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3. Die Philologen.

146.

Daß man nur durch das Alterthum Bildung gewinnen könne, ist nicht wahr. Aber man kann von dort aus welche gewinnen, doch die Bildung, welche man jetzt so nennt, nicht. Nur auf einem ganz castrirten und verlogenen Studium des Alterthums erbaut sich unsere Bildung. Um nun zu sehn, wie wirkungslos dies Studium ist, sehe man nur die Philologen an: die müßten ja am besten durch das Alterthum erzogen sein.

147.

Entstehung des Philologen. Dem großen Kunstwerk wird sich beim Erscheinen desselben immer ein Betrachter gegenüberstellen, der seine Wirkung nicht nur empfindet, sondern sie auch verewigen möchte. So auch dem großen Staate, kurz Allem, was den Menschen erhebt. So wollen die Philologen die Wirkung des Alterthums verewigen: das können sie nur als nachschaffende Künstler. Nicht als nachlebende Menschen?

148.

Der Untergang der Philologen-Poeten liegt zu gutem Theile in ihrer persönlichen Verderbnis; ihre Art wächst später weiter, wie zum Beispiel Goethe und Leopardi solche Erscheinungen sind. Hinter ihnen pflügen die reinen Philologen-Gelehrten nach. Die ganze Art hebt an mit der Sophistik des zweiten Jahrhunderts.

149.

Ach es ist eine Jammergeschichte, die Geschichte der Philologie! Die ekelhafteste Gelehrsamkeit, faules unthätiges Beiseitesitzen, ängstliches Unterwerfen. – Wer hat denn etwas Freies gehabt?

150.

Beim Durchmustern der Geschichte der Philologie fällt auf, wie wenig wirklich begabte Menschen dabei betheiligt gewesen sind. Unter den berühmtesten sind Einige, die sich ihren Verstand durch Vielwisserei zerstört haben, und unter den Verständigsten darunter Solche, die mit ihrem Verstande nichts anzufangen wußten als Mücken zu seihen. Es ist eine traurige Geschichte, ich glaube, keine Wissenschaft ist so arm an Talenten. Es sind die Lahmen im Geiste, die in der Wortklauberei ihr Steckenpferd gefunden haben.

Ich ziehe vor, Etwas zu schreiben, was so gelesen zu werden verdient, wie die Philologen ihre Schriftsteller lesen, als über einem Autor zu hocken. Und überhaupt – auch das geringste Schaffen steht höher als das Reden über Geschaffenes.

151.

Der Lese- und Schreiblehrer und der Correktor sind die ersten Typen des Philologen.


152.

Friedrich August Wolf erinnert einmal daran, wie furchtsam und schwächlich die ersten Schritte waren, die unsere Ahnherrn zur Gestaltung der Wissenschaft thaten, wie sogar lateinische Classiker gleich verdächtiger Waare unter Vorwänden auf dem Markt der Universitäten eingeschwärzt werden mußten; im Göttinger Lektions-Katalog von 1737 kündigt J. M. Gesner Horatii Odas an » ut imprimis, quid prodesse in severioribus studiis possint, ostendat«.

153.

Ich freue mich von Bentley zu lesen » non tam grande pretium emendatiunculis meis statuere soleo, ut singularem aliquam gratiam inde sperem aut exigam«.

Newton wunderte sich, daß Männer wie Bentley und Hare sich über ein Komödiantenbuch herumschlügen (weil sie beide theologische Würdenträger waren).

154.

Horaz ist durch Bentley vor einen Richterstuhl gestellt, den er abweisen müßte. Die Bewunderung, die ein scharfsinniger Mann als Philologe erntet, steht im Verhältnis zur Rarität des Scharfsinns bei Philologen. – Das Verfahren bei Horaz hat etwas Schulmeisterliches, nur daß nicht Horaz selbst censirt werden soll, sondern seine Überlieferer; in Wahrheit und im Ganzen trifft es aber Horaz. Mir steht nun einmal fest, daß eine einzige Zeile geschrieben zu haben, welche es verdient, von Gelehrten späterer Zeit commentirt zu werden, das Verdienst des größten Kritikers aufwiegt. Es liegt eine tiefe Bescheidenheit im Philologen. Texte verbessern ist eine unterhaltende Arbeit für Gelehrte, es ist ein Rebusrathen; aber man sollte es für keine zu wichtige Sache ansehn. Schlimm, wenn das Alterthum weniger deutlich zu uns redete, weil eine Million Worte im Wege stünden!

155.

Ein Schullehrer sagte zu Bentley: »Master, ich werde Euren Enkel zu einem ebenso großen Gelehrten machen als Ihr seid«. »Wie so?« sagte Bentley. »Wenn ich nun mehr vergessen hätte, als du je wußtest?«

156.

Die ausgezeichnete Tochter Joanna bedauerte Bentley, daß er soviel Zeit und Talent auf die Kritik fremder Werke verwandt habe, anstatt auf selbständige Compositionen. Bentley schwieg eine Zeit lang wie in sich gekehrt; endlich sagte er, ihre Bemerkung sei ganz richtig; er fühle selbst, daß er seine Naturgaben vielleicht noch anders hätte anwenden sollen: indessen habe er früher Etwas zur Ehre Gottes und zum Besten seiner Mitmenschen gethan (er meint seine Confutation of Atheism); nachher aber habe ihn der Genius der alten Heiden an sich gelockt, und in der Verzweiflung, sich auf einem andern Wege zu ihrer Höhe zu erheben, sei er ihnen auf die Schultern gestiegen, um so über ihre Köpfe hinwegzusehn.

157.

Bentley, sagt Wolf, ist als Litterator wie als Mensch den größten Theil seines Lebens hindurch verkannt und verfolgt, oder doch mit Malignität gelobt worden.

»Gegen Ende des Lebens befiel Markland, wie so Viele seinesgleichen früher, ein Widerwillen gegen allen gelehrten Ruhm, dermaßen, daß er mehrere lange gepflegte Arbeiten theils zerstreute, theils verbrannte.«

Wolf sagt »überall ist es ja meist Weniges, was aus wohlverdauter Gelehrsamkeit gewonnen wird für geistigen Nahrungssaft«.

In der Jugendzeit Winckelmann's gab es eigentlich kein philologisches Studium als in dem gemeinen Dienste von broterwerbenden Disciplinen – man las und erklärte damals die Alten, um sich besser zur Auslegung der Bibel und des Corpus Juris vorzubereiten.

158.

Wolf nennt es die Blume aller geschichtlichen Forschung, sich zu den großen und allgemeinen Ansichten des Ganzen zu erheben und zu der tiefsinnig aufgefaßten Unterscheidung der Fortgänge in der Kunst und der verschiedenen Stile. Aber Wolf giebt zu, Winckelmann fehlte jenes gemeinere Talent, die philologische Kritik, oder es kam nicht recht zur Thätigkeit: »eine seltne Mischung von Geisteskälte und kleinlicher unruhiger Sorge um hundert an sich geringfügige Dinge mit einem Alles beseelenden, das Einzelne verschlingenden Feuer und einer Gabe der Divination, die dem Uneingeweihten ein Ärgerniß ist«.

159.

Wolf macht darauf aufmerksam, daß das Alterthum nur Theorien der Rede und Dichtkunst kannte, welche die Produktion erleichtern, τέχναι und artes, die wirkliche Redner und Dichter bildeten: »da wir heut zu Tage bald Theorien haben werden, wonach sich ebenso wenig eine Rede oder ein Gedicht machen läßt, als ein Gewitter nach einer Brontologie«.

160.

Merkwürdig ist Wolf's Urtheil über die Liebhaber philologischer Kenntnisse: »Fanden sie sich von der Natur mit Anlagen ausgestattet, die dem Geiste der Alten verwandt oder einer leichten Versetzung in fremde Denkarten und Lagen des Lebens empfänglich waren, so erlangten sie allerdings durch solche halbe Bekanntschaften mit den besten Schriftstellern mehr von dem Reichthum jener kraftvollen Naturen und großen Muster im Denken und Handeln, als die meisten von Denen, die ihnen sich lebenslang zu Dolmetschern anboten«.

161.

»Am Ende dürften nur die Wenigen zu echter vollendeter Kennerschaft gelangen, die mit künstlerischem Talent geboren und mit Gelehrsamkeit ausgerüstet, die besten Gelegenheiten benutzen, die nöthigen technischen Kenntnisse sich praktisch und theoretisch zu erwerben.« Wolf. Wahr!

162.

Ich empfehle an Stelle des Lateinischen den griechischen Stil auszubilden, besonders an Demosthenes: Einfachheit! Auf Leopardi zu verweisen, der vielleicht der größte Stilist des Jahrhunderts ist.


163.

»Classische Bildung!« Was sieht man denn! Ein Ding, das Nichts wirkt außer Befreiung vom Militärdienst und Doktortitel!

164.

Wenn ich sehe, wie alle Staaten jetzt die classische Bildung fördern, so sage ich: »wie unschädlich muß sie sein!« und dann: »wie nützlich muß sie sein!« Sie erwirbt diesen Staaten den Ruhm, die »freie Bildung« zu fördern. Nun sehe man die Philologen an, um diese »Freiheit« richtig zu taxiren.

165.

Classische Bildung! Ja wenn es nur wenigstens soviel Heidenthum wäre, wieviel Goethe an Winckelmann fand und verherrlichte – es war nicht gar zu viel. Aber nun das ganze unwahre Christenthum unserer Zeiten mit dazu oder mitten darunter – das ist mir zu viel und ich muß mir helfen, indem ich meinen Ekel einmal darüber auslasse. – Man glaubt förmlich an Zauberei in Betreff dieser »classischen Bildung«. Aber natürlich müßten doch Die, welche das Alterthum noch am meisten haben, auch diese Bildung am meisten haben, die Philologen; aber was ist an ihnen classisch?

166.

Classische Philologie ist der Herd der flachsten Aufklärung; immer unehrlich verwendet, allmählich ganz wirkungslos geworden. Ihre Wirkung ist eine Illusion mehr am modernen Menschen. Eigentlich handelt es sich nur um einen Erzieher-Stand, der nicht aus Pfaffen besteht: hier hat der Staat sein Interesse daran.

Ihr Nutzen ist vollständig aufgebraucht; während z. B. Geschichte des Christenthums noch ihre Kraft zeigt.

167.

Philologen, die von ihrer Wissenschaft reden, rühren nie an die Wurzeln, sie stellen nie die Philologie als Problem hin. Schlechtes Gewissen? oder Gedankenlosigkeit?

168.

Aus den Reden über Philologie, wenn sie von Philologen kommen, erfährt man Nichts, es ist die reinste Schwätzerei; zum Beispiel Jahn's »Bedeutung und Stellung der Alterthumsstudien in Deutschland«. Gar kein Gefühl, was zu vertheidigen, was zu schützen ist: so reden Leute, die noch gar nicht darüber nachgedacht haben, daß man sie angreifen könnte.

169.

Philologen sind Menschen, welche das dumpfe Gefühl des modernen Menschen über eignes Ungenügen benutzen, um daraufhin Geld und Brot zu verdienen.

Ich kenne sie, ich bin selbst Einer.

170.

Unsre Philologen verhalten sich zu wirklichen Erziehern wie die Medizinmänner der Wilden zu wirklichen Ärzten. Welche Verwunderung wird eine ferne Zeit haben!

171.

Es fehlt ihnen die eigentliche Lust an den starken und kräftigen Zügen des Alterthums. Sie werden Lobredner und werden dadurch lächerlich.

172.

Sie haben verlernt zu andern Menschen zu reden, und weil sie nicht zu älteren Leuten reden können, können sie es auch nicht zu jungen.

173.

Wir behandeln unsre Jünglinge, als seien sie unterrichtete gereifte Männer, wenn wir ihnen die Griechen vorführen. Was eignet sich denn vom griechischen Wesen überhaupt für die Jugend? Zuletzt bleibt's gar beim Formalen, Einzelnes vorzuführen. Sind das Betrachtungen für junge Leute?

Die beste und höchste Gesammtvorstellung von den Alten bringen wir doch den jungen Leuten entgegen. Oder nicht? Das Lesen der Alten wird so betont.

Ich glaube, die Beschäftigung mit dem Alterthum ist in eine falsche Stufe des Lebens verlegt. Ende der Zwanziger fängt es an zu dämmern.

174.

Wie man die jungen Leute mit den Alten bekannt macht, hat etwas Respektwidriges: noch schlimmer, es ist unpädagogisch; denn was soll die Bekanntschaft mit Dingen, die der Jüngling unmöglich mit Bewußtsein verehren kann! Vielleicht soll er lernen zu glauben, und deshalb wünsche ich es nicht.

175.

Es giebt Dinge, über die das Alterthum belehrt, über welche ich nicht leicht mich öffentlich aussprechen möchte.

176.

Alle Schwierigkeiten des historischen Studiums einmal durch das größte Beispiel zu verdeutlichen.

Inwiefern unsere Jünglinge nicht zu den Griechen passen.

Folgen der Philologie: hochmüthige Anticipation,
Bildungsphilisterei,
Ungründlichkeit,
Überschätzung von Lesen
und Schreiben,
Entfremdung von Volk und
Volks-Noth.

Die Philologen selbst, Historiker, Philosophen und Juristen, Alles durchräuchert vom Dunste.

Es sind wirkliche Wissenschaften der Jugend beizubringen.

Ebenso wirkliche Kunst.

So wird auch, in höherem Leben, Verlangen nach wirklicher Historie dasein.

177.

Die Inhumanität: selbst aus der Antigone, selbst aus der Goethischen Iphigenie.

Der Mangel an Aufklärung.

Das Politische ist nicht für Jünglinge verständlich. Das Dichterische: eine schlimme Anticipation.

178.

Kennen die Philologen die Gegenwart? Ihre Urtheile über dieselbe als perikleische, ihre Verirrungen des Urtheils, wenn sie von einem Homer congenialen Geiste Freytags reden u. s. w.; ihr Nachlaufen wenn die Litteraten voranlaufen. Ihr Verzichtleisten auf den heidnischen Sinn, den gerade Goethe als den alterthümlichen an Winckelmann entdeckt hatte.

179.

Wie es mit den Philologen steht, zeigt ihre Gleichgültigkeit beim Erscheinen Wagner's. Sie hätten noch mehr lernen können als durch Goethe, und sie haben noch keinen Blick hingeworfen. Das zeigt: es führt sie kein starkes Bedürfniß: sonst hätten sie ein Gefühl, wo ihre Nahrung zu finden ist.

180.

Wagner ehrt seine Kunst viel zu hoch, um sich in einen Winkel zu stecken wie Schumann. Entweder unterwirft er sich dem Publikum (Rienzi) oder er unterwirft es sich. Er züchtet es heran. Auch die Kleinen wollen ein Publikum, aber sie suchen es durch unkünstlerische Mittel, etwa Presse, Hanslick u. s. w.

181.

Wagner bildet die innere Phantasie des Menschen aus; spätere Generationen werden Zeugen von Bildwerken sein. Die Poesie muß der bildenden Kunst vorangehn.

182.

An den Philologen bemerke ich:

  1. Mangel an Respekt vor dem Alterthum.
  2. Weichlichkeit und Schönrednerei, vielleicht gar Apologie.
  3. Einfaches Historisiren.
  4. Einbildung über sich selbst.
  5. Unterschätzung der begabten Philologen

183.

Ich sehe in den Philologen eine verschworene Gesellschaft, welche die Jugend an der antiken Cultur erziehn will; ich würde es verstehen, wenn man diese Gesellschaft und ihre Absichten von allen Seiten kritisirte. Da käme nun viel darauf an, zu wissen, was diese Philologen unter antiker Cultur verstehen. – Sehe ich zum Beispiel, daß sie gegen die deutsche Philosophie und Musik erzögen, so würde ich sie bekämpfen oder auch die antike Cultur bekämpfen, Ersteres vielleicht, indem ich zeigte, daß die Philologen die antike Cultur nicht verstanden haben. Nun sehe ich:

  1. großen Wechsel in der Schätzung der antiken Cultur bei den Philologen,
  2. etwas tief Unantikes in ihnen selbst, Unfreies,
  3. Unklarheit darüber, welche antike Cultur sie meinen,
  4. in den Mitteln vieles Verkehrte, zum Beispiel Gelehrsamkeit,
  5. Verquickung mit Christenthum.

184.

Nun wird es nicht mehr verwundern, daß die Bildung der Zeit, bei solchen Lehrern, Nichts taugt. Ich entziehe mich nie, eine Schilderung von dieser Unbildung zu machen. Und zwar gerade in Beziehung auf die Dinge, wo man vom Alterthum lernen müßte, wenn man es überhaupt könnte z. B. Schreiben, Sprechen u. s. w.

185.

Übertragung der Bewegung ist Vererbung: das sage man sich bei der Wirkung der Griechen auf Philologen.

186.

Aufklärung und alexandrinische Bildung ist es besten Falls, was Philologen wollen. Nicht Hellenenthum.

187.

Mit Arbeitsamkeit läßt sich nicht viel erzwingen, wenn der Kopf stumpf ist. Über Homer herfallende Philologen glauben, man könne es erzwingen. Das Alterthum redet mit uns, wann es Lust hat, nicht wann wir.

188.

Die ererbte Abrichtung der jetzigen Philologen: eine gewisse Unfruchtbarkeit der Grundeinsichten hat sich ergeben; denn sie bringen die Wissenschaft, aber nicht die Philologen vorwärts.

189.

Es giebt eine Art sich philologisch zu beschäftigen, und sie ist häufig: man wirft sich besinnungslos auf irgend ein Gebiet oder wird geworfen: von da aus sieht man rechts und links, findet manches Gute und Neue – aber in einer unbewachten Stunde sagt man sich doch: »was Teufel geht mich gerade das Alles an?« Inzwischen ist man alt geworden, hat sich gewöhnt und läuft so weiter, so wie in der Ehe.

190.

Bei der Erziehung des jetzigen Philologen ist der Einfluß der Sprachwissenschaft zu erwähnen und zu beurtheilen; für einen Philologen ziemlich abzulehnen: die Fragen nach den Uranfängen der Griechen und Römer sollen ihn Nichts angehen: wie kann man sich auch sein Thema so verderben.

191.

Bei der oft so tief sich aufdrängenden Unsicherheit der Divination macht sich von Zeit zu Zeit eine krankhafte Sucht geltend, um jeden Preis zu glauben und sicher sein zu wollen: z. B. Aristoteles gegenüber, oder im Auffinden von Zahlennothwendigkeiten – bei Lachmann fast eine Krankheit.

192.

Die Consequenz, die man am Gelehrten schätzt, ist den Griechen gegenüber Pedanterie.

193.
Griechen und Philologen.

Die Griechen:      Die Philologen sind:
huldigen der Schönheit,     Schwätzer und Tändler,
entwickeln den Leib,     häßliche Geschöpfe,
sprechen gut,     Stammler,
sind religiöse Verklärer des Alltäglichen,     schmutzige Pedanten,
sind Hörer und Schauer,     Wortklauber und Nachteulen,
sind für das Symbolische,     unfähig zur Symbolik,
besitzen freie Männlichkeit,     Staatssklaven mit Inbrunst,
besitzen reinen Blick in die Welt,     verzwickte Christen,
sind Pessimisten des Gedankens.     Philister.

194.

Bergk's Litteraturgeschichte: nicht ein Fünkchen griechischen Feuers und griechischen Sinnes.

195.

Man vergleicht wirklich unsre Zeit mit der perikleischen in Schulprogrammen, man gratulirt sich zum Wiedererwachen des Nationalgefühls, und ich erinnere mich einer Parodie auf die Leichenrede des Perikles, von G. Freytag, wo dieser mit steifen Hosen geborene Dichter das Glück schildert, das jetzt die 60jährigen Männer empfinden. – Alles reine Carrikatur! So die Wirkung! Tiefe Trauer und Hohn und Zurückgezogenheit bleibt dem übrig, der mehr davon gesehn hat.



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