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Personen, welche in diesem Schauspiele redend werden aufgeführet.
Merkurius.
König Ehrenvest.
Heerzog Herman.
Fürst Klaudius Civilis.
Heerzog Wedekind.
Teutschland.
Friede.
Wollust.
Hofemeister.
Don Antonio.
Monsieur Gaston.
Signoro Bartholomeo.
Herr Karel.
Page der Königin.
Mars.
Sausewind.
Hunger.
Pest.
Tod. ( NB. Redet nichts, kan auch ausgelassen werden.)
Meister Ratio Status , der Wundarzt.
Gott.
Gerechtigkeit.
Liebe.
Merkurius (tritt auf in seinem gewöhnlichen Habit).
Glück und Segen, Leben und Wolfahrt, Heil und Seligkeit wünsche ich euch allen, so viel eurer dieses vielleicht unverhofftes Schauspiel anzusehen und mit nützlicher Ergetzlichkeit zu betrachten allhie sind versamlet. -- Wie? Ist denn keiner unter diesem ganzen ansehnlichen Haufen, der mir auf meinen Wunsch auch nur mit einem einzigen Wörtlein danket? Vielleicht kennet ihr mich nicht, oder, so ihr mich kennet, scheuet ihr euch doch, mir, als den ihr zweifelsohne vor einen Gott haltet, öffentlich zu antworten. Aber, ihr vielgeliebte Herrn und Freunde, ich zweifle durchaus nicht, daß etliche unter euch von gar gutem Verstande sind, und eben dieselben sehen mich an vor den Merkurium, von welchem die alten Poeten viele wunderseltzame Grillen haben gedichtet: denn bald muß ich ihnen ein allgemeiner Bote und Abgesandter ihrer Götter sein, bald ein Gott der Kaufleute, bald ein Gott der Diebe, bald ein Gott der Beredsamkeit, und wer kan alle ihre Fratzen gnugsam erzählen? Ich aber bekenne frei und öffentlich, daß alles dieses ihr Vorgeben schändlich sei erlogen: denn wer wil doch bei dieser Zeit, da die güldene Fackel des heiligen göttlichen Wortes in den europäischen, sonderlich denen teutschen Landen so hell und sonnenklar daher leuchtet, so gar närrisch und unbesonnen sein, daß er die elenden Menschen, ja wol gar die grausame Teufel vor Götter halten solle? Ich zwar kenne durchaus keine Götter als nur den einzigen wahren Gott, Schöpfer Himmels und der Erden, der sich in seiner allerheiligsten Dreifaltigkeit den Menschenkindern so gnädigst hat offenbaret, und dessen unwürdiger Diener ich bin; die übrige alle von Menschen erdichtete Götzen verfluche ich von Herzen, halte mich auch versichert, daß ihr, die ihr Christen seid, mir dieses Falles gerne Beifall geben werdet.
Unterdessen, damit ihr gleichwol eigentlich wisset, wer und von wannen ich sei, so leugne ich zwar nicht, daß ich ein vermummeter Merkurius, aber nicht der Maien Sohn bin, sondern ein alter teutscher priesterlicher Merkurius, und komme ich gleich itz aus den alten Eliseischen Feldern, welche anmutige Felder, Wiesen und Gärten sehr ferne von hier im Lande Utopia dort in jenner Welt gelegen, woselbst sich auch unter anderen die alte teutsche Helden, welche vor vielen hundert Jahren gelebet haben, nach ihrem Tode aufhalten. Diese Felder nun werden auch noch biß auf diesen heutigen Tag so gewisse und wahrhaftig daselbst gefunden, so gewisse ich der Maien Sohn, der Merkurius bin.
Ihr sollet aber wissen, daß ich in diesen also genenneten Feldern oder in dem erwähneten Utopia ein hohes und herliches Ampt bediene, denn so bald etliche von den alten Helden Erläubnisse haben erlanget, daß sie auf etliche Tage die Eliseische Felder verlassen, sich in diese alte Welt begeben und auf dem Erdbodem ein weinig ümmesehen mügen, so bin ich eben derjenige, der sie von dannen herauf führet und ihnen dabenebenst, was sie etwan zu sehen begehren, nach Vermügen zeiget, auch das, was sie nicht verstehen, erkläret und ausdeutet; und zwar, es haben noch gestriges Tages etliche der allertapfersten Helden und uralten teutschen Fürsten Vergünstigung erlanget, daß sie die vielerwähnete Eliseische Felder auf eine kurze Zeit verlassen und Teutschland, das allerherlichste und prächtigste Reich des ganzen Erdbodens, davon in jenner Welt schon etliche hundert Jahre so viel Rühmliches ist gesungen und gesaget worden, in seiner vollenkommenen Glückseligkeit beschauen und gegen die Beschaffenheit des uralten Teutschlandes, wie solches zu ihrer Lebenszeit befindlich gewesen, vernünftig halten gegen -- halten, vergleichen. müchten.
Geliebet euch nun etwan ferner zu wissen, wie vorgedachte teutsche Helden genennet werden, so verhalte ich euch nicht, daß der erste heißet König Ehrenvest, von den Römern Ariovistus genannt, welcher zu des ersten Römischen Kaisers Julii Zeiten hat geherschet und ein tapferer Kriegesmann, auch herzhafter Beschirmer der teutschen Freiheit gewesen, maßen er sich denn mit dem vorgedachten Julio Caesare rechtschaffen herümmer geschmissen herümmer schmeißen, herumschlagen.. Der andere ist der Heerzog Herman, sonst Arminius geheißen, welcher dem Kaiser Augusto seinen Feldobristen, den Quintilium Varum, mit dreien Legionen, bestehend in zwanzig tausend der allerbesten römischen Soldaten, in Westphalen am Duißberger Walde hat erschlagen. Der dritte heißet Klaudius Civilis, ist ein unerschrockner Fürst und Heerführer der Niederteutschen gewesen. Der vierte ist der weltberühmter Heerzog Wedekind, welcher dem großen Kaiser Karl über die Maßen viel zu schaffen gemachet, indeme er die Freiheit seiner Sachsen mit einer unaussprechlichen Herzhaftigkeit hat beschirmet, der doch endlich den christlichen Glauben hat angenommen und sich taufen lassen.
Diese vier auserlesene Helden wünschen nun von Herzen, daß sie ihr werthes Vaterland, nemlich das Teutsche Reich, in seiner großen Herlichkeit, von welcher sie in denen Eliseischen Feldern so viel gehöret, nur einmal recht müchten beschauen, welches ihres Wunsches sie denn nunmehr sollen gewähret werden.
Die vier Helden gehen auf.
Aber siehe da, sie treten schon daher, und sind sie mir gewislich auf den Fuß nachgefolget.
Merkurius, König Ehrenvest, Heerzog Herman, Fürst Klaudius Civilis, Heerzog Wedekind.
Die vier Helden gehen auf eine gar alte Manier bekleidet, mit aufgebundenen langen Haaren, große Streitkolben in den Händen haltend, mit angehängeten breiten Schlachtschwertern, und kan man sich der Abbildungen, welche in des hochgelehrten P. Klüverij altem Teutschlande Phil. Cluvveri Germania antiqua. Lugd. 1616 sequ., fol. werden gefunden, in diesem Falle sehr nützlich gebrauchen.
König Ehrenvest. Glück zu, Merkuri, finden wir dich schon hier? Nunmehr verstehe ich erstlich, wozu dir die Flügel an deinen Füßen nützen, daß du nemlich so viel geschwinder auf der Reise fortkommen und denjenigen, welche du aus den Eliseischen Feldern in diese Oberwelt führest, eine bequeme Lagerstatt könnest bestellen.
Merkurius. Ja, König Ehrenvest, eben der Ursachen halber bin ich ein weinig voran gangen, daß ich euch teutsche Helden, deme mir aufgetragenem Befehle zufolge, an diesem Orte gebührlich müchte empfangen.
Heerzog Herman. Aber sage mir, Merkuri, nachdeme wir nun dieser Oerter dieser Oerter, genet, wie Singular dieses Orts: an diesen Orten. angelanget, woselbst ich und König Ehrenvest in sechszehnhundert Jahren nicht gewesen, sind wir allhier auch gesichert vor dem Ueberfall der Römer? Denn ich erinnere mich annoch sehr wol, daß sie zu meiner Zeit hin und wieder, sonderlich am Rheinstrom, ihre mächtige Besatzungen pflagen zu halten.
Merkurius. Was, Heerzog Herman, fürchtet ihr euch vor den Römern? Wisset ihr nicht, daß heute zu Tage die Teutsche den Römern, mit nichten aber die Römer den Teutschen zu gebieten haben? Der itzregierender Römische Kaiser ist ein geborner Teutscher und kein Römer oder Wälscher. Und zwar von der Zeit des Großen Karls, mit welchem Heerzog Wedekind so schwere und langwierige Kriege hat geführet, schon länger denn achthundert Jahre haben die Teutsche das Römische Kaiserthum regieret und besessen.
Klaudius Civilis. Was höre ich? Stehet die Herlichkeit des Kaiserthums dieser Zeit bei den Teutschen, so mügen wir uns alle mit großem Fuge vor glückselige Fürsten preisen, dieweil wir geborne Teutsche sind. Dieses aber kan nicht fehlen, Teutschland muß sich über alle Maße sehr verändert haben.
Heerzog Wedekind. Ja freilich muß sichs sehr haben ümgekehret. Es hatte schon zu der Zeit, darinnen ich auf dieser Welt habe gelebet, viel eine andere Beschaffenheit mit Teutschland, als in denen Jahren, in welchen ihr drei tapfere Helden vor die Freiheit des Vaterlandes so ritterlich habet gestritten und so manchen herlichen Sieg von den Römern und anderen der Teutschen abgesagten Feinden erhalten.
Heerzog Herman. Und eben dieses ist die Ursache, daß mich nunmehr so herzlich verlanget, das itzige neue Teutschland in seinem großen Pracht und Herrlichkeit zu sehen, denn mir noch gar nicht entfallen, was ich von desselben hohen Glückseligkeit in den Eliseischen Feldern, wiewol nur im Schlafe oder gleichsam traumend, habe verstanden. Begehre demnach nichtes mehr, als daß ich alle Sachen in der That und Wahrheit selber erfahren müge.
Merkurius. Seid zufrieden, Heerzog Herman, es sol euch alles nach Wunsche gezeiget werden. Ihr Helden müsset mir ein weinig Zeit günnen.
Klaudius Civilis. Gar gern, Merkuri, wir müssen aber auch die kurze Zeit, welche uns auf Erden zu verbleiben ist gegünnet, also anwenden, daß wir darinnen etwas Fruchtbarliches ausrichten.
König Ehrenvest. Freilich müssen wir uns der Zeit nützlich gebrauchen, denn wir sind ja zu dem Ende herauf kommen, daß wir vor allen anderen Dingen das neue prächtige Teutschland in seiner Majestät, blühendem Frieden und Glückseligkeit mit Fleiße mügen besichtigen. Eines aber wünsche ich hiebei von Herzen, daß wir nemlich das alte Teutschland, wie dasselbe zu unseren Zeiten gestanden, noch einmal sehen müchten. Was dünket dich, Merkuri, solte man dieses Begehren nicht erhalten können?
Merkurius. König Ehrenvest, ob mir wol nichtes Liebers könte begegnen, als daß ich euer aller Wunsche dieses Falles ein Genügen thun müchte, so halte ich es doch vor eine wahre Unmüglichkeit, das alte Deutschland, wie dasselbe bei euren Lebenszeiten beschaffen gewesen, in seinem eigentlichen Zustande und Wesen einigem einigem, irgendeinem. Menschen vorstellen zu können, dieweil solches alles dergestalt ist geändert, daß man es doch nimmermehr recht würde erkennen. Damit ihr aber gleichwol nicht gar ümsonst bittet, so wil ich euch ein treffliches Bildnisse desselben alten Teutschlandes zeigen, welches schon vor vielen hundert Jahren zu einer ewigen Gedächtnisse in eine Kapellen des nächstgelegenen Waldes ist gesetzet oder aufgestellet worden. Da werdet ihr das alte Teutschland etlicher maßen sehen und vielleicht vieles guten Dinges euch dabei erinnern können.
Heerzog Herman. Wahrlich, Merkuri, dieses dein Erbieten gefällt mir über die Maße wol, denn ich nicht weniger Begierde habe als König Ehrenvest, das alte Teutschland wo nicht in seinem vollenkommenem Wesen, jedoch nur etlicher maßen im Bilde zu sehen.
Klaudius Civilis. Ja, Heerzog Herman, es wird dieses der Mühe wol werth sein. Aber, Merkuri, sage uns doch, ist es noch weit von hinnen, da selbiges Bild anzutreffen, und wirst du uns nicht bald hinzu führen?
Merkurius. Stellet euch zufrieden, ihr Helden, wir sind schon am rechten Orte, denn ich habe euch mit Fleiß hieher gebracht. Sehet da, was ihr dieser wegen zu sehen so fleißig habt begehret.
Der Schauplatz öffnet sich, und sitzet das alte Deutschland, wie eine ansehnliche Matron ganz ehrbarlich bekleidet, eine schlechte schlecht, schlicht, einfach. Krone auf dem Haupte und in der Hand einen Scepter habend, in einer Kapellen auf einem Stuhl, der auf einen viereckichten steinernen Tisch oder Altar ist gesetzet. Zu ihrer rechten Hand stecken zwei Fahnen, in welchen ein Adler gemachet; um diese Fahnen liegen allerhand alte Gewehre, Schlachtschwerter, Streitkolben, Hellebarten, Spieße, Wurfpfeile, und bei diesen auch etliche Häute von wilden Thieren und andere dergleichen Sachen. Auf der anderen Seiten stehen zwei Schiffe, Milchtöpfe, dabei liegen etliche Stücke Fleisch, ein großes Kühehorn und mehrere dergleichen bei den alten Deutschen sowol zu Friedens-als Kriegeszeiten gebräuchliche Sachen. Die Helden stehen gleichsam entzücket und sehen dieses alles mit Verwunderung an; endlich spricht
Merkurius. Tretet nur näher herzu und beschauet dieses Bild wol und fleißig, ihr teutsche Helden, ob ihr noch etwa Anzeigungen des alten Teutschlandes an demselben könnet befinden.
König Ehrenvest. O Merkuri, es ist in diesem Bilde die Beschaffenheit des alten Teutschlandes dermaßen artig vorgestellet, daß ich mich auch gar fein kan erinnern der damaligen Sitten, Gebräuche, Tugenden, Redlichkeit und Tapferkeit meiner Landsleute, der Teutschen.
Heerzog Herman. Sehet da, diese sind eben die Waffen, Schwerter, Spieße und Schilde, deren ich mich in meinen Kriegen und Zügen wider die Römer und andere Feinde etwan pflag zu gebrauchen.
Klaudius Civilis. Und diese Schiffe, halte ich, sind noch übrig geblieben von dem großen Schiffzeuge Schiffzeug, Flotte. der Römer, welchen ich zur Zeit des Kaisers Vitellien mit gewehrter Hand vom Rhein hinweg nahm, als ich die beiden mächtigen Städte Köllen und Meinz eroberte, die römischen Besatzungen herausschlug, den Bühel Bühel, Hügel, befestigte Anhöhe. des Drusen zerschleifete und die Römer aus ganz Holland verjagte.
Heerzog Wedekind. Wahrlich, du rechtes Ebenbild unserer allgemeinen teutschen Mutter gibst genügsame Ursache, daß wir uns die große Mannheit unserer Teutschen zu Gemüthe führen, dabenebenst auch ihre einfältige Aufrichtigkeit, Mäßigkeit und andere schöne Tugenden höchlich rühmen und preisen.
Heerzog Herman. Gebet acht, ihr Brüder, da stehet noch ein Topf mit Milch, nebenst einem Stücke Fleisch von einem wilden Thiere, womit wir uns des Hungers und Durstes pflagen zu erwehren, denn davon lebten meine Teutschen. Mit dem Ackerbau hatten sie gar wenig zu schaffen. Ihr Viehe versorgte sie mit Fleisch, Milch und Butter, und mit ihren Bögen erlegeten sie die wilden Thiere.
König Ehrenvest. Und sehet, ihr Helden, diese Häute von Bären und Wölfen, deren wir, im Falle wir uns zur Ruhe niederlegeten, uns nützlich bedieneten. Ach, wie habe ich doch oftmals so sanft auf diesen Häuten geschlafen, wenn ich aus den Schlachten ermüdet zu Hause kam!
Fürst Civilis. Dieser Art Hörner pflag ich mich zu gebrauchen, wenn ich wider meine Feinde in den Streit auszog; alsdenn ließ ich dieselben blasen und mit einem großen Geläute Geläute (wie im Mhd. lûte: lûten, buccinare), Schall, Hörnerklang. meine Teutschen zum Kampfe aufmuntern.
Heerzog Herman. Und eben diese sind die beiden großen Hauptfahnen, welche ich des Kaisers Augusten Feldobristen, dem Quintilio Varo, nachdem ich ihn samt zwanzigtausend tapferen Kriegesleuten darnieder geleget, dazumalen samt anderen trefflichen Beuten habe abgenommen.
König Ehrenvest. In Wahrheit, dieses alte Bild ist sehr wol gemachet. Man betrachte nur das majestätische Ansehen des alten Teutschlandes, desselben dauerhafte Waffen, eingezogenes Leben, erhaltene Siege und Verübungen so vieler herlichen und ewigen Ruhmes würdigen Thaten. Aber sage mir, Merkuri, vergleichet sich auch das neue Teutschland etlicher maßen mit diesem alten?
Merkurius. Durchaus nicht. Es ist zwischen dem alten und neuen Teutschlande ein viel größerer Unterscheid, als zwischen dieser Welt, darauf wir itzund wandeln, und denen Eliseischen Feldern, aus welchen wir vor weniger Zeit sind herkommen und worinnen wir nach dem Tode leben. Es hat das neue Teutschland viel ein anderes Regiment, viel andere Sitten, Gebräuche, Waffen, Kleidung, Nahrung, Häuser und dergleichen. Es hat anstatt des Fleisches und der Milch, womit sich das alte muste behelfen, wol tausenderlei niedliche Speisen. Es hat rheinische, spanische, französische, wälsche und andere fast unzähliche Arten von Weinen und nebenst diesem auch viel Gewürz, verzuckerte Konfecten und andere dergleichen Schleckereien. Es gebrauchet sich nicht mehr der Häute der wilden Thiere, darauf zu ruhen, aber wol köstlicher, von Gold, Seiden, Baumwolle und zarter Leinwand gemachter und mit weichen Pflaumfedern ausgefülleter Betten. Anstatt der Hörner hat das neue Teutschland Trompetten, Posaunen, Zinken und nebenst diesen Lauten, Geigen, Orgeln, Harfen samt vielen anderen herlichen Instrumenten. Ich wil hie nicht sagen von der wunderbaren und höchstnützlichen Kunst der Druckerei, welche sie selber erfunden. Ich rede hier auch nicht von ihren Uhren, Mühlwerken, Schiffahrten, Distillieren, Schleiffung der Waffen, Malerei und schier unzählichen Wissenschaften und Künsten, dieweil euch im Krieg und Harnisch erzogenen Helden solches alles zu verstehen viel zu schwer fallen würde. Nur dieses erinnere ich noch, daß, im Falle Teutschland Krieg führet, so streitet es nicht mehr mit Bögen, Pfeilen, Wurfspießen, Schleudern, Kolben und dergleichen; nein, es hat andere und zwar solche feuerspeiende Waffen, die mit einem erschrecklichem Donner die Menschen auch von weitem, ja wol auf etliche tausend Schritte plötzlich können umbringen. In Summa, es heißet recht das neue Teutschland, in welchem des alten so gar ist vergessen, daß man es noch füglicher ein anderes als ein neues nennen könte.
Heerzog Wedekind. O du liebes Teutschland, bist du denn so ganz und gar von deinen alten Sitten, Wandel, Leben, Gewohnheiten und Gebräuchen abgewichen? Aber, ihr Brüder, wollen wir uns bei diesem Bilde noch eine Zeitlang aufhalten?
König Ehrenvest. Mein weniges Bedenken ist dieses, daß wir vor unserem Hinwegscheiden aus schuldiger Dankbarkeit diesem Bilde unserer weiland allgemeinen Mutter, des alten löblichen Teutschlandes, Opfer thun, zufoderst aber mit dem Gebete den Anfang hiezu machen.
Fürst Civilis. Und eben diese Meinung gefällt auch mir, lasset uns derowegen diesen Gottesdienst nur schleunigst verrichten und mit einander niederknien.
Hie knien sie alle vier nieder und schlagen die Häupter zur Erden, richten sie aber bald wiedrum auf; indeme sie aber in ihrer Andacht wollen fortfahren, wird der Schauplatz geschlossen, und da sie das Bild nicht mehr sehen, fähet an mit lauter Stimme zu rufen.
Heerzog Herman. Was ist das, ihr Helden, wache oder schlafe ich? Sehe ich etwas im Traume, oder widerfährt mirs in der Wahrheit, daß diß göttliche Bild unserer allgemeinen Mutter, des uralten Teutschlandes, uns so gar plötzlich wird aus den Augen gerücket? Sollen wir denn unser schuldiges Gebet und Opfer vor demselben nicht erstlich verrichten?
Merkurius. Stellet euch zufrieden, ihr teutsche Helden, es geziemt sich gar nicht, einem todten Bilde göttliche Ehre anzuthun. Der ewige Schöpfer und Erhalter aller Dinge, welcher ist der hochgelobte Gott in Ewigkeit, wil allein von den Menschenkindern verehret und angebetet sein. Folget mir demnach nur eiligst, damit wir ferner suchen und endlich finden das neue Teutschland, welches ich euch in seiner höchsten Glückseligkeit und unvergleichlichen Pracht bald werde zeigen.
König Ehrenvest. Wolan denn, Merkuri, dein Wille soll auch unser Wille sein; führe uns nur immer hin, damit wir bald sehen mügen dasjenige, um welches willen wir wiederum auf diese Welt sind kommen. (Sie gehen alle ab.)
Teutschland tritt auf. Vor ihr her gehet der Friede in schneeweißen Frauenkleidern, auf dem Haupte einen güldenen Kranz, in der Hand einen grünen Lorberzweig und unter dem Arm ein Cornucopiä Cornucopiae, Füllhorn, Horn des Ueberflusses. Vgl. die Sagen von Achelous und Amalthea, Ovid. Metamorph., VIII, 838fg.; IX. 1-100; Fast. V. 120 fg. tragend. Teutschland ist auf das allerprächtigste à la mode bekleidet, hält in der Hand einen schönen Scepter, auf dem Haupte träget sie eine sehr köstliche Krone, siehet gar frech und wild aus, hat viele Diener und Dienerinnen, sonderlich folget ihr die Wollust in mancherlei Farben ganz leichtfertig bekleidet, jedoch daß sie fast halb nackend daher gehet. Teutschland setzet sich auf einen ganz herlich gebauten und mit schönen Tapezereien geschmücketen Thron nieder, der Friede stehet ihr zur Rechten, die Wollust zur Linken, die Diener aber zu beiden Seiten.
Deutschland, Friede, Wollust, Hofemeister.
Teutschland. Ist auch unter dem großen Gewelbe des Saffirglänzenden Himmels einige Königin oder Beherscherin zu finden, welche auf den herlichen Thron aller weltlichen Glückseligkeit so hoch als ich ist gestiegen? Kan auch die Fortun der ganzen weiten und breiten Welt mit der meinigen in einigem Wege compariret oder verglichen werden? Nein, par ma foi. Ich habe das erlanget, welches zwar die allergrößesten Monarchien der Welt jemals gewünschet, niemalen aber erhalten. Ich, ich bin das glückselige Teutschland. Ich bin die allergrößeste Dame von ganz Europa, groß von Macht, herlich von Thaten, reich von Gütern, vortrefflich von Verstande, ja ein rechter Tempel und Wohnhaus der allervollkommensten Glückseligkeiten. Deine Gesellschaft, o herzwerthe Freundin, (sie schläget den Friede auf die Schultern), ist mir viele Jahre hero dermaßen nützlich, lieb und angenehm gewesen, daß ich solches mit Worten auszusprechen mich viel zu schwach befinde; denn seithero du, o werther Friede, bei mir gewohnet, hat sich aller nothwendigen und anmuthigen Dinge ein Ueberfluß in meinen Herschaften befunden, ja es hat mir durchaus nichts gefehlet von allem deme, welches das Herz einer solchen mächtigen Königin kan befriedigen. Ich weiß durchaus von keiner Widerwertigkeit. Kein Unfall kan mich treffen, kein Krieg kan mich gefährden, keine Armuth kan mich drücken, keine Krankheit kan mich danieder legen, keine Verfolgung kan mir schaden, kein Geschöpf unter dem Himmel kan mir einiges Unglück beibringen. Es stehet mir doch alles zu Dienste, der Himmel lachet mich an, die Sonne buhlet gleich gleich, gleichsam. mit mir, alle Sterne und Planeten tanzen um mich her mit Freuden, das Erdreich gibt mir vollauf von allen erwünschten Dingen, das Meer lässet mir gleichsam der ganzen Welt Reichthum in unzähligen Schiffen zuführen. Die anderen großen Königinnen und Monarchien beten mich an. Hispanien zittert vor mir, Frankreich suchet meine königliche Gunst, Wälschland küsset mir die Hände, ja alle anderen Länder praesentiren mir ihre gehorsame Dienste und legen sich gleichsam danieder zum Schemel meiner Füße. Sage an, meine Freundin, sage an, du werther Friede, ob sich nicht dieses alles in der That und Wahrheit also verhalte, und ob ich nicht mit meiner Glückseligkeit alle Monarchien der ganzen Welt weit, weit übertreffe?
Friede. Freilich ja, allergnädigste Königin, ist Eure Majestät die glückseligste Fürstin unter der Sonnen, denn wo findet man einiges Land oder Königreich, wenn man gleich alle vier Theile der Welt durchsuchete, ja vom Osten ins Westen, vom Süden ins Norden liefe, das mit Deutschland zu vergleichen? O wolte, wolte Gott, gnädigste Königin und Frau, daß E. Majestät nur dankbarlich genug müchte erkennen die hohe und unaussprechliche Gnade, womit der allergütigste Himmel dieselbe so mildiglich hat beseliget! Wahr ist es, gnädigste Königin, daß durch meine Gegenwart E. Majestät Thron sicherlich befestiget und alle erwünschete Gedeihlichkeit häufig häufig, zuhauf, in Fülle. wird herbei gebracht; denn wo Friede ist, da gehet alles wol zu, da blühet Glück und Segen, da muß aller Neid und Streit zurücke weichen. Aber von ganzem Herzen möchte ich wünschen, daß Eure Majestät meiner wenigen Dienste sich auf eine viel andere und dem allerhöhesten Gott wolgefälligere Art und Weise hinfüro gebrauchete.
Teutschland. Wie denn, Friede? Sol ich mich deiner Aufwartung noch anders, als ich bißhero gethan habe, gebrauchen? Ja, Friede, das wäre wol etwas Neues.
Friede. Ja, allergnädigste Königin, billich möchte E. Majestät mich, als den allerköstlichsten Schatz auf Erden, wol etwas besser anwenden, damit mein Vatter und Herr im Himmel, der mich E. Majestät so gnädigst hat geschenket, durch den sündlichen Misbrauch nicht gar zu heftig dermaleinst würde erzürnet. Daß aber dieses von E. Majestät nicht besser wird beobachtet, solches verhindert leider dieses schnöde Weib, die Wollust, welche E. Majestät fast stets auf dem Fuße nachfolget und sich dieselbe in kurzer Zeit dermaßen eigen und verpflichtet gemachet hat, daß E. Königl. Majestät ohne dieses verfluchte Weib, die schändliche Wollust, nunmehr fast auch keinen einigen Tag kan leben.
Wollust. Was sagst du, Friede? Hörestu noch nicht auf, meine Person bei Ih. Majestät zu verunglimpfen und mich, deroselben getreueste und allergehorsamste Dienerin, zu verleumden? Must du mich denn ohne Unterlaß zur Bank hauen zur Bank hauen (schlachten wie ein Metzger), verleumden.? Hat denn dein Schmähen und übeles Nachreden gar kein Ende? Was hätte doch Ih. Königl. Majestät, unsere allerseits gnädigste und höchstgebietende Frau, in dieser Welt vor Freude, wenn sie meiner angenehmen Gesellschaft müste entbehren? Ja, Friede, solte eine solche herliche Königin, als Teutschland ist, ohne Wollust leben? Du redest, wie die närrischen Weiber pflegen zu reden. Zudeme, wie könte es möglich sein, daß, wo du regierest, ich nicht auch nothwendig zur Stelle sein müste, denn wo Friede ist, da wohnet auch Wollust, wo Friede ist, da kömt auch Freude, und kanst du fast ja so schwerlich als die Königin selbst ohne meine Gegenwart leben.
Friede. Pfui, schäme dich, du schändliche Bestia! Soltest du solche gottlose Reden von mir, dem allerhöhesten zeitlichem Gute, in deinem Munde führen? Solte der Friede ohne die Wollust nicht leben können? Weißest du denn nicht, daß ich, der Friede, meine Stelle auch droben bei Gott, meinem allerliebsten Vatter im Himmel habe, da lauter Heiligkeit und Unschuld regieret, und wohin du, verfluchte Wollust, nimmermehr einen Fuß wirst setzen? Daß du aber bei dieser Zeit Ih. Königl. Majestät so lieb und angenehm bist, solches komt daher, daß allerhöchstgeehrte Ihre Königl. Majestät durch deine schmeichelhafte Reden leider gänzlich ist eingenommen und schon eine gute Zeit hero jämmerlich verführet worden. Sonsten weiß ich sehr wol, daß du dich viel mehr bei dem gottlosen Mars oder Kriege, meinem ewigen und abgesagten Todfeinde, als bei mir, dem Frieden, pflegest aufzuhalten; denn es ist ja auch den Kindern bekant, daß mitten im Kriege die Wollust auch oftmals bei Bürgeren und Bauren mit ganzer Macht regieret. Verstehest du das wol?
Teutschland (etwas entrüstet). Was sol dieser unnöthige Hader? Schämet ihr euch nicht, in Gegenwart eurer Königin mit solchen ungehobelten Worten um euch zu beißen? Ich glaube sicherlich, daß Jungfrau Friede mit der Zeit uns vorzuschreiben vermeinet, wie wir unser Leben und Regiment sollen anstellen. Siehe da, Friede, was bildest du dir wol ein? Sol ich dich, meine Dienerin, erst fragen, was vor Leute ich an meinen Königl. Hof nehmen und halten sol? Das wäre fürwahr eine feine Sache!
Hie wird auf einem Posthörnlein gleich als von weitem geblasen.
Aber, was höre ich doch für ein Blasen? Meinem Bedünken nach ist es ein Posthorn. Gehet bald hin, Herr Hofemeister, und vernehmet, ob etwan Fremde fürhanden sind.
Hofemeister. Allergnädigste Künigin, ich gehe hin, E. Königl. Majestät unterthänigsten Bericht hievon schleunigst einzubringen.
Teutschland. Das sol mich wunderen, was doch bei dieser Zeit etwan vor ein fremder Herr mag anhero kommen. Ich sehe es sonst nicht ungern, daß große Fürsten mich zum öfteren besuchen, denn eben hiedurch wird meine Reputation mächtiglich conserviret, und dahero komt es, daß man in allen Ländern und Königreichen von Teutschland, ihrer großen Liberalitaet und Tractamenten (wodurch ihre Herrlichkeit täglich wird vergrößert) weiß zu sagen. Zudeme so erfordert es auch Ratio status Ratio status , Staatsklugheit, Politik., daß man mit fremden Herren gute Correspondenz unterhalte, dieweil man nicht kan wissen, wie und wo man sich deroselben nützlicher Dienste dermaleinst könne gebrauchen. Unterdessen, Frau Wollust, sehet wol zu, daß an allem demjenigen, so zu prächtiger Tractation vornehmer Herren gehörig, nichts ermangeln müge.
Hofemeister (komt wieder und spricht): Großmächtigste Königin, gnädigste Frau, es erzeiget sich sich erzeigen, sich sehen lassen. vor dem Schlosse eine gar wunderbare und possierliche Gesellschaft, derer gleichen ich die Zeit meines Lebens nicht gesehen.
Teutschland. Was sind es denn vor Kreaturen? Sie werden dennoch den Menschen ähnlich sehen?
Hofemeister. Ja, gnädigste Königin, es sind zwar Menschen, aber sehr seltzame Ebenteurer dabei. Sie haben einen Geleitsmann oder Führer, dem ist sein Haupt mit einer Sturmhauben, woran Flügel, bedecket, auch hat er geflügelte Füße und führet einen Scepter in der Hand mit zweien Schlangen umwunden Scepter, das κηρυκεἰον, als Attribut des Götterboten..
Teutschland. O ho, das wird etwan der Heiden poetischer Merkurius sein, welchen die Maler in einem solchen Habit pflegen abzubilden! Aber sagt mir, wovor geben sich denn die anderen aus?
Hofemeister. Gnädigste Frau, itztgedachter ihr Führer oder Geleitsmann saget ausdrücklich, daß sie alte teutsche Helden, ja berühmte Könige und Fürsten sind; ich aber dörfte sie viel ehender vor alte Henker ansehen, denn sie große breite Schwerter führen und wunderseltzam bekleidet einher gehen. In Summa, ich weiß mich in diese Leute gar nicht zu schicken.
Teutschland. Sie mügen sein wer sie wollen, uns wil gebühren, selbige dennoch ansehnlich ansehnlich, mit gebührendem Aufwand, prächtig. empfangen zu lassen, auch ihnen gnädigste Audienz zu verstatten. Derowegen, Herr Hofemeister, nehmet meinen Kammerjunkeren zu euch, gehet alsobald hin und empfanget diese neuen Gäste geziemender maßen und führet sie zu uns herauf, denn wir ihr Anbringen selber anhören wollen.
Hofemeister. Gnädigste Königin, E. Majestät gnädigstem Befehl sol unterthänigstes Fleißes von uns nachgelebet werden.
(Er gehet ab nebenst dem Kammerjunkeren; unterdessen raunet die Wollust der Königin etwas in ein Ohr.)
Teutschland, Hofemeister, Merkurius, König Ehrenvest, Heerzog Herman, Fürst Klaudius Civilis, Heerzog Wedekind.
Teutschland. Da werden wir heute abermal einen fröhlichen und recht kurzweiligen Tag haben, denn diese Leute, dieweil sie in einem so seltzamen Habit aufgezogen kommen, vielleicht Gaukler, oder Bierfechter Bierfechter, Bierfächter, Leute, die sich mit ihren Fechterkünsten in Bierschenken sehen lassen. oder auch wol Seiltänzer sein mügen, welche Gesellen mit ihrem Taschenspielen, Luftsprüngen und tausend anderen Grillen den Zusehern die Zeit sehr artig zu kürzen wissen. Solte es aber eine andere Art Leute sein, so muß die Frau Wollust sich bemühen, einen sonderlichen lustigen Possen mit ihnen anzurichten, auf daß wir ja diesen Tag ohne Freude und Ergetzlichkeit nicht zum Ende bringen. Aber siehe da, es kommen unsere Leute schon wieder mit ihrer fremden Gesellschaft!
Merkurius wird benebenst denen vier alten teutschen Helden von den beiden Edelleuten vor den königlichen Thron geführet, darauf fähet an zu reden.
Hofemeister. Allerdurchläuchtigste Königin, gnädigste Frau, es bedanken sich gegenwärtige fremde Herren zum höhesten und dienstfleißigsten, daß E. Majestät sie hat wollen anhero fordern lassen, unterthänigst bittend, ihnen gnädigste Audienz zu verstatten.
Teutschland. Wir sehen es ganz gerne, daß diese Herren sich bei unserem königlichen Hofe haben einstellen wollen, geruhen auch gnädigst, ihr Anbringen zu hören und nach Beschaffenheit deroselben Vortrages ihnen eine gewierige gewierig, günstig, gnädig. Resolution zu ertheilen.
Merkurius. Allerdurchläuchtigste, großmächtigste Königin, gnädigste Frau, E. Majestät unterthänigst anzudeuten kan ich nicht unterlassen, welcher Gestalt gegenwärtige alte teutsche Helden, als König Ehrenvest, Heerzog Herman, Fürst Civilis und Heerzog Wedekind, weiland E. Majestät königliche Vorfahren, des alten Teutschlandes höchstlöblichsten Andenkens gehorsamste Diener und Prinzen, auf sonderbare sonderbar, besonder, ausdrücklich. Erlaubnisse ihrer Oberen sich aus den Eliseischen Feldern, in welchen sie theils über die sechszehnhundert Jahre nach ihrem Ableben sich verhalten, wiederum heraus an diese Welt begeben, E. Majestät, als das neue prächtige Teutschland, deroselben Leben, Wesen, Wandel, Policei, Regiment, Sitten und Gebräuche, welche sowol zu Krieges- als Friedenszeiten in gebührende Obacht werden genommen, etlicher maßen zu erkundigen, damit sie wegen der großen Ehre und Herlichkeit, in welcher sie E. Majestät als ihre gnädigste Gebieterin sehen gesetzet, sich von ganzer Seele müchten erfreuen, bitten hiebenebenst unterthänigst, E. Majestät wolle es ihr nicht lassen zuwider sein, daß sie sich etliche wenige Tage an deroselben Königl. Hof aufhalten; sie erbieten sich hinwieder, E. Königl. Majestät unterthänigst gehorsamste Diener zu leben und zu sterben.
Teutschland. Merkuri (denn vor denselben sehe ich dich in Betrachtung deines Habits billich an), dein Vorbringen haben wir verstanden und können dir hierauf in gnädiger Antwort nicht verhalten, wie daß wir gar wol leiden können, daß zu Zeiten fürstliche, ja königliche Standespersonen uns unterthänigst aufzuwarten an unseren königlichen Hof sich verfügen; daß du aber nach deiner leichten Schwätzerart uns zu überreden vermeinest, als wenn gegenwärtige vier Kerle, deine Gesellen, alte teutsche Könige und Fürsten wären, solches halte ich vor eine solche vermessene Temeritet, welches billich hoch zu bestrafen.
Merkurius. Allergnädigste Königin, der Himmel wolle mich ja nimmermehr eine solche Thorheit lassen begehen, daß E. Majestät ich vorsetzlicher Weise einige Unwahrheit vorzubringen mir freventlich solte gelüsten lassen. Es können gegenwärtige teutsche Helden ihres hohen Standes halber befraget, und dafern sie diejenige Personen nicht sind, vor welche ich sie angegeben, wil ich mich Euer Majestät zu harter und wolverdienter Strafe gern unterwerfen.
Teutschland. Wolan, könnet ihr denn euch von selber Zeugnisse geben, ihr alte Gesellen? Ei, so lasset doch hören, was seid ihr endlich wol vor Kavallier?
König Ehrenvest. Wir wissen zwar nicht, o mächtiges Teutschland, was Kavallier vor Leute sind, denn diese fremde Wort bei den alten Teutschen niemalen bekant gewesen; unseren Namen aber begehren wir gar nicht zu verleugnen. Ich bin der alten Teutschen wolbekanter König Ariovistus oder Ehrenvest. Dieser ist der Heerzog Arminius oder Herman, welcher in unterschiedlichen Treffen mich, dem der Julius Caesar einsmals im Kriege obgelegen, redlich an den Römern hat gerochen. Seht, dieser ist der männliche Fürst Klaudius Civilis, der die große römische Macht vom Rheinstrom in weniger Zeit hat hinweg gejaget. Und dieser letster ist der Heerzog Wedekind, welches Leben und Thaten so wenig als der anderen dir nicht unbekant sein können.
Teutschland. Was saget ihr? Seid ihr alte teutsche Könige? Seid ihr alte teutsche Fürsten? Ja wol! Wer könte oder solte doch immer glauben, daß ihr so große Heldenthaten hättet begangen? Das werdet ihr wahrlich mich nimmer überreden. Ich habe zwar von den Ariovisten, Arminium, Civilen, Wedekinden, und wie die Narren alle heißen, oftmals viel seltzames Zeuges gehöret und gelesen, aber was haben sie damit ausgerichtet? Gesetzt, daß solche Kerle ehemals in der Welt gelebet; ja gestanden gestanden, zugestanden., daß eben ihr dieselben Kumpanen seid: was ist es denn endlich mehr? Was habet ihr denn wol Großes oder Herliches in euren Lebenszeiten begangen? Wollet ihr große Fürsten sein und wisset von denen höfischen Complimenten eben so wenig als der gröbeste Bauer? Nein fürwahr, meine itzige teutsche Fürsten wissen ein wenig andere und bessere Beso los manos Beso los manos , spanisch: Handkuß, Compliment. zu machen.
Civilis. Ei, Teutschland, schmähe uns doch nicht; wir verstehen uns zwar auf keine Komplementen und basus manus, ja wir wissen nicht einmal, was dieses gesaget sei was dieses gesaget sei, was damit gemeint sei.. Die alten Teutschen pflagen sich wol einfältig, aber dennoch gehorsam und redlich bei ihren Königen und Fürsten einzustellen, zudeme so bringet es unsere Art und Natur nicht mit, daß wir von hohen Dingen viele zierliche Worte machen, sondern große Sachen tapfer und unerschrocken angreifen und zum Ende bringen.
Teutschland. (sehr höhnisch). Das kan nicht wol fehlen. Ihr müsset traun gar große Thaten im Kriege haben ausgerichtet, man siehet es auch an euren schönen Waffen wol! Aber kommet ihr mit euren breiten Henkersplötzen Plötze, Pläute, Bletz, breiter Degen. in meinen itzigen Kriegen einmal aufgezogen, man wird euch dergestalt willkommen heißen, daß ihr euch gegen dem Feinde bald mit dem Rücken werdet verteidigen; und lieber lieber, interj. bitte, quaeso., wenn ihr etwan in einem Duell fechten, oder euren Cammeraden eine Secunde soltet geben, was würdet ihr mit diesen ungeheuren Schlachtschwertern ausrichten? Da müchte ich wol sehen, wie ihr doch eine einzige Lection recht anbringen woltet? Nein fürwahr, ein Occasion-Degen Occasion-Degen, ein Degen zu gelegentlichem Gefechte, ein Duell-Rencontre. lässet sich bei dieser Zeit ein wenig besser gebrauchen.
Heerzog Herman. Spotte unser doch so gar sehr nicht, du prächtiges und hochtrabendes Teutschland. Wir haben zwar die Gewohnheit nicht, daß wir unsere eigenen Thaten selber rühmen, man frage aber unsere Feinde und ihren eigenen Geschichtschreiber, den Tacitus, die werden überflüssig bezeugen, mit was teutscher Herzhaftigkeit wir diese unsere Gewehre gebrauchet, und wie manches mal wir den Sieg mit eben diesen breiten Schwertern haben erhalten, getrauen uns auch noch biß auf diese Stunde, bester maßen uns damit zu schützen und unsere Feinde zu verjagen, ob wir schon nicht wissen, was der Dabell, Kamperaden und Zakkunden vor Leute, noch die Akkazion-Degen vor Waffen sein mügen.
Teutschland. Mein Gott, was seid ihr doch albere, einfältige Schöpse! Verstehet ihr denn nicht drei Wort Französisch? Wie gedenket ihr arme Teufel doch heut zu Tage durch die Welt zu kommen?
Heerzog Wedekind. O Teutschland, unsere teutsche ist eine so tapfere, schöne und majestätische Heldensprache, daß sie es allen anderen Sprachen weit zuvor thut, und ist es wahrlich hoch zu beklagen, daß eine solche große Königin sich nicht schämet, ihre so vollkommene eigene Sprache zu einer Sclavin aller anderen, sonderlich aber der französischen zu machen. Gott gebe nur, daß dieses nicht ein Vorbild sei der künftigen Dienstbarkeit, in welche dein mächtiges Königreich durch die gar zu große Verehrung fremder und ausländischer Völker dörfte gerathen!
Teutschland. Siehe da, ein neuer Prophet! O großer Fantast! O grand fol! Du machest dir ja wahrlich allzu vergebliche Sorge! Weißest du nicht, daß meine Macht so groß ist, daß kein Volk unter der Sonnen auch nur in seine Gedanken darf nehmen, sich mir zu widersetzen? ja die ganze vereinigte Welt würde sich fürchten, Teutschland anzugreifen. Was du aber von der Perfektion der teutschen Sprache daher parlierst, darüber muß ich wahrlich von Herzen lachen. Ich wolte, par ma foi, lieber alles Teutsche vergessen, als nicht auch etwas Französisches, Italiänisches und Spanisches dabei schwätzen können; es stehet ja nichts nobler noch amiabler, als wenn man zu Zeiten in seinen Discoursen allerhand fremde Wörter mit untermischet; solches machet der Rede ein feines Ansehen, und kan man sich oft dadurch in großer Leute gratia insinuiren.
König Ehrenvest. So viel ich verstehe, Teutschland, so bist du von deiner alten Einfalt, Treue, Redlichkeit, Wahrheit und Tapferkeit sehr weit abgewichen. Deine edle teutsche Sprache, gegen welcher die anderen nur Flicksprachen sind, stinket dich gleichsam an; du redest alles vermischet und auf ein Kauderwelsch daher; und welches zu verwunderen, so trotzest du auf deine große Macht und Gewalt mit einer solchen Vermessenheit, als wenn dein Regiment ewig müste dauren. Weißt du aber nicht, daß auch vor dir schon viele mächtige Kaiserthum und Königreiche sind zu Grunde gegangen? Hüte dich vor Vielen, dafern du ja vermeinest, du könnest von Einem nicht bezwungen werden. Glaube nur, o sicheres Teutschland, daß, wenn gleich deine Feinde dich nicht so bald mit öffentlicher Gewalt können bezwingen, daß sie dich zuletst durch heimliche List und Praktiken leicht überwinden werden.
Teutschland. Was hast du alter Narr mir viel von Ueberwinden vorzuschwatzen? Schämest du dich nicht, die zarten Ohren einer so mächtigen Königin des unüberwindlichsten Teutschlandes mit so ganz ungereimten Plaudereien zu beschweren? Ei sehet doch die schöne Könige und Fürsten, welche wie die Fastnachtsbutzen, oder wie die Hechlenträger und Schornsteinfeger herein treten! Man könte sie fürwahr artig in einer Comoedien oder Mascaraden gebrauchen; aber ich halte gänzlich davor, daß sie weder ein Ballet, noch eine Courante, noch eine Gagliarda zu tanzen wissen, so gar nichtes ist doch à la mode an diesen Sauertöpfen, welche mit ihren freundlichen Angesichtern den allersüßesten Wein in Essig solten verwandlen, zu finden. Nein, ümme ümme, niedersächs., um. Gotteswillen, bringet mir solche plumpe und indiscrete Kerls nicht mehr nach Hofe. Meine teutschen Prinzen, Edelleute und favoriten wissen sich ein wenig besser zu comportiren, ja so nettement nach der französischen manier in Kleidern, Geberden, Worten und allem ihrem Thun und Lassen zu halten, daß man sich zum allerhöhesten darüber kan delectiren; diese vier Fantasten aber wollen alles auf die alte teutsche manier haben, plaudern zu dem Ende alles heraus, was ihnen nur ins Maul komt. Hinweg mit ihnen!
Merkurius. Endlich wil mir gebühren, meiner bißhero höflich gezähmten Zungen den Zaum zu lösen und dir, o du stolzes, sicheres und hochtrabendes Teutschland, deine unzähliche Gebrechen und grobe Mängel kürzlich vorzuhalten. Diese alte teutsche Könige und Fürsten, die allertapferste Helden, so jemals haben gelebet, kommen als Gäste und Fremdlinge, dich bei deinem itzigen hohen und glückseligen Zustande zu kennen. Sie kommen als aufrichtige teutsche Biederleute, vermeinend, von dir ihrem Verdienste nach wol und freundlich empfangen zu werden. Du aber, o stolze Königin, durch des Glückes Schmeichelei über die maßen sehr aufgeblasen und durch die schändliche Wollust von allen Tugenden entfremdet, höhnest, schmähest, verachtest und verlachest diese redliche Biederleute. Ihre alten löblichen Sitten, Gebräuche müssen dir eine bäurische Grobheit heißen, ihre einfältige Redlichkeit wird ihnen zur Thorheit gerechnet, ihre Kleidungen und Waffen sind dir ein Ekel, ja ihre und deine selbst eigene angeborne majestätische Heldensprache wird von dir verspeiet und gegen andere barbarische Sprachen gleichsam vor nichtes geachtet, und, daß ich es kurz mache, du geberdest dich nicht als etwan eine teutsche geborne Königin, sondern vielmehr als ein ehrgeiziges, vermessenes, ruchloses Weib. Es werden aber diese vier alte tapfere Helden, die so manchen Feind, ja sich selber so vielmals überwunden, auch diese Grobheit dir zu gute halten und von deinem unteutschen Hofe ganz gerne und willig abweichen.
Teutschland (sehr entrüstet). Was sagstu leichtfertiger Plauderer? Ist mein königlicher Hof ein unteutscher Hof? Wer hat dir und deiner gauklerischen Gesellschaft befohlen, an denselben zu kommen? Wer hat euch Boten geschicket? Ja, wer hat dich verwegenen Schwätzer gedinget, daß du mir meine Sprache, Sitten und Geberde dergestalt reformiren sollest? Und hast du Schwätzer anders nicht vorzubringen, so schiere dich hinweg ins Teufels Namen, ich habe deiner Saalbaderei schon mehr denn allzu lange zugehöret.
Merkurius. Fein mählich mählich, gemächlich, ruhig. liebes Teutschland, erzörne dich nur nicht so sehr. Ich bin dazu gesendet, daß ich als ein Priester des Allerhöhesten dir die Wahrheit sol sagen und dich vor dem bevorstehendem Unglücke getreulich warnen. Darum höre mir zu. Bist du nicht eine rechte epikurische Verächterin Gottes und seines heiligen Wortes? Deine Zunge hast du gewöhnet zum Fluchen und deine Lippen zu Schmähen, du gehorchest keinen wolgemeintem Rath mehr. Ja, Teutschland, du bist aufrührisch, streitest wider dein eignes Haupt mit unmäßigem Fressen und Saufen Tag und Nacht und verdirbest dadurch jämmerlich deine eigenen Glieder. Deine Hände wäschest du im Blute und hast nichtes anders als Krieg im Sinne. Der Unschuldige muß leiden, und die Frommen müssen gequälet werden. Du führest ein üppiges und unzüchtiges Schandwesen. Deine hurische Geilheit ist nicht zu ersättigen, du raubest und stielest heimlich und öffentlich, dein Geiz ist unermeßlich, du unterdrückest die Armen und schaffest Recht den Gottlosen. O Teutschland, Teutschland, alle Treu und Redlichkeit hast du hinweg getrieben und befleißigest dich des Liegens, Verleumdens und Betriegens. Ja, Teutschland, deiner Sünd und Untugend ist so viel, daß sie auch den Sand am Meere weit übertreffen, darum auch dein Fall und Untergang zweifelsohn sehr nahe sein muß. Die Gerechtigkeit Gottes kan nicht länger zusehen; es ist hohe Zeit, daß du von Herzen Buße thust und abweichest von deinen gottlosen Wegen. Lasse ab, Teutschland, den allerheiligsten Gott mit deinem unchristlichen Leben ferner und noch heftiger zu erzürnen. Fürwahr, Teutschland, ich sage dir: die Axt ist schon dem Baume an die Wurzel geleget, wirstu nicht bei Zeiten --
Teutschland (wird heftig ergrimmet, stehet auf, fällt dem Merkurio mit sehr zornigen Geberden ins Wort und spricht):
Hat denn der lebendiger Teufel diesen unverschämten Pfaffen aus der Höllen hierher geschicket, daß er mich in meiner großen, Glückseligkeit sol unruhig machen? War es nicht genug, daß du leichtfertiger Vogel das Amt eines Procoureurs vor diese deine Bettelfürsten hast verwaltet? Mustest du zu diesem allen auch mich, die allergrößeste Königin der Welt, öffentlich schmähen und injuriiren? Packe dich hinweg in aller Teufel Namen, oder ich werde meine Generals und vornehmste Colonellen lassen fodern, daß sie dir und deiner Gesellschaft die Hälse brechen und euch in Stücke zerhauen! Trollet euch von hinnen, ihr nichtswürdige Buben! Was? Verziehet ihr noch? -- Geschwinde, ihr meine Diener, lasset Lärmen blasen und ein paar Regimenter Musquetierer anhero kommen, daß sie diese Schelmen und Verräther alsobald vor meinen Augen massacriren.
König Ehrenvest. Behüte Gott, Teutschland, wie bist du so gar umgekehret? Wie fluchest und lästerst du doch so gar erschrecklich? Ist doch nicht ein einziges Blutströpflein teutscher Ehre, Treu und Redlichkeit bei dir überblieben. Nun wolan, wir wollen deinem grimmigen Zorne gerne weichen. Merkuri, führe uns nur bald wieder von hinnen, denn es ist uns unmüglich, die grausame Scheltworte dieses erbitterten Weibes länger anzuhören. Zudeme fürchte ich, der Himmel müchte wegen solcher erschrecklichen Lästerungen auf das verkehrte Teutschland fallen und uns alle nebenst ihr auf Stücke zerschmettern, darum lasset uns nur bald von hinnen eilen.
Merkurius. Ganz gern, König Ehrenvest. Folget mir nur nach, ihr werthe Helden, denn ich spüre austrücklich, daß der gerechte Gott sich berathen hat, das verstockte Teutschland um ihrer übermachten übermacht, übertrieben. Bosheit willen zu verderben, sonderlich da sie nunmehr so gar keinen getreuen Rath oder Ermahnung wil hören noch annehmen. O Teutschland, Teutschland, wie greulich wirst du gestrafet werden!
Die Helden alle vier. Bewahre dich Gott, du ruchloses Teutschland, wir sehen dich hinführo nimmermehr.
(Sie gehen mit dem Merkurio alle ab.)
Teutschland, Friede, Wollust, Diener.
Teutschland (gehet etwas in Gedanken den Schauplatz auf und nieder mit zornigen Geberden, spricht endlich ganz entrüstet):
Gehet immer hin in aller Teufel Namen, ihr leichtfertige Vögel, ihr grobe Cujonen, ihr ungesalzene Bettelfürsten! Sol ich mich denn nun von solchen Landläufern und ungeschliffenen Bauren lassen verachten? Es war fürwahr hohe Zeit, daß sie sich hinweg trolleten; ich wolte sie sonst vor meinen Augen haben niedermachen lassen.
Friede. Gnädigste Königin und Frau, Eure Majestät erzürne sich doch nicht dergestalt über diese guten Leute; sie haben ja meines Bedünkens so gar ungebührlich nicht geredet oder etwas gehandelt gehandelt, gethan., das einer so scharfen Bestrafung würdig. Ich zwar halte es dafür, es wäre Eurer Majestät viel rühmlicher angestanden, hätte auch mehr Lobes davon zu gewarten, wenn sie dieselbe in gutem Friede und wol vergnüget hätte von ihrem Hofe hinweg ziehen lassen.
Teutschland. Ha, Verrätherin! Was sagst du? Solte ich diesen ungebetenen Gästen noch gute Worte geben? Solte ich mit diesen groben Bauren noch fein höflich ümmegehen? Solte ich mit solchen Leuten, die weder Weiß noch Schwarz verstehn, mich so gemein machen? Vielleicht hätte ich diese Bärenhäuter, die kaum ein rechtes Kleid am Leibe haben, deiner schönen Meinung nach an meine königliche Tafel setzen und sie bester maßen tractiren sollen? Du hast es wahrlich sehr wol getroffen. Hastu unvernünftige Bestie nicht gehöret, mit was heftigen Schmäheworten der Schandvogel Merkurius mich hat angegriffen?
Friede. Merkurius, gnädigste Frau, hat es mit E. Majestät nicht übel gemeinet. Er ist ein Priester und Abgesanter Gottes, deswegen ihm billig hat gebühren wollen, E. Majestät zu ernstlicher Buße zu ermahnen. Diese sind ja die besten Freunde, welche uns vor dem herannahenden Unglücke bei Zeiten warnen. Wolte Gott, E. Majestät hätte des Merkurien treuherzige Ermahnung nicht nur gedultig angehöret, sondern auch so zu Herzen genommen, daß sie dadurch eine ernstliche Entschließung gefasset, ihr bißhero sündlich geführtes Leben künftig zu besseren.
Teutschland (heftig ergrimmet). O große Falschheit! O unerhörte Verrätherei! Hast du leichtfertige Plaudermetze mit dem Schmähevogel Merkurio etwan eine Confoederation gemachet, mir nach Ehre und Gut, Land und Leuten, Leib und Leben zu trachten? Nun, diable m'enporte, das sol dir übel bekommen!
Wollust. Allerdurchläuchtigste Königin, gnädigste Frau, habe ich nicht allezeit gesaget und E. Majestät auf das treulichste gewarnet, sie solle sich bei Zeiten vorsehen, alldieweil ich schon längst gemerket, daß diese Schandbestie, die sich den Frieden nennet, mit lauter Verrätherei ümmegehe? Wie lange wil sich E. Majestät von dieser ehrbaren Frauen noch tribuliren lassen?
Teutschland. Was? Tribuliren? Solte ein solches Weib, das meiner Gutthaten so viele Jahre ganz reichlich genossen, zuletst gar über mich herschen? Das sol und muß in Ewigkeit nicht geschehen. Heraus, du Verfluchte, heraus, du Abtrünnige!
(Schläget tapfer auf den Frieden.)
Mache dich schleunigst hinweg von meinem Angesichte, oder ich lasse dich, hole mich dieser und jenner, zu Pulver und Aschen brennen!
Friede. Ach Teutschland, Teutschland, warum schlägst du mich? Verjagest du also gewaltthätiger Weise den edlen Friede von dir, und lässest dich von der verfluchten Wollust zu dieser greulichen Tyrannei anreizen?
Teutschland. Was Tyrannei, du Erzhure, du verfluchte Putain, daß dir der Hagel und Donner den Hals zerbreche! Heraus, heraus in aller Henker Namen!
Friede. O du verblendetes sicheres Teutschland, welche erschrecklichen Flüche lässest du aus deinem gottlosen Munde gehen! Ist das der Dank vor alle die Gutthaten, welche dir der güldener Friede hat erwiesen? O mit was bittern Thränen wirst du dermaleinst deine Unsinnigkeit beklagen!
Deutschland. Was befzest befzen, bellen. du noch viel wider mich, du unverschämte Bestie? Wilt du meinen Grimm noch ferner erregen? Wilt du warten, biß ich dich mit vier Pferden auf Stücken lasse zerreißen? Hinweg, sage ich nochmalen, vor alle Teufel!
(Sie schläget tapfer wieder darauf.)
Heraus, und verbirg dich vor meinem Angesichte, dafern du dein nichtswürdiges Leben zu erhalten gedenkest.
Friede (fliehet davon, zum Beschluß rufend): Ach, daß es Gott im Himmel erbarme, daß der werthe Friede von dem unbesonnenen Teutschlande so grausamlich wird verbannet! O Teutschland, Teutschland, wie wird dich diese Unsinnigkeit gereuen!
(Gehet ab.)
Teutschland (tritt ganz prächtig, jedoch sehr ergrimmet den Schauplatz auf und nieder, mit einer starken und gleichsam brüllenden Stimme rufend): So sol es hinfüro allen denjenigen ergehen, welche mir in meinem Regimente das Allergeringste vorzuschreiben sich im weinigsten dörfen erkühnen. Ich werde hinfort meine königliche Autoritet besser in acht zu nehmen wissen.
Wollust. So recht, gnädigste Königin, das ist auch meine gänzliche Meinung. E. Majestät lasse die leichtfertige Metze, den faulen und unnützen Frieden, nur immer hinfahren, denn Teutschland, die mächtigste Beherscherin der Welt, kan gar wol ohne Friede leben, ja reich, mächtig und prächtig ohne dieselbe bleiben.
Hie wird geblasen mit Trompetten.
Aber was mag doch wol dieses Blasen bedeuten?
Diener (komt eilends auf den Schauplatz, sagend): Allergnädigste Königin, gleich itz kommen etliche Fremde und dem Ansehen nach vornehme Kavallier bei Hofe an, E. Königl. Majestät unterthänigst aufzuwarten.
Teutschland. Wol, Diener, lasse sie durch die Hofjunkeren alsobald in unserem Namen annehmen und in den großen Saal führen, ich werde bald hinein kommen, selbige Kavallier persönlich zu empfahen.
Diener Durchläuchtigste Königin, gnädigste Frau, E. Majestät gnädigstem Befehle sol allerunterthänigstes Fleißes nachgelebet werden.
Teutschland. Ich wil ja hoffen, daß diese Gäste etwas discreter als die vorige sich werden erzeigen, denn ich gänzlich davor halte, daß sie bekante, vielleicht auch wol ausländische Kavallier sein mügen, welche sich aber zweifelsohn ein weinig besser als die vorige Fastnachtsbutzen werden zu schicken wissen. Aber was säumen wir? Lasset uns hinein gehen, diese Kavallier gebührender maßen zu empfangen; und du, Frau Wollust, folge mir und verschaffe, daß wir diesen Tag in rechtschaffener Fröhlichkeit vertreiben mügen.
Wollust. Großmächtigste Königin, ich bin E. Majestät unterthänigste und getreueste Dienerin; sie lasse nur mich sorgen, wir wollen heute rechtschaffen turniren und das Haus zum Fenster auswerfen, denn es heißet doch: Friß, sauf, lebe stets im Saus, nach dem Tode wird doch nichtes draus. Hei lustig!
(Sie gehen alle ab.)
Ende der Ersten Handlung.
Merke: Hier muß ein Zwischenspiel ( interscenium) gemachet oder, welches meines Bedünkens sich viel besser würde schicken, eine gravitetische Musik mit unterschiedlichen Instrumenten (in welche etliche Lieder, von der großen Unbesonnenheit, Stolz und Frechheit des Teutschlandes handelende, zu singen) füglich angestellet werden; jedoch kan ein jedweder hierinnen nach seinem Belieben verfahren, nur daß alles ganz ernsthaft und beweglich abgehandelt werde.
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