Plautus
Der Hausgeist (Mostellaria)
Plautus

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Erster Act.

Erste Scene.

Grumio. Tranio.

Grumio. (ruft in's Haus hinein)
Marsch aus der Küche! Fort mit dir, du Galgenbrand!
Was wirfst du bei den Schüsseln mir Spottreden zu?
Fort, du Verderben deines Herrn, zum Haus hinaus!
Wart! Auf dem Dorfe bläu' ich dich noch tüchtig durch.
Fort, sag' ich, Küchendunst! Warum versteckst du dich?

Tranio. (kommt hinter ihm aus der Küche)
Was, Wetter, soll der Lärmen vor der Thüre hier?
Du glaubst dich auf dem Dorfe. Pack vom Haus dich weg!
Fort auf das Dorf! Zum Henker! Weg von der Thüre da!
(er schlägt ihn)
Nun? Hast du, was du wolltest?

Grumio.                                             Au! Was schlägst du mich?

Tranio. Du willst es ja.

Grumio.                         Gut! Warte nur, der Alte kommt;
Er kommt gesund heim, (warte nur!) indeß ihr ihn
Abwesend aufzehrt.

Tranio.                           Weder wahr noch glaublich ist's,
(Wie magst du doch nur solchen Unsinn schwazen, Strolch?)
Daß Einer einen Andern, der abwesend ist,
Aufzehren kann.

Grumio.                     Du Possenreißer aus der Stadt,
Du Liebling alles Pöbels, wirfst das Dorf mir vor?
Vermuthlich, Tranio, weil du weißt, sie werden bald
Dich in die Mühle sperrenDie Mühle ist der Plaz, wo das Getreide auf Handmühlen gemahlen wird. Dahin geschickt zu werden, galt für eine der härtesten Strafen bei Sklaven. Die mahlenden Sklaven hatten eine Maschinerie um den Hals, durch welche sie gehindert wurden, auch nur mit den Händen in das Gesicht zu kommen, damit sie nicht vom Getreide essen konnten. Vgl. die Anmerkung zur Andria des Terenz 1, 2, 28. ; wenig Tage noch,
So mehrst du sicher auf dem Dorf die glänzende
Geschloss'ne Schaar der KettenreiberSklaven, die etwas verbrochen hatten, wurden auch an Ketten gelegt. Solche Sklaven heißen bei Plautus Kettenreiber, ferriteri und ferritribaces, oder, wie in unserer Stelle, genus ferratile. , Tranio.
Jezt noch, so lange dir's beliebt, so lang es geht,
Verschleudre, trink dich toll und voll, verführe noch
Den besten Jungen von der Welt, den Sohn des Herrn:
Zecht, schlemmet Tag' und Nächte durch nach Griechenart:
Kauft Freudendirnen, macht sie frei, und füttert euch
Schmarozer: schmaust wie Götter, lebt in Saus und Braus!
Hat das der Alte, wie er in die Fremde fuhr,
Dir aufgetragen? Soll er einst in dieser Art
Sein Haus bestellt antreffen, wenn er wiederkommt?
Wie? Hältst du das für eines treuen Knechtes Pflicht,
Daß er zu Grunde richte Gut und Sohn des Herrn?
Denn ganz zu Grunde geht er, wenn er also haust.
Er, dem von allem jungen Volk Athens zuvor
Kein Andrer gleichkam in Bescheidenheit und Zucht,
Er hat im Gegentheile nun den Preis erlangt.
Das dankt er deinem Treiben, deinem Unterricht.

Tranio. Was geht (um alle Wetter!) dich mein Treiben an?
Gibt's auf dem Dorf nicht Ochsen, die du ziehen kannst?
Ich zeche, liebe, gehe gern nach Mädchen aus,
Und meine Haut, nicht deine, läuft dabei Gefahr.

Grumio. Wie frech er redet!

Tranio.                                 Strafte dich doch Jupiter
Und alle Götter! Pfui, du riechst nach Zwiebelsaft!
Du ächter Unflat! Bauer! Bock! Du Schweinestall!
Bastard von Hund und Ziege!

Grumio.                                         Was verlangst du denn?
Nicht Alle können duften von Lavendelöl,
Noch obenan zu Tische sizen, so wie du;
Nicht Alle kosten seine Leckerei'n, wie du.
Die Tauben, Fische, Vögel, die behalte du;
Laß mir das mir Beschied'ne, mein Knoblauchgericht.
Du lebst im Glück, ich elend: gern ertrag' ich dies.
Mein Glück, es soll noch kommen, wie dein Ungemach.

Tranio. Fast kommt mir's vor, als wärst du neidisch, Grumio,
Weil mir's so wohl, dir übel geht. Das ist gerecht.
Mir ziemt's zu lieben, dir, der Ochsenknecht zu sein;
Mir ziemt ein flottes Leben, dir ein ärmliches.

Grumio. O Sieb der Henkersknechte! Traun, das wirst du noch.
So werden sie mit Stacheln unter'm Kreuz die Haut
Dir auf dem Weg durchlöchern»Die Henkersknechte werden dir mit Ochsenstacheln den Rücken so durchlöchern, daß er zum Siebe werden wird, wenn du dein patibulum, worunter man die Querbalken des Kreuzes zu verstehen hat, auf offener Straße tragen wirst.« , wenn der Alte kommt.

Tranio. Wie kannst du wissen, ob dich das nicht eher trifft?

Grumio. Weil ich es nie verdiente, du schon oft, wie jezt.

Tranio. Erspare dir die Worte, wenn dich's nicht verlangt,
Von einem großen UebelUnter dem »großen Uebel« sind Schläge gemeint. heimgesucht zu sein.

Grumio. Bekomm' ich Wickenfutter für das Vieh? Wo nicht,
So gebt mir Geld, zu kaufen. Sonst macht immer fort,
Wie ihr's begonnen, zecht und schlemmt nach Griechenart»Zecht und schlemmt nach Griechenart.« Die Griechen der späteren Zeit (bemerkt Köpke zu V. 21) standen in dem Rufe, große Säufer zu sein, wovon auch das hier nach ihrem Volksnamen gebildete Wort (pergraecari) zeugt, welches Cicero umschreibt durch graeco more bibere (in Verr. I. c 26.). Der Scholiast (Asconius Pedianus) erklärt dies entweder von den größeren Bechern, deren sie sich bei ihren Trinkgelagen bedient hätten, oder (vielleicht wahrscheinlicher) von der Sitte, die Götter und die einzelnen anwesenden Freunde in unvermischtem Weine hoch leben zu lassen, und bei dieser Gelegenheit also mehr zu trinken, als sie ertragen konnten. Zur Erläuterung kann vielleicht auch die Stelle in den Tusculanen (5, 41) dienen, wo Cicero sagt, es sei bei den griechischen Gastmahlen Gesez: »Sauf oder lauf.« (πίθι η άπιθι), durch welches also alle Nichtzecher ausgeschlossen, und die Nüchternen den Angriffen der Trunkenen entzogen werden sollten. ;
Freßt, mästet euch, und schlachtet, was gemästet ward.

Tranio. Sei still, und geh auf's Dorf! Ich will zum Hafen geh'n,
Um Fische mir zu kaufen für das Abendmahl.
Das Futter bringt man morgen dir auf's Gut hinaus. –
Was siehst du mich denn immer an, du Galgenbrand?

Grumio. So nennt dich demnächst alle Welt, bedünkt es mich.

Tranio. Wenn's nur so fortgeht, kümmert dein »demnächst« mich nicht.

Grumio. Mag sein; doch Eines merke noch: viel schneller kommt
Uns stets, was widerwärtig ist, als was man wünscht.

Tranio. Du bist mir lästig; packe dich auf's Dorf hinaus,
Und wisse, fortan hältst du mich nicht länger aus.
(er geht ab.)

Grumio. Da geht er, und beachtet all mein Reden nicht. –
Ihr ewigen Götter, eure Hülfe fleh' ich an,
Macht, daß der Alte möglichst bald heimkommt – er ist
Drei Jahre schon von Hause weg – eh' Alles hier,
Haus, Hof und Feld, zu Grunde geht! Denn kommt er nicht,
So bleibt auf wenig Monde nur Vorrath für uns.
Ich will auf's Land geh'n. Denn da kommt mein junger Herr,
Der, einst der beste Junge, jezt der schlimmste ward.
(geht ab.)

Zweite Scene.

Philolaches. Mir ging's lang im Kopf um, und lang sann ich drüber,
Und vielfach bedacht' ich's und viel überlegt' ich's,
Besprach es im Geist, wenn der Mensch einen Geist hat,
Erwog alle Gründe dafür und dawider:
Womit ich den Menschen, sobald er geboren,
Als Abbild vergliche, so daß es ihm ähnle.
Nun fand ich das Abbild.
Der Mensch kommt mir vor, wie ein neues Gebäude,
Nachdem er geboren. Ich will es beweisen.
Und mag dies für jezt euch nicht wahrscheinlich dünken,
Doch will ich es darthun, so daß ihr mir's glaubet,
Will, daß sich's verhält, wie ich sage, bewähren.
Ihr selbst auch, ich weiß das gewiß, ihr bekennt mir,
(So wie ich's im Voraus erkläre,) sobald ihr
Gehört, was ich sage, bekennt unverhohlen,
Es sei gar nichts anders.
Vernehmt nun die Gründe für meine Behauptung,
Auf daß ihr die Sache so gut, wie ich selbst, wißt.
Sogleich, wenn ein Haus aufgerichtet, gemauert,
Gezimmert, und wohl nach dem Richtmaß gefügt ist,
So lobt man den Meister, lobt was er geschaffen,
Und Jeder will ein Muster sich am fremden Werke nehmen, wünscht
Das Gleiche sich für's eigne Geld, und wendet alle Mühe dran.
Aber wenn dann ein unsaubrer, unnüzer Mensch,
Faul und unordentlich, es bezieht, und mit ihm
Hausgesinde, träg und schmuzig; dann bekommt das Haus sofort
Einen Riß, so gut es sonst war, weil es schlecht gehalten wird.
Oefter auch trifft sich's wohl, Sturm und Unwetter tobt,
Reißt die Ziegel und die Rinnen auf dem Dache knack entzwei;
Und da will unser fahrläss'ger Herr nicht daran,
Daß er neue machen läßt.
Regen kommt, tränkt die Wand, mächtig dringt Wasser die
Balken durch, an der Luft fault des Werkmeisters Kunst.
Schlimmer ist's um das Haus jezt bestellt; doch die Schuld
Trägt des Werks Meister nicht; nein, es ist dies die Art
Mancher Menschen, wenn man was um einen Pfennig flicken kann,
Thun sie nichts und zögern immer, bis die Wand zusammenstürzt.
Und so wird zulezt das ganze Haus von Grund aus neu erbaut.
So viel sag' ich euch vom Hause. Jezt erklär' ich weiter noch,
Wie ihr euch die Menschen einem Hause gleich zu denken habt.
Zuerst sind die Eltern die Bauherrn der Kinder;
Sie legen den Grund für die Kinder, erzieh'n sie,
Und bilden mit Sorgfalt und schaffen ein festes
Besteh'n, daß sie, brauchbar, dem Volk auch gefallen.
Sie sparen nicht Mühe noch Geld; aller Aufwand
Ist ihnen kein Aufwand. Sie bilden, sie lehren
Schrift, Recht und Geseze. Mit Aufwand und Arbeit
Streben sie, daß mancher Mann sich Kinder wünscht, den ihren gleich.
Und geht es zum Heere,
Dann geben sie zur Stüze wohl den Söhnen einen Vetter mit.
So zieh'n sie hin, und sind vorerst von Zimmerern und Meistern frei,
Ist drauf ein Jahr im Feld vorbei,
Erkennt sich's an der Probe leicht, wohin der Bau sich neigen will.
Ich selbst benahm mich immer fromm und tadellos,
So lang der Bauherr mich bewahrt' in seiner Hut.
Doch später, als ich meinen eignen Kopf bezog,
War meines Meisters lange Müh mit Eins dahin.
Es kam die Trägheit; diese war für mich der Sturm,
Der Hagel und Plazregen mir herbeigeführt.
Der hat die Scham mir und der Tugend Maß zerstört,
Und Alles wie mit Einem Schlage bloßgedeckt.
Es auszubessern war ich dann zu träg. Sofort
Kam, gleich dem Regengusse, Lieb' in meine Brust;
Sie drang in ihre Tiefen ein, durchweichte mir
Das Herz. Da schwand Ruf, Ehre, Gut, der Tugend Schmuck
Dahin; im Leben ward ich viel nichtswürdiger.
Und traun, in nassem Moder fault und morscher stets
Wird dies Gebälk, unmöglich scheint es mir, das Haus
Noch auszubessern, ohne daß es ganz und gar
Zusammenstürzt, und samt dem Grundstein untergeht,
Da Niemand mehr ihm helfen kann.
Schmerz erfüllt meine Brust, denk' ich dran, was ich war,
Was ich bin. Keiner war unter allen Jünglingen,
Der sich auf Scheibe, Speer, Ball und Lauf, Kampf und Roß,
Mehr, denn ich, eingeübt. Ha, wie froh lebt' ich da!
Andre lernten Mäßigkeit und harte Lebensart von mir,
Und die besten Menschen drängten sich um mich zum Unterricht.
Jezt bin ich ein Taugenichts, und ward es ganz durch eigne Schuld.
(er tritt auf die Seite.)

Dritte Scene.

Philematium und Skapha treten von der anderen Seite vor die Hausthüre. Philolaches wird von Beiden nicht bemerkt.

Philematium. Seit lange hab' ich nicht so gern im Kalten mich gebadet,
Noch fühlt' ich jemals saubrer mich gewaschen, liebe Skapha.

Skapha. In diesem Jahr glückt Alles, wie die Ernte groß gewesen.

Philematium. Was aber hat die Ernte denn mit meinem Bad zu schaffen?

Skapha. Gerade so viel, als dein Bad mit der Ernte.

Philolaches. (aus der Entfernung)                               Holde Venus!
Das ist mein Sturm, der alle Zucht, mit der ich einst bedeckt war,
Mir abgedeckt, den Amor und Cupido tief in's Herz mir
Geregnet hat: und nirgends mehr vermag ich zuzudecken.
Feucht sind des Herzens Wände schon; dies Haus geht völlig unter.

Philematium Betrachte mich, sieh, ob das Kleid mir ansteht, liebe Skapha.
Ich möchte gern Philolaches gefallen, meinem Liebsten.

Skapha. Du bist so schön: was willst du dich durch schönen Anzug schmücken?
Des Kleides Inhalt lieben nur die Buhler, nicht die Hülle.

Pilolaches. (bei Seite)
Die Schelmin ist doch recht gewandt, die Skapha, die versteht es,
Weiß Alles, was ein Liebender sich wünscht, wie's ihm um's Herz ist.

Philematium. Wie nun?

Skapha.                         Was ist es?

Philematium.                                   Sieh mich an, und schau, wie das mich kleidet.

Skapha. Das dankst du deiner Schönheit, Kind, daß, was du trägst, dir gutsteht.

Philolaches. (bei Seite)
Für diese Worte, Skapha, werd' ich heute dich beschenken.
Die meine Lust ist, sollst du nicht umsonst gepriesen haben.

Philematium. Still! Keine Schmeichelei'n!

Skapha.                                                       Du bist auch gar zu närrisch, Mädchen.
Willst lieber falschen Tadel wohl, als wie mit Recht gelobt sein!
Ich will, und wär's auch ohne Grund, mich lieber loben lassen,
Als daß man über mich mit Grund loszieht und mich verspottet.

Philematium. Ich liebe Wahrheit; Wahrheit will ich hören; Lügner hass' ich.

Skapha. So wahr du mich, Philolaches dich liebt, du bist gewiß schön!

Philolaches. (bei Seite)
Was sagst du, Mensch? Was schwurst du denn: »so wahr als ich sie liebe?«
Warum nicht auch: »so wahr sie mich?« Nichts wird aus dem Geschenke.
Du gehst zum Geier! Was ich dir versprochen, ist verloren.

Skapha. Mich wundert's, daß ein Mädchen, so gescheidt, so fein erzogen,
Wie du, so dumme Streiche macht.

Philematium.                                         So rathe, wenn ich fehle.

Skapha. Du fehlst, bei'm Himmel, wenn du nur zu Willen lebst dem Einen,
Nur ihm dich hingibst, ihm nur dienst, und Andre gar verachtest.
Nicht Buhlerinnen, Frauen ziemt's, nur Einem Mann zu dienen.

Philolaches. (wie vorhin)
Gerechter Gott! Welch böser Geist geht um in meinem Hause?
Die Götter alle sollen mich mit allen Qualen tödten,
Wenn ich das Weib durch Hunger nicht, durch Durst und Kälte tödte!

Philematium. Mit deinen schlechten Lehren sei mir still!

Skapha.                                                                             Wohl bist du thöricht,
Zu glauben, daß er dein Galan, dein Freund auf ewig bleibe.
Hat er dich lang, hat er dich satt, so wird er dich verlassen.

Philematium. Ich hoff's nicht.

Skapha.                                   Ungehofftes kommt viel öfter, als Gehofftes.
Kurz, kann ich dich durch Worte nicht bestimmen, mir zu glauben,
Wohlan, so lehre dich die That! Was bin ich, und was war ich?
Wie du, so ward auch ich geliebt, willfahrte nur dem Einen,
Der dennoch, als die Haare hier vor Alter grau sich färbten,
Treulos mich aufgab. Glaube mir: so wird's auch dir ergehen.

Philolaches. (wie vorhin)
Kaum halt' ich mich, der Hezerin die Augen auszukrazen.

Philematium. Er ganz allein hat mich allein befreit mit seinem Gelde.
Ihm ganz allein bin ich allein, denk' ich, Ergebung schuldig.

Philolaches. (wie vorhin)
Du großer Gott! Welch holdes Kind, wie sittsam und wie züchtig!
Wie lob' ich's und wie freut mich's, daß ich ihretwegen arm bin!

Skapha. Bei Gott, du bist nicht klug!

Philematium                                       Warum?

Skapha.                                                             Weil du dich darum kümmerst,
Daß er dich liebt.

Philematium.               Wie sollte mich's nicht kümmern?

Skapha.                                                                               Was du wolltest,
Errangst du ja, du wurdest frei; will er dich nicht mehr lieben,
Verlor er, was er ausgelegt an Geld, um dich zu lösen.

Philolaches. (wie vorhin)
Ich will verflucht sein, wenn ich die nicht jämmerlich erwürge,
Die Kupplerin, die mir das Kind verführt, die Schlangenzunge.

Philematium. Nie recht verdanken kann ich ihm, was er um mich verdient hat.
O rathe mir nicht, Skapha, daß ich ihn geringer schäze.

Skapha. Bedenke nur dies Eine, wenn du ihm allein dich hingibst,
So lang dir noch die Jugend blüht, beklagst du's einst im Alter.

Philolaches. (wie vorhin)
Ich möchte jezt zur Bräune mich verwandeln, in die Gurgel
Der Hexe fahren, und den Balg, die Kupplerin, erwürgen.

Philematium. Ich muß, nachdem er mir willfahrt, so dankbar mich beweisen,
Als ehedem, bevor ich mir's errang durch Schmeicheleien.

Philolaches. (wie vorhin)
Der Himmel soll mich strafen, kauft' ich nicht zum zweiten Male
Dich wegen dieser Rede los, erwürgte nicht die Skapha!

Skapha. Wenn dir's verbürgt ist, daß es dir am Brode nie gebreche,
Und daß er dein treueigner Freund durch's ganze Leben bleibe,
Willfahre dann nur ihm allein, und laß die Haare wachsen!»Willfahre dann nur ihm allein, und laß die Haare wachsen.« Buhlerinnen trugen das Haar gewöhnlich kurz verschnitten, während ehrbare Hausfrauen und wohl auch bessere Buhlerinnen, die nur Einem Manne sich hingaben, die Haare wachsen ließen.

Philematium. Nachdem ein Mensch im Rufe steht, erwirbt er sich Vermögen.
Bewahr' ich mir den guten Ruf, so werd' ich reich genug sein.

Philolaches. (wie vorhin)
Und muß ich was verkaufen, soll mein Vater eher feil geh'n,
Als daß du mir, so lang ich bin, je darbest oder bettelst.

Skapha. Den Andern, die dich lieben, wie soll's diesen geh'n?

Philematium.                                                                             Sie werden,
Sobald sie meine Dankbarkeit seh'n, um so mehr mich lieben.

Philolaches. (wie vorhin)
O käme mir die Kunde jezt, mein Vater sei gestorben!
Ich würde mich enterben und nur sie zur Erbin machen.

Skapha. Ihr schmaust, ihr zecht bei Tag, bei Nacht, als wolltet ihr euch mästen;
An Sparen wird nicht mehr gedacht; bald wird das Gut verthan sein.

Philolaches. (wie vorhin)
So will ich doch zuerst an dir mit Sparen es versuchen!
Du sollst bei mir in nächster Zeit nichts essen und nichts trinken.

Philematium. Wenn du von ihm was Gutes sagen willst, so kannst du's sagen;
Doch wenn du Böses sprichst von ihm, bekommst du wahrlich Schläge:
Damit du siehst, wie herzlich ich ihn liebe.

Philolaches. (wie vorhin)                                     Bin doch wacker:
Den Anwalt hab' ich freigemacht, für mich das Wort zu führen.
Traun, hätt' ich auch dem höchsten Zeus mein baares Geld geopfert,
Das ich, sie freizukaufen, gab, wär's nicht so gut verwendet.

Skapha. Ich sehe, daß Philolaches dir höher gilt, als Alle.
Jezt, daß du seinetwegen mich nicht schlägst, bin ich's zufrieden,
Wenn du gewiß bist, daß er dir auf ewig eigen sein wird.

Philematium. Bringe mir geschwind den Spiegel und das Kästchen mit dem Schmuck,
Skapha, daß ich hübsch geschmückt bin, kommt mein Herz, Philolaches.

Skapha. Frauen, die an ihrer Schönheit zweifeln, dient der Spiegel wohl,
Dir gewiß nicht, die du selbst der Spiegel schönster Spiegel bist.

Philolaches. (wie vorhin)
Für dies Wort, damit du, Skapha, nicht umsonst was Hübsches sagst,
Sollst du heut was Hübsches kriegen, – theure Philematium!Der Skapha wird das Geschenk versprochen, und doch geht die Rede des Philolaches mit den Worten aus: »theure Philematium!« Diese ist es doch eigentlich nur, die seine ganze Seele füllt, und in Bezug auf diese können auch nur die Aeusserungen der Skapha Werth für ihn haben, und Belohnung zu verdienen scheinen. Daher kommt auch das volle Herz des liebenden Jünglings auf sie wieder zurück, sollte er auch weiter nichts, als einen entzückten Ausruf über sie, zum Besten geben. Köpke.

Philematium. Sieh doch: sind die Locken alle, zierlich, wie sich's ziemt, gelegt?

Skapha. Glaube mir, so zierlich, wie du selbst, sind deine Locken auch.

Philolaches. (wie vorhin)
Saht ihr jemals was Verrucht'res auf der Welt, als dieses Weib?
Gegnerin noch eben, macht die Arge jezt die Schmeichlerin.

Philematium. Gib mir Bleiweiß!

Skapha.                                       Wozu Bleiweiß?

Philematium.                                                           Mich zu schminken im Gesicht.

Skapha. Kommt mir vor, als färbtest du das Elfenbein mit Schwärze weiß.

Philolaches. (wie vorhin)
Elfenbein und Schwärze, bravo! Skapha, das war schön gesagt.

Philematium. Gib mir denn die rothe Schminke!

Skapha.                                                               Nimmermehr! Du bist nicht klug.
Wie? Mit neuer Schminke fälschen wolltest du das schönste Werk?
Keine Schminke darf berühren, wer in deinem Alter steht,
Weder rothe, weder weiße, weder eine Tünche sonst.
Nimm den Spiegel!

(Philematium nimmt den Spiegel, und nachdem sie ihr Bild wohlgefällig darin beschaut hat, küßt sie ihn.)

Philolaches. (wie vorhin)   Wehe mir! Sie gab dem Spiegel einen Kuß.
Hätt' ich einen Stein, dem Spiegel schlüg' ich gleich die Augen ein.

Skapha. Nimm das Leintuch, wische dir die Hände mit!

Philematium.                                                                   Wozu denn dies?

Skapha. Daß sie nicht nach Silber riechen, weil du da den Spiegel hieltst,Die Spiegel der Alten, die das Scheibenglas nicht kannten, waren von Metall, besonders von geglättetem Silber. Da man auch schon im Alterthum das Silber mit Kupfer versezte, so ließ die Berührung des Spiegels einen Geruch zurück, den Skapha durch Waschen der Hände auszutilgen räth.
Und Philolaches nicht argwöhnt, daß du Silber dir verdient.

Philolaches. (wie vorhin)
Nein, so listig sah ich keine Kupplerin mein Lebenlang!
Wie gescheidt und schlau der Einfall eben mit dem Spiegel war!

Philematium. Meinst du nicht, ich sollte mich mit Salben salben?

Skapha.                                                                                           Laß es sein!

Philematium. Und warum denn?

Skapha.                                       Weil ein Mädchen gut riecht, wenn es gar nicht riecht.
Denn die Vetteln ohne Zähne, die, versalbt in Salbenduft,
Aufgepuzt, des Leibes Mängel decken mit der Schminke Dach,
Riechen gleich, sobald die Salben mit dem Schweiße sich vermählt,
Eben so, als göß' ein Garkoch viele Brüh'n in Einen Topf.
Wie sie riechen, weißt du nicht; nur Eines, daß es übel riecht.

Philolaches. (wie vorhin)
Die versteht doch Alles auch! Nichts geht an Schlauheit über sie.
Das ist wahr. (an die Zuschauer)
                      Gewiß erkennt dies auch der größte Theil von euch,
Die ihr alte Weiber habt, die durch die Mitgift euch erkauft.

Philematium. Skapha, sieh doch, ob Geschmeid' und Mantel mir gehörig läßt!

Skapha. Dafür brauch' ich nicht zu sorgen.

Philematium.                                               Wer denn sonst?

Skapha.                                                                                   Das hörst du gleich:
Nur Philolaches, damit er dir nur kauft, was dir gefällt.
Denn mit Gold und Purpur kauft sich der Galan des Liebchens Herz.
Nun, – wofür ihm Etwas zeigen, was er nicht besizen will?
Nur das Alter birgt der Purpur: Gold und Schmuck steht Mädchen schlecht.
Schöne Frau'n sind ohne Hülle schöner, als im Purpurkleid.
Und umsonst ist aller Puz auch, wenn sie schlecht gesittet sind.
Schlechte Sitte schändet mehr, als Koth, beschmuzt den schönsten Puz.
Wenn sie schön ist, hat sie Schmuck genug.

Philolaches. (tritt aus seinem Hinterhalte hervor, und geht auf sie zu)
                                                                      Was säum' ich lange noch?
Ihr, was treibt ihr hier?

Philematium.                         Ich schmücke mich für dich.

Philolaches.                                                                         Bist schön genug.
(zu Skapha)
Geh hinein du, nimm den Schmuck mit! – Theure Philematium,
Gar zu gerne möcht' ich einmal mit dir zechen, süßes Herz!

Philematium. Wohl, und ich mit dir; denn Alles, was du willst, das will ich auch,
Mein Geliebter!

Philolaches.               Dieses Wort ist seine zwanzig Minen werth.

Philematium. Gib mir zehn, ich bitte; gern erlass' ich dir's um diesen Preis.

Philolaches. Hast du doch zehn Minen jezt noch; rechne nur ein wenig nach.
Dich zu lösen, gab ich dreißig aus.

Philematium.                                         Was wirfst du das mir vor?

Philolaches. Daß man mir's vorwürfe, wünsch' ich; keinen Vorwurf mach' ich dir;
Denn ich habe lange schon kein Geld so trefflich angelegt.

Philematium. Und ich fand für meine Liebe nirgends einen schönern Plaz.

Philolaches. Nun, so gleicht sich Soll und Haben zwischen uns vortrefflich aus.
Du liebst mich, ich liebe dich, und Jedes glaubt hier recht zu thun.
Wer darob sich freut, er möge stets sich seines Glückes freu'n.
Wer's beneidet, dem beneide nimmerdar ein Mensch ein Glück.
Philematium. (auf Polster deutend, die vor das Haus getragen worden sind)
Seze dich! (zu einem Sklaven)
                  Bursch, Wasser für die Hände! Stell' ein Tischchen her.
Hole mir die Würfel drinnen!
(zu Philolaches)                   Willst du Salben, Freund?

Philolaches.                                                                               Wozu
Salben? Ruh' ich doch am Myrrhenbaume. – Doch erblick' ich da
Meinen Freund nicht, der mit seinem Liebchen hier gegangen kommt?
Ja, er ist's: Kallidamates! Schön, mein Kind! Da kommen, sieh,
Waffenbrüder; ihren Antheil an der Beute wollen sie.»Ihren Antheil an unserer Freude verlangen sie, als einen Theil der ihnen zustehenden Beute.« Der Dichter spielt auf das Kriegswesen an, so wie er die beiden ankommenden Freunde manuplares nennt. Köpke.

Vierte Scene.

Philolaches. Philematium. Kallidamates. Delphium.

Kallidamates. (schwankend und mit lallender Stimme zu dem begleitenden Sklaven)
Ich will, man soll in Zeiten bei Philolaches
Mich abholen. Hörst du's? Du, laß dir's gesagt sein!
Denn da, wo ich war, dort entlief ich in Eile;
So sehr hat das Mahl, das Gespräch mich verdrossen.
Es geht nun zum Schmaus bei Philolaches. Der wird
Gewiß uns vergnügt und mit Freuden empfangen.
(zu Delphium, die ihn bedenklich ansieht)
Mein Kind, wa – was meinst du? Ich sei be – be – betrunken?

Delphium. (ironisch)
In der Weise solltest du stets dich betragen!

Kallidamates. Mein Schaz, soll ich dich und du mich nicht umfangen?

Delphium. Wenn es dir Freude macht, immerhin!

Kallidamates.                                                       Liebes Herz!
Bitte dich, führe mich.

Delphium.                           Falle nicht, steh doch fest!

Kallidamates. Ja, ja, du bist mein Augenstern; ich bin dein Säugling, Honigkind!

Delphium. Sieh dich vor, daß du nicht auf dem Weg liegen bleibst,
Eh wir dort angelangt, wo man uns hingedeckt!

Kallidamates. Laß mich nur, laß mich nur fallen.

Delphium.                                                             Ich lasse dich –

Kallidamates. (Delphium umklammernd)
Aber das, was mir im Arme ruht, lass' ich nicht.

Delphium. Wenn du fällst, fällst du nicht, außer ich falle mit.

Kallidamates. Dann hebt wohl ein Dritter uns auf, wenn wir liegen.

Delphium. Der Mensch ist betrunken.

Kallidamates.                                     Ich be – be – betrunken?

Delphium. Gib die Hand! Möchte nicht, daß du zur Erde kämst.

Kallidamates. Da, mein Kind!

Delphium.                                 Mache nun, komm mit mir!

Kallidamates. Weißt du, wohin es geht?

Delphium.                                                 Freilich.

Kallidamates.                                                         Jezt fällt mir's ein:
Nach Hause geht's zum Zechgelag.

Delphium.                                               Versteht sich.

Kallidamates.                                                               Just besann ich mich.

Philolaches. (zu Philematium)
Meinst du nicht, liebes Herz, soll ich ihnen nicht
Näher geh'n? Der ist mein bester Freund. Ich bin
Bald zurück.

Philematium.       Auch dein »Bald« währt mir allzulang.

Kallidamates. Jemand hier?

Philolaches.                           Ganz gewiß.

Kallidamates.                                             Ei, Philolaches!
Guten Tag, liebster Freund, der mir auf Erden lebt!

Philolaches. Guten Tag, Kallidamates! Nimm Plaz bei uns!
Nun, woher kommst du denn?

Kallidamates.                                 Daher, wo Trunk'ne sind.

Philolaches. Bravo! Komm, Delphium, seze dich neben uns!

Kallidamates. Einen Trunk schenkt ihr ein; ich will jezt schlafen geh'n.

Philolaches. Was er da thut, ist nichts Neues. Doch sage mir:
Was fang' ich später an mit ihm?

Delphium.                                           O laß ihn nur!

Philolaches. (zu einem Sklaven)
Du füll' indeß den Becher, und laß schnell herum
Ihn gehen, Bursch; beginne bei der Delphium.


 << zurück weiter >>