Ernst Elias Niebergall
Des Burschen Heimkehr oder: Der tolle Hund
Ernst Elias Niebergall

 << zurück 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Zehnte Scene

Vorige. Nachtschatten.

Fritz (zu seinem Vater.) Der kimmt hinneher, wie die Frah vun Bensem.

Nachtschatten. Sie verzeihen, daß ich mir die Freiheit nehme; aber die Stimme des Mitgefühls spricht lauter, als die Etikette. (Eilt auf Frau Puttel zu.) Hochgeschätzteste Frau Puttel, welch' schreckliches Ereigniß –

Fritz (schiebt ihn unsanft zurück.) Ich deht liewer noch e Bisje ärjer kreische, wo die Frah net bei sich is! Sinn-Se verrickt?

Nachtschatten (überrascht.) Ach, Sie sind es? Von Ihnen bin ich Dergleichen schon gewöhnt. (Stellt sich neben Binchen.) Sie sind wohl sehr erschrocken, süßes Kind?

Fritz. (Für sich.) Duckmeiser, verdammter! (Reißt ihn noch heftiger weg und stößt ihn in die andere Ecke des Zimmers.) Do kenne-Se steh bleiwe! Wann so viel Mensche um de Sessel erumstehn, krickt die Frah gor kahn Othem. Nemme-Se doch Ihr Bisje Verstand zusamme! Jetz dricke-Se sich erbei: wehrn-Se vorhin bei der Spritz gebliwwe.

Knippelius. Wos host-de dann mit dem Mensche vor, Fritz?

Fritz. Es is e Schnelllahfer, Vadda, vorhin hot er sei Kunst bewisse.

Fr. Puttel (mit schwacher Stimme.) Um e Hoor werich des Dohts! Ich seh noch dem Hund sein ferchterliche Rache, wie er'n geje mich ufgerisse hot! Gott steh ahm bei!

Binchen (freudig.) Ach, Gott sey Low- un Dank, sie kann widder schwätze!

Knippelius (bei Seite.) Ja, wann die Weibsleit emol net mehr schwätze, do is Maddeh am Letzte.

Fr. Puttel. Wo is er, der brov Mann, daß ich-em mei Dankborkeit obstatte kann?

Nachtschatten (drängt sich herbei.) Ich bin entzückt, Ihr theures Leben aus aller Gefahr gerettet zu sehen!

Fr. Puttel. Herr Nochtschadde, kumme-Se neher! (Er tritt an den Sessel und faßt ihre Hand.) Wann Sie net gewest wehrn, hett mich der doll Hund am End in Sticker verrisse, wo ich dazu mei schwazmerinoen Klahd ohhob – ich wohlt's doch auslosse, mer mahnt, es hett-mer geschwant. (Betrachtet ihr Kleid.) Voller Spritz bis eruf, ahner newe'm annern! (Zu Binchen.) Des kannst-de morje in kalt Wasse auswesche; wann die Flecke nor erausgehn, es wor e Kriskinnche vun meim Mann.

Fritz (hält Fr. Puttel ein Riechfläschchen vor.) Riche-Se noch e Bisje, Frah Gevaddan, es is gor gesund vor'n Schrecke. (Bei Seite.) Wann der Kerl net uf neie Bradicke ausgeht, loß ich mich unnerschtder-ewwerscht ufhenke. Wos er dere Puttelen vorpischbert – der lickt gewiß widder, daß Ahm die Aage iwwergehn. Ich will dem Ding doch emol zugucke, wieweit er sei Unverschämtheit dreibt: dann werd-er effentlich blamirt.

Nachtschatten (zu Frau Puttel.) Pflicht, Menschenpflicht, weiter nichts! Seyen Sie versichert – einen Hund todt schlagen – Kleinigkeit – wahre Kleinigkeit – ich bedauere nur –

Fr. Puttel. Ach, wos! Sie brauche gor nix zu bedauern – Sie worn mei Schutzengel – Ihne verdank ich mei Lewe un daß mei Klahd net ganz de Katze is: mei Dank werd owwer net ausbleiwe, uf Barohl, er werd net ausbleiwe!

Knippelius (heimlich zu Fritzen.) Ich mahn, du hest jo de Hund doht geschmisse?

Fritz. Nadihrlich; – worte-Se nor: ich will nor emol sehe, wie weit der Kerl sei unverscheemte Lijje dreibt.

Fr. Puttel (pathetisch.) Wie kann ich Ihne vergelde: foddern-Se! Ihne kann ich nix obschlooge!

(Fritz hat sich indessen neben Binchen gestellt und redet lebhaft zu ihr. Anfangs scheint sie kalt, nach und nach aber erheitert sich ihre Miene.)

Nachtschatten (zu Fr. Puttel.) Ihre Güte beschämt mich. Ach, ich wüßte ein Kleinod, zu dem ich aber kaum die Augen aufzuschlagen wage, weil mich die Strahlen seiner Herrlichkeit blenden! (Er wirft zärtliche Blicke auf Binchen, welche sich abwendet.)

Knippelius (für sich.) Des is e rechter Kumediant!

Fr. Puttel. Ach so? des gensig Mädche? Des wolle-mer schun mache! Awwer wo is dann mei Mann, die schleecht Schlofkapp? Dehre is Alles ahnerlah!

Knippelius. Nemme Se's net for iwwel, Frah Gevaddan, ich hob so äwe nooch-em geschickt.

Fr. Puttel. Dank Ihne! wos werd der e Frahd howwe, wann er hehrt, wos ich for ere Gefohr entgange bin.

Knippelius (für sich.) Des freegt sich!

(Fritz und Binchen treten auf die eine Seite des Vordergrundes.)

Binchen. Du hest mich also net geuhzt?

Fritz (legt die Hand auf's Herz.) Ich hob-der sowenig en Bosse gedoh, als ich des Pulwer erfunne hob! Wie gesogt, die ganz Geschicht rihrt blos vun meim Vadda her, un der hot's net so bees gemahnt.

Binchen. Owwer die Olte!

Fritz. Loß mich nor mache: die will ich schun uf unser Seit bringe, un den Nochtschadde do fihr-ich iwwer'n Dreck, do gew-ich mei kanonisch Cerevis druf.

Bärbel (schleicht herbei.) No, brotzt-er net mehr minanner?

Fritz (ärgerlich.) Drick dich, Kalfaktern, die de bist, un steck dei vorwitzig Noos in's Nehkerbche! Dir bin ich so noch uf der Muck, hiht dich nor!

Bärbel. Seyn-Se nor halb so grob, gnediger Herr! (Sie geht auf die Seite.) Wann er mich nor net verreth! Er hot de Valdin bestimmt gekennt.

 
Eilfte Scene

Vorige. Herr Puttel.

Puttel. Gun-Dach beisamme! (Wirft einen Blick auf seine Frau.) Jammerschad for den scheene Hund; alleweil bin ich-em begägent, sie howwe'n do gedrooge, e Stootshund, sog-ich. No, wos macht mei Fraache?

Fr. Knippelius. Es geht soweit widder besser.

Fr. Puttel (seufzt.) Ja, besser! Ich bin so ferdig, wie e ausgebloose Ei. Ich wor in ere scheene Gefohr! Wann's net noch Mensche gäb, wo sich mehr um Ahm bekimmern, als du, do wehrsch'de e Wittmann.

Puttel. Ja, die Leit misse sich aach um Alles bekimmern. (Zu Knippelius.) Es dauert mich nix, als der schee Hund. Ich how-en genau gekennt. Gescheit wor-er, wie der liftig Deiwel, un batsch-dich! werd er doll!

Knippelius. Des find mer aach bei de Mensche: grood die Allergescheitste schnappe iwwer.

Fr. Puttel (wendet sich indignirt zu Fr. Knippelius.) Redd mei Mann aach noch dem Hund des Wort, wo mei Lewe uf der Schnepp gestanne hot! Is es net zum Dollwern?

Puttel (zärtlich.) Mach-der kahn Kummer, Fraache, doller werscht-de net, als de bist, der Hund hot dich jo net gebisse.

Fr. Puttel (grimmig.) Wort, loß uns nor dahahm sey, ich will dich bedolle!

Puttel (hat es überhört.) Gefehrlich bleibt's immer. Die Bolezey sollt besser invögelirn: hett' ich wos bei der Sach zu soge, jeder doll Hund mißt mer sein Maulkorb drooge!

Knippelius. Un Sie mißte'n-em ohlehje!

Puttel. Wos iwwrigens des Nehere vun äwe dem Hund bedrifft, so kann ich mit diene. Es wor Ahner vun dere korzhärige Ohrt, wo glei mit gestutzte Ohrn uf die Welt kumme, un gehn schwernothsgern in's Wasser; die Noose vun dehre Raß sinn gespalten daß mer ganz bequem e Faust enei lehje kann.

Knippelius. Der Herr Gevadda hot owwer werlich en rechte Hundsverstand, des muß mer'm losse.

Puttel. Ja, verstehn-Se, es wor vun jeher mei Liebhawerei. Der Hund, vun dem ich so äwe geredd hob, wor unner Brider sei zwah Kallin werth.

Fr. Puttel. Do wehr er mer liewer wie du, un wann-de die zwah Kallin im Sack hest. Jetz halt mer dei Maul! (Sie erhebt sich, tritt in die Mitte des Zimmers, und spricht mit vieler Würde:) An mir is es jetz, mein Dank zu beweise: hett mich der Hund gebissen so mißt ich's bleiwe losse. – Ich redd net ellah vun meim Lewe: meiner Dochter ihrsch is fast äwesoviel werth: dehre ihrsch is aach gerett worn. Mer hot heidiges Doogs viel Exembel, daß Mensche undankbor gewäse sinn, owwer zu dene gehehr ich net, do kann jedes de Puttel frooge. Is es net wahr, Puttel? (Sie hält einen Augenblick inne) – Kannst-de net redde?

Puttel (zu den übrigen.) Des wollt ich mahne, sie kann merkwerdig dankbor sey, wann se will.

Fr. Puttel. Drum-äwens will ich mich aach jetz net hinne finne losse. Wo is der edelmithig Mann, wo uns unser Lewe gerett hot? – Ich seh-en vor meine Aage, owwer er is zu bescheide – er schehmt sich.

Nachtschatten. (Tritt vor und will reden.)

Fr. Puttel (huldvoll.) Schweie-Se, mei liewer Herr Nochtschadde – glei werd die Reih an Ihne kumme, losse Se mich nor ausredde. Ich wehr e schlecht Frah, wann ich Demjenige net vergelde wollt, wo sei aage Lewe for Ahm in die Schanz geschlooge hot.

Fritz (leise zu Binchen.) Des schlecht Oos duht, als hett er de Hund kabenirt.

Fr. Puttel. Derntweje soog-ich jetz laut, un will schlecht sey, wann ich mei Wort net halt: – (zu Nachtschatten gewendet) Wo is der rechtschaffe Mensch? Er soll kumme: ich will em mei Bestes gewwe, wos ich hob: kah Annerer soll mei Dochda howwe! (Sie streckt die Hand nach Nachtschatten aus, welcher äußerst einfältig dasteht, Fritz aber eilt herbei und ergreift sie.)

Fritz. Ich hob des Glick gehatt, Frah Gevaddan, Ihne behilflich zu sey –

Fr. Puttel (im höchsten Grad erstaunt.) Wos? Du!

Knippelius (zu seiner Frau.) E schwernothser Bub! Wos will mer mache?

Fr. Knippelius. Loß-en nor emol gewährn.

Binchen (etwas schüchtern.) Ja, Mudda, der Fritz un kah annerer Mensch: – der Herr Nochtschadde sinn schnell in e Haus gelaafe. Sie worn glei vun sich, ich hob owwer Alles gesehje.

Nachtschatten. Unerhört! Aber auf Ehre, so lasse ich mich nicht zurückweisen.

Puttel (gutmüthig.) No, Fraache, du host dich desmol widder emol gebritscht.

Fr. Puttel. Schwei! (Zu Fritz.) Des is e anner Korn: do muß ich mei Wort zuricknemme.

Fritz. Des wehr schee, Frah Gevaddan! Vadda, lehje-Se doch e gut Wort for mich ei.

Knippelius (zu seiner Frau.) Der oosig Jung setzt Ahm orndlich uf Schrauwe.

Fr. Knippelius. Er benimmt sich recht fei.

Nachtschatten (tritt giftig auf Fritzen zu.) Meine bisherige Geduld ist jetzt gänzlich erschöpft. Ich weiß nicht, wie ich Ihr Betragen nennen soll, lächerliche Anmaßung oder Narrheit: aber soviel weiß ich, daß ich meine wohlbegründeten Ansprüche auf jenes Frauenzimmer um keinen Preis aufgeben werde. Haben Sie mich verstanden?

Fritz. Sie scheine e korz Gedächtniß zu howwe, weil-Se schun vergesse howwe, wos ich Ihne letzt im Herrngorte gesogt hob. Weil-Se owwer doch so schandbor unverscheemt sinn, so will ich emol do de gejewertige Leit soge, wos-Se for e bees Frichtche vor sich howwe. Der Mensch do, wo vor Ihne steht, Herr Gevadda, hot sich letzt in seiner Vollheit im Schwane iwwer Ihne ausgelosse, un hot gesogt, Sie wehrn Ahner vun dene gude Hambel, vor die's Schad wehr, daß se net glei mit Herner uf die Welt kumme wehrn: des Gescheidst an Ihne wehr, daß-Se Geld hette.

Puttel (zwingt sich zum Lachen.) Des wehr doch e Bisje e growwer Spaß gewäse, so zu soge, Herr Schochtmadde.

Fritz. Verlosse-Se sich druf, Herr Gevadda, er hot's gesogt. Es hatt mich e guter Bekannter von der Hochschul in Schwane ruffe losse, do how' ich's gehehrt. Wolle-Se's leigene?

Nachtschatten (zu Fr. Puttel.) Glauben Sie es nicht, wertheste Frau Puttel; wie sollte ich dazu kommen? So einen achtungswerthen Mann –

Fr. Puttel (gereizt.) Es wehr owwer aach e Schann un e Schimp, nemme-Se mer'sch net iwwel.

Fritz (zu Fr. Puttel.) Sehe-Se, ich hett mein Rand ganz gehalte, owwer soll ich ruhig zugucke, wann Ihne so e Kerl am Nannsahl erumfihrt? Wos er Ihne nochgesogt hot – ich schehm mich orndlich, owwer es is mei Schulligkeit: bei alle Leit hot er gesogt: des Bienche do kehm em vor wie e verwinscht Brinzeß, un Sie wehrn der feirig Drach, wo se bewache deht; – Sie hette sich aach falsche Zäh eisetze losse.

Fr. Puttel (fährt wüthend auf Nachtschatten zu.) Wos, du schlechter Kerl, host-de des gesogt? Du Schnabseil willt mer en iwwele Nohme mache?! Ich e feiriger Drach? Bin ich dei feiriger Drach, he? (Nachtschatten retirirt.) Ich falsche Zäh?! Host-de mer schun in's Maul geguckt, du Hungerleider? Dei scheele Aage kratz' ich-der aus deim Käsmaddegesicht! Du willst mei Dochda? Ich will-der des Maul sauwer halte, du hergeloffener Doogdieb, du! Ich will der'sch weise! (Sie hält ihm die geballte Faust unter die Nase; er weicht nach der Thüre zurück.)

Knippelius (begütigend.) Losse-Se'm nor sei Bisje Lewe!

 
Zwölfte Scene

Als Nachtschatten gerade im Begriff ist, sich fort zu machen, erscheinen mehrere Polizeidiener. Er fährt erschrocken zurück.

Erster Polizeidiener. Sie wern entschullige; es soll gewiß hier e Mensch sich befinne, Nohmens Nochtschadde.

Fr. Puttel. Ja, do is er, steckt-en ei, daß er vun de ehrliche Leit eweck kimmt, der Hallunk!

Erster Polizeidiener. Des soll aach geschehe. (Zu Nachtschatten.) Alleh, duzwitt, Sie sinn Arrestant!

Nachtschatten (erschrocken.) Wer? ich?

Erster Polizeidiener. Ich glaab, der frehkt aach noch. (Faßt ihn am Kragen und zieht ihn fort.)

Knippelius. Wos hot-er dann pexirt?

Zweiter Polizeidiener. Er is zwahspennig dorch's Stinkgäßje gefohrn, un do steht e Kriminalsstroof druf.

Knippelius. Sie sinn mer e rechder Spaßmacher!

Zweiter Polizeidiener. No, ich will's Ihne soge, er hot falsche Kasseschei mache helfe, un do werd er nooch Breiße ausgeliwwert.

Puttel. Do derfor bliht-em e lewenslenglich Dohtesstroof wie e Weck uf dem Lohde.

Knippelius. Er krickt de Staabbesem.

Zweiter Polizeidiener (tritt wichtig auf Knippelius zu.) Ich wann (warne) Ihne freundschaftlich, halte-Se Ihne Ihrn Hund ei, odder lehje Se'm en Maulkorb um die Schnur: wie's der Bolezeirooth odder sunst Ahner vun uns erfehrt, howwe Se finf Gulde uf dem Buckel. Adjehs!

Knippelius. Ich will's ausrichte. Fellmich!

(Die Polizeidiener mit Nachtschatten ab.)

 
Dreizehnte Scene

Die Vorigen, ohne Nachtschatten.

Knippelius (zu Puttel.) Mit dem Mensche hot's e bees End genumme. Sie kenne sich gradelirn, daß Se ihr Dochda net an so en Bedrijer eweck geworfe howwe.

Fritz (stößt seinen Vater.) Losse-Se mich net im Stich, Vadda. (Er tritt mit einer anständigen Verbeugung vor Fr. Puttel.) Frah Gevaddan, ich hob mein Blahn ufgewwe, zu studirn: ich wer jetz Metzjer, un iwwernemm emol meim Vadda sei Geschäft. Ich hob Ihne ihr Bienche gern: gewwe-Se mer se, wann ich Maaster bin. – Gell, Bienche, du host nix dageje?

Binchen (birgt beschämt ihr Gesicht in's Schnupftuch.)

Fr. Puttel (freundlich.) Des kimmt mer e Bisje geschwind. Awwer, du host uns unser Lewe gerett, Fritz; ich hob Demjenige mei Dochda versproche: wos ich emol soog, dobei hot's sei Bewenne. Wann-de Metzjermaaster bist, dann kumm widder, ich will des Bienche so lang ufhewe. Der Puttel is es zufridde, es froogt sich nor –

Knippelius. Ich for mei Dahl geb mein Kunsens; des Bienche werd-mer zwor noch e Bisje bees sey vun weje – no, ich will schweie – es worn schwernothse Geschichte: – owwer wann der Fritz emol is, wos sei Vadda is, soll er'sch widder gut mache. Bist-de's zufridde, Bienche? No, so geb' mer en Kuß! (Küßt sie.)

Fr. Knippelius (zu Fr. Puttel.) Frah Gevaddan, des Herz boppelt mer vor Frahd. Kumm, Bienche, krick mich um de Hals, ich hob-der de Fritz schun lang zugedenkt gehatt. (Umarmt sie.)

Puttel. No, un du, Bärwelche? Du stehst jo so ellahns do?

Bärbel. Ich frah mich iwwer die Annern.

 
Vierzehnte Scene

Vorige, Valentin (in völligem Staat.)

Valentin (verlegen beim Anblick der Gesellschaft.) Ich empfehl-mich Ihne. Sinn der Herr Knippelius net do?

Knippelius. Do stehn-ich jo vor Ihne, gucke-Se nor. Wos steht zu Befehl?

Valentin. Ich hett Ihne unner vier Aage – (wirft verlegene Blicke auf Bärbel.)

Knippelius. Soge-Se's glei – es sinn lauder Bekannte, die derfe Alles wisse.

Valentin (zögernd.) Mei Unkel hot mer heit sei Geschäft iwwergewwe –

Knippelius. Un do wolle-Se sich rekummandirn? Sie sinn e broover Mann, un duhn net so viel Lappe in die Hell, wie die annern Schneider: ich wer Alles bei Ihne mache losse, wie seither aach.

Fr. Puttel. Un mei Mann soll's aach duh.

Valentin (verlegen.) Dank Ihne, awwer derntweje bin ich eigentlich net kumme. (Sieht sich verlegen um.)

Bärbel (stößt ihn heimlich an.) Soog's nor, Valdin, alleweil is grod die best Zeit.

Knippelius. No, wos howwe-Se sunst for e Ohlijje? Deitsch vun der Lewwer eweck!

Valentin (ermuthigt.) Weil mer mei Unkel des Geschäft gewwe hot, derntweje hot er gesogt, sollt-ich mer jemand ohschaffe, wo mer helfe deht –

Knippelius. Als breß druf Geselle genumme, daß's kracht!

Valentin. Verzeihe-Se, er mahnt, e Frah wehr besser. (Blickt Bärbeln an.)

Knippelius. Alleweil rich-ich de Broode, Frah Gevaddan! (Scherzhaft drohend zu Valentin und Bärbel.) Schwernoths Volk, als die Olde iwwer'n Leffel balwirt!

Valentin (bittend.) Gewwe-Se mer Ihr Bärwelche!

Knippelius (abwehrend.) Bscht! Alles hot seine Zeit, sehkt der weise Salomo: des geht net so uf de Sturz! Erscht Iwwerlehjung!

(Valentin und Bärbel knieen vor ihm nieder und ergreifen seine Hand.)

Knippelius. Verrutscht eich die Knie net mit dene Theaderbosse!

Valentin. Gewwe-Se mer des Bärwelche, ich kann net ohne-se lewe!

Fritz (zu seinem Vater.) No, gewwe-Se se'm, sunst meegt-er am End sterwe.

Fr. Puttel. Jetz mache Sie's, wie ich's vorhin gemocht hob: soge-Se: ja.

Puttel. Duhn-Se'n de Gefalle!

Fr. Knippelius. Sie basse zusamme; soog: ja.

Knippelius. No, in's drei Die– steit uf! Wolle-Se sich battuh en Klotz an's Bah henke, so kann ich's net hinnern. Ich kenn' Ihne als en orndliche Mensche: wann der Fritz sei Hochzeit helt, sollt-er eier aach halte.

(Beide springen auf und umarmen ihn.)

Bringt mich nor net um's Lewe!

(Die Gesellschaft gruppirt sich; in der Mitte die Ältern, auf beiden Seiten die Brautpaare.)

Fritz (zu Binchen.) No, host-de dein liewe Nochtschadde vergesse?

Binchen (hält ihm den Mund zu.) Ach, schwei-mer vun Dem!

Valentin (zu Bärbeln.) No, how-ich dich net erowert?

Bärbel. Grood wie der Ridda in dem scheene Buch, wo sei Freilein noch krickt hot.

Valentin (heimlich zu Fritzen.) Du sollst aach bedankt sey, daß de mich net verroothe host.

Fritz (ohne ihn zu verstehen.) Wos?

Valentin. Du host mich doch gekennt? Wann de mich krickt hest, ich glaab, du hest mer mit deim oosige Beil de Hernkaste eigehaage. Ich hob der owwer aach die Bah gewarfe!

Fritz. Du worscht's? jetz guck emol! Ihr seyd mer zwah Sauwere!

Bärbel. No, sey nor still, – es wor des Erschtemol, daß er do wor.

Knippelius (tritt pathetisch vor.) Jetz noch aah Wort, korz un bindig! Spitzt eier Ohrn, ihr Gelbschnäwwel do, un schweit emol still: de Weibsleit will ich's net zumuthe, dann die kenne net. (Zu Fr. Puttel.) Verzeihe-Se, Frah Gevaddan. Mer hehrt vun viele Mensche im graueste Olderduhm un in de zukinftigste Zeite oftmols soge: der Ehstand is e Wehstand. So sehkt zum Exembel der Franzos: le Marriahsch – (nach einigem Besinnen.) No, wie's weider geht, fellt mer net bei, genunk, es hott e jedwedd Nation ihrn Spruch dervor, un des laaft All uf Ahns enaus. Die Leit howwe Recht un Unrecht, wie mer'sch nimmt. Nix Scheuneres in der Welt, als wann sich Zwah aus purer Lieb enanner nemme, wie ich's vun Eich hoff: do is die Frah dem Mann sei Aagappel, un der Mann der Frah ihrer, un Ahns laaft for'sch Anner dorch's Feier. How' ich Recht, Herr Gevadda?

Puttel (wischt sich die Augen.) Sie redde werlich wie geschmiert, es werd Ahm orndlich waachherzig um's Gemith erum.

Knippelius. Ich will owwer de Fall setze, daß in ere Eh' kah Ahnigkeit zu dreffe is, wo die Frah die Hose ohhott, un laaft Kassathe, un der Mann muß dahahm die Winnele wesche un Kinchesbrei koche, bis die gneedig Frah aus der Visitt hahm kummt: des is die vakehrt Welt, liewer uf dem Blocksberg gesesse zeh Johr lang! Derntweje soog ich eich zwah junge Leit: kumm mer Kahner, der sich unner de Pandoffel bringe leßt! Nemmt's eich ad nodam! Seyd fleißig un ehrlich, dann werd-er eier Auskumme howwe, un des net zu frih, wie seller Lumb gesogt hot. Ich for mei Dahl winsch eich Glick un wos sunst der Gebrauch is.

Puttel. Vivat hoch! Die Brautleit solle lewe!

Fritz und Valentin. Un die Schwiejeräldern danewe!

Der Vorhang fällt.

Ende.


 << zurück