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So wären aber unsere schönen Träume, einige Tage am Aschangi-See zu verweilen, der in der That mit seinen reizenden Ufern einladend genug war, zu Wasser geworden. Wir hatten davon gesprochen, da gar keine Schiffe oder Canoes oder hohle Baumstämme auf diesem jungfräulichen See sind, uns ein Floss zu machen, um so den See zu untersuchen, die Mittel, um ein Senkblei herzustellen, fehlten auch nicht, und die Fische, die hier zu fangen, die unzähligen Wasservögel, die zu schiessen waren, hatten auch ihr Verlockendes. Wir konnten uns jetzt nur damit trösten, dass die nachkommenden Truppen, von denen die Ingenieurs Pontons bei sich hatten, einen Aufenthalt benutzen würden, um die Tiefe dieses Beckens ohne Ausfluss zu sondiren und seine Grösse, die man indess fast mit den Augen abschätzen konnte, genau festzustellen.
Unsere Packthiere waren durch die Uebersteigung der wilden Gebirgsgegend von Haya bis Aenema, 10 Meilen, hart mitgenommen; dennoch hiess es am 17. März, das 8 ½ Meilen entfernte Dorf Missagita zu erreichen, einen Ort, der eine Meile südlich von Ofela, welches ein grosser Ort am Südrande des Aschangi-Sees ist. Es war indess gut für uns, dass dieser Weg keine grosse Schwierigkeiten bot, wir hatten nur eine Art von Vorgebirge vom hohen Ofela-Berge zu übersteigen, welcher hier am Westrande des Sees steil nach dem Wasser abfällt, während sonst der See überall hin ziemlich weit flache Ufer hat.
Der Aschangi-See, dessen Ausfluss jetzt nach allen Seiten zu gehemmt ist, liegt 12deg.29'26'' Breite, 89deg.8'28'' östliche Länge v. Gr.Nach Markham f.r.s.. Sein Umfang beträgt circa 10 Meilen, während das eigentliche von Gebirgen nach allen Seiten umschlossene Becken den doppelten Umfang hat, der hauptsächlich dem Nordrande des Wassers zu Gute kommt. Von Norden ist dieser Kessel von dem fast 12,000' hohen Seringa-Berge geschlossen, von Westen vom Ofela-Berge, der nach Süden zu mit dem Umberit-Berge in Verbindung steht. Nach Osten und Süden zu ist ein Schluss durch weniger hohe Bergzüge. Die Masse des umgebenden Gesteins besteht zumeist aus vulkanischen Gebilden.
Die Berge sind alle bewaldet, und der vorwiegende Baum ist Wachholder, der den Bergzug vom Fusse bis zum Gipfel bedeckt. Das den See umgebende Flachland besteht aus dem schönsten schwarzen Humus, in dem wir um die Zeit von Mitte März reife Gerste fanden, die geschnitten wurde und durch Irrigation aus den zahlreichen nach dem See sich wendenden Quellen zur frühen Reife war gebracht worden, sowie junges, eben aus der Erde sprossendes Korn. Das Klima, der Boden und die Nähe des Sees gestatten also Ernten zu allen Jahreszeiten. Ausser Taback und einer Erbsenart scheint sonst Nichts am Aschangi cultivirt zu werden.
Die Bevölkerung, die dicht gedrängt an den Bergen hinauf in kleinen Dörfern lebt, ist durchweg mohammedanischen Bekenntnisses, obgleich sie ihre Religion nicht eben streng zu beobachten scheint. Indess hörte ich, als wir in Ainemai lagerten, dass die Muden ins Gebet riefen. Sie sind offenbar vom selben Stamme, wie die übrigen Abessinier, sprechen indess unter sich einen Dialekt, Agau genannt, mit Fremden reden sie tigrisch und fast alle verstehen auch amharisch. Obgleich Mohammedaner leben sie indess in beständiger Feindschaft mit den Galla, die östlich und südlich von ihnen wohnen, und es gilt für ein grosses Verdienst, einen Galla umgebracht zu haben. Die Männer, welche sich einer solchen That rühmen können, haben als Auszeichnung einen silbernen Armring ums Handgelenk, der nicht rund ist, sondern eine keilförmige Gestalt hat. In der Regenzeit tragen die Männer hohe schwarze, aus Ziegenhaaren gewebte Mützen, während sie in den trockenen Monaten barhaupt gehen, den Kopf entweder rasiren oder auch vollkommen die schwarzen krausen Haare in kleinen Flechten über den Kopf legen. Alle tragen Hosen, und das grosse weisse Umschlagtuch ist wie bei den übrigen Abessiniern. Die Frauen sind ebenso schmutzig, wie ihre christlichen Schwestern und beschmieren ihre in unzählige Flächten gewundenen Haare mit einer ebenso grossen Masse von Butter, wie diese. Sehr viele haben enorme Ringe von Metall um die Vorderarme, die manchmal mehrere Pfund schwer sind. Der See selbst befindet sich 7264 Fuss über dem Meere, ob er früher einen Ausfluss gehabt hat oder noch nach S. oder O. zu sich ein solcher vorfindet, habe ich bei meinem kurzen Aufenthalte am Aschangi nicht ausfindig machen können, jedenfalls war aber wohl der Ausfluss entweder nach O. oder SO. Das Wasser des Sees hatte 12 Uhr M. am Ufer 24.8deg., die Luft im Schatten 18.6deg.. Wie die Religion auch hier besonders der Wasserscheide gefolgt ist, ist Alles an dem Ostabhage der grossen westlichen Gebirgskette vom Aschangi mohammedanisch. Das ganze Becken diese Sees zählte früher zum östlichen Wassersystem.
Wir hatten in Missagita keinen Aufenthalt, sondern brachen am folgenden Tage nach dem 8 ½ Meilen von uns in SW.-Richtung liegenden Orte Lat auf. Der Weg war wieder äusserst anstrengend für die Packthiere und trotz der geringen Entfernung waren wir von Morgens 7 Uhr bis Nachmittags 4 Uhr unterwegs, da mehrere Stellen erst für Maulthiere passirbar gemacht werden mussten.
Trozdem stürzten einige und ich selbst verlor eins, jetzt schon das dritte in diesem Feldzuge. Der ganze Weg bestand in einem Auf- und Absteigen und als wir beim Adóko ankamen, hatten wir eine letzte, herrliche Aussicht auf den Aschangi-See, und konnten sehen, dass ein grosses Lager, das des Generals en chef, bei Ainemai, aufgeschlagen war. Nach Osten zu hatten wir den Blick aufs Agebo-Thal, von unserem Thale dicht vor uns durch eine niedrigere von Dörfern gekrönte Hügelreihe getrennt, von denen eins Namens Aiallo-Tschalloma sich besonders durch Grösse auszeichnete. Einen der Umberit-Pässe, so hiess der Berg, der uns den ganzen Tag beschäftigte, fand ich zu 8943', gleich eine Stunde, später indess hatten wir einen anderen, einige 100 Fuss höher, zu überklettern; leider hatte ich da meinen Hypsometer nicht mehr zur Hand. Wir campirten in der lachenden hügeligen Hochebene von Lat, die wenn sie auch des Baumschmuckes entbehrte, welcher unser Auge, seit wir den Debar-Pass passirt hatten, entzückte, dafür uns durch die schönen Culturen entschädigte. Wir fanden bei den Chefs der verschiedenen Dörfer von Lat eine gute Aufnahme, der des Distriktes war indess abwesend bei Gobesieh, dem dies ganze Land vom Aschangi incl. an unterthänig ist, und sein ältester Sohn war direct nach Ainemai gegangen, um den General en chef zu begrüssen. Von hier an hört man nur noch die amharische Sprache, obgleich in Tracht, Sitten und Gestalt der Bewohner gar keine Veränderung wahrzunehmen ist. In Lat ist die ganze Bevölkerung wieder christlich.
Ich benutzte den folgenden Tag, der ein Rasttag war, den unsere Maulthiere nothwendig hatten, dazu, um einen Ausflug nach dem Dafat-Berge zu machen, der, auf unserem nächsten Wege nach Dilkit gelegen, in gerader SW.-Richtung circa 3 Meilen von unserem Lager entfernt war. Eine der höchsten Spitzen fand ich zu 9502', eine andere mochte 100' höher sein, der Pass etwa 800' tiefer. Man hatte eine weite Aussicht auf dies durcheinander geworfene Land, von dem ein Abessinier sagte, dass Gott vergessen habe, es am sechsten Tage aus dem Chaos zu ziehen, und dass es so liegen geblieben sei. Auf dem Wege nach dem Dafat-Berge passirten wir zwei kleine Wasser, den Arakua, der gleich darauf in den von SW. kommenden Takaze fällt. Jedoch muss ich hier bemerken, dass dies nicht der grosse Takaze ist, sondern der sogenannte kleine, der nach einem viertägigen Lauf nach Norden in den TerareTerare, Tselari oder Telali ist ein und derselbe Fluss. geht, welcher dann selbst in den Takaze fällt. Auf dem Wege passirte man auch eine dem Mercur, der als grosser Heiliger in dem Kalender der Abessinier figurirt, geweihte Kirche, im Thale Uorra wal mercurio. Wir erhielten Nachricht an dem Tage, dass Sir Robert vom Aschangi am 20. aufbrechen würde, und beschlossen also, auch an diesem Tage weiter vorzudringen.
Der Weg über den Dafat-Pass war besser, als die früheren, wenn auch immer beschwerlich genug; wir gingen in gerader Süd-Richtung bis nach dem 7 Meilen entfernten Asme-Galla, einem tiefen Thale, das uns von dem hohen Sagalsaf trennte. Bevor wir uns von Lat, welches ein Ort und Distrikt ist, trennten, kam der stellvertretende Chef und brachte uns einige Geschenke, Milch, eine Ziege, Honig und andere Sachen, wofür er 10 Thaler erhielt, mehr als den fünffachen Werth; es war nur auf diese Weise möglich, indem rechts und links Geld ausgestreut wurde, das gute Einvernehmen mit den Bewohnern aufrecht zu erhalten. Dass manchmal unnütz Geld an Leute gegeben wurde, die es gar nicht verdienten, konnte nicht vermieden werden. Wir sahen auf dem Dafat-Berge eine grosse Heerde Affen von der Grösse eines Pavians mit langen weissen Mähnen und hundsähnlichem Kopfe. Als Diener hatten sie einen ganzen Trupp kleiner Affen, Meerkatzen, bei sich, wenigstens sagten unsere abessinischen Führer, dass dies ihre Sclaven seien. Sie machten die komischsten Geberden, als sie uns erblickten, indess behaupteten die Eingeborenen, es sei nicht gut, allein oder ohne Waffen zwischen sie zu gerathen. Asme-Galla liegt in einem wild durcheinander geworfenen Thale, es ist gut bewaldet, obgleich nicht dicht und an der Seite des Wachholders zeigt sich wieder der Oelbaum. Asme-Galla, ein nach SW. zu gehendes Thal und Ortschaft auf den südlich daneben ziehenden Hügeln, liegt 6899' über dem Meere, wir waren also noch nie so tief in den abessinischen Hochlanden gewesen. Am selben Tage erhielten wir vom Oberst des 3. leichten Cavallerie-Regimentes ein Schreiben, dass er in Lat zu unserer Unterstützung angekommen sei, auch theilte er uns mit, dass Sir Robert den festen Entschluss habe, vor Magdala bis Ende Monat März zu stehen, die letzten vier Märsche sollten ohne alle Bagage und forcirt gemacht werden. Trotzdem nun auch Befehl für uns zum Halten in Lat eingetroffen war, beschloss Phayre, doch bis Dildi vorzugehen, da einestheils wir jetzt schon in Asme-Galla waren, andererseits hier aber wegen Mangel an Proviant kein Bleiben für uns war.
Indess konnten wir keineswegs unser Vorhaben, nach Dildi hinzugehen, am folgenden Tage in einem Marsche ausführen, sondern mussten uns unserer Packthiere wegen damit begnügen, am folgenden Tage bis zum 7 Meilen entfernten Misserkita zu marschiren. In gerader SüdrichtungEs wurde ein anderer directerer Weg am selben Tage gemessen, der nur 4 ½ Meile betrug. war dies vielleicht nur halb so viel, indess waren wir der Berge wegen gezwungen, bedeutende Umwege zu machen, und konnten trotzdem nicht vermeiden, manchmal über bedeutende Höhen zu steigen, so dicht vor Messerkita den Mobárbaria-Pass. Die Gegend war sehr coupirt und voll fliessender kleiner Bäche, die alle wie der Fessassi, an dem Asme-Galla liegt, und den wir noch ein Mal passirten, in den Tselari gehen. Auf halbem Wege passirten wir dann noch den Maimiddimba, von SO. kommend und dem gleichen Flusse zuströmend. Die Hauptbergmasse, die wir überstiegen, heisst Umbari und ist eine compacte Masse zwischen dem Dafat und Sogolsaf, indess niedriger als beide; so war unser Lager in Messerkita auch nur wenig höher als das frühere. Eine grosse Zahl von bunten und Singvögeln belebte diese von niedrigem Gebüsch und Oliven bewachsene Gegend, und wie am Aschangi-See bemerkte ich auch hier den kleinen grünen Papagei, der in hohlen Bäumen zu nisten schien, indess schien er keinen langen Schwanz zu haben, wie der an der Westküste Afrika's.
Der Djesmat Gobesieh sandte uns an diesem Tage einen Mann entgegen, um uns den besten Weg zu führen und um uns überall, wo wir campiren würden, mit einigen Lebensmitteln zu versehen.
Als wir am folgenden Tage nach einem Marsche von 8 Meilen in Dildi ankamen, fanden wir einen Diener des Herrn Munzinger vor mit Briefen von Talanta. Derselbe schrieb uns, dass Theodor nahe bei Magdala sei und dass die Arme sich sehr beeilen müsse, falls sie die Gefangenen vor seiner Ankunft befreien wolle. Wir sandten sogleich einen Extracourier mit dem Briefe an Sir Robert. Aus den mündlichen Aussagen des Boten ging indess hervor, dass Theodor so gut wie in Magdala sei, dass er aus freien Stücken vorgezogen habe, ausserhalb der Feste zu campiren. Jedenfalls hatte er schon den Baschilo überschritten. Wir erfuhren auch, dass dem Gefangenen Rassam die Ketten abgenommen worden wären und dass der König geäussert habe, die Anderen gleich nach seiner Ankunft in Magdala zu entfesseln.
Der Weg hatte den ganzen Tag denselben Charakter, wie am vorherigen Tage bewahrt, ein ungemein coupirtes Hügelland von zahlreichen tiefschluchtigen Wasserbächen, die alle in den Terari gehen. Die Gegend war übrigens gut bevölkert und namentlich, als wir uns Dildi näherten, war fast jeder Hügel von kleinen Hütten gekrönt. Die zahlreichen Steinhaufen deuteten die vielen Kirchen an, denn in ganz Abessinien ist es Gebrauch, dort am Wege einen Steinhaufen zu errichten, wo sich eine Kirche in der Nähe befindet, damit der Wanderer auf solche aufmerksam gemacht werde. In der That braucht man sich bei einem solchen Steinhaufen am Wege nur umzusehen und wird bald irgendwo ein hohes Gebüsch, in dem eine Kirche versteckt liegt, entdecken. Wir trafen in Dildi einen Ingenieur-Offizier mit seinen Leuten vor, den wir vom Seranga am Aschangi aus detachirt hatten, um einen anderen Weg hierher, der weiter westlich lief, zu untersuchen; aber obgleich derselbe vor uns angekommen war, so stellte sich doch heraus, dass unser Weg, abgesehen davon, dass er besser war, wenn von Gutsein bei abessinischen Wegen überhaupt die Rede sein kann, kürzer gewesen. Wir campirten dicht beim Terari-Flusse, der etwas weiter, circa 12 Stunden SO. von hier, seinen Ursprung hat, durch die Zuflüsse von zahlreichen Bächen hier jedoch schon ganz bedeutend ist.
Es fielen übrigens am 22. März Nachmittags die ersten Regentropfen, Vorboten der nahen Regenzeit, welche sich überhaupt dadurch ankündigte, dass, sobald die Sonne mit ihren senkrechten Strahlen zu wirken anfing, eine Menge schöner Haufenwolken am Himmel entstand. Vorherrschender Wind war auch hier um diese Jahreszeit SO., welcher in der ganzen Nordäquatorialhälfte Afrikas der Vermittler für den Regen zu sein scheint. Uebrigens waren wir hier in der grossen Einsenkung vom Gebirgszuge südlich vom Aschangi bis zum Plateau von Uadela, die meist unter 7000' war, bedeutend wärmer, als nördlich vom Aschangi, und der geringe Unterschied von circa 1500' machte Einem glauben, dass man sich in einem ganz anderen Klima befände.
Wir befanden uns jetzt überdies in dem interessanten und urchristlichen Lande Bugana, welches mit seinen Wunderkirchen um Lalibala die ersten Portugiesen so in Erstaunen setzte; leider erlaubte uns die Zeit nicht, nach dem Orte Lalibala, so genannt nach seinem Gründer, einem der berühmtesten der alten abessinischen Könige, einen Abstecher zu machen. Lalibala war es, der zuerst das Gesetz einführte, dass der jedesmalige Abuna des Landes vom koptischen Patriarchen in Alexandrien ernannt werden sollte.
Unser Lager, wie gesagt, circa 150' über dem Terari gelegen, am Nordabhange der Taragana-Amba, welche 8073' über dem Meere ist, hatte selbst eine Höhe von 7005'. Die Taragana-Amba selbst liegt als vereinzelter Berg mitten in einem Dreieckskessel, welcher seinen spitzen Winkel nach SO. zu hat und vom hohen Sogolsaf ausläuft, die Hauptzuflüsse des Terari werden von hier aus gebildet. Die Gegend ist für Abessinien an dieser Stelle äusserst bevölkert; wenn man Taragana-Amba ersteigt, ist man von lauter kleinen Weilern umgeben, welche meist auf den Spitzen der kleineren Berge und auf scharfen Abhängen erbaut sind. Dicht bei unserem Lagerplatze befindet sich eine dem Salvator oder, wie man in der Landessprache sagt, dem Medane Allen gewidmete Kirche, wie immer von Oliven und Kolkolbäumen umgeben; sie ist erst kürzlich vom Vetter des Prinzen von Lasta, welcher Dedjadj-Meschescha heisst, neu aufgebaut worden.
Wir blieben bis zum 25. März in Dildi, da es nothwendig geworden war, dass Phayre wegen des weiteren Vorrückens der Armee eine Zusammenkunft mit dem General en chef hatte. Theilweise um die Wege nach Süden zu zu recognosciren, theilweise, um den interessanten Abu-Heimeda- Berg zu besteigen, machte ich verschiedene Ausflüge. Leider erlaubte mir indess die Entfernung nicht, den Abu-Heimeda zu erklimmen, der, von sonderbarster Gestalt, Knotenpunkt und Quellenursprung des Terari und Takaze zu gleicher Zeit ist.
Indess erstieg ich die beiden Pässe, die vom Terari-Thal ins Takaze-Thal führen, und von denen ersteres in von Dildi S. z. O.-Richtung immer den Terari hinauffolgend uns auf die bedeutende Passhöhe von 10660' brachte. Von hier aus hatte man eine herrliche Aussicht das Mudja-Thal nach Westen hinunter, welches sich ins Takaze-Thal, letzteres nach SW. zu laufend, ergoss. Darüber hinaus erblickte man die Uadela-Hochebene, und im Osten derselben den District Nefai mit dem Kosso-Amba-Berge; wir gingen durch den Pass hindurch und längs einer Berggräte kamen wir durch den Uondatj-Bir-Pass, der circa 60' niedriger ist, wieder zum Lager zurück. Der erste Pass hat speciell den Namen Emano-Amba-Pass, und von Norden gelangt man zu ihm durch den Uofdjatj-District von Dildi aus; der zweite, durch den wir zurückkehrten, hat den Namen Uondatj-Pass und führt ebenfalls durch Uofdjatj hinauf. Beide Pässe münden in das Mudja-Thal, welches dann, wie gesagt, in den Takaze geht. Es war natürlich ein schweres Stück für die Armee, diesen Pass zu überwinden, da das Lager von Taragana fast 4000' tiefer auf nur 7 Meilen Entfernung war. Zu unserem Erstaunen fanden wir Sir Robert am 24. März, gerade als wir die Pässe erforscht hatten, schon in Taragana angekommen und mit ihm der ganze Schwarm von dem Stabe; die Ankunft der Truppen, der Transportthiere, Maulthiere mit Kanonen, gab, bis Alles im engen Thale placirt war, zu grossen Wirren Anlass. Unglücklicherweise brach Abends 7 Uhr ein starkes Gewitter aus, welches die Lage der eben Angekommenen und noch immer Zuströmenden keineswegs beneidenswerth machte. Die Unordnung dauerte bis 10 Uhr Abends. Die eigentlichen Truppen waren übrigens noch nicht angekommen, der General en chef war bloss von einiger Cavallerie, einer Bergbatterie und einigen Pionieren begleitet, dennoch mochte das Ganze einen Tross von 5000 Köpfen, gering gerechnet, betragen.
Wir bekamen nun Ordre, am folgenden Tage aufzubrechen, und wählten dazu die Westroute über den Uondatj-Pass, nicht wegen der sehr wenig unbedeutenderen Höhe des Passes, als wegen der Kürze, welche bis zum Pass und zum Lagerplatze 7 ½ Meilen betrug. Trotz der beträchtlichen Höhe kamen wir gut hinauf, und konnten uns noch an der herrlichen Aussicht auf Israel-Amba in 20 Meilen in Nord und Abuna-Jussuf-Amba in gleicher Richtung auf circa 15 Meilen Distanz erfreuen. Wir hatten übrigens einen sehr kalten Lagerplatz, denn wir campirten höchstens ½ Meile entfernt und circa 100' tiefer als der Pass. Um 3 Uhr Nachmittags merkte das Thermometer bloss 9,5deg. Cels., während es sonst bei circa 6-7000' Höhe um gleiche Zeit bis 24deg. zu steigen pflegte. Im Takaze-Thal war um die Zeit ein heftiges Gewitter und auch im Norden schien es zu regnen; wir waren somit in der eigentlichen Regenzeit. Indess durften wir hoffen, von anhaltenderen Schauern noch für einen Monat verschont zu sein, es war dies eben die Neumondsperiode, die eigentliche Regenzeit durfte erst dann eintreten, wenn die Sonnenstrahlen senkrecht fielen. Auf dem Hinwege begegnete uns auch das Söhnlein des Chefs Meschescha, der kam, um Sir Robert zu besuchen. Unter diesen Umständen, der ganze Himmel war von Wolken umzogen, war es auch unmöglich, den Abu-Heimeda zu ersteigen und den im SO. von ihm liegenden Serrageddel, beide aber ragten noch so hoch über unsere Pässe hinauf, dass man ihre Höhe gut zu 13,000' annehmen kann.
Wir waren übrigens kaum gelagert, als das entsetzlichste Gewitter über uns ausbrach, so dass wir kaum Zeit hatten, unsere Zelte aufzuschlagen, und da der Regen die ganze Nacht hindurch anhielt, so war dies keineswegs angenehm bei der bedeutenden Höhe, auf der wir lagerten; indess hatten wir am anderen Morgen Sonne und brachen früh auf, um das im Takaze-Thal liegende Gavemeda, welches 13 Meilen in gerader S.-Richtung von uns entfernt war, zu erreichen. Wir kamen auch ohne viele Hindernisse an, da der Weg ziemlich gut und der Abfall sanft war, aber die unnöthige Zeit, die wir mit Frühstücken verbrachten, während dessen die Leute und beladenen Thiere hungrig warten mussten, machte, dass wir den Takaze erst um 2 Uhr Nachmittags erreichten, wo gewöhnlich in den Tropen die Gewitter beginnen. Statt nun gleich zu lagern, wurde erst ein passender Platz gesucht, was wieder Zeit und Entfernung in Anspruch nahm, so dass, als wir um 4 Uhr auf einem freilich recht guten Platz lagerten, Leute und Boden durchnass waren. Dergleichen wenig Rücksicht für die Leute würde man bei französischen oder deutschen Offizieren nicht finden, freilich hatten wir auch nur indische Soldaten bei uns, auf welche die Engländer eben nicht zu viel Theilnahme ausdehnten. Ich konnte leider keine Höhenbeobachtungen hier anstellen, da der Hypsometer, den Markham mir freundlichst geliehen hatte, zurückverlangt war, indem seine eigenen beiden gesprungen waren, mein eigener war ebenfalls gesprungen und meine beiden Aneroids ausser Dienst.
Was bei uns im Thale Regen gewesen, war oben auf den Bergen Schnee, am anderen Morgen sahen wir das ganze rechte Takaze-Ufer, d. h. die hohen Amben desselben weiss. Es wurden hier im Lager von Gavemeda nun noch manche überflüssige Dinge zurückgelassen und dann der Aufmarsch aufs linke steile Ufer, welches circa 3000' höher als unser Lagerplatz sein konnte, begonnen. Da manche Stellen ganz unpassirbar waren, andererseits der Chef der Recognoscirungspartei Oberst Phayre manche zeitraubende Arbeiten machen liess, indem er den Weg breiter machen oder Steine wegräumen liess, die unsere Maulthiere wenigstens ganz gut hätten passiren können, so kamen wir erst um 2 Uhr Nachmittags in Sentara, auf dem Plateau eine Meile südlich vom linken Takaze-Ufer entfernt, an. Der Takaze empfängt hier von Süden bloss diesen Zufluss, indem sein hohes Ufer selbst die Wasserscheide nach dem Djidda-Flusse zu ist. An einem solchen kleinen nach S., dann nach WSW. strömenden, vom rechten Takaze-Ufer entspringenden Flüsschen, das selbst in den Takaze wieder einbiegt, liegt Sentara, wo wir lagerten.
Wir waren kaum installirt, als ein Diener Munzinger's von Kosso-Amba kam, wo Meschescha mit seiner Armee gelagert war, der ihn zu uns abgesandt hatte. Derselbe sagte aus, dass Munzinger das Lager vor zwei Tagen verlassen habe, um die Wege nach Bit-Hor hin zu untersuchen und bis zu dem Tage (27. März) nicht zurückgekehrt sei und auch keine Nachricht von sich gegeben habe. Zugleich benachrichtigte er uns von einer rückgängigen Bewegung Theodor's, der in Magdala gewesen sei und dann nach dem Baschilo zurückgekommen wäre. Natürlich beunruhigten uns diese Neuigkeiten sehr; Munzinger konnte möglicherweise in die Hände Theodor's gefallen sein, und da durfte man von diesem blutdürstigen und rachelustigen Menschen Alles befürchten. Ja, die Engländer mussten in einem solchen Falle sich selbst gestehen, dass Theodor gewissermassen in seinem Rechte gewesen wäre, Munzinger zu tödten; war er es nicht gewesen, der die feindliche englische Armee ins Land geführt; war er es nicht, der mehr als jeder Andere den Engländern Auskunft über Abessinien und Theodor gegeben hatte. Wie würden die Engländer, wenn eine feindliche Armee ihr Land heimgesucht hätte, einen solchen Mann behandelt haben.
So nahe bei Theodor und gar nicht sicher vor einem jener raschen Ueberfälle, welche er so oft in der ersten Zeit seiner Regierung machte und die ihm damals ganz Abessinien unterwarfen, schickten wir noch selben Abend nach Gavemeda um Verstärkung, denn Sir Robert musste dort angekommen sein; es wurde aber zu spät, die Truppen konnten im Dunkeln das steile Ufer des Takaze nicht heraufkommen. Selbe Nacht hielten wir indess gute Wache, freilich bei der schneidenden Kälte für die Soldaten nicht beneidenswerth, da sie nicht einmal Feuer machen durften.
Andern Tags war Sir Robert mit dem Gros der Armee oben und wir hatten nun ein imposantes Lager, welches um so grösser aussah wegen der unzähligen Maulthiere. Die Ruhe kam uns gut zu Statten, obgleich das Leben mit dem Gros der Armee keineswegs so angenehm war. Allein die entsetzliche Confusion machte, dass, als ich eines Tags mit der Recognoscirungspartei fort war, meine Diener meine beiden eigenen Maulthiere laufen liessen und mich so wegen Fortschaffung meines Gepäckes in die grösste Verlegenheit setzten. Der Transportcommandant hatte sie dann durch seine Leute aufgreifen lassen und sofort einregistrirt, ohne sich zu erkundigen, ob es Privateigenthum sei, und ich hatte Schwierigkeit, sie später wiederzubekommen.
Die Vermuthungen über Munzinger's Verschwinden bestätigten sich indess glücklicherweise nicht. Am 29. kam der Prinz Meschescha von Lasta mit grossem Pomp ins Lager, um Sir Robert einen Besuch zu machen, und in seinem Gefolge befand sich Consul Munzinger. Meschescha, dessen Oheim mütterlicher Seite Gobesieh ist, welcher jetzt ganz Wag beherrscht, Begemmder unterworfen hat und augenblicklich im Krieg um Godjam mit Tisso-Gobesieh ist, ist der angestammte Herrscher von Lasta, mit Ausnahme des Districtes vom Aschangi-See, der unmittelbar unter dem Prinzen Gobesieh steht. Während dieser nämlich in den letzten Jahren von Lasta aus seine Eroberungszüge begann, unterstützten die Bewohner der Aschangi-Ufer ihn so kräftig, dass er sie zu einem eigenen Districte erhob und sie nun ihre Abgaben direct an den Beherrscher Wags entrichten.
Meschescha hatte eine Menge Cavallerie bei sich, von denen indess nur einige Wenige mit Dochtflinten bewaffnet waren, die Meisten hatten einen Spiess, Schild und ein langes etwas gekrümmtes Schwert, Viele ritten Maulthiere, die Mehrzahl jedoch kleine feurige Pferde. Man schickte ihm eine Ehrenwache von 25 Reitern und liess, als er das Zelt Sir Robert's betrat, eine Compagnie englischer Soldaten in Front aufmarschiren, mit der Musikbande an der Spitze. Die rothe Uniform schien den Leuten sehr zu imponiren, sie nannten sie die "blutgetränkte". Meschescha erhielt ein Pferd, eine Doppelflinte, einige Flaschen mit Pulver und kleine Teppiche zum Geschenk, während er selbst als Gegengabe seinen Leuten befahl, uns Mehl, Getreide und Rindvieh zu liefern. Die Unterredung mit Sir Robert dauerte nur kurze Zeit. Selbe Nacht fielen auch die ersten Schüsse, indem Eingeborene, wahrscheinlich Spione Theodor's, zu nahe an unsere Piquets kamen und beim Anrufen nicht antworteten; ob Jemand verwundet wurde, konnte nicht ermittelt werden.
Ganz eigenthümlich fielen uns die Steine südlich von Sentara auf. Schwarz und glänzend von Farbe, in mächtigen Schichten zwischen Thonschiefer eingeschaltet, versuchten wir, sie zu brennen, aber kein Versuch, brennbares Material daraus zu ziehen, gelang; was indess dies Gestein sein konnte, von dem ich Proben mitnahm, soviel stand fest, dass es keine Lava war, wie Herr Markham meinte.
Nachdem wir dann noch am folgenden Tage eine Recognoscirung bis an den Thalet-Fluss, welcher der Djidda tributär ist, gemacht, also in Einem Tage hin und zurück 40 Meilen zurückgelegt hatten, brachen wir am 31. früh nach dem 11 Meilen SW. entfernten Platze Gosa auf, nachdem vorher in Sentara noch Abends General Sir Charles Staveley mit der 2. Brigade und den Elephanten eingetroffen war. Die Gegend war wie immer hügelig gewellt und zwischen 9-10,000' hoch. Spärlich von Vegetation, erinnerte zu dieser Jahreszeit das verwelkte Gras sehr an die von Gletschern verwitterten Sennen der Hochalpen. Indess ist der Boden überall gut und culturfähig. und selbst Baumwuchs würde überall fortkommen, wenn die Eingeborenen Lust hätten, solchen anpflanzen zu wollen. Das Fortkommen des Kosso-Baumes, welchen man hier die Kirchen beschatten sieht, bezeugt hinlänglich, dass das Terrain keineswegs zu hoch ist für Baumwuchs. Sehr auffallend war die enorme Anzahl von Mäusen, welche in förmlichen Städten unter der Erde bei einander wohnten und nach allen Richtungen hin das Erdreich unterwühlt hatten. In einer so weit vorgerückten Jahreszeit, wo die Sonne in dieser Breite schon beinahe im Zenith stand, war natürlich von grosser Kälte keine Rede mehr, aber auch die mittägliche Hitze wurde merkwürdig gemildert durch die absolute Höhe über dem Meere. Die Winde bliesen mit der constanten Regelmässigkeit aus SO. und erreichten selten Vormittags die Stärke von 2deg., 5deg. als Maximum angenommen. Der Himmel war von 8 Uhr Morgens bis Sonnenuntergang mit den schönsten Haufenwolken bedeckt, Nachts jedoch mit vollkommenen Windstille fast immer rein.
Wie in ganz Nord- und Centralafrika, so bemerkte ich auch hier das Gesetz, dass die Geringfügigkeit der barometrischen Schwankungen im umgekehrten Verhältniss zu den grossen Bewegungen des Hygrometers steht. Während nämlich das Barometer mit grösster Regelmässigkeit zu den bekannten Zeiten ganz kleine Schwankungen zeigt, durchläuft die Nadel des Hygrometers einen Kreis von 50-60deg. und mit weit grösserer Unregelmässigkeit.
Der Marsch von hier bis Abdicum, obgleich 16 Meilen, wurde in einem Tage gemacht, obschon für eine von vielem Gepäck und Lastthieren begleitete Armee eine solche Länge in coupirten Ländern fast zu gross ist. Bis an den Thalet ist von Gosa aus 10 Meilen. Dieser Fluss ist ziemlich bedeutend und hat immer fliessendes Wasser, grosse Compagnien von Gänsen und Enten bedecken ihn, und unser Anführer brachte eine Stunde mit Jagd auf diese Wasservögel zu, währenddessen die ganze Abtheilung halten musste und die Packthiere alle gepackt in der Sonne standen. Würde in Deutschland oder in Frankreich der Chef einer militärischen Colonne es wagen dürfen, bloss seines Privatvergnügens wegen stundenlang einen ganzen Truppenkörper am Wege halten zu lassen? Das passirte aber fast alle Tage, ich erwähne nur, dass die uns begleitenden Truppen tagtäglich stundenlang am Wege halten mussten, die Maulthiere alle mit ihrer Ladung auf dem Rücken, indess wir unsere Mahlzeit hielten. Man dachte nicht daran, die Leute unter der Zeit auch frühstücken zu lassen; der Soldat ist in den Augen eines englischen Offiziers nicht eine belebte Maschine, sondern ein Sclav. Ich glaube nun zwar, dass man diese Rücksichtslosigkeit bloss gegen die indischen Soldaten an den Tag legt, wir, mit der Recognoscirungspartei, waren nie von englischen Soldaten begleitet. Die Armee unter Sir Robert kam erst später in Abdicum an.
Statt der Armee Ruhe zu gönnen, marschirte man am folgenden Morgen nach dem bloss 2 Meilen SW. entfernten Sindi. Warum das? das konnte Niemand sagen. Der Lagerplatz in Abdicum war ausgezeichnet, hinlänglich Wasser für die ganze Armee, Nichts fehlte., und um einen Marsch von bloss 2 Meilen zu machen, musste Alles aufgestört werden.
Wir recognoscirten von hier nach Bit-Hor, einem von Theodor zerstörten Orte an dem Djidda-Flusse. Von hier an kamen wir überhaupt in die Gegend, wo Alles die Spuren von Brand, Plünderung und Verwüstung an sich trug. Während wir bis jetzt durch Gegenden gezogen, die, wenn sie sich auch nicht, wie früher, durch reiche und wechselnde Naturschönheit auszeichneten, doch von zahlreichen Weilern, grossen Rinderheerden und Schafgezüchten mit schöner schwarzer Wolle bedeckt waren und überall Cultur zeigten, fanden wir jetzt nur noch niedergebrannte Orte, unbestellt liegen gebliebene Aecker, keine lebende Seele und keine Viehheerden; kaum dass hie und da ein hungriger Schakal durch die schwarzverbrannten Mimosenbüsche schlüpfte oder ein Rabe krächzend über die von Hyänen abgenagten Knochen der Thiere schwebte, welche der Hunger in Theodor's Armee getödtet hatte.
Am Djidda angekommen, sahen wir mit Staunen die senkrechten schwarzen Basaltwände, welche den oberen Rand bilden; aber eine merkwürdige Täuschung kam hier vor: alle Welt behauptete, den Djidda zu durchkreuzen sei nicht weiter, als 3 englische Meilen; als wir indess den tiefen Ravin zu durchschneiden hatten, ergab sich die Distanz viel grösser.
Wieder ins Lager gekommen, hatten wir noch einmal den Besuch von Meschescha, und bei seinem Weggange - er hatte wieder ein ebenso zahlreiches Gefolge bei sich, wie das erste Mal - ereignete es sich, dass einer seiner Leute todtgeschossen und ein Anderer tödtlich verwundet wurde. Als er nämlich von Sindi aus nach seinem Burgplatze Kosso-Amba zurückkehren wollte, musste er bei den Piquets der 2. Brigade vorbei, die dicht beim Gros der Armee gelagert war, aber keine Nachricht vom Besuche Meschescha's hatte. Als die Wachen nun die in vollem Galopp heransprengenden Leute auf sich zukommen sahen, glaubten sie Leute Theodor's vor sich zu haben und gaben Feuer. Dies Missverständniss änderte indess Nichts in den freundlichen Beziehungen der Engländer zum Prinzen von Lasta und um seinem Volke zu zeigen, dass er keineswegs der englischen Armee deshalb grolle, kam Meschescha einen dritten Besuch machen, während das englische Obercommando das Blutgeld von 280 M.-Th.Thaler pro Kopf zahlte. Ein Mord oder unfreiwilliger Todtschlag kann nämlich in Abessinien, wie in den meisten Negerländern Afrikas, mit Geld gesühnt werden, was je nach den verschiedenen Ländern oder Provinzen viel oder wenig ist. Im Nichtbezahlungsfalle verfällt der Schuldner der Rache der Verwandten. Der Thäter hat indess das Recht, sich das Geld zusammenzubetteln, und trägt, bis er die Schuld gesühnt hat, einen Strick um den Hals oder um den Arm, als Zeichen, dass er nicht sein eigner Herr ist. In diesem Falle hatten sicher die Eingeborenen den Preis erhöht, da die Engländer ja, wie sie sich ausdrückten, Alles bezahlten, was man forderte.
Obgleich für die Armee Befehl zum Halten gegeben war, so brachen wir doch nach dem 5 Meilen entfernten, SW. nahe an der Djidda gelegenen Bit-Hor auf. Diesmal hatten wir nicht bloss unsere Reiterei, sondern ein ganzes Regiment Infanterie mit uns, und Abends wurde uns noch eine Batterie und zwei Compagnien von einem englischen Regimente zur Verstärkung geschickt. Nachmittags kamen nämlich Briefe von Rassam aus Magdala, wir sollten auf unserer Hut sein, Theodor beabsichtige einen Ueberfall und wahrscheinlich einen nächtlichen. Von ihm, seiner Armee und Magdala trennten uns jetzt nur noch die 10 Meilen breite Talanta-Ebene und dann die zwar sehr tiefen, steilen und breiten Thäler des Djidda und Baschlo. Ersteren recognoscirten wir noch am selben Tage bis an sein Bett und da stellte es sich heraus, dass von unserem Lager von Bit-Hor bis ans Flussbett allein schon 5 Meilen waren.
Wir hatten also nur noch das Djidda-Thal zu durchkreuzen, und rückten deshalb am anderen Morgen so früh wie möglich fort; aber die Schwierigkeiten waren bedeutend grösser, als wir uns vorgestellt hatten. Der von Theodor für seine Kanonen angelegte Weg war so gegen alle Regeln der Kunst gemacht, so steil und abschüssig, hatte ausserdem so von Regen gelitten, dass wir 2 ½ Stunde nöthig hatten, um das 3000' tiefe Bett zu erreichen. Der Djidda Ravin, wie man es irrig genannt hat, ist ein breites und ungewöhnlich tiefes Thal von NO. kommend und in WSW.-Richtung, vereint mit dem Baschlo, dem Abai zufliessend. Das Bett selbst, nur 5600' über dem Meere, während das rechte Talanta-Ufer an der Uebergangsstelle circa 9000' hat, zeigt bedeutende Verschiedenheit in der Construction der Steine. In der That bestehen die oberen Ränder aus Basalt, dann findet man harten Kalkstein, Granitschichten, Sandstein, welche herrliche Agathe und Jaspis einschliessen. Während die oberen Ränder steil sind, sind die zwei unteren Drittel hügelig und abschüssig; die Hauptvegetation besteht aus Mimosen und dem Kolkolbaum, im Bette selbst trifft man riesige Feigenbäume. Wir hielten hier hinlänglich lange, um unsere Leute und Bagage nachkommen zu lassen, und begannen dann den Aufmarsch. Aber der Weg das linke Ufer hinauf war noch schwieriger und steiler; um 3 Uhr Nachmittags hatten wir die Hochebene von Tilanta erreicht, freilich nur mit 15 Reitern, die fähig gewesen waren, uns zu folgen. Bis gegen 6 Uhr war endlich unsere Bagage und die Bedeckungsmannschaft sammt der Batterie oben. Zugleich mit ihnen kam auch Sir Robert und brachte noch Mannschaft mit, er hatte nicht zurückbleiben wollen. Der Zuzug der Armee dauerte indess die ganze Nacht hindurch fort, denn von Sindi bis nach Tech-Reina auf Talanta, d. h. einem kleinen Wasserfaden, der in den Baschlo geht und an dem wir gelagert waren, sind fast 18 englische Meilen.
Wir waren übrigens gezwungen, mehrere Tage dort liegen zu bleiben, aus Mangel an Proviant, die nächste Umgegend war ganz und gar von Theodor verwüstet und ohne lebende Seele, und unsere Zuzüge waren von Walde Jasus, dem Meister von Amba-Aladje, und zwar von Uadjerat aufgehalten worden. Es war ein grosser Fehler des englischen Generals, dass dieser zweideutige Mann, der, auf seine Burgen von Aladje und Bit-Mara trotzend, weder Kassa von Tigre noch Gobesieh von Wag unterthan war, nicht unschädlich gemacht worden war. Herr von Amba-Aladje, war er Herr des einzigen Weges, auf dem die Engländer ihren Proviant bekommen konnten.
Vom Rande des Baschlo, der ganz in unseren Händen war, konnte man übrigens ganz deutlich Magdala, Islamge, Selassie, Tanta und alle Punkte, selbst das Lager Theodor's übersehen; man erwartete nur mit Ungeduld, anzugreifen Die Regenzeit, die mit Heftigkeit sich jetzt manifestirte, vermehrte die Ungeduld, und es ist ein wahres Wunder und spricht am besten für die Güte des Klima's von Abessinien, dass bei der mangelhaften Verpflegung so wenig Kranke vorkamen. Denn jetzt, wo es am nothwendigsten gewesen wäre, wurde weder Rum noch Thee und Zucker verabfolgt, die Rationen von Mehl waren auf 8 Unzen pro Mann und Tag vermindert, Fleisch dagegen auf 2 Pfund erhöht.