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Als sie sich wiedersahen, alle drei, Balrich, Hans Buck und Leni, war es schon Herbst und regnete wieder. Die beiden jungen Leute kamen von Klinkorum und begegneten dem Mädchen hinter A und B vor einer großen Pfütze. Sie stand drüben und suchte einen Umweg. Hans Buck fragte sich: »Wo war sie denn dort drüben, während die Pfütze entstand?« Balrich dachte: »Mit dem Techniker, dort, wo ich früher mit Thilde.«
Da stieg Hans Buck entschlossen in die Pfütze. Am anderen Ufer sagte er etwas, das »Erlauben Sie« heißen sollte, und nur ein Zähneknirschen war, – worauf er Leni umwarf und sie auf seine beiden Arme legte. Er trug sie, beträchtlich schwankend, bis mitten in die große Pfütze; dort mußten schon seine Knie sie stützen, sie entglitt ihm und kreischte. Dennoch beugte er sich bis auf ihren Mund und küßte ihn. Dies vollbracht, fand er die Kraft, sie auf das Trockene zu setzen.
Dort stand Balrich unschlüssig und die Brauen gefaltet. Hans Buck ordnete dem Mädchen das Tuch über den Schultern und dem schönen Haar. Dabei sagte er:
»Was nimmst du mir übel? Ich muß nicht wissen, daß Fräulein Leni deine Schwester ist. Du hast es mir nie gesagt.«
Leni lachte verlegen, und Hans Buck, scherzhaft aber auch verlegen, setzte hinzu:
»Falscher Freund du!«
Balrich, bestürzt und finster, wollte überlegen: dann haben sie inzwischen sich gesehen? Da bemerkte er, daß man Zeugen hatte. Thilde, die ewige Spionin, verschwand hinter dem Haus, hervor aber traten munter zwei junge Herren in Sportdreß, Heßlings, die Vettern Bucks. Achtzehn- und siebzehnjährig auf langen Gamaschenbeinen kamen sie herbei, grüßten eckig wie fertige Kavaliere, und der Leni, die alles gewandt entgegennahm, küßten sie die Hand. Wann sie wieder zum Tanz gehe nach Beutendorf, – und sie nahmen sie in die Mitte. Ihr Bruder, der mit Hans, beide stumm, folgte, fühlte wohl, das Betragen Lenis war zurückhaltend und dennoch vielsagend. Sie wußte nicht, daß er kämpfte für sie – gegen jene. Große Bitterkeit, schweigen zu müssen! … Aber das Bürschlein, das es wußte, empfand es nicht Scham? Wohl, es ließ den Kopf hängen.
Die Kavaliere riefen ihrem Vetter zu, er möge sich beeilen, jeden Augenblick fahre das Auto vor. Es kam die Straße herab. Als alle die Wiese überschritten hatten, hielt es, zwanzig Schritte von ihnen. Die drei jungen Herren verabschiedeten sich ohne Umstände, stiegen ein zu den Damen Heßling und Buck, die Federn in der Frisur trugen, und fort, keiner sah sich um.
Die Geschwister standen noch immer. Karl Balrich, beklommen, fragte endlich seine Schwester: »Was denkst du dir nun?«
Leni antwortete:
»Sie hatten Reiher, solche findest du nicht noch einmal,« – und wendete sich zum Gehen. Da er kein Glied rührte und brütend aussah, fragte sie eingeschüchtert: »Was hast du?«
Er fuhr auf; aber anstatt sie anzufahren, wie sie es befürchtete, lächelte er mit seliger Güte – und sagte:
»Leni, du selbst sollst solche Reiherfedern haben! Und Kleider, Automobil, eine Villa. Die Villa Höhe!«
Da lächelte sie wie er, selbstvergessenes Lächeln, an der Landstraße, im Regen.
Ihr ward es kalt, sie machte kehrt und murmelte: »Du bist verrückt.«
»Nein. Ich arbeite, bis du es hast,« sagte er fest. Sie sagte mit Wehmut:
»Dabei kann ich achtzig Jahre alt werden. Von deinem Lohn!«
Er neigte sich zu ihr:
»Du sollst etwas wissen, Leni, was ich den anderen nicht sage. Komm'!«
An der Hand führte er sie bis in sein Zimmer. Er zog aus dem Tisch die Lade mit den Büchern. Sie untersuchte alles.
»Das lernst du des Nachts? Davon hast du jetzt rote Augen. Und wenn du es weißt, bekommst du Geld?«
Er erklärte ihr, daß er arbeite, damit er fähig werde, für sein Recht zu kämpfen, für ihres. Sie suchte alles zu begreifen.
»Zwei Jahre, bis du dies hier weißt? Sechs Jahre, bis du Rechtsanwalt bist? Acht Jahre oder auch zehn, bevor du genug verdient hast, um den Prozeß gegen Heßling zu führen … Danke, dann ist meine beste Zeit vorbei.«
»Dann kommt das Leben in Villa Höhe!«
»Du glaubst, sie werden einfach ausziehen und uns hineinlassen? So sehen sie nicht aus.«
»Sie werden müssen,« behauptete er erregt. »Sie wohnen dort unrechtmäßig.«
»Darum helfen ihnen alle die anderen, die ihr Geld auch nicht rechtmäßiger haben.«
Balrich verstummte. Woher kam es, daß Leni, achtzehnjährig, Zweifel hatte wie der dicke Herr Buck, und die Welt schon durchschaute?
Da sie ihn enttäuscht sah, sagte sie:
»Es wäre schön, und du meinst es gut. Aber ich kenne vielleicht einen kürzeren Weg.«
Er sah sie an; den kannte auch er; aber der ging durch einen Traum. Der Weg, daß Hans Buck, wenn er erwachsen war, Leni zu seiner Frau nahm. Er liebte sie und war ein gutes Bürschlein. Aber Leni, die an den Sieg der Arbeit und des Rechtes nicht glaubte, sollte glauben können an ein so viel bedrohtes Glück? … Dann meinte sie wohl gar etwas anderes? Er fragte dringend:
»Willst du deinen Techniker nicht mehr heiraten?«
Sofort machte sie, mit Schultern und Lippen, das Zeichen des Wegwerfens. Und er, einen Schritt nähertretend:
»Was dann.«
Da erschrak sie und beschwichtigte. »Du kennst mich doch, so dumm bin ich nicht. Wir wollen nach Villa Höhe.«
»Leni,« sagte er, noch drohend, aber so traurig: »Vor dem Techniker schäme ich mich nicht. Vor den Herren von Villa Höhe würde ich mich schämen müssen.«
Sie war auf einmal außer sich. Tränen stürzten über ihr Gesicht, sie rang die Hände und klagte.
»Denke doch nur das nicht, lieber Karl! Blind will ich werden, wenn ich das tue! Und ich glaube auch, daß du gewinnst und uns reich machst. Bei Gott, ich glaube es.«
Sie umschlang ihn heftig, auf sein Gesicht, das noch starr blieb, drückte sie ihre Lippen. Da bekam es Leben, öffnete sich, strahlte.
»Verlaß dich auf mich!« Er drückte ihr die Hand, immer wieder. »Verlaß dich auf mich!
So ging sie, und er setzte sich an seinen Tisch.
Dort saß er alle Winternächte. Die Arbeit getan in der Fabrik, erfrischte ihn diese andere. Er ward hellhörig in der vereisten Weite der Felder vor seinem Fenster. Kein Geräusch des ungeheuren Hauses nahm ihn mehr in Anspruch, nur aus dem kleinen Buch hier drang zu ihm eine Stimme, seine eigene. Er lernte nicht mehr, den Kopf in die Hände gebohrt, das Wissen Fremder. Ihm schien es, er selbst, von einem zum andern, erfinde und denke weiter. Sein Kopf befreite sich; und endlich als einziger wachend, empfand er manchmal mit aufsteigendem Jubel das Werden der Kraft.
Der Professor prüfte ihn nur mehr wöchentlich. Inzwischen sah er Hans Buck, immer ihn. Das Bürschlein wehte herein – atemloser als sonst, war morgen ein Heft abzuliefern. In letzter Stunde, früh fünf Uhr, trieb ihn einst die Furcht her, und von dem Arbeiter, den er aus seinem kurzen Schlaf weckte, ließ er sich die Aufgabe machen.
»Weißt du, wie ich das erstemal dir Vokabeln abhörte? Kein Jahr, und du hast mich eingeholt. Du wirst fertig sein, und ich noch immer ein armseliger Pennäler … Nein!«
Er stampfte auf.
»Das will ich nicht. Ich will heraus und Geld verdienen!«
»Auch du?«
»Bin ich umsonst dein Freund? … Warum kommst du nie nach Beutendorf zum Tanz? Ein einziges Mal doch! Du würdest sehen, daß ich dich ersetze bei deiner Schwester Leni. Niemand darf ihr zu nahe treten!« rief er kühn – und dann leichthin: »Was meine Vettern Heßling betrifft, verachte ich sie. Tue es auch! … Oder befürchtest du Böses von ihnen?« fragte er angstvoll.
Da Balrich ihn durchdringend ansah, bekam er das scheinheilige Gesicht, das seine hellen Züge ihm gaben, wenn er etwas Schlaues dachte.
»Auch mich haben deine Leute wohl verdächtigt bei dir? Mach dir nichts daraus! Über dich sagen sie bei uns, du läßt dich bezahlen – ich weiß nicht von wem und wofür.«
Der Arbeiter machte große Fäuste, da hüpfte das Bürschlein vor Freude, sprang hinter den Tisch und rief: »Siehst du?«
Dann freilich sagte es begütigend: »Was sie mir auch erzählen würden, dich kenne ich. Mir aber darfst du schon einiges Schlimme zutrauen.«
Es raffte sein Heft auf, und hinaus, mit einer langen Nase.
Draußen aber prallte Hans Buck gegen eine, die gehorcht hatte: Thilde. Sie zog ihn unter eine Lampe und fragte ihn ohne Scheu:
»Was tut er wieder! Ich muß es wissen.«
»Balrich?« fragte Hans Buck unvorbereitet. »Jetzt lernt er Griechisch.«
»Er ist verrückt!« schrie Thilde, daß es durch den Gang gellte. »Er schläft nicht mehr – keine Nacht, ich sehe es, denn auch ich kann nicht schlafen. Mit niemand spricht er, treibt Heimlichkeiten, und mich hat er angelogen. Er soll nur herauskommen! rief sie nach seiner Tür hin, »dann sag' ich es ihm.«
Da trat er hervor. Mehrere Frauen, treppauf, treppab, waren stehengeblieben, darunter die Polster. Sie erklärte den anderen:
»Thilde sagt es, wie es ist. Er hat ihr vorgeredet, er verbessert eine Maschine. Aber wir haben in seinem Zimmer nachgesehen.«
Er fuhr sie an, was ihr eingefallen sei; aber sie behauptete ihr Recht und das Recht Thildes.
»Wird einer verrückt, muß man nachsehen, was los ist;« – worin die Zeuginnen ihr beistimmten. Nur daß sie dafür hielten, es gebühre der Familie. »Dinkl muß Ordnung schaffen.«
»Nun gut,« sagte Balrich, »wir gehen zu Dinkl, Thilde und ich. Euch andere geht es nichts an.« Dies beruhigte die Weiber, nur die Polster war nicht loszuwerden. Balrich schämte sich wegen Hans. Die Aussprache mit der Familie, er sah es, war nicht länger hinauszuschieben; dazu brauchte man am Ende den Onkel Gellert. »Hans,« sagte er fordernd, »ich habe dir deine Arbeit gemacht, jetzt hole mir sofort den alten Gellert!«
Hans lief schon. Balrich, Thilde und die Polster bewegten sich, ohne einander anzureden, durch das Haus – lange Zeit immer über Treppen ohne Läufer, durch Korridore mit hundert Türen, sachlich wie in einem Spital, mit Fenstern, die nackt waren und in ihren Rahmen die kahle Winterfrühe hielten, unbeschönigt, wie das Leben der Armen. »Unser Leben!« dachte der Arbeiter Balrich, aufgestört aus seinem griechischen Lesestück.
Angelangt auf dem Absatz vor der Tür Dinkls, sah er sie offen, und heraus stürzte Malli.
»Ich gehe durch!« kreischte sie. »Das ist kein Leben;« – und überrannte die Polster, die sogleich mitkreischte. Balrich hielt Malli, aber sie rang wie sie konnte, und schrie, sie gehe durch. Als sie dann still war, hörte man drinnen Dinkl, der schalt, und die heulenden Kinder.
»Warum läßt du mich nicht durchgehen?« klagte Malli. Balrich zeigte ihr den kalten und dunklen Tag. Das sei immer noch besser, klagte sie. Er fragte drohend:
»Tut Dinkl dir etwas?«
Da hielt sie ihn flehend zurück.
»Er kann nichts dafür. Und die Kinder, die mich totquälen, auch nicht.«
»Dann komm', es soll besser werden,« sagte er und führte sie bei der Hand in das Zimmer. Dort saß Dinkl und prügelte. Am Boden eine verunreinigte Waschschüssel. »So fängt der Tag an,« sagte Dinkl; – und wie es einen Augenblick still ward, hörte man die glücklichen kleinen Laute des Säuglings, der auf der Kommode lag und die Ärmchen reckte.
Malli trug die Waschschüssel hinaus, worauf sie, unterstützt von der Polster, die Kinder reinigte und kämmte. Dinkl, durchaus nicht lustig nach dem Aufstehen, keifte seinen Schwager an.
»Der Herr Balrich; daß man auch einmal die Ehre hat! So ein Heimlicher! Hast Geld, wie? Verdienst es wohl, wie der Jauner?«
Balrich wollte losfahren, sagte indes:
»Bald sollst du einsehen, Dinkl, was für ein Dummkopf du bist.«
»Du aber,« keifte Dinkl, »spuckst Latein, wie ein Bourgeois, drum hast du die Thilde so hergerichtet, du Lump;« und er wies auf Thilde, die ihre Schürze vor dem Gesicht hatte.
»Onkel Gellert hat uns etwas gesteckt über dich.«
»Das soll er jetzt vertreten,« sagte Balrich laut nach der Tür hin, wo der alte Anstreicher sich zeigte. Er wollte sogleich wieder umkehren, aber Hans Buck, von hinten, stieß ihn in das Zimmer. Hierauf schnupperte der junge Reiche in die Luft; sie roch nur nach den vielen, soeben aus dem Bett gekommenen Leuten, nicht nach der, die er suchte. Dennoch trat Leni dahinten hervor aus ihrem Brettergelaß. Hans Buck, durch Dick und Dünn des Zimmers, war schon bei ihr.
Der alte Gellert wollte nichts wissen noch gesagt haben, er stellte sich taub. Plötzlich aber schrie er los, mit der ganzen Wut seiner noch unangegriffenen Nüchternheit.
»Es muß heraus,« schrie er. »Der da begaunert mich!«
Da Balrich ruhig blieb, nahm der Alte alle zu Zeugen seines Mutes.
»Jetzt soll er bekennen, jetzt steht er vor seinem Richter. Hab' ich dir, ja oder nein, einen Wink gegeben über einen alten Brief, worin steht, mir gehört Gausenfeld?«
Balrich lächelte dunkel.
»Du sollst dich wundern. Ich habe den Brief sogar herausbekommen, aber was du sagst, steht nicht darin.«
Da bekam der Alte den Tanz. Die Arme und die Beine werfend beschuldigte er seinen Neffen, den Brief verkauft und das Geld versteckt zu haben.
»Ich lauere ihm auf, und er drückt sich, oder er macht Redensarten.«
»Weil die Sache schwer zu sagen ist,« erklärte Balrich. »Der Brief aber ist hier;« – und er reichte ihn hin.
Sie lasen: Dinkl, der den Brief hielt, neben Gellert, der nach ihm griff, und Malli, auf dem Arm den Säugling, und Thilde, die Augen trocknend, und die Polster, die die Lippen bewegte, und das größte der Kinder auf einem Stuhl. Die anderen, samt den Polsterschen, standen und wunderten sich der tiefen Stille. In die Stille traten auf den Fußspitzen die beiden jungen Brüder Balrichs, ihnen folgte der alte Dinkl, der nicht mehr arbeitete, mit seinem Blechtopf, worin er sich den Kaffee holen wollte; und alle schlossen sich an den Haufen und lasen mit.
Balrich allein hörte das Flüstern hinter der Bretterwand und das leise Getrappel, wie Leni das Bürschlein hinausdrängte.
Dinkl war fertig, er fragte:
»Was soll uns das nun?«
»Damit werden wir alle reich werden,« sagte Balrich. Da lasen sie noch einmal, starr und feierlich.
Gellert unterbrach.
»Wenn er mein Recht verkauft hat? Was soll ich alter Mann noch machen.«
»Du bist ein alter Mann,« sagte Balrich fest und mit Nachsicht, »bist wehrlos, und ihr alle seid wehrlos. Darum habe ich mich daran gemacht und lerne. Ich will lernen, bis ich das Recht kann. Dann hole ich es mir.«
Er stand, das fahle Frühlicht auf seinem breiten Gesicht, und sie blinzelten alle und wollten begreifen. Gellert begann nochmals zu zetern.
»Was hilft mir dein Lernen, ich bin ein alter Mann und will Geld. Da, zähle mir mein Geld hin!«
Jetzt wies Dinkl ihn zur Ruhe. Dann schöpfte er Atem und sagte zu Balrich:
»Es kann wohl lange dauern, bis wir unser Recht bekommen. Wer weiß, ob wir es erleben. Aber unsere Kinder, sollen wenigstens die es besser haben?«
Balrich sah ihm in die Augen, und dann den übrigen, einem nach dem andern. Es dauerte lange und geschah schweigend; da hatte er mit ihnen seinen Pakt gemacht. Vom Arme Mallis hob er den Säugling und zeigte ihn ihnen.
»So wahr der wächst,« sagte er.
Eine Pause; dann hustete jemand, und alle nahmen ihre Sachen, um in die Fabrik zu gehen. Balrich ließ sie an sich vorüberziehen. Thilde kam und sagte ernst wie eine Nonne:
»Ich warte auf dich. Jetzt weiß ich, du kommst wieder.«
Die Polster, die zu Haus blieb, trieb die Kinder vor sich her. Ihren Bruder Dinkl fragte sie ängstlich, ob denn auch sie etwas bekommen werde. Das wisse man nicht, erwiderte Dinkl sachlich. »Wie die Rechtslage ist. Wenn du es nicht anders willst, müssen wir prozessieren.« Dann hörte Balrich Zwei noch reden, im Winkel hinten. Zuerst ein dringendes Geflüster, Hans.
»Ich weiß wohl, was du vorhast. Tu' es nicht, tu' es nicht! Dich liebt nur einer, und das bin ich.«
Das könne jeder sagen, antwortete Leni nichtachtend.
»Sagen! Aber tun? Auch ich sah in dir nur mein Vergnügen, ich war ein Verbrecher! Jetzt will ich für dich arbeiten, hinaus und verdienen für dich, gleich jetzt. Will sein wie ihr und immer nur arbeiten. Ich liebe nicht nur dich, sondern euch.«
Auf das flehendste:
»Du mußt doch hören, so sagt es dir nicht jeder.«
Jetzt bekam Leni eine Stimme, die Balrich nicht kannte, eine scharfe, entschlossene Stimme.
»Was nützt es. Es dauert zu lange. Es dauert auch so lange wie –«
Balrich erschrak; er begriff, was sie meinte, und schlich hinaus. Da ward von rückwärts seine Hand erfaßt, und bevor er verstand was geschah, lagen auf ihr ein Paar Lippen, und vor sich hingekrümmt sah er den grauen Haarknoten seiner Schwester Malli und ihren demütigen Rücken. Er richtete sie auf. »Heute muß ich nicht mehr beten,« sagte sie mit ihren grauen Lippen und stampfte eilig davon in ihren Männerschuhen und dem Rock, der gegen ihre knochigen Hüften schlug.
So ging auch er, die Stirn gesenkt, überladen zum erstenmal mit Verantwortung – und dennoch gestärkt durch sie. Er fühlte: Alle helfen jetzt mit, ich schaffe es. Auch sie wird glauben lernen.
Ohne daß er aufsah, verging der Winter. In einer Frühlingsnacht erst – ihm war es warm vom Lernen – er öffnete, halb entkleidet, das Fenster und lehnte sich hinaus, um Luft zu schöpfen einige Züge und dann weiter: da hörte er atmen – atmen ringsum aus den dünnen Mauern, den geöffneten Fenstern; und lauschend vernahm er dann auch Schelten, einen Aufschrei aus dem Traum, Gestöhn beim Sterben, und wieder das Winseln Eines, das zur Welt kam. Vor langer Zeit, er entsann sich, hatte er dies alles schon belauscht, nur der Sinn damals war anders. Nicht länger bedeutete dies Härte oder Trostlosigkeit; und litten sie oder schliefen, er, er wachte und besann.
Er spannte sich beglückt. Seine Leute, seine Gefährten, die Seinen. Arm mit ihm, und eines Tages durch ihn reich. Die schaukelnden Rosenkränze vor Villa Höhe! … Hier verdüsterte er sich und versank. Eine Zeit gab es, da hatte er nur an sich gedacht und an niemandes Recht als nur seins; hatte auf der Stelle Besitz ergreifen wollen und genießen. Sein Herz erinnerte ihn dann doch an Leni, das geliebteste der Wesen. Aber verdienten andere Wesen es weniger, geliebt, befreit, bereichert zu werden? Sie waren nicht alle gut, nicht alle fein. Feinheit und selbst Güte, meinte der Arbeiter, bringt ihnen erst das Geld. Sie waren oftmals böse miteinander, wie gegen sie die Reichen, die das Geld nur böse machte, meinte der Arbeiter. Alle durcheinander kämpften sie, weil sie litten; kämpften sich durch, unbekannt einem jeden, wohin. Mit ihrer Vernunft waren sie sich noch nie begegnet.
Die Vernunft aber spricht doch zu jedem, daß wir einer so viel Recht wie der andere haben. Uns allen sind die Produktionsmittel vorenthalten, wir sind enterbt und werden bewuchert an Leib und Leben. Wir sollen die Reichen enteignen, das Glück der Erde soll unser sein, nachdem unser ihr Elend war … Ja; aber auch wir werden zum Unrechttun verurteilt sein, denn wir stehen auf dem Unrecht. Die Grundlage aller Reichtümer Heßlings ist ein wenig Geld, das einem der Unsrigen gehörte. Er aber, in dessen Namen wir nun hintreten vor Heßling, hat es schimpflich erworben. Wir, seine Erben, sind nicht gerechter als jener Ausbeuter; wir sollen es erst werden.
»Wie werden wir es? Wenn alle den gleichen Lohn und Gewinn haben? Kein Unternehmer; – aber ich heute, ich weiß mehr als die anderen, kann darum mehr und muß mehr haben. Wie entschädige ich sie?« fragte er inständig das Bild vor seinem Geist, die Gleichheit.
Als das Haustor knarrte, wie am Morgen wenn es geöffnet ward, trat er hervor aus seinem eigenen Innern, sah plötzlich hellen Tag und hörte Sonntagsglocken. Viel Zeit verloren vom Lernen; aber, nie gekannt, sein Geist war absichtslos vorgedrungen, er hatte »gedacht, ohne daran zu denken«.
Hinausschlendernd in den festlichen Morgen, sah er über die Wiese den Rechtsanwalt Buck wandeln.
»Sie promenieren?« fragte der dicke Mann. »Gehen Sie nach Villa Höhe, es ist gut für Sie. Für mich ist es gut, sie zu verlassen an einem solchen Morgen.«
»Ich gehe nicht hin,« sagte Balrich.
»Nicht? Ihr Anblick ist Ihnen zu strahlend, zu leicht und glückumwoben? Sie lügt zu sehr? In der Tat, was für Wesen müßten wir sein, um nicht blamiert zu werden durch einen Frühlingstag.«
Balrich sagte:
»Wir alle werden uns einstmals ganz heimisch darin fühlen.«
»Frühlingstag und Villa Höhe, kann sein,« sagte Buck und sah ihm lange in das Gesicht, »für Sie sind sie gemacht.«
Er lenkte zwischen den Arbeiterhäusern auf das kühle Feld hinaus. »Sie wenden jetzt alle Ihre lange aufgespeicherte Gehirnkraft auf einmal an, Sie sind ein Riese.«
»Das sind Phrasen,« sagte Balrich. »Ich bin überarbeitet.«
»Ich sehe es,« sagte Buck nachgiebig, und der Arbeiter schroff:
»Aber das ist nur eure Schuld, ihr entzieht uns die Schulbildung, damit wir Knechte bleiben. Künftig aber werden in das geistige Leben die körperlich Arbeitenden, alle Menschen, von früh an langsam hineinwachsen. Und in wenigen Stunden wird dann in den Fabriken und am Studiertisch mehr geleistet werden als jetzt in vielen.«
Buck sagte befriedigt:
»Dann wird Wissen da sein für alle. Heute übernehmen sich einige an ihm.«
»Wie am Geld,« sagte Balrich.
»Künftig beziehen alle denselben Lohn?« fragte Buck sanft.
Der Arbeiter errötete.
»Wohl nicht. Aber jeder seinen Gewinnanteil.«
»Der auch ein Verlustanteil sein kann,« ergänzte Buck.
Balrich wußte es besser.
»Nein; den trägt das Unternehmen. Es gehört nicht uns, den Arbeitern. Es gehört sich selbst.«
»Sie haben dies erdacht?« fragte Buck, schneller als sonst. Dann wandte er ein:
»Es gehört sich selbst. Aber wer verkörpert es? Wer hat teil an ihm?«
»Alle, von denen es lebt.«
»Es lebt auch von den Toten.«
»Unsinn,« sagte der Arbeiter.
»Es lebt auch von den alten Männern an der warmen Mauer dort, die nie mehr ein Werkzeug in die Hand nehmen. Denn sie haben das Unternehmen eine Weile unterhalten mit ihrer Kraft. Es lebt auch von den noch Ungeborenen; kämen sie nicht, müßte es eingehen. Endlich lebt Ihr Unternehmen von der Stadt, die ihm Menschen liefert und Nahrung für sie; von der Hochschule, deren Erfindungen es benützt; ja, von denen, die früher einmal an es geglaubt haben und betrogen wurden. Sehen Sie, mein Vater hatte Aktien, und Heßling brachte ihn darum.«
Balrich überlegte lange, bis zum See im Arbeiterwald. Wie sie standen und in das Wasser blickten, sagte er:
»Das wäre wahr? Dann ist es nicht alles. Solche Unternehmen über dieses Land hin und über alle Länder, das wäre die Gerechtigkeit, es wäre der Weltfriede. Dann wäre es ein gültiger Schwur, den vor wenigen Monaten im Münster zu Basel die Arbeitervertreter aller Länder geschworen haben: Keine Schafe mehr wir Arbeiter, stumm zur Schlachtbank geführt, keine willenlosen Instrumente der Kriegsinteressenten … Wäre es wahr?« fragte er inständig.
»Da dann einer für den andern steht, keiner allein, und da wir am Ende, ganz am Ende, doch gleich sind,« sagte Buck.
Sie umschritten den See; er sogar erschien rein, im Licht des Frühlingsmorgens. An der gleichen Stelle wieder angelangt, sagte der Arbeiter:
»Mit Euch, Herr Doktor, zu spazieren, ist ehrenvoll und ist Gewinn.«
Buck, ohne zu fragen, nahm seinen Arm und stützte sich. Sie traten den Rückweg an; Balrich, nach herbem Besinnen, stieß hervor:
»Wenn das Bürgertum dies weiß, was für ein Verbrecher ist dann Heßling!«
Buck wiegte den Kopf.
»Nur sehr beschwerlich denkt man gegen das eigene Interesse,« sagte er. Der Arbeiter sagte bescheidener: »Ich kann Sie noch nicht verstehen. Vielleicht meinen Sie mich, aber Sie können auch die Herren dort drüben meinen.«
Er wies hinüber. Vor der Villa Klinkorum ergingen sich, den Rücken hergewendet, aber mit Gebärden, der Professor samt Zillich und dem Doktor Heuteufel. Sogleich gab Buck den Arm Balrichs frei und ließ den Arbeiter hinter sich. Balrich, erbittert, als sei er verraten, blieb stehen und wollte kehrt machen. Inzwischen aber erblickten ihn die drei Herren.
»Da ist er!« rief Klinkorum. »Herbei, junger Mann! Verhandelt wird Ihre Sache. Wollen Sie weiter hinanklimmen die Leiter der Eingeweihten, oder mit einem hörbaren Ruck wieder zurückfallen in Ihr ehemaliges Nichts?«
Buck bemerkte, zufolge dieser gesteigerten Ausdrucksweise müsse etwas Erhebliches vorgefallen sein. Statt Klinkorums, dem im Augenblick die Sprache versagte, bestätigte Heuteufel dies im vollen Umfang. Vorgefallen war erstens, daß der Bau des geplanten dritten Arbeiterwohnhauses C, hinter der Villa des Professors und sie vollends umklammernd, jetzt wirklich begann; – und zum zweiten war an Klinkorum, dieses Opfer des Großkapitals, die Verwaltung von Gausenfeld herangetreten mit dem Ansinnen –
»Mit dem unerhörten Ansinnen!« warf Klinkorum ein.
– abzulassen von dem Mittelschulunterricht, den er einem Arbeiter des Werkes erteile. Dies war vorgefallen. »Genügt es?« fragte Heuteufel, indes der Konsistorialrat nur pfiff. Buck bedauerte den Professor.
»Gerade von diesem Schüler versprachen Sie sich das Beste.«
Klinkorum zögerte; aber dies war der Augenblick nicht, Rücksichten zu verschwenden. »Das fällt mir nicht ein,« schnob Klinkorum. »Er ist ein schwerfälliger Kopf. Durch unbegründeten Dünkel erschwert er dem Lehrer die Aufgabe;« – wobei er gegen Balrich den Finger erhob. »Aber!«
»Aber gerade darum setzen Sie Ihren Ehrgeiz ein. Sie wollen der Lehrer eines Arbeiters sein, der einst zeigen wird, was der Wille kann.«
»Ich will nicht auch noch mein Geld verlieren,« stieß Klinkorum hervor.
»Es ist Ihr heiliges Recht,« bestätigten ihm Zillich und Heuteufel.
»Er entwertet mein Haus – wie? Und diesen Zeitpunkt meiner schlimmsten Vergewaltigung durch seine Übermacht benutzt der freche Gewalthaber, um mir auch noch die Ausübung meines Gewerbes zu untersagen. Ein Rächer wird mir erstehen! Die Herren sind Zeugen, daß ich es schon längst voraussage: ein Rächer!«
»Man sieht ihn noch nicht,« seufzten seine Zeugen.
»Nein, man sieht ihn noch nicht,« bestätigte Klinkorum und sah an Balrich vorbei. Dann begann er auszuholen.
»Kommen wird die Zeit, da wird auch seine Villa, meine Herren, seine Villa Höhe erschüttert werden von dem Gestampf einer Volksmenge, verpestet von ihrem Geruch, bedroht von ihrer Rache, was sage ich, dem Erdboden gleichgemacht!«
Diese Aussicht schien die beiden andern mit heftiger Freude zu erfüllen. Der Arbeiter sah es immer nur staunend … Klinkorum kehrte aus seiner Entrücktheit wieder.
»Lasse er aber ab von dem Bau jener Mördergrube, des Hauses C, dann immerhin mag es sein, daß ich mein Amt als Lehrer seines Arbeiters niederlege.«
»Geschäft ist Geschäft,« sagte Buck, und sah Balrich nach, der den Rücken wandte und ging. Die andern, zu sehr im Eifer, beachteten es nicht.
»Soll er Ihnen Ihr Grundstück abkaufen!« gab Heuteufel zu bedenken.
»Und zwar für das Doppelte seines Wertes,« ergänzte Zillich.
»Wo nicht,« schloß Heuteufel, »machen Sie ihm ganz Gausenfeld rebellisch.«
»Wie können solche Menschen sich noch selbst betrügen!« dachte dahinten, langsam entschreitend, der Arbeiter Balrich.
Er besann ihre Lage, und sie schien ihm zwar besser, aber auch verachtenswerter als die seiner eigenen Klasse. Sie überhoben sich kindisch über die noch Ärmeren, damit sie doch, mit ihrem wenigen Geld, ihrem Wissen und ihrem schwarzen Rock noch Figur machten neben den Überreichen. Lehnten sich auf – und krochen mit dem nächsten Wort schon wieder unter das Joch des Geldes, unrettbar, weil sie selbst etwas voraushatten. Der Arbeiter fühlte: wer irgend etwas voraushat, ist ein Mitverschworener gegen uns. Zwischen denen, die nur etwas und uns, die nichts haben, ist derselbe ungeheure Abstand wie zwischen uns und den Überreichen. Das ganze Bürgertum bis zu seinen Ärmsten ist eine von uns abgeschnittene Welt, aus der wir nur verwehte Geräusche hören, – und von uns zu ihnen gelangt nichts, gar nichts.
Er besann: »Jeder Arbeiter kennt schon meine Geschichte. Denn Dinkls natürlich haben nicht dicht gehalten; aber dem Klinkorum erzählt keiner sie. Jeder alte Lumpensammler weiß Bescheid, daß Gausenfeld eigentlich unser ist und uns zufallen soll. Nur die drei Käskrämer dahinten –« Balrich spie aus, vor so viel Taubheit und Dummheit. Standen da mit ihren Aktien und sahen nicht, wie unter ihnen der Boden schon riß!
Neben der Kantine die Arbeiter kegelten mit viel Geschrei. Balrich ging vorüber, da waren sie still.
Er trat ein und stieg in die Bank zwischen zwei anderen. Der eine rückte ein Stück fort, – und im Gesicht seines Gegenübers sah Balrich Feindschaft. Sie trauten ihm nicht, er war jetzt anders; denen soll man nicht trauen, die Genossen hatten recht. Er machte sich, ihnen zu gefallen, klein beim Essen. Da kam Herbesdörfer, sah durch seine runden Brillengläser Balrich an mit Ehrfurcht und riß die Mütze herunter, – wobei die Mütze fortflog. Balrich war schneller als Herbesdörfer und holte sie. Als Balrich wieder saß, legte sein Nachbar ihm schwer die Hand auf die Schulter und sagte:
»Weiß schon.«
Weiß schon, du bist unser Mann, hast unseretwegen das Mitlachen, Mitschreien verlernt, machst es dir schwerer als wir es uns machen.
Beim Fortgehen, in der Tür, traf er auf Simon Jauner. Der gab ihm die Hand, und mit der anderen beteuerte er irgend etwas, wohl seine Verschwiegenheit. Sie war ihm anzuraten. Hier hörte der Spaß auf, jeder einzeln hatte ihn dessen versichert. Wenn von der Sache mit Balrich die Herren etwas erfuhren, war dem Jauner sein Messerstich gewiß, er wußte es. So tat niemand sich Zwang an vor ihm; Dinkl machte wieder seinen alten Witz und nannte den alten Gellert Herr Generaldirektor. Es war ein Witz, und doch keiner mehr. Man lachte brüllend, aber auch Gellert lachte, er fühlte sich nicht verhöhnt, eher geschmeichelt.
Balrich wollte hinaufgehen zu seinen Schulbüchern, aber eine Frau hielt ihn noch auf. Ihr Mann trank, Balrich sollte helfen. Sie hatte vor ihm den demütigen Nacken Mallis.
Die alten Männer am Haus in der Sonne wandten ihm, wie er vorbei war, runde Augen nach und schwiegen, tiefer als irgend jemand. Die Kinder aber, das Volk von Kindern – eine Wolke von ihnen stob immer, wo er ging, verschleiernd ihn und seinen Weg.
»Wir halten alle zusammen,« fühlte Balrich hochgemut. »Jetzt hilft es ihnen nichts mehr, daß sie verschworen sind gegen uns; so fest verschworen sind sie nicht.«
Und sie wußten nichts, kein Spion steckte ihnen noch etwas, im Dunkeln liefen sie durcheinander und hätten wissen wollen.
In der Fabrik spürte man ihre Unruhe. Bis zu den Inspektoren nur Unsrige, und lächelten in den Bart, wenn von droben einer sich heranmachte und wollte riechen, was im Werk war. Man ließ sie abfallen, nicht den Mund durften sie auftun; denn nie war besser gearbeitet worden. Jeder wußte: für uns; die Ware hier ist schon für uns, die Maschinen sind unser; den Beweis hat der Balrich. Unvergleichliche Freude, wie einst der Generaldirektor, geleitet vom Oberinspektor, durch die Arbeitssäle stolzierte und hatte Furcht. Wahrhaftig, bei dem Kessel mit den Mühlrädern – Herbesdörfer stand davor und sah ihm entgegen – machte Heßling einen Bogen. Er dachte, grün im Gesicht, wie leicht man, half gar noch einer nach, zwischen die Mühlräder gerate. Die Furcht, die immer den Herbesdörfer quälte, auf einmal erlernte auch Heßling sie.
Jetzt aber erblickte er den Balrich, und jetzt – alle hatten das Auge auf ihm – fühlte er sich verloren. Er sah und aller Augen begleiteten ihn: der da, mit den schwarzen Brauen, der da, mit der breiten Stirn, den breiten Schultern, dem Schopf – das ist er, der mich in der Hand hat und mehr kann als ich und mich zerschmettern und die Gerechtigkeit wiederherstellen wird. Die Arbeiter nickten einander zu. Wie ihm das Licht aufging! Wie er zitterte!
Balrich stand stämmig da und erwartete den Kapitalisten, seinen Bauch, sein blondes, massiges und hartes Gesicht, – stand da, erfüllt wie je von dem Bewußtsein: alles Böse in der Welt geschieht für Diesen … Heßling, angelangt, blieb stehen, ließ den Fuß nur ein wenig in der Schwebe; aber genug, daß Todfeinde sich messen … Dann warf der Generaldirektor den Kopf in den Nacken, und der Arbeiter legte Hand an.
Draußen, gedämpft, fragte der Generaldirektor seinen Oberinspektor, was es damals gewesen sei mit dem Arbeiter, der Latein lernte bei Klinkorum.
»Das war er,« sagte der Oberinspektor.