Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Man nannte ihn St. Anton, da er Anton hieß, und vielleicht gerade, weil er leichtlebig war, immer lustig, ein Spaßmacher, großer Esser und Trinker vor dem Herrn und ein mächtiger Schürzenjäger, obgleich er mehr als sechzig Jahre zählte.
Er war ein Großbauer aus der Gegend von Caux mit gesundheitstrotzenden Wangen, mächtiger Brust und dickem Bauch auf langen Beinen, die zu schwach schienen, für den gewaltigen Körper.
Er war Witwer und lebte mit der Magd und zwei Knechten allein auf seinem Bauernhofe, dem er als ganz gerissener Kunde, wohl auf seinen Vorteil bedacht, vorstand. In Geschäften, Viehzucht und Landwirtschaft hatte er etwas los. Seine beiden Söhne wie seine drei Töchter waren gut verheiratet, lebten in der Nähe und kamen einmal monatlich zum Essen zu ihrem Vater. Seine Kraft war bekannt in der ganzen Gegend und sprichwörtlich, geradezu so, daß man wohl von jemand sagte: er ist stark wie St. Anton.
Als im Kriege 1870 die Preußen in's Land fielen, schwor St. Anton in der Schänke, eine ganze Armee aufzufressen, denn er war als echter Normanne ein Aufschneider und Großsprecher und dabei doch ein wenig feige. Er schlug mit der Faust auf den hölzernen Tisch, daß Teller und Gläser tanzten und brüllte mit rotem Gesicht und tückischem Blick, indem er sich in eine falsche Wut hineinredete:
– Gott verdamm mich, ich wer' das Luderzeig eenfach auffressen.
Er rechnete unbedingt darauf, daß die Preußen nicht bis Tanneville kommen könnten. Aber als er erfuhr, daß sie schon in Rautôt waren, verließ er sein Haus nicht mehr und spähte unausgesetzt durch das kleine Küchenfenster die Straße hinab, in der Erwartung, jeden Augenblick die Bajonette anmarschieren zu sehen.
Eines Morgens, als er mit seinen Leuten bei der Suppe saß, öffnete sich die Thür und der Ortsvorstand Chicot erschien, von einem Soldaten gefolgt, der einen schwarzen Helm mit Messingspitze trug. St. Anton sprang mit einem Satz auf. Und seine Leute blickten ihn an, denn sie meinten nicht anders, er werde den Preußen in Stücke reißen. Aber er begnügte sich damit, dem Vorstand die Hand zu drücken, der zu ihm sagte:
– St. Anton, da is eener für Dich. Die Nacht sein se gekommen. Nu mach vor allen Dingen keene Geschichten, denn se reden davon, daß se alles füselieren und niederbrennen wollen, wenn das Geringste vorkommt. Ich hab' Dich gewarnt, gieb ihm zu essen. Er scheint ee ganz hiebscher Mann zu sein. Adje ooch! Ich mache zu 'n andern, jeder kriegt eenen.
Und er ging davon.
Der alte Anton war bleich geworden und blickte seinen Preußen an. Der war ein starker, kräftiger Junge, wohlgenährt, mit weißer Hautfarbe, blauen Augen, blondem Haar und mächtigem Bart. Er schien ein wenig thöricht, furchtsam, doch ein guter Kerl zu sein. Der schlaue Normanne war sofort über ihn klar, beruhigte sich und machte ihm ein Zeichen, er möge sich setzen. Dann fragte er, ob er Suppe wolle. Der Fremde verstand nicht. Da verfiel St. Anton auf einen Streich und hielt ihm einen Teller Suppe unter die Nase:
– Da friß dickes Schwein.
Der Soldat antwortete: – Ja, und fing gierig an zu essen, während der Bauer triumphierte, weil er seine Reputation wiederhergestellt fühlte. Er machte mit den Augen seinen Leuten Zeichen; die schnitten ganz merkwürdige Grimassen, teils aus Angst, teils um das Lachen zu verbeißen.
Als der Preuße seinen Teller Suppe heruntergewürgt hatte, gab ihm St. Anton einen andern, der auf die gleiche Weise verschwand. Aber von einem dritten wollte er nichts wissen, als der Bauer ihn zum Essen zwingen wollte, indem er sagte:
– Ach was, stopp Dir das in den Wanst, daß De fett wirst, dickes Schwein.
Der Soldat begriff nur, daß man ihm zuviel Essen geben wollte, lachte zufrieden und machte ein Zeichen, daß er nicht mehr könne.
Da wurde St. Anton ganz familiär, klopfte ihm auf den Bauch und rief:
– Hast De denn den Wanst voll, dickes Schwein?
Aber plötzlich wand er sich vor Lachen, wurde ganz rot als sollte ihn der Schlag rühren. Er konnte gar nicht mehr reden. Ein Gedanke war ihm gekommen, der ihn so zum Lachen brachte:
– Jetzt haben wir's! Jetzt haben wir's. St. Anton und sein Schwein. Da mein Schwein.
Und die drei Leute platzten nun ihrerseits heraus.
Der Alte war so zufrieden, daß er sofort durch das Mädchen Schnaps bringen ließ und zwar vom besten. Er hielt alle frei. Man stieß mit dem Preußen an, der aus Artigkeit mit der Zunge schnalzte, um zu zeigen, daß er ihn gut fände. Und St. Anton brüllte ihn an:
– Was, das is 'n feiner, so eenen sauft ihr nich bei eich zu Hause, Du dickes Schwein.
Von nun ab ging St. Anton nicht mehr ohne seinen Preußen aus. Der war für ihn gefundenes Fressen! Jetzt hatte er seine Rache, die Rache, die für den dicken Kerl paßte; und die Leute in der Gegend, die alle zitterten vor Angst, lachten nun hinter dem Rücken der Sieger über St. Anton's Ulk. Mit so einem Scherz hatte er doch wirklich nicht seinesgleichen, so was konnte der bloß erfinden, der alte Possenreißer.
Nachmittags ging er immer mit seinem Deutschen Arm in Arm zu den Nachbarn und zeigte ihnen lachend den Kerl, indem er ihm auf die Schulter klopfte:
– Seht mal, das is mei dickes Schwein. Guckt das Luder mal an, ob 's fett wird.
Und die Bauern barsten vor Lachen. Er war doch zu ulkig, der fette Kerl, der St. Anton.
– Na Cäsar, ich verkoof'n Dir für drei Pistolen.
– Anton, ich wer'n nehmen und ich lad' Dich zum Schlachtfest ein.
– Weeste, ich will aber seine Eisbeene fressen.
– Da faß mal die Wampe an, das reene Fett.
Und alle Leute betrachteten ihn schmunzelnd, ohne jedoch laut zu lachen aus Furcht, daß der Preuße endlich merken könnte, daß man sich über ihn lustig machte. Nur Anton wurde jeden Tag frecher, kniff ihn in die Beine und brüllte:
– Das reene Fett!
Dann schlug er ihn auf den Hintern und schrie:
– Das is alles eene Speckschwarte.
Darauf hob er ihn hoch mit seinen kolossalen Armen, die imstande gewesen wären, einen Ambos zu heben, und erklärte:
– Sechshundert wiegt er und kee Lot weniger.
Er hatte sich angewöhnt, seinem Schwein überall, wo er es mitschleppte, etwas zu essen geben zu lassen. Das war täglich seine größte Freude und Zerstreuung.
– Gebt ihm zu fressen, was ihr wollt, der würgt alles 'runter.
Und man setzte dem Manne Brot und Butter vor, Kartoffeln, kaltes Ragout und Fleischwurst.
Der Soldat aß immerfort, dumm und gutmütig aus Höflichkeit gegen seinen Wirt, freute sich über die Aufmerksamkeiten und machte sich geradezu krank, um nur nicht nein zu sagen. Er ward wirklich dick, und die Uniform ihm zu eng, sodaß St. Anton glückselig immerfort rief:
– Weeste, Du dickes Schwein, Du wirscht Dir wohl 'ne andere Kluft müssen machen lassen.
Übrigens waren sie die besten Freunde von der Welt geworden. Und wenn der Alte seine Geschäfte in der Nachbarschaft besorgte, begleitete ihn der Preuße, nur des Vergnügens wegen, mit ihm zusammen zu sein.
Es war sehr kalt. Es fror tüchtig. Der fürchterliche Winter von 1870 schien nichts als Unglück auf Frankreich niederzuschütten.
St. Anton, der alles von langer Hand vorbereitete, und die Gelegenheit auszunutzen verstand, sah voraus, daß für die Frühjahrsarbeiten Mist fehlen würde. Deshalb kaufte er den eines Nachbarn, der in Not war. Es war ausgemacht worden, daß er jeden Abend mit seinem Karren hinfahren könnte, um eine Ladung zu holen.
Täglich, sobald es dunkel ward, machte er sich auf den Weg nach Haules Hof etwa eine halbe Meile entfernt, und immer begleitete ihn sein Schwein und jedes Mal gab es ein großes Fest, wenn das Vieh zu essen bekam. Die ganze Gegend strömte herbei, etwa wie man Sonntags zur Messe geht.
Der Soldat aber fing an mißtrauisch zu werden und als man zu sehr lachte, blickte er sich unruhig um. Ab und zu stieg etwas wie Zorn in seinen Augen auf.
Da eines Abends, als er sich satt gegessen hatte, weigerte er sich, auch nur einen Bissen mehr zu sich zu nehmen und versuchte aufzustehen, um davonzugehen. Aber St. Anton packte ihn beim Arm und drückte ihn, indem er ihm seine beiden mächtigen Hände auf die Schultern legte, wieder auf seinen Sitz und zwar so, daß der Stuhl unter dem Soldaten zusammenbrach.
Stürmisches Gelächter erscholl und St. Anton hob strahlend sein Schwein auf und that, als wollte er es verbinden. Dann erklärte er:
– Da Du nich fressen willst, mußte saufen. Gott verdamm mich.
Und er holte aus dem Wirtshause Schnaps.
Der Soldat blickte böse um sich, trank aber trotz alledem, trank soviel sie wollten, und St. Anton hielt ihm zur großen Freude der übrigen die Stange.
Der Normanne war rot geworden wie eine Tomate, sein Auge glühte. Er füllte die Gläser und stieß an, indem er brüllte:
– Prost!
Und der Preuße schüttete, ohne ein Wort zu sagen, ganze Gläser voll Cognak hinunter.
Das war ein Kampf, eine wahre Schlacht, ein Wettstreit, wer am meisten saufen könnte. Als die Literflasche leer war, konnten sie beide nicht mehr. Aber keiner von beiden war überwunden und sie gingen Seite an Seite davon. Am nächsten Tag sollte es wieder losgehen. Schwankend verließen sie das Haus und setzten sich in Gang neben dem Mistwagen, den langsam die beiden Pferde zogen.
Schnee fing an zu fallen, und die dunkle Nacht – kein Mond schien – ward nur traurig vom mattem Widerschein des weißen Schnees erleuchtet. Die Kälte erhöhte die Trunkenheit der beiden Männer und St. Anton, der böse war, daß er nicht gesiegt hatte, fing an zum Scherz sein Schwein anzurempeln, um ihn in den Graben zu stoßen. Der andere wich ihm aus und sagte jedesmal auf Deutsch ein paar wütende Worte, daß der Bauer laut auflachen mußte. Endlich ward der Preuße aber böse und gerade im Augenblick, als St. Anton ihn wieder schubste, antwortete er mit einem so fürchterlichen Faustschlag, daß der Riese taumelte.
Da packte der Alte in der Trunkenheit den Soldaten und schüttelte ihn ein paar Sekunden wie ein kleines Kind. Dann warf er ihn mit einem mächtigen Ruck bis auf die andere Seite des Weges. Damit hatte er genug, kreuzte die Arme und fing wieder an zu lachen.
Aber der Soldat erhob sich sofort mit bloßem Kopf. Sein Helm war zu Boden gefallen. Er zog plötzlich das Seitengewehr und stürzte sich auf St. Anton.
Als der Bauer das sah, packte er seine Peitsche in der Mitte, seine große, gelb gestreifte Peitsche, die stark war und biegsam wie ein Ochsenziemer.
Der Preuße kam heran mit gesenktem Kopf, die Waffe vorgehalten, sicher in der Absicht ihn niederzustechen. Aber der Alte packte mit der Hand die Klinge, deren Spitze ihm in den Leib dringen wollte, stieß sie beiseite und schlug mit kurzem heftigen Schlag den Soldaten mit dem Peitschenstiel an die Schläfe, sodaß sein Feind zu seinen Füßen stürzte.
Erschrocken, mit dummem Staunen, sah er wie der Körper von Krämpfen durchzuckt auf dem Bauche lag und plötzlich unbeweglich ward. Er beugte sich zu ihm herab, drehte ihn um, und betrachtete ihn eine Zeit lang. Der Soldat hatte die Augen geschlossen und das Blut floß ihm aus der kleinen Wunde an der Stirn. Obgleich es Nacht war, konnte St. Anton die dunkle Blutspur auf dem Schnee unterscheiden. Er blieb stehen, verlor den Kopf, während der Wagen immer weiter fuhr, langsam von den Pferden gezogen.
Was sollte er thun? Er würde totgeschossen werden. Man würde seinen Hof niederbrennen und zur Strafe das Land verwüsten. Was sollte er anfangen? Wie den Körper verbergen? Den Tod verheimlichen? Die Preußen betrügen? Er hörte von weitem Stimmen in der schweigenden Stille der Schneelandschaft. Da faßte er einen Entschluß, las den Helm auf, setzte ihn seinem Opfer auf den Kopf. Dann packte er den Körper um den Leib, hob ihn hoch, lief seinem Wagen nach, holte ihn ein und warf den Leichnam oben auf den Mist. Einmal erst zu Hause würde sich das weitere schon finden.
Mit kurzen Schritten, während er sich immer den Kopf zerbrach, was er thun sollte und doch nichts fand, ging er dahin. Er sah, er fühlte sich verloren. Er kam auf seinem Hof an. Ein Fenster war noch hell. Die Magd schlief noch nicht. Da ließ er schnell den Wagen zurückrollen, bis an den Rand der Düngergrube, und dachte, daß wenn er die ganze Wagenladung nach hinten umstürzen ließe, dann zuerst die Leiche in die Grube hinunter fallen würde. Drum ließ er den Wagen nach hinten überkippen.
Und wie er vorhergesehen, ward der Soldat von dem Mist bedeckt. St. Anton ebnete dann den Haufen mit der Gabel und stieß sie daneben in den Boden. Er rief den Knecht und befahl, die Pferde in den Stall zu bringen. Dann ging er in seine Stube.
Er legte sich und dachte nach, was er thun sollte. Aber keine Erleuchtung kam ihm und sein Entsetzen wuchs in der Stille der Nacht. Man würde ihn sicher füselieren. Er schwitzte vor Angst, die Zähne klapperten ihm, er stand zitternd auf. Er konnte nicht mehr liegen bleiben.
Da lief er in die Küche hinunter, nahm die Schnapsflasche aus dem Büffet und ging wieder hinauf. Dann trank er sofort zwei große Gläser, sodaß seine alte Trunkenheit wieder neu aufflammte. Aber er ward doch nicht ruhiger. Da hatte er eine schöne Dummheit angerichtet. Eine Gottverdammte Dummheit!
Er ging in seinem Zimmer hin und her, suchte irgend eine List, eine Erklärung, eine Bosheit und von Zeit zu Zeit spülte er sich den Mund mit einem Schluck Schnaps aus, um sich Mut zu trinken.
Aber er fand nichts, garnichts.
Gegen Mitternacht fing sein Hofhund, eine Art Wolfshund, den er »Packan« nannte, an fürchterlich zu heulen. St. Anton zitterte bis auf die Knochen und jedesmal, wenn das Tier wieder sein gräßliches langgedehntes Geheul begann, lief ihm von neuem ein Schauer über den Leib.
Er war auf einen Stuhl gefallen mit schlaffen Gliedern. Er konnte einfach nicht mehr und erwartete ängstlich, daß »Packan« wieder anfangen würde, zu heulen.
Die Uhr unten schlug fünf. Der Hund war noch immer nicht ruhig. Jetzt wurde der Bauer rasend. Er stand auf, das Tier loszumachen, um es nicht mehr hören zu müssen. Er ging in den Hof hinab, öffnete die Thür und trat in die Nacht hinaus.
Der Schnee fiel noch immer. Alles war weiß. Die Gebäude des Bauernhofes sahen darin aus wie große schwarze Flecken. Der Bauer näherte sich der Hundehütte. Der Hund zerrte an seiner Kette. Er machte ihn los. Da that »Packan« einen Satz, blieb dann kurz mit gesträubtem Haar und ausgestreckten Pfoten stehen und schnüffelte, die Nase zum Düngerhaufen gewendet.
St. Anton stammelte, am ganzen Leibe zitternd:
– Was haste denn, dummes Vieh?
Da ging er ein paar Schritte vor und suchte die unbestimmte Dunkelheit des Hofes mit den Blicken zu durchdringen.
Und er sah eine Gestalt, eine menschliche Gestalt auf dem Düngerhaufen sitzen.
Entsetzt und atemlos blickte er hin. Aber plötzlich entdeckte er neben sich den Stiel der in die Erde gestoßenen Mistgabel. Er zog die Gabel aus dem Boden und stürzte sich in einem jener Wutanfälle, die auch den Feigsten tapfer machen, vorwärts, um zu sehen, was es gäbe.
Er war es, sein Preuße, der über und über mit Kot bedeckt aus der Düngerschicht gekrochen, die ihn gewärmt und ihm das Leben zurückgegeben hatte. Mechanisch hatte er sich gesetzt und blieb so beim niederstiebenden Schnee voll Schmutz und voll geronnenem Blut, noch nicht recht bei Sinnen in halber Betrunkenheit, betäubt durch den Düngerdunst und geschwächt durch die Wunde.
Er gewahrte St. Anton. Aber er war seiner Sinne noch nicht mächtig genug, um wirklich zu verstehen, was vorging und machte nur den Versuch aufzustehen. Aber sobald ihn der Alte erkannt hatte, schäumte er wie ein rasend gewordenes Tier, und stammelte:
– Was, Du Schwein, du Schwein bist nich tot, du wirscht mich wohl gar anzeigen. Na, warte mal, warte mal.
Und er stürzte sich auf den Deutschen, indem er ihm mit aller Kraft seiner Arme die vier Eisenspitzen der Gabel wie eine Lanze bis an den Stiel in die Brust rannte.
Der Soldat fiel auf den Rücken und stieß einen langen Todesseufzer aus, während der alte Bauer seine Waffe herauszog und sie ihm nochmals Stoß auf Stoß in den Bauch, in den Magen, in die Kehle rannte, wie ein Wahnsinniger darauf los stechend und den zuckenden Körper, von dem das Blut nur so herunterfloß von Kopf bis zu Füßen durchlöchernd.
Dann hielt er außer Atem vor Wut und Anstrengung inne, und sog in tiefen Atemzügen die Luft ein. Nun der Meuchelmord begangen, war ihm ruhiger.
Als jetzt die Hähne anfingen in den Hühnerställen zu krähen und der Tag anbrach, machte er sich an die Arbeit, um die Leiche zu verscharren.
Er grub ein großes Loch in den Mist, bis er auf die Erde stieß, schaufelte dann noch tiefer hinein und schuftete wie ein Pferd mit Anspannung aller Kräfte, mit wütenden Arm- und Körperbewegungen.
Sobald das Loch tief genug war, spießte er den Körper mit der Mistgabel an und warf ihn hinein, schüttete die Erde wieder darauf, trat sie fest, häufte dann den Mist darüber und lächelte, als er den dichten Schnee sah, der sein Werk beendet und alle Spuren seiner That mit weißem Schleier zudeckte.
Dann stieß er die Mistgabel wieder in den Haufen und ging ins Haus zurück. Die halb gefüllte Schnapsflasche war auf dem Tisch stehen geblieben. Er leerte sie mit einem Zug, warf sich auf das Bett und versank in tiefen Schlaf.
Nüchtern geworden, wachte er wieder auf, ganz ruhig und imstande, sich die That zu vergegenwärtigen und sich klar zu machen, was nun kommen sollte.
Eine Stunde darauf lief er in der ganzen Gegend herum und fragte überall nach seinem Soldaten. Er suchte die Offiziere auf, um, wie er sagte, zu hören, warum man ihm eigentlich seinen Soldaten genommen hätte.
Da man die dicke Freundschaft der beiden kannte, lenkte sich kein Verdacht auf ihn. Und er gab den Vermutungen sogar eine bestimmte Richtung, indem er behauptete, daß der Preuße jeden Abend im Dorfe den Weibern nachgelaufen sei.
Ein alter pensionierter Gendarm, der im Nachbarorte ein Wirtshaus hielt und eine hübsche Tochter besaß, wurde festgenommen und standrechtlich erschossen.