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Die folgenden drei Novellen sind in den Jahren 1891-94 geschrieben und sollten »Kulturnovellen« sein. Ich hatte mich lange Jahre sehr leidenschaftlich mit dem sogenannten Kunstgewerbe beschäftigt – nur um orientalische Kulturnovellen und Kulturromane schreiben zu können. Und so entstanden nach diesen Novellen die »Tarub« und »Der Tod der Barmekiden«. Aber daneben ist eine lange Reihe von Entwürfen nicht zur Ausführung gekommen, da mich allmählich die Zukunft und das vom Irdischen Loszulösende mehr anzogen als die Vergangenheit. Was dieses kleine Buch bietet, ist demnach nichts Abgeschlossenes; und fast möchte ich behaupten, daß ich diese »Anfänge« eigentlich nur herausgebe, um andre »jüngere« Dichter wieder mal auf das große Stoffgebiet des Orients aufmerksam zu machen; der alte Orient (im weitesten Sinne!) sollte dichterisch mehr in den Vordergrund gerückt werden, damit die Geschichten aus der Gegenwart mehr in den Hintergrund geraten . . .
Als Einleitung in das Studium der altarabischen Kultur empfehle ich Alfred von Kremers »Kulturgeschichte des Chalifats« und »Die Litteratur und Kunst der Araber in Spanien und Sizilien« vom Grafen Schack. Diese beiden Bücher können zur Einführung in den altarabischen Orient garnicht genug empfohlen werden.
Es wird uns natürlich nicht gelingen, den Geist der Zeiten ganz richtig zu erfassen. Aber das Streben danach zeitigt doch Dinge, die weiter führen; man wird so allmählich davon überzeugt, daß die Kunst des Welt- und Zeiterfassens nicht eine Kunst ist, die in diesem Erdendasein zum Ende gelangt. Und es ist natürlich sehr vortrefflich so, daß dem nicht so ist – da doch Alles, was eine Unendlichkeitsperspektive gewährt, mehr bietet als eine scheinbar abschließende Erkenntnisvision. Andrerseits entwickelt das immer wieder andere Milieu in uns das Bewußtsein, daß vollkommene Zustände (die immer nur etwas Endliches – Abschließendes hätten!) auf unsrer Erdoberfläche garnicht in der Absicht dessen liegen, der in unsrem Leben mehr die Führung hat als wir selbst; die Varianten des scheinbar Unvollkommenen sind eben reicher und interessanter als die Varianten des scheinbar Vollkommenen . . .
Schließlich werden wir durch eine bessere Bekanntschaft mit dem Orient auch vor einer Überschätzung dieses Orients bewahrt werden. Vor allem sind die religiösen Systeme des Orients mit großer Vorsicht aufzunehmen; der Buddha Gautama ist ebensowenig eine unfehlbare Größe – wie die anderen Größen, und es genügt nicht mehr, sich auf einen mißverstandenen Orient zu berufen, wenn man etwas als maßgebend hinstellen möchte . . .
Aber – und das wäre mir das Allerwichtigste! – die Beschäftigung mit dem alten Orient ist wie keine andre geeignet, unser Leben wieder religiösen Materien und Motiven und Perspektiven zu nähern. Und wenn dieses auf allerdings sehr indirektem Wege auch durch die drei vorliegenden Novellen gefördert werden könnte, so würde mir die Herausgabe dieser »Spässe« wie ein kleines Ereignis vorkommen.
Der Verfasser
Charlottenburg im Sommer 1903 p. Chr.