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Am 27. Januar 1749 nimmt der Stadtambtmann die mündliche Anzeige entgegen, daß vergangenen Samstag früh bei Jakob Altinger, Hufschmied in der Vorstadt ein Lärmen entstanden sei und die Leuth zusammengelaufen sind und daß im selbigen Haus Schmiedhammer, Gewichte, Ziegeltrümmer, Hufnägel, Glasscherben und – Eicheln herumliegen. Ist aus gemeltem Haus die Kindsmagd heraus gegangen, ist es mit dem Werfen still worden und da sie wieder ins Haus kommen, hat es wieder angefangen. Sie ist niemals getroffen worden, haben die Leuth gesagt. Ob sie nichts hört, hat sie mit nein geantwortet und gelacht. Und nicht nur im Schmiedhaus ging es so zu, sondern, als die Marie noch beim Hartbauern in der Hartgassen war, wird vom damaligen Knecht erzählt, hat es dort in der Kammer öfters am Fenster geklopft, er sei aus dem Dienst davon geloffen, er habe nicht in der Kammer bleiben können, er sei in die Stube gegangen und auch damals sei der Verdacht auf die Kindsmagd gefallen.
Franz Jakob, des Mühldorfer Ambtmanns Knecht, 18 Jahre alt, erinnert sich auch, daß es in vorbesagter Kammer öfters am Fenster geklopft habe und mit einem Mauerbrocken und Koth auf die Dirn geworfen worden sei, die beim Kindsmensch lag. Auch Stöhnen habe man gehört.
Nun folgen die Zeugenerhebungen des Ambtmanns in Mühldorf. Sie wurden beeidet. Jakob Altinger, der Schmied, 30 Jahre alt, sagt: Am vergangenen Freitag um ½3 Uhr Nachmittag schickte die Schmiedin die Marie fort um etwas Geweihtes zum Einnähen ins Bett zu den Kapuzinern. Da hat der Spuk angefangen, die Naderin, die da war, bestätigt es. Es wurde dreimal geklopft, war aber niemand zu sehen. Die Schmiedin hat ihn gefragt, ob er es war. Dann ging sie wieder in die Stube. Während sie drunten war, habe man vor der Stubentür jemand wie in Strumpfsocken gehen hören. Später sei die inzwischen zurückgekommene Marie und die Naderin von der obern Kammer, wo sie aufgebettet, heruntergekommen und haben vermeldet, auch sie hätten jemand gehen gehört. Steindl und ein Ziegltrumb habe seine Frau gefunden und ihm gebracht. Er habe sie ausgelacht, sei aber doch im Haus herumgegangen. Bald darauf wurde mit Stein, Nägl und Beiner geworfen, worauf die Schmiedin mit der Naderin zum Pfarrer gingen und es ihm erzählten. Nun holte sie einen Pater, der hatte aber keine Stola und entsprechendes Büchl dabei, er sagte, wenn es nicht aufhöre, sollen sie ihn holen. Um 12 Uhr nachts wurde er dann gerufen. Obwohl er die Stub ausgeräuchert und benediziert hat, so hab es doch bald darauf vor dem Pater ein altes Nageltrumm und ein Stuckh, von dem der Schmied gewiß wußte, daß es in der Werkstatt sei, niedergeworfen. Darauf ging der Pater; bei der Nacht ist er dann noch dreimal gekommen, auch andere Leut seien zugelaufen. So er aber ins Haus kommen und das Mensch hat vorgeleuchtet, ist das Werfen wieder angegangen, aber trotz der Würf mit Steinen und Hämmern habe niemand Schaden genommen. Am Freitag ist es nur mit kleinen Steinen, Ziegeltrümmern, Nägeln und Bainderln geschehen, am Samstag aber mit Steinen, Hämmern, Aicheln und Glasscherben. Einmal, als er zum Fenster hinausgeschaut, ist dem Schmied auf den Buckel geklopft worden, sonst ist alles vor ihm niedergefallen. So oft Marie aus dem Haus war, ist es still gewest, da sie wieder kommen, ist es wieder angegangen. Sie ist aber niemals getroffen worden. Sonst hat sie ganz verschrobhen gelacht. Wenn ein großer Wind gegangen, hat sie sich nicht einmal aus der Stube getraut, damals hat sie sich aber doch nicht geforchten, sondern immer gelacht. Wie sie dann am Samstag abends mit dem Ambtmann zu meinem Gevattern in die Hartgassen hat gehen müssen, allwohin sie nicht gehen wollt, hat sich zuhause nichts mehr ereignet.
Marie Altingerin, die Schmiedin, 28 Jahre alt, sagt gleichlautend aus. Nachdem die Marie das Geweihte geholt hatte, hat es bald darauf dreimal an der Stubentür geklopft und es ging ein Werfen mit Steinern und Beinen an. War sie aus dem Haus, war es still. Wie sie am Freitag mit dem Spanlicht, bevor es zu werfen angefangen, in die Werkstatt zum Schmied hinabgegangen, sagte sie, ich fürchte mich recht, ich muß meinem Mann einen Weichbrunn geben. Da hat Marie gelacht und gesagt, es tut mir nichts, es geschieht mir nichts, ich fürchte mich nicht. Ob sie schon sonsten ganz gschröckig und bei Nacht sonst nicht aus der Tür hat gehen wollen. Da nun sie und Marie am Samstag von einem Pater benediziert und ihnen etwas Geweihtes eingegeben worden, hat sie gesagt, es grause ihr vor dem Eingegebenen. Und Abends, da sie dem Schellerer und andern die ins Schmiedhaus kommen, ein Pitschen Bier geholt, hat Schellerer gesagt, sie soll sagen »Gesegns Gott«, sie habe aber nur gesagt »ja, ja«. Die Deponentin hat sich dadurch noch mehr verdächtig gemacht. Um Mitternacht vor 14 Tagen schrie das vierjährige Kind der Schmiedin, ein schwarzer Mann mit langem Bart sei da. Der Schmied ging hinaus, inzwischen sagte das Kind, der Mann sei wieder fort. Alle drei haben sich geforchten und die Eltern haben das Kind ins Bött genommen.
Die Dienstmagd Marie Mittermayerin beim Höllpreu (neben dem Schmiedhaus), 22 Jahre alt, gibt an, daß sie am Samstag früh 8 Uhr Holz geholt habe und im benachbarten Schmiedhöfl das Kindsmensch gesehen habe, wie sie mit einem Pflasterstein von einem Ziegel ein Trum herabgeschlagen habe, sie hat dann den Stein wieder fortgeworfen, aber einen andern kleineren aber etwas längeren Pflasterstein wieder aufgehoben und solchen mit dem Ziegeltrum unter wildem Lachen mit sich ins Haus genommen. Diesen Stein hat dann die Deponentin im Schmiedhaus auf dem Tisch liegen sehen. Einem zehnjährigen Buben ist beim Höllbräu zu der Zeit ein Schmiedhämmerl von einem Viertel Vierling in ihrer Gegenwart auf den Kopf und dann zu Boden gefallen. Der Bub hat aber gelacht und gesagt, daß es nicht weh getan. Zeugin ist mit der Marie nicht bekannt; sie hat sie aber niemals in der Kirche gesehen; wenn sie mit ihr reden wollte, hat sie nicht still gehalten, sondern gesagt: »mit mir hat das Werfen nichts zu tun, ich fürchte mich nicht.« Dabei hat sie die Augen wunderlich »umeinandergedräht«, das kam der Zeugin verdächtig vor.
Die Naderin beim Höllschmied, die 28jährigle Marie Kronabitingerin gibt an: Wie am Freitag die Marie mit den geweihten Sachen heimkommen ist, um diese ins Bett einzunähen, hat es gleich an der Tür geklopt, auf Herein ist niemand kommen, beim Oeffnen hat man niemand gesehen. Die Marie hat gesagt, daß sie an der obern Tür hat klopfen hören. Und da Zeugin am Samstag abend Kerzen geholt und ins Haus gekommen, ist die Marie an der Haustür gestanden und hat gesagt, es werfe wieder, aber sie (selbst) brauche sich nicht zu fürchten. Gleich darauf ist ein großer Drei-Pfundhammer auf die Stiege gefallen, worauf Zeugin sehr erschrocken und Kerzen und Brot auf die Bank geworfen. Die benachbarte Wagnerin ist dann über die Stiege hinabgekommen und hat den Hammer in die Stuben hinaufgetragen. Bald war wieder etwas an der Tür; nach Oeffnen lag ein kleiner herabgeworfener Hammer am Boden. Sie ist dann, weil sie sich geforchten, wieder in die Stube. Sie sagt, sie habe Marie nie soviel arbeiten sehen, Holz tragen und auskehren, Stiege auf und ab und da sie gewarnt, hat sie beim Hinausgehen stets lachend gesagt, sie fürchte sich nicht, ihr kann nichts geschehen. Es war das sehr verdächtig. Es hat nur herumgeworfen, wenn sie im Haus war. Ein andermal hat ein Pater die Schmiedin, die Kinder und die Marie benediziert und Geweihtes eingegeben, da wurde der Marie ganz übel und als ihr der Pater noch was in den Hals stopfte, bracht sie es nicht hinunter. Bevor das Kindsmensch da war, war es ruhig.
Der 26jährige Nagelschmied Lorenz Vorweg (?) erzählt, daß er am Samstag die Stiege hinaufgegangen sei, die Marie ist vorausgegangen. Wie sie wieder aus der Stube geht, ist vom Gewölbe etwas heruntergefallen und gleich darauf ist ihm ein Stein an die rechte Brust gefallen, so auf dem Ofen gelegen war.
Auch Joseph Paullus, 28jähriger Tuchmacher, hat mit vielen anderen Leuten gesehen, daß am Samstag Nägel u. a. gefallen sind und hat sie zum Kapuziner getragen. Man könnte Argwohn auf Marie haben, es sei halt eine Hexerei. Die Höllpreuin hat einmal zur Marie gesagt, sie soll in ihr Haus zu ihr kommen, sie aber gab zur Antwort: »Ich gehe nicht, ein guter Geist tut mir nichts und ein böser kann mir nicht schaden.« Wie er aus der Stuben gangen, ist ihm ein Stain nachgeflogen, ist auf die Staffeln gefallen, dann auf seinen Fuß, hat aber nicht weh getan, war wie ein linder Ballen. Er hat ihn aufgehebt und zum Kapuziner getragen. Nachdem das Kindsmensch fortgeschickt und eine halbe Stunde aus war, war es ruhig. Wie sie wieder in die Stuben kommen und auf den Ofen hinaufgeschaut hat, hat es geklappert und ist was heruntergefallen.
Die 23jährige Dienstmagd Marie Rämblsbergerin von der Hartgaße erzählt, daß, nachdem die Marie kommen und sie im Bett war, hat es gleich an Fenster und Wand geklopft, Mörtel ist ihr auf den Buckel gefallen und sie hat gesagt: »Ich mein es geht schon wieder an, es findet mich hier auch« und hat gelacht, die andern aber haben sich gefürchtet, sie aber: »Ich fürcht mich nicht, mir geschieht nichts.« Dann ist das Mensch von der Kammer in die Stuben zu den Ambtsleuthen gegangen. Dann hat die Zeugin und die Bauerntochter schlafen können. Inzwischen erfolgte die Verhaftung der Marie.
Am 27. Januar wurde die erste Verhandlung aufgenommen. Sie ist überschrieben: Constitutum; anwesend waren der Pfleger, der Stadtschreiber Nikolaus Mitterer und zwei Beisitzer. Es wurden 49 Fragen (Interrogationes) und Antworten (Responsa) vorgenommen.
Sie heiße Marie Pauerin, 16 Jahre, aus Neumarkt a. d. Rott, Vater war Melbler in Mühldorf, Mutter Seilerstochter von Neumarkt, lebt noch, sie ist lediges Kind, ½ Jahr beim Höllschmied, vorher beim Klostervorgeher Mathias Reiter in Neumarkt.
Sie antwortet auf die Fragen des Pflegers, wer geworfen, sie wisse es nicht. Warum auf sie geworfen worden: weil sie geweihte Sachen ins Haus gebracht. Warum sie keinen Weichbrunn genommen? Sie habe es schon getan. Warum gelacht und sich nicht gefürchtet? Sie habe Geweihtes gehabt. Sie habe schon Samstag vormittag gelacht, es sei ihr doch erst abends eingegeben worden. Wenn alle Leut sich forchten, warum sie nicht? Weiß es nicht. Was ist ihr eingegeben worden, hat sie es gern genommen? 1 Lukaszettel, 1 Rauch, 1 Stippel in Weichbrunn und aus einem Löffel, sie hab es gern genommen. Sie hat doch gesagt, es wird ihr übel? Weil wenig Weichbrunn dabei war, ist es ihr im Hals stecken blieben, auch hat sie noch nichts »gessen«. Sie braucht doch vor dem Abendessen nichts! Ist das Stückl wieder herausgekommen? Nein, sie hab einen Johannessegen getrunken und das Geweichte hinuntergeschwaibt. Wo hat sie den her? Sie hat ihn von einem Gestöll herabgenommen. Warum hat sie dem Schöllerer nicht zugetrunken? Sie hat es nicht gehört und der Schmied hat gesagt, es ist kein Wirtshaus. Warum sie im Höfl mit einem Pflasterstein Ziegel zerschlagen und ein Trum unter Lachen ins Haus getragen? Sie habs nicht getan, hat bloß im Höfl was fragen wollen. Warum aber gelacht?
Weil ein Stein, der vorher im Zimmer war, im Höfl gelegen.
Ob sie in die Kirche gehe und beichte? Außer den Feiertagen gehe sie alle 14 Tage in die Kirche. Sie hat gebeichtet. Haben die Steiner nicht weh getan? Weiß nicht. Warum sie nicht aus dem Haus gegangen? Frau hats nicht erlaubt.
Nun kommt eine unerwartete, von schlimmsten Folgen begleitete Antwort:
Es sei Mittwoch vorher um 3 in der Früh ein Geist zu ihr kommen, mit schwarzen Rock, mit weißen »Flöggl«. Es war ihr Vötter Jakob Zettl, hat gesagt, daß er vor 7 Wochen in einem Gerauff erschlagen worden. Niemand könnt ihm helfen als sie. Wenn sie an 5 Freytagen nach Eggsperg gehe und für ihn beichte, helfe es. Sonst müßte er auf weitem Feld also tun wie im Schmidhaus und sie wäre verdammt. Der Sohn des Vötters sei Soldat gewesen und auch vor 20 Jahren in Blangstätt erschlagen worden. Er käme halt in die Höll, wenn sie ihm nicht helfe. Was der Geist getan? Hat geklopft und ihr das Dogget über den Kopf gezogen.
Mitten im Verhör sagt sie nun, nicht der Geist selbst hat im Haus regiert und geklopft, sondern er habe es ihr geschafft, also zu tun. Wie sie die Sache angestellt habe? Sie habe die Stain, Glasscherben, Gewichte, Hämmer, Hufeisen und Aicheln in die Höh geworfen, damit sie wieder herunterfallen. Sie sei besser als andere getroffen worden, es hat aber niemand weh getan, sie müsse auch bei ihrer Mutter noch so werfen.
Sodann widerspricht sie sich wieder und sagt, der Geist hat geholfen, er hat das meist dabei getan. Wie der Geist geholfen? Er habe die großen, sie die kleinen geworfen. Warum sie gelacht? Weil der Vötter geworfen. Hat der gelacht? Nein, hat trutzig ausgesehen. Wie sie habe lachen können, da sie sich zuerst geforchten? Weil sie ihn so lang nicht mehr gesehen, hat sie sich gefreut. Hat sie Freud an schwarzen Geistern? Nein, nur am Vötter. Wenn sie Steinl geworfen, habe er angefangen. Er hat auch beim Hartbauern geklopft und mit Mörtel und Koth geworfen. Sie habe doch gesagt, es solle nur im Schmiedhaus und bei ihrer Mutter geschehen. Sie antwortet: Halt beim Hartbauern auch. Warum am Sonntag nicht? Der Vötter hats verboten.
Sie wurde nun wieder in Verhaft geführt.
Am 30. Januar wurde das Verhör mit weiteren 30 Fragen fortgesetzt und wird gleich zu Anfang mit der Zeugin Marie Mittermayerin vom Höllbräu konfrontiert.
Ob sie dabei bleibe, keinen Stein im Höfl zerschlagen und genommen zu haben? Ja. Da sagt die Zeugin, ich hab zu ihr gesagt: »was machst du da, willst du die Leuth foppen?« Sie hat gelacht und ist mit dem Stein ins Haus. Die Marie Pauerin gibt nun zu, daß sie es getan, aber die Mittermayerin habe sie weder gesprochen noch gehört. Was sie mit dem Stein getan? Die kleinen habe sie geworfen, die großen auf die Stiege getragen und dem Geist gegeben, der sie dann geworfen. Wann ist er ihr erstmals erschienen und wie hat er ausgeschaut? Gestern vor 8 Tage sei er um 3 Uhr Früh das erstemal gekommen, ganz schwarz, hat nichts angehabt, nur am Hirn und Schläf weiße Fleckl. Sie habe am 27. gesagt, er habe einen Rock gehabt? Nein. Die Naderin war bei ihr gelegen und hat nichts gesehen. In welcher Kammer? In der Gsöllnkammer oben, weil das Bett in der Stuben zusammengefallen. Hat sie Geschwister? Einen Bruder, Tuchmacherlehrling in Simbach, auch ein lediges Kind der Mutter. Wo sie vorher war? In Neumarkt bei der Mutter, bis sie vor ½ Jahr nach Mühldorf kommen. Wer ist also der Geist? Nun gibt sie ausweichende Antworten, endlich, ermahnt, die Wahrheit zu sagen, bekhennet sie daß es der böse Feind sey. (!) Er hab gesagt, er sey so lang ihr Vötter bis sie die Kirchfahrt nach Ecksberg, Altenötting und Dorffen ausgericht. Vor 5 Wochen schon sey er das erstemal nachts zu ihr in die Kammer gekommen. Wenn sie wisse, daß es der böse Feind sey, wie könne sie dann lachen? Sie sagt darauf, sie habe sich ihr Lebtag guete Sach gewünscht. Er habs ihr versprochen, wenn sie so das Leben weiter führt. Was für ein Leben? Sie hat nicht gebetet und sich nicht gewaschen. Ob er zu ihr in die Keuchen auch kommen? Ja, gleich die erste Nacht und sey bös gewest, daß sie gleich ihn bekennet hat. Dann ist er nicht mehr kommen, weil man ein hl. 3 König-Wasser in die Keuche gebracht hat. Ob er auch in der Gerichtsstube war? Er ist bei der Tür gestanden und wie sie gesagt, ihr Vötter sey erschienen, sey ihr übel geworden und wie sie bekannt hat, der Böse sey es gewesen, hat es ihr den Schweiß aus dem Gesicht getrieben. Dies wurde auch von den anwesenden Ambtspersonen bemerkt. Ob sie ihn noch weiter gesehen? Nach längerem Schweigen bekhennet sie, daß er am 3. Fenster außen gestanden sey und ihr mit der schwarzen Brazen, woran Nägel gewest, bedeutet, sie soll nicht bekennen. Nachdem sie es aber gesagt, sey er fort. Ob er ihr sonst was angelernt? Nein. Da sie gelacht, wenn sie ihn gesehen, müsse sie doch wohl mit ihm bekannt gewesen seyn? Sie hab gelacht, weil er sie so verblendet, als ob sie ein schön grün daffetenes Gewand getragen habe.
Wird wieder abgeführt.
Am 1. Februar wird sie wieder geholt. Diesmal wurden ihr 38 Fragen vorgelegt.
Warum sie geworfen und woher sie die Aicheln hatte? Am Mittwoch in der Früh hab ihr der böse Feind angelernt, zu werfen. Die Aicheln habe sie beim Wagner genommen.
Ist der böse Feind wieder in die Keuche gekommen? Er sey gestern beim Tag bei ihr gewest und war bös, daß sie gesagt, daß er bei ihr gewest, ob sie ihn verlassen wolle und ihr »das schwarze Weibl«, nämlich zu Altötting, lieber sei.
Nun fragt der Ambtmann, weil ihm obrigkeitlich befohlen, zu sehen, ob er zwischen den Ohren Nägelspuren findet, und weil er am rechten Ohr der Marie einen Ritzer gesehen, was die Nägel bedeuten. Geist habe sie heut aufgerissen, sie solle aber sagen, sie habe es getan, nicht er.
Warum? Damit, sagt sie, ihm mit Blut unterschreibe, so sie auch than, ich gehöre dein und du gehörst mein. (!)
Wer die Feder hergegeben? Der Geist, sie sey schwarz gewesen.
Auf was geschrieben? Auf einen breiten schwarzen Zettel.
Wann? Vor 5 Wochen, so er allein in ihre Kammer gekommen.
War noch ein Geist dabei? Ja.
Welcher war der Vornehmere? Nicht der, der öfter kommen, sondern der andere, war auch länger. Ihm hat sie den Zettel geben.
Sie soll die Wahrheit sagen, was noch geschehen. Der größere hat dann zu ihr gesagt, – sie soll mit ihm ins Bett gehen. (!) Sie hat es getan.
Was? Grobe unflätige Sachen haben sie miteinander getrieben.
Wie oft das geschehen? Oefters, bis die Naderin zu ihr ins Bett kommen.
Wie hat der große Geist ausgesehen? Im Gesicht blaß und weißlich, hat ein grünes Daffetkleid angehabt, wie ein Kawallier, die Hände waren auch weißlich, aber mit langen spitzigen Krallen, als die Katzen haben. Die Füß waren wie Gaißfuß mit Klauen und sein gewest als wenn er weißliche Strumpf anhatte. Der Bart war lang, kraus, schwarz, auch die Haare, auf dem Kopf keine Haut, aber 2 Hörndl wie Daumen. Der andere hatte auch ein weißliches Gesicht mit Hörndl, schwarzen Bart und an den Händen auch spitze Krallen. Die Füß waren auch Gaißfuß, ohne Strümpf. Kleid war gelb Tuch.
Wie sie mit so einem etwas zu tun haben möge? Sie wisse es nicht. (Bis hieher sind es schon über 100 Fragen und Antworten!) Das hysterische Frauenzimmer bildet sich etwas ein, im Mittelpunkt der Verhandlung zu stehen und phantasiert, allerdings geleitet durch die Fragestellung.
Was hat der Große noch verlangt? Sie hat ihm Hand geben müssen, daß sie ihn nicht mehr verlaßt, aber Gott und die Frau.
Hat sie gebeichtet? Ja! und (!) Hostie verschluckt. (Auffälligerweise sagt sie gleich »verschluckt«; diese Aeußerung wird ihr zum Verhängnis.)
Warum verschluckt, es hat sie doch niemand gefragt. Hat vermeint, es ist Argwohn.
Ist der Große oft kommen? Nein, aber der andere, immer im gleichen Kleid.
Wie heißt man den Großen? Der andere hat ihn Obrister geheißen.
Ist sie jemals mit den Geistern ausgereist? Dreimal.
Wohin? Jederzeit in eine Höllen, innen grün und rot gestrichen.
Wer war dabei? 13 Paar Mann und Weib.
Was getan? Getanzt.
War ein Tisch da? Eine lange Tafel.
Wer ist obenan gesessen? Der Obrister, dem sie sich unterschrieben, allein. Haben grüne Sessel gehabt. Zu unterst in den zwei Ecken sind noch zwei böse Geister gesessen, ansonsten paar und paar. Ihr Mannsbild war der im gelben Rock.
Was aufgetischt? Spanferkel, Lunglvoressen, Salat, Rotwein; dann getanzt. Alles Nachts.
Wie war die Beleuchtung? Messingene Lichte und Inschlittkerzen.
Wie sie dort hingekommen sey? Sie und ihr Geist sind auf einer – Gabel hingefahren, die andern auch, der Obrister allein voraus.
Was geschah nach dem Tanz? Sämtlich heimgefahren. Ihr Geist mit ins Schmiedhaus, 3 Vaterunser vorm Tagläuten, sie habe dann mit ihm Unkeuschheit trieben. Ausgefahren sind sie um 10 Uhr, wenn die Leuth schlafen gangen.
Wo war die Naderin? Bei der Schnaubenbergerin (?) zu Altenmühldorf.
Demnach das constitutum geschlossen und sie wiederumb in Verwahrung gesetzt worden.
Am 29. Januar hat der Pfleger nach Neumarkt geschrieben:
Die Eingezogene hat angegeben, daß sie der Maria Zötlin, Seilerstochter in Neumarkt lediges Kind sei und beim Klostermetzger in St. Veit ein halb Jahr gedienet, sonst bei ihrer Mutter sich aufgehalten. Die zwei Personen sind eidlich zu vernehmen.
Zuerst werden der Schmied und die Schmiedin und die Marie Mittermayerin, Dirn beim Höllbräu befragt über den Umgang der Pauerin. Sie habe nur mit 3 Neumarkter Menschern verkehrt.
Dann geht es wieder weiter.
M. erzählt, 2 böse Geister haben gegeigt, 1 Hackbrett gespielt.
Warum »böse«? Weil sie Hörndl gehabt. Es habe Pfannstückl, Lungl, Salat aber ohne Brot gegeben. Die Geister haben nicht gessen, nur herausgegeben. Geredet haben nur die Menschen, dem Obrister habens gesagt, sie wollen ihn nicht verlassen.
Waren Bekannte von Neumarkt dabei? Der Kirschner, der Peruggenmacher, der Stadtschreiber und ein Heylmensch (?).
Wer hat sie am Ohr gerissen? Der in gelbem Rock mit seinem Nagel. Sie wiederholt, was und wie sie unterschrieben. Der Große hats angegeben.
Was wurde dann getan? Unkeuschheit.
Sie wird wieder in Verhafft geführt, um am andern Tag wieder vernommen zu werden. Wieder 35 Fragen! Als Beisitzer werden angeführt: Franz Nöndorfer, Sporrer und Antoni Drautmayr, Weißbierwirt.
Gestern abend und heute früh war der Geist bei ihr, sagte sie. Es sollen noch mehrere andere verführt werden.
Wer? Eine Mesners- und Schreinerstochter Lisl in Neumarkt. Die Marie bereut anscheinend, schon zu viel gesagt zu haben, sagt, sie sei nicht dabei gewesen, sondern die Lisl hab ihr alles erzählt. (Damit liefert sie diese unwissentlich dem Verhängnis und Tod aus.) Sie hat gesagt, sie habe alles erzählt, als wenn sie dabei gewesen, weil sie die Lisl nicht aufbringen wollt.
Warum jetzt? Sie habe das Herz nicht gehabt, aber weil die Sache auf sie loß geht, sagt sie es. Unsre Frau hab sie gemahnt.
Wie lang sie bei Lisl gewesen? Eine Stunde. Reicht nicht, sagt der Pfleger. Nein, vorher auch schon.
Woher dann das Nägelzeichen am Ohr komme? Sie weiß es nicht, sie ist vom bösen Feind nicht gekratzt worden. Sie hat alles nur nachgesagt, sie hat sich auch nicht verschrieben.
Man werde die Lisl vernehmen. Der böse Geist erscheine ihr nur, sagt Marie, wegen der Lisl, er mache ihr Angst, daß sie die Lisl nicht aufbringe. Sie wird nun eingehend wieder befragt, leugnet aber eigentümlich. Endlich wird sie abgeführt. Erst am 20. wird sie dann wieder vernommen.
Am 4. Februar 1749 berichtet Gerichtsschreiber, Pfleger, Bürgermeister und Rat Freiherr von Zillerberg von Mühldorf an den Erzbischof Andreas Jakob nach Salzburg mit 38 Beilagen Reichsformat, daß in des Jacob Altingers, bürgerl. Höllschmieds Behausung vergangenen Freytag und Samstag ein unnatürliches Werfen mit Steinen und Hämmern vor sich gegangen sey, worüber die Leut, die zugelaufen, außer dem aldortigen Kindsmensch Marie Päuerin, welche nur stets gelacht hat und gar nichts hörte, sich aufgehalten haben. Die ungewöhnliche Begebenheit wirft auf besagtes Kindsmensch einen nicht unzeitigen Verdacht, weil es nur so lange gedauert, als Besagte in dem Haus war und da sie hinausgegangen, alles wieder still und ruhig worden sei. Er habe deshalb dem Ambtmann befohlen, daß er und dessen Knecht sich des Kindsmensch versichern und habe eidliches Vorgehen vorgenommen, ob sie bekennt, daß solches Gespiehl durch den bösen Geist, dem sie sich wohl unterschrieben, verübt worden. Sie will nicht sagen, was sie dem bösen Geist noch versprochen nach Unterschreibung und es besteht Observanz, daß sie Gott und die Mutter Gottes und alle Heiligen abschwören und nicht heraussagen will, was sie und andere, nach dem sie auf dem Hexentanz ausgefahren, Blasphemien wider Gott getrieben hat.
Anwesend waren hiebei der Pfleger, der Stadtschreibergehilfe und 2 Beisitzer, einer davon Weißbierwirt, Anton Trautmayr und Prokurator Franz (?).
Die Einleitung eines Hexenprozesses war zwar Sache des Pflegers, aber man sieht, daß sogar dieser gebildete Adelige schon vom Hexenwahn befangen war und verspürt schon eine dunkle Ahnung, wie sich der Prozeß auswachsen wird.
Während dieser Zeit wird nämlich in Neumarkt verhandelt. Dort gings nach bairischen Gesetzen 1. nach dem bayr. Landrecht, 2. nach der Malefizordnung der Fürstentümer Ober- und Niederbayern von 1616, 3. nach dem Landgebot Maximilians wider Hexerei von 1622, 4. nach der General- und Spezialinstruktion über die Hexenprozesse im Churfürstentum Bayern von 1622.
Gleich am 5. Februar schrieb der Mühldorfer Pfleger wieder nach Neumarkt, was Marie Pauerin in dem »guetlichen« constituto (also ohne Folter) gegen die Schreiner- und Mesnerstochter Lisl für eine Anzeig (!) getan, das sey aus beiliegendem Protokoll zu ersehen. Untersuchung müsse sofort erfolgen.
Am 7. kommt vom Ambtspfleger Frz. Jos. Bonav. Kleiner aus Neumarkt schon der erste Bericht: Er habe die in Betracht kommenden Personen eidlich vernommen, auch die Liesl (»noch mit ehrlichem Leumund«[!]); die Zettlin sey eine wegen leichtfertige Verbrechen zweimal korrigierte Person und sitze jetzt in der Frohnveste. Außerdem wurden als Zeugen vorgeladen und vereidigt:
Klostermetzger Mathias Reutter, 45 Jahre alt, gibt an, daß die Marie vor einem Jahr bei ihm ein halbes Jahr in Dienst war. Sie war nur mürrisch, hat nit gern gebetet. Man hat sie in die Kirche schaffen müssen.
Barbara, sein Weib, 37 Jahr, sagt, sie war nur »mutigen Humors«, aber faul, hat Schwätz und Augen gemacht, deshalb entlassen. Ging Werktags nie in die Kirchen. Ob sie Geweihtes gehabt, könne das Dienstmensch sagen.
Dieses, Maria Anna Naperburgerin (?), ledig, 40 Jahre, war mit der Pauerin einige Wochen zusammen in einem Zimmer »separirter« gelegen, die Pauerin hab gebetet und Skapulier gehabt. Nur soll sie einmal einer Bäckerstochter aus Gangkofen Geld genommen, aber wieder geben haben. Marie sey gern mit Schwätzereien umgegangen und hab Leute gegeneinander gehetzt.
Anna Marie Killein (?), led. Brodpraiterstochter, sagt, Mutter und Tochter haben schon gebetet.
Maria Mathias Reichhamb, Tagwerker, hat beide für christlich gehalten, aber sie hätten ein schlimm Maul.
Das Gleiche sagt Barbara Paintner, Tagwerkerswitwe.
Am 8. Februar wird von Mühldorf wieder nach Neumarkt geschrieben:
Die in Mühldorf Verhaftete hat von der Mößner Lisl ausgesagt, daß sie von ihr gehört, sie hat sich dem bösen Feind verschrieben, hab sich mit andern auf Hexentänzen eingefunden u. a. Sie habe alles was sie angegeben, von der Lisl gehört. Auch der Mutter hab es die Lisl erzählt. Beide sollen vorerst in »aller Güte« geheim vernommen werden. Lisl habe auch eine Marie von Burghausen erwähnt, die es auch so gemacht und verbrannt wurde.
Am 10. Februar schreibt Kleiner an den Pfleger zurück, daß nun auch die Schreiner- oder Mesner-Lisl in Verwahr »gestürzt« sey. Die »gütliche« Interrogation lautete: Sie heiße Marie Zötlin, sey 40 Jahre alt, Seilerstochter, wisse nichts von krummen Wegen ihrer Tochter. Aber an Michaeli hab sie ihr erzählt, daß ihr (der Zeugin) Bruder, ein Tuchmacher, gestorben sei, wie sie von einem reisenden Tuchmacher beim Jägerbräu vernommen, worauf sich sein Geist mit dreimal Klopfen an der Thür schröckbar gemeldet und zwar um 1 Uhr Nachts. Die Zötlin hats dann ihrer Schwester Marie, Tuchköchin in Massring, erzählt und hat eine Meß lesen lassen, worauf sich begeben, daß der Tuchmacherlehrling Hans Georg gekommen und gesagt hat, der Bruder sei keineswegs gestorben, arbeite in Sachsen und komme an Martini wegen Roßhaarhandel. Sie habe also auf das »Melden« nichts gegeben, aber auch in Neumarkt ist Lärm wie in Milldorf entstanden, dahinter stecke nichts Gutes, mithin müsse der Tochter der Böse erschienen sein. Deshalb ist sie vor 14 Tagen nach Milldorf und – fand ihre Tochter im Ambtshaus in einer Zellen »angeschlagen«. Auch beim Bauern vor der Stadt habs geklopft und von der Höhe Taubenpfifferling gefallen. Sie hat der Tochter ihr heiliges Amulett gegeben.
Von wem hab sie die Kinder? Sey sie dafür ordentlich (!) bestraft worden?
Den Buben von einem Eichmüller Sohn, die Marie von einem Ambtsknecht Paur, sei beidesmal ordentlich mit der Halsgeige gestraft worden.
Marie habe nur einmal Schulden gemacht, sey arg geschlagen worden, hab zum Dienen müssen.
Ob Zeugin nie zur Schreinerlisl gekommen? Mit der Wasch öfters dort, Lisl sey auch herüberkommen.
Was hat sie geredt? Lauter Kindereien. An Michaeli aber vor 2 Jahren sollte sie die kranke Lisl hinten in der Holzkammer besuchen und da hat sie ihr erzählt, – daß allerweil einer zu ihr kommt und sie bis aufs Blut an den Brüsten sauge. (!) Sie hör ihn schon jedesmal, wenn er über das vor der Haustür liegende Zuberbrett tritt. Diesen sündigen Vorgang hab sie noch niemand, nicht einmal ihrem geistlichen Bruder Virgilius, der von Seeon da war, gebeichtet. Sie solle Pater Edmund von St. Veit holen, ob er nicht abhelfen könnt. Darüber war sie sehr bestürzt und befremdet. Die Zeugin Zettlin hat dann alles der Jägertochter Veronika erzählt, die hat aber abgeraten, weil es sonst der Vetter Lisls, Pater Michael übel nähme, und ist gleich zu diesem gelaufen und hat alles erzählt. Der sagte, es sei lauter Phantasie und die Kathl soll schweigen und bei Todsünd nichts aussagen. Inzwischen ist der Pater Maurus mit dem hochwürdigsten zu Lisl gekommen, »worüber sie dann leys gewesen«. Zeugin erzählt dann, in der Nacht darauf hab sie um 11 Uhr auf der Gassen laut singen hören, hab geglaubt, es seien verspätet heimziehende Soldaten, ist dann aufgestanden und hat hinausgesehen. Da hat sie neben dem Haus das »Kuhvieh« rasseln hören und gleichzeitig sei ein großer schwarzer Hund in der Gasse gelaufen. Sie rief hinunter: Gelt, schwarzer Hund, dir ists gewiß nicht recht, daß dem Mensch heute ihre Seele gerettet worden ist. Dann sei sie voll Schrecken schnell ins Bett. Ihrer Schwester in Massing hab sie die Vorgänge erzählt und die sagte, solchen Leuten soll man nicht waschen. Am 3 Königstag hab sie dann die Wasch verweigert. Aber 8 Tag darauf habe die Lisl die Käthl geschickt und ein Stück Braten und Gesottenes geschickt und Wasch dazu. Aber eigens, weil die Kathi nie ihr Wasch mit der von der Lisl vermengt hat. Darunter waren nun 3 Hemden, die oben um die Brust herum »voller Bluth und Fleisch« waren. Sie hats der Stöhrnaderin Nandl und ihrer Schwester Monika sehen lassen und die sagte, das Mensch sei nicht würdig, in die Kirche zu gehen. Am folgenden Abend, wie sie den Ofen zum Waschen angezündet hat, habe es eine Stunde lang im Ofen zu juchzen angefangen; sie hab dann voll Schrecken Weihwasser hineingegossen, dann Monika geweckt. Es muß die Wasch von der Hex gewesen sein. Dann hat sie ihr die Wasch wieder zurückgeschickt, hat dann noch der »Wärdigner Pöthin« erzählt. Ihre Tochter wisse es auch, es sei kein Geheimnis. Sie hab dann Lisl gewarnt, Gott verlasse sie. Lisl sagte, nicht Gott verlasse sie, sondern sie verlasse Gott.
Warum Zeugin es nicht angezeigt habe? Daran hab sie nicht gedacht. Damit wurde die Verhandlung geschlossen.
Am 19. Februar 1749 wird vom Pfleger in Gegenwart des Aktuars Erdmann und derzwei Beisitzer Prokurator Knoll und Wirt Traudmayr die Stadtamtmannsfrau Franziska Kürchnerin vernommen. Ob die Mutter der Marie vor diese in die Keuchen geführt wurde, zu ihrer Tochter in des Amtmanns Stube gekommen sei. Sie wisse doch, daß man niemand zu Verhafteten lassen dürfe? Das Kindsmädl des Schusters Steurer sei ins Rathaus kommen und die Mutter der Marie hinter ihr. Der Amtmann war am Gericht. Was die Mutter geredet habe? Sie hab ihr zugeredet und ihr ein Skapulier geben. Warum? Das der Tochter war angebrannt! Wer hat es? Sie hat es den Kapuzinern geben. Warum nicht dem Gericht? Weil sie sich geforchten.
Nun wird die Barbara Kammayerin, 20 Jahr alt, beim Steurer vernommen.
Die Mutter der Marie ist mit ihr hineingegangen. Uebrigens sagt sie dasselbe wie vorige Zeugin.
Am 22. Februar 1749 verlangt Mühldorf das Constitutum der Liesl.
Jos. Bonav. Kleiner schreibt am 25. Februar nach Mühldorf: »daß Liesl nach vorgenommenen erstmalig guetigem Examen so weitschichtige Aussagen gemacht, daß Notdurft sei, an verschiedentliche, weil entlegene Orte, sogar nach München mit eigenen Boten geschickt werden mußten. Sobald diese zurückgekommen, folge der Akt.
Am 20. Februar wird die Verhandlung wieder begonnen. (Frage 173-219.)
Es wird der Angeklagten vorgehalten, sie habe am 1. Februar gesagt, der Böse habe sie gefragt, ob er oder die Mutter Gottes in Altötting ihr lieber sei. Sie antwortet, das sei nicht wahr, der böse Feind ist niemals zu ihr kommen, sie habe nicht mehr gewußt, was sie sagen soll, sie hab so was erzählen hören. Sie leugnet diesmal alles.
Wer ihr es erzählt? Ein verstorbenes Bauernmensch.
Ob ihre Mutter von der Liesl wisse? Nein.
Wer hat sie verführt und wie? Nun wird die Angeklagte gesprächig: Die Liesl hat ihr eine Fleischsuppe geben, darauf ist ihr übel worden, dann hat sie noch eine verbrannte Dampfnudel bekommen, da sei ihr nochmals übel worden. Weil ihre Mutter damals nicht da war, sie war für die kranke Köchin beim Gaiglbräu, hab sie bei der Bettldiendl Franzl, deren Vater Simon Schneider in Altötting war, geschlafen. Sie hätt aber nicht einschlafen können. Bevor sie dann zum Einschlafen kam, hats zum Fenster hereingerufen: »Wirf Kerzen weg«, worauf Franzl sagte, wir haben doch keine Kerzen, sondern Oellicht, aber sie habe gleich gesagt, das geweichte Kerzl am vordern Kasten sei gemeint. Sie hätten Licht gemacht, um zu sehen, wer gerufen, aber es war niemand da. Aber die Tür hats zugeschlagen, so stark, daß man meinte, es falle alles ein. Am andern Tag seien sie beide voll Schrecken in die Meß gangen und nach der Meß nach Mühldorf. Ihr sei übel gewest. Sie hat dann ihr Gewand, in dem ein geweichter Becher war, der Franzl zum tragen geben, da ist ihr besser worden. (!) Um 11 Uhr sind sie ins Schmiedhaus kommen und auch am andern Tag noch blieben. Nachts ist dann in die Kammer, wo nichts Geweichtes war, der böse Feind in gelbem Kleid kommen und hat mit ihr Unkeusches bis in der Früh trieben. Dann hab sie schlafen können.
Sie erzählt weiter: Vor fünf Wochen sei sie in ihrer Kammer bei der Schmiedin gelegen, allwo der böse Feind in gelbem Rock das andermal zu ihr kommen und sie zwischen dem rechten Ohr, wo das Mal ist, aufgekratzt, worauf sie mit einer schwarzen Feder mit ihrem Blut auf schwarzes Papier geschrieben: »Ich Marie Pauerin bin dein und du bist mein.« Der Zettel wurde dem Obrist im grünen Taffet ausgeliefert.
Wieviel seien auf dem Tanzplatz gewesen? 13 Paare, der Obrist sei allein gesessen, es waren 17 Menscher und 17 Geister, immer ein Menschmann mit Geistfrau und Geistmann mit Menschfrau.
Was gegessen worden? Pfannstückl, Schinkennudel, Lungl, Salat, Rotwein, alles in Zinnschüsseln. (Diese Phantasie!)
War beleuchtet? Mit Lichtern aus schwarz Inschlitt, auf gelben Messingleuchtern, die Sessel grün, die Tafel schwarz gedeckt.
Wer hat getanzt? Die Gustererliesl und ein 40 Jahr alter Bauer von Ampfing, ist nun gestorben.
Was wurde geredet? Die Liesl hat gesagt, sie »verfiehre« noch mehr. Marie hab dann Gott, die Dreifaltigkeit und die Mutter Gottes schmähen müssen, der Bauer hat angefangen, die Geister haben nichts gesagt, nur vorgelegt und getanzt.
Was habe sie dem Obristen tun müssen? Unkeuschheit treiben.
Wo sie gesessen? Rechter Hand vom Obristen, die vierte, der Geist in gelben Rock war der dritte, Liesl aber links die zweite, dann ein Pauernmensch in der Mitten linker Hand.
Dann wieder sagt M., daß alles nit wahr.
Warum sie alles, was sie wiederholt bekennt, zurückleugnet? Der Gelbrock hab ihr gedroht.
Was sie bei der Wasch der Liesl bemerkt? An der Brust wars blutig, im Ofen hats gejauchzt.
Am 22. Februar fand die nächste Verhandlung statt. Anwesend Pfleger, Aktuar Kroll, Beisitzer Sperl und Nondorfer.
Sie beginnt mit der Frage, ob sie Liesl also verführt? Ja. Mit der Suppen und der Nudel, worauf ihr übel worden.
Was habe sie selbst beim Tanz angehabt? Der Geist hat ihr ein grüntafftenes Kleid geben.
Hat jemand Hostien gehabt? Ja, der Ampfinger Mensch und hat sie mit einer abgebrochenen Nadel gestochen, dann hat er sie wieder ins Tüchl.
Nun wird ihr die Frage Nr. 104 vom 1. Februar vorgehalten, wo sie nämlich ohne Frage gleich gesagt, sie hab beim Nehmen die Hostie verschluckt. Sie habs aus Angst gesagt. Sie erzählt dann, daß auf dem Tanz zu ihrer und seiner Gesundheit getrunken worden sei. Beim Trinken habe sie auch der Obrist geduzt.
Ob sie (wohl eine Hexe?) Veronika Jägerin gekannt? Ja, aber nicht gesprochen. Sie habe nur mit ihrem Geist getanzt; weder der Obrist noch die zwei Fendrich haben getanzt, weil sie keine Weiber hatten.
Dann hat der Geist zu ihr gesagt, weil sie am Donnerstag alles bekennet, müsse sie morgen sterben. Er werde sie morgen umbringen. Sie aber habe das Kreuz gemacht und Weichbrunn genommen. Dann erzählt sie durcheinander weiter: Die Bärbel hat eine Hostie einmal in vier Teile brochen, auch andere haben Hostien gehabt, die Liesl nicht. Sie hätten die Hostien den Tänzern vor die Füß geworfen, die habens weggestoßen; auch sie hats einmal getan. (!) Die Geister habens nicht geworfen, die Liesl am weitesten.
Ob ihr das Leid sei? Ja. Auch zwei Männer haben Hostien gehabt, einer im Schuh, der andere in einen Haselnußstecken eingezwängt. Auch Liesl hat eine gehabt, hat sie gestochen und dann ins Schneuztüchl tan.
Wo sich Fränzl aufhalte? In Neumarkt oder Oetting, sie sei 11 Jahr alt. Damit schloß diese Verhandlung.
Am 26. Februar 1749 wird ihr die folgende Anzeige vorgehalten:
Paul Kürchner, Stadtamtmann meldet, sie hab zu ihm gesagt, daß vergangenen Samstag ihr Schutzengel mit ihrem Geist vor dem Fenster gerauft hab, der Engel ist Meister worden. Am Sonntag hab sie dann ihr Geist blutig geschlagen und am Ohr gezogen, sie hab dann aus der Nase geblutet. Ob das wahr sei? Nun gibt sie wieder an, sie hab nur Nasenbluten gehabt, aber der böse Geist hab gesagt, sie soll so sagen.
Warum sie jetzt rot werde? Weil ihr der Geist vom dritten Fenster her droht.
Wie denn? Er drückt die Hand um den Hals, er wird sie erwürgen.
Nun wird wieder einmal der Vorgang im Schmiedhaus breit gedroschen.
Ist damals der Große auch dabei gewest? Ja, nach dem Unterschreiben, er ist auch in die Keuche gekommen wegen dem Bekennen und am dritten Fenster war er und hat mit seiner Brazen gedroht. Sie müsse sterben, wenn sie bekennet. Sie hab sich dann in der Keuchen nach Altötting verlobt. Dann erzählt die Angeklagte, der Zettel, auf dem sie sich verschrieben, sei handbreit gewesen und spannlang. Sie sei auch dreimal mit der Gabel vom Schmied zum Tanz gefahren.
Ob sie hab fahren können? Der Geist hat die Gabel bei der Spitz genommen, so ist sie aus der Haustür gefahren; die andern auch aus ihren Häusern. Bei der Heimfahrt ist sie rückwärts aufgesessen, der Große fuhr vorne, die zwei Fendrich jeder auf besonderer Gabel, aber auch rückwärts.
Was dann zu Haus geschehen sei? Sie hab die Gabel an den alten Platz in der Stuben am Ofen gestellt und dann mit dem Geist Unkeuschheit trieben. Nun kommt sie wieder auf das Essen und Trinken zurück. Es hat Bier, Weißbier und Wein gegeben.
Ob gut? Das Bier hat gebrandelt, das Weißbier war hantig, der Wein süß und gaill. Die Geister haben weder gessen noch trunken.
Wie genau das Gericht vorging, beweist die Frage Nr. 309, nämlich: Bei Frage 120 und 214 widerspricht sich die Beschreibung der Plätze. Der Pfleger nimmt eine der Nummern nach der andern vor und hält es der Marie vor. Sie weiß nichts zu sagen.
Ob sie auch eine Hostie mit Füßen gestoßen? Einmal, ein Geist hats ihr angeschafft.
Die Geister können doch nicht reden? Lisl hats angeschafft.
Sie solle nicht lauter »Schwenkh« machen, sagt der Richter. Dann wird sie abgeführt.
Am 1. März schreibt der Pfleger an den Fürstbischof über den Stand der Sache. Er erwähnt genau alles, besonders den Fall Liesl.
Am 1. März 1749 wird ihr folgende Anzeig vorgehalten.
Paul Kürchner, Stadtambtmann meldet: Um 7 Uhr hab ihn Marie gerufen, da wo der Kieselstein liegt, ist der Gelbrock. Wenn sie die im Bruderhaus Burghausen Bedienstete, die die Hostie zum Tanz mitgebracht hat, aufbringt, wird er sie erwürgen. Es war aber nie ein Kiesel in der Keuchen, auch kein herabgebrochener.
Der Amtsmannknecht Anton Kürchner gibt an, sie hab ihm geschrieen und wie er zum Fensterl hineingesehen, hat sie gesagt, daß beide Geister da waren. Der Größere hat gesagt, daß er eine ganze Armee Husaren heut noch kommen lasse, die die Stadt anzünden; wenn dann die Leut herumlaufen, wird sie auch auskommen.
Sie wird nun gefragt, wie der Kiesel ausgeschaut hat. Er hat vier Loth gehabt. Der Gelbrock hat ihn in der Brazen gebracht und gesagt, wenn ich die Len von Burghausen aufbring, schneid er mir die Gurgel ab. Sie gibt an, diese in Burghausen öfters gesprochen zu haben, wenn sie zu ihrer Mutter Schwester Monika, die bei einem Bräu in Burghausen ist, gekommen ist.
Wer ist die Lena? Sie heißt Pungerer Lina und ist 30 Jahr alt.
War die auch beim Tanz? Ja, auf dem Tanz ist sie mit ihr bekannt worden.
Hatten alle Hostien? Ja. Sie hab die ihrige von den Kapuzinern gehabt. Nach dem Abspeisen sei sie zur Kirchentür hinaus und hat die Hostie ins Halstüchl gewickelt und in den Sack geschoben.
Ob ihr die Hostie im Mund geblieben? Ja, weil er offen war.
Wann das geschehen? An Sebastiani.
Wie oft? Solang sie beim Schmied war, hab sie dreimal Hostien gebracht; erstesmal der Lena, zweitesmal der Liesl, dritte habe sie vergraben.
Wo? Im Sand bei der hintern Tür.
Noch dort? Kann sein, Sand nicht tief. Nach dem Tanz habs sies wieder vergraben, war zerbröckelt, weshalb sie selbe in ein schwarz Halstüchl gewickelt hat.
Haben die Hostien Farbe geändert? Der Liesl ihre ist blau, der Lene ihre blutig worden.
Wie sei getanzt worden? In einem Ring, links ihr Geist, rechts Lena, in der Mitte der Obrist und drei Spielleuthe; die zwei Fendrich sind sitzen geblieben.
Wo getanzt? Auf dem Platz vorm Zimmer. Alle haben sich vorm Obristen bücken müssen; die Mannsbildergeister machten tiefe Referenzen, die Weibsgeister tiefe Buckerl.
Wo blieb die Gabel? Wurde hinten auf die Sessel gelegt. Der Große ist dann auf einen schwarzen Geisbock aufgesessen.
Wieder wird gefragt, wo sie unterschrieben? Bei der Liesl nach der Suppen und Nudel. Der große Geist hat gefragt, ob sie nit heuraten möcht; er hab einen Bruder (den Gelbrock) mit einem Schloß; der ist dann erschienen und mit ihm hat sie dann gleich Unkeuschheit trieben. Lisl hat ihr zugeredet, zu unterschreiben.
Ob sie mit dem Großen was gemacht? Nein, der hatte schon ein paar vornehme Frauen aus einem Schloß?
Sie habe doch einmal gesagt, sie hab beim Schmied unterschrieben? Der Gelbrock hat mir gesagt ich soll so sagen.
Was sage sie zu der Anzeig des Ambtmann? Der Gelbrock ist auf einem Steindl in der Keuchen gesessen.
Wie oft war sie beim Tanz? Sechsmal. Einige haben Mäusl gemacht. Die Lena hat unter den Tisch gelangt und eine Henne oder eine Katz heraufgezogen.
Wie hat jenes Buch ausgesehen? Vielerleyfarbig, ein Zettel war drinnen.
Wer ihr das Werfen angelernt? Die Liesl war an einem Mittwoch in Mühldorf und hab bei ihr übernachtet, sie wollte, daß der Geist ihr das Werfen anlerne.
Im Verlauf des Verhörs gesteht sie, daß sie das Geweichte damals nicht verschluckt hat. Es wird ihr vorgehalten, daß, wenn sie in die Enge getrieben wird, sie immer sagt, der Geist hätte es ihr aufgetragen, so zu sagen. Sie sagt, der Geist hat ihr zugesagt, daß er ihr vor Gericht aushelfe, dann plappert sie wieder von den Husaren usf. Es wird ihr zugeredet, die Wahrheit zu sagen, ob sie lieber sterben wolle. Nun gesteht sie wieder, daß sie ihr Skapulier zerrissen habe. Die Verhandlung wird für heute geschlossen.
Am 5. März wird weiterverhandelt.
Ob böser Feind wieder gekommen? Ja, hat gedroht.
Dann folgt wieder die Hostiengeschichte. Sie sagt, auch einen Buben dürfe sie nicht aufbringen.
Welchen Buben? Einen armen Tagwerkerbuben Sepperl, der mit der Pumperer mitkommt.
Wer hat damals bedient? Zwei schwarze Mandl.
Wo hatte sie ihr Kleid? Sie hats auf eine Truhe gelegt. Während sie von zu Haus fort war, hab sie einen Flederwisch ins Bett gelegt, der angesprochen hätte. Soviel Stich in der Hostie waren, soviel Blut war im Halstüchl, das sie mit der Kindswasch gewaschen.
Sie kommt wieder in die Keuche.
Es wird besonders im Protokoll vermerkt, daß sie vorgegeben, daß die 2 bösen Geist sich beständig sehen lassen, sie zum Leugnen anlernen und kommen, wenn sie die Wahrheit sage.
Am 10. März berichtet der Pfleger weiter:
»Obzwar das Landgericht Neumarkt wegen ehgenannter Liesl, die von Marie als ihre Lehrmeisterin angegeben worden, auch sonst nicht wenig graviert ist, schicke er die Interrogationes Nr. 119-485, woraus entnommen werden könne, daß die Marie ihre Aussagen, die sie mittels Willen durch Inquiration des ihr stets beiwohnenden bösen Geistes vorgegeben, gemacht habe. Und ob zwar in puncto magiae ein corpus delicti nicht leichtlich zu bekommen, so kann doch das Werfen mit Steinen usw. pro corpore delicti nicht unbillig zu halten sein. Sie hätte sonst unmöglich erzählen können. Sie hat höchst verbotenen Umgang gehabt. Wenn von Neumarkt Antwort kommt, folgt wieder Bericht.
Verhandlung vom 15. März. Anwesend Pfleger, Aktuar, Josef Knoll und Franz Paul Sperl.
M. gibt an, der Gelbrock hab ihr gesagt, kurz bevor die Amtleut gekommen, daß sie wieder vor Gericht müsse.
Wie groß er sei? Eine Hand größer wie sie.
Wie hat er denn auf dem Kiesel sitzen können? Er ist in der Luft gesessen, der Kiesel hinter ihm.
Warum? Er hat gesagt, es sei sein Sitz, sonst kommt es heraus, als ob er kein Herr wär.
Von wo aus hat er hier gesprochen? Er geht ganz nach der Schreibstubentür zu ihr hin und redet ihr ins Ohr.
Nun geht wieder das Fragen an, wegen Essen und Tanzen. Sie wird beanstandet, daß sie sich widerspreche. (Es ist unbegreiflich, daß auf so etwas herumgeritten wird.)
Was hab der Geist ihr vom Rühren gesagt? Daß man dann nicht mehr rühren könne, sie hab das dann bei der Seidlmayrin probiert. Sie hab dem Gelbrock andern Tags davon erzählt. Der Gerichtsschreiber schreibt u. a. noch auf: Nach vielem Leugnen, indem ihr der Gelbrock gedroht, bekennet sie endlich, daß sie beim Tanz dem Obristen den rechten Fuß hab küssen müssen.
Ob ihr nicht gegraußt? Nein.
Nach dem Tanz hat er auch den linken Fuß hingestreckt. Liesl hab dann vorgebetet, sie hab die Hand aufheben müssen, weiß aber nicht mehr was.
Immer wenn sie auf Widersprüche aufmerksam gemacht wird, sagt sie, der Gelbrock ist schuld.
Immer wieder wird sie ermahnt, die Wahrheit zu sagen. Sie erwähnt dann, daß die bösen Geister keine Hüte aufhatten, weil sie auf den Hörndln nicht gehalten hätten!
Wieder wurde das Verhör geschlossen.
Am 21. März wird die Seydlmeyr-Bäurin vernommen. Das Blatt lautet: Eidliche Erstahung:
Elies Seydlmayr, verw. Austräglerin zu Altenmühldorf, 60 Jahre, sagt nach Eid, dast die Marie vom Höllschmied zu ihr zweimal mit Salat ins Haus kommen und ihr vergangenen Sommer, weiß nicht mehr, ein- oder zweimal, um 2 Pf. einen Salat abgekauft; welcher sie auch auf ihr Bitten jederzeit ein gestockte Milch geben hab, zu welchem End sie über einen langen Gang hinumgegangen und in einen Weidling gebracht hab. Marie ist in dem Flöz verblieben, wo auch der Rührkübl war. Sie wisse sich nicht mehr zu erinnern, ob ein- oder zweimal, wenn das Mensch zu ihr gekommen, hab sie nie rühren können, sondern lauter »Bresselwerch« bekommen; den andern Tag auch, sie hab dann den Kübl, weil sie nie ausrühren konnte, den ganzen Sommer weggetan, wisse aber nicht, ob es dazumalen wie das »Sallatmensch« zu ihr kommen, das erstemal gewesen sei; hab sogar nachgehend ihre Kuh verkauft, weil sie geglaubt, daß sie Schuld sei. Dann heißt es concludit imposito silentio dimissa. (Das »silentium impositum« wird nicht viel geholfen haben!)
Am 27. März fand wieder eine Verhandlung vor den gleichen Personen statt.
Marie solle die Wahrheit sagen, wo sie mit der Pumperer Lena bekannt worden? Beim Wohlfahrtseder Bräu in Burghausen, wohin sie um Eier gangen, hab aber niemals mit ihr geredet. Sie sagt, Lena ist 40 Jahr alt und beschreibt sie, dann hat sie selbe auf dem Tanz gesehen, sechsmal.
Ihre Schilderung entspricht nicht den früheren Angaben, weshalb sie beanstandet wird, worauf sie, wie gewöhnlich sagt, der Gelbrock ist schuld. Sie erzählt dann weiter: So lang sie den Ort des Tanzes gesehen, sind sie rückwärts gefahren, dann umgekehrt.
Ob sie den Ort gesehen!? Es haben ja die Lichter gebrannt.
Aber aus der Hütte? Die war offen.
Ob der Gelbrock wieder in ihre Keuche gekommen? Wenn sie bete, sagt er, sie soll still sein. Der Richter bemerkt, das sei belangloses Zeug. Sie sagt dann weiter, sie hätten dreimal den Fuß des Obristen küssen müssen, am Anfang, mitten und am Ende des Tanzes; die Geister nicht.
Nun wird ihr wieder einmal ein Widerspruch nachgewiesen, sie will nichts mehr wissen »und bleibt bei halsstarrigem Leugnen!«
Der Amtmann habe gesagt, sie hab stark geweint. Warum? Weil Gelbrock sie vexiert. Sie soll leugnen, dann wolle er sie von den Schellen losmachen und nach Ungarn bringen.
Warum sie immer solche »Schwenkh« mache! Ob ihr der Geist auch heute gesagt, wann sie vor Gericht komme. Sie antwortet nicht und wird abgeführt.
Am 13. Mai übersendet der Mühldorfer Pfleger den Akt »Liesl«, den Neumarkt inzwischen geschickt hat. Dieser lautet: Neumarkt den 15. Februar 1749. Der Pflegerichter, Beisitzer: Hofmayr Georg und Diewald Benedikt. Sie heiße Marie Elies Goglerin, Tochter des Ignatius Schreiner, vulgo Gusterer, 47 Jahre alt, ledig. Es folgen 31 Fragen und Antworten. Sie und ihre Schwester seien Wäscherinnen. Ob sie gesund sey? Hat Leibschaden und Frayß. Blutet auch aus der linken Brust. Als sie beim Hofmaurer Zwerger in München bedienstet war, wurde sie von einem Pfeiffer der Grenadierkompagnie schwanger gemacht. Zu der Zeit wurde sie von einer Gesandtenkutschen überfahren und an Brust und Leib verletzt. Sie wohnte damals bei einem Kramer, genannt »bey der Schlafhauben« in der Nähe vom Galli-Pöckhen im 2. Stock bei einer Stallknechtwitwe. Ihr Mädel starb nach drei Wochen. Ein Dienstmensch, Lenna, genannt, eine Böse, hat durch ihre Sprüche ihr als Kindsbetterin geschadet. Ob sie die Zötlin und ihre Tochter kennt? Ja. Sie hab einmal dieser erzählt, sie hab Anfechtungen? Liesl ist erschrocken und weiß nichts anzugeben. Der Richter will sie nun überraschen und sagt, diese sei verhaftet; sie fragt warum? Sie soll eine Hexe sein. Liesl sagt, wo hat sie das gelernt? Sie wird gefragt, ob sie nicht schuld daran sei. Liesl tut erstaunt, absolut nicht. Nun geht wieder die Fragerei wegen dem Blut an der Brust an.
Ein zweites »guetliches« Examen wurde mit der Liesl dann am 14. März in Mühldorf vorgenommen. Beisitzer waren Benedikt Bewalt und Johann Mosser, beide des »äußeren Rates«.
Ob sie Umgang mit dem bösen Feind habe? Sie winselt und heult und sagt sie wisse nichts.
Nun kommt eine sonderbare Art der Vernehmung. Der Pfleger sagt nämlich, nachdem die Obrigkeit wisse (!) warum sie aus der linken Brust blute. Darauf hin fällt Liesl in Frayßen und die Verhandlung muß abgebrochen werden.
Am 9. April findet das dritte guetige Examen statt. Schon zweimal habe man guetlich versucht, die solle bekennen. Liesl sagt, sie wisse nur von Krankheit und böse Leuth.
Wie oft der Sailer Anna Mierl ihre Tochter zu ihr kommen sei? Wegen der Wasch. Sie war nie lang dabei, und hat nicht viel gesprochen.
Ob sie auch bei ihr gessen hab? Ja.
Was? Brod, Fleisch, Nudel, Supp.
Was sie mit ihr geredet? Nach langem Besinnen »bekennet« sie, es könnt sein, daß sie einmal von »Anfechtungen« gesprochen hab, damit sich die Leut erbarmen sollen, wenn sie immer allein gelegen im Dienst und zu Haus und aus Nase und Brust geblutet. Sie hab gesagt, sie hätt ein Gefühl gehabt, wie wenn sie einer auf die Brust sich niedergelegt hätt und ihr Nägel mit Haar ins Maul geschoben hätt, dann hab sie sich brochen. Das ist alles. Die bösen Leut können auch erzählt haben, daß sie sich benedizieren ließ.
Warum? Es war ihr, als wenn schwarze Männer mit ihr Unzucht treiben wollten, sie aber hat sich »geforcht« und Kreuz gemacht, dann sind sie verschwunden.
Wie sie ausgesehen? Wisse es nicht, hat geschlafen. Es sei vielleicht der böse Feind gewest, sie hab aber niemals mit ihm zu tun.
Ob sie sich ihm unterschrieben habe? Bei Gott nicht.
Sie solle nicht immer Gott anrufen, sondern die Wahrheit sagen; die Obrigkeit hab Ursach zu glauben, daß sie das Mädel verführt hat. Sie fällt wieder in Frayß. Verhandlung beendet.
Daraufhin schreibt Salzburg:
Die Marie ist nächtlich unter sicherm Geleit nach Salzburg zu verbringen. (In Mühldorf war auch der Gang der Handlung zu schleppend!)
Gleichzeitig wird der Akt Liesl reklamiert.
Am 31. März 1749 schreibt der Pfleger von Mühldorf an den Fürstbischof nach Salzburg, daß er nun befohlen habe, daß Marie Pauerin unter sicherm Gewahrsam nächtlicher Weile nach Salzburg zu überführen sei. Schon am 11. April wird sie dort zum erstenmal verhört. (Heute noch gibts einen Hexenturm in Salzburg.)
Examinans: Ihro Gnaden Herr Rath, Syndikus, Commissarius. Actum auf dem Rathaus Salzburg, 11. April 1749.
Actuarius: Franz Perzner.
Assessores: Johann Wenzl, Hafner; Lud. Carl von Zirger. (?)
Gegen anhero gelieferte Marie Pauerin aus Mühldorf.
Zuerst werden die Personalien aufgenommen. Sie sei 16 Jahre alt, kann weder lesen noch schreiben. (Unterschreibt aber später doch.)
Ob sie Vater unser, Ave Maria und Glauben beten könne. Hier steht der Vermerk: Perfecte!
Ob sie Geweihtes habe? Ein Amulet, Skapulier, Rosenkranz. Sie muß es vorzeigen. Es folgen noch einige religiöse Fragen, dann beginnt wieder das alte Verhör. Bezeichnenderweise ist die Hostienaffäre im Vordergrund. Als Neues erfährt man hier, daß die Liesl sie nicht aus der Kammer gelassen, bevor sie unterschrieben und daß ihr der Gelbrock in Gestalt eines Studenten erschienen sei. Es wird ihr vorgehalten, daß sie ja nicht schreiben kann. Lisl hab die Hand geführt.
Ob das Reißen am Ohr weh getan? Ja.
Hat es stark geblutet? Nein. Der Examinans und der Actuarius visitieren das Ohr, sehen aber kein Zeichen.
Die Liesl kann doch bei der Monatsreinigung Blut verloren haben. Das Blut war an der Brust, der Böse trinkt daraus, alleweil.
Nun beginnen wieder lange Verhandlungen über alles bisher Vernommene.
Wie lang sie auf der Gabel gefahren? Eine Stunde.
Wieviel waren dort? 17 Menschen und 15 Geister, auch die Pumperer Lena von Burghausen.
Wo war der Tanzplatz? Sie meint bei Zangberg.
Sonderbarerweise wird sie gefragt, ob sie einen Ort kenne, so Ristling geheißen? Nein.
Sie erzählt, Liesl hab gesagt, sie getraue sich wohl noch mehrer zu verführen.
Warum sie geworfen? Weil sich die Schmiedin immer fürchte, solle was angestellt werden, der Geist wollte zwar nicht, aber sie hab ihm vorgehalten, daß er versprochen, alles zu tun. Von 3-9 Uhr abends sei geklopft worden, dann erst wieder am Sonntag um 3 Uhr. Und weil sie alles gewußt, hat sie gelacht. Auch ist sie mit Salat einmal nach Altenmühldorf gegangen und hat dort der Seidlmayr-Bäuerin ein Bröckel Zucker, das ihr der Gelbrock geben, in den Kübl geworfen, daß sie nicht mehr ausrühren konnte.
Wann sie den Bösen das letztemal gesehen? Am Montag ehe sie anhero kommen.
Wo? In der Mühldorfer Keuchen Vormittag 9 Uhr.
Am 8. April schickt der Mühldorfer Pfleger den Akt Liesl-Neumarkt nach Salzburg. Der Neumarkter Pflegerichter schrieb endlich am 31. März auf mehrfaches Drängen, daß er die Sache noch nicht erledigen könne. Er werde noch diese Charwoche ein abermaliges Criminal abhalten.
Am 18. April schreibt der Pfleger von Mühldorf nach Salzburg:
Die Elisabeth Goglerin sog. Choterer Liesl kann nicht genügend vernommen werden, nachdem sie zweifelsohne aus Kunst des bösen Feindes bei dem schon öfters vorgenommenen Examen in die Frayß gefallen. Sie negiert gänzlich die Aussagen der Marie, wird aber von deren Mutter stark graviert. Die Liesl werde in loco torturo angehalten. (Folter.)
Am 15. April teilt Neumarkt mit, daß selbige jedesmahlen da man sie ad examen vorführen will, von Fräyß angegriffen wird und zur Verantwortung untüchtig wird.
Am 26. April reklamiert Salzburg wieder den Neumarkter Akt.
Inzwischen treibt die Marie in Salzburg wieder Unfug.
Vor dem Stadtgericht wiederholt Eisenambtmann Ignaz Näßl eine am letzten April abends gemachte Anzeig, daß nämlich ihm eine gewisse Theres Grävischerin und ein Dienstmensch Kunigund Weiß einen kleinen roten Zettel gegeben hätten und ihm erzählt, daß die Inhaftierte etliche Mal geklopft und Wasser begehrt hätte und dabei immer gerufen hat: »Was vexirts mich, schmeißts herein, heut muß ich den Zettel bringen«, dann wieder: »Du hast mir einen weißen geben, ich muß dir roten bringen«. Als die Mädel abends das Essen brachten, sagte sie: »Schaut was ist hinter euch.« Da war zwischen Tür und Schwelle der Zettel. »Schauts ob rot darauf geschrieben ist.« Es war so. Es scheint das Papier aus ihrem Gebetbuch gewesen zu sein. Die Amtsknechtstochter Weißin, aus Höslwang in Bayern, 30 Jahr alt, sagt ähnlich. Sie und die Resel hätten klopfen und schreien hören, von vexieren und rote, schwarze, weiße Zettel. Als sie abends wieder kamen, fragte die Verhaftete wieder, ob es rot geschrieben sei. Ob sie eine Feder gehabt? Nein. Die 16jährige Theres, des Eisenamtmanns Tochter, monita de veritate dicendi (heißt es) sagt dasselbe und daß es wohl möglich sei, daß die Verhaftete, welche ohnweit der Tür angeschlossen ist, den Zettel hätte zwischen Tür und Schwelle stecken können.
Im Rathaussaal zu Salzburg fand am 24. Mai 1749 das »anderte« Constitutum unter Vorsitz ihro Gnaden des Herrn Rath Syndikus als Examinans. Aktuarius: Preyner. Assessores (Beisitzer) Wenzl Hafner und Joh. Gg. Zoppmair. 72 Fragen und Antworten ergaben sich. Aus dem Inhalt, der immer wieder das Alte bringt, ist zu entnehmen: Marie sagt, die Liesl hat ihr halt so vergeben, daß sie beim Höllschmied unterschrieben hat. Die Hand hat sie ihr nicht geführt, nur der Böse hab ihr angeschafft, so zu sagen. Es war Nachts 9 Uhr, die Hausleute haben in der Schmiede gearbeitet, sie hab nach dem Kind schauen wollen, da ist es geschehen. Es war vor Jakobi. Es wird erwähnt, daß in Mühldorf konstatiert worden sei, daß ihr Ohr angerissen war. Sie solle den Vorgang beim Unterschreiben schildern. Es hat etwas geschrien: es bringe die Zettel, zuerst schwarze, dann weiße. Die Zettel sind dann unter der Tür gewest. Wie hab sie dann geschrieben. Sie hab aus der Nase geblutet und mit einem Strohhalm eingetaucht, dann unter die Tür gelegt.
Warum? Damit sie den Bösen los wird.
Was hat sie geschrieben? Marie Pauerin gehört dein und du gehörst mein auf ¾ Jahr. Dann ruft die Angeklagte wieder, es ist nichts wahr, was ich von der Liesl gesagt habe, nur der Böse hat mirs angelernt. Aber vergeben hat ihr die Liesl. Alles hat ihr der böse Feind eingesagt, auch das mit der Hostie, sonst bringt er sie um. Man kommt auch auf die Seydlmayrsche Rührkübelaffäre zu reden. Es sei nit also, sagt sie, dann wieder, sie hab den Zucker hineingetan. Endlich erklärt sie wieder, sechsmal mit dem Bösen in der Kammer Unkeuschheit getrieben zu haben.
Am 20. Juni 1749 schreibt Salzburg an die Regierung Landshut, ohne die Vernehmung der Marie Elies Goglerin, ledige Gusterertochter von Neumarkt, kann nicht weitergearbeitet werden.
Von der Regierung in Landshut (von Gots Gnad Churfürst Max Josef in Ober- und Niederbayern) wurde die in Neumarkt verhaftete Lisl und Marie Anna Zötlin nebst einem noch 10jährigen Mägdl in die Landshuter Fronvest verbracht und am 30. Juni 1749 vernommen. Dazu hätte man Auskunft von Salzburg gebraucht, wie weit die Marie ausgesagt. Bis dahin blieben sie in Haft. Die Auskunft wurde dreimal vergebens moniert. Nun, am 1. Juli schickt Landshut die Vernehmung der Liesl doch nach Salzburg.
Sie lautet:
Hatte 1 Kind, mit 4 Jahren gestorben. Vater: Ein Pfifer bei den Grenadieren. Liesl war in München bei Buchdrucker Johann Schwerzl. Bei einer Witwe im Thal ist sie des Kindes genesen. Liesl leidet an Fraiß- und Leibschäden.
Sie gibt an, sie sitze in Haft, weil sie Hexerei gelernt. Das Mädel hat nur ihre Wäsch abgeholt, da hat sie ihr Brod, Knödl und Supp geben. Sie hab sich niemals dem bösen Feind ergeben. Sie kenne die Zötlin, ihr hat sie erzählt, daß sie aus der Brust blute. Sie sei niemals ausgefahren und hab nie Hostien gehabt. Sie wird wegen eines in ihrem Besitz befindlichen Cruzifixes mit abgebrochenen Armen befragt, das sie ihr »Leib-Punkherl« genannt. Sie gibt es zu. Von Hexerei wisse sie nichts.
Confrontationsprotokoll gegenüber der Zötlin.
Liesl leugnet nicht, daß sie blutige Wäsch zum Waschen gegeben, leugnet aber, daß an der Brust Blut war. Die Zötlin sagt ihr alles ins Gesicht, Liesl leugnet aber auch die Geschichte von den drei Männern nicht. Zötlin sagt, der böse Feind hab die Liesl beschlafen, diese verneint es. Liesl kommt wieder in die vorige Keuchen, Zötlin auch, diese aber ungeschlossen!
Am 9. Juli 1749 findet in Salzburg das 3. Constitutum statt. Anwesend der Syndikus, der Actuarius Frz. Ant. Preyner und die zwei Beisitzer Georg Gaggermayr und Ignatz Stuhlberger.
Ob die Marie bei ihren Aussagen verbleibe? Nur bei einem Teil, sie sei nie beim Tanz gewesen.
Ob sie unterschrieben? Nun folgt wieder die Schilderung.
Wann? Bei Mondschein.
Ob sie auch bei den Aussagen betreff Gusterertochter verbleibe? Ja.
Hab sie den bösen Feind bei Lisl gesehen? Nein.
Im Amtshaus zu Mühldorf hab sie gesagt, sie hab Unkeuschheit getrieben? Nun gibt sie zu, sechsmal diese getrieben zu haben.
Die Vernehmung geht nun auf früher Festgestelltes zurück und stellt unbedeutende Gegensätze fest. Man kommt wieder zur Hostienaffäre. Sie sagt, sie hätte die Hostie geschluckt, nicht behalten, die Gerichtsschreiberstochter und Buchbinderstochter hätten es gesehen. Sie sei niemals zum Tanz gefahren, nur der böse Feind hab es ihr eingegeben. Der Examinator: Man weiß, daß der böse Feind das tue! Also wahrscheinlich auch bei ihr! Sie wird wegen jenes Zuckerbröckels befragt. Sie bejaht es. Ob sie sich vermesse, sich zu lügen zu getrauen?
Ist Liesl beim bösen Feind gewesen? Nein, aber er hat aus Lisl's Busen getrunken. Die Lebzelterstochter von Neumarkt hat einmal gesagt, Liesl hat vom bösen Feind ein Kind. Da ist ihr dann diese und ihre Schwester mit einem Hackl nachgelaufen.
Mit all diesen Sachen, sagt der Syndikus, kann man sich nicht begnügen, sie solle die Wahrheit sagen, sonst mache sie es schlimmer.
II. guetliche Aussag in Landshut vor Baron von Erzdorf, Aktuar Kreitmayr und zwei Stadträten, Handelsmann Kößler und Postmeister Mayr als Beisitzer.
Nachdem Liesl gesagt, sie hab sich anders besonnen, gibt sie um 7 Uhr abends im Amtshaus bekannt: Vor vier Jahren hab sie in ihrem Arm etwas Schwarzes gesehen, sei immer größer worden, so wie ein Kaibl, sie hab das Kreuzzeichen gemacht, da ist es verschwunden, es ist ihr aber immer nachgegangen.
Wo sie sich verschrieben? Eines Nachts sey der böse Feind gekommen, unten schwarz, oben grün, wollte ihr Geld geben, wenn sie unterschreibe, auf dem Bett lag Feder und Papier, der Teufel hat sie mit dem linken Daumen gerizt, so daß Blut da war. Dann hab sie nichts mehr Geweihtes mehr haben können, auch solches nicht schlucken können.
Ob der Teufel sie beschlafen? Einmal, der Teufel ist links gelegen, sie hab größte Begier gehabt, sie war bei vollem Verstand, aber nachher hab sie Qualen ausgestanden.
Hat er auch gesäugt? Ja, fünfmal an der linken Brust.
Ob sie Marie verleitet? Der Teufel hab sie angerufen, daß er sie verführen wolle. Sie hab ihr Supp und Bröckl geben.
Ob sie getanzt? Nein. Nur die Musik angehört.
Ob sie ihre Seel verpfändet? Der Teufel hats verlangt, sie aber nit geben.
Was es mit dem Hergottl für Bewandtnis habe? Sie hab ihn in den Strohsack gelegt.
Sie soll ihn benennet haben? Sie hab ihn liebes »Punkherl« genannt. Wo seine Füß und Arm hingekommen, weiß sie nicht.
Man soll sie nun abführen. Sie soll sich besinnen, dann hört sie die Kommission wieder an.
Inzwischen werden am 20. 2. 1749 in Landshut Zeugen vernommen.
1. Jakob Eggmayer, Leinweber, 50 Jahre, wohnt bei der Lisl. Diese sey wegen Fraißen benedicirt worden, da hab sie getobt, um die Brust ist Blut gekommen. Die Zötlintochter war öfter bei ihr. Jedesmal beim Benediciren ist die Liesl in Frayß gefallen.
2. Jakob Ulrich Sibler, 50 Jahre, wohnt nebenan. Lisl hat beim Benediciren immer ärger getobt, an der Brust war sie blutig, hat in ihrem Bett den Hergott liegen gehabt, hat ihn Maunkerl geheißen, ihm ist erzählt worden, daß die Wasch der Liesl im Ofen zu jauchzen angefangen hat. Vorm Fenster war einmal Tumult und ein schwarzer Hund. Zötlin hat ihm gesagt, daß Liesl mit dem Teufel schlaf. Nach der Frayß hat sie immer gelacht, auch während des Gebetläutens.
3. Anna Huberin, Nadernandlin von St. Veit gibt an: Die Zötlin hat ihr ein Hemd der Liesl gezeigt. Der Böse sauge an ihr und beschlafe sie ordentlich, sie heiß ihn Voglfanger. Auch von dem Jauchzen hat sie ihr erzählt. Um 3 Uhr nachts sei ein schwarzer Hund mit großen Augen an das Fenster gekommen und hat die Prazen aufs Fenster gelegt. Sie hab vor Furcht das Fenster zugemacht und nur den Hemden der Liesl schuld gegeben. Die Schwester der Zötlin, Monika, ist einmal mit der Liesl nach Mühldorf, um Axtstiel zu kaufen. Diese hatte kein Geld. Plötzlich hat sie in die Tasche gelangt und hat gesagt, jetzt hab ich wieder Geld, wohl vom Teufel, weil sie einige Zeit fortging und sagte, sie dürf nicht sagen wohin. Liesl gab einmal auf die Frage, warum sie Gott verläugne, zur Antwort: sie treibe alles Böse.
Dritte »Guetliche« Aussag der Liesl am 11. Juli 49.
Auf Antrag des Eisenamtmanns wird sie nochmals kurz vernommen:
Sie hab ihm erzählt, daß sie dreimal getanzt habe, als sie geritten, sei Marie vorbei, die auch mit war, eine Stunde weit weg, es sei getanzt worden, der böse Feind hab ein grünes Kleid angehabt, Geister seien dagewesen mit Instrumenten und Pauken. Der Feind wolle nicht haben, daß sie redet, drucke ihr den Hals zu. Die Dreifaltigkeit hab sie verläugnen müssen. Der Geist sei zweimal zum Beschlafen gekommen, einmal sei es geschehen. Sie hat, als sie in Landshut gedient, Blut gespieen. Currente examine sei beobachtet worden, daß sie gerne bekennet, aber aus dem Hals geht nichts heraus. Sie bittet, Marie kommen zu lassen, damit das gute Kind nicht zu Grund geht, denn wenn sie dasselbe graviert hat, will sie gern bekennen. Sie bittet noch um ein Bruchband und um Bier.
Inzwischen schreibt Salzburg nach Landshut und Landshut zurück. Sie hätten die Aussag der Marie erhalten, ersuchen um Aussag der Liesl.
Am 12. August 1749 vierte Verhandlung in Salzburg.
Wie es ihr im Gefängnis ergangen? Sie hab gebetet.
Sie wird über den Umgang mit Liesl ausgefragt. Sie bekennt manches, leugnet dann wieder und erzählt, der Obrist sei auf einem Gaisbock geritten, sie hab eine Hostie mitbringen müssen, wenn sie heim kam, sei Unzucht getrieben worden. Gleich nach dem ersten Nudelessen sei der bös Feind gekommen.
Am 17. schreibt Salzburg an die Churbayr. Regierung nach Landshut um den Akt Liesl, »wasmassen die Liesel, die Lehrmeisterin der Marie bereits hingerichtet sey«.
Am 19. August bekommt der Pfleger von Mühldorf den Auftrag, es seien die Mühldorfer Zeugen nochmals zu vernehmen ob nur bei der Marie Pauerin oder auch in andern Häusern geworfen worden sei, ob sie allein gelegen, ob an früheren Dienstorten etwas geschehen sei und ob die zwei »Zeugenmädchen« bezeugen können, daß sie die Hostie verschluckt habe.
Mühldorf schickt schon nach einer Woche die Antwort. In Gegenwart des Pflegers, des Stadtschreibers Felix Heilrath und der zwei Beisitzer, des Johann Haid, Müller in Ampfing, und Josef Hofeldner in Hechfeld seien folgende neun Zeugen vernommen worden und hätten wie folgt ausgesagt:
1. Jakob Altinger, Schmied: Das Mensch müsse einen Gehilfen gehabt haben. Einmal sei ein Schmiedhammer dem Buben auf den Kopf gefallen, ohne ihm weh zu tun.
2. Marie Mittermayr, Dirn beim Höllbräu: Hat einen Stein vom Altärl weg fliegen sehen, das hätte Marie nicht tun können.
3. Anton Straßburger, 67 Jahre, in Kost beim Höllbräu: Sie hat es nicht tun können.
4. Marie Altinger, Schmiedfrau: Marie hat es allein nicht tun können. Die halbe Stadt hat dem Werfen zugeschaut. Man hätte es gesehen, wenn Marie es gewesen.
5. »Naderin« Marie Cronawettingerin: Marie hats nicht tun können.
6. Johann Paullus, Tuchmacher: Es sey nit aus Handen der Marie kommen.
7. Lorenz Pfreng, Nagelschmied: Marie war unten, das Werfen oben.
8. Michael Schorn, Bader, Pauerin konnt es nicht, nur hat sie immer gelacht, alle andern haben sich gefürchtet.
9. Elies Hagerin, Buchbinderstochter, 23 Jahre, hat bezüglich der Hostie nichts bemerkt. Sie konnte nicht sehen, ob Marie sie verschluckt hat.
10. Johann Paul Khurchner, Stadtamtmann sagt, es sei gleich Argwohn auf die Pauerin gefallen.
Am 1. September berichtet Mühldorf nach Salzburg, daß Liesl Freytag decapitirt und verbrannt worden sei. Man solle die Akten von Landshut fordern.
Am 26. August schickt dann Landshut die Akten nach Salzburg.
Im Rathaus zu Salzburg fand wieder eine Verhandlung statt. Außer dem Richter war da der Aktuar Paul Dietrich, ein Joh. Gg. Gaggenmayr und Mathias Schmerold. Diesmal gabs 44 Fragen und Antworten.
Ob sie sich wirklich verschrieben? Marie sagt zuerst nein, dann ja. Sie soll nochmals den Vorgang beschreiben. Nun wiederholt sich viel Bekanntes, z. B. die Geschichte von der Suppe der Liesl, daß sie sechsmal ausgefahren, daß sie sechs Hostien gehabt, daß sie eine durchstochen und heimgebracht, daß sie der Seidlmayrin Zucker in den Rührkübel getan, den ihr der Böse gegeben. Plötzlich wird ihr ein Papier und eine Feder vorgelegt, sie soll ihren Namen schreiben. Sie schreibt wirklich Marie Pauer. Diese Unterschrift ist in Original bei den Akten.
Nun wirds Ernst. Im Akt heißt es: Constitutum ad bancum juris.
W. Meinhold in seiner »Bernsteinhexe«, welcher Roman ebenfalls aus Originalakten geschöpft wurde, und der teilweise überraschend mit unserm Prozeß übereinstimmt, gibt ein grauenhaftes Bild von der Verweisung ad bancum juris und dem ersten Grad der Folterung, der Einschüchterung. Er schreibt:
»In der Marterkammer, die in einem Keller war, aber keine Fenster hatte, damit man das Geschrei nicht höre, brannten zwei Fackeln. Der Büttel zeigte nun der armen Hexe die Marterwerkzeuge. Zuerst die Leiter. Da wirst darauf geleget und Händ und Füß angebunden. Dann bekommst die Daumenschrauben an, wovon dir gleich das Blut aus den Fingern spritzt, sie sind noch rot vom Blut der vorigen. Wiltu dann noch nit bekennen, zieh ich dir die spanischen Stiefel an, klopf einen Keil dazwischen, daß die Wade sich nach vorn zeugt und das Blut herausschießt. Wiltu noch nicht bekennen, da siehst den Kessel mit glühend Pech und Schwefelstücken, die werf ich dir dann auf deine weißen Lenden, die fressen das Fleisch bis auf die Knochen durch. Der Richter sagte, was der Büttel gesagt, sei wahr. Es geht ihr so, wenn sie nicht bekennet und zu vermuten steht, daß ihr der Teufel helfe. (Denn man glaubte, wenn die Hexen die Marter mit ungewöhnlicher Geduld ertrugen oder gar dabei bewußtlos wurden, es helfe ihnen dazu der Teufel.) Dann fuhr der Büttel fort: Wenn dir dann deine »Wolle« genommen, zieh ich dich durch diese zwo Ringe an der Erden und oben an der Decke in die Höhe, recke dir die Arme aus und binde sie oben an die Decken, worauf ich die zwei Fackeln nehme und solche dir unter die Achseln halte, daß deine Haut eine Speckschwarte wird. Dann wurde sie von Weibern nackt ausgezogen und ihr ein schwarzes Hemd übergezogen und nun mußte sie aus dem Keller wieder vors Gericht gehen. Das war also die vorgeschriebene Einschüchterung, der erste Grad der Folter.
Wenn die Hexe dann nicht gestand, begann die Folter im Keller. Auf diese »bekannte« so ziemlich jede alles, was man sie fragte.
Wie wir gehört, war dies das Verlesen des Bekenntnisses nach der Folter.
Am 19. Januar 1750. Der Akt ist ad defendendum sub vier Wochen hinauszugeben. Anwesend Stadtsyndikus und Hofrat, der Aktuar Dietrich, ein Franz Bießbacher und Franz Wagner. Der »Inquisita« (!) wird vorgelesen »ob sie dabei bleibe« was sie gestanden. Sie bleibt dabei!
Es wird eingehendst verhandelt. Es macht den Eindruck, als wolle man den Prozeß beschleunigen.
ad interrogationes 1, 2, 3, 4 usw. Nur der Obrist sei schuld gewesen.
ad interrogationes 66, 77 usw. Sie verharre dabei.
ad interrogationem 68 sagt sie, sie hab Unzucht mit dem Bösen getrieben, das erstemal im Höllschmiedhaus um 10 Uhr nachts, die übrigenmale als sie vom Tanz zurückgekommen.
Es wird nun sogar gefragt, was sie unter »Unzucht treiben« verstehe. Sie sagt, zu Bett gehen, der Teufel sei dann auf ihr gelegen.
Ob sie Wollust empfunden? Ja.
Ob sie den Teufel gesehen? Nein.
Es folgt nochmals eingehendes Befragen. Sie bleibt dabei.
Ob sie »darauf leben oder sterben könne«. Ja.
Ob sie nicht gewußt, was das für ein schweres Verbrechen sey? Ja.
Ob sie eine Entschuldigung hab? Liesl hat sie verführt.
ante demissionem dixit: Gelobt sei Jesus Christus!
(Sie war also völlig zusammengebrochen, fast nicht mehr zurechnungsfähig.)
Jede Hexe wurde vor den Verhandlungen untersucht, ob sie ein »Mal« habe. Dafür wurde jedes Zeichen, Muttermal, alte Verletzung, Flecken u. a. angesehen. Es war die Sage verbreitet, daß man bei einer Hexe in die Male stechen könne, ohne daß sie blute oder sie etwas spüre. Das wurde beim Untersuchen nach manchen Quellen jedesmal getan. Unsre Mühldorferin war sogar von einem Arzt untersucht worden. Sein Originalzeugnis liegt dem Akt bei. Es lautet:
»Ich David Günther, bürgerl. Chirurgus allhier verkünde hiemit, daß ich die auf dem Rathaus allhier verhaftete Marie Pauerin bey dem am 9. Juli vorigen Jahres gegen selbe verkehrten Examen hinter dem rechten Ohr, wo sie von dem bösen Feind aufgerizt worden zu sein vorgab, allen Fleißes besichtigt, einiges Kennzeichen aber von mir bey geschehener Aufritzung nicht gesehen oder wahrgenommen.
Trotzdem wurde sie verurteilt!
Ich habe ersehen, daß man nach den Vorgängen am 24. und 25. Januar 1749 billich Verdacht eines mit dem Bösen verbundnen verbotnen Umgangs gefaßt habe. Man hab die Angeklagte noch in selbiger Nacht zum Hofbauer geführt, ob es zu Haus dann ruhig wäre, aber auch in der Kammer beim Hofpauer war öfters der Vorgang, also war genugsam Ursach zu Verhaft gegeben. Denn: »ex solo enim suspicione potest in crimine tali ad inquisitionem procedere judex.« (Aus Verdacht allein schon kann bei solchen Verbrechen der Richter zur Verhaftung schreiten.)
Nun folgt eine langatmige, lateinische Begründung, endlich heißt es, dahero ganz billig nit allein eingezogen sondern mit ihr die inquisitio am 30. 1. noch »guetlich« (also ohne Folter) angegangen. Sie habe zuerst mit verschiedenen Schwänkh den Verdacht pacti cum diabolo abzulehnen getrachtet, dann aber ihn als bösen Feind bezeichnet, zugegeben, daß sie ihn 5 Wochen vor Jakobi kennen gelernt und daß sie das Werfen verübet hab, weiter sei bekannt, daß, nachdem sie von der Liesl verführt, der böse Feind gekommen sei und sie hinter dem Ohr aufgerissen habe. Jede einzelne Frage und Antwort nach den Nummern bringt der Verteidiger, sie eher verurteilend als verteidigend.
Von Frage 119-200 läugne sie, bei 301 bekenne sie wieder. Nachdem man mit Aussage 437 in Mühldorf so weit, ist sie nach Hofrats Befehl anhero nach Salzburg verbracht worden. Nun geht der Doktor wieder auf alles ein, was da wieder vernommen wurde. Bezeichnend ist, daß auch er bei negativem Ergebnis der Fragen nie von »nicht« oder »nein« spricht, sondern immer von »Leugnen«, als wäre der Sachverhalt wirklich festgestellt. Nach all dem ist die Marie Pauerin am 19. Januar ad bancum juris (Folter) überantwortet worden. Hat alles bestätigt, bemerkt wird, daß sie sogar die Wollust beschrieben. Dann verliert sich der sonderbare Verteidiger wieder uferlos in all die Verhöre. Endlich schreibt er: Nach all dem hat man folgendes zu fragen:
Primo: Ob aus der Confessio de corpore deluti sattsam sei, daß man ad pönam ordinariam schreite.
Secundo: Ob sie alles tatsächlich tat oder ob das nur vom Teufel vorgemacht.
Tertio: Mit was sie zu bestrafen sei.
Eigentlich bewiese ihr eigenes Bekenntnis genug. Nun gibt der Doktor wieder alle Belege dafür. Zu dem kommt noch zu mehrer Beweis, daß die Gusterer Liesl sie auch gravieret. Auch hiezu folgen wieder alle Belege. 30 Seiten geht es so fort, nur Belege! Sogar Samuel und die Hexe aus dem alten Testament bringt er daher. Am meisten aber gravieren sie die 6 Hostien. Und wieder bringt er alle Aussagen. Nachdem ich sie, sagt er endlich, mir hab vorführen lassen, sie soll sich aussprechen, komme ich dazu, folgende mildernde Umstände zu beantragen:
1. Sie sei verführt worden, gleichsam dem Bösen übergeben worden.
2. In Gestalt des Studenten hab sie leichter verführt werden können, auch die Drohungen hätten mitgewirkt.
3. Sie sei immer im Schlaf gewesen, wenn der böse Feind sie geholt, das seien also illusiones gewesen.
Auch könne sie doch nicht zugleich im Bett und auf dem Tanzplatz gewesen sein, »ist nit möglich«. Endlich müsse man wegen der Hostien mit dem Unverstand ihrer Jugend rechnen. Und wieder wird alles mit Quellenangabe bewiesen.
Seit 3 Jahren schon wollte sie abschwören, hat aber nimmer können. Die Furcht war zu groß, (ex metu a diabolo.) Vielleicht könne sie doch von der Todesstrafe verschont und mit einer andern Straf gezüchtigt werden und wieder zum Guten geleitet werden. Er recommandiere es.
Gegenwärtige vor das strenge Malefizgericht gestellte Weibsperson Namens Marie Pauerin, welche bei dem hochfürstl. Salzburg. Pflegegericht Mühldorf im Laster der Zauberei verdächtig, zu gefänglicher Verhaftung gebracht, nochmals aber auf hohe Verordnung eines allhiesigen hochfürstl. hochlöbl. Hofgerichtes zu weiterer Fortsetzung des zu Mühldorf gegen dieselbe angefangenen Inquisitionsprozeß hieher nach Salzburg in die alldasige Stadtfrohnvest Ueberlieferte hat auf verschiedentlich gegen sie vorgekehrte Examina von sich ausgesagt und bekennt, daß sie M.P. heiße, von einem Amtsknecht in Neumarkt unehelich erzeugt und 16 Jahr alt sei. Anlangend nun aber ihr Verbrechen ist sie bekenntlich, daß ihre Mutter sie einmal zur ehgenannten Gusterer Liesl im erwähnten Neumarkt um eine Wasch geschickt; diese ihr dann eine Suppe und Nudel gegeben und als sie die genommen, ihr hieraus ganz übel worden sei und des andern Tags nemblich am Mittwoch vor Johanni vorigen Jahres, nachdem sie beim Höllschmied zu Mühldorf in Dienst eingestanden, nachtszeit um 9 Uhr, wobei ihr Herr und die Frau in der Schmieden gearbeitet und sie hab nach den Kindern schauen müssen, sey der böse Feind in einem gelben Kleid zu ihr kommen, welcher zu ihr gesagt, er sey ein Student und wolle sie heyrathen, sie solle sich unterschreiben oder er würde sie umbringen und hab sie ihn auch für einen Studenten gehalten, weil sie ihm umb die Füß nicht angesehen; nachdem aber, als sie sich unterschrieben, hab sie aus dem Gaisfuß gesehen, daß er der böse Feind war. Dieser hab ihr ein schwarzes Papier gegeben, sie hinter dem Ohr mit einer Fingerkralle aufgerissen, worauf sie mit ihrem Blut die Wort: »ich gehör dir und du gehörst mir« geschrieben, welchen Zettel der böse Feind in ein groß Buch gethan.
Zweitens hat sie die Bekenntnis abgegeben, daß sie mit dem bösen Feind auf 6 Tänz gefahren mit einer beim Höllschmied vorm Haus genommenen Gabel, sich am bösen Feind anhaltend und mit dem Gelbrock getanzt und 6 Hostien dahin gebracht, auch einmal eine auf Liesl Geheiß mit einer Sperl durchstochen, diese nun auch die andern von ihr mitgebrachten Hostien in einem Tüchl mit heim gebracht und unter Brotmehl gethan. Dem Obristen Referenz gemacht und die Dreifaltigkeit verläugnet hab.
Drittens hab sie wenn sie vom Tanz zu Haus, mit dem Bösen 6mal Unkeuschheit getrieben.
Viertens hab der Böse zu ihr gesagt, wenn sie Jemand was thun wolle, wolle er ihr lehren. Wie sie nun mit einem Salat auf Altenmühldorf gegangen und bey der alten Seydlmayrin Milch getrunken, sei der Böse zu ihr kommen und hab ihr ein Bröckl Zucker geben und gesagt, sie soll es in den Rührkübl thun, damit die S. nicht mehr rühren könne, welches sie auch zweimal gethan hat.
Fünftens: daß, weilen sie es gern gehabt hat, daß es aufkommen möcht, hab sie von dem Teufel begehrt, er solle in dem Höllschmiedhaus umwerfen, indem sie gewußt, daß sich die Schmiedin fürchte, welches zwar der Böse nicht thun wollte, wie sie ihm aber vorgehalten, daß er ihr versprochen, Alles zu thun, was sie begehren würde, da hab er mit Hufnägl, Hämmer, Brod, Steinen geworfen.
Nach welch von der Marie gethanen Bekenntnis und Bestätigung derselben auf die endliche Frage, ob sie Alles wohl verstanden hab, ob sie nit gewußt, was für schwer Verbrechen sie gethan und daß sie es wohl und gewiß geantwortet, nur daß »halt« die Liesl sie verführt.
Ueber dem hievor verlesenen Bekenntnis ist von einem Hofgericht in Salzburg sowohl nach Ausweisung der gemeinen Rechte als auch nach der Halsgerichtsordnung erkannt und gesprochen worden:
Daß die Maleficantin wegen der abscheulichen Uebelthaten mit dem Schwert vom Leben zum Tod hingerichtet und der entseelte Körper auf dem Scheiterhaufen verbrannt werde. Ist also zur Richtstätte zu führen.
Am 10. September 1750 schreibt das Halsgericht Salzburg an den Scharfrichter. (Es ist erschütternd, den Originalzettel zu sehen.)
Demnach Ihro hochfürstl. Gnaden in peinlicher Sachen der beim Pflegegericht Mühldorf in puncto Magiae zu Verhafft gebrachte und hier weiter prozessierte Maria Pauerin abgelegtes Referat es bei unserm ad poenam gladii et ignis ausgefallenen Beschluß zu belassen geruht, befehlen wir Euch hiemit, daß ihr der Malefikantin am Samstag 3. Oktobris den Tod gewöhnlicher Maßen ankünden, derselben einen selbsterwöhlenden Geistlichen, welcher sie zu einer reumüthigen Beicht und einem Seeligen Ende disponiere, zu stellen, Montags hierauf das HI. Abendmahl reiche, diese sodann folgenden Erchtag noch von einem Oberschreiber vor offener Schranne verlesenen Urgilt und Urtl zur Richtstätt auszuführen und alldort durch den Scharfrichter mit dem Schwert vom Leben zum Tode hinrichten, endlich sie aber den entseelten Körper auf einem zu dem Ende zu errichtenden Scheiterhaufen verbrennen lassen sollet wo ihr dann das Gehörige zu beobachten wisset.
(Das geschah auch so.)
Damit endet das Drama.
Quellen: Originalprozeßakten vom Oesterreichischen Landesarchiv Salzburg. Das Rechtsverfahren wider die Hexen von Joseph Schneid (Historischer Verein von Oberbayern). »Die Bernsteinhexe« von Wilhelm Meinhold. (Originaltagebuchblätter eines Pfarrers.)