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Aufgefordert von dem Kaiser, hatte der Cardinal-Infant, Bruder Philipps des Vierten von Spanien und Statthalter in Mailand, eine Armee von vierzehntausend Mann ausgerüstet, welche bestimmt war, unabhängig von Wallensteins Befehlen an dem Rhein zu agieren und das Elsaß zu vertheidigen. Diese Armee erschien jetzt unter dem Commando des Herzogs von Feria, eines Spaniers, in Bayern; und um sie sogleich gegen die Schweden zu benutzen, wurde Altringer beordert, sogleich mit seinen Truppen zu ihr zu stoßen. Gleich auf die erste Nachricht von ihrer Erscheinung hatte Gustav Horn den Pfalzgrafen von Birkenfeld von dem Rheinstrom zu seiner Verstärkung herbeigerufen, und nachdem er sich zu Stockach mit demselben vereinigt hatte, rückte er kühn dem dreißigtausend Mann starken Feind entgegen. Dieser hatte seinen Weg über die Donau nach Schwaben genommen, wo Gustav Horn ihm einmal so nahe kam, daß beide Armeen nur durch eine halbe Meile von einander geschieden waren. Aber anstatt das Anerbieten zur Schlacht anzunehmen, zogen sich die Kaiserlichen über die Waldstädte nach dem Breisgau und Elsaß, wo sie noch zeitig genug anlangten, um Breisach zu entsetzen und den siegreichen Fortschritten des Rheingrafen Otto Ludwig eine Grenze zu setzen. Dieser hatte kurz vorher die Waldstädte erobert und, unterstützt von dem Pfalzgrafen von Birkenfeld, der die Unterpfalz befreite und den Herzog von Lothringen aus dem Felde schlug, den schwedischen Waffen in diesen Gegenden aufs neue das Uebergewicht errungen. Jetzt zwar mußte er der Ueberlegenheit des Feindes weichen; aber bald rücken Horn und Birkenfeld zu seinem Beistand herbei, und die Kaiserlichen sehen sich nach einem kurzen Triumphe wieder aus dem Elsaß vertrieben. Die rauhe Herbstzeit, welche sie auf diesem unglücklichen Rückzuge überfällt, richtet den größten Theil der Italiener zu Grunde, und ihren Anführer selbst, den Herzog von Feria, tödtet der Gram über die mißlungene Unternehmung.
Unterdessen hatte Herzog Bernhard von Weimar mit achtzehn Regimentern Fußvolk und hundert und vierzig Cornetten Reitern seine Stellung an der Donau genommen, um sowohl Franken zu decken, als die Bewegungen der kaiserlich-bayerischen Armee an diesem Strome zu beobachten. Nicht sobald hatte Altringer diese Grenzen entblößt, um zu den italienischen Truppen des Herzogs von Feria zu stoßen, als Bernhard seine Entfernung benutzte, über die Donau eilte und mit Blitzesschnelligkeit vor Regensburg stand. Der Besitz dieser Stadt war für die Unternehmungen der Schweden aus Bayern und Oesterreich entscheidend; er verschaffte ihnen festen Fuß an dem Donaustrom und eine sichere Zuflucht bei jedem Unglücksfall, so wie er sie allein in den Stand setzte, eine dauerhafte Eroberung in diesen Ländern zu machen. Regensburg zu bewahren, war der letzte dringende Rath, den der sterbende Tilly dem Kurfürsten von Bayern ertheilte, und Gustav Adolph beklagte als einen nicht zu ersetzenden Verlust, daß ihm die Bayern in Besetzung dieses Platzes zuvorgekommen waren. Unbeschreiblich groß war daher Maximilians Schrecken, als Herzog Bernhard diese Stadt überraschte und sich ernstlich anschickte, sie zu belagern.
Nicht mehr als fünfzehn Compagnien größtenteils neugeworbener Truppen machten die Besatzung derselben aus; eine mehr als hinreichende Anzahl, um auch den überlegensten Feind zu ermüden, sobald sie von einer gutgesinnten und kriegerischen Bürgerschaft unterstützt wurden. Aber gerade diese war der gefährlichste Feind, den die bayerische Garnison zu bekämpfen hatte. Die protestantischen Einwohner Regensburgs, gleich eifersüchtig auf ihren Glauben und ihre Reichsfreiheit, hatten ihren Nacken mit Widerwillen unter das bayerische Joch gebeugt und blickten längst schon mit Ungeduld der Erscheinung eines Retters entgegen. Bernhards Ankunft vor ihren Mauern erfüllte sie mit lebhafter Freude, und es war sehr zu fürchten, daß sie die Unternehmungen der Belagerer durch einen innern Tumult unterstützen würden. In dieser großen Verlegenheit läßt der Kurfürst die beweglichsten Schreiben an den Kaiser, an den Herzog von Friedland ergehen, ihm nur mit fünftausend Mann auszuhelfen. Sieben Eilboten nach einander sendet Ferdinand mit diesem Auftrag an Wallenstein, der die schleunigste Hilfe zusagt und auch wirklich schon dem Kurfürsten die nahe Ankunft von zwölftausend Mann durch Gallas berichten läßt, aber diesem Feldherrn bei Lebensstrafe verbietet, sich auf den Weg zu machen. Unterdessen hatte der bayerische Commandant von Regensburg, in Erwartung eines nahen Entsatzes, die besten Anstalten zur Verteidigung getroffen, die katholischen Bauern wehrhaft gemacht, die protestantischen Bürger hingegen entwaffnet und aufs sorgfältigste bewacht, daß sie nichts Gefährliches gegen die Garnison unternehmen konnten. Da aber kein Entsatz erschien und das feindliche Geschütz mit ununterbrochener Heftigkeit die Werke bestürmte, sorgte er durch eine anständige Capitulation für sich selbst und die Besatzung und überließ die bayerischen Beamten und Geistlichen der Gnade des Siegers.
Mit dem Besitze von Regensburg erweitern sich Herzog Bernhards Entwürfe, und seinem kühnen Muth ist Bayern selbst eine zu enge Schranke geworden. Bis an die Grenzen von Oesterreich will er dringen, das protestantische Landvolk gegen den Kaiser bewaffnen und ihm seine Religionsfreiheit wieder geben. Schon hat er Straubing erobert, während daß ein anderer schwedischer Feldherr die nördlichen Ufer der Donau sich unterwürfig macht. An der Spitze seiner Schweden dem Grimm der Witterung trotz bietend, erreicht er die Mündung des Isarstroms und setzt im Angesicht des bayerischen Generals von Werth, der hier gelagert steht, seine Truppen über. Jetzt zittern Passau und Linz, und der bestürzte Kaiser verdoppelt an Wallenstein seine Mahnungen und Befehle, dem bedrängten Bayern aufs schleunigste zu Hilfe zu eilen. Aber hier setzt der siegende Bernhard seinen Eroberungen ein freiwilliges Ziel. Vor sich den Inn, der durch viele feste Schlösser beschützt wird, hinter sich zwei feindliche Heere, ein übelgesinntes Land und die Isar, wo kein haltbarer Ort ihm den Rücken deckt und der gefrorne Boden keine Verschanzung gestattet, von der ganzen Macht Wallensteins bedroht, der sich endlich entschlossen hat, an die Donau zu rücken, entzieht er sich durch einen zeitigen Rückzug der Gefahr, von Regensburg abgeschnitten und von Feinden umzingelt zu werden. Er eilt über die Isar und Donau, um die in der Oberpfalz gemachten Eroberungen gegen Wallenstein zu verteidigen und selbst eine Schlacht mit diesem Feldherrn nicht auszuschlagen. Aber Wallenstein, dem es nie in den Sinn gekommen war, große Thaten an der Donau zu verrichten, wartet seine Annäherung nicht ab, und ehe die Bayern recht anfangen, seiner froh zu werden, ist er schon nach Böhmen verschwunden. Bernhard endigt also jetzt seinen glorreichen Feldzug und vergönnt seinen Truppen die wohlverdiente Rast in den Winterquartieren auf feindlicher Erde.
Indem Gustav Horn in Schwaben, der Pfalzgraf von Birkenfeld, General Baudissin und Rheingraf Otto Ludwig am Ober- und Niederrhein und Herzog Bernhard an der Donau den Krieg mit solcher Ueberlegenheit führten, wurde der Ruhm der schwedischen Waffen in Niedersachen und Westphalen von dem Herzog von Lüneburg und dem Landgrafen von Hessen-Kassel nicht weniger glorreich behauptet. Die Festung Hameln eroberte Herzog Georg nach der tapfersten Gegenwehr, und über den kaiserlichen General von Gronsfeld, der an dem Weserstrom commandierte, wurde von der vereinigten Armee der Schweden und Hessen bei Oldendorf ein glänzender Sieg erfochten. Der Graf von Wasaburg, ein natürlicher Sohn Gustav Adolphs, zeigte sich in dieser Schlacht seines Ursprungs werth. Sechszehn Kanonen, das ganze Gepäck der Kaiserlichen und vierundsiebzig Fahnen fielen in schwedische Hände, gegen dreitausend von den Feinden blieben auf dem Platze, und fast eben so viele wurden zu Gefangenen gemacht. Die Stadt Osnabrück zwang der schwedische Oberst Kniphausen, und Paderborn der Landgraf von Hessen-Kassel zur Uebergabe; dafür aber ging Bückeburg, ein sehr wichtiger Ort für die Schweden, an die Kaiserlichen verloren. Beinahe an allen Enden Deutschlands sah man die schwedischen Waffen siegreich, und das nächste Jahr nach Gustav Adolphs Tode zeigte noch keine Spur des Verlustes, den man an diesem großen Führer erlitten hatte.
Bei Erwähnung der wichtigen Vorfälle, welche den Feldzug des 1633sten Jahres auszeichneten, muß die Unthätigkeit eines Mannes, der bei weitem die höchsten Erwartungen rege machte, ein gerechtes Erstaunen erwecken. Unter allen Generalen, deren Thaten uns in diesem Feldzuge beschäftigt haben, war keiner, der sich an Erfahrung, Talent und Kriegsruhm mit Wallenstein messen durfte, und gerade dieser verliert sich seit dem Treffen bei Lützen aus unsern Augen. Der Fall seines großen Gegners läßt ihm allein jetzt den ganzen Schauplatz des Ruhmes frei; die ganze Aufmerksamkeit Europas ist auf die Thaten gespannt, die das Andenken seiner Niederlage auslöschen und seine Ueberlegenheit in der Kriegskunst der Welt verkündigen sollen. Und doch liegt er still in Böhmen, indeß die Verluste des Kaisers in Bayern, in Niedersachsen, am Rhein seine Gegenwart dringend fordern; ein gleich undurchdringliches Geheimniß für Freund und Feind, der Schrecken und doch zugleich die letzte Hoffnung des Kaisers. Mit unerklärbarer Eilfertigkeit hatte er sich nach dem verlorenen Treffen bei Lützen in das Königreich Böhmen gezogen, wo er über das Verhalten seiner Officiere in dieser Schlacht die strengsten Untersuchungen anstellte. Die das Kriegsgericht für schuldig erkannte, wurden mit unerbittlicher Strenge zum Tode verurtheilt; die sich brav gehalten hatten, mit königlicher Großmuth belohnt und das Andenken der Gebliebenen durch herrliche Monumente verewigt. Den Winter über drückte er die kaiserlichen Provinzen durch übermäßige Contributionen und durch die Winterquartiere, die er absichtlich nicht in feindlichen Ländern nahm, um das Mark der österreichischen Länder auszusaugen. Anstatt aber mit seiner wohlgepflegten und auserlesenen Armee beim Anbruch des Frühlings 1633 den Feldzug vor allen andern zu eröffnen und sich in seiner ganzen Feldherrnkraft zu erheben, war er der Letzte, der im Felde erschien, und auch jetzt war es ein kaiserliches Erbland, das er zum Schauplatz des Krieges machte.
Unter allen Provinzen Oesterreichs war Schlesien der größten Gefahr ausgesetzt. Drei verschiedene Armeen, eine schwedische unter dem Grafen von Thurn, eine sächsische unter Arnheim und dem Herzog von Lauenburg und eine brandenburgische unter Borgsdorf, hatten diese Provinz zu gleicher Zeit mit Krieg überzogen. Schon hatten sie die wichtigsten Plätze im Besitz, und selbst Breslau hatte die Partei der Alliierten ergriffen. Aber gerade diese Menge von Generalen und Armeen rettete dem Kaiser dieses Land; denn die Eifersucht der Generale und der gegenseitige Haß der Schweden und Sachsen ließ sie nie mit Einstimmigkeit verfahren. Arnheim und Thurn zankten sich um die Oberstelle; die Brandenburger und Sachsen hielten eifrig gegen die Schweden zusammen, die sie als überlästige Fremdlinge ansahen und, wo es nur immer thunlich war, zu verkürzen suchten. Hingegen lebten die Sachsen mit den Kaiserlichen auf einem viel vertraulichern Fuß, und oft geschah es, daß die Officiere beider feindlichen Armeen einander Besuche abstatteten und Gastmähler gaben. Man ließ die Kaiserlichen ungehindert ihre Güter fortschaffen, und viele verhehlten es gar nicht, daß sie von Wien große Summen gezogen. Unter so zweideutig gesinnten Alliierten sahen sich die Schweden verkauft und verrathen, und an große Unternehmungen war bei einem so schlechten Verständniß nicht zu denken. Auch war der General von Arnheim den größten Theil der Zeit abwesend, und als er endlich wieder bei der Armee anlangte, näherte sich Wallenstein schon mit einer furchtbaren Kriegsmacht den Grenzen.
Vierzigtausend Mann stark rückte er ein, und nicht mehr als vierundzwanzigtausend hatten ihm die Alliierten entgegen zu setzen. Nichtsdestoweniger wollten sie eine Schlacht versuchen und erschienen bei Münsterberg, wo er ein verschanztes Lager bezogen hatte. Aber Wallenstein ließ sie acht Tage lang hier stehen, ohne nur die geringste Bewegung zu machen; dann verließ er seine Verschanzungen und zog mit ruhigem stolzen Schritt an ihrem Lager vorüber. Auch nachdem er aufgebrochen war und die muthiger gewordenen Feinde ihm beständig zur Seite blieben, ließ er die Gelegenheit unbenutzt. Die Sorgfalt, mit der er die Schlacht vermied, wurde als Furcht ausgelegt; aber einen solchen Verdacht durfte Wallenstein auf seinen verjährten Feldherrnruhm wagen. Die Eitelkeit der Alliierten ließ sie nicht bemerken, daß er sein Spiel mit ihnen trieb, und daß er ihnen die Niederlage großmüthig schenkte, weil ihm – mit einem Sieg über sie für jetzt nicht gedient war. Um ihnen jedoch zu zeigen, daß er der Herr sei, und daß nicht die Furcht vor ihrer Macht ihn in Unthätigkeit erhalte, ließ er den Commandanten eines Schlosses, das in seine Hände fiel, niederstoßen, weil er einen unhaltbaren Platz nicht gleich übergeben hatte.
Neun Tage lang standen beide Armeen einander einen Musketenschuß weit im Gesichte, als der Graf Terzky aus dem Wallensteinischen Heere mit einem Trompeter vor dem Lager der Alliierten erschien, den General von Arnheim zu einer Conferenz einzuladen. Der Inhalt derselben war, daß Wallenstein, der doch an Macht der überlegene Theil war, einen Waffenstillstand von sechs Wochen in Vorschlag brachte. »Er sei gekommen,« sagte er, »mit Schweden und mit den Reichsfürsten einen ewigen Frieden zu schließen, die Soldaten zu bezahlen und jedem Genugtuung zu verschaffen. Alles dies stehe in seiner Hand, und wenn man in Wien Anstand nehmen sollte, es zu bestätigen, so wolle er sich mit den Alliierten vereinigen und (was er Arnheimen zwar nur ins Ohr flüsterte) den Kaiser zum Teufel jagen.« Bei einer zweiten Zusammenkunft ließ er sich gegen den Grafen von Thurn noch deutlicher heraus. »Alle Privilegien,« erklärte er, »sollten aufs neue bestätigt, alle böhmischen Exulanten zurückberufen und in ihre Güter wieder eingesetzt werden, und er selbst wolle der Erste sein, seinen Antheil an denselben herauszugeben. Die Jesuiten, als die Urheber aller bisherigen Unterdrückungen, sollten verjagt, die Krone Schweden durch Zahlungen auf bestimmte Termine abgefunden, alles überflüssige Kriegsvolk von beiden Theilen gegen die Türken geführt werden.« Der letzte Punkt enthielt den Aufschluß des ganzen Räthsels. »Wenn er die böhmische Krone davon trüge, so sollten alle Vertriebenen sich seiner Großmuth zu rühmen haben, eine vollkommene Freiheit der Religionen sollte dann in dem Königreich herrschen, das pfälzische Haus in alle seine vorigen Rechte zurücktreten und die Markgrafschaft Mähren ihm für Mecklenburg zur Entschädigung dienen. Die alliierten Armeen zögen dann unter seiner Anführung nach Wien, dem Kaiser die Genehmigung dieses Traktats mit gewaffneter Hand abzunöthigen.«
Jetzt also war die Decke von dem Plan weggezogen, worüber er schon Jahre lang in geheimnißvoller Stille gebrütet hatte. Auch lehrten alle Umstände, daß zu Vollstreckung desselben keine Zeit zu verlieren sei. Nur das blinde Vertrauen zu dem Kriegsglück und dem überlegenen Genie des Herzogs von Friedland hatte dem Kaiser die Festigkeit eingeflößt, allen Vorstellungen Bayerns und Spaniens entgegen und auf Kosten seines eigenen Ansehens diesem gebieterischen Mann ein so uneingeschränktes Commando zu übergeben. Allein dieser Glaube an die Unüberwindlichkeit Wallensteins war durch seine lange Unthätigkeit längst erschüttert worden und nach dem verunglückten Treffen bei Lützen beinahe gänzlich gefallen. Aufs neue erwachten jetzt seine Gegner an Ferdinands Hofe, und die Unzufriedenheit des Kaisers über den Fehlschlag seiner Hoffnungen verschaffte ihren Vorstellungen den gewünschten Eingang bei diesem Monarchen. Das ganze Betragen des Herzogs wurde mit beißender Kritik von ihnen gemustert, sein hochfahrender Trotz und seine Widersetzlichkeit gegen des Kaisers Befehle diesem eifersüchtigen Fürsten in Erinnerung gebracht, die Klagen der österreichischen Unterthanen über seine grenzenlosen Bedrückungen zu Hilfe gerufen, seine Treue verdächtig gemacht und über seine geheimen Absichten ein schreckhafter Wink hingeworfen. Diese Anklagen, durch das ganze übrige Betragen des Herzogs nur zu sehr gerechtfertigt, unterließen nicht, in Ferdinands Gemüth tiefe Wurzeln zu schlagen; aber der Schritt war einmal geschehn, und die große Gewalt, womit man den Herzog bekleidet hatte, konnte ihm ohne große Gefahr nicht entrissen werden. Sie unmerklich zu vermindern, war alles, was dem Kaiser übrig blieb, und um dies mit einigem Erfolg zu können, mußte man sie zu theilen, vor allen Dingen aber sich außer Abhängigkeit von seinem guten Willen zu setzen suchen. Aber selbst dieses Rechtes hatte man sich in dem Vertrage begeben, den man mit ihm errichtete, und gegen jeden Versuch, ihm einen andern General an die Seite zu setzen oder einen unmittelbaren Einfluß auf seine Truppen zu haben, schützte ihn die eigenhändige Unterschrift des Kaisers. Da man diesen nachtheiligen Vertrag weder halten noch vernichten konnte, so mußte man sich durch einen Kunstgriff heraushelfen. Wallenstein war kaiserlicher Generalissimus in Deutschland; aber weiter erstreckte sich sein Gebiet nicht, und über eine auswärtige Armee konnte er sich keine Herrschaft anmaßen. Man läßt also in Mailand eine spanische Armee errichten und unter einem spanischen General in Deutschland fechten. Wallenstein ist also der Unentbehrliche nicht mehr, weil er aufgehört hat, der Einzige zu sein, und im Nothfall hat man gegen ihn selbst eine Stütze.
Der Herzog fühlte es schnell und tief, woher dieser Streich kam und wohin er zielte. Umsonst protestierte er bei dem Cardinal-Infanten gegen diese vertragswidrige Neuerung; die italienische Armee rückte ein, und man zwang ihn, ihr den General Altringer mit Verstärkung zuzusenden. Zwar wußte er diesem durch strenge Verhaltungsbefehle die Hände so sehr zu binden, daß die italienische Armee in dem Elsaß und in Schwaben wenig Ehre einlegte; aber dieser eigenmächtige Schritt des Hofes hatte ihn aus seiner Sicherheit aufgeschreckt und ihm über die näherkommende Gefahr einen warnenden Wink gegeben. Um nicht zum zweitenmal sein Commando und mit demselben die Frucht aller seiner Bemühungen zu verlieren, mußte er mit der Ausführung seines Anschlags eilen. Durch Entfernung der verdächtigen Officiere und durch seine Freigebigkeit gegen die andern hielt er sich der Treue seiner Truppen versichert. Alle andern Stände des Staats, alle Pflichten der Gerechtigkeit und Menschlichkeit hatte er dem Wohl der Armee aufgeopfert, also rechnete er auf die Erkenntlichkeit derselben. Im Begriff, ein nie erlebtes Beispiel des Undanks gegen den Schöpfer seines Glücks aufzustellen, baute er seine ganze Wohlfahrt auf die Dankbarkeit, die man an ihm beweisen sollte.
Die Anführer der schlesischen Armeen hatten von ihren Principalen keine Vollmacht, so etwas Großes, als Wallenstein in Vorschlag brachte, für sich allein abzuschließen, und selbst den verlangten Waffenstillstand getrauten sie sich nicht länger als auf vierzehn Tage zu bewilligen. Ehe sich der Herzog gegen die Schweden und Sachsen herausließ, hatte er noch für rathsam gefunden, sich bei seiner kühnen Unternehmung des französischen Schutzes zu versichern. Zu dem Ende wurden durch den Grafen von Kinsky bei dem französischen Bevollmächtigten Feuquieres zu Dresden geheime Unterhandlungen, wiewohl mit sehr mißtrauischer Vorsicht, angeknüpft, welche ganz seinem Wunsche gemäß ausfielen. Feuquieres erhielt Befehl von seinem Hofe, allen Vorschub von Seiten Frankreichs zu versprechen und dem Herzog, wenn er deren benöthigt wäre, eine beträchtliche Geldhilfe anzubieten.
Aber gerade diese überkluge Sorgfalt, sich von allen Seiten zu decken, gereichte ihm zum Verderben. Der französische Bevollmächtigte entdeckte mit großem Erstaunen, daß ein Anschlag, der mehr als jeder andre des Geheimnisses bedurfte, den Schweden und den Sachsen mitgetheilt worden sei. Das sächsische Ministerium war, wie man allgemein wußte, im Interesse des Kaisers, und die den Schweden angebotenen Bedingungen blieben allzu weit hinter den Erwartungen derselben zurück, um je ihren Beifall erhalten zu können. Feuquieres fand es daher unbegreiflich, wie der Herzog in vollem Ernste auf die Unterstützung der erstern und auf die Verschwiegenheit der letztern hätte Rechnung machen sollen. Er entdeckte seine Zweifel und Besorgnisse dem schwedischen Kanzler, der in die Absichten Wallensteins ein gleich großes Mißtrauen setzte und noch weit weniger Geschmack an seinen Vorschlägen fand. Wiewohl es ihm kein Geheimniß war, daß der Herzog schon ehedem mit Gustav Adolph in ähnlichen Traktaten gestanden, so begriff er doch die Möglichkeit nicht, wie er die ganze Armee zum Abfall bewegen und seine übermäßigen Versprechungen würde wahr machen können. Ein so ausschweifender Plan und ein so unbesonnenes Verfahren schien sich mit der verschlossenen und mißtrauischen Gemüthsart des Herzogs nicht wohl zu vertragen, und lieber erklärte man alles für Maske und Betrug, weil es eher erlaubt war an seiner Redlichkeit als an seiner Klugheit zu zweifeln. Oxenstiernas Bedenklichkeiten steckten endlich selbst Arnheimen an, der in vollem Vertrauen auf Wallensteins Aufrichtigkeit zu dem Kanzler nach Gelnhausen gereist war, ihn dahin zu vermögen, daß er dem Herzog seine besten Regimenter zum Gebrauch überlassen möchte. Man fing an, zu argwohnen, daß der ganze Antrag nur eine künstlich gelegte Schlinge sei, die Alliierten zu entwaffnen und den Kern ihrer Kriegsmacht dem Kaiser in die Hände zu spielen. Wallensteins bekannter Charakter widerlegte diesen schlimmen Verdacht nicht, und die Widersprüche, in die er sich nachher verwickelte, machten, daß man endlich ganz und gar an ihm irre ward. Indem er die Schweden in sein Bündniß zu ziehen suchte und ihnen sogar ihre besten Truppen abforderte, äußerte er sich gegen Arnheim, daß man damit anfangen müsse, die Schweden aus dem Reiche zu verjagen; und während daß sich die sächsischen Officiere, im Vertrauen auf die Sicherheit des Waffenstillstand es, in großer Menge bei ihm einfanden, machte er einen verunglückten Versuch, sich ihrer Personen zu bemächtigen. Er brach zuerst den Stillstand, den er doch einige Monate darauf nicht ohne große Mühe erneuerte. Aller Glaube an seine Wahrhaftigkeit verschwand, und endlich glaubte man in seinem ganzen Benehmen nichts als ein Gewebe von Betrug und niedrigen Kniffen zu sehen, um die Alliierten zu schwächen und sich selbst in Verfassung zu setzen. Dieses erreichte er zwar wirklich, indem seine Macht sich mit jedem Tage vermehrte, die Alliierten aber durch Desertion und schlechten Unterhalt über die Hälfte ihrer Truppen einbüßten. Aber er machte von seiner Ueberlegenheit den Gebrauch nicht, den man in Wien erwartete. Wenn man einem entscheidenden Vorfall entgegensah, erneuerte er plötzlich die Unterhandlungen; und wenn der Waffenstillstand die Alliierten in Sicherheit stürzte, so erhob er sich plötzlich, um die Feindseligkeiten zu erneuern. Alle diese Widersprüche flossen aus dem doppelten und ganz unvereinbaren Entwurf, den Kaiser und die Schweden zugleich zu verderben und mit Sachsen einen besondern Frieden zu schließen.
Ueber den schlechten Fortgang seiner Unterhandlungen ungeduldig, beschloß er endlich, seine Macht zu zeigen, da ohnehin die dringende Noth in dem Reiche und die steigende Unzufriedenheit am kaiserlichen Hofe keinen längern Aufschub gestatteten. Schon vor dem letzten Stillstand war der General von Holk von Böhmen aus in das Meißnische eingefallen, hatte alles, was auf seinem Wege lag, mit Feuer und Schwert verwüstet, den Kurfürsten in seine Festungen gejagt und selbst die Stadt Leipzig erobert. Aber der Stillstand in Schlesien setzte seinen Verwüstungen ein Ziel, und die Folgen seiner Abschweifungen streckten ihn zu Adorf auf die Bahre. Nach aufgehobenem Stillstand machte Wallenstein aufs neue eine Bewegung, als ob er durch die Lausitz in Sachsen fallen wollte, und ließ aussprengen, daß Piccolomini schon dahin aufgebrochen sei. Sogleich verläßt Arnheim sein Lager in Schlesien, um ihm nachzufolgen und dem Kurfürstenthum zu Hilfe zu eilen. Dadurch aber wurden die Schweden entblößt, die unter dem Commando des Grafen von Thurn in sehr kleiner Anzahl bei Steinau an der Oder gelagert standen; und gerade dies war es, was der Herzog gewollt hatte. Er ließ den sächsischen General sechzehn Meilen voraus in das Meißnische eilen und wendete sich dann auf einmal rückwärts gegen die Oder, wo er die schwedische Armee in der tiefsten Sicherheit überraschte. Ihre Reiterei wurde durch den vorangeschickten General Schafgotsch geschlagen und das Fußvolk von der nachfolgenden Armee des Herzogs bei Steinau völlig eingeschlossen. Wallenstein gab dem Grafen von Thurn eine halbe Stunde Bedenkzeit, sich mit dritthalbtausend Mann gegen mehr als zwanzigtausend zu wehren oder sich auf Gnade und Ungnade zu ergeben. Bei solchen Umständen konnte keine Wahl stattfinden. Die ganze Armee gibt sich gefangen, und ohne einen Tropfen Blut ist der vollkommenste Sieg erfochten. Fahnen, Bagage und Geschütz fallen in des Siegers Hand, die Officiere werden in Verhaft genommen, die Gemeinen untergesteckt. Und jetzt endlich war nach einer vierzehnjährigen Irre, nach unzähligen Glückswechseln, der Anstifter des böhmischen Aufruhrs, der entfernte Urheber dieses ganzen verderblichen Krieges, der berüchtigte Graf von Thurn, in der Gewalt seiner Feinde. Mit blutdürstiger Ungeduld erwartet man in Wien die Ankunft dieses großen Verbrechers und genießt schon im Voraus den schrecklichen Triumph, der Gerechtigkeit ihr vornehmstes Opfer zu schlachten. Aber den Jesuiten diese Lust zu verderben, war ein viel süßerer Triumph, und Thurn erhielt seine Freiheit. Ein Glück für ihn, daß er mehr wußte, als man in Wien erfahren durfte, und daß Wallensteins Feinde auch die seinigen waren. Eine Niederlage hätte man dem Herzog in Wien verziehen; diese getäuschte Hoffnung vergab man ihm nie. »Was aber hätt' ich denn sonst mit diesem Rasenden machen sollen?« schreibt er mit boshaftem Spotte an die Minister, die ihn über diese unzeitige Großmuth zur Rede stellen. »Wollte der Himmel, die Feinde hätten lauter Generale, wie dieser ist! An der Spitze der schwedischen Heere wird er uns weit bessere Dienste thun, als im Gefängniß.«
Auf den Sieg bei Steinau folgte in kurzer Zeit die Einnahme von Liegnitz, Groß-Glogau und selbst von Frankfurt an der Oder. Schafgotsch, der in Schlesien zurückblieb, um die Unterwerfung dieser Provinz zu vollenden, blokierte Brieg und bedrängte Breslau vergebens, weil diese freie Stadt über ihre Privilegien wachte und den Schweden ergeben blieb. Die Obersten Illo und Götz schickte Wallenstein nach der Warthe, um bis in Pommern und an die Küste der Ostsee zu dringen, und Landsberg, der Schlüssel zu Pommern, wurde wirklich auch von ihnen erobert. Indem der Kurfürst von Brandenburg und der Herzog von Pommern für ihre Länder zitterten, brach Wallenstein selbst mit dem Rest der Armee in die Lausitz, wo er Görlitz mit Sturm eroberte und Bautzen zur Uebergabe zwang. Aber es war ihm nur darum zu thun, den Kurfürsten von Sachsen zu schrecken, nicht die erhaltenen Vortheile zu verfolgen; auch mit dem Schwert in der Hand setzte er bei Brandenburg und Sachsen seine Friedensanträge fort, wiewohl mit keinem bessern Erfolg, da er durch eine Kette von Widersprüchen alles Vertrauen verscherzt hatte. Jetzt würde er seine ganze Macht gegen das unglückliche Sachsen gewendet und seinen Zweck durch die Gewalt der Waffen doch endlich noch durchgesetzt haben, wenn nicht der Zwang der Umstände ihn genöthigt hätte, diese Gegenden zu verlassen. Die Siege Herzog Bernhards am Donaustrom, welche Oesterreich selbst mit naher Gefahr bedrohten, forderten ihn dringend nach Bayern, und die Vertreibung der Sachsen und Schweden aus Schlesien raubte ihm jeden Vorwand, sich den kaiserlichen Befehlen noch länger zu widersetzen und den Kurfürsten von Bayern hilflos zu lassen. Er zog sich also mit der Hauptmacht gegen die Oberpfalz, und sein Rückzug befreite Obersachsen auf immer von diesem furchtbaren Feinde.
So lange es nur möglich war, hatte er Bayerns Rettung verschoben und durch die gesuchtesten Ausflüchte die Ordonnanzen des Kaisers verhöhnt. Auf wiederholtes Bitten schickte er endlich zwar dem Grafen von Altringer, der den Lech und die Donau gegen Horn und Bernhard zu behaupten suchte, einige Regimenter aus Böhmen zu Hilfe, jedoch mit der ausdrücklichen Bedingung, sich bloß vertheidigungsweise zu verhalten. Den Kaiser und den Kurfürsten wies er, so oft sie ihn um Hilfe anflehten, an Altringer, der, wie er öffentlich vorgab, eine uneingeschränkte Vollmacht von ihm erhalten habe, in geheim aber band er demselben durch die strengsten Instruktionen die Hände und bedrohte ihn mit dem Tode, wenn er seine Befehle überschreiten würde. Nachdem Herzog Bernhard vor Regensburg gerückt war und der Kaiser sowohl als der Kurfürst ihre Aufforderungen um Hilfe dringender erneuerten, stellte er sich an, als ob er den General Gallas mit einem ansehnlichen Heere an die Donau schicken würde; aber auch dies unterblieb, und so gingen, wie vorher das Bisthum Eichstädt, jetzt auch Regensburg, Straubing, Cham an die Schweden verloren. Als er endlich schlechterdings nicht mehr vermeiden konnte, den ernstlichen Befehlen des Hofs zu gehorsamen, rückte er so langsam, als er konnte, an die bayerische Grenze, wo er das von den Schweden eroberte Cham berennte. Er vernahm aber nicht so bald, daß man von schwedischer Seite daran arbeitete, ihm durch die Sachsen eine Diversion in Böhmen zu machen, so benutzte er dieses Gerücht, um aufs schleunigste, und ohne das Geringste verrichtet zu haben, nach Böhmen zurückzukehren. Alles Andre, gab er vor, müsse der Verteidigung und Erhaltung der kaiserlichen Erblande nachstehen; und so blieb er in Böhmen wie angefesselt stehen und hütete dieses Königreich, als ob es jetzt schon sein Eigenthum wäre. Der Kaiser wiederholte in noch dringenderem Tone seine Mahnung, daß er sich gegen den Donaustrom ziehen solle, die gefährliche Niederlassung des Herzogs von Weimar an Oesterreichs Grenzen zu hindern – er aber endigte den Feldzug für dieses Jahr und ließ seine Truppen aufs neue ihre Winterquartiere in dem erschöpften Königreich nehmen.
Ein so fortgeführter Trotz, eine so beispiellose Geringschätzung aller kaiserlichen Befehle, eine so vorsätzliche Vernachlässigung des allgemeinen Besten, verbunden mit einem so äußerst zweideutigen Benehmen gegen den Feind, mußte endlich den nachtheiligen Gerüchten, wovon längst schon ganz Deutschland erfüllt war, Glauben bei dem Kaiser verschaffen. Lange Zeit war es ihm gelungen, seinen strafbaren Unterhandlungen mit dem Feinde den Schein der Rechtmäßigkeit zu geben und dennoch immer für ihn gewonnenen Monarchen zu überreden, daß der Zweck jener geheimen Zusammenkünfte kein anderer sei, als Deutschland den Frieden zu schenken. Aber wie undurchdringlich er sich auch glaubte, so rechtfertigte doch der ganze Zusammenhang seines Betragens die Beschuldigungen, womit seine Gegner unaufhörlich das Ohr des Kaisers bestürmten. Um sich an Ort und Stelle von dem Grund oder Ungrund derselben zu belehren, hatte Ferdinand schon zu verschiedenen Zeiten Kundschafter in das Wallensteinische Lager geschickt, die aber, da der Herzog sich hütete, etwas Schriftliches von sich zu geben, bloße Muthmaßungen zurückbrachten. Da aber endlich die Minister selbst, seine bisherigen Verfechter am Hofe, deren Güter Wallenstein mit gleichen Lasten gedrückt hatte, sich zur Partei seiner Feinde schlugen; da der Kurfürst von Bayern die Drohung fallen ließ, sich, bei längerer Beibehaltung dieses Generals, mit den Schweden zu vergleichen; da endlich auch der spanische Abgesandte auf seiner Absetzung bestand und im Weigerungsfall die Subsidiengelder seiner Krone zurückzuhalten drohte, so sah sich der Kaiser zum zweitenmal in die Notwendigkeit gesetzt, ihn vom Commando zu entfernen.
Die eigenmächtigen und unmittelbaren Verfügungen des Kaisers bei der Armee belehrten den Herzog bald, daß der Vertrag mit ihm bereits als zerrissen betrachtet und seine Abdankung unvermeidlich sei. Einer seiner Unterfeldherrn in Oesterreich, dem Wallenstein bei Strafe des Beils untersagt hatte, dem Hofe zu gehorsamen, empfing von dem Kaiser unmittelbaren Befehl, zu dem Kurfürsten von Bayern zu stoßen; und an Wallenstein selbst erging die gebieterische Weisung, dem Cardinal-Infanten, der mit einer Armee aus Italien unterwegs war, einige Regimenter zur Verstärkung entgegen zu senden. Alle diese Anstalten sagten ihm, daß der Plan unwiderruflich gemacht sei, ihn nach und nach zu entwaffnen, um ihn alsdann schwach und wehrlos auf Einmal zu Grund zu richten.
Zu seiner Selbstvertheidigung mußte er jetzt eilen, einen Plan auszuführen, der Anfangs nur zu seiner Vergrößerung bestimmt war. Länger, als die Klugheit rieth, hatte er mit der Ausführung desselben gezögert, weil ihm noch immer die günstigen Constellationen fehlten, oder, wie er gewöhnlich die Ungeduld seiner Freunde abfertigte, weil die Zeit noch nicht gekommen war. Die Zeit war auch jetzt noch nicht gekommen, aber die dringende Noth verstattete nicht mehr, die Gunst der Sterne zu erwarten. Das Erste war, sich der Gesinnungen der vornehmsten Anführer zu versichern und alsdann die Treue der Armee zu erproben, die er so freigebig vorausgesetzt hatte. Drei derselben, die Obersten Kinsky, Terzky und Illo, waren schon längst in das Geheimniß gezogen und die beiden ersten durch das Band der Verwandtschaft an sein Interesse geknüpft. Eine gleiche Ehrsucht, ein gleicher Haß gegen die Regierung und die Hoffnung überschwänglicher Belohnungen verband sie aufs engste mit Wallenstein, der auch die niedrigsten Mittel nicht verschmäht hatte, die Zahl seiner Anhänger zu vermehren. Den Obersten Illo hatte er einsmals überredet, in Wien den Grafentitel zu suchen, und ihm dabei seine kräftigste Fürsprache zugesagt. Heimlich aber schrieb er an die Minister, ihm sein Gesuch abzuschlagen, weil sich sonst Mehrere melden dürften, die gleiche Verdienste hätten und auf gleiche Belohnungen Anspruch machten. Als Illo hernach zur Armee zurückkam, war sein Erstes, ihn nach dem Erfolg seiner Bewerbungen zu fragen; und da ihm dieser von dem schlechten Ausgange derselben Nachricht gab, so fing er an, die bittersten Klagen gegen den Hof auszustoßen. »Das also hätten wir mit unsern treuen Diensten verdient,« rief er, »daß meine Verwendung so gering geachtet und Euren Verdiensten eine so unbedeutende Belohnung verweigert wird! Wer wollte noch länger einem so undankbaren Herrn seine Dienste widmen? Nein, was mich angeht, ich bin von nun an der abgesagte Feind des Hauses Oesterreich.« Illo stimmte bei, und so wurde zwischen Beiden ein enges Bündniß gestiftet.
Aber was diese drei Vertrauten des Herzogs wußten, war lange Zeit ein undurchdringliches Geheimniß für die Uebrigen, und die Zuversicht, mit der Wallenstein von der Ergebenheit seiner Officiere sprach, gründete sich einzig nur auf die Wohlthaten, die er ihnen erzeigt hatte, und auf ihre Unzufriedenheit mit dem Hofe. Aber diese schwankende Vermuthung mußte sich in Gewißheit verwandeln, ehe er seine Maske abwarf und sich einen öffentlichen Schritt gegen den Kaiser erlaubte. Graf Piccolomini, derselbe, der sich in dem Treffen bei Lützen durch einen beispiellosen Muth ausgezeichnet hatte, war der Erste, dessen Treue er auf die Probe stellte. Er hatte sich diesen General durch große Geschenke verpflichtet, und er gab ihm den Vorzug vor allen andern, weil Piccolomini unter einerlei Constellation mit ihm geboren war. Diesem erklärte er, daß er, durch den Undank des Kaisers und seine nahe Gefahr gezwungen, unwiderruflich entschlossen sei, die österreichische Partei zu verlassen, sich mit dem besten Theile der Armee auf feindliche Seite zu schlagen und das Haus Oesterreich in allen Grenzen seiner Herrschaft zu bekriegen, bis es von der Wurzel vertilgt sei. Auf Piccolomini habe er bei dieser Unternehmung vorzüglich gerechnet und ihm schon in voraus die glänzendsten Belohnungen zugedacht. – Als dieser, um seine Bestürzung über diesen überraschenden Antrag zu verbergen, von den Hindernissen und Gefahren sprach, die sich einem so gewagten Unternehmen entgegensetzen würden, spottete Wallenstein seiner Furcht. »Bei solchen Wagestücken,« rief er aus, »sei nur der Anfang schwer; die Sterne seien ihm gewogen, die Gelegenheit, wie man sie nur immer verlangen könne, auch dem Glücke müsse man etwas vertrauen. Sein Entschluß stehe fest, und er würde, wenn es nicht anders geschehen könnte, an der Spitze von tausend Pferden sein Heil versuchen.« Piccolomini hütete sich sehr, durch einen längern Widerspruch das Mißtrauen des Herzogs zu reizen, und ergab sich mit anscheinender Ueberzeugung dem Gewicht seiner Gründe. So weit ging die Verblendung des Herzogs, daß es ihm, aller Warnungen des Grafen Terzky ungeachtet, gar nicht einfiel, an der Aufrichtigkeit dieses Mannes zu zweifeln, der keinen Augenblick verlor, die jetzt gemachte merkwürdige Entdeckung nach Wien zu berichten.