte Götzenbilder. Der Emir von Afghanistan läßt alle Wälle in den Gegenden der Stadt aufgraben. Leichen liegen ihrer Erdhemden entblößt auf den Steinen des Friedhofs. Die Luft ist schauerlich. Unter den Wassern des Flusses schaufeln die Taucher. Manchmal streift mich forschend des Emirs Blick. Wir Mädchen aus Bagdad schleifen einen bösen Stern hinter uns; aber ich werde Schalôme nicht verraten; und ich wollte, mein Vater wäre da, sein langer Bart wehte der Gassenmäuler leichtfertige Melodie aus der Stadt. Ich habe sie an ihrem dunkelbereiteten Palast schwermütig erdacht . . . Schalôme kriecht ihm nach ins Grab.