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Schlußworte Friedrich Schlegels zu Margarethas Selbstbiographie

Man kann mit Recht sie zu den außerordentlichen Fürstinnen ihres Jahrhunderts zählen; sie vereinigte in sich alle Fehler und alle Eigenschaften der Könige vom Stamm Orleans-Valois. Sie hatte die sanften, angenehmen Sitten, die Gütigkeit Ludwigs XII. und auch seine Verblendung für seine Lieblinge und für die, welche sich eine gewisse Herrschaft über sein Gemüt anzumaßen verstanden, denselben festen Sinn bei selbstgefaßten Ideen und dasselbe Vertrauen in ihre Freunde wie Ludwig es hatte. Wie Franz I., ihr Großvater, hatte sie einen zu den Wissenschaften fähigen Geist, große Leichtigkeit zur Erlernung fremder Sprachen und der schönen Künste. Man findet noch in einigen Kabinetten der Sammler von ihren Poesien, die mit zu den besten ihrer Zeit gehören; ihre Memoiren sind ein Beweis ihrer Beredsamkeit und der Zierlichkeit ihres Vortrages; dann hatte sie auch alle Eitelkeit und alle Ruhmsucht Franz I.; die Gelehrten, die sie beständig umgaben, nannten sie Göttin, Venus Urania, und Margaretha hörte sich sehr gerne so nennen; so wie Franz I. beschützte sie die Krieger, deren Taten sie schätzte, die Gelehrten, die sie wohl zu beurteilen verstand, und die Künstler, deren Talente sie verehrte. Von ihrem Vater, Heinrich II., hatte sie die Leutseligkeit und das herablassende Wesen, aber sie war auch ebenso leichtsinnig, ebenso unbeständig. Ihre Verbindungen schienen ebenso wie die seinigen mehr die Wirkung der Laune und der Leidenschaftlichkeit, als die Frucht der Überlegung oder die Wahl des Herzens. Sie war nicht ganz frei zu sprechen von der Grausamkeit Karls IX., wenn man übrigens vorüberfliegende Anfälle mit dem eingewurzelten Laster vergleichen kann. Um ihre Ähnlichkeit mit ihrem ganzen Stamme recht zu vollenden, denke man sie sich bald an den Stufen des Altars hingeworfen, wie sie mehre Male des Tages Messe hörte, Hospitäler besuchte, an ihrem Geburtstage und den vier großen Festen Almosen austeilte, elfhundert Armen jährlich Unterhalt gab und vierzig englischen Priestern; wie sie Klöster baut und bereichert, unter anderm das der Jesuiten zu Agen und das der Augustiner in der Vorstadt zu St. Germain; wie sie mit Andachtsübungen und den allersinnlichsten Vergnügungen wechselt und sich nach einer wahrhaft heiligen, strengen Abgeschiedenheit zu den verfeinertsten Lüsten wendet. In dieser wunderbaren Mischung von Andacht und Leichtsinn verlebte sie ihre letzten Tage. Sie vereinigte den Luxus und die Eitelkeit mit der Liebe zu den Wissenschaften; Tanz und Musik mit den ernsthaftesten Studien; sie war bei jedem Gottesdienst zugegen, gab den Zehnten ihrer Einkünfte den Armen, hatte Gelehrte in ihrem Gefolge, die von ihrer Freigebigkeit lebten. Zu gleicher Zeit suchte sie etwas darin, irgendeine Intrige zu führen, Feste zu erdenken und nie ihre Schulden zu bezahlen. Kurz, sie schien ganz dazu ausersehen, den Fürstinnen künftiger Zeiten das Beispiel zu geben, wie unglücklich der Mißbrauch der Talente und die Ungezähmtheit der Leidenschaften machen.

 

Druck der Spamerschen Buchdruckerei in Leipzig

 


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