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Nun denkt euch eine junge Erle, Noch mailich, Duft in Duft gemalt, Und in den Zweigen eine Merle, Vom letzten Abendlicht umstrahlt; Nun denkt euch, daß die Merle sänge Und, wie ein Rothschild Gut und Geld, Verschwend'risch ihre goldnen Klänge Verstreute durch die weite Welt. So ähnlich und nach seiner Weise, Verliebt wie zuckersüßer Brei, So flötete, bald laut, bald leise, Der Amtsgerichtsrat Num'ro zwei. Er schluchzte zärtlich wie 'ne Laute, Und Tränen fand er, gut gemeint, Wie Siegwart sie um seine Traute Vor Zeit ins Kirchhofgras geweint. Die Weste weit, der Kragen luftig, Der Anzug flott, noch kaum gebraucht, Das Antlitz pfirsichblütenduftig, Doch ganz in herben Schmerz getaucht, So stand er voller Pein und Plage, Der Themis vielbegehrter Sohn, Und fand mit seinem Zungenschlage Das rechte Wort, den rechten Ton: »Ihr kennt mein Weib, die gute Seele, Die, abhold jedem Flitz und Flirt, Doch gleich der zarten Philomele Zu Hause nur um Liebe girrt. Wir haben Treue uns geschworen, Beseligt, Brust an Brust geschmiegt; Ein Söhnchen hat sie mir geboren Und dieses Söhnchen treu gewiegt. Der Liebe wechselndes Theater, Wir fanden's schön bei Tag und Nacht; Doch quälte mich ein böser Kater, Sie hat Kompressen mir gemacht. Des Morgens schon, im schmucken Häubchen, Sie fragte mich, die gute Fee: ›Willst du zum Mittagstisch ein Täubchen, Wenn nicht, dann Hühnerfrikassee?‹ Und sah sie ein, es waren Nieten, Dann wußte sie gleich andern Rat: ›Vielleicht kann ich dir Spargel bieten, Vielleicht auch Selleriesalat?‹ So wie ein Quell sich lieblich kräuselt Durchs Wiesenland mit leichtem Sinn, So ging uns, morgenfrisch umsäuselt, Das Leben zephirleicht dahin. Und abends, wenn uns schön gemundet Gebacknes Spiegelei mit Speck, Ihr Mündchen sprach dann spitzgerundet: ›Nun komm ins Bettchen, Hubaleck!‹ So sorgte sie für Bett und Kammer, Für Kind und Keller, Hof und Haus, Und glücklich schlief ich meinen Jammer Noch von dem letzten Frühtrunk aus. Doch heute . . .« Plötzlich ward die Nase Wie Mehl so weiß und leer von Blut; Er griff nach seinem Moselglase Und trank sich wieder frischen Mut. »Doch heute nichts als Übeltaten! Der Himmel dünkt mich trüb und grau; Mein treues Weib hab' ich verraten . . . O jerum, meine arme Frau! Denn sieh, es kam ein loser Spender Mit seinem zarten Drum und Dran; Es zeigte lustig der Kalender Den elften im November an – Den Tag der Freude, des Verderbens, Den Tag der Gänsemelodien, Den Tag des großen Gänsesterbens, Den Tag des heiligen Martin. In hohen Lüften, welch ein Flattern, Welch wechselnd Spiel, vom Licht umblaut! In allen Höfen, welch ein Schnattern, Welch kläglicher Trompetenlaut! In allen Gattern, allen Ställen Dahin die sonstgewohnte Ruh; Es strömten ganze Gänsewellen Dem blankgewetzten Messer zu. Und sie, die feinste unter allen, Jungfräulich bis zum weißen Schwanz, Vor Gott und Mensch ein Wohlgefallen, Kurzum, die allerschönste Gans, Sie flog der trefflichen Susanne Direkt ins küchliche Revier, Und schnell bei Brixius in die Pfanne Versenkte sich das Wundertier. Und ich, und ich! – o dies Dilemma! Ich schwankte wie ein Rohr im Ried, Dieweil schon unsre brave Emma Auf eignem Herd ein Gänschen briet. O Gott, o Gott! – hier heiße Zähren, Ein häuslich Glück noch überdies, Und drüben Helden, lobebären, Und wetterfeste Kneipgenies. Was tun, spricht Zeus?! – Hier tiefer Friede, Dort schwere Kneiperei zumeist . . .! Doch wie der göttliche Pelide Sich von Brisëis losgeeist, Wie Hektor sich von seinem milden, Betränten Weibe fortgemacht Und auf trojanischen Gefilden Sich warf ins Kampfgewühl der Schlacht, So, zärtlich zwar und äußerst gütig, Doch jeder Regung bar und bloß, So riß auch ich mich stammtischwütig Von meiner bessern Hälfte los. Nahm Abschied dann getrosten Mutes, Obgleich sie wehrte Gruß und Kuß, Und pendelte verquerten Hutes Ins Stammlokal zu Brixius. So bin ich hier, zwar etwas bänglich, Die Stimmung leichtbewölkt und grau, Und meine Seele seufzt verfänglich: O jerum, meine arme Frau!« »Was Weib und Kind, was schmerzlich Regen?! Und als er dann in voller Würde |