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(Ein Dichterleben mit kritischen Notizen)
Anton Bollmann – wer kannte gestern um sieben Uhr Bollmann? Eine kleine Gruppe von Freunden.
Als wir um elf Uhr in festlicher Erregung das »Grabbe-Theater« verließen, war unser aller Herz erfüllt von dem Namen Bollmann.
Endlich wieder in der Wüste unserer dramatischen Literatur ein urfrisches Talent, das aus der Quelle trinkt, das der Helfer und Herolde entbehren kann. Endlich wieder ein Genie, dem der große Wurf gelungen . . .
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Anton Bollmann hat sich in diesem zweiten Werk selbst übertroffen. Die letzten Neider müssen beschämt schweigen.
Dieses Drama von den »Vier Haimonskindern« offenbart uns die große neue Kunst, die das Problem gelöst hat: dem Wirklichkeitssinn und der Phantasie zugleich ihr Recht zu geben und die Schönheit unserer Muttersprache in unerhörtem Reichtum strahlen zu lassen . . .
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Von den Schülern und Nachahmern unseres großen Bollmann erreicht keiner den Meister, der mit der wonnigen Sicherheit eines Temperaments mit den gewagtesten Aufgaben spielt und zweifellos unser reifster und reichster Dramatiker genannt werden muß.
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Bollmanns unermeßlicher Reichtum gibt hundert kümmerlichen Nachahmern zu tun. Man kann sagen: wir haben gelernt, die Welt mit Bollmanns Augen zu sehen, und ungeahnte Schönheiten und Klüfte haben sich aufgetan.
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Die Strömung gegen die Bollmannsche Kunst gewinnt, was man auch sagen mag, an Kraft und Tiefe.
Bollmann selbst – das ist das Schlimme – ruht auf seinen Lorbeeren aus.
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Der neue Bollmann enttäuschte. Die alten, oft gerügten Fehler machen sich breit und einstige Vorzüge sind nur mühsam in dem Wust von Worten, der Anton Bollmanns Sprache immer verunzierte, zu finden.
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Unleidlich in seiner breitspurigen Epigonenmanier wirkt der im Grunde philiströse Anton Bollmann.
Das Gequälte, Unwahre seiner ganzen Kunst muß doppelt auffallen in einer Zeit, die in Berthold Knöpfel einen bis in die Fingerspitzen wahrhaftigen Dichter besitzt, der seiner Zeit mit den treuen Poetenaugen Herz und Nieren prüft . . .
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Auch dieses Jahr blieb uns der »neueste« Bollmann schließlich nicht erspart. Getretener Quark, mißduftend und unbekömmlich.
Die kindliche Technik und die Hohlheit des Pathos mordete diesen unzulänglichen Stoff schon im zweiten Akt. Eine vornehme Bühne, die noch gestern Berthold Knöpfels Meisterdrama »Der blaue Kranich« aufgeführt hat, sollte wirklich das Haus von solchen öden Stilübungen kraftloser alter Herren rein erhalten!
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Gestern verstarb hier der früher vielgespielte Dramatiker Anatol Bollmann. Die ältere Schauspielkunst verdankte ihm manch' lohnende Aufgabe. Bedeutender, wie als Dichter, war er als Kanarienzüchter. Auch hatte er einen verstellbaren Kragenknopf erfunden.
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Bei dem gestern stattgehabten Begräbnis Bollmanns, das leider wegen des schlechten Wetters unter sehr geringer Beteiligung stattfand, hielt Berthold Knöpfel, der selbst früher einige Dramen verfaßt hat, eine tiefempfundene Rede.
Bei dieser Gelegenheit berichten wir, daß Bollmann mit Vornamen Anton heißt, nicht Anatol, wie gestern irrtümlich angegeben.
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. . . Zu dieser Gruppe der Impotenten, die in den ersten Jahren des vorigen Jahrhunderts von einer idiotischen Kritik vorübergehend zu starken Könnern aufgebläht wurden, gehörte auch ein gewisser Anton Bollmann, wohl der Unbegabteste unter den bald vergessenen Dramatikern, die einer anspruchslosen Zeit ihre blutleeren Gebilde für Menschen und ihre verwirrten Dialoge für Dramen aufschwatzen wollten.
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»Neugierige in Spandau. Anton Bollmann war der Erfinder eines verstellbaren Kragenknopfes und lebte zu Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts.
Auch in der Literatur soll er gelegentlich dilettiert haben.«