Jean Baptiste Molière
Die Schule der Frauen
Jean Baptiste Molière

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Dritter Akt

Erster Auftritt

Arnolph. Agnes. Alain. Georgette

Arnolph. Brav! Gut gemacht! So hab' ich's gern!
Was ich befahl, vollzogst du diensterbötig:
Abfahren ließest du den saubern Herrn.
Nun schau, wie sehr dir kluge Leitung nötig:
In deiner Unschuld fielst du der Umgarnung
Wehrlos zum Opfer, und dein Fuß verlor
Sich auf den Pfad, der ohne meine Warnung
Dich kerzengrad geführt zum Höllentor.
Ich weiß Bescheid mit diesen Gecken allen:
Sie zieren sich mit Stulpen, Federn, Borten,
Mit Locken, hübschen Zähnen, süßen Worten;
Doch unterm Sammetpfötchen sind die Krallen,
Und Teufeln gleichen sie, mit wilder Gier
Bemüht, des Weibes Tugend zu verschlingen;
Doch wie gesagt, diesmal gelang es mir,
Mit blauem Auge dich davonzubringen.
Der Anblick, wie du ihm den Kieselstein
Nachwarfst, der tödlich traf sein frech Gelüsten,
Bestärkte mich, den Bund, der ewig mein
Dich werden läßt, noch schleuniger zu rüsten.
Jedoch mich dünkt, vor allem wird dir jetzt
Ein kleiner Vortrag gar gewaltig frommen.
      (Zu Alain und Georgette)
Hier in den Schatten einen Stuhl. – Verletzt
Ihr nochmals ...

Georgette.     Herr, wir haben's wohl vernommen.
Der andre Herr verdrehte uns den Kopf;
Indes ...

Alain.     Ich will verdursten, werd' ich dulden,
Daß er noch einmal kommt. Auch ist's ein Tropf;
Denn neulich gab er uns zwei falsche Gulden.

Arnolph. Nun richtet uns ein gutes Abendmahl,
Und im Vorübergehn bestellt zum Zwecke
Des Ehvertrages, wie ich schon befahl,
Mir den Notar: er wohnt gleich um die Ecke.

Zweiter Auftritt

Arnolph. Agnes

Arnolph (sitzend). Agnes, nun hör mich; leg die Arbeit fort;
Das Köpfchen hoch, den Blick mir zugewendet.
      (Er legt ihr den Finger an die Stirn)
So! Schau mir fest ins Aug', bis ich vollendet,
Und merke dir sorgfältig jedes Wort.
Agnes, ich habe dich zur Frau erkoren,
Und jeder Stunde preis' dein Schicksal, Kind,
Bedenkend, wie so niedrig du geboren,
Und wie ich selbstlos bin und hochgesinnt,
Indem ich dich aus armem Bauernstand
Zu einer würd'gen Bürgersfrau erhebe,
Dir einen Gatten in mir gebe,
Der jeder Kette sich bisher entwand
Und zwanzig glänzenden Partien die Ehre
Verweigerte, die er nun dir erweist.
Drum halte dir es immer vor im Geist,
Was ohne mich dein Los gewesen wäre,
Damit dies seltne Glück dich jeden Morgen
Ermahnt, es zu verdienen stets aufs neue,
Dich nie zu überheben und zu sorgen,
Daß ich den Schritt niemals bereue.
Heiraten, Agnes, ist kein Kinderspiel;
Der Frau sind ernste Pflichten aufgegeben;
Nicht deshalb nahst du diesem hohen Ziel,
Um sorglos in den Tag hinein zu leben.
Gott schuf zur Unterwerfung dein Geschlecht;
Dem Bart allein gebührt das Herrscherrecht.
Wenn in zwei Hälften sich die Menschheit scheidet,
So gleichen beide doch einander wenig;
Die eine handelt, und die andre leidet;
Wo jene herrscht, ist diese untertänig.
Was ein Soldat nach seinem Fahneneid
Dem Hauptmann zeigt von Unterwürfigkeit,
Der Diener seinem Herrn, der Sohn dem Vater,
Dem Abte der geringste Pater,
Dies all ist nichts, verglichen mit den Mengen
Geduld, Respekt, Gehorsam, Ehrfurchtzoll,
Die eine Frau dem Manne widmen soll
Als ihrem Herrn und Meister und Gestrengen.
Wenn er auf sie voll Ernst die Blicke lenkt,
Muß sie sogleich die Augen niederschlagen
Und darf ihn niemals anzusehen wagen,
Bevor er ihr ein gnädig Lächeln schenkt.
Das ist es, was den heut'gen Frauen fehlt;
Doch hüte dich, das Beispiel nachzuahmen
Der schändlichen koketten Damen,
Von deren Treiben alle Welt erzählt;
Verschanz dich vor des bösen Feindes List,
Will sagen: laß dich nicht von Stutzern blenden
Und denke, wenn du meine Gattin bist,
Daß meine Ehre ruht in deinen Händen,
Daß Ehre leicht für immer geht verloren,
Daß man damit kein Spiel zu treiben liebt,
Und daß es in der Hölle Kessel gibt,
Worin die schlechten Weiber schmoren.
Was ich da sage, das ist bittrer Ernst;
Drum präg es gründlich deinem Herzen ein.
Wenn du dich vor Gefallsucht wappnen lernst,
Dann bleibst du gleich der Lilie weiß und rein;
Doch kommt in deiner Tugend Kleid ein Riß,
Dann färbt sich deine Seele schwarz wie Kohlen,
Gibt jedermann ein Ärgernis,
Und eines Tags wird sie der Teufel holen,
Damit sie brät im ew'gen Feuerbade.
Davor behüte dich des Himmels Gnade!
Nun mach dein Kompliment! Gleichwie die Nonnen
Auswendig lernen ihres Ordens Pflicht,
So wird der Ehstand auch damit begonnen;
Ich habe hier ein Schriftstück von Gewicht,
Drin steht, was einer Frau zu tun gebühre.
Der's schrieb, ist sicher eine fromme Haut;
Drum bild' es deine einzige Lektüre.
      (Er steht auf)
Da nimm und lies ein Stückchen laut.

Agnes (liest).

Ehestandsregeln

oder die Pflichten einer verheirateten Frau, nebst deren täglicher Übung

            Erste Regel

Wurdest ehrsam du erwählt
Und mit einem Mann vermählt,
Merke dir zu jeder Zeit
Trotz der Sitten Schlechtigkeit,
Daß der Mann genommen dich
Nicht für andre, nur für sich.

Arnolph. Ich sag' dir später, was damit umschrieben.
Für jetzt lies weiter, wo du stehn geblieben.

Agnes (fährt fort).

            Zweite Regel

Hab auf deinen Putz nur acht,
Wenn's dem Manne Freude macht:
Denn es soll vorhanden sein
Deine Schönheit ihm allein;
Schlag es deshalb in den Wind,
Wenn dich sonst wer häßlich find't.

            Dritte Regel

Fort mit Fächeln, Augenzwinken,
Salben, Wässern, Pudern, Schminken!
Dein Verschönerungsversuch
Ist der Ehre Leichtentuch!
Denn er sorgt für dein Gesicht,
Aber für den Gatten nicht.

            Vierte Regel

Trittst du auf die Straße hin,
So behalt in deinem Sinn,
Daß du, wo du dich bewegst,
Stets die Augen niederschlägst
Zum Beweis: du willst nicht allen,
Sondern nur dem Mann gefallen.

            Fünfte Regel

Nimm Besuch von keinem an,
Der nicht kommt zu deinem Mann.
Der Galane leichtes Heer,
Dem ausschließlich der Verkehr
Mit der Hausfrau angenehm,
Ist dem Hausherrn unbequem.

            Sechste Regel

Bringt ein Mann dir ein Geschenk,
Nimm es nicht und sei gedenk,
Daß man schenkt in unsrer Zeit
Nur auf Gegenseitigkeit.

            Siebente Regel

Gänzlich halte ferne dir
Tinte, Feder und Papier;
Was zu schreiben ist im Haus,
Führt der Mann weit besser aus.

            Achte Regel

Ständiges Gesellschaftgehn
Kann dir nur den Kopf verdrehn;
Meide drum vernünft'gerweise
Sogenannte schöne Kreise;
Denn sie legen's doch nur an
Auf den armen Ehemann.

            Neunte Regel

Ist die Ehrbarkeit dein Ziel,
Dann verfalle nie dem Spiel;
Beutst du dich ihm einmal dar,
Hat es dich mit Haut und Haar,
Und schon manche hat zuletzt
Selber sich aufs Spiel gesetzt.

            Zehnte Regel

Landpartien mit Aufenthalt,
Festgelag im grünen Wald
Sollst du fliehn zu jeder Stund'.
Dies hat seinen guten Grund;
Denn am Schluß wird allemal
Zu dem Mann gesagt: Bezahl!

            Elfte Regel

Arnolph. Das weitre lies allein, und morgen
Erläutr' ich dir den Inhalt Stück für Stück.
Ich habe jetzt noch etwas zu besorgen;
Nur einen Sprung: ich komme gleich zurück.
Bewahr das Buch mir gut und geh ins Haus;
Kommt der Notar, dann bitt ihn, daß er wartet.

Dritter Auftritt

Arnolph (allein)

Arnolph. Wer suchte je sein Weib sich besser aus?
Ich kann sie lenken wie am Gängelband;
Sie ist wie frisches Wachs noch nicht erhartet,
Und Form empfängt sie erst von meiner Hand.
Fast hätte man – als ich verreist war, freilich –
Durch ihre Einfalt mich zu Fall gebracht;
Doch diese Art von Torheit, recht bedacht,
Scheint mir bei Frau'n am ehesten verzeihlich;
Denn solch ein Irrtum ist gar schnell geheilt.
Wer arm im Geist, bequemt sich leicht zum Lernen,
Und sollt' er sich vom rechten Weg entfernen,
Zwei Worte nur, dann kehrt er unverweilt
Zurück. Die Klugen sind aus andrem Holz:
So eine läßt nach ihrer Pfeif' uns springen,
Ist nie von ihrem Vorsatz abzubringen,
Und unsre Mahnungen verlacht sie stolz;
Mit Bücherweisheit höhnt sie unsre Lehren,
Bemäntelt ihre Schuld mit Tugendschein;
Sie hüllt zu eines Abenteuers Ehren
In Lügendunst sogar die Schlausten ein,
Und nur umsonst sucht man dem Streich zu wehren.
Ein geistvoll Weib ist teuflisch im Betrug;
Wenn heimlich sie das Urteil uns gesprochen,
Ist über unsern Ruf der Stab gebrochen:
Manch wackrer Mann erfuhr davon genug.
Nun ist das Lachen doch an mir, mein Junge!
Das kommt von deiner allzu losen Zunge.
Darin wird kein Franzose klug.
Kaum daß ein rechtes Glück sich ihnen weiht,
So drückt sie das Geheimnis bis zum Platzen,
So möchten sie aus dummer Eitelkeit
Sich lieber hängen als nicht schwatzen.
Ja, wenn die Männer solche Tröpfe sind,
Muß da die Frau'n der Teufel nicht umklammern?
Da kommt er. – Stellen wir uns wieder blind
Und reizen ihn, uns etwas vorzujammern.

Vierter Auftritt

Horace. Arnolph

Horace. Von Ihnen komm' ich grade. Mein Geschick
Hat mir verhängt, Sie stetig zu verfehlen:
Doch unbeirrt such' ich den Augenblick,
Wo ...

Arnolph.     Ei, weshalb mit Förmlichkeit uns quälen?
Die Komplimente hass' ich ganz unsäglich,
Und ging's nach mir, schafft' ich sie ab mit Freuden:
Ein blöder Brauch, mit dem die meisten täglich
Unnütz drei Viertel ihrer Zeit vergeuden!
      (Er setzt seinen Hut auf)
Setzen wir auf! – Nun, Herr Horace, was macht
Ihr Abenteuer? Gibt's was zu berichten?
Ich war vorhin durch andere Geschichten
Zerstreut: inzwischen hab' ich viel daran gedacht,
Wie schnell Sie vom Erfolg begünstigt waren,
Und auf die Fortsetzung bin ich gespannt.

Horace. Ach, seit ich Ihnen mein Gefühl gestand,
Ist meiner Lieb' ein Unglück widerfahren.

Arnolph. Oho! Wie das?

Horace.     Der Neid des Schicksals brachte
Den Wächter meiner Liebsten wieder her.

Arnolph. Verdammt!

Horace.     Und was ich noch für schlimmer achte:
Er weiß um unsern heimlichen Verkehr.

Arnolph. Wer Teufel hat ihm das so rasch gesteckt?

Horace. Mir unklar; doch genug, es ist entdeckt.
Zur gleichen Stunde heut wie oftmals schon
Dacht' ich zu meiner Süßen zu gelangen,
Als mit verändertem Gesicht und Ton
Mir Knecht und Magd entgegensprangen;
Sie riefen: »Marsch, Herr Störenfried!« und kräftig
Schlug man die Tür mir vor der Nase zu.

Arnolph. Was? Vor der ...

Horace.     Vor der Nase.

Arnolph.         Das ist heftig.

Horace. Ich sprach noch durch die Tür; doch jedesmal
Scholl es zurück: »Sie lassen uns in Ruh'
Und bleiben draußen, wie's der Herr befahl.«

Arnolph. So hat man Ihnen nicht geöffnet?

Horace.     Nein.
Agnes bestätigte vom Fenster aus,
Er sei zurück, und sandte mich nach Haus
Mit rauhem Wort und nachgeworfnem Stein.

Arnolph. Mit einem Stein?

Horace.     Und nicht vom kleinsten Maße.
Dies war ihr Lohn für meine Höflichkeit.

Arnolph. Zum Teufel, das ist außerm Spaße!
Ein böser Fall. Sie tun mir wirklich leid.

Horace. Ja, diese Heimkehr steht mir sehr im Wege.

Arnolph. Wahrhaftig, lieber Freund, Sie dauern mich.

Horace. Der Mensch verdirbt mir alles!

Arnolph.     Sicherlich;
Jedoch Sie bringen's wieder ins Gehege.

Horace. Vor allem muß ich auf ein Mittel sinnen,
Das ihres Argus Wachsamkeit betört.

Arnolph. Ach, Kleinigkeit! Des Mädchens Herz gehört
Doch Ihnen?

Horace.     Ja.

Arnolph.         Dann werden Sie gewinnen.

Horace. Das hoff' ich.

Arnolph.     Zwar, der Stein hat Sie erschreckt;
Doch der bedeutet nichts.

Horace.     Das glaub' ich eben.
Ich merkte gleich, der Alte hat versteckt
Mit beigewohnt und alles angegeben.
Doch etwas nimmt mich wunder, und Sie sind
Wohl gleichfalls überrascht, wenn ich's erzähle!
Ein kühner Zug von diesem hübschen Kind,
Den man kaum zutraut ihrer schlichten Seele.
Wahrhaftig, Amor ist ein großer Meister!
Was man nicht war, man wird's durch seine Macht,
Und die vollkommne Wandlung unsrer Geister
Hat er in einem Augenblick vollbracht.
Selbst die Natur kann er in uns verändern;
An seine Zauberkraft reicht nichts auf Erden:
Geizhälse läßt er zu Verschwendern,
Die Feigen kühn, die Groben höflich werden;
Schwerfällige macht er gewandt und frisch
Und höchste Blödigkeit erfinderisch.
Agnes bezeugt aufs neue dies Gesetz;
Denn wie aus ihrem Mund die Worte kamen:
»Gehn Sie, mein Herr, und kehren Sie nicht wieder,
Und hier ist mein Bescheid auf Ihr Geschwätz,«
Fiel mit dem Stein, den Sie so tragisch nahmen,
Ein Briefchen mir zu Füßen nieder,
Des Inhalt in Vergleichung mit dem Werfen
Des Steines mich zum größten Staunen zwang. –
Was sagen Sie zu diesem Bauernfang?
Versteht die Liebe nicht den Geist zu schärfen?
Und könnte man noch leugnen, daß sie plötzlich
Die Herzen wandelt, die von ihr entbrannt?
Ist eine solche Kriegslist nicht ergötzlich?
Verrät sie nicht erheblichen Verstand?
Verdient die Rolle, die der alte Gauch
Dabei gespielt kein schallendes Gelächter?
Wie?

Arnolph.     Ja gewiß.

Horace.         So lachen Sie doch auch!
      (Arnolph lacht gezwungen)
Da hat nun dieser grimme Tugendwächter
Sich rings verschanzt, mit Steinen sich gerüstet
Und alle seine Leute, jung und alt,
Auf mich gehetzt, als ob es mich gelüstet,
Sein Haus zu stürmen mit Gewalt,
Und die er möglichst dumm erhielt, sie schlägt
Vor seinen Augen ihn mit eignen Waffen!
Ja, macht mir seine Rückkehr auch zu schaffen,
Wird mir dadurch auch Schweres auferlegt,
Ich finde doch den Fall so äußerst scherzhaft,
Daß ich zu bersten fürchte, denk' ich dran.
Mir scheint, Sie lachen nicht genügend herzhaft.

Arnolph (mit gezwungenem Lachen). Ich lache ja, so laut ich kann.

Horace. Ich muß als Freund den Brief Sie sehen lassen.
All ihr Gefühl weiß sie darin
Mit rührend zarten Worten einzufassen
Und mit so keuschem, unbefangnem Sinn,
Wie lauterste Natur allein
Darstellen kann des Herzens erstes Regen.

Arnolph (leise, für sich). Schelmin, so übst du dir das Schreiben ein!
Warum auch lernte sie's? Ich war dagegen.

Horace (liest).

»Ich muß Ihnen schreiben und bin sehr in Verlegenheit, wie ich es anfangen soll. Ich wünschte, daß Sie erfahren, was ich mir denke; aber ich weiß nicht, wie ich es Ihnen sagen soll, und traue meinen Worten nicht. Da ich allmählich erkenne, wie man mich absichtlich in Unwissenheit erhalten hat, so fürchte ich, ich könnte etwas Unschickliches schreiben und mehr sagen, als ich sollte. In Wahrheit, ich weiß nicht, was Sie mir getan haben; aber ich bin bis zum Sterben betrübt über das, was ich gegen Sie zu tun genötigt werde; ich würde es nicht ertragen, mich von Ihnen zu trennen, und wäre glücklich, Ihnen anzugehören. Es ist vielleicht unrecht, das zu sagen; aber ich kann nicht anders, und ich möchte, es könnte geschehen ohne mein Zutun. Man predigt mir, daß alle jungen Männer Betrüger sind, daß man sie nicht anhören darf, und daß alles, was Sie mir sagen, nur darauf abgesehen ist, mich zu täuschen; aber ich versichere Ihnen, daß ich so etwas von Ihnen nicht glauben mag; Ihre Worte sind mir so zu Herzen gegangen, daß ich sie unmöglich für Lügen halten kann. Sagen Sie mir offen, wie es damit steht; denn da ich ohne Arg bin, so würden Sie ja die größte Schlechtigkeit begehen, wenn Sie mich hintergingen, und ich glaube, ich würde vor Gram darüber sterben.«

Arnolph (für sich).
Schlange!

Horace.     Fehlt Ihnen was?

Arnolph.         Mir? Nein, ich nieste nur.

Horace. Ist hier nicht jedes Wort von süßem Klang?
Hat je sich trotz verwünschtem Druck und Zwang
Anmutiger entfaltet die Natur?
Und war es nicht verrucht und frevelhaft,
So seltner Gaben Blüte jäh zu knicken
Und ihres Geistes wundervolle Kraft
In Einfalt und Beschränktheit zu ersticken?
Die Liebe hat begonnen, ihr den Schleier
Zu lüften, und mein guter Stern wird mir
So Gott will helfen, sie dem Ungetier,
Dem Strolch, dem Wüterich, dem alten Geier ...

Arnolph. Empfehle mich.

Horace.     So eilig?

Arnolph.         Eine Pflicht
Fällt grad mir ein, die dringend mich verbindet ...

Horace. Da man so streng sie hält, ist Ihnen nicht
Bekannt, wer in dem Hause Zutritt findet?
Ich bitte rückhaltlos; die Freundschaft tauscht
Ja gerne Dienst um Dienst in solcher Lage.
Ich werde dort von Spähern rings belauscht,
Und Knecht und Magd, so sehr ich sie
Mir zu gewinnen jede Kunst entfalte,
Sind völlig taub für alles, was ich sage.
Für derlei Dinge hatt' ich eine Alte
Zur Hand, ein übermenschliches Genie:
Im Anfang diente sie mir meisterlich;
Doch kürzlich hat der Tod sie mir entrissen.
Vielleicht, daß Sie ein andres Mittel wissen ...?

Arnolph. Nein; doch das finden Sie auch ohne mich.

Horace. Auf Wiedersehn. Sie werden mein Vertrauen
Zu schätzen wissen.

Fünfter Auftritt

Arnolph (allein)

Arnolph.     Das ist hart!
Und noch den Sanften spielen, statt zu rasen!
So blöd und solche Geistesgegenwart! –
Sie ließ mich heuchelnd eine Larve schauen,
Wenn's nicht der Teufel selbst ihr eingeblasen.
Ja, dies verwünschte Briefchen ist mein Tod.
Der Strolch hat sie umgarnt mit seinen Kniffen,
Hat mir zum Tort Besitz von ihr ergriffen;
Mir aber bleibt die Pein und bittre Not.
Mein Schmerz ist doppelt bei dem Herzensraub;
Denn Lieb' und Ehre sank mir in den Staub.
Es macht mich toll, daß er mich so verdrängte,
Und toller, daß ich überlistet bin.
Zwar weiß ich wohl, daß ihrem lockren Sinn
Ihr böser Stern die Strafe schon verhängte,
Und selber wird sie mir die Rache schaffen;
Doch wer verliert sein Liebstes ohne Qual?
Grad ich, der ich so reiflich meine Wahl
Durchdachte, muß so hirnlos mich vergaffen.
Sie hat nicht Rang und Stand, nicht Geld und Gut,
Täuscht meine Treu' und Sorgfalt so verschlagen,
Und dennoch lieb' ich sie mit solcher Glut,
Daß ich unfähig wäre, zu entsagen.
Narr, schämst du dich denn nicht? O, ich ersticke.
Gern gäb' ich selbst mir eine Prügeltracht!
Ich will hineingehn, nur, daß ich erblicke,
Was sie nach solcher Tat für Augen macht.
Gott, schütz vor solchem Unglück meine Stirn,
Doch hast du mich bestimmt zu seiner Beute,
Dann gib zum mind'sten meinem armen Hirn
Den neidenswerten Gleichmut mancher Leute!


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