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Keine freiwillige Handlung, keine kleinste Regung unseres Wollens geschieht, die nicht von den tiefsten, allem Denken entrückten Quellen unseres und des kosmischen Daseins getränkt wird. Der Geist kann nur zwischen Vergleichbarem entscheiden, der Wille aber muß zwischen dem Unvergleichbaren wählen, und nur eine innere Richtkraft kann ihn leiten. Aus der Reihe unserer Wahlen und Entschlüsse setzt sich unser Leben zusammen, wir nennen es Charakter und Schicksal und erklären es zum Überdruß aus Erblichkeit, Umwelt und Gesetz. In Wahrheit ist es das Hineinragen des Unergründlichen in unsere Welt, das Walten der Schöpferkraft, die sich in unserer Begrenztheit zum Farbenspiel der Willensregungen bricht.
Warum wollen und lieben wir dies? Warum nicht ein anderes? Warum erschrecken wir vor jenem mehr als vor diesem? Warum halten wir dies Übel für größer? diese Freude für reiner? dieses Streben für höher? diese Gestaltung für vollkommener? Warum wählen wir hier den Sinnenreiz und dort die Mühe? Warum hier das gegenwärtige Übel statt des künftigen, dort das künftige statt des gegenwärtigen? Warum ziehen wir hier die Ehre vor und dort den Genuß, und da die Sünde und da die Entsagung? Warum opfern wir uns einem anderen? Warum opfern wir den Inbegriff unserer Freuden einer Idee? Warum sorgen wir für kommende Geschlechter? Warum wollen wir Dinge nach unserem Tode?
Wir wägen gegeneinander Besitz und Sünde, Ehre und Schmerz, eigenes Leid und fremde Freude, lebendiges Ungemach und totes Glück, Tagessorge und künftigen Kummer, Gerechtigkeit und Entbehrung, göttliche Liebe und irdische Freude, wir wägen das Unabwägbare, vergleichen das Unvergleichbare und entscheiden bald so und bald so.
Verschmäht man die Begründung: wir handeln aus Angst und Gier, aus Furcht vor Entbehrung, Langeweile, Verachtung, göttlicher Strafe, Schmerz und Tod, aus Begehren nach Sinnenlust, Macht, Schein, Besitz, Belohnung und Wechsel; verschmäht man dies menschenunwürdige Bekenntnis, so ist anerkannt: Richtkräfte unseres Lebens sind absolute Werte. Diese Werte können benannt, aber nicht begründet werden.
So wenig der Fahrplan uns sagen kann, nach welchem Lande uns die Sehnsucht zieht, noch welches uns bestimmt ist, so wenig kann die Gedankenkunst der Philosophie uns Werte beweisen. Sie kann sagen: tust du das, so geschieht das. Mir scheint dies das größere, jenes das kleinere Übel, dies das höhere, jenes das geringere Gut. Sie schließt: du sollst, oder: du mußt. Darauf steht es jedem frei, zu antworten: ich soll? aber ich will nicht. Ich muß? nein, ich kann auch anders.
Dann schweigt die Philosophie beleidigt, oder sie ballt die Faust und droht, oder sie wendet sich ab und schmäht.
Das Denken schafft keine Werte. Sie sind gegeben, oder sie sind nicht. Wer ehrlich ist, weiß, daß er manchmal Folgen mit dem Verstande abgewogen hat, niemals Ziele. Er handelt wie er handeln muß, nach innerem Gesetz, und dies Gesetz ist tierisch oder es ist göttlich. Wer Werte ergrübelt, ist hilflosen oder kranken Geistes und nicht berufen. Die Gründe, die jemand nachträglich für sein Handeln gibt, sind falsch. Niemand weiß, was in irgendeinem Augenblick in ihm vorgeht; ein tausendfältiges Ich kreuzt seine widerspruchsvollen Fühlungen und Wollungen, und ein Innerstes entscheidet.
Werte werden nicht erdacht und erstritten, sondern geschenkt. Geschenkt dem, der reinen Herzens ist, und dessen Geist schweigen kann. Sie sind das Geschenk überintellektueller Kräfte, deshalb bedürfen sie keiner Begründung und keines Beweises, sie bestehen aus eigener Kraft, denn sie entstammen dem Reich der Seele. Den Eingang zu diesem Reich erzwingt man nicht, und doch steht es himmelweit offen. Der höchsten Menschenmacht ist es erschlossen, der Liebeskraft des Glaubens.
Glauben! Zögernd gestehe ich euch, Freunde: ich liebe das Wort nicht. In der griechischen und römischen Schrift stehen die Wörter πίστις und fides, die heißen Treue und Trauen. Als man sie mit Glauben übersetzte, da stand dies schöne Wort seinem Ursinn näher, jetzt ist es verwelkt und sagt nicht viel mehr als »für wahr halten«. Nur wenn wir bekennen »ich glaube an Gott«, so erklingt der alte Glockenton. Nichts steht dem Glauben ferner als das Meinen. Und so wie wir das schwachgewordene Wort zum reinen Sinn beleben müssen, ist uns das Gleichnis gegeben, wie wir die alte Worteskraft erwecken sollen.
Kränker ist das Wort Religion. Bei den Römern war es stark, es hieß Bindung, eine rechte Knebelung mit Stricken, wie die Liktoren sie pflogen. Wir denken leicht an Kirchenglauben, an etwas, das in Schulen gelehrt und geprüft wird, an ein bürgerliches Unterscheidungsmerkmal. Man hat Religion das »Gefühl schlechthiniger Abhängigkeit« genannt, das betont die Bindung und entbehrt der göttlichen Freiheit; der Begriff der Transzendenz ist erfüllt vom Denken; zuweilen möchte ich Gottesbund, zuweilen Gottesfreiheit und am liebsten Gottesfriede sagen.
Wollen wir vom Glauben reden und gar von kommendem Glauben, so laßt es uns in großer Freiheit und ohne Schämen beginnen. Wir, die wir nicht in Gemeinden knien können, wir wagen vor beschämter Ehrfurcht nicht, die höchsten Worte auszusprechen und fürchten uns, unsere Seelen zu entblößen. Wird es uns schwerer als den berufenen Glaubensverkündern, diese Scham zu überwinden, um zu bekennen, wie es in unseren Herzen um den Glauben steht, so soll es um so rückhaltloser geschehen, ja wir wollen vor allem den Versuch wagen, in harter Selbsterforschung das zu offenbaren, was jenen nicht obliegt: den unbewußten Widerwillen gewissenhafter Menschen unserer Zeit gegen den Glauben.
Die erste Hemmung ist die der sittlichen Haltung. Abendländische Sittlichkeit und Erziehung beruht auf der alten Verherrlichung des Mutes, der Verdammung der Furcht. Mut mit seiner Gefolgschaft der Wahrhaftigkeit, Treue, Herrenhaftigkeit, des vornehmen Verzichts; Furcht mit ihrer Sippe der Heimlichkeit, Lüge, Zweckhaftigkeit, Unterwürfigkeit, Begehrlichkeit und Zudringlichkeit. Der Begriff der Sünde besteht nicht. Verwerflich ist nicht das Menschliche an sich, am wenigsten Ungehorsam und Selbstherrlichkeit; verwerflich ist nur das Unehrenhafte, die Feigheit und was sie verrät. Keiner Erlösung bedarf es, der anständige Mensch getraut sich, mit Welt und Überwelt aus eigener Kraft fertig zu werden, allenfalls mit Hilfe mutfreudiger Mächte, die den Tapferen, als einen ihres Gleichen, nicht im Stiche lassen.
Nie wäre es der mittelalterlichen Kirche gelungen, das Mutideal zu brechen und das Zeichen der Unterwerfung zu erhöhen, wäre ihr nicht die aufquellende europäische Unterschicht gefügig gewesen. Die Kirche mußte die Greuel der Hölle ins Unaussprechliche häufen, um den Funken von Furcht in mutigen Herzen zu entfachen, sie bedurfte der fügsamen Kinderseele und der Frauenwelt. Dennoch hat sie im abendländischen Geistesleben nicht mehr als ein Gleichgewicht erreicht, das seltsamste in aller Geistesgeschichte der Erde. Abgesehen von religiös begabten Naturen und von Beschränkten ist der europäische Mann in der Blüte seiner Jahre nicht Christ. Bestenfalls kreuzt sich in ihm eine Wochentagsanschauung mit einem Sonntagsglauben, der auf das Fühlen, geschweige das Handeln, nicht wirkt. Wenn Mutvorschriften, wie etwa Zweikampf, in Frage stehen, muß die Glaubenskonvention schweigen; das Gebot des Backenstreichs ist schlechthin Ärgernis.
So mischt sich für den normalen männlich erwachsenen Europäer in die Dinge des Glaubens ein Beigeschmack von Unwahrhaftigkeit, Unterwürfigkeit. Widerliche Sünden bekennen, sich selbst hinstellen als einen, mit dem man nicht verkehren würde, wenn man ihn träfe, Verzeihung erbitten in unwürdiger Haltung und schlechtem Gewissen, erlöst zu werden durch Gnade, von einer Gottheit, die das Gröbste an Schmeichelei hinnimmt, ja vielleicht verlangt, die von ihren Anhängern eine geläufige Konvention der Salbung in Rede und Gebärde fordert: das sind Empfindungen, die mit Schrecken zurückgedrängt und verleugnet, sich ins Unterbewußte flüchten und den Widerglauben nähren. Wer in seiner Jugend eine Periode atheistischer Ungläubigkeit erlebt hat, der erinnert sich unter allen Nöten und Leerheiten eines Gefühls resoluter Ehrlichkeit, das lieber auf Trost und Heil verzichten als dauernd das Opfer der Einsicht und der ritterlichen Gesinnung bringen will. Ein schwacher Widerschein dieses alten Gefühls dämmert auf, wenn wir einem handfesten, naturwissenschaftlichen Atheisten begegnen; wir betrachten kopfschüttelnd die selbstbewußte Gewißheit, mit der in den höchsten Dingen der Vorrang des Verstandes gefordert wird, doch wir empfinden, dieser Mann macht es sich nicht leicht, er hat es schwerer als wir, und nicht aus unedlen Gründen. Vergangene Jahrhunderte hatten die Kraft und Pflicht, den Gottesleugner als Störer irdischer und göttlicher Ordnung mit Feuer und Schwert zu verfolgen; doch nur ein Gefühl verärgerten Selbstbewußtseins und unfreiwilliger Achtung erklärt die selbstbetäubende Wut und schaustellende Verachtung jener eifernden Gerechten.
Vorblickend nehmen wir wahr, daß künftiger Glauben manches Erbteil von Babylon und Zion, von Byzanz und Rom, ja einiges auch von Wittenberg abstreifen wird; er wird ein freier und männlicher Glauben sein, ohne Sündenlümmelei und Salbadarei, ohne Selbstentehrung, Schmeichelei, Bettelei und Winselei, für uns Deutsche aber so, wie er aus deutschen Herzen kommt, und von deutschen Lippen klingt. Unsere ererbte sittliche Haltung der Mutverehrung wird er nicht vernichten, noch weniger aber sich ihr beugen. Denn menschliche Sitte ist im Lichte der Weltensonne nichts; der Glaube steht auf höherem Recht; wenn er Sünde zeiht, so werden wir uns schuldig fühlen, wenn er Demut fordert, so werden wir uns beugen, wenn er Erlösung verheißt, so werden wir sie begehren. Alle diese Dinge aber gehen nicht vor im Bereiche der Wünsche und Ängste, des hastenden Willens, des geistlichen Betriebs- und Verkehrswesens, sondern in der Stille des Herzens und nicht um Güterwerben, sondern um höchste Werte. Die zweite Hemmung ist die des sittlichen Handelns. Der Glauben steht nicht für sich, mit der gläubigen Haltung ist es nicht getan, es entsteht gläubiges Leben, Verkehr mit den göttlichen Mächten und sein Abbild im täglichen Handeln.
Die Lehrer der Religionen sind geneigt, den Eudämonismus, das Streben nach irdischem Glück und Gut im göttlichen Verkehr, mit Milde hinzunehmen, historisch gesonnen, wie nun einmal alles in unserer formeldenkenden Zeit, erkennen sie im Eudämonismus eine der religiösen Urformen, einen nötigen und erwünschten Durchgang zum reineren Glauben und gehen leicht darüber hinweg, daß nur ein verschwindender Teil aller Glaubensübung über eudämonistische Beschwörung hinausreicht. Wir jedoch haben dieser Tatsache ins Auge zu blicken, wenn wir wissen wollen, welche unterbewußte Strömung viele Gemüter vom Glauben fernhält.
Es soll dem ursprünglichen Menschen nicht verdacht und zu seinem Troste gern gegönnt sein, wenn er die göttlichen Personen und ihre Gefolgschaft für Wesen hält, die nach Menschenart bestimmbar sind. Nicht bloß Glaube und rechte Gesinnung, sondern gute Werke, Sündenbekenntnis und Buße, Danksagung und Lobpreisung, inständiges Gebet, ja selbst Gelübde und Opfer bewegen die Mächte, von ihrem Vorhaben abzugehen und das zu bewilligen, was man erbittet. Man bittet um Seelenheil und Segen im allgemeinen, aber auch um Gesundheit und langes Leben für sich und andere, um gutes Wetter, Ernte, Wohlstand, Vernichtung der Feinde, Sieg. Vom Kriege waltet die Vorstellung des Gottesurteils, das durch Parteinahme der Gottheit für einen der Kämpfenden entschieden wird. Da nun jeder einzelne Dinge erbittet, die alle wünschen, die aber nicht allen durchweg gewährt werden können, so entsteht ein Wettbewerb der Frömmigkeit um die göttliche Gunst.
Es darf nicht verkannt werden, daß manche innerliche, das Materielle weit übersteigende Regung sich in diese gläubige Betriebsamkeit mischt; dennoch ist ihr eigentliches Wesen nicht mehr Sache des Gemütes, sondern der zweckdienlichen Überlegung und der zielbewußten Nachhaltigkeit. Denn wer einigermaßen überzeugt ist, daß alle irdischen Segnungen sich auf dem Bittwege und durch Einhaltung von Formen erlangen lassen, der wird leicht diesem alles in allem bequemeren Weg den Vorzug geben und alles daransetzen, durch nützliche Inbrunst alle Mitbewerber aus dem Felde zu schlagen.
Hier sondern sich die Charaktere. Es sind nicht die Schlechtesten, die den Weg der geistlichen Betriebsamkeit verschmähen, um die ganze Härte mannhafter Arbeit auf sich zu nehmen. Erblicken sie nun die zielbewußt Frommen und unter ihnen bisweilen eine kopfhängerische Gestalt, die mit Verachtung auf den Gottlosen herabsieht, der es sich so schwer macht und doch nichts erreichen darf, so erwacht abermals ein Trotz, der sich nicht gegen die primitive Form des Eudämonismus, sondern gegen den Inbegriff des Glaubens richtet. Ein Glaubensbetrieb, der sich irdischen Zielen anpaßt, der als Mittel zum Zweck dienen darf, erscheint ihnen als Magie, gleichviel ob mit gutem oder schlechtem Willen und Erfolg gehandhabt.
Religionslehrer und Kirchen mögen sich fragen, ob sie soviel getan haben als nötig war, um die Menschen über das wahre Verhältnis des Eudämonismus zum Glauben aufzuklären, ob sie nicht gelegentlich die alte Nützlichkeitsseite des Glaubens willkommen hießen, gleichviel ob als Erziehungsmittel oder um die Gläubigen bei der Stange zu halten.
Künftige Gläubigkeit wird nicht verkennen, daß der Glaube auch eine weltliche Sendung habe, wenn auch nicht die der handgreiflichen Nützlichkeit: denn er schafft Werte und bewegt somit das ganze Gefüge des irdischen Willens; er heiligt den Menschen, indem er den innersten, unbewußten Kern seines Wollens berührt; er bringt Trost, indem er alles Leiden, das in seiner letzten Wurzel ein inneres ist, in der Tiefe sänftigt. Das ist die irdische, die geringere Seite des Glaubens. Es mag Menschen geben, die sie verschmähen, doch ihre Ablehnung wird eine passive sein, wie die der Unmusikalischen gegen Musik, nicht mehr eine abstoßende aus verletztem Gefühl und Auflehnung des Charakters.
Die dritte Hemmung entspringt dem Intellekt. Sie ist die offenkundige, unablässig besprochene, die von uns nur in ihren letzten minder bewußten Wirkungen aufgehellt werden soll. Da Glauben nie aufgehört hat, als ein Fürwahrhalten zu gelten, da die Grenzen dessen, was für wahr gehalten werden soll, von den meisten Religionslehrern dogmatisch gezogen, von vielen ihrer Anhänger zweifelnd überschritten werden, so entstehen die Konflikte des Skrupels, die drei Lösungen haben: Entfremdung vom Glauben, Kompromiß, und Opfer des Intellekts. Solange der Glaube dogmatisch bleibt, ist die letzte Lösung, die des Opfers, die allein vollkommene und folgerichtige. Doch gerade sie erweckt von neuem Bedenken des Charakters. Immer wieder fühlt der Zweifelnde, daß der Beruhigte es sich bequem macht, daß die Schwere des Opfers geradenwegs mit der Gewissenhaftigkeit wächst, und in dem Augenblick, wo er es zu bringen bereit ist, schreckt er zurück, weil er seine Gewissenhaftigkeit durch die Wucht der Vorteile bestochen fürchtet. Freilich haben die geistig Armen es gut, sie sitzen beisammen und werfen erstaunte Blicke auf den Dämonischen, der es, wohl aus eigener Schuld, so schwer hat. Er aber geht nun in seinem Zweifel so weit, daß er die geistig Armen schlechthin für Beschränkte, für Unmaßgebliche hält, und in selbstverwundetem Stolz um so weiter von der Pforte des Glaubens zurückweicht. Er weiß, daß er, soweit es menschenmöglich ist, seinen Intellekt zwingen könnte; er könnte es mit symbolischer Ausdeutung versuchen, er könnte über die Dinge hinweggleiten, sie an eine dunklere Stelle des Bewußtseins rücken, durch Suggestion des Willens die Gegenkräfte verdrängen. Doch diese Mechanik scheint ihm nicht würdig; er vermag nicht zu denen aufzublicken, die sie angewendet haben und nun ihre Ruhe genießen. Er will nur das eine vermeiden: von den schlechteren Kräften seines Wesens zum Guten gezogen zu werden.
Mag falscher Stolz die eine Hälfte der Schuld tragen, die andere Hälfte ruht auf den Mechanisierungsformen des Glaubens, die seine Inhalte seit unvordenklichen Zeiten nicht fortentwickelt und einer veränderten Menschheit angepaßt haben, indem sie nämlich die Inhalte des Glaubens, entgegen seinen Stiftern, als sein Wesen ansahen.
Völkerschaften, die der Mythenbildung fähig sind, gibt es noch heute; es sind solche, bei denen das Glauben (im Sinne des Fürwahrhaltens) und das Wissen (im Sinne des beweiskräftig Ermittelten) nicht gesondert sind. Da, wo man kein Interesse am Beweise hat, weil für die einfachen Verkehrs- und Lebensformen die Mitteilung ausreicht und Lüge keinen Nutzen bringt, geschehen noch täglich Wunder, und Wundertäter schaffen Religionen. Die Loslösung des bewiesenen vom unbewiesenen Glauben, die Trennung von Glauben und Wissen hat den Geist des Abendlandes geschaffen, und von dieser Schöpfung haben die Glaubensträger keine Notiz genommen.
Es ist nun nicht gemeint, daß sie Mythen und Sagen hätten rationalisieren oder in verstandesbürgerlicher Weise ins Symbolische hätten umbiegen sollen: das wäre klein gewesen und hätte der Lehre der Jahrhunderte nicht entsprochen. Die Lehre, die den gewaltigen Tatsachen einer gewandelten Menschheit und eines zeitlosen Glaubens entsprang, war die, daß es beim Glauben nicht auf das Was, sondern auf das Wie ankommt, daß der Glaube nicht von seinen Gegenständen, sondern von seinem Geiste lebt, daß er nicht ein Verwalten, sondern ein Verhalten ist.
Die vierte Hemmung ist die des sozialen Gefühls. Alle abendländischen Religionen haben sich, dem europäischen Drang zu Ordnung und Aufbau folgend, an die Mechanisierungsform der Kirche gebunden. Diese uralte Bindung ist so tief ins Bewußtsein der Völker gedrungen, daß selbst die Gebildeten, und unter ihnen selbst die, welche gläubig aber nicht kirchlich sind, Religion und religiöse Organisation kaum zu trennen vermögen.
Gleichviel in welchem Geiste Kirchen entstanden: ihre vornehmste gegenwärtige Aufgabe ist der zeitliche und räumliche Schutz ihrer Konfessionsgehalte, der Schutz gegen zeitliche Wandlung und räumliche Zersplitterung. Beide Aufgaben sind innerlich paradox, beide fordern entschiedenen Konservatismus und starken hierarchischen Aufbau. Da überdies alle Kirchen mit gutem Recht auf Scheidung zwischen esoterischer und exoterischer Lehre verzichten, haben sie Einstellungen zu suchen und festzuhalten, die das Fassungsvermögen der religiös und geistig Minderbegabten, ja Zurückgebliebene nicht ausschließen, und diese Einstellungen werden um so einseitiger, je mehr von den geistig Höchststehenden der Kirche verlorengehen.
Am besten hat es noch die katholische Kirche, die von der philosophischen Arbeit der Jahrhunderte so durchdrungen, von der lebendigen Wirkung der Orden so genährt ist, daß ihr unendlicher Gehalt an Überlieferung ohne eigentliche esoterische Disziplin eine Mannigfaltigkeit der Symbolik und Ausdeutung schafft, die den anspruchsvolleren Geist beschäftigt, während eine tiefe Mystik der Lehre und eine unerhörte Abnegation der Regeln die Gemüter bändigt.
Bestände eine Unabhängigkeit des Glaubens von der Kirche, oder ein freier Parallelismus der Bewegung, wobei die Kirche einer selbständigen Entwicklung des Glaubens folgte, so wäre es jedem Bekenner freigestellt, wie weit er zum Geistigen, wie weit er zum Organistischen neigte. In Wahrheit aber greifen diese Verhältnisse ins Staatsleben über; die Kirche ist Staatskirche und ihre Bekennerschaft ein milder Zwang.
Kirche und Politik, das unfaßbarste Paradox, und dennoch in den Begriffen der Kirchenpolitik und der Staatskirche zur scheinbaren Einheit verflochten. Die Gemeinschaft der Heiligen, deren Reich nicht von dieser Welt ist, streitet; organisiert sich als Körperschaft und streitet um Macht, Ausdehnung, Geld und Staatsgewalt. Die mechanisierte Glaubensform erscheint im Bilde einer Bureaukratie, der geweihte Mensch wird Beamter.
Die antiken Priesterreligionen, die nicht Kirchen waren, konnten Staatsreligionen sein, ohne Selbstwiderspruch. Denn es bestand nicht der Begriff der religiösen Konkurrenz, zumal der geduldeten: man war gläubiger Grieche, oder man war verbrecherisch gottlos, oder man war Barbar. Ihr Widerspruch lag im Priestertum; um so milder, je urzeitlicher der Priesterstand; um so gefährlicher, je bewußter er sich zur Beamtenschaft oder zur Erwerbsklasse organisierte.
In einer Zeit des individuellen Gewissens und der konkurrierenden Bekenntnisse greifen die kirchlichen Bureaukratien und Staatsreligionen weit über den geistigen Bezirk des Glaubens hinaus; sie erwachsen zu politischen und sozialen Mächten. Sie bemächtigen sich des Staates: und er gewährt ihnen, daß jeder Abtrünnige zum Bürger minderen Rechts werde, überantwortet ihnen die Erziehung und die bürgerliche Ehrenweihe der großen Lebensabschnitte: Geburt und Tod, Mannbarkeit und Ehe. Sie unterwerfen sich dem Staate und gewähren ihm: Erziehung zum politisch Bestehenden, Stützung der Obrigkeit, des Klassenaufbaus, der staatlich anerkannten Denkweise.
Diese politisch-kirchliche Verbindung ist nicht nur von Mittelpunkt zu Mittelpunkt, von Staatsregierung zu Kirchenregiment verankert, sie kuppelt sich selbst in den entlegensten Gliedern, und die Beziehung von Gutsherrschaft und Pfarre, von Militärkommando und Seelsorge, von Schule und geistlicher Aufsicht, von städtischem Wohlstand und Kirchengemeinde versinnlicht die ins Große und Kleine gehende Wirkung einer feudalistisch, militaristisch, ständisch und offiziös gerichteten Kirchenmacht.
Eine gewaltige und ehrwürdige Institution, die sich auf die Exekutivgewalt des Staates stützt, die über die gesamte Jugend aus politischem Recht, über die Landbevölkerung aus praktischer Autorität, über die Frauen aus Gewissenseinfluß, über die Zugehörigkeit zur bürgerlichen Vollwertigkeit schlechthin verfügt, bildet eine Macht, die jede mögliche soziale Polizei an richtunggebender Kraft übertrifft, und der sich niemand entziehen kann, sofern er nicht die Stellung des bürgerlichen Subjekts mit der des Objekts zu vertauschen geneigt ist.
Indem aber die Kirche ihrem Bekenner als selbstherrlich gestaltende Macht aus eigenem Recht entgegentritt, nicht mehr als gestaltete Verwirklichung seines eigenen religiösen Willens, setzt sie ihm ein unantastbares Bekenntnis entgegen, das sie ihrer konservativen Pflicht gemäß gegen Zweifel und Deutung verteidigt, und dessen laute oder stillschweigende Anerkennung sie erzwingt. Aus politischen und traditionellen Gründen, sei es um den Eintritt in die Kirchengemeinschaft zu erschweren, sei es um die Disziplin zu schärfen, sei es um die Lehre für die unteren Schichten bindender zu machen oder auch nur um Erschlaffung und Spaltung zu verhüten, wird das Bekenntnis so gestaltet, daß es freieren Geistern vielfach nur in der Vermittlung gewaltsamer Deutung oder gewagter Symbolik annehmbar erscheint.
Je restloser daher sich die Geister der bürgerlichen, gesellschaftlichen und politischen Nötigung der Kirche und ihres Dogmas unterwerfen, desto mehr gewöhnen sie sich an innere Entfremdung und bemühen sich, in Einrichtungen und Inhalten Konventionen zu sehen, die man aus Gründen der Erziehung und Ordnung nicht entbehren kann.
Es ist viel, wenn hinter diesen Konventionen die großen religiösen Wahrheiten erblickt und geehrt werden, denen sie dereinst entsprangen; zu häufig geschieht es, daß die Entfremdung sich auf den Glauben selbst erstreckt. Man klagt über das Schwinden der kirchlichen Beziehung bei gebildeten Männern jugendlichen Alters: nicht die Beziehung schwindet, denn abgesehen vom Gottesdienst werden die Pflichten erfüllt, sind Austritte selten – doch je strenger die Kirche auf ihren Rechten und Beziehungen besteht, desto unaufhaltsamer entgleiten ihr die Seelen, und nicht nur ihr, sondern dem Glauben.
Daß alle diese einfachen Zusammenhänge sich dem öffentlichen Denken entziehen, liegt daran, daß wir in Deutschland nur noch historisch und wissenschaftlich, nicht mehr sachlich und pragmatisch denken. Es fehlen uns die Vergleiche und die Anschauungen. Man frage, wie vielen der Gebildeten die Verschiedenheit der Begriffe Religion und Kirche innerlich geläufig ist, wie viele über die ursprünglichsten Fragen sich eigene Gedanken machen. Unser Denken liegt in den Händen der beamteten Lehrer der Wissenschaft, die mit dem Rüstzeug ihrer Gelehrsamkeit und immer erneuten Theorien das Bestehende stützen, der Journalisten, die das Tägliche bearbeiten, und der Agitatoren, die mit Schlagworten das Bestehende bekämpfen. Hier heißt es: dem Volke muß der Glaube erhalten werden, dort: Trennung von Staat und Kirche, und das Problem liegt ganz wo anders.
Wir, Freunde, haben es in dieser unserer Betrachtung nicht mit Politik und Einrichtungen zu tun, sondern mit unserer inneren Einstellung zum Gegenwärtigen und Künftigen. So muß der letzte Glaubenszweifel, der aus dem Wirklichen erwächst, uns abermals den Glauben an den Glauben als an ein Unberührbares bekräftigen. Mag der Glaube in Zukunft sich Formen schaffen, welche er will: politische und soziale, militärische und erzieherische werden es nicht sein. Der Glaube wird unsere Seelen läutern und die Seelen unserer Kinder bilden, aber Mittel zum Zweck, weder zum edlen, noch zum geringen, wird er nicht werden. Kann ein Glaube sich nicht halten, sofern er nicht vom Staat verordnet wird, kann ein Staat sich nicht halten, sofern er nicht von einer Kirche verteidigt wird, so werden beide dahinsinken. Denn beide sind Mächte, die in einer befreiten Menschheit nur aus eigenem Recht bestehen können. Sind Glaubensformen durch die Jahrhunderte nicht starr zu erhalten: um so besser, so mögen sie sich wandeln, wie alle irdischen Formen sich gewandelt haben, wenn nur ihr Urgrund bestehen bleibt. Läßt sich die Einheit des Bekenntnisses für die Vielfalt der Herkunft, der Landesstriche, der Freiheitsstufen nicht bewahren: so mag es zersplittern, wenn nur die menschliche Gemeinschaft des gläubigen Lebens erwacht, die heute nicht besteht. Mögen hier Ablässe erteilt und Dämonen beschworen, mögen dort die reinsten Sakramente empfangen und die verklärtesten Botschaften verkündet werden: es ist alles vollkommen, was aus reinem Herzen geschieht, und es ist alles unvollkommen, weil es irdisches Gleichnis ist. Mögen Gläubige sich zusammenfinden, um den Drang ihres Herzens gemeinsam zu bekennen, oder mögen sie in Straßenlärm und Wälder flüchten, um mit ihrer Seele allein zu sein, mögen sie auf Märkten predigen oder Priester walten lassen, mögen sie geistliche Truppen oder Beamtenschaften bilden oder sich in mystische Betrachtung versenken: die göttlichen Mächte hören jedes Wort des Herzens und jeden fallenden Tropfen. Ein Glaube aber, der nicht wunschbegieriger Aberglaube, nicht böse Magie, nicht schlauer Wettbewerb, nicht Heilsgymnastik und zweckdienliche Übung ist, ein Glaube, der nicht Irdisches vom Göttlichen, sondern Göttliches vom Irdischen will, der umschließt die Menschheit zu einer einzigen Gemeinde, so daß ein jeder einen jeden begreift, welche Sprache auch immer des Mundes und Herzens er redet, und alle die Eine Verantwortung fühlen und ertragen, die unsagbare Not, Seligkeit und Verantwortung, Mensch zu sein.
Es sind manche, die keinen neuen Glauben wollen, weil sie seine Ausartung erblicken. Ja es ist wahr: neben jedem Halm des Glaubens wird ein Büschel abergläubischen und muckerischen Unkrauts wuchern. Es ist wahr: sein Gift ist widerlicher als des Unglaubens; wie ehrenhaft und mutig ist der nüchterne, handfeste Atheist, verglichen mit dem süßlich feigen Mucker, dem lüsternen Geisterbeschwörer, dem schamlosen Sündenknecht und dem fleißigen Gottesbetrüger. Sollen wir aus Furcht vor dem Sekundären verzagen? Wer einen Flußlauf reinigt, darf sich nicht wundern, wenn der Bagger Schlamm emporgeholt; liegen die Gifte der Muckerei in der Menschheit, so sollen sie zu Tage, mag Sonne und Wind zerstören, was in den Tiefen gärte.
Es sind andere, die schaffen Glaubensersatz. Sie vertiefen sich in alte Götterlehren und Sagen und Gebräuche und meinen, auch wenn man nicht daran glaubt, so ist es schön und dient zur Erhebung, über ein Feuer zu springen oder die Sonne anzurufen. Es ist schön, aber nicht echt; es dient zur Erhebung, aber zur künstlichen, äußerlichen, flüchtigen und gespielten. Es schafft keine Weihung, sondern den Nachgeschmack eines heiteren Bildes und einer harmlosen Täuschung, die an die Grenze des Seichten und Kindischen rührt. Romantischer Hang zum Vergangenen ist Bekenntnis zur Unfruchtbarkeit im Künftigen. Die alten Sagen und Gebräuche waren schön, wie die alten Trachten und Geräte, weil sie aus der Natur kamen. Gepflogen aber wurden sie, nicht weil sie schön, sondern weil sie heilbringend waren. In der Bestimmung über Fluch und Segen wurde Erhebung, halb unbewußt vielleicht auch Schönheit empfunden. Antiquarische Belustigung auf ästhetischem Grunde schafft keine künstliche Naivität, sondern zerstört die Reste der natürlichen.
Manche träumen von neuen Propheten und Erweckern. Wie zur Zeit der Kathedralen soll ein einiger Glauben über die bewohnte Erde herrschen. Ästheten sehen den neuen Heilsbringer schon unter uns wandeln, halb eine Dostojewskische, halb eine Franziskanische Figur, Paulus, Augustinus und Luther haben an der literarischen Gestalt keinen Anteil. Vor allem muß er arm sein und der untersten Schicht des Volkes entstammen. Freilich, setzt der winselnde Ästhet hinzu, er selbst würde ihm schwerlich folgen können.
Freilich wird er ihm nicht folgen. Niemand wird ihm folgen, und deshalb wird der Prophet nicht kommen. Goethe ließ Christus zur Erde zurückkehren und geleitete ihn bis an die Tür des Pfarrhauses, dann brach er das Gedicht ab, denn es widerstrebte ihm der Konflikt. Hauptmann ließ seinen Narren in Christo mit staatlichen und kirchlichen Behörden zusammenstoßen und in Einsamkeit enden.
Propheten werden uns nicht gegeben, weil unsere Zeit die Ehrfurcht vor dem Gedanken verloren hat. Das Wort und der Gedanke ist uns nicht mehr eine Flamme, die aus dem Herzen bricht, sondern die gewerbliche Leistung eines Berufes oder die vergnügliche eines Müßiggangs. Worte sind nicht Bekenntnisse, die man glaubt, sondern Geistesproben, die man kostet und mäkelt. Die Meinungen müssen sich ablösen wie die Tagesblätter und die Moden, damit neuer Umsatz Platz findet. Wie sollte auch das Massenhafte wahr sein? Es wird mehr geredet um des Widerspruchs als um des Glaubens willen. Käme heute einer und redete aus dem Herzen der Welt, so hätte er die Presse gegen sich, oder die Literatur, oder die Interessenten, oder die Polizei, oder die Professoren, oder die Pfarrer, oder das Publikum, oder alle miteinander. Und wer folgte ihm? Ein paar Geistlinge, die ihn aus Gegennachahmung ästhetisch werten, ein paar Unzufriedene, und ein paar Bürger aus Mißverständnis.
Das Gute, das noch heute in die Welt kommt, kann den Stromsturz der Prophetie nicht erleben, es rieselt unterirdisch zu Tal und darf nur mittelbar wirken. Es wirkt, weil es weiter rinnt und sich mit tausend anderen Rinnsalen mengt, während die Platzregen verdunsten. Die Reihe der Empfangenden ist keine räumliche, sondern eine zeitliche. Das Volk der Gleichzeitigen irrt, das Volk der Geschlechter ist unfehlbar.
Warum ich euch das sage, da ich doch von euch gehört sein will? Weil ich kein Prophet und kein Weiser bin, weil ich euch nichts zu lehren und nichts zu verkünden habe. Ich will, daß wir unsere Sorge und Zuversicht gemeinsam erörtern, mein Geschlecht mit dem euren, wie eures dereinst mit dem nächsten. Wir wollen gemeinsam zweifeln und glauben, uns zurechtweisen und bestärken. Denn wenn wir aus der Offenbarungslosigkeit unserer Zeit eine Lehre entnehmen sollen, so ist es die: wenn die höhere Stimme schweigt, so ist die Entscheidung in uns selbst gelegt. Unsere Verantwortung wächst, in uns selbst sollen wir Richtkräfte entwickeln, und können es nur, wenn wir den Lärm in unseren Herzen schweigen machen und nicht mehr aufhören, in die Tiefe und zu den Sternen zu lauschen.
Was nennen wir Einheit des Glaubens? Einheit der Glaubensinhalte, der Einrichtungen und Formeln. Glauben ist aber nicht, wie das Wissen, etwas das sich auf Gegenstände bezieht, ein leerer Spiegel, in dem das wechselnde Bild den Inhalt ausmacht, er ist nicht, wie das Können, etwas, das sich in Formen verwirklicht, er ist ein Verhalten, ein Zustand, ein Leben. Einheit des Glaubens ist daher nicht, wie die Jahrhunderte meinen, Einheit der gläubigen Vorstellung, sondern Einheit gläubigen Daseins. Alle wahrhafte Verschiedenheit des Glaubens liegt nur in der Mannigfalt der Stufenfolge vom furchterfüllten Zauberwesen zur segenkaufenden Dämonie, von rechnender Ritenpolitik zu zweckhafter Bitte, von wohlgefälliger Buße zu freiem transzendenten Erleben. Diese Abstufungen aber bestehen innerhalb aller vorhandenen Glaubensformen; jede Religion läßt soviel Aberglauben und soviel Freiheit zu, als jeder ihrer Bekenner verlangt und erträgt. Eine hochstehende und gläubige Epoche unterscheidet sich von der rückläufigen und ungläubigen nicht so sehr durch die Form der herrschenden Bekenntnisse als durch den Geist, den sie ihnen einhaucht.
Daß die Daseinsform des Glaubens über jede andere menschliche Daseinsform erhoben ist, bedarf keiner Begründung, sie ist es aus eigenem Recht. Es gibt ein inneres Gefühl der Einschätzung unserer Erlebnisse, um das sich die Psychologie nicht kümmert, einer Einschätzung, die nicht vom Meßbaren abhängt, sondern das Wesen ergreift. So gut wir wissen, daß eine Liebesregung uns mehr bedeutet als der seltenste Duft einer Blüte, so wissen wir aus innerer Gewißheit, daß jedes seelische Erlebnis auf höherer Ebene herrscht als jedes geistige und sinnliche Erlebnis. Das vollkommenste Erlebnis unserer Seele aber ist der Glaube.
Nicht jeder hat daran Teil. Nicht jedes Ohr vernimmt Musik, nicht jedes Herz erlebt Gläubigkeit. Dessen soll sich niemand kränken, denn es geht keine Seele verloren. Wem der Glaube versagt ist, der mag mutig und resolut als überzeugter Materialist ein anständig-intellektualistisches Leben wählen; tausendmal besser als wenn er aus erquälter Pflicht oder der Nützlichkeitsspekulation: Nützt es nicht, so schadet es nicht, sein inneres Leben vergewaltigt oder Götzendienst treibt. Es wird der Augenblick kommen, wo er lernt, dem aufgeregten Verstande Schweigen zu gebieten und sich hinzugeben, dann ist er gewandelt, bis dahin wird er in der Welt der unsichtbaren Güter ein Helfender, nicht ein Schaffender sein.
Das Wort, Glaube sei das Gefühl schlechthiniger Abhängigkeit, trifft zu, aber umfaßt nicht. Denn Glaube ist auch das Gefühl schaffender Liebe, auch das Gefühl der Teilhaberschaft und Mitverantwortung. Er ist zugleich vollkommene Gebundenheit und vollkommene Freiheit, selbstvergessene Demut und stolze Sicherheit, reines Schenken und stilles Empfangen, unablässiges Werben und Schaffen und klarste Ruhe. Er ist ein Leben: ein Leben der Bezogenheit auf den Urgrund, gleichviel nach welcher Anschauungsform man ihn zu benennen versucht, als Unendlichkeit, Absolutes, Gesetz, Macht, Liebe.
Dieses Leben ist so unendlich mannigfach, wie das Tagesleben, das es begleitet und erleuchtet, wenn auch die Augenblicke voller Bewußtheit so kurz sind wie die Augenblicke bewußten Lebens.
Eure jungen Gemüter, Freunde, rufe ich zum Zeugnis für die Erfüllungen des inneren Lebens. Euch, nicht mir, steht es zu, die Fülle zu bekennen, die euch reicher und wechselvoller und unberührter als mir gespendet ist. Unter euch sind die, denen das Herz zerschmilzt in Dank und Hingabe, in hellblickender Gewißheit und klopfender Erwartung. Sie wollen nichts anderes, als bereit sein, sich verschenken, Werkzeug sein, dienen. Sie wollen nicht ihre Freuden, nicht ihre Leiden, nicht ihre Wünsche, nicht ihre Ängste; Strahlen und Schwerter mögen durch sie hindurchgehen, sie sind nichts als ein Teil der Schöpfung, der sein Bewußtsein darbringt, ein Ätherhauch, durch den das Seiende sich selbst verklärt. Sie verwehen in Sonne, Wasser und Wind, sie schmiegen sich als Staubkorn an den Sternensaum, an die Brust der Allmacht und ihr Wort ist: dein Wille geschehe und nicht mein Wille.
Unter euch sind die, welche sich erbarmen. Ihre Liebe saugt alles Leid der Kreatur in das eigene Herz, löst jede Freudenkraft von sich los, um den Schmerzensbrand der Welt zu lindern; die Unvollkommenheit des Geschaffenen fühlen sie als eigene Sünde, alle Schuld als eigene Verantwortung. Sie stürmen zum Thron der Gerechtigkeit, um sich als Opfer darzubringen, sie ergreifen die Verheißung um sie in tätiger Liebesglut der Welt einzuschmieden. Sie sind die lebendigen Boten zwischen Welt und Überwelt, ihr Wort ist: erlöse uns.
Unter euch sind die, welche danken. Überwältigt sind sie von der Schönheitsgewalt des Seins. In ihnen sprießt das Gras, klingen die Brunnen, sausen die Gestirne. Im Strom der Schöpfung ist selige Sicherheit. Das Furchtbare ist göttlich, und das Entsetzliche ist heilig. Im Anblick des höchsten Gesetzes entsinkt die Überpracht des Geschaffenen vor dem Wort: ich frage nicht nach Himmel und Erde, ob mir Leib und Seele verschmachtet, wenn ich dich nur habe.
Unter euch sind die, welche sich versenken. Im unermeßlichen Schweigen, in der Dunkelglut des Abgrundes beginnen die Ströme zu rauschen, Bergmassen entweichen, das Eins stürzt ins All, das lichte All ins Eine. Die Welt ist nicht, nicht Himmel und Hölle, nicht Gut und Böse, nicht Glück und Leiden. Sein und Nichtsein umschlingt sich, ursprungloses Licht, wortlose Erfüllung.
Ihr wißt, daß von diesem Leben auch nicht das kleinste erzwungen werden kann. Drängender Wille, bohrender Verstand, Versprechung und Beschwörung sind vergebens. Wie wollte jemand mit eigenmächtiger Gewalt in den innersten Punkt seines Wesens dringen? Und wenn er alle seine Geistesmächte in Bewegung setzte, mit kluger Einsicht jede nötige Wandlung zu erbitten suchte, es wäre ein Spiel des Verstandes und darum eitel. Die Mächte wollen nichts von uns, nicht Weihrauch, Huldigung, nicht Bemühung; doch sind sie allezeit gewärtig, ihr Strom umrauscht uns unerfaßt, wenn wir uns verschließen, er durchdringt uns, wenn wir uns ergeben. Nicht widerstreben ist das einzige, das uns freisteht, Hingabe, Schweigen, Bona Voluntas. So gewinnt denn das Sinnbild sein Recht, daß alles Heil aus Gnade kommt, und daß niemand sich selbst erlöst. Jeder aber vermag jeden zum Heil zu führen, mit schwachen oder mit starken Kräften, das ist das Geheimnis menschlicher Solidarität. Auch die Sünde läßt sich begreifen als der Inbegriff der alten Bezirke, die unser Geschlecht auf langem Wege durchlaufen hat, und das schwere, zur Erde ziehende, schuldhaft scheinende Bewußtsein ist der Gefühlston der Geister, die sich schmerzlich vom Vergangenen losreißen, um erwachend dem kommenden Reich entgegen zu schreiten. Für dieses Reich aber, das das Reich der Seele ist, läßt sich kein schöneres Bild finden als das vom Reiche des Himmels, und wenn gesagt ist, daß die Armen am Geiste es betreten, so verstehen wir das Gleichnis, wenn wir der Armut des Intellekts den Reichtum der Seelenkräfte gegenüberstellen.
Alle reinen Glaubensformen sind Projektionen des Unaussprechlichen auf die wechselnden Flächen des örtlichen und zeitlichen Vorstellungs- und Fassungsvermögens. Sollten wir wünschen, oder auch nur denken können, daß eine Symbolik und Ausdrucksform die herrschende werde und die übrigen vertilgt oder knechte? Wenn wir begreifen, daß Glauben ein Leben und nicht einen Vorstellungskomplex bedeutet, so können wir in dem Schritt der Welt zur Gläubigkeit nicht die Neuordnung und Uniformierung gegebener Vorstellungsreihen erblicken, sondern die Vergeistigung, die fortgesetzte, innere Wandlung einer jeden Glaubensform vom Fetischismus, Eudämonismus und Ritualismus zur Transzendenz.
Und wenn auf diesem Wege die Symbolismen und Mechanisierungsformen sich weiterhin zersplittern, so soll es uns nicht anfechten. Im Versiegen der Wundertat und der berufenen Offenbarung liegt nicht zornige Abwendung des Göttlichen, sondern die Mündigkeitserklärung der Menschheit. Nun ist sich jeder seiner Glaubenspflicht und innerhalb dieser Pflicht seiner Glaubensfreiheit bewußt, nun wissen wir, daß nicht lernen, wissen, fürwahrhalten, denken und handeln uns selig macht, sondern der gute Wille, Erleuchtung und inneres Leben. Und wie die Mannigfaltigkeit alles Menschlichen im Guten das tröstlichste Geschenk der Schöpfung an unseren Glauben ist, so ist die Mannigfaltigkeit des Glaubens die dankbare Erwiderung der menschlichen Geteiltheit an das Eine.
Freilich, in unserem armen Stande des vorstellungsbedürftigen Geistes scheint uns eine Erhebung leer, erlahmt allzubald das Herz in seinem Schwung, wenn nicht ein leichtes Gerüst von Begriffen und Worten die Inhalte unseres Glaubenslebens stützt. Gestehen wir frei, was Menschen sonst in begreiflicher Verschämtheit nicht leicht berühren, daß jeder von uns halb unbewußt eine kleine Dogmatik, Mythologie und Heilslehre verschwiegen sich im Innern geschaffen hat, bereit, sie im kalten Tageslicht zu verleugnen, in dunkler Stille geneigt, ihr zu lauschen. Warum verhüllen wir diese Dinge? Nicht weil sie kindlich, unsystematisch, unbeweisbar sind, – denn wieviel von unseren Tagesmeinungen ist beweisbar? – sondern weil wir den Spott vor uns selbst fürchten, weil wir die Überzeugung von der Größe, dem Ernst und der Pflicht des Glaubens verloren haben. Deshalb zertreten wir die leichten Blüten auf dem kindlichen Grunde des Gemüts, und schämen uns der Verwüstung, und bedecken sie mit Heimlichkeit. Laßt uns mutig und offenherzig sein, laßt uns diese bescheidenen Schöpfungen pflegen und unbelächelt mitteilen, ein Teil der Aufmerksamkeit, die wir alltäglichen Erlebnissen und wissenschaftlichen Feststellungen opfern, mag ihnen gegönnt sein. Denn in ihnen vollzieht sich die stille Bewegung, das gestaltende Wachstum des Glaubens. Was Wissenschaften nicht vermochten, Kirchen versäumten, einsame Denker in langen Abständen mühsam unternahmen, das wird durch Volkskraft organisch sich bilden, sofern wir die blöde Scheu des Alltags verwinden.
Diese Scheu empfinde auch ich, obwohl ich in meinen Schriften auf Gedankenwegen bis an die Grenze des Glaubensbekenntnisses mich leiten ließ, heute überschreite ich sie, nicht in der Meinung, euch auch nur ein Wort zu sagen, das weiter trägt als eure eigenen Fühlungen, oder das in eurem Gedächtnis zu haften verdient, doch in dem Wunsche, von euch geprüft zu werden, wie ihr einander euch prüfen sollt, und in dem Pflichtbewußtsein, der eigenen Forderung nicht auszuweichen.
Ich glaube, daß unsere schwache Einsicht und unsere wenigen und zufälligen Sinne uns von der wahren Welt nicht viel mehr offenbaren als dem Geschöpf, das zwischen Stamm und Borke eines Baumes lebt. So hat Spinoza gelehrt, daß von den unendlichen Attributen des Seienden uns zwei nur erkennbar sind: Räumlichkeit und Bewußtsein.
Ich glaube, daß die sinnliche Welt das Buch ist, aus dem wir Bilder und Gleichnisse der Betrachtung schöpfen, und der Kampfplatz, auf dem unser Wille die Laufbahn von der Kindlichkeit der Begierde bis zur reifenden Einkehr durchmißt.
Ich glaube, daß der Geist unendliche Stufen durchläuft, von undenklicher Zersplitterung bis zum Geist des Ätheratoms, vom Geist des Minerals, der organischen Substanz, der Zelle, der Pflanze und des Tieres bis zum Geist des Menschen, und abermals in undenkbarer Folge aufwärts. Diese Welt der Geister ist die wahre Welt, von ihren Gesetzen wissen wir wenig, doch die wunderbare Mannigfalt des Gesetzmäßigen fügt es, daß unter unseren Augen geistige Gebilde mit eigenem Bewußtsein entstehen, Zellenstaaten, Ameisenhaufen, Bienenschwärme, Menschenstädte und Menschennationen.
Jede Geistesstufe bildet sich eine Erscheinungswelt aus dem, was sie zu fassen vermag; die Welt, die der Granit begreift, ist eine andere als die der Zelle, die menschliche, von Geist und Sinnen erschaffene Welt ist eine andere als die des Regenwurmes.
Die Geistesformen, die hinter uns liegen, gipfeln in einem einzigen Willen: zur Selbsterhaltung und Arterhaltung. Dieser Wille hat sich ein stets verfeinertes Werkzeug geschaffen, das wir auf menschlicher Stufe Intellekt nennen; der grobe, unmittelbare Wille zur Erhaltung aber hat sich zugespitzt zum mittelbaren Willen; dessen Gegenstand nennen wir Zweck.
Intellekt und Zweck beherrschen die ganze organische Stufenfolge bis zum Menschentum, vom Geist der Alge bis zum Geist des Staatsmannes sind sie nur gradweise verschieden.
Der Mensch aber ist ein Geschöpf der Grenze. In ihm endet die zweckhaft-intellektuelle Geistesform und entsteht eine höhere. Im Menschen erwachen Gefühlsreihen, die nicht mehr der Erhaltung dienen, ja ihr entgegenwirken können. Ideen und Ideale, Liebe zum Nächsten, zur Menschheit, zur Schöpfung, zum Überweltlichen erfüllen das Leben des Menschen und sind zweckfrei, sie dienen uns nicht, sondern wir dienen ihnen und sind bereit, für sie uns zu opfern.
Hier beginnt das nächst höhere Geistesreich, das Reich der Seele. Seiner sind wir nicht stärker teilhaftig, als etwa die Zelle des intellektualen Reichs teilhaftig ist. In diesem Reich und seiner Anschauungswelt sind wir unmündige, stammelnde Kinder. Deshalb können wir seine Welt, die nicht mehr die Welt der raumzeitlichen Vorstellungen und Begriffe ist, nur ahnen, nicht erfassen.
Von dieser Grenze aus scheidet sich alles Seiende. Die durchlaufenden Welten erscheinen als die Weltseite der Schöpfung, was ihnen angehört, wird im Sinne der Einsicht zum Unwesentlichen, im Sinne der Ethik zur Sünde. Der Gottseite der Schöpfung, dem Kommenden, das uns als Vollendung erscheint, und das der Beginn neuer unendlicher Stufenfolge ist, streben wir entgegen, und es steht bei uns, wie weit wir in uns und um uns das kommende Reich schon im irdischen Dasein verwirklichen.
Dies ist die Sendung des Menschengeschlechts: die mittlere Reihe der Schöpfung zu vollenden und die höhere Reihe der Welten zu beginnen, und dies ist seine Verantwortung: aus niederem Geist göttlichen Geist zu verklären. Erlösung aber bedeutet, daß diese Verklärung aus eigener Kraft nicht möglich ist, daß dem guten Willen die rettende Kraft zu Hilfe kommt.
Guter Wille, Vertrauen und Liebe öffnen unsere Herzen den göttlichen Strahlen, die uns allerwärts umfließen, und helfen die Herzen unserer Brüder öffnen. Hierin ist alle Glaubens- und Sittenlehre beschlossen; es gibt kein Tun und Vollbringen, das selig macht, selig macht nur die Gesinnung. Es gibt kein sittliches Handeln, sondern einen sittlichen Zustand, der unrechtes Handeln ausschließt. Es gibt keine absoluten Werte außer jenen dreien, die uns dem Reich der Seele entgegenführen, alle anderen irdischen Güter sind bestenfalls Mittel.
Ich glaube, daß im vollendeten Reich der Seele alle Erscheinungen und Kategorien der intellektualen Welt beendet sind, mit ihnen die kämpfende Individualität, die Vergänglichkeit und die intellektuale Einsicht. Hier liegt die Grenze unserer Sprache und Vorstellungskraft. Es versagen alle Symbole.
Nur ein geringes und unvollkommenes Bild möchte ich andeuten, um eine Abstufung zu versinnlichen, die vom raum-zeitlichen Erkennen hinweg die Richtung zu einer unmittelbaren, adäquaten Einsicht ahnen läßt. Man lehrt uns die Geschichte eines Landes, und wir gewinnen ein zeitliches Bild. Es geschieht, daß wir später dieses Land durchstreifen, es reiht sich Erlebnis an Erlebnis, Ort an Ort, auf den Linien unserer Fahrt durchdringen wir das Gleichzeitige. In der Erinnerung aber verschmilzt alles, es entsteht in uns ein Bild, in dem das Räumlich-Zeitliche in eine untrennbare Einheit verwachsen ist, das wir mit allen inneren und äußeren Sinnen besitzen. Wir wissen mehr als wir gesehen und erfahren haben. Unser Geist hält uns eine eigene Schöpfung vor Augen, und wohin wir ihn konzentrieren, glauben wir wahrzunehmen, was ist und was war, was sein kann und was nicht sein kann, fast möchten wir sagen, was werden wird. Und dennoch dies alles nicht an der doppelten Schnur von Raum und Zeit, sondern innerlich, gefühlt, organisch.
Ich glaube, daß mein einfaches Bekenntnis nichts enthält, was nicht in höchster Vollkommenheit in den heiligen Schriften aller Zeiten verkündet ist. Was wir in uns zu schaffen glauben, wird stets die einseitige, dunkle Spiegelung der nie zu erfassenden Wahrheit sein. Doch die Mannigfalt der Spiegelungen in der Vielzahl der Seelen gibt uns die Vielseitigkeit des Erlebnisses, deren wir bedürfen, und die Wiederkehr der großen Züge gibt uns die Gewißheit einer abgebildeten Wahrheit. Unser Glaubensleben aber wird neu und lebendig, wenn nicht tote Schriften und verbriefte Ordnungen das Wort verwalten, sondern wenn es von neuem beginnt, in allen Herzen zu zeugen und zu keimen.
Für unser weltliches Leben entnehmen wir dem Glauben und dem Wort die Werte und die Maße. Nennen wir es das Reich des Himmels, das Reich Gottes oder das Reich der Seele: was uns ihm nähert ist gut, was uns entfernt, ist schlecht. Glück, Leben, Wohlstand, Macht, Kultur, Heimat, Nation, Menschheit, sind die höchsten irdischen Werte. Wohl dem, der keinen von ihnen zu opfern braucht, für den sie Mittel zum Göttlichen bleiben. Wir aber werden sie messen an den Maßen der Seele, des Glaubens und der Gerechtigkeit, und wo sie das Maß nicht erfüllen, da müssen sie sich fügen oder weichen.